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Document 52008AE0975

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Gemeinschaft an einem von mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) KOM(2007) 329 endg. — 2007/0116 (COD)

ABl. C 224 vom 30.8.2008, p. 8–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.8.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 224/8


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Gemeinschaft an einem von mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)“

KOM(2007) 329 endg. — 2007/0116 (COD)

(2008/C 224/02)

Der Rat beschloss am 10. Juli 2007, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 169 und 172 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Gemeinschaft an einem von mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 6. Mai 2008 an. Berichterstatterin war Frau DARMANIN.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 445. Plenartagung am 28./29. Mai 2008 (Sitzung vom 29. Mai) einstimmig folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Vorschlag der Kommission, der die Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zum Ziel hat. Umgebungsunterstütztes Leben (AAL) bietet sich als ein mögliches Instrument an, die Lebensqualität nicht nur älterer Menschen, sondern all derjenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht im eigenen Zuhause leben können, wirksam und vorrangig zu sichern.

1.2

Nach Überzeugung des Ausschusses sollte die Strategie für die einschlägige Forschung und Entwicklung im IKT-Bereich vor allem darauf abheben, dass die Bedürfnisse der Zielgruppe erkannt und erfüllt werden. Die Strategie sollte daher „von unten nach oben“ angelegt werden, indem zunächst die Bedürfnisse ausgelotet und dann geeignete Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt werden.

1.3

Wesentliche Interessenträger des umgebungsunterstützten Lebens sind die letztendlichen Nutzer dieser Technologie. Daher ist es nicht nur wichtig, ihre Bedürfnisse zu erkennen, sondern auch, sie im Umgang mit dieser Technologie zu schulen sowie in deren Design und Erprobung einzubinden.

1.3.1

Auch aus diesem Grund hält der Ausschuss die EU-Maßnahmen zugunsten von lebenslangem Lernen und eInclusion für wichtig. Die Europäische Kommission sollte das AAL-Programm und letztere Maßnahmen in einem integrierten Ansatz miteinander verknüpfen.

1.4

Bei dem AAL-Programm stechen zunächst vor allem die menschlichen und weniger die Forschungs- und Entwicklungs-Aspekte ins Auge. Es handelt sich um ein echtes Forschungsprogramm, in dessen Mittelpunkt allerdings Lebensumstände in zumeist kritischen Phasen stehen.

1.5

Wie im weiteren Verlauf ausgeführt, sollte das gemeinsame Programm AAL aus Sicht des Ausschusses auf folgende vier Aspekte ausgerichtet sein: die Nutzerbedürfnisse, die Nutzersicherheit; die Gesundheitsorganisationen und Wohlfahrtseinrichtungen (sowie die betreffenden Berufsfachverbände) und die eingesetzte Technologie.

1.6

Der Ausschuss betont, dass im Einklang mit internationalen Richtlinien ethische Grundsätze und der Schutz der Privatsphäre angemessen berücksichtigt werden müssen, und begrüßt, dass dieser Thematik in dem Kommissionsvorschlag Rechnung getragen wurde.

2.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

2.1

Die Europäische Kommission verfolgt mit ihrem Vorschlag folgende spezifische Ziele:

Förderung innovativer IKT-gestützter Produkte, Dienste und Systeme, um ein „gesundes“ Altern zu ermöglichen und so die Lebensqualität älterer Menschen zu erhöhen und die Gesundheits- und Sozialkosten zu senken;

Verbesserung der Bedingungen für eine industrielle Nutzung der Forschungsergebnisse durch Schaffung eines einheitlichen europäischen Rahmens für die Ausarbeitung gemeinsamer Konzepte, die Erleichterung der Lokalisierung gemeinsamer Lösungen und Kostensenkungen für Dienstleistungen;

Schaffung einer kritischen Masse auf EU-Ebene im Bereich der Forschung, Entwicklung und Innovation in Bezug auf Technologien und Dienste für Lebensqualität im Alter in der Informationsgesellschaft.

2.2

Die Europäische Kommission schließt mit diesem Vorschlag an den Aktionsplan „Wohltuendes Altern in der Informationsgesellschaft“ an, der als wesentlicher Baustein zur Bewältigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen angesehen wird, denen Europa aufgrund des demografischen Wandels gegenübersteht. Die Zahl der Menschen in der Altersgruppe von 65 bis 80 Jahren wird im Zeitraum 2010-2030 (1) voraussichtlich um fast 40 % ansteigen. IKT können älteren Menschen dabei helfen, ihre Lebensqualität zu erhöhen sowie länger ein selbstständiges Leben zu führen und gesund zu bleiben.

2.3

Die Europäische Kommission beabsichtigt, ein gemeinsames Sechs-Jahres-Programm zum umgebungsunterstützten Leben (AAL) als Ergänzung zu den Arbeiten zum Thema IKT und Altern innerhalb des Siebten Forschungsrahmenprogramms sowie des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) auf den Weg zu bringen. Für das gemeinsame Programm AAL werden für den Zeitraum 2008-2013 Mittel in Höhe von 300 Mio. EUR — und zwar zu gleichen Teilen von der Europäischen Union und den teilnehmenden Ländern — bereitgestellt.

2.4

Der Vorschlag für das gemeinsame Programm AAL stützt sich auf Artikel 169 EG-Vertrag, der eine Beteiligung der Europäischen Gemeinschaft an gemeinsamen Forschungsprogrammen mehrerer Mitgliedstaaten einschließlich der Beteiligung an den zur Durchführung der nationalen Programme geschaffenen Strukturen vorsieht. Für das gemeinsame Programm AAL wurde diese spezifische Rechtsgrundlage herangezogen, um die Forschung in diesem Bereich durch die grenzübergreifende Bündelung der Sachkompetenz effizienter zu gestalten, die Kofinanzierung dieser Forschungsarbeiten durch die Mitgliedstaaten zu sichern, einen einheitlichen Ansatz zu diesem Thema auf europäischer Ebene sicherzustellen und auf dem Binnenmarkt die Entwicklung echter interoperabler IKT-Lösungen für Lebensqualität im Alter zu gewährleisten.

3.   Hintergrund des Kommissionsvorschlags

3.1

Die Europäische Kommission verweist auf eine frühere Initiative nach Artikel 169 zu klinischen Tests in Afrika (Partnerschaft der Europäischen Länder und Entwicklungsländer zur Durchführung klinischer Studien, EDCTP), die die Bedeutung eines klaren mehrjährigen finanziellen Engagements der beteiligten Länder für das Projekt aufgezeigt hat. Das gemeinsame Programm AAL soll je zur Hälfte durch EU- und nationale Mittel finanziert werden.

3.2

Die Vorarbeiten für dieses Programm wurden im Rahmen einer spezifischen Unterstützungsmaßnahme „Umgebungsunterstütztes Leben (AAL)“ unter der Priorität „Technologien für die Informationsgesellschaft (TIG)“ im Sechsten Forschungsrahmenprogramm im Zeitraum 1. September 2004 — 31. Dezember 2006 durchgeführt. Das Konsortium setzte sich aus Partnern aus Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz zusammen, die den privaten wie auch den öffentlichen Sektor sowie eine Hochschuleinrichtung vertraten.

3.3

Der Rechtsträger für das gemeinsame Programm AAL ist der europäische AAL-Verein, dem derzeit Vertreter von 21 Ländern angehören. Da es sich um ein Programm mit Basis-Ansatz handelt, sind bereits zahlreiche Kontaktstellen in diesen Ländern eingerichtet worden.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss begrüßt die Initiative für das gemeinsame Programm AAL auf der Grundlage von Artikel 169 EG-Vertrag und insbesondere die Tatsache, dass diese Initiative den Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung in Europa voll und ganz Rechnung trägt.

4.1.1

Zur Verbesserung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in den Mitgliedstaaten, die über keine ausreichende Infrastruktur für die Durchführung dieses Kommissionsvorschlags verfügen, wären „spezifische Aktionen“, wie sie beispielsweise in Artikel 159 EG-Vertrag genannt werden, erforderlich, um die großen regionalen Ungleichgewichte innerhalb der EU abzubauen.

4.2

Nach Ansicht des Ausschusses sollte diese Initiative nicht nur als Möglichkeit zur Konzipierung von Pilotsystemen, die als Modell dienen können, gesehen werden. Es ist sehr wichtig, eine ausreichende Bandbreite an Interessenträgern einzubinden, damit die Initiative dauerhaft greifen kann.

4.2.1

Interessenträger ist, allen voran, die letztendliche Zielgruppe des gemeinsamen Programms AAL, d.h. ältere Menschen, die dabei unterstützt werden sollen, länger ein selbstständiges Leben zu führen und so lange wie möglich zu Hause zu leben. Doch richtet sich das Programm nicht nur an ältere Menschen, sondern an alle Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen kein selbstständiges Leben in ihrem eigenen Zuhause führen können. Mit dieser Initiative muss sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse dieser Interessenträger auch wirklich im Mittelpunkt der Forschung stehen.

4.3

Ein weiterer wichtiger Interessenträger sind die Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen, deren organisatorische Anforderungen in dieser Initiative ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Der Ausschuss empfiehlt, diesen Einrichtungen Möglichkeiten zum Austausch in Fragen wie Integration und Interoperabilität von Systemen mit anderen Akteuren zu eröffnen, um diese Initiative zum Erfolg zu führen.

4.4

Die Nutzer der im Rahmen dieser Initiative zu entwickelnden Systeme sollen tunlichst von Beginn an als zentrale Akteure in die Forschungsarbeit eingebunden werden. Die Konsortien sollten in ihrer Entwicklungsmethodologie nach Möglichkeit auf die partizipativ-nutzerorientierte Dimension (z.B. partizipatives Design) setzen, insbesondere zur Förderung einer hohen Anwenderfreundlichkeit von Geräten und Benutzeroberflächen. Nach Meinung des Ausschusses sollten dabei auch im Einklang mit internationalen Richtlinien ethische Grundsätze und der Schutz der Privatsphäre gewahrt werden.

4.5

Der Ausschuss befürwortet die in dem Entscheidungsvorschlag ausgesprochene Unterstützung für KMU und die Anerkennung von Wirtschaftsverbänden als wichtige Interessenträger, die innovative marktorientierte Unternehmensmodelle mit klaren Lösungswegen für die industrielle Nutzung unterstützen können. So sollte vor allem berücksichtigt werden, dass KMU insbesondere zu Forschungsarbeiten kürzerer Markteinführungszeit (ab 2 Jahren) mit beitragen können.

4.5.1

Ferner sollten die jeweilige technologische Anpassungsfähigkeit der KMU und ihr Potenzial anerkannt werden, manchmal rascher als größere Unternehmen oder Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen neue Technologien und Unternehmensmodelle auf den Markt zu bringen. Dieser Aspekt der KMU ist für das gemeinsame Programm AAL von besonderer Bedeutung. Eine konzertierte Partnerschaft zwischen großen Organisationen und KMU bringt daher Vorteile für beide Seiten.

4.6

Mit dem AAL-Programm wird das Ziel verfolgt, Menschen dabei zu helfen, länger zu Hause zu leben. Für die Verwirklichung dieses Ziels ist eine große Bandbreite an Sensoren, Schaltelementen, Benutzeroberflächen, Prozessoren und Kommunikationsgeräten erforderlich; diese können oftmals nur von vielen verschiedenen europäischen KMU produziert werden.

4.7

Der Ausschuss unterstützt interessenträgerübergreifende Maßnahmen im Rahmen dieser Initiative zur Förderung der multidisziplinären Vernetzung zwischen Technologie-Fachleuten, Ärzten und Mitarbeitern von Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen sowie insbesondere auch mit den Nutzern, d.h. den Menschen, die nach wie vor in ihren eigenen vier Wänden leben, sowie den professionellen Pflegekräften und Familienmitgliedern, die sie dort betreuen.

4.8

Im Hinblick auf ein europäisches Innovationssystem bietet diese Initiative Gelegenheit zur Konzipierung neuer Innovationsmodelle, die die Fortschritte bei offenen und interaktiven Innovationen widerspiegeln, die wiederum der Verknüpfung der Lissabon-Strategie mit einem neuen, stärker partizipativ-nutzerorientierten europäischen Innovationssystem förderlich sind.

4.9

Der Ausschuss bekräftigt, dass es von grundlegender Bedeutung ist, sämtlichen Einrichtungen in allen Mitgliedstaaten gleichberechtigten Zugang zu dieser Initiative zu geben.

4.10

Die EU-Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, sich in dieses gemeinsame Programm AAL einzubringen. Derzeit haben sich Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Schweden sowie Israel, Norwegen und die Schweiz auf die Koordinierung gemeinsamer Tätigkeiten im Rahmen des AAL-Programms verständigt.

4.11

Der Ausschuss sieht mit Sorge, dass einige Länder aufgrund der durch die Kofinanzierung der Forschung entstehenden Kosten nicht teilnehmen. Diesen Ländern sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, in jede Programmstufe einzusteigen, sobald sie die Programmanforderungen (in erster Linie die Kofinanzierungserfordernisse) erfüllen.

4.12

Der Ausschuss räumt ein, dass AAL zu Kosteneinsparungen im Sozialfürsorgesystem führen kann. Er möchte jedoch betonen, dass AAL vorrangig auf eine wirksame Verbesserung der Lebensqualität einer Bevölkerungsgruppe abstellt und nicht auf Kostensenkung, die lediglich eine erfreuliche Begleiterscheinung ist.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Aus Sicht des Ausschusses sollte das gemeinsame Programm AAL auf folgende drei Aspekte mit samt ihren spezifischen Merkmalen ausgerichtet sein: die Nutzer, die Gesundheitsorganisationen und die eingesetzte Technologie.

5.2

Interessenträger und auch Zielgruppe des gemeinsamen Programms AAL werden auch ältere Menschen sein. Im Mittelpunkt dieses Programms müssen die Bedürfnisse der Endnutzer stehen. Werden Nutzer in Forschungsumgebungen lediglich in die Erprobung neuer Forschungsergebnisse eingebunden und nicht in deren Entwicklung, führt dies bedauerlicherweise zu innovativen Lösungen, die nicht unbedingt den Bedürfnissen der Hauptnutzer gerecht werden. Diesen Anforderungen wie minimale Verhaltensänderung, Mobilität, Auswahlmöglichkeit, verbesserte Lebensqualität und Schutz der Privatsphäre sollten daher Rechnung getragen werden.

5.3

Ferner darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ältere Menschen möglicherweise zu den Bevölkerungsgruppen zählen, die am stärksten von eExclusion betroffen sind; daher müssen die digitale Kluft überwunden werden. Ein weiterer wichtiger Punkt sind Internetanschlüsse; es sollte dafür gesorgt werden, dass es in allen Regionen, insbesondere den Regionen im ländlichen Raum, leicht zugängliche und erschwingliche Internetanschlüsse gibt.

5.3.1

Kurz gesagt

kann die Technologie nicht den persönlichen Kontakt mit den Betreuungspersonen ersetzen;

muss der Schwerpunkt auf Vorbeugung und Selbstversorgung liegen;

muss die soziale Eingliederung eines der wichtigsten Ziele sein;

sollte das umgebungsunterstützte Leben in den Alltag der Bürger und in andere Dienstleistungen integriert werden;

sollte die eingesetzte Technologie angesichts der besonderen Umstände der Nutzer sicher und anwenderfreundlich sein.

5.3.2

Nach Überzeugung des Ausschusses sollte die AAL-Strategie daher „von unten nach oben“ angelegt werden. Ausgangs-, Dreh- und Angelpunkt sollten die Bedürfnisse der Nutzer, nicht die Technologie an sich sein. Im Wege einer Studie sollte das gesamte Spektrum an Bedürfnissen erfasst werden, u.a. Kontaktbedürftigkeit vor allem in zunehmendem Alter (Internet-Telefonie vom Typ Skype und E-Mail haben sich hier als wirksame und kostengünstige Möglichkeiten bewährt); fehlendes Interesse, mit dem raschen technischen Wandel Schritt halten zu wollen; Bereitschaft zur Nutzung der einschlägigen Technik. Außerdem sollten die Nutzer in die Konzipierung, Umsetzung und Bewertung dieser Technologien eingebunden sein.

5.4

Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen und ihre Mitarbeiter sowie die Familien der Nutzer sind letztlich diejenigen, die die IKT zur Betreuung pflegebedürftiger Menschen einsetzen. Sie müssen daher in die verschiedenen Forschungsetappen eingebunden sein, um sicherzustellen, dass das Endprodukt auch ihrer Arbeits- und Betriebsweise entspricht. Für die Einführung neuer Technologien für ein umgebungsunterstütztes Leben werden wohl organisatorische Änderungen erforderlich sein. Die Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen müssen zu derartigen Änderungen bereit sein und den Übergang zu diesen neuen Technologien so reibungslos wie möglich gestalten, um deren Potenzial auch wirklich auszuschöpfen.

5.4.1

Die Pflegekräfte sind auch im Rahmen von AAL ein wesentlicher Faktor im Sozialfürsorgeprozess. Ein Paradigmenwechsel sollte nicht nur auf organisatorischer Ebene, sondern auch auf Ebene des Pflegepersonals stattfinden, um sicherzustellen, dass diejenigen, die in direktem Kontakt mit den AAL-Nutzern stehen, den Umgang mit der einschlägigen Technik nicht nur beherrschen, sondern auch von ihrer Sinnhaftigkeit überzeugt sind, um das Vertrauen der Betroffenen in die AAL-Technik als Mittel zur Verbesserung der Lebensqualität fördern zu können.

5.4.2

Auch das Gesundheitssystem muss gründlich daraufhin überprüft werden, ob die organisatorischen Voraussetzungen für AAL sichergestellt sind und überdies die Gesundheits- und Wohlfahrtseinrichtungen auch eine wachsende Zahl an häuslichen Pflegefällen bewältigen können.

5.4.3

Im Zusammenhang mit der Annahme des AAL-Programms wird die Verbesserung der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen Gesundheits- und Sozialfürsorgeeinrichtungen noch dringlicher. Auch hier kann Technik helfen, ausschlaggebend sind jedoch das Problembewusstsein und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

5.5

Systeme für ein umgebungsunterstütztes Leben werden voraussichtlich komplex sein; daher sollte deren Interoperabilität zu den wichtigsten Zielen des gemeinsamen Programms AAL zählen. Innovation und Technologie sollten breit gefächert, maßgeschneidert, integriert und proaktiv sein.

5.6

Die Europäische Kommission sollte für AAL und Konzepte wie das lebenslange Lernen einen integrierten Ansatz wählen. Schulungen in diesem Zusammenhang sollten insbesondere auf die Interessenträger der AAL-Programme ausgerichtet werden, da erst die Befähigung zum Umgang mit derartigen Technologien deren Erfolg garantieren.

Brüssel, den 29. Mai 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Siehe KOM(2007) 329 endg.


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