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Document 52006AR0053

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa

ABl. C 229 vom 22.9.2006, p. 57–66 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

22.9.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 229/57


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa“

(2006/C 229/09)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Parlaments vom 8. Juni 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 11. Oktober 2005, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in Europa mit der Ausarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa (T6-0228/2005);

gestützt auf Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft;

gestützt auf den am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa, insbesondere auf Teil II „Charta der Grundrechte“;

gestützt auf die Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf;

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle — eine Rahmenstrategie“ (KOM(2005) 224 endg.) und dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) — Beitrag zu einer gerechten Gesellschaft“ (KOM(2005) 225 endg. — 2005/0107 (COD)) (CdR 226/2005 fin);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu Homophobie in Europa (RSP/2005/2666);

gestützt auf seine Stellungnahme zum Grünbuch „Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union“ (KOM(2004) 379 endg.) (CdR 241/2004 fin) (1);

gestützt auf die Empfehlungen des EU-Netzes unabhängiger Experten für Grundrechte in: Thematischer Kommentar Nr. 3 „The protection of Minorities in the European Union“

gestützt auf die Berichte der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) über die Situation von Einwanderern und Minderheiten, insbesondere der Roma;

gestützt auf seinen von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts am 7. April 2006 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 53/2006 rev. 1) (Berichterstatter: Herr Sovič, Bürgermeister von Maribor, und Herr Sinner, Staatsminister, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei);

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Die Achtung der Grundrechte sowie der kulturellen und der sprachlichen Vielfalt ist ein genuin europäisches Anliegen — die Pflege eines Gutes, das in allen Regionen der Europäischen Union erhalten werden muss und eine Priorität des Ausschusses der Regionen darstellt.

2)

Da alle Einwohner zu einem an Vielfalt reichen Europa beitragen, müssen sämtliche Formen der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung mit gleicher Intensität bekämpft werden.

3)

Es besteht ein Unterschied zwischen Minderheitenschutz und Antidiskriminierungsmaßnahmen: Gleichbehandlung ist ein Grundrecht aller Bürger und kein Privileg.

4)

Jeder Mensch hat ein Recht auf Anderssein; Toleranz und Respekt sollten keine Gunst, die nur einigen wenigen Menschen gewährt wird, sondern eine allgemeine, auf Gegenseitigkeit beruhende Lebenseinstellung sein.

5)

Die lokalen Gebietskörperschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Wahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit.

6)

Vertreter lokaler Gebietskörperschaften haben die besondere Pflicht, mit gutem Beispiel voranzugehen und bewährte Verfahren zu fördern.

7)

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verfügen über erhebliche Entscheidungsgewalt in öffentlichen Angelegenheiten, Bildungswesen, Polizei, Gesundheitswesen, Wohnungspolitik und Sozialfürsorge, ohne die die Grundrechte nicht sichergestellt werden könnten.

8)

Der Ausschuss der Regionen hat auf Ersuchen des Europäischen Parlaments eine Zusammenstellung bewährter Methoden auf lokaler und regionaler Ebene initiiert, womit er einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Schutzes von Minderheiten und zur Umsetzung der Antidiskriminierungsmaßnahmen leisten möchte.

verabschiedete auf seiner 65. Plenartagung am 14./15. Juni 2006 (Sitzung vom 15. Juni) einstimmig folgende Stellungnahme:

Der Ausschuss der Regionen

1.   Allgemeine Bemerkungen

1.1

begrüßt die Entschließung des Europäischen Parlaments und teilt dessen Auffassung, dass die Antidiskriminierungspolitik der Mitgliedstaaten nur unzureichend umgesetzt wird; stellt jedoch fest, dass die EU, die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften — ungeachtet des unterschiedlichen Grades der Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten, von denen einige besonders proaktiv vorgehen — bereits eine umfangreiche Liste bewährter Methoden entwickelt haben;

1.2

stimmt der Auffassung des Europäischen Parlaments zu, dass die verschiedenen lokalen, regionalen und nationalen Behörden der Mitgliedstaaten die Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung — einschließlich des Antisemitismus und der Angriffe auf Minderheiten, vor allem Roma — besser koordinieren könnten;

1.3

konstatiert, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vor einer doppelten Herausforderung stehen: Einerseits müssen sie dafür Sorge tragen, dass diskriminierenden Praktiken entgegengewirkt und der Gleichheitsgrundsatz beim Zugang zu persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rechten eingehalten wird; andererseits müssen sie ihre Verantwortung für die Förderung der Grundrechte (einschließlich der Minderheitenrechte) aktiv wahrnehmen;

1.4

unterstreicht, dass die von den lokalen Gebietskörperschaften umgesetzten Maßnahmen und Regelungen de jure oder de facto nicht diskriminierend wirken dürfen, sondern die soziale, wirtschaftliche und politische Integration fördern müssen;

1.5

betont, dass Armut, soziale Ausgrenzung und Gettoisierung zu Extremismus führen können, und vertritt deshalb die Ansicht, dass effiziente Integrationsmaßnahmen (u.a. regionale und lokale Bildungs- und Wohnungsmaßnahmen) indirekt dazu beitragen können, gewalttätigem Extremismus vorzubeugen, und dass Jugendlichen in städtischen Gettos besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte;

1.6

weist auf die positiven Maßnahmen hin, die ein höheres Schutzniveau für Angehörige von Minderheiten in einer Reihe von Städten, Gemeinden und Regionen gewährleisten sollen und die auf dem Konzept einer multikulturellen Gesellschaft und dem Bewusstsein beruhen, dass die Vielfalt der EU ihren Reichtum darstellt; schlägt deshalb einen ersten, erweiterbaren Katalog bewährter Verfahren auf lokaler und regionaler Ebene vor, der dieser Stellungnahme angefügt ist;

2.   Standpunkte und Empfehlungen

2.1   Förderung der Vielfalt und des interkulturellen Dialogs — dezentralisierte Maßnahmen

2.1.1

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einen zusätzlichen Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Fremdenhass und Homophobie sowie der Angriffe auf Minderheiten (insbesondere Roma und Drittstaatsangehörige) leisten sollten, indem sie die Vielfalt fördern und das Prinzip „Vielfalt schafft gesellschaftlichen Wohlstand“ in die Tat umsetzen;

2.1.2

schlägt vor, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften angemessene dezentralisierte Maßnahmen ergreifen sollten, um den Schutz der Minderheitenrechte zu verbessern sowie das Problem des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit in europäischen Städten und Gemeinden anzugehen, z.B.:

Einrichtung lokaler und regionaler Antidiskriminierungsbüros zur Überwachung und Aufzeichnung von Klagen seitens Angehöriger diskriminierter Gruppen;

Verbreitung grundlegender Informationen über die Situation von Minderheiten und Antidiskriminierungsmaßnahmen in der breiten Öffentlichkeit;

öffentliche Präsentationen bewährter Verfahren durch amtliche Vertreter von Städten, Gemeinden und Regionen;

Einrichtung von „Europa direkt“-Informationsstellen zur Förderung von Minderheitenrechten und Antidiskriminierungsmaßnahmen;

Organisation von Veranstaltungen und Festen, bei denen sich die im selben Gebiet lebenden verschiedenen kulturellen, traditionellen und sprachlichen Gruppen kennen lernen können;

Ausbildungsprogramme für lokale und regionale Verwaltungsmitarbeiter, Lehrer und Journalisten zur Förderung der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung aller Bürger;

Ermöglichung eines einfachen und direkten Kontakts zu entsprechenden Dienststellen für Personen, die sich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit diskriminiert fühlen;

2.1.3

begrüßt, dass das Europäische Parlament der Situation von Roma besondere Aufmerksamkeit widmet, und ist der Ansicht, dass die Gemeinschaft der Roma aufgrund ihrer Größe und ihrer Eigenheit eines besonderen Schutzes bedarf;

2.1.4

erachtet die Integration der Roma als große Herausforderung für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und fordert die EU-Institutionen, die nationalen Regierungen und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, einen gemeinsamen integrierten und dezentralisierten Ansatz zur Erleichterung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung zu entwickeln und gleichzeitig die Achtung der Vielfalt und die Toleranz zu fördern; schlägt diesbezüglich folgende Maßnahmen auf lokaler und regionaler Ebene vor:

Entwicklung flexibler Bildungsstrategien zur größtmöglichen Verbesserung der Integrationschancen;

Austausch bewährter Methoden zwischen Städten und Gemeinden, in denen Roma leben;

Finanzierung von Kulturveranstaltungen zur Präsentation des kulturellen Erbes und der Tradition der Roma;

2.1.5

unterstreicht die Bedeutung eines Dialogs zwischen den religiösen und ethnischen Gruppen auf lokaler und regionaler Ebene, um Radikalisierungs- und Absonderungstendenzen entgegenzuwirken, was auch zu einem gemeinsamen Bewusstsein der Gleichheit und Vielfalt der europäischen Gesellschaft führen könnte;

2.1.6

begrüßt, dass das Europäische Parlament Homophobie in Europa als besonderes Problem herausstellt, insbesondere weil „in letzter Zeit in einigen EU-Mitgliedstaaten eine Reihe besorgniserregender Vorfälle zu verzeichnen war“;

2.2   Einsatz und Förderung von Normen und Plänen zur Gleichbehandlung

2.2.1

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Verwirklichung von Gleichheitsstandards bei der Leistungserbringung erwägen sollten, politische Ziele und Indikatoren festzulegen, die die Messung von Fortschritten bei der Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen erleichtern würden, und bekundet sein Interesse, an der Festlegung solcher Indikatoren mitzuarbeiten;

2.2.2

stellt fest, dass in den Normen und Plänen zur Gleichbehandlung, die auf interkommunale Gleichstellungsstrategien sowie die Gleichheit in Bezug auf Rasse, Geschlecht, Behinderung und sexuelle Orientierung abzielen, die Bedeutung einer fairen Behandlung und eines gleichberechtigten Zugangs zu Behördendiensten und Beschäftigungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene besser anerkannt werden. Diese Normen sind als Instrumente entwickelt worden, die es den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ermöglichen sollen, Fragen im Zusammenhang mit Geschlecht, Rasse und Behinderung in den kommunalen Maßnahmen und Methoden auf allen Ebenen zu berücksichtigen;

2.2.3

ist der Auffassung, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hochwertige lokale Dienstleistungen erbringen sollten, die den Bedürfnissen der Einwohner der unterschiedlichen Stadtviertel entsprechen und damit den Zusammenhalt und die Nachhaltigkeit in der Gemeinde fördern. Sie sollten dabei u.a. folgende bereits ermittelte bewährte Methoden anwenden:

Rechtshilfe in Form einer Beratung über den individuellen Status;

Finanzierung kommunaler Aufnahmezentren;

Integrationsforen mit öffentlichen Diskussionen zur Verbesserung der Kontakte zwischen Einheimischen und Nichteinheimischen;

Einrichtung beratender Gremien zur Bekämpfung der Diskriminierung und Einsetzung spezieller Berater in Fällen der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder des Geschlechts;

2.3   Zugang zu Sprachunterricht, Bildung und Beschäftigung

2.3.1

unterstreicht, dass Bildung ein grundlegendes Mittel ist, um Minderheitenangehörige in das soziale und politische Leben der Länder, in denen sie leben, zu integrieren sowie Toleranz und die Achtung der Vielfalt zu propagieren, wobei die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine entscheidende Rolle spielen;

2.3.2

fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Sinne des Europäischen Parlaments alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine wirkungsvolle Eingliederung der Kinder von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Einwanderern in ihre Bildungssysteme zu gewährleisten. Die Behörden sollten auch dazu beitragen, dass die Angehörigen von Minderheiten über alle Möglichkeiten verfügen, die für ihre erfolgreiche Integration notwendigen Sprachfertigkeiten zu erwerben;

2.3.3

betont, dass der Erwerb angemessener Kenntnisse der Verkehrssprache der Gemeinschaft, in der die Minderheitenangehörigen leben, die Möglichkeit ihrer wirkungsvollen Integration verbessert; ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ggf. Integrationsprogramme, die kostenlose fakultative Kurse in der jeweiligen Verkehrssprache umfassen und bereits im Kindergarten beginnen, gewährleisten sollten;

2.3.4

ist besorgt über die entmutigend hohe Jugendarbeitslosigkeit; empfiehlt die Durchführung positiver Maßnahmen, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt für alle benachteiligten Gruppen;

2.3.5

schlägt vor, das Netz seiner Mitglieder aufzufordern, für folgende Maßnahmen einzutreten:

Praktika in Gemeinden für Minderheitenangehörige;

Stipendiensystem für die besten Studierenden, die einer ethnischen Minderheit oder einer anderen benachteiligten Gruppe angehören;

spezielle Sprachprogramme für Migrantenkinder;

2.3.6

nimmt zur Kenntnis, dass auf lokaler und regionaler Ebene u.a. folgende bewährte Methoden in den Bereichen Bildung und Zugang zum Arbeitsmarkt existieren:

Zulassung von Kindern zu öffentlichen Schulen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit;

von den Kommunen gewährleisteter kostenloser Zugang zum Sprachunterricht für alle;

gleichberechtigter Zugang zu Bildung auch für Behinderte, Drittstaatsangehörige und ältere Menschen entsprechend dem Grundsatz des lebensbegleitenden Lernens;

Bildungsprojekte zur Bekämpfung von Diskriminierung;

in Minderheitensprachen angebotene Kurse;

Websites zur Integrationspolitik;

Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung im Bereich der lokalen Arbeitsvermittlung, z.B. Übersendung anonymisierter Informationen über Arbeitssuchende an die potenziellen Arbeitgeber (d.h. unter Aussparung des Familiennamens der Bewerber);

2.4   Zugang zu Sozialwohnungen und öffentlichen Dienstleistungen

2.4.1

fordert die Mitgliedstaaten auf, eine nationale Datenbank einzurichten oder nationale Leitlinien für die regionalen Gebietskörperschaften über bewährte Verfahren zur systematischen und exakten Erhebung von Daten über die Wohnungssituation von Einwanderern und Angehörigen ethnischer Minderheiten zu erstellen;

2.4.2

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um die Umsetzung von Antidiskriminierungsmaßnahmen zu gewährleisten, z.B.:

Zuteilung von Gemeindewohnungen an Familien ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit;

Vermeidung der Segregation im Wohnungswesen und ggf. Rückgriff auf die positive Diskriminierung;

Entwicklung von Aktionsplänen auf lokaler und regionaler Ebene zur Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu Wohnraum;

2.4.3

unterstreicht die bewährten Verfahren der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die einen gleichberechtigten Zugang zu Wohnraum und öffentlichen Dienstleistungen für alle Bürger sicherstellen sollen, z.B.:

Gewährung von Verfahrens- und Rechtsgarantien sowie von Versicherungsschutz für alle Bevölkerungsgruppen;

Zuweisung von Gemeindewohnungen an Einwanderer und Drittstaatsangehörige;

Einrichtung von Beratungsgremien zur Verbesserung des Zugangs zu Wohnraum für Flüchtlinge und Einwanderer;

Einführung von Programmen für gemeinnützige Mietwohnungen;

Gewährleistung der Teilnahme von Migranten an öffentlichen Diskussionen über wohnungspolitische Themen;

Sicherstellung eines gleichberechtigten und gleichwertigen Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen für alle Gemeindemitglieder;

2.5   Aktiver Zugang zum politischen und zivilen Leben

2.5.1

unterstützt nachdrücklich die Beteiligung der Angehörigen von Minderheiten am politischen Geschehen auf allen Ebenen (lokal, regional, national, europäisch), vor allem ihre stärkere Einbeziehung in die Lokalpolitik. Die Strukturen und Beschlussfassungsprozesse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten transparenter und zugänglicher gestaltet werden, um die Beteiligung von Minderheiten sowie die uneingeschränkte Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu fördern;

2.5.2

fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, die Vertreter der verschiedenen ethnischen Migrantengruppen dazu anzuhalten, mehr Verantwortung in der Gesellschaft ihres Aufnahmelands bzw. ihrer Gemeinde oder Region zu übernehmen;

2.5.3

begrüßt die in einigen Städten und Regionen ergriffenen Initiativen, in deren Rahmen spezifische Maßnahmen zur Förderung der Ausübung politischer Rechte eingeführt wurden, z.B.:

Einrichtung beratender Gremien;

Präsenz eines oder mehrer Minderheitenrepräsentanten im Stadtrat;

uneingeschränkte Teilnahme von Minderheitenangehörigen an Lokal- und Kommunalwahlen;

Schaffung von Orten für Gemeindeaktivitäten, an denen sich Einheimische und Einwanderer wie auch andere benachteiligte Gruppen beteiligen können;

2.5.4

fordert auf, konkrete Maßnahmen durchzuführen, einschließlich der Schaffung von Bedingungen, die es den Vertretungsinstitutionen der Angehörigen nationaler Minderheiten erlauben, sich an der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen und Programmen für die Bildung und die berufliche Integration von Minderheiten effektiv zu beteiligen;

2.5.5

unterstreicht die Verantwortung der lokalen und regionalen Medien bei der Förderung von Toleranz und der Achtung der Vielfalt sowie ihre Rolle bei der Gewährleistung einer wirkungsvollen Kommunikation und der Förderung einer aktiveren Beteiligung der Minderheitenangehörigen am politischen Leben und an den bürgerschaftlichen Aktivitäten des jeweiligen Ortes;

2.6   Förderung der Datenerfassung auf lokaler und regionaler Ebene

2.6.1

ist der Auffassung, dass die Erhebung von nach Volksgruppen aufgeschlüsselten Daten für die Bewertung der Umsetzung der Antidiskriminierungsmaßnahmen von zentraler Bedeutung ist;

2.6.2

wiederholt seinen Appell an die Kommission, einen Leitfaden mit vorbildlichen Antidiskriminierungsmaßnahmen für Kommunen in ihrer Rolle als Arbeitgeber, Anbieter und Abnehmer von Waren und Dienstleistungen sowie als maßgebliche Kräfte für den Zusammenhalt des Gemeinwesens und die Bekämpfung der Diskriminierung zu veröffentlichen. Dieser Leitfaden sollte die Aufgaben der lokalen Gebietskörperschaften hinsichtlich der Wahrung der Grundrechte (einschließlich der Versammlungsfreiheit) umfassen — wie auch ihre besondere Pflicht zu vorbildlichem Verhalten bei der Bekämpfung von Äußerungen, die als Hetzreden aufgefasst werden können oder die möglicherweise die Legitimierung, Verbreitung und Förderung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie oder anderen auf Intoleranz gründenden Formen der Diskriminierung oder des Hasses zur Folge haben; bietet in diesem Zusammenhang der Kommission seine Unterstützung bei der Erhebung der Daten auf lokaler und regionaler Ebene an;

2.6.3

ist der Ansicht, dass eine bessere Erhebung, Überwachung und Auswertung von Daten wichtig ist für die Entwicklung effizienter Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und zur Bekämpfung sämtlicher Formen der Diskriminierung; wiederholt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften neben der Kommission an der Erstellung vergleichbarer quantitativer Statistiken beteiligt werden müssen, um das Ausmaß der bestehenden Ungleichheiten zu ermitteln und herauszustellen;

3.   Schlussbemerkungen

3.1

hält es für wichtig, die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen, dem Europarat, der UN und der OSZE für den effektiven Schutz von Minderheiten zu verbessern; hebt die Rolle von Nichtregierungsorganisationen und nationalen, transnationalen und europäischen Vereinigungen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diesem Prozess hervor;

3.2

fordert dazu auf, die regionale Dimension in den Berichten der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) und des EU-Netzes unabhängiger Experten für Grundrechte umfassender zu berücksichtigen;

3.3

vertritt die Auffassung, dass die EU die Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene durch angemessene Haushaltsmittel ergänzend unterstützen könnte und die Mitgliedstaaten einen Teil ihrer Entscheidungsgewalt bezüglich der Strukturfonds im Sinne der von der Union betriebenen Dezentralisierungspolitik auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften übertragen könnten;

3.4

fordert die angemessene Finanzierung von Aktivitäten auf lokaler und regionaler Ebene, die auf die Bekämpfung der Diskriminierung und den Schutz der Rechte aller Bürgerinnen und Bürger abzielen.

Brüssel, den 15. Juni 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 62.


ANHANG

MINDERHEITENSCHUTZ AUF LOKALER UND REGIONALER EBENE: BEWÄHRTE METHODEN (1)

Viele der bewährten Methoden regionaler und lokaler Gebietskörperschaften zur Verbesserung der Situation von Minderheiten und zur Förderung von Antidiskriminierungsmaßnahmen wurden im Rahmen einer Umfrage unter AdR-Mitgliedern sowie lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, Organisationen und Vereinigungen ermittelt. Der AdR möchte diese begrenzte Beispielsammlung ergänzen, sodass sie für EU-Maßnahmen zur Förderung von Normen für die Gleichbehandlung aller Menschen herangezogen werden kann:

1.   Förderung der Vielfalt und des interkulturellen Dialogs

Deutschland: Das Bayerische Integrationsforum hat eine Reihe von Aktivitäten unter dem Motto „Integration im Dialog“ (d.h. öffentliche Diskussionen) entwickelt. Ziel dieser Aktivitäten ist es, den Kontakt zwischen Einheimischen und Ausländern zu verstärken und das Entstehen kultureller und sprachlicher Gettos, sog. „Parallelgesellschaften“, zu vermeiden.

Frankreich: Die Stadt Corps-Nuds erkennt Neuankömmlinge als Teil der Gemeinde an und ermutigt sie, sich an allen lokalen sozialen Aktivitäten zu beteiligen. Des Weiteren werden Kinder ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit zu öffentlichen Schulen zugelassen. Zugang zu öffentlicher Bildung erhalten auch Behinderte und arbeitssuchende Erwachsene entsprechend dem Grundsatz des lebensbegleitenden Lernens.

Deutschland: Die Stadt Bremen hat mehrere Veranstaltungen zur Integrationspolitik etabliert. Allen gemeinsam ist, dass sie den interkulturellen und interreligiösen Dialog fördern, um auf der einen Seite das Problem der Fremdenfeindlichkeit anzugehen und auf der anderen Seite Radikalisierungs- und Segregationstendenzen entgegenzuwirken.

„Die Nacht der Jugend“: „Die Nacht der Jugend“ findet jährlich im Bremer Rathaus zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Das übergreifende Ziel aller Nächte der Jugend ist es, den Blick in die Vergangenheit mit dem Engagement für eine menschenfreundliche Gegenwart zu verbinden. An der „Nacht der Jugend“ nehmen durchschnittlich bis zu 3000 Menschen teil, davon Dreiviertel Jugendliche. Sie steht jedes Jahr unter einem eigenen Motto. Bei vergangenen „Nächten“ wurde beispielsweise die „Begegnung mit Sinti und Roma“ thematisiert. Es finden sich neben Vorträgen von Zeitzeugen, Ausstellungen und Diskussionsforen auch Theatervorstellungen, Sportdarbietungen und Konzerte aller Musikrichtungen, von Klassik bis Hip-Hop, die alle Vorlieben und Altersklassen ansprechen.

„Der Stadtplan der Religionen“: Die „Nacht der Jugend“ hat sich mittlerweile weiterentwickelt und ein eigenes erfolgreiches Projekt kreiert: „Der Stadtplan der Religionen von Jugendlichen für Jugendliche“. Dieses Projekt haben Bremer Jugendliche aus verschiedenen Religionen ins Leben gerufen, um einen Austausch zwischen den Religionen und ein besseres Verständnis des eigenen Glaubens zu erreichen. Es bietet ein Forum für Jugendliche aller religiösen Gruppen Bremens, sich während der gemeinsamen Gestaltung kennen zu lernen, sich auszutauschen und das Miteinander zu feiern. Die Jugendlichen haben ein interaktives Internetportal mit einem Stadtplan erstellt, auf dem die Orte aller Kirchen, Moscheen und Gemeinderäume für jeden Stadtteil verzeichnet sind. Außerdem findet sich im Internet ein Diskussionsforum, in dem sich die Jugendlichen buchstäblich über „Gott und die Welt“ austauschen können. Der Stadtplan der Religionen hat gezeigt, dass der Wunsch nach interreligiösem Dialog unter Jugendlichen vorhanden ist. Diese Möglichkeit ist im — nach Konfessionen getrennten — Religionsunterricht nicht hinreichend gegeben. Jugendliche wollen den Glauben und das Leben anderer religiöser Jugendlicher durch diese kennen lernen und einen Dialog „auf Augenhöhe“ ohne Hierarchie und Autorität.

„Die Bremer Islam-Woche“: Besondere Aufmerksamkeit gilt in Bremen der Integration der islamischen Mitbürger. Während der „Islam-Woche“ wird den Muslimen die Möglichkeit gegeben, ihren Glauben und ihre Kultur öffentlich vorzustellen. Jeder kann in dieser Woche den Islam, so wie er in Bremen geglaubt und gelebt wird, kennen lernen: Eine Vielzahl von Vorträgen, Diskussionen und Ausstellungen bietet die Möglichkeit zur Information, zum Gespräch und zur informellen Begegnung. Es geht nicht darum, über die Muslime reden, sondern mit ihnen. Die kritische Auseinandersetzung ist dabei nicht nur erlaubt, sondern erwünscht.

Bremer Rathausempfang zum „Fastenbrechen“: Zum Ende des Fastenmonats Ramadan lädt der Senat der Freien Hansestadt Bremen die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu einem Empfang im Rathaus, um gemeinsam mit Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Fest des Fastenbrechens zu feiern. Die Einladung wird von den Muslimen immer wieder gern angenommen. Sie zeigt, dass die Muslime mit ihrem kulturellen Hintergrund und ihrem Bekenntnis in der Stadt wahrgenommen werden.

Portugal: Die Strategie „Porto ohne Grenzen“ soll zur Analyse, Diskussion und Behandlung der Migrationsproblematik in der Stadt anregen. An den Arbeiten sind 33 Einwandererverbände beteiligt, die die verschiedenen Migrantengemeinschaften in Porto vertreten. Die Aktivitäten im Rahmen dieser Strategie haben unterschiedliche Zielsetzungen, doch dienen sie alle der auf Integration und Partizipation sämtlicher Beteiligter beruhenden Sozialentwicklung und damit der Aufrechterhaltung und Förderung des sozialen Zusammenhalts. Zwei Aktivitäten sind besonders bemerkenswert, da sie regelmäßig stattfinden und Einwandererverbände in ihre Planung, Durchführung und Bewertung einbezogen werden:

„Die eigene Geschichte erzählen“: Ziel dieser Aktivität ist es, aufschlussreiche Geschichten, die zum kulturellen Erbe der Migrantengemeinschaften gehören, zu ermitteln und zu sammeln und sie durch regelmäßige Freizeit- und Abendveranstaltungen mit Aufführungen an prestigeträchtigen Orten der Stadt einem größeren Publikum bekannt zu machen.

„Treffen der Gemeinschaften“: Diese Aktivität zielt im Wesentlichen darauf ab, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften zu festigen und die kulturelle Vielfalt der Stadt Porto zu feiern und zu fördern. Im Rahmen soziokultureller und informativer Abendveranstaltungen beteiligen sich sowohl einheimische als auch ausländische Einwohner an Ausstellungen und Verkaufsständen mit kulturellen und gastronomischen Erzeugnissen. Diese Aktivität, die jedes Jahr in einem renommierten Gebäude in der Stadt stattfindet, zieht Hunderte von Besuchern an.

Belgien: In Wallonien existiert das Programm „Inter-Nation“ mit dem Ziel, die Interkulturalität und die Ausbildung von Fachleuten zu fördern sowie Arbeitssuchende, deren Qualifikationen vielfach nicht hinreichend genutzt werden, in Arbeit zu bringen. Dabei handelt es sich insbesondere um Personen ausländischer Herkunft, deren interkulturelle Kompetenzen in international ausgerichteten Berufen aufgewertet werden sollen. Darüber hinaus eröffnet „Inter-Nation“ Unternehmen den Zugang zu hoch qualifizierten und engagierten Arbeitnehmern.

Deutschland: Die Stadt München hat das Projekt „Zusammen aktiv in Neuperlach“ entwickelt, durch das die Gärten von Einwohnern in Orte für Gemeindeaktivitäten von im selben Gebiet lebenden Deutschen und Einwanderern verwandelt werden. Dieses Projekt verbessert die Kommunikation und die Integration von Menschen, die verschiedenen Kulturen, Volksgruppen und Rassen angehören.

Niederlande: Die Stadt Amsterdam hat das Projekt „Den Zweiten Weltkrieg im Blick“ zur Bekämpfung von Diskriminierung und Antisemitismus sowie zur Förderung von Toleranz und Respekt lanciert.

2.   Einsatz und Förderung von Normen und Plänen zur Gleichbehandlung

Spanien: Der regionale Integrationsplan 2006-2008 der Autonomen Gemeinschaft Madrid wurde mit der Unterstützung der sozialen Sektoren der Gemeinde und unter Beteiligung von mehr als 1000 Vertretern und Fachleuten mit dem Ziel erarbeitet, die Integration von Einwanderern zu gewährleisten. Zum ersten Mal sieht eine Autonome Gemeinschaft in Spanien mehr als 4,4 Mrd. EUR für die Integration von Einwanderern vor. Jeder Immigrant erhält — ungeachtet seiner administrativen Situation — denselben kostenlosen Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem wie die übrigen Einwohner Madrids. Zudem wurden Sozialfürsorgezentren für Einwanderer (CASI) zur Verbesserung der Grundversorgung der in einer besonders prekären Situation lebenden Einwanderer und Zentren für die Teilhabe und Eingliederung von Einwanderern (CEPIS) zur Förderung und Sichtbarmachung des kulturellen Reichtums der Migrantengruppen eingerichtet.

Österreich: Wien hat Websites zum Thema „Integrationspolitik“ geschaffen. Darüber hinaus wurde eine für Integration und Vielfalt zuständige Abteilung gegründet, um diversity management zu entwickeln sowie Beratungsdienste für neue Einwanderer, die sich in der Stadt niederlassen, einzurichten oder auszubauen. Diese Abteilung arbeitet mit Migrantenorganisationen zusammen und fördert Integrationsmaßnahmen und -projekte (z.B. zum Spracherwerb).

Italien: Die Region Emilia Romagna hat Beratungsgremien zum Thema Antidiskriminierung eingerichtet. Darüber hinaus verfügen die lokalen Behörden über spezielle Berater, die befugt sind, in Fällen der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder des Geschlechts tätig zu werden.

3.   Zugang zu Sprachunterricht, Bildung und Beschäftigung

Frankreich: In der Metropolregion Rennes werden verschiedene Aktivitäten und Bildungsmaßnahmen angeboten, um Neuankömmlinge in die lokale Gemeinschaft zu integrieren. Ferner sind Haushaltsmittel für die Einrichtung kommunaler Aufnahmezentren vorgesehen.

Österreich: Die Stadt Wien bietet neuen Einwanderern Kurse zur Alphabetisierung und zum Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse an. Diese Kurse richten sich vor allem an Frauen (wobei eine ganztätige Kinderbetreuung angeboten wird).

Slowenien: Als Integrationsmaßnahme hat Škocjan ein Programm aufgelegt, um die lokale Bevölkerung über Fremdenfeindlichkeit aufzuklären.

Frankreich: Die Präfektur Rhône-Alpes hat zur Bekämpfung der Diskriminierung im Bereich Beschäftigung die lokalen Arbeitsvermittlungsdienste dazu angehalten, anonymisierte Informationen über Arbeitssuchende an die potenziellen Arbeitgeber zu senden (d.h. unter Aussparung des Familiennamens der Bewerber).

4.   Zugang zu Sozialwohnungen und öffentlichen Dienstleistungen

Österreich: Alle Einwohner Wiens haben ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Rasse und ihrer Religion einen gleichberechtigten und gleichwertigen Zugang zu den öffentlichen Dienstleistungen der Stadt. Darüber hinaus haben die Bezirke Projekte zur Förderung und Entwicklung pluralistischer Konzepte unterstützt und finanziert. Die Stadt fördert die kulturelle, sprachliche und gemeinschaftliche Vielfalt sowie die Rechtshilfe in Form einer Beratung über den individuellen Status für jedes Gemeindemitglied.

Spanien: Die öffentlichen Dienstleistungen der Stadt Barcelona sind für jede gemeldete Person zugänglich, auch wenn sie nicht Residentenstatus hat. Die lokalen Gebietskörperschaften Kataloniens bemühen sich, die bestehenden Behördendienste den Bedürfnissen und Zielen von Migranten anzupassen, insbesondere durch praktische Hilfen bei der Ankunft und Niederlassung, Finanzmittel für Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt und Bürgerrechte sowie Informationsdienste zur Erleichterung von Entscheidungsprozessen. Zusätzlich hat die Gemeinderat von Barcelona einen „Plan der Vielfalt und der Bürgerschaft“ und ein „Lokales Netz für Vielfalt und Bürgerschaft“ geschaffen.

Frankreich: Im Rahmen der Siedlungspolitik des Großraumverbands, dem die Stadt Corps-Nuds angehört, werden den Angehörigen spezifischer Gesellschaftsgruppen (einschließlich Roma) ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit Gemeindewohnungen zur Verfügung gestellt.

Spanien: Die katalanische Regierung hat die „Red de Bolsa de Vivienda Social“ („Förderkreis für Sozialwohnungen“) geschaffen, die auf die Verbesserung des Zugangs zu angemessenem Wohnraum für alle sozialen Gruppen und auf die Bereitstellung von Verfahrens- und Rechtsgarantien, einer Versicherungspolice und einer Kaution von bis zu sechs Monaten abzielt.

Österreich: Die Städte Salzburg, Krems und Guntramsdorf stellen Gemeindewohnungen für Migranten und Drittstaatsangehörige bereit. Die Beratungsorganisation „Wohndrehscheibe“, die auf einen besseren Zugang zu Wohnraum für Flüchtlinge und Einwanderer hinwirkt, wurde 2004 als eine von 107 best practices für den Dubai International Award nominiert.

Tschechische Republik: Das „Programm zum Bau von Sozialwohnungen“ verpflichtet die Kommunen dazu, die Errichtung neuer Häuser und die Bereitstellung von Sozialdienstleistungen zu unterstützen, um den von sozialer Ausgrenzung bedrohten Gruppen zu helfen.

Spanien: Seit 1994 verfügt die Autonome Gemeinschaft Madrid über ein Sonderprogramm zur Wohnungsvermittlung, das die Ansiedlung von Einwanderern in der Region begünstigt. Es erleichtert den Zugang zu angemessenem Wohnraum für Einwanderer und etabliert vielfältige Vermittlungs- und Garantiesysteme mit dem Ziel, Wohnungen auf dem Immobilienmarkt zu erwerben und Migranten zur Verfügung zu stellen. Das Programm sieht auch den Zugang zu geteiltem Wohnraum vor und begünstigt die Bildung von Wohngemeinschaften in Miet- oder Eigentumswohnungen.

Slowenien: Die Kommunen werden im Rahmen des „Programms zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Gemeinden 2005“ aufgefordert, gemeinnützige Mietwohnungen zu bauen und zu renovieren.

Belgien: In der Stadt Gent wurde eine Erklärung zur Bekämpfung der Diskriminierung im Wohnungswesen von öffentlichen und privaten Akteuren unterzeichnet, um sämtliche Formen der Diskriminierung im Wohnungssektor zu beseitigen bzw. zu verhindern.

Italien: In Verona bietet der Verein „La casa per gli Extracomunitari“ („Haus für Drittstaatsangehörige“) Migranten Wohnungen an und stellt sicher, dass sich Einwanderer an öffentlichen Diskussionen über wohnungspolitische Themen beteiligen.

5.   Teilnahme am politischen Leben und an bürgerschaftlichen Aktivitäten

Italien: Turin hat die Kommunalwahlen für alle Ausländer, die sich seit sechs Jahren legal in der Stadt aufhalten, geöffnet.

Dänemark: Gemeinden können gemäß dem Integrationsgesetz sog. Integrationsräte einsetzen, die befugt sind, Informationsberichte über Initiativen und Fortschritte hinsichtlich der Integration in der betreffenden Gemeinde im Allgemeinen oder über die von der betreffenden Gemeinde angebotenen Einführungsprogramme anzufertigen. Die Integrationsräte bestehen aus mindestens sieben Mitgliedern, die in der Gemeinde ansässig sind und vom Gemeinderat (kommunalbestyrelse) bestellt werden. Die Mitglieder werden aus den Mitgliedern lokaler Einwanderer- und Flüchtlingsverbände wie auch von Schulbeiräten und sonstigen lokalen Gremien ausgewählt. Die Einrichtung von Integrationsräten wird als erster Schritt zur Einbindung von Immigranten und Flüchtlingen in das politische Geschehen aufgefasst. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele Einwanderer und Flüchtlinge, die den Integrationsräten angehören, später an förmlicheren politischen Prozessen beteiligen, z.B. auf Ebene des Gemeinderates. Etwa 60 dänische Kommunen haben beschlossen, Integrationsräte einzusetzen.

Portugal: Der Kommunalausschuss für ausländische Gemeinschaften in Porto ist ein Beratungsgremium, das dem Stadtrat unterstellt ist. Es soll ein interaktives Forum für die Information und den Dialog zwischen den ausländischen Gemeinschaften in Porto sowie zwischen ihnen und der Lokalverwaltung sein. Der Ausschuss veranstaltet Sitzungen, um die Meinungen der Ausländervereinigungen zu den sie betreffenden geplanten Integrationsprojekten einzuholen. In diesen Sitzungen werden auch die Hauptschwierigkeiten erörtert, die die Vereinigungen in Porto bei der Durchführung eigener Projekte zu überwinden haben. Die Ausländervereinigungen haben von Anfang an großes Interesses am Kommunalausschuss bekundet, in dem derzeit 13 Vereinigungen vertreten sind. Somit darf behauptet werden, dass die lokale Gebietskörperschaft mit einem repräsentativen Teil der ausländischen Gemeinschaften aktiv zusammenarbeitet. Der Ausschuss findet auch große Beachtung auf Seiten bestimmter Institutionen, z.B. nimmt daran der Beauftragte für Einwanderung und ethnische Minderheiten mit Beobachterstatus teil. Folglich dürfte es sich hier um eine solide Grundlage für künftige Arbeiten handeln. Dieses Beratungsgremium ist ein wichtiger Bestandteil der Politik des Stadtrates von Porto für mehr Bürgernähe. Es veranschaulicht auch, dass die Förderung der aktiven Bürgerschaft und der partizipativen Demokratie für den Stadtrat Priorität hat: Dieser bemüht sich, den Ausschuss so zu gestalten, dass er möglichst alle ausländischen Gemeinschaften der Stadt repräsentiert, und fordert deshalb die Beteiligung weiterer Vereinigungen (Interessierte sollten ihre Bewerbung an den Vorsitzenden des Stadtrates senden).

Spanien: Die Regierung der Autonomen Gemeinschaft Asturien bietet allen Personen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, Sozialleistungen an, stellt fachliche und wirtschaftliche Hilfe zur Entwicklung der Humanressourcen bereit und führt Präventivmaßnahmen durch, um die gesellschaftliche Teilhabe der verschiedenen Gruppen, die diskriminiert werden bzw. werden könnten, zu erleichtern. Auch wurde ein Plan zur sozialen Eingliederung entwickelt, um spezifische Maßnahmen zur Förderung der sozialen Integration von Minderheitenangehörigen im Wohnungs-, Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen einzuleiten.

Italien: Repräsentanten von Minderheiten sind im Stadtrat von Florenz vertreten, z.B. der Vorsitzende der senegalesischen Gemeinschaft in der Toskana.

Deutschland: Die Stadt Berlin hat ein System zur regelmäßigen Überwachung der Situation von Minderheiten eingeführt, um die Integration zu erleichtern. Des Weiteren hat sie den „Quartierfonds“ eingerichtet, der ein erfolgreiches Modell für die Verbesserung der Bürgerbeteiligung und der Integration darstellt.

6.   Schutz der Roma-Minderheit

Belgien

Der Erlass des Flämischen Rates über Chancengleichheit im Bildungswesen sieht für bestimmte Schulen Sondermittel entsprechend der Zahl der Studenten aus benachteiligten Gruppen (darunter auch Roma) vor.

1997 hat die flämische Regierung die Flämische Kommission für mobiles Wohnen eingesetzt, die konkrete Lösungsvorschläge für Probleme im Zusammenhang mit Wohn- und Lagerplätzen für Roma erarbeiten soll.

In Flandern wurden gemäß dem Erlass über die flämische Politik gegenüber ethnischen und kulturellen Minderheiten fünf „Roma-Referate“ in regionalen Integrationszentren geschaffen. Diese Referate sollen die Minderheitenpolitik bewerten und umsetzen. Die Region Wallonien richtete 2001 ein Zentrum ein, das alle Sinti und Roma betreffenden Projekte überwachen und zwischen diesen Gruppen und den Behörden vermitteln soll.

Tschechische Republik

Es gibt auf regionaler Ebene wie auch in der Stadt Prag Roma-Koordinatoren, während die Roma auf lokaler Ebene als nationale Minderheit betrachtet werden.

2004 wurde auf Initiative der Nichtregierungsorganisation „Mutual Coexistence“ und der Region Ostrava ein Sommercamp für Roma-Kinder veranstaltet. Ziel war die Verbesserung der Kommunikation und der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Roma.

Frankreich

An einigen Schulen kümmert sich ein spezieller Lehrer um die Integration von Roma-Kindern. Es werden Schulbusse für die Beförderung von Roma-Schülern bereitgestellt, und deren effektive Beteiligung am Unterricht wird kontrolliert.

Deutschland

Der Zentralrat deutscher Sinti und Roma ist eine Dachorganisation, die neun Landesverbände und mehrere Regional- und Lokalverbände umfasst. Sie vertritt und verficht die Interessen der Sinti- und Roma-Ausschüsse.

Griechenland

Die Stadt Patras hat wichtige Maßnahmen zum Schutz der Roma-Minderheit ergriffen, z.B. regelmäßige medizinische Untersuchungen und Impfungen, Programme zur Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für ortsansässige Roma, Gestaltung einer aktiven Wohnungspolitik (u.a. der Gewährung staatlichen Wohngelds).

Ungarn

Die Lokalverwaltung und die lokale „Minderheitenregierung“ von Ozd haben ein Programm zum Wiederaufbau eines Gebiets, das durch extremen Verfall und soziale Ausgliederung gekennzeichnet ist, aufgelegt.

Slowenien

In Slowenien ist durch die Verfassung gewährleistet, dass Minderheiten in den Gebieten, in denen sie leben, ihre Sprache als Amtssprache verwenden können. Dies gilt für die ungarische und die italienische Minderheit. Diese beiden Minderheiten haben auch eigene Vertreter im slowenischen Parlament.

Mithilfe der Behörde für nationale Minderheiten erarbeitet die Regierung rechtliche Maßnahmen zur Festlegung des besonderen Status, der besonderen Rechte und des besonderen Schutzes der in Slowenien lebenden Roma. Damit dürfte sie eine Vorreiterrolle in der EU spielen. Aufgrund des Gesetzes über die kommunale Selbstverwaltung und des Gesetzes über das Kommunalwahlrecht konnten die Roma mit Beginn dieser Mandatsperiode eigene Vertreter in die Gemeinderäte der Gebiete, in denen autochthone Roma leben, wählen. Im Rahmen des Roma-Förderprogramms der Regierung wird die Gemeinde Rogašovci eine Reihe kommunaler Initiativen „über und für die Roma“ ergreifen, u.a. die öffentliche Finanzierung von Projekten zur Lösung von Infrastrukturproblemen im Bereich der öffentlichen Versorgungsbetriebe, bildungs-, sozial- und kulturpolitische Maßnahmen sowie Rechtshilfe für Roma.

Das Bildungsforschungsinstitut in Ljubljana hat das Projekt „Integration von Roma-Kindern in das allgemeine Bildungssystem Sloweniens“ initiiert. Ziel des Projekts ist die Verbesserung der Bildungschancen von Roma-Kindern in Vor- und Grundschulen in der Region Dolenjska.

Spanien

Die katalanische Regierung hat das Programm „Prolloguer“ initiiert, um Roma und andere diskriminierte Gruppen zu unterstützen. Das Programm beruht auf einem relativ einfachen Konzept: Leer stehende Wohnungen werden aufgekauft, renoviert und dann an Einwanderer und benachteiligte soziale Gruppen vermietet.

Seit 1999 existiert in der Autonomen Gemeinschaft Madrid das Projekt „APOI“ zur sozialen Betreuung von Angehörigen ethnischer Minderheiten aus Osteuropa. Der Integrationsprozess umfasst drei Interventionsphasen: die Phase der Aufnahme, die Phase der Ansiedlung mit aktiver Unterstützung bei der Arbeits- und Wohnungssuche und die Phase der Nachbetreuung. „APOI“ sieht Maßnahmen auf vier Ebenen vor: Einzelpersonen, Familien, Gruppen, Gemeinschaften. Die Methoden beruhen auf Aktivierung und Partizipation, d.h. die Betroffenen werden am eigenen Integrationsprozess beteiligt und die festgestellten Probleme werden zwar individuell, aber auch aus einer Gesamtperspektive behandelt.

Der Stadtrat von Barcelona hat einen Kommunalbeirat der Roma ins Leben gerufen — ein beratendes Gremium, das die Lebensbedingungen der in der Stadt lebenden Roma verbessern soll.

Vereinigtes Königreich

Es wurde das Projekt „Gypsy/Traveller Achievement“ ins Leben gerufen, bei dem Eltern einbezogen, Jugendliche befragt und Lehrpläne geändert bzw. angepasst werden, um den Anteil von Roma-Schülern zu erhöhen. Die meisten lokalen Gebietskörperschaften verfügen über einen „Traveller Education Service“, der das Bildungsniveau der Roma verbessern soll. Eine Schule bietet flexiblen Unterricht außerhalb des Schulgebäudes in den Fächern Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Aktivitäten im Freien an, und eine Gemeinde hat Informationspakete zur Erleichterung des Übergangs von der Grundschule zu einer weiterführenden Schule zusammengestellt.


(1)  Quellen: von den AdR-Mitgliedern zusammengetragene Informationen; Thematischer Kommentar Nr. 3 „The protection of Minorities in the European Union“ des EU-Netzes unabhängiger Experten für Grundrechte (2005) und Jahresbericht der EUMC, Teil 2 „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den EU Mitgliedsstaaten. Trends, Entwicklungen und bewährte Praktiken“ (2005).


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