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Document 52006AE1367

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste KOM(2006) 382 endg. — 2006/0133 (COD)

ABl. C 324 vom 30.12.2006, p. 42–46 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

30.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 324/42


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste“

KOM(2006) 382 endg. — 2006/0133 (COD)

(2006/C 324/19)

Der Rat beschloss am 4. September 2006 gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Das Präsidium des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses beschloss am 12. September 2006, die Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft mit den Vorarbeiten zu dieser Stellungnahme zu beauftragen.

In Anbetracht der Dringlichkeit der Arbeiten bestellte der Ausschuss auf seiner 430. Plenartagung am 26. Oktober 2006 Herrn HERNÁNDEZ BATALLER zum Hauptberichterstatter und verabschiedete mit 131 gegen 7 Stimmen bei 12 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Fazit und Empfehlungen

1.1

Die Kommission hat angesichts der hohen Preise, welche die Verbraucher für Mobiltelefongespräche im „Auslandsroaming“ entrichten müssen, einen Verordnungsvorschlag vorgelegt und darin eine Reihe von Kriterien festgelegt, welche der Ausschuss befürwortet. Der Vorschlag der Kommission dient der Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für ein derartiges abgestimmtes Eingreifen, das die Vollendung des Binnenmarktes im Bereich der elektronischen Kommunikation voranbringen soll und den Bürger in den Mittelpunkt der Gemeinschaftspolitik stellt.

1.2

Der Vorschlag ist notwendig und angemessen und sorgt für einen hohen Verbraucherschutz, wobei insbesondere das Informationsrecht der Verbraucher durch Maßnahmen für mehr Transparenz und der Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen verbessert wird und für die Erbringung von Roamingdiensten für Sprachanrufe zwischen den Mitgliedstaaten sowohl auf Endkunden- als auch auf Großkundenebene Preisobergrenzen vorgeschrieben werden.

1.3

Die Kommission sollte nach Ansicht des Ausschusses bei der Überprüfung der Funktionsweise der Verordnungen ihre weiteren Vorschläge vorzugsweise an dem Calling-Party-Pays-Prinzip (Anrufer zahlt für den Anruf) ausrichten und dafür Sorge tragen, dass die Preise, die die Kunden für das Auslandsroaming zahlen, weitgehend den Preisen für Anrufe im Heimatnetz entsprechen (Inlandspreisprinzip).

2.   Einleitung

2.1

Mit der zunehmenden Mobilität der Unionsbürger über die Grenzen ihrer Heimatländer hinaus und insbesondere innerhalb der EU wächst zugleich die Notwendigkeit, Telefongespräche über die immer stärker verbreiteten Mobiltelefone zu ermöglichen. Die Möglichkeit, dass die Nutzer von Mobiltelefonen aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Netzbetreibern in den einzelnen Ländern auch auf Auslandsreisen Anrufe tätigen und annehmen können, wird in diesem Zusammenhang als „Roaming“ bezeichnet.

2.1.1

Es handelt sich somit um Dienstleistungen, die ein Mobilfunknetzbetreiber in einem Mitgliedstaat (besuchtes Netz) für einen Mobilfunknetzbetreiber in einem anderen Land (Heimatnetz) erbringt. Der entsprechende Markt umfasst im Wesentlichen folgende Dienstleistungen:

Diensterbringung für Mobilfunkbetreiber eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats, dessen Netz von einem mobilen Standort aus angerufen wird;

Diensterbringung für Mobilfunkbetreiber eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats, aus dessen Netz von einem mobilen Standort aus angerufen wird;

Diensterbringung für Mobilfunkbetreiber innerhalb des gleichen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats, aus dessen Netz von einem mobilen Standort aus Daten übertragen werden;

Diensterbringung für Mobilfunkbetreiber innerhalb des gleichen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats als Transitland, über dessen Netz sowohl Telefongespräche als auch Datenübertragung an Nutzer von Mobilfunknetzen oder Festnetzen im In- und Ausland übertragen werden.

2.1.2

Man geht davon aus, dass fast 150 Mio. europäische Bürger diese Dienste bereits auf Urlaubsreisen und vor allem im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit (drei Viertel des Gesamtvolumens) nutzen.

2.2

Das Roaming bringt den Bürgern zweifellos soziale und wirtschaftliche Vorteile, zieht aber aufgrund seiner weit über den Gebühren für Inlandsgespräche liegenden Preise immer wieder die Kritik der Nutzer, Verbraucherverbände, Regulierungsbehörden und politischen Verantwortlichen auf sich. Die Kritik geht dahin, dass es in Bezug auf das Roaming kaum eine Preistransparenz für den Endkunden gibt, der Preis ausgehend von den tatsächlichen Kosten der Erbringung dieser Dienste kaum gerechtfertigt ist und es zudem große Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Netzbetreibern gibt. Insgesamt schwankt der Preis zwischen 0,20 EUR, die ein finnischer Nutzer zahlt, der von Schweden aus nach Hause anruft, und 13,05 EUR für einen Anruf eines Maltesers aus Lettland in seine Heimat. Verschiedenen EU-weiten Branchenuntersuchungen für diese Dienstleistungen zufolge nehmen die Telefongesellschaften jährlich 8,5 Mrd. EUR für Roamingdienste in der EU ein, was drei bis sieben Prozent ihres Gesamtumsatzes ausmacht, wobei diese Ziffer noch steigt.

2.3

Die Kommission hat seit Ende der 90er Jahre ihre Besorgnis angesichts der hohen Roamingpreise für Mobilfunkkunden auf Reisen innerhalb Europas mit mehreren Initiativen zum Ausdruck gebracht:

Mitte 1999 führte die Kommission eine Branchenuntersuchung in Bezug auf nationale und internationale Roamingdienste durch und leitete daraufhin gegen einige Mobilfunkbetreiber im Vereinigten Königreich und in Deutschland Verfahren wegen Verstoßes gegen die geltenden Vorschriften ein.

Nachdem 2002 der europäische Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation (1) verabschiedet wurde, führte die Kommission in ihrer Empfehlung vom 11. Februar 2003 (2) über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors den nationalen Großkundenmarkt für das Auslandsroaming in öffentlichen Mobilfunknetzen als einen der Dienste für die Vorabregulierung auf.

Im Mai 2005 stellte die Gruppe Europäischer Regulierungsstellen (ERG) (3) fest, dass die Endkundentarife ohne klare Rechtfertigung sehr hoch waren, was anscheinend auf hohe Großkundenentgelte der ausländischen Netzbetreiber, in vielen Fällen aber auch auf hohe Endkundenaufschläge des Heimatanbieters des Kunden zurückzuführen war, sowie dass geringere Großkundenentgelte oft nicht an den Endkunden weitergegeben wurden und dass den Verbrauchern häufig keine klaren Informationen über die Roamingtarife zur Verfügung standen.

Im Oktober 2005 machte die Kommission erneut auf das Problem der hohen Auslandsroamingentgelte und die mangelnde Preistransparenz aufmerksam und veröffentlichte im Internet eine Website zur Verbraucherinformation, mit der sie nicht nur verdeutlichte, dass die Entgelte in vielen Fällen offensichtlich überhöht sind, sondern auch zeigte, dass es in der Gemeinschaft große Preisunterschiede gibt, die sich für gleichartige Anrufe nicht rechtfertigen lassen.

Das Europäische Parlament begrüßte am 1. Dezember 2005 in seiner Entschließung zu den europäischen Vorschriften und Märkten im Bereich der elektronischen Kommunikation 2004 (4) die Initiative der Kommission für mehr Transparenz beim Auslandsroaming und forderte die Kommission auf, neue Initiativen zu entwickeln, um die hohen Gebühren beim grenzüberschreitenden Mobiltelefonverkehr zu senken.

Im Dezember 2005 teilte die Gruppe Europäischer Regulierungsstellen der Europäischen Kommission ihre Bedenken mit, dass die von den nationalen Regulierungsbehörden (NRB) getroffenen Maßnahmen das Problem der hohen Preise nicht lösen würden und merkte dazu an, dass das Roaming ein Ausnahmefall sei, bei dem das offensichtliche Problem der Verbraucherbenachteiligung nicht vorbeugend durch die Anwendung des Rechtsrahmens zu lösen sei.

Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, zur Verwirklichung der in der erneuerten Lissabon-Strategie (5) für das Wirtschaftswachstum und die Produktivitätssteigerung gesetzten Ziele auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene eine gezielte, wirksame und integrierte Politik hinsichtlich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu verfolgen, wies der Europäische Rat im März 2006 in seinen Schlussfolgerungen auf die große Bedeutung hin, die der Senkung der Roaminggebühren für den Wettbewerb zukommt.

2.4

Trotz des eindeutigen Befunds der vorgebrachten Kritik, der Initiativen der europäischen Institutionen, der von einigen Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen und selbst der von bestimmten Betreibern vorgenommenen Gebührensenkungen konnten bislang keine Maßnahmen ergriffen werden, um in abgestimmter Weise eine wesentliche Senkung der Mobilfunk-Roamingentgelte in der Gemeinschaft zu erreichen.

2.5

Schließlich hat die Kommission nach einer Prüfung der verschiedenen Rechtsetzungsoptionen und ihrer Konsequenzen am 12. Juli 2006 einen Vorschlag für eine Verordnung über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft vorgelegt, mit der sowohl das Entgelt, das die Netzbetreiber für die Abwicklung von Telefongesprächen im Mobilfunknetz voneinander verlangen können, als auch der Endkundenpreis für im Ausland (allerdings nur innerhalb der EU) getätigte und angenommene Mobilfunk-Telefongespräche begrenzt werden. Mit dieser Verordnung soll die Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste geändert werden.

3.   Der Kommissionsvorschlag

3.1

Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung strebt die Kommission die Schaffung einer einheitlichen, objektiven, kohärenten und angemessenen Rechtsgrundlage an, mit der die Vollendung des Binnenmarktes im Bereich der elektronischen Kommunikation vorangebracht werden soll, die im Einklang mit der erneuerten Lissabon-Strategie zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung durch die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit steht und die der damit verbundenen i2010-Initiative der Kommission gerecht wird.

3.2

Auf dieser Rechtsgrundlage könnten den terrestrischen Mobilfunknetzbetreibern in der Gemeinschaft Höchstentgelte pro Minute für die Erbringung von Roamingdiensten für Sprachanrufe zwischen den Mitgliedstaaten sowohl auf Endkunden- als auch auf Großkundenebene vorgeschrieben werden. Die Preisobergrenzen sollten den verschiedenen Kostenelementen, die bei der Abwicklung eines ausgehenden Auslandsroaminganrufs eine Rolle spielen (einschließlich Gemeinkosten, Signalisierung, Verbindungsaufbau, Transit und Anrufzustellung) sowie den Unterschieden bei den tatsächlichen Kosten der Erbringung dieser Dienste Rechnung tragen.

3.3

Mit dem „europäischen Heimatmarktkonzept“ soll ein hoher Verbraucherschutz für Nutzer öffentlicher Mobilfunknetze auf Reisen innerhalb der Gemeinschaft als auch ein wirksamer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Mobilfunkbetreibern erreicht werden, die ihre Angebote differenziert gestalten und ihre Preisstruktur entsprechend den Marktbedingungen und den Wünschen der Kunden anpassen können.

3.4

Im Hinblick auf die zu zahlenden Entgelte werden dabei folgende Preisbeschränkungen festgelegt:

Die Preise auf Großkundenebene für Inlandsgespräche innerhalb des besuchten Landes dürfen das Zweifache des durchschnittlichen Zustellungsentgelts der Mobilfunkbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht nicht übersteigen. Das durchschnittliche Mobilfunk-Zustellungsentgelt gilt als verlässlicher Vergleichsmaßstab für die hauptsächlichen Kostenbestandteile auf Großkundenebene, denn diese Zustellungsentgelte unterliegen bereits der Regulierungsaufsicht entsprechend dem gemeinsamen Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation von 2002 und werden daher nach dem Grundsatz der Kostenorientierung festgelegt.

Für Auslandsgespräche zurück in das Heimatland oder in ein Drittland innerhalb der Gemeinschaft darf der Preis das Dreifache des oben genannten durchschnittlichen Zustellungsentgelts nicht übersteigen.

Auf der Endkundenebene wird die Preisobergrenze für die gleiche Art von Roaminganrufen in Höhe von 130 % der geltenden Obergrenze für Großkunden festgesetzt, wobei alle mit der Abwicklung regulierter Roaminganrufe verbundenen Festbestandteile, wie einmalige Entgelte oder Freischaltungsentgelte darin enthalten sind, nicht aber die Mehrwertsteuer. Die Preisobergrenzen der Endkundenentgelte für ausgehende regulierte Roaminganrufe werden sechs Monate nach dem Inkrafttreten der vorgeschlagenen Verordnung rechtsverbindlich, damit die Netzbetreiber die notwendigen Anpassungen vornehmen können.

Der Vorschlag sieht überdies Preisobergrenzen in Höhe von 130 % des oben genannten durchschnittlichen Zustellungsentgelts für die Gebühren vor, die Roamingkunden für die Annahme von Anrufen auf Auslandsreisen in der Gemeinschaft berechnet werden, wobei alle mit der Abwicklung regulierter Roaminganrufe verbundenen Festbestandteile, wie einmalige Entgelte oder Freischaltungsentgelte darin enthalten sind, nicht aber die Mehrwertsteuer.

3.5

Gegenstand des Vorschlags ist auch die Preistransparenz, weshalb für die Mobilfunkanbieter die Verpflichtung eingeführt wird, ihren Roamingkunden auf Anfrage persönliche Informationen über Endkunden-Roamingentgelte zur Verfügung zu stellen. Die Kunden können wählen, ob sie diese kostenlosen Informationen per Kurznachricht (SMS) oder fernmündlich über ihr Mobiltelefon erhalten möchten. Zusätzlich müssen die Mobilfunkanbieter ihre Kunden bereits bei Vertragsabschluss über die Roamingentgelte informieren, sie regelmäßig darüber auf dem Laufenden halten und ihnen wesentliche Änderungen mitteilen.

3.6

Die Preisvorschriften dieser Verordnung sollen unabhängig davon gelten, ob ein Roamingkunde bei seinem Heimatanbieter eine vorausbezahlte Karte erworben oder einen Vertrag mit nachträglicher Abrechnung geschlossen hat, damit alle Mobiltelefonnutzer in den Genuss dieser Bestimmungen kommen.

3.7

In dem Vorschlag wird den nationalen Regulierungsbehörden die Befugnis übertragen, diese Bestimmungen entsprechend ihrer derzeitigen Rolle innerhalb des gemeinsamen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation durchzusetzen. Sie sind nicht nur für die Übermittlung des regelmäßig von der Kommission veröffentlichten durchschnittlichen Zustellungsentgelts der Mobilfunkbetreiber zuständig, sondern auch damit beauftragt, die Entwicklung der Großkunden- und Endkundenentgelte für die Erbringung von Sprach- und Datenkommunikationsdiensten für Roamingkunden, einschließlich der Übermittlung von Kurznachrichten (SMS) und multimedialen Nachrichten (MMS), insbesondere auch in den Gebieten in äußerster Randlage der Gemeinschaft zu beobachten. Dies dient sowohl der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Kostendeckung für die Netzbetreiber als auch der Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen diese Verordnung.

3.8

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (6) beschlossen werden. Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt. Die Kommission wird von dem mit Artikel 22 der Richtlinie 2002/21/EG eingesetzten Kommunikationsausschuss unterstützt.

3.9

Der Vorschlag sieht eine Überprüfung der Verordnung nach zwei Jahren vor. Das bedeutet, dass die Kommission nach den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung die Aufhebung der Verordnung erwägen wird, wenn sich herausstellen sollte, dass sie aufgrund der Marktentwicklung nicht mehr notwendig ist.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Der Ausschuss begrüßt die Anstrengungen der Kommission zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für wirksame Maßnahmen, um eine Senkung der Mobilfunk-Roamingentgelte in der Gemeinschaft zu erreichen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Kommission von einer bis zu 70 %igen Senkung der Roaminggebühren mit Einsparungen für die Verbraucher in Höhe von 5 Mrd. EUR ausgeht.

4.1.1

Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einem hohen Verbraucherschutz beitragen, und zwar sowohl im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher — Senkung der Roaminggebühren — als auch im Hinblick auf eine bessere Preistransparenz — Stärkung des Informationsrechts der Verbraucher. Der Ausschuss befürwortet somit die Überlegungen, die die Kommission zur Vorlage dieses Vorschlags veranlasst haben, welcher seine Unterstützung findet.

4.2

Angesichts der Vorbehalte bestimmter Regulierungsbehörden und auch Mobilfunkbetreiber ist sich der Ausschuss durchaus der Schwierigkeit bewusst, diese Maßnahmen zur Verbilligung der Roamingpreise einvernehmlich festzulegen. Im Wesentlichen wurde von den Beteiligten bemängelt, dass die Kommissionsinitiative in ihrem Regulierungsteil zu weit gehe; dass die beteiligten Akteure nicht ausreichend konsultiert worden seien; dass die Vorschriften unmittelbar und sehr kurzfristig in Kraft treten sollen, ohne dass sich die Unternehmen daran anpassen können; dass den Unternehmen der Branche die Gelegenheit zur Selbstregulierung gegeben werden müsse; dass nur die Endkundenpreise, nicht aber die Großkundenpreise Gegenstand einer Regulierung sein sollten; dass diese Initiative möglicherweise Nachteile insbesondere für die Mobilfunkbetreiber in den Hauptreiseländern bringe bzw. dass sie den unerwünschten Effekt haben könne, dass die Preise für andere Telekommunikationsdienste steigen; und dass die künftigen Investitionen für den Ausbau der elektronischen Kommunikation (Mobilfunktechnik der dritten Generation — 3G, Breitband usw.) gefährdet werden.

4.3

Dem kann man die hohen Einnahmen der Mobilfunkbetreiber entgegenhalten, deren wirtschaftliche Lebensfähigkeit auch nach dieser Senkung der Roamingpreise gesichert ist, wie selbst die Diensteanbieter in Branchenuntersuchungen einräumen.

4.3.1

Im Hinblick auf die geeignete Form der Regulierung muss festgestellt werden, dass zwar bestimmte Mobilfunkbetreiber Anstrengungen zur Senkung ihrer Roamingpreise unternommen haben, die Erfahrung jedoch zeigt, dass diese Initiativen eine Lösung des Problems in dem erforderlichen Tempo und mit der notwendigen angemessenen Einheitlichkeit nicht sicherstellen können.

4.3.2

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass eine Verordnung erlassen werden muss, da diese in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Eine Verordnung ist in diesem Fall der reinen Selbstregulierung des Marktes und den möglichen Regulierungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten vorzuziehen, da es sich um ein grenzüberschreitendes Problem handelt, bei dem den einzelstaatlichen Regulierungsbehörden die Hände gebunden sind.

4.4

Die Möglichkeit, in der Zukunft virtuelle Mobilfunkbetreiber zu gründen, zeigt die Gefahren auf, wenn in einzelnen Gebieten innerhalb der EU unterschiedliche Entscheidungen getroffen werden, da diese Unterschiede später die Gesamtentwicklung der elektronischen Kommunikation in ganz Europa gefährden könnten.

4.5

Neben den bisherigen Bemerkungen bedauert der EWSA, dass die Maßnahmen der Kommission gegen die überteuerten Roamingpreise der Betreiber letztendlich weit unter den Erwartungen der Verbraucher geblieben sind und auch hinter den ursprünglich von der Kommission angestrebten Maßnahmen zurückstehen.

4.6

Nach Ansicht des Ausschusses sollte als Ziel die völlige Abschaffung der Preisunterschiede zwischen den einzelnen am Roaming teilnehmenden Mitgliedstaaten — unbeschadet des Wettbewerbs zwischen den Angeboten der einzelnen Betreiber — angestrebt werden. Das bedeutet, dass die Kunden unabhängig von ihrem Aufenthaltsort den gleichen Preis zahlen wie in ihrem Heimatland („europäisches Heimatmarktkonzept“). Mit diesem Verordnungsvorschlag jedenfalls wird dieses Ziel der Gleichstellung von Inlandspreisen und Roamingpreisen trotz Senkung der Entgelte nicht erreicht.

4.7

Im Hinblick auf die Gebühren für den angerufenen Roamingkunden werden in dem Verordnungsvorschlag zwar Obergrenzen festgelegt, diese Gebühren werden jedoch nicht grundsätzlich abgeschafft, wie Großkunden und Verbraucher seit langem fordern und die Kommission auch ursprünglich geplant hatte. Nach Ansicht des Ausschusses wäre es zweckmäßiger, in Zukunft eine Einführung des Calling-Party-Pays-Prinzips (Anrufer zahlt für den Anruf) anzustreben, da es besser dem Billigkeitsgrundsatz entspricht.

4.8

Der EWSA bedauert, dass die Kommission nicht die möglichen sozialen Folgen dieser Maßnahme für die Beschäftigung berücksichtigt hat, und hofft dass ihre Umsetzung weder mit Einbußen bei den Arbeitsplätzen noch mit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Branche verbunden ist, sondern vielmehr an den in der Europäischen Sozialpolitischen Agenda (7) enthaltenen Erwartungen festgehalten werden kann.

4.8.1

Der Zeitraum von sechs Monaten, um den das Inkrafttreten der Preisobergrenzen für Endkunden, das heißt, für die Verbraucher, herausgezögert wird, ist nach Auffassung des Ausschusses zu lang. Die Mobilfunkbetreiber können sich ohne Probleme an die neue Situation anpassen, weshalb diese Verzögerung wegfallen sollte.

4.8.2

Es wäre jedoch angemessen, wenn in dem Verordnungsvorschlag Übergangsregelungen für diesen Zeitraum von sechs Monaten vorgesehen würden, mit entsprechenden Abhilfemaßnahmen für Mobilfunkbetreiber insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, bei denen es aufgrund des Inkrafttretens der Verordnung zu einseitigen Belastungen kommt. Natürlich vorausgesetzt, dass die Verbraucher dieser Mitgliedstaaten durch diese Übergangsregelungen nicht diskriminiert werden.

4.9

Der Ausschuss hofft, dass es mit der Anwendung der Verordnung zu keiner Anpassung der Mobilfunkgebühren kommt, in deren Zuge gewisse Betreiber unter Berufung auf bestimmte Umstände versuchen, ihre Kosten durch Erhöhung der Einnahmen für andere Dienstleistungen zu decken. Aus diesem Grund muss darauf geachtet werden, dass die Mechanismen zur Preisfestsetzung auf Großkunden- und Endkundenebene eine völlige Deckung sämtlicher Kosten der Dienstleistung sicherstellen.

4.9.1

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der elektronischen Kommunikation um einen sehr dynamischen Markt handelt, schließt sich der Ausschuss dem Vorschlag der Kommission an, die Anwendung dieser Verordnung spätestens zwei Jahre nach deren Inkrafttreten zu überprüfen, wobei in dem entsprechenden Bericht die Notwendigkeit der weiteren Regulierung oder die Möglichkeit der Aufhebung in Anbetracht der Marktentwicklung und der Wettbewerbssituation begründet werden muss.

4.9.2

Bei dieser Überprüfung der Anwendung der Verordnung müssen auch deren Auswirkungen auf die Beschäftigung, die Arbeitsbedingungen und die Investitionen der Betreiber untersucht und die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen werden.

4.10

Überdies vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass die Festlegung dieses neuen Regulierungsrahmens die Gelegenheit bietet, über die überteuerten Roamingpreise hinaus auch andere Probleme im Zusammenhang mit dem Roaming zu lösen, wie zum Beispiel die ebenso missbräuchliche Praxis der Aktivierung des Roamingdienstes in Grenzgebieten zwischen zwei Mitgliedstaaten.

Brüssel, den 26. Oktober 2006

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Richtlinie 2002/21/EG vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33). Gleichen Datums sind die Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 7), die Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikations-netze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 21) und die Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51). Außerdem ist die Richtlinie 2002/58/EG vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37) zu nennen.

(2)  Empfehlung der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen — C(2003) 497 (ABl. L 114 vom 8.5.2003, S. 45). Darin sind 18 Märkte aufgeführt, die als in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts definierte Märkte gelten.

(3)  Beschluss 2002/627/EG der Kommission vom 29. Juli 2002 zur Einrichtung der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. L 200 vom 30.7.2002, S. 38), geändert durch den Beschluss 2004/641/EG der Kommission vom 14. September 2004 (ABl. L 293 vom 16.9.2004, S. 30).

(4)  Entschließung des Europäischen Parlaments 2005/2052 (INI).

(5)  Mitteilung für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates — Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze — Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon — KOM(2005) 24 vom 2.2.2005 — und Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes von der Tagung des Europäischen Rates am 22./23. März 2005.

(6)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

(7)  KOM(2005) 33 endg., Mitteilung der Kommission — Sozialpolitische Agenda.


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