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Document 52006AE1349

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch — Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts KOM(2005) 672 endg.

ABl. C 324 vom 30.12.2006, p. 1–6 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

30.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 324/1


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch — Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“

KOM(2005) 672 endg.

(2006/C 324/01)

Die Kommission beschloss am 19. Dezember 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen: „Grünbuch — Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 20. September 2006 an. Berichterstatterin war Frau SÁNCHEZ MIGUEL.

Aufgrund der Neubesetzung des Ausschusses hat das Plenum beschlossen, diese Stellungnahme auf der Oktober-Plenartagung zu erörtern, und Frau SÁNCHEZ MIGUEL gemäß Artikel 20 der Geschäftsordnung zur Hauptberichterstatterin bestellt.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 430. Plenartagung am 26. Oktober 2006 mit 99 gegen 28 Stimmen bei 22 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung

1.1

Mit der Vorlage des Grünbuchs über den Schadenersatz wegen Verletzung der EU-Wettbewerbsregeln eröffnet die Kommission eine breit angelegte Debatte über die Notwendigkeit von Gemeinschaftsleitlinien, um Schadenersatzklagen von Unternehmen, Verbrauchern und Arbeitnehmern gegen diejenigen Unternehmen zu erleichtern, die im Rahmen ihrer Tätigkeit gegen die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag verstoßen.

1.2

Der EWSA möchte zunächst betonen, dass es darum geht, für einen wirksamen Schutz der Marktteilnehmer auf dem europäischen Binnenmarkt zu sorgen. Wegen des freien Warenverkehrs ist es geboten, dass die aus Verträgen und Dienstleistungsaufträgen abgeleiteten Rechte und Verpflichtungen inhaltlich in allen Staaten eine gewisse Einheitlichkeit aufweisen. Sofern es um grenzübergreifende Geschäfte geht, sollte eine gewisse Harmonisierung zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gefördert werden.

1.3

Zweitens ist die Tätigkeit der Wettbewerbsbehörden auf europäischer wie nationaler Ebene zu berücksichtigen, denen es obliegt, verbotene Handlungen festzustellen und wirtschaftliche Sanktionen festzulegen, die gegen die Unternehmen verhängt werden können, die gegen die Regeln verstoßen. Mit dem Grünbuch strebt die Kommission an, die privatrechtliche, d.h. gerichtliche Durchsetzung von Schadenersatz zu ermöglichen, weshalb diese Art von Klagen mit der bisherigen Praxis der Wettbewerbsbehörden in Einklang zu bringen ist.

1.4

In Bezug auf die wichtigsten, in diesem Grünbuch gestellten Fragen ist anzumerken, dass der EWSA keine einheitliche Position vertritt, sondern zu jeder dieser Fragen Argumente bereitstellt, die es der Kommission ermöglichen, Entscheidungen über die Festlegung von Leitlinien für eine künftige Rechtsetzung festzulegen. Abschnitt 5 dieser Stellungnahme enthält zu all diesen Fragen Antworten und Argumentationen.

2.   Einleitung

2.1

Im europäischen Binnenmarkt hat eine umfangreiche Reorganisation in Bezug auf die Wettbewerbsregeln stattgefunden. Dies hat zum einen ermöglicht, dass die Unternehmen auf diesem Markt dank präziser Vorschriften in einem Rahmen des freien Wettbewerbs tätig sein können. Zum anderen wurden so die nationalen Wettbewerbsvorschriften der Mitgliedstaaten angeglichen, damit die Unternehmen ihr Recht auf Niederlassungsfreiheit unter gleichen Bedingungen besser wahrnehmen können.

2.2

Eines der Themen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt ist der wirksame Schutz der Akteure auf anderen Seite des Marktes, nämlich der Verbraucher im weitesten Sinne, deren Rechte geschmälert werden, wenn Liefer- und Dienstleistungsaufträge grenzübergreifend vergeben werden. Die Verbraucher eines Mitgliedstaates sind in der Wahrnehmung ihrer Rechte als solche eingeschränkt, wenn die dort tätigen Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, wohingegen das Wettbewerbsrecht für den Binnenmarkt als Ganzes gilt.

2.3

In den gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften fehlt ein wirksames System für den Ersatz von Schäden auf Grund von Verstößen gegen die Vorschriften der Artikel 81 und 82 des EG-Vertrages im Binnenmarkt. Das neue Konzept der Kommission für die Wettbewerbspolitik und den Verbraucherschutz war Anlass für die Vorlage des Grünbuchs. Sie stellt darin die wichtigsten Fragen für eine legislative Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt, mit der die Rechte der Geschädigten für den Fall geschützt werden sollen, dass der freie Wettbewerb im Binnenmarkt beeinträchtigt wurde.

2.4

Zu berücksichtigen ist auch die Bedeutung von Artikel 153 Absatz 3 EG-Vertrag (1), der es erlaubt, dem Verbraucherschutz als Querschnittspolitik in allen Politikfeldern Rechnung zu tragen.

2.5

In diesen Sinne enthält das Grünbuch die wichtigsten Fragen für den Erlass von Schutzmaßnahmen und der Einführung von Schadenersatzklagen auf Grund des Verstoßes gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften, insbesondere in Bezug auf die Artikel 81 und 82 des Vertrags und die entsprechenden Durchführungsbestimmungen. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich das Grünbuch auf einen komplexen Bereich der Rechtsetzung bezieht, was zu einer Reform der einzelstaatlichen Verfahrensvorschriften führen kann. Und dies lässt Zweifel aufkommen, vor allem in Bezug auf Fragen der Subsidiarität, auch in Fällen, in denen die entsprechenden Vorschriften noch andere Bereiche des Zivilrechts betreffen.

2.6

In dem Grünbuch wird von einer doppelten Anwendung des Wettbewerbsrechts ausgegangen. Zunächst sind da die zentralen Behörden — nicht nur die Kommission, sondern auch die nationalen Wettbewerbsbehörden, die unter Ausnutzung ihrer Befugnisse die Vorschriften im Einzelfall anwenden. Die Wettbewerbsbehörden sind zunächst befugt, einen Verstoß gegen die Vorschriften festzustellen sowie Verträge für nichtig zu erklären, die den Wettbewerb einschränken. Zweitens können sie wirtschaftliche Sanktionen verhängen, bei denen sie sich auf die Verordnungen über die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften stützen.

2.7

Zum anderen wird die private Durchsetzung der Wettbewerbsregeln vor den ordentlichen Gerichten anerkannt, denn diese Vorschriften sind von den Gerichten unmittelbar anzuwenden. Besondere Bedeutung in diesem Bereich der privaten Rechtsverfolgung haben die Klagen auf Unterlassung verbotener Verhaltensweisen, mit denen den Unternehmen die Fortsetzung dieser Verhaltensweisen untersagt wird, sodass die schädlichen Auswirkungen auf Wettbewerber und Verbraucher verringert werden.

2.8

Dennoch ist der Ersatz des erlittenen Schadens der letztliche Zweck eines wirksamen Schutzes der mit dem Vertrag gewährten Rechte, und dies ist auch das Hauptziel der Schadenersatzklagen, die wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften erhoben werden. Die Einschränkung des freien Wettbewerbs betrifft sowohl Unternehmen als auch die Verbraucher, die letztendlich die Zielgruppe der Markttätigkeit sind.

2.9

Es liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor, in der Privatpersonen, die durch Verstöße gegen die Artikel 81 und 82 des Vertrags geschädigt wurden, das Recht zuerkannt wird, Ersatz für diesen Schaden zu verlangen. Selbst in Fällen, in denen eine nationale Rechtsvorschrift diesem Recht entgegenstand (2), soll die unmittelbare Geltung der Vertragsartikel der Rechtsnorm des Mitgliedstaates vorgehen.

2.10

Das Grünbuch enthält verschiedene Optionen, die erörtert werden sollen, um die möglichen Schadenersatzverfahren festzulegen, die auf Grund des Tätigwerdens der staatlichen Wettbewerbsbehörden oder durch private Klagen der Geschädigten angestrengt werden. Dazu werden in dem Grünbuch eine Reihe von als wesentlich erachteten Fragen aufgeführt, die der Diskussion eine bestimmte Richtung geben sollen, damit die bestmöglichen Ergebnisse erzielt werden — sowohl im Rahmen einer späteren Anwendung als auch bei der Anpassung der nationalen Rechtssysteme, die nicht immer miteinander übereinstimmen.

3.   Hintergrund und Ziele des Grünbuchs

3.1

Die Gliederung des Grünbuchs folgt einer Liste von Fragen, die darauf abzielen, den rechtlichen Charakter der Schadenersatzklagen mit zahlreichen Varianten zu erörtern, und einen künftigen Vorschlag der Kommission für einen Rechtsakt eingrenzen und strukturieren. Dabei geht es darum zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine Klage auf Ersatz eines erlittenen Schadens eingeführt werden kann, die unter Berücksichtigung der in einigen Mitgliedstaaten bereits vorhandenen Rechtsvorschriften die Durchsetzung des Anspruchs erleichtert.

3.2

Die Kommission stellt zunächst drei Fragen, mit mehrfachen Optionen:

Frage A: Sollte es in zivilen Schadenersatzverfahren nach Artikel 81 und 82 EG-Vertrag besondere Regeln für die Offenlegung von Urkundsbeweisen geben? Wenn ja, welcher Art sollte diese Offenlegung sein?

Frage B: Sind besondere Regeln für den Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz einer Wettbewerbsbehörde befinden, für wettbewerbsrechtliche Schadenersatzklagen hilfreich? Wie könnte ein derartiger Zugang aussehen?

Frage C: Sollte die Beweislast des Klägers in Schadenersatzprozessen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts erleichtert werden und wenn ja, wie? Wenn ja, welche?

Das Verschuldenserfordernis wird als zweite Frage aufgeführt, da es in vielen Mitgliedstaaten für Schadenersatzklagen besteht. Die Frage ist:

Frage D: Sollte für wettbewerbsrechtliche Schadenersatzklagen ein Verschuldenserfordernis bestehen?

Mit Blick auf die dritte Frage, das Konzept des Schadenersatzes, stellen sich zwei Fragen:

Frage E: Wie sollte der Schadenersatz definiert werden?

Frage F: Nach welcher Methode sollte die Höhe des Schadenersatzes berechnet werden?

Eine weitere der aufgeworfenen Fragen betrifft die „passing on defense“ wie auch die Klagebefugnis des direkten Abnehmers:

Frage G: Sollte es Regeln zur Zulässigkeit und Handhabung der „passing on defense“ geben? Wenn ja, welcher Art sollten diese Regeln sein? Sollte der indirekte Abnehmer Klagebefugnis haben?

Eine wichtige Frage ist dabei, ob Klagen dieser Art dazu dienen können, die Interessen der Verbraucher zu schützen, denn eine Durchsetzung der Ansprüche durch Einzelklagen wird als schwierig erachtet. In diesem Falle wäre es sinnvoll, auf Sammelklagen zurückzugreifen, die in einigen Ländern der EU bereits möglich sind.

Frage H: Sollten Sammelklagen und der Schutz der Verbraucherinteressen durch besondere Verfahren gewährleistet werden? Wenn ja, wie könnten diese Verfahren ausgestaltet sein?

Die Prozesskosten haben große Bedeutung für die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Klagen, denn häufig verbietet sich die Klageerhebung angesichts der für die Prozessparteien anfallenden Kosten. Die Frage ist:

Frage I: Sollten besondere Regeln eingeführt werden, um das Kostenrisiko für den Kläger zu verringern? Wenn ja, welche Art von Regeln?

Die Koordinierung der privaten und der staatlichen Rechtsdurchsetzung kann einer der Schwerpunkte sein, wenn es um die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Klagen geht. Daher wird die Frage gestellt:

Frage J: Wie können private und staatliche Wettbewerbsrechtsdurchsetzung optimal koordiniert werden?

Die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit sowie der anzuwendenden Rechtsvorschriften ist eine weitere wichtige Frage angesichts des grenzübergreifenden Charakters der durch das Wettbewerbsrecht verbotenen Praktiken. Die Frage ist:

Frage K: Welches materielle Recht sollte bei kartellrechtlichen Schadenersatzklagen anwendbar sein?

Weitere Fragen in dem Vorschlag sind:

Frage L: Sollte ein Sachverständiger, wann immer erforderlich, vom Gericht bestellt werden?

Frage M: Sollten Verjährungsfristen ausgesetzt werden? Wenn ja, ab wann?

Frage N: Ist eine Klarstellung der gesetzlichen Verpflichtung, dass ein Kausalzusammenhang bestehen muss, erforderlich, um Schadenersatzklagen zu erleichtern?

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1

Im Zusammenhang mit der Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln durch die Gemeinschaftsorgane und die Behörden der Mitgliedstaaten wird in der Verordnung 1/2003 (3) anerkannt, dass sowohl die Kommission als auch die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts sorgen müssen. Sie können im Rahmen ihrer Zuständigkeit erklären, dass eine Verhaltensweise eines Unternehmens verboten oder als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen ist, und entsprechende Sanktionen verhängen, wobei diese in Art und Höhe dem verursachten Schaden entsprechen müssen.

4.2

Problematisch wird es bei der privaten Rechtsdurchsetzung in Zivilstreitigkeiten, bei denen die durch verbotene Verhaltensweisen im Wettbewerb geschädigten Privatpersonen einschließlich Verbraucher ein Gerichtsverfahren anstrengen, um Ersatz für den durch eine Beschränkung des Wettbewerbs entstandenen Schaden zu erlangen. Dies ist das Problem, das auf EU-Ebene gelöst werden muss, denn der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen im europäischen Binnenmarkt macht eine Gemeinschaftsmaßnahme erforderlich, wenn insbesondere berücksichtigt wird, dass die Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich ist, und dass angesichts des Fehlens einer gemeinschaftlichen Rechtsnorm die einzelstaatlichen Gerichte zuständig sind.

4.2.1

Die Lösung zur Erleichterung des Schadenersatzes für Verbraucher muss nicht notwendigerweise für Streitfälle zwischen Unternehmen geeignet sein. Es sind jedoch letztere, die die meisten Verfahren wegen Wettbewerbsbeschränkungen anstrengen. Die Kommission sollte in ihrem Vorschlag ein Konzept für diese Art von Streitfällen vorsehen. Im Rahmen dieses Konzepts sollte auch der Schutz der Arbeitnehmer von Unternehmen vorgesehen werden, die in wettbewerbswidrige Praktiken verwickelt sind.

4.3

Angesichts des Fehlens gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften über den Ersatz von Schaden auf Grund von Verstößen gegen die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag hat der EuGH, dem Vorabentscheidungsfragen zur Anwendung dieser Normen seitens eines nationalen Gerichtes vorgelegt wurden, jedenfalls erklärt, dass die Vertragsartikel unmittelbar anzuwenden seien (4). Für Schadenersatzansprüche, die durch eine Beschränkung des Wettbewerbs entstehen, sind die nationalen Gerichte zuständig. Der EuGH hat dabei seine bereits in zahlreichen Urteilen geäußerte Rechtsauffassung bekräftigt, dass der „Vertrag eine eigene Rechtsordnung geschaffen“ hat, die in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten aufgenommen worden ist und die zugleich diesen und den Einzelnen Pflichten auferlegt (5).

4.4

Der EuGH hat zudem bestätigt, dass die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag „in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugen und unmittelbar in deren Person Rechte entstehen lassen, die die Gerichte der Mitgliedstaaten zu wahren haben“ (6), und er fügt hinzu: „Mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung ist es jedoch Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen“ (7).

4.5

Der EWSA ist der Ansicht, dass gemeinschaftliche Leitlinien ausgearbeitet werden könnten, in denen die Bedingungen für die Durchführung der Schadenersatzverfahren wegen Vertragsverletzungen festgelegt werden sollten. In diesen Verfahren müssen die Geschädigten in einem angemessenen Rahmen Ersatz für den möglicherweise durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen erlittenen wirtschaftlichen Schaden bzw. für den entgangenen Gewinn erlangen. Insbesondere müssen die Verbraucher aber ihre wirtschaftlichen Rechte wahrnehmen können, die ihnen in den Verbraucherschutzvorschriften zuerkannt wurden. Daher begrüßt der EWSA die Erarbeitung des Grünbuchs auf diesem Gebiet, möchte jedoch auch die Notwendigkeit betonen, die Verfahrensfristen zu verkürzen, um schneller die besten Ergebnisse zu erhalten.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1

Der EWSA erachtet es als vorrangige Aufgabe festzulegen, wie ausgehend von einer Zivilklage vor einem ordentlichen Gericht künftige Schadenersatzverfahren wegen wettbewerbswidriger Handlungen ausgestaltet werden sollen.

5.2

Die Rechtsdurchsetzung durch die staatlichen — sowohl gemeinschaftlichen als auch einzelstaatlichen — Wettbewerbsbehörden ist in einem Instrument betreffend die Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften geregelt, der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (8), die diesen Behörden weit reichende Befugnisse für das Tätigwerden in Verfahren betreffend die Unternehmen zuerkennt, die des Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verdächtigt werden. Trotz ihrer umfassenden Befugnisse können die Behörden jedoch lediglich erklären, dass ein Unternehmen gegen die Vorschriften zum Schutze des Wettbewerbs verstoßen hat und ihrerseits Geldbußen auferlegen.

5.3

Problematisch ist die Sache deshalb, weil die Wettbewerbsbehörden auf Gemeinschaftsebene über keine Zuständigkeit verfügen, Maßnahmen zur Wiedergutmachung des erlittenen Schadens anzuordnen. Zudem kann der Europäische Gerichtshof nur über Vorabentscheidungsfragen entscheiden, da die nationalen Gerichte die alleinige Zuständigkeit besitzen. Daher hat der Gerichtshof gefordert, dass die Mitgliedstaaten die Verfahrensmodalitäten für die Erhebung von Schadenersatzklagen festlegen müssen (9).

5.4

Die private Wettbewerbsrechtsdurchsetzung bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag bedeutet, dass sich die einzelstaatlichen Gerichte in Zivilverfahren um Schadenersatz für Privatpersonen auf diese Artikel stützen können. Das Problem besteht dabei darin festzulegen, welche Art von Klage geeignet ist, und vor allem, ob eine besondere Klage eigens dafür vorgesehen werden sollte. Dabei sind zahlreiche Probleme zu bedenken, was auch an der breiten Palette von Fragen ersichtlich ist, die die Kommission in ihrem Grünbuch aufwirft. Der EWSA möchte mit einigen Überlegungen zu den aufgeworfenen Fragen zur Orientierung der Debatte beitragen.

5.4.1

Zugang zu Beweismitteln: In den Rechtsvorschriften über den Zugang zu Beweismitteln im Zivilprozess geht es hauptsächlich um zwei Fragen: 1. die Beweislast und 2. die Beweiswürdigung. Diese Fragen müssen in den Zivilverfahren geprüft werden und dies kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschehen: a) nach der Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde; b) vor der Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde; c) zeitgleich bei der Prüfung bestimmter Verhaltensweisen durch die zuständige Behörde.

5.4.1.1

Die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 enthält eine erschöpfende Auflistung der Fälle, in denen die Wettbewerbsbehörden der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten verlangen können, dass Beweismittel zur Feststellung des Vorliegens verbotener Verhaltensweisen vorgelegt werden (10). Könnten die Akten zu Verfahren der Wettbewerbsbehörden als Beweismaterial genutzt werden, so könnte dies daher ein Weg sein zur Überwindung der Schwierigkeiten, die Privatpersonen bei der Erlangung von Beweismitteln haben. Die Frage ist, ob es im Ermessen der Gerichte, an die ein Antrag gestellt wird, liegen soll, den Zugang zu den Akten anzuordnen, oder ob die Privatpersonen, die Kläger, ungehindert Zugang erhalten. Es liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des EuGH (11) zu der Verpflichtung der Kommission vor, bis zum Abschluss des Verfahrens zur Hauptsache keine Akteneinsicht zu gewähren.

5.4.1.2

Im Fall der so genannten Folgeklagen (Anschlussklagen) wäre somit davon auszugehen, dass die Wettbewerbsbehörden den Gerichten die Beweismittel zur Verfügung stellen, nachdem sie wettbewerbswidrige Praktiken festgestellt und die betroffenen Privatpersonen eine Schadenersatzklage erhoben haben. Es käme somit zu einem Zusammenwirken zwischen behördlicher und privater Rechtsdurchsetzung (12).

5.4.1.3

In den Fällen, in denen keine Schadenersatzklagen wegen des Verstoßes gegen gemeinschaftliche Wettbewerbsvorschriften im Ergebnis einer Entscheidung der zuständigen Behörden vorgesehen sind, sollte nach Ansicht des EWSA für eine Klageerhebung die Vorlage von Beweisanzeichen durch den Kläger genügen. Allerdings müssten diese ausreichend substantiiert sein, damit die Gerichte die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der Klage abschätzen können (Tatsachenermittlung). Der EWSA empfiehlt daher nicht nur besondere Regeln für die Offenlegung von Urkundsbeweisen, sondern auch, den Gerichten eine aktive Rolle und umfangreiche Befugnisse zuzuerkennen, einschließlich der Befugnis, im Zusammenhang mit grundlegenden Aspekten des Verfahrens Strafen zu verhängen, insbesondere mit Blick auf die Suche nach Urkundsbeweisen, deren Zusammenstellung und Offenlegung.

5.4.1.4

Die im Bereich der Verletzung der Wettbewerbsregeln (Verordnung 1/2003) zuständigen nationalen Gerichte haben auch über Schadenersatzklagen wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht zu entscheiden. Ihr Zugang zu den Dokumenten wird daher kein unüberwindbares Hindernis bilden, wobei das bereits erwähnte Geschäftsgeheimnis gewahrt bleiben muss. Die Vorschriften für die Akteneinsicht müssen sich dabei vorrangig nach dem Recht des Gerichtsstandes richten, wobei allerdings die Wettbewerbsbehörden verpflichtet werden müssen, dem Gericht die von diesem angeforderten Beweisstücke bereitzustellen.

5.4.1.5

Dabei ist hervorzuheben, dass der Zugang zu Dokumenten, die bereits im Rahmen eines Verstoßverfahrens zusammengetragen wurden, besonders wichtig ist für die Schadenersatzklagen wegen Verletzung der Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, welche Behörde die Ermittlungen durchgeführt hat (Justiz- oder Verwaltungsbehörden) und welches Ergebnis das Verfahren hatte (13).

5.4.1.6

Sollten die mit einem Kartellverfahren befassten Behörden auch für die Auswahl des für eine Schadenersatzklage gegebenenfalls bereitzustellenden Beweismaterials zuständig sein können, so könnten Zweifel hinsichtlich der für die Auswahl maßgeblichen Kriterien entstehen und eine entsprechende Haftung begründet werden.

5.4.1.7

Für den Fall, dass den Gerichten für diese Art von Klagen weit gehende und besondere Befugnisse erteilt werden, ist davon auszugehen, dass es sich negativ auf die Bewertung einer Klage auswirken könnte, wenn eine der Parteien es ablehnte, Beweismittel vorzulegen. Damit würde ermöglicht, dass das Gericht bei der Prüfung der Beweise für eine Tatsache eine solche Ablehnung in Rechnung stellte.

5.4.1.8

Für Fälle, in denen Verbraucher mit betroffen sind, besteht eine weitere Möglichkeit darin, die Beweislast umzukehren und auf den Beklagten zu verlagern; mit anderen Worten — sobald die Wettbewerbsbehörden eine bestimmte Handlung für wettbewerbswidrig erklärt haben, kann der Beklagte von der Zahlung von Schadenersatz nur freigestellt werden, wenn er nachweist, dass diese Handlung die Kläger nicht tangiert. Hier handelt es sich um einen der allgemeinen Grundsätze des Verbraucherschutzes, auf den hinzuweisen ist. Allerdings gilt weiterhin in fast allen Mitgliedstaaten die Regel, dass die Beweislast den Klägern obliegt, wobei jedoch Ausnahmen zugestanden werden, die zu einer Umkehr der Beweislast führen (14), wie aus mehreren Gerichtsentscheidungen ersichtlich ist (15)  (16). In Fällen, in denen in einer Entscheidung der Regelverstoß bereits bestätigt wurde, käme es zu einer nicht hinnehmbaren Verdoppelung der Beweisführung, würde bei auf diesen Verstoß gestützten Schadenersatzklagen die Beweislast nicht umgekehrt. Denn der Beweis wäre in diesem Fall nicht durch eine Behörde mit besonderen Ermittlungsbefugnissen, sondern von den Geschädigten selbst zu führen, was das Ungleichgewicht zwischen den Parteien bei dieser Art von Klagen noch verstärken würde.

5.4.1.9

Ebenfalls im Zusammenhang mit der Vorlage der Beweise stellt sich die Frage der Gerichtssachverständigen: die Komplexität der Schadenersatzklagen macht ihre Hinzuziehung häufig erforderlich. Allerdings wird zu vermeiden sein, dass zu viele Sachverständige ggf. auch kontradiktorisch tätig werden, um einer Minderung der Verfahrenseffizienz entgegenzuwirken. Im Einklang mit den den Gerichten bereits übertragenen umfangreichen Befugnissen könnte diesen die Bestellung der Sachverständigen für den Fall übertragen werden, dass sich die Parteien nicht einigen können, wobei sie sich ggf. mit den Wettbewerbsbehörden abstimmen sollten.

5.4.2

Schadenersatz. In der Hauptsache geht es um die Bewertung des den Privatpersonen zugefügten Schadens und dessen Quantifizierung. Die GD SANCO hat eine Studie (17) durchgeführt, um das Konzept des den Verbrauchern zugefügten Schadens zu klären und um eine Begriffsbestimmung zu erarbeiten, die auf verschiedenen Gebieten, u.a. im Bereich Wettbewerb, anwendbar ist. Dieses Thema findet einen starken Widerhall, da die Bewertung der Schäden davon abhängt, wie groß das Marktsegment ist, in dem es zu verbotenen Handlungen gekommen ist. In jedem Falle dürfte die Individualisierung des Schadens ernsthafte Schwierigkeiten bei der Bewertung bereiten, denn es ist häufig sehr viel einfacher, die Gewinne von Unternehmen durch eine Kartellvereinbarung statt die Verluste zu ermitteln, die durch eben diese Vereinbarung entstanden sind.

5.4.2.1

Zwar ist es wichtig, den Gerichten für die Entscheidung bei dieser Art von Klagen weit reichende Befugnisse zu übertragen, es erscheint jedoch sinnvoll, ausgewogen vorzugehen. Aus Gründen der Geschlossenheit des Systems und mit Blick auf die ggf. entstehende Rechtsprechung wird es zweckmäßig sein, Leitlinien für die Kriterien vorzugeben (Bestimmung der Billigkeit), die bei der Festlegung der Höhe der Entschädigungen zu beachten sind.

5.4.2.2

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist die Verjährung (18) des Rechtes, Ersatz für den durch Kartellabsprachen entstandenen Schaden zu verlangen. Insbesondere bei auf eine Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde gestützten Klagen kann die Verjährungsfrist erst beginnen, wenn die endgültige Entscheidung über den Verstoß ergangen ist. Anderenfalls könnten zusätzliche Schwierigkeiten für den Zugang zu Beweismitteln entstehen.

5.4.2.3

Schließlich ist auch die Frage des rechtlichen Charakters der Schadenersatzklagen insofern zu behandeln, als das Fehlen einer vertraglichen Bindung zwischen dem Unternehmen, das gegen die Regeln verstoßen hat, und dem Verbraucher in den meisten Fällen die Bestimmung der Rechtsgrundlage für die Klage erschweren dürfte. In diesem Falle würde die Anwendung der Vorschriften über die außervertraglichen Schuldverhältnisse (19) es ermöglichen, der Struktur der Haftungsklagen zu folgen, die in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten eine lange Tradition haben.

5.4.3

Sammelklagen gegenüber Einzelklagen auf Schadenersatz  (20). Bei dem Bemühen um Ersatz des Schadens auf Grund einer Verletzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln werden durch Sammelklagen eine Reihe wichtiger Ziele in vollem Umfang erreicht: i) wirksamer Schadenersatz, da die Forderung des Schadenersatzes durch Verbände im Namen der betroffenen Verbraucher erleichtert und somit ein Beitrag zum tatsächlichen Zugang zu den Gerichten geleistet wird; ii) Abschreckung und Vorbeugung von Kartellverhalten wegen des großen gesellschaftlichen Echos, das diese Art von Klagen findet. Auch vom Standpunkt des Rechtsverletzers aus gesehen würde die Möglichkeit, sich in Sammelverfahren zu verteidigen, erhebliche Vorteile hinsichtlich Kosten und Effizienz bringen.

5.4.3.1

Wichtigster Punkt für die Sammelklagen ist die Einführung des Klagerechts für die Verbände analog zu dem Klagerecht in der Richtlinie 98/27/CE (21) im Bereich der Klagen auf Unterlassung von Verhaltensweisen, die spezifische Interessen der Verbraucher schädigen. In dieser dem Verbraucherschutz dienenden Richtlinie, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Gerichtsfähigkeit der Verbände und ihrer Mitteilung an die Kommission beruht (22), ist zwar kein Schadenersatz bzw. keine Entschädigung für den erlittenen Schaden vorgesehen, sie hat aber dennoch den Weg auf europäischer Ebene dafür bereitet, dass Einrichtungen und Verbände das Klagerecht erhalten und streitige Verfahren im Namen kollektiver Interessen anstrengen können (23).

5.4.4

Finanzierung der Schadenersatzklagen. Die tägliche Praxis der Schadenersatzklagen lässt erkennen, dass die Prozesskosten auf die Inanspruchnahme des Klagerechts eine abschreckende Wirkung haben. Zunächst verhindern die hohen Prozesskostenvorschüsse für eine Klage die Inanspruchnahme dieses Rechtes; außerdem erhöht die Langwierigkeit der Zivilverfahren die Kosten. Die für den Verbraucherschutz zuständigen staatlichen Stellen könnten die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung von Sammelklagen prüfen.

5.4.4.1

Anderenfalls käme es zu einer großen Zersplitterung zwischen den Geschädigten mit teilweise lächerlichen Einzelbeträgen, wodurch für die Finanzierung dieser Art von Klagen hohe Hürden im Vergleich zu den Beklagten entstehen würden, die zu ihrer Verteidigung weitaus größere Mittel einsetzen können.

5.4.4.2

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass aufgrund des Unterschieds zwischen den von den Geschädigten zu tragenden Kosten und den Kosten bei den Unternehmen, die einen Regelverstoß begangen haben, bzw. deren Unternehmensverbände für letztere ein gewisser Druck entsteht. Es wird davon ausgegangen, dass die Ungleichheiten zwischen den Parteien bei dieser Art von Klagen beseitigt werden können, indem für Kläger auf Schadenersatz wegen Verletzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln eine volle Befreiung von den Prozesskosten bzw. eine entsprechende Minderung vorgesehen wird. Die Möglichkeit, Parteien wegen bösgläubig angestrengter Verfahren Geldbußen aufzuerlegen bzw. sie im Falle des Unterliegens zur Zahlung der Prozesskosten zu verurteilen, muss dabei jedoch unangetastet bleiben.

5.4.5

Die „passing on defense“ und das Klagerecht der Folgevertragspartner (indirekten Abnehmer) bedingt insofern eine komplizierte Verfahrensweise, als die durch eine verbotene Handlung eines Unternehmens verursachten Schäden in der Lieferkette weitergegeben werden und sich sogar auf den Endverbraucher auswirken könnten. Damit gestaltet sich die Schadenersatzklage noch schwieriger, insbesondere wegen des schwierigen Nachweises einer Verbindung zwischen dem Schaden und der verbotenen Handlung. Die schwierige Beweisführung spricht für einen Ausschluss der „passing on defense“ von der Schadenersatzklage.

5.4.6

Gerichtliche Zuständigkeit und anwendbares Recht: Das Übereinkommen von Brüssel regelt die gerichtliche Zuständigkeit für die Zustellung von Schriftstücken und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Im Nachgang wurden mit der Verordnung 44/2001 Normen aufgestellt für die Behandlung grenzüberschreitender Rechtsstreitigkeiten innerhalb der EU. Somit wäre ein Großteil möglicher Schwierigkeiten bei der Durchführung von Schadenersatzklagen wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen als ausgeräumt anzusehen. Sammelklagen im Bereich der Schadenersatzverfahren wegen Verletzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln sind bisher nur in einer Minderheit der Mitgliedstaaten gängige Praxis. Wird ihre Einführung erwogen, so muss auch über einige Aspekte dieser Klagen, insbesondere über den Gerichtsstand und das anzuwendende Recht nachgedacht werden. Die Vorzüge hinsichtlich Kosten und Effizienz dieser Art von Klagen sowohl für die Kläger als auch für die Beklagten können nur zum Tragen kommen, wenn die Vorschriften einheitlich angewandt werden, d.h. wenn das Recht des Gerichtsstandes Vorrang hätte. Ebenso ist die Verfügbarkeit von Informationen nicht nur über die für die Einleitung der Verfahren zuständigen Behörden, sondern auch über noch anhängige Verfahren und die entsprechenden Entscheidungen als ein wichtiger Schritt in Richtung der Einführung einer echten privaten Wettbewerbsrechtsdurchsetzung anzusehen.

Brüssel, den 26. Oktober 2006

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Siehe: ABl. C 185 vom 8.8.2006.

(2)  Siehe: Rechtssache Courage Ltd gegen Bernard Crehan. C-453/99 vom 20.9.2001. Ersuchen um Vorabentscheidung: Court of Appeal (England and Wales) (Civil Division) — Vereinigtes Königreich.

(3)  Verordnung (EWG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln. ABl. L 1 vom 4.1.2003, S.1. Stellungnahme des EWSA: ABl. C 155 vom 29.5.2001, S. 73.

(4)  Siehe das in Fußnote 3 zitierte Urteil in den Erwägungsgründen 17 bis 19.

(5)  Siehe den Erwägungsgrund 19 des zitierten Urteils, in dem eine Vielzahl von Urteilen aufgeführt ist, in denen diese Rechtsauffassung über die unmittelbare Geltung der im EG-Vertrag enthaltenen Vorschriften vertreten wird.

(6)  Siehe den Erwägungsgrund 23 des zitierten Urteils mit umfangreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung.

(7)  Siehe den Erwägungsgrund 29 des zitierten Urteils.

(8)  An dieser Stelle ist die Funktion herauszuheben, die dem Netz der Wettbewerbsbehörden für die Zusammenarbeit bei der Durchführung der Wettbewerbsregeln zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden zugefallen ist (siehe ABl. C 101 vom 27.4.2004).

(9)  Siehe den Erwägungsgrund 29 des zitierten Urteils.

(10)  Tatsächlich wurden die Befugnisse auf diesem Gebiet ausgeweitet, wenngleich in bestimmten Fällen eine Genehmigung durch nationale Justizbehörden erforderlich ist (beispielsweise bei der Eintragung von Unternehmen).

(11)  Urteil vom 18.5.1982, Rechtssache C-15/155; AM&S/Kommission (Slg.1982, S. 417).

(12)  Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, ABl. C 101 vom 27.4.2004.

(13)  Siehe die Annahme von Verpflichtungszusagen, die in Artikel 5 der Verordnung 1/2003 vorgesehenen ist.

(14)  Siehe die Beispiele in „Study on the conditions of claims for damages in cases of infringement of EC competition rules — comparative report“ von Denis Waelbroeck, Donald Slater und Gil Even-Shoshan, vom 31.8.2004 (S. 50 ff.).

(15)  Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. Stellungnahme des EWSA: ABl. C 117 vom 26.4.2000, S. 6.

(16)  Allerdings enthält bereits Artikel 2 der Verordnung 1/2003 Vorschriften über die Beweislast und ihre Umkehr: „In allen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Verfahren zur Anwendung der Artikel 81 und 82 des Vertrags obliegt die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 oder Artikel 82 des Vertrags der Partei oder der Behörde, die diesen Vorwurf erhebt. Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des Artikels 81 Absatz 3 des Vertrags vorliegen, obliegt den Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, die sich auf diese Bestimmung berufen.“

(17)  Analyse der Problematik des Schadens für den Verbraucher und der am besten geeigneten Methoden zur Einschätzung dieses Schadens (2005/S 60-057291).

(18)  Rdnr. 4 der Schlussfolgerungen des Urteils des EuGH vom 13.7.2006 in den verbundenen Rechtssachen C-295/04 bis 298/04 in Bezug auf die Aussetzung der Verjährung (Vorabentscheidungsersuchen eingereicht vom Giudice di pace di Bitonto (Italien) in den Verfahren Vincenzo Manfredi gegen Lloyd Adriatico Assicurazioni SpA (C-295/04), Antonio Cannito gegen Fondiaria Sai SpA (C-296/04) und Nicolò Tricarico (C-297/04), Pasqualina Murgolo gegen Assitalia SpA (C-298/04).

Es wird auf die Bedeutung dieser jüngsten Entscheidung des EuGH verwiesen, mit der die angeführte Rechtsprechung bekräftigt wird.

(19)  Vorschlag für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht — „Rom II“, KOM(2003) 427 endg.

(20)  Die Praxis der sogenannten class actions der nordamerikanischen Gesetzgebung wird als nicht geeignet weder für die Rechtsordnungen der europäischen Staaten noch für das europäische Rechtsmodell angesehen, zumindest in den meisten Staaten, die über ihr eigenes traditionelles System der Schadenersatzklagen verfügen.

(21)  Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.5.1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 51. Stellungnahme des EWSA: ABl. C 30 vom 30.1.1997, S. 112.

(22)  Siehe die Mitteilung der Kommission zu der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, betreffend die qualifizierten Einrichtungen, die berechtigt sind, eine Klage im Sinne des Artikels 2 dieser Richtlinie zu erheben — mit einem Verzeichnis von 276 qualifizierten Einrichtungen, ABl. C 39 vom 16.2.2006, S. 2.

(23)  „(…) Unter Kollektivinteressen sind die Interessen zu verstehen, bei denen es sich nicht um eine Kumulierung von Interessen durch einen Verstoß geschädigter Personen handelt. Dies gilt unbeschadet von Individualklagen der durch einen Verstoß geschädigten Personen.“; Siehe Erwägungsgrund 2 der Richtlinie.


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