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Document 52004AE0088

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung“ (KOM (2002) 654 endg.)

ABl. C 108 vom 30.4.2004, p. 1–22 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

30.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 108/1


405. PLENARTAGUNG VOM 28./29. JANUAR 2004

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung“

(KOM (2002) 654 endg.)

Die Kommission beschloss am 14. Januar 2003, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 12. November 2003 an. Berichterstatter war Herr PEGADO LIZ.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 405. Plenartagung am 28./29. Januar 2004 (Sitzung vom 29. Januar) mit 65 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

1.   EINLEITUNG

A)   ZIELE, BEGRÜNDUNG UND ZWECKMÄSSIGKEIT DER INITIATIVE DER KOMMISSION

1.1

Das Hauptziel, das sich die Kommission mit der Vorlage des Grünbuchs über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung gesetzt hat (KOM(2002) 654 endg. vom 14.1.2003), nachstehend „Grünbuch“ genannt, war „eine breite Anhörung interessierter Kreise über eine Reihe von rechtlichen Fragen“ bezüglich dieser Umwandlung und Aktualisierung in die Wege zu leiten, während sie gleichzeitig ausdrücklich „weder zu der Notwendigkeit einer Modernisierung des Übereinkommens von Rom noch zu dessen Umwandlung in ein Gemeinschaftsinstrument“ Stellung bezog.

1.2

Im Gegensatz dazu möchte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss bereits an dieser Stelle im Rahmen seiner Zuständigkeit als beratendes Organ seine Zustimmung zum Grundsatz der Umwandlung des Übereinkommens von Rom in ein Gemeinschaftsinstrument sowie der Aktualisierung seiner Bestimmungen ausdrücken, und zwar in dem Bewusstsein, damit in jeder Hinsicht seine beratende Rolle auf einem Gebiet zu erfüllen, das nicht nur für die Regelung wichtiger Aspekte der Verwirklichung des Binnenmarktes wesentlich ist, sondern auch und grundlegend für die Schaffung einer europäischen Zivilgesellschaft im besonderen Hinblick auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. (1)

1.3

Der Ausschuss hat sich bereits in verschiedenen Stellungnahmen für Überlegungen zur Aktualität der Vorschriften des Übereinkommens von Rom sowie zu den verschiedenen Schwierigkeiten bei deren Anwendung im Hinblick auf unterschiedliche allgemeine und sektorielle Aspekte (2) ausgesprochen.

1.4

Auch hinsichtlich der Umwandlung in ein Gemeinschaftsinstrument angesichts der durch den Vertrag von Amsterdam geschaffenen, in dem 1998 vom Rat angenommenen Wiener Aktionsplan (3) weiterentwickelten und auf dem Europäischen Rat von Tampere im Oktober 1999 konkretisierten neuen Möglichkeiten im Hinblick auf die Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts kann der Ausschuss in diesem Zusammenhang nur wiederholen, was er in seinen Stellungnahmen über die Umwandlung des Brüsseler Übereinkommens in ein Gemeinschaftsinstrument (4), jetzt Verordnung (EG) 44/2001 vom 22.1.2000, sowie über die Mitteilung der Kommission zum europäischen Vertragsrecht (5) bereits betont hat.

1.4.1

In der ersten dieser Stellungnahmen wird insbesondere festgestellt: “Der Ausschuss begrüßt nun die Tatsache, dass die Kommission beschlossen hat,„ dieses Übereinkommen “in einen Verordnungsvorschlag umzuwandeln.„ und “(...) eine unmittelbar geltende Verordnung (...) ist ein bemerkenswerter Fortschritt, vor allem weil damit mehr Rechtssicherheit gegeben ist (...). Zudem kann der Gerichtshof für eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen der Verordnung in allen Mitgliedstaaten Sorge tragen.„

1.4.2

In der zweiten der genannten Stellungnahmen wird festgestellt: „Es lässt sich jedoch nicht leugnen, dass die internationalen Marktteilnehmer Bedarf an einem universal anwendbaren, stabilen, vorhersehbaren Rahmen haben, der die Sicherheit und Lauterkeit der Geschäfte sowie die Einhaltung der diesbezüglichen Bestimmungen und Grundsätze des internationalen ‚ordre public‘ gewährleistet, die in den großen internationalen Übereinkommen und im Gewohnheitsrecht (...) verankert sind.“

1.4.3

Der Ausschuss nimmt also gegenüber der vorliegenden Initiative der Kommission eine ebenso positive Haltung ein, wie er sie bezüglich der Umwandlung des Brüsseler Übereinkommens in ein Gemeinschaftsinstrument zum Ausdruck gebracht hat, und weist auch auf die Notwendigkeit rechtlicher Kohärenz hin, die eine ähnliche Lösung nahe legt.

1.5

Nach Ansicht des Ausschusses verfügt die Kommission außerdem bereits über ausreichende von verschiedenen Instanzen (6) und insbesondere in den bereits zitierten Stellungnahmen des EWSA zusammengetragene Daten, um die Konkretisierung dieser Initiative voranzutreiben. Diese ist nicht nur in jeder Hinsicht gerechtfertigt, sondern sollte im Hinblick auf den bevorstehenden Beitritt von weiteren zehn Mitgliedstaaten nicht weiter verzögert werden.

1.6

Die im materiellen und verfahrensrechtlichen Bereich bereits erzielten bzw. auf dem Wege der Konkretisierung befindlichen Fortschritte - wie etwa unter anderem (7) die Mitteilung der Kommission zum europäischen Vertragsrecht (8) und das „Rom II“-Instrument über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (9) - sprechen in der Tat mindestens dafür, alle aus den verschiedenen Instrumenten und betreffenden Dokumenten hervorgehenden Aspekte des Internationalen Privatrechts (IPR) systematisch im Rahmen eines einzigen, in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltenden Instruments zu verknüpfen und so für eine einheitliche Anwendung der gleichen Kollisionsnormen in allen Mitgliedstaaten zu sorgen.

B)   SOZIOÖKONOMISCHE AUSWIRKUNGEN DER INITIATIVE

1.7

Abgesehen von den vorrangig rechtstechnischen Aspekten, die sich aus der Aktualisierung und Umwandlung des Übereinkommens von Rom in ein Gemeinschaftsinstrument ergeben, beschäftigt sich die Kommission zu Recht mit den sozioökonomischen Auswirkungen der Initiative hinsichtlich verschiedener Fragen bezüglich der Anwendung einiger Bestimmungen dieses Instruments.

1.8

Der Ausschuss verfolgt die Bemühungen der Kommission und berücksichtigt bei der Prüfung der Vorschläge zur Aktualisierung des Übereinkommens die verfügbaren Daten über die Auswirkungen der empfohlenen Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf sektorelle Aspekte wie beispielsweise Versicherungen, Mieten oder Arbeitsverträge oder auf - insbesondere kleine und mittlere - Unternehmen und Verbraucher.

1.9

Der Ausschuss möchte bereits an dieser Stelle grundsätzlich seiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass eine Aktualisierung der Vorschriften des IPR, konsolidiert in einem einzigen Gemeinschaftsinstrument, äußerst positive Auswirkungen auf die EU-weiten wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen haben würde, insoweit sie zur Einheitlichkeit der Kollisionsnormen beiträgt und somit für Rechtssicherheit und Vertrauen sorgt.

1.10

Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, genauer gesagt, Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit von natürlichen und juristischen Personen, erfordert eine Verbesserung der Rechtssicherheit, die stabile Rechtsbeziehungen voraussetzt, was wiederum die Gleichbehandlung dieser Beziehungen in allen Staaten der Europäischen Union notwendig macht (wenn auch innerhalb der offensichtlichen durch die öffentliche Ordnung eines jeden Staates vorgegebenen Grenzen).

1.10.1

Dieses Bestreben erstreckt sich auch auf den Schutz der berechtigten Interessen all derer, die grenzübergreifende Vertragsverhältnisse eingehen, was ebenfalls die Gewährleistung der Rechtssicherheit bezüglich des auf diese Verhältnisse anzuwendenden Rechts erfordert. Für die Stabilität ist es anderseits von Nutzen, wenn es gelingt, in den verschiedenen Staaten der Union für eine einheitliche Beurteilung von Rechts- und Vertragsverhältnissen zu sorgen. Der Weg zu dieser Einheitlichkeit wird zweifellos durch die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen geebnet, jener Normen, deren Aufgabe die Vermeidung bzw. Beilegung von Gesetzeskonflikten innerhalb des gemeinschaftlichen Raums ist.

1.10.2

Auf diese Weise gelangt man zu einer einheitlichen Beurteilung derselben Rechtsbeziehung, wodurch die Rechtssicherheit im Hinblick auf deren mögliche Regelung gestärkt wird, was eindeutige Vorteile für die Steuerung des geschäftlichen Verkehrs und dessen geografische Ausdehnung mit sich bringt, da nun die Bedenken bezüglich einer Änderung der Regelungder Vertragsverhältnisse zerstreut sind. (10) Gleichzeitig wird das als forum shopping (11) bezeichnete Phänomen umgangen.

1.10.3

Darüber hinaus begünstigt die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen eine größere Vorhersehbarkeit der Regelungen für Vertragsverhältnisse zwischen Privatpersonen, was weiter zur Erleichterung und Belebung des Geschäftsverkehrs beiträgt, da die Beteiligten die Aussichten ihrer Vertragsverhältnisse unbesorgter sehen und daher risikofreudiger handeln können (12).

C)   METHODOLOGISCHE FRAGEN; DER FRAGEBOGEN

1.11

Das Grünbuch richtet sich grundsätzlich an Rechtspraktiker und -wissenschaftler, speziell an Universitäten und Richter, an Unternehmen sowie an Behörden und Vereine zum Schutz der Bürger, insbesondere der Verbraucher. Vor diesem Hintergrund ist der vorgeschlagene Fragebogen, der die im Zusammenhang mit der Anwendung des Übereinkommens von Rom entstandenen Fragen fast lückenlos abdeckt, in jeder Hinsicht sinnvoll.

1.12

Der Ausschuss wird seinerseits die betreffenden Fragen nach wesentlichen Themenbereichen in Gruppen einteilen, um die allgemeinen Fragen von den spezielleren Vorschlägen zu trennen, und so die vorliegende Stellungnahme zu strukturieren.

1.13

Unter Berücksichtigung der im Grünbuch enthaltenen umfassenden Daten aus Lehre und Rechtsprechung, wird der Ausschuss bei der Begründung der möglichen das Übereinkommen von Rom betreffenden Fragen und bei der Begründung der alternativ vorgeschlagenen Lösungen, brevitatis causa, davon absehen, alle denkbaren Argumente zu wiederholen, sondern sich zuweilen darauf beschränken, die Vorteile der von ihm vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten zusammenzustellen.

1.14

Indessen beabsichtigt der Ausschuss in der abschließenden Zusammenfassung eine knappe Antwort auf jede einzelne der von der Kommission gestellten Fragen zu geben und erlaubt sich darüber hinaus, weitere Fragen zu formulieren und Empfehlungen für die weitere Arbeit der Kommission auszusprechen, mit der Absicht, zur Ausarbeitung und Verabschiedung eines Rechtsinstruments beizutragen, das den gegenwärtigen Erfordernissen auf diesem Gebiet gerecht wird.

2.   RECHTSGRUNDLAGE UND DAS ANZUWENDENDE RECHTSINSTRUMENT

2.1

Der Ausschuss stimmt mit den von der Kommission vorgeschlagenen Artikeln 61 c) und 65 b) des Vertrags als Rechtsgrundlage für vorliegende Initiative sowie mit den dafür angeführten Gründen überein, vorausgesetzt, dass die Initiative die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt, sondern vielmehr vollständig mit diesen in Einklang steht.

2.2

Bezüglich des anzuwendenden Gemeinschaftsinstruments fällt die Wahl des Ausschusses ohne jeglichen Zweifel auf das Instrument der Verordnung, da es bei der Anpassung an das Wesen der betroffenen Normen sowie an das anzustrebende Ziel der Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung durch die verschiedenen zuständigen nationalen Rechtsinstanzen oder auch durch Unternehmen und Einzelne bei ihren Rechtsgeschäften die größte Kohärenz verspricht.

3.   DEM ÜBEREINKOMMEN VON ROM ZUGRUNDE LIEGENDE GRUNDSÄTZE UND IHRE ERNEUTE BESTÄTIGUNG

3.1

Das Übereinkommen beruht auf einigen fundamentalen Grundsätzen und Werten, die Bestandteil der langen Tradition und des gemeinschaftlichen Erbes der Rechtssysteme der Rechtsstaaten sind, insbesondere:

Grundsatz der Privatautonomie im IPR, d.h. Anerkennung der Vertragsfreiheit der Parteien als Hauptbestandteil ihrer Rechtsbeziehung;

Bedeutung bestimmter zwingender, auf die Wahrung der Interessen der öffentlichen Ordnung ausgerichteter Normen;

Bedeutung der Stabilität des internationalen Rechtsverkehrs: das Ziel der Vereinheitlichung (und seine Auswirkungen im Bereich der einheitlichen Auslegung) sowie der Grundsatz des favor negotii oder des favor validitatis im Bereich vertraglicher Formerfordernisse und der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit; die Bedeutung des Vertrauensschutzes;

Schutz der berechtigten Erwartungen und der Rechtssicherheit: die Wahl des anzuwendenden Rechtes nach der engsten Verbindung mit dem Vertrag (Ansatz des universellen Geltungsanspruchs, der die Einheitlichkeit von Entscheidungen begünstigt); die Bedeutung des Rechts des wirtschaftlich-sozialen Umfeldes der Parteien, mit der daraus folgenden dispositiven oder alternativen Wahl (hinsichtlich Bestehen und Gültigkeit des Vertrags) des Rechts des Wohnsitzes einer oder beider Parteien.

3.2

So wie auf der Ebene des materiellen Rechts die Rechtsordnungen Normen zum Verbraucherschutz oder zum Schutze des schwächeren Vertragspartners (Arbeitnehmer, Versicherter oder Versicherungsnehmer) aufstellen, nicht um ihm zusätzliche Vorteile zu verschaffen, die das übersteigen, was ihm rechtlich zusteht, sondern vielmehr mit der Absicht, das Gleichgewicht und die Verhältnismäßigkeit wiederherzustellen, die zu den schuldrechtlichen Zielen eines jeden Vertragsverhältnisses gehören, so ist auch im Bereich des IPR die Orientierung am Schutz des schwächeren Vertragspartners auf das strikte Ziel ausgerichtet, die tatsächliche Erfüllung des Zwecks der Kollisionsnormen auf diesem Gebiet zu gewährleisten, um eine Verzerrung des Kollisionsrechts zu verhindern, die bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechts entstehen kann, wenn diese unter dem Deckmantel der freien Rechtswahl eine tatsächlich einseitige Wahl der lex contractus durch die stärkere Partei (z.B. Gewerbetreibender, Arbeitgeber, etc.) verbirgt.

3.3

Darüber hinaus soll durch die Berufung auf zwingende und unmittelbar anzuwendende Normen nicht nur die Verwirklichung dieses kommutativen Vertragsrechts sichergestellt werden, sondern ebenso, dass nicht bestimmte materielle Ziele von öffentlichem Interesse beiseite geschoben werden, die mit der wirtschaftlich-sozialen Ordnung der europäischen Staaten in Konflikt stehen; ebenso können aus dem distributiven Recht entstehende Ziele verwirklicht werden.

3.4

Diese Ansätze, die im IPR eine mehr oder weniger breite Grundlage haben, spiegeln den Wunsch nach Rechtssicherheit wider, ohne generell der Einheitlichkeit der Entscheidungen, auch gegenüber Drittstaaten, entgegenzustehen, und somit den Wunsch nach einer tendenziell universellen Geltung der eingegangenen Vertragsbeziehungen. Trotz der Einschränkung durch die Notwendigkeit, die Verwirklichung bestimmter Interessen der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten oder gewisse Schutznormen anzuwenden, seien sie aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitet oder nicht (13), ist der EWSA der Ansicht, dass die neue gemeinschaftliche Verordnung auf diesem Gebiet im Wesentlichen weiterhin im Geiste dieser Grundsätze und Werte bestehen sollte.

4.   WICHTIGSTE ANMERKUNGEN UND VORSCHLÄGE

4.1

Die bezüglich der Anwendung des Übereinkommens von Rom und seiner Zukunft gestellten Fragen können in solche inneren und solche äußeren Ursprungs eingeteilt werden. Erstere leiten sich aus den Bestimmungen des Übereinkommens selbst und den Wertentscheidungen, die diesen zugrunde liegen, ab, wie auch aus den methodologischen Wegen, die beschritten wurden; letztere ergeben sich z.B. aus dem Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und dem Gemeinschaftsrecht sowie anderen internationalen, öffentlichen (bereits geltenden oder in Vorbereitung befindlichen) Rechtsinstrumenten, insbesondere jenen, die auf die Vereinheitlichung von Kollisionsnormen oder des materiellen Vertragsrechts ausgerichtet sind (14) ebenso wie aus dem noch zu bestimmenden Verhältnis zwischen dem Übereinkommen von Rom und der „Brüssel I“-Verordnung (15).

4.2   Struktur

4.2.1

Die Struktur des Übereinkommens von Rom folgt der klassischen Dreiteilung von Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Kollisionsnormen. Nach der Definition seines materiellen Anwendungsbereichs und der Erklärung des universellen Geltungsanspruchs des Übereinkommens - dahingehend, dass seine Anwendbarkeit auch dann nicht erlischt, wenn die enthaltenen Bestimmungen das Recht eines Nichtvertragsstaates für zuständig erklären - folgen somit die Kollisionsnormen. Allerdings gibt es hinsichtlich der systematischen Anordnung einiger Bestimmungen Vorbehalte.

4.2.2

So weist erstens nach Artikel 3 die allgemeine Kollisionsnorm in Artikel 4 bereits bestimmte spezifische Regelungen bezüglich Grundstücks- und Güterbeförderungsverträgen auf. In Anbetracht der Tatsache, dass bestimmte Verträge in separaten Artikeln behandelt werden sollten, wird empfohlen, diesen Doppelstandard bei der Einfügung von Sonderregelungen nochmals zu überprüfen, zumindest - denn der hier vorliegende unterschiedliche Grad der Spezialisierung wird durchaus erkannt - bezüglich der Güterbeförderung (sollte diese Regel beibehalten werden - s.u.).

4.2.3

Zweitens werden, vermischt mit Regeln, die sich sehr viel stärker mit ausschließlich das IPR betreffenden Sachverhalten befassen, allgemeine Normen bezüglich Übergangsbestimmungen und einheitlicher Auslegung aufgeführt, deren systematische Einfügung überdacht werden sollte.

4.3   Materieller Anwendungsbereich (Artikel 1 Absatz 2)

4.3.1

Das Übereinkommen von Rom verfolgt nicht das Ziel, die Vereinheitlichung auf sämtliche Kollisionsbereiche des Vertragsrechtes auszudehnen. Somit bleiben diejenigen vertraglichen Schuldverhältnisse außerhalb seines Anwendungsbereiches, die sich auf familiäre und erbrechtliche Verhältnisse gründen, die sich auf Wertpapiere, gesellschaftsrechtliche Fragen, Tätigkeiten im Bereich der Vertretung oder Vermittlung beziehen sowie Angelegenheiten, die „Trusts“ und Versicherungsverträge betreffen, die innerhalb des Gemeinschaftsgebietes belegene Risiken decken.

4.3.1.1

Einige dieser Ausnahmen rechtfertigten sich insbesondere entweder aus der Existenz anderer Regelwerke, durch die eine internationale Vereinheitlichung bereits gewährleistet ist, oder aus der Tatsache, dass sich zu dem Zeitpunkt spezielle Rechtsinstrumente zur Vereinheitlichung in Vorbereitung befanden.

4.3.1.2

Es scheint angebracht, sich einen Überblick über die im Gange befindlichen Arbeiten zu verschaffen und den materiellen Anwendungsbereich der Verordnung erneut zu prüfen.

4.3.2

In Anbetracht der beabsichtigten Vereinheitlichung und des angestrebten allgemeinen Charakters der Bestimmungen der zukünftigen Verordnung wird es als ratsam erachtet, den materiellen Anwendungsbereich so weit wie möglich zu erweitern und ihn beispielsweise auf alle Arten von Versicherungsverträgen auszudehnen, wodurch Artikel 1 Absatz 3 und 4 entfallen würden, und es dem Gemeinschaftsrecht und den nationalen Rechtsordnungen zu überlassen, diese Bestimmungen im Bereich der Versicherungen mit den eventuellen zwingenden Umsetzungsbestimmungen in Einklang zu bringen. (16)

4.4   Universeller Geltungsanspruch (Artikel 2)

4.4.1

Der universelle Geltungsanspruch des Übereinkommens von Rom sollte in der Verordnung beibehalten werden, um die Wirksamkeit der Kollisionsnormen auch dann zu gewährleisten, wenn diese das Recht eines Drittstaates benennen. Eine alternative Lösung könnte die Anpassung des materiellen Anwendungsbereiches der Verordnung erfordern, indem dieser beispielsweise auf Normenkollisionen in bestimmten Verträgen beschränkt würde, was jedoch die Schwierigkeit mit sich brächte zu präzisieren, was ein gemeinschaftlicher Vertrag ist: ein Vertrag, der Einfluss oder mögliche Auswirkungen auf den Rechts- und Geschäftsverkehr der Gemeinschaft, oder auf das Gemeinschaftsgebiet hat.

4.4.2

Darüber hinaus wäre es hinsichtlich der Ziele der gemeinschaftlichen Gesetzgebungspolitik auch nicht ausreichend, die vereinheitlichten Kollisionsnormen nur dann anzuwenden, wenn diese das Recht eines Mitgliedstaates als zuständig ausweisen, womit sie in den übrigen Fällen auch dann nicht anwendbar wären, wenn einige Auswirkungen des Vertrags deutlichen Einfluss auf das gemeinschaftliche Gebiet oder den gemeinschaftlichen Verkehr hätten, und es somit in diesem Fall den nationalen Gesetzen der Mitgliedstaaten sowie anderen Gemeinschaftsnormen überlassen bliebe, bestimmte gemeinschaftliche Schutzfunktionen zu übernehmen.

4.5   Electio iuris (Artikel 3) (17)

4.5.1

Hinsichtlich der Möglichkeit der Rechtswahl nicht-staatlicher Rechtsvorschriften, unabhängig davon, ob diese den allgemeinen Rechtsgrundsätzen entsprechen oder den in der Geschäftspraxis üblichen Gebräuchen und Normen auf dem Gebiet der sogenannten lex mercatoria, ob sie schriftlich niedergelegt sind oder nicht, ob sie von internationalen Körperschaften systematisiert wurden, erscheint es ratsam, die Orientierung des Übereinkommens von Rom dahingehend beizubehalten, dass die electio iuris auf eine Rechtsordnung staatlichen Ursprungs fallen muss. Gründe dafür sind die potentielle Komplexität dieser Rechtsvorschriften, der mögliche Widerstand gegenüber solchen Bestimmungen sowie Aspekte wie die Rechtsprechungspraxis, der Sinn der nationalen Rechtsvorschriften und der gegenwärtige Entwicklungsstand und fragmentarische Charakter der nicht-staatlichen Rechtsvorschriften (18).

4.5.2

Hinsichtlich der Rechtswahl der in einem internationalen Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen muss klar erkannt werden, dass eine solche Wahl immer dann zu Konflikten führen kann, wenn das betreffende Übereinkommen den Willen der Parteien als eine der Bedingungen für dessen Anwendbarkeit ausweist (19). Eine solche Rechtswahl unterliegt den üblichen Einschränkungen, denen das angerufene Gericht durch seine übrigen internationalenVerpflichtungen unterworfen ist, sowie denen der zwingenden und unmittelbar anzuwendenden Normen und der internationalen öffentlichen Ordnung (20).

Fällt die Wahl auf ein Übereinkommen, dem das angerufene Gericht unterliegt, und sieht dieses Übereinkommen vor, dass seine Anwendbarkeit aus der Rechtswahl durch die Parteien hervorgeht, liegt der Fall anders, da die Verordnung gewährleisten muss, dass sie die Anwendung der speziellen Übereinkommen, an die die Staaten international gebunden sind oder sein werden, nicht berührt (s. Artikel 21 und 24).

4.5.3

Hinsichtlich Gerichtsstandsvereinbarungen und Schiedsklauseln kann aufgrund der engen Beziehung zwischen verfahrensrechtlichen (geregelt durch die lex fori, und, sofern der Fall auf der materiellrechtlichen Anwendungsebene der „Brüssel I“-Verordnung liegt, durch deren Bestimmungen, neben eventuellen anderen Normen internationalen Ursprungs) und vertragsrechtlichen Fragen in diesem Bereich der Fortbestand des Ausschlusses akzeptiert werden, wenn auch auf die Gefahr hin, dass die angestrebte Einheitlichkeit beeinträchtigt wird.

4.5.3.1

Sollte man sich jedoch dafür entscheiden, für diesen Bereich eine Regelung vorzusehen, muss in jedem Fall für eine Wahrung der bereits im Gemeinschaftsrecht oder in internationalen Rechtsinstrumenten allgemeiner oder spezieller Natur niedergelegten Bestimmungen gesorgt werden. Darüber hinaus müssen die spezifisch vertragsrechtlichen Aspekte, die dieser möglichen Kollisionsnorm unterworfen werden sollen, sorgfältig ausgewählt werden, wobei den Mitgliedstaaten die Regelung der verfahrenstechnischen Aspekte und Auswirkungen obliegen sollte, da diese sich stets auf die Organisation der nationalen Gerichte auswirken.

4.5.3.2

Sofern der Anwendungsbereich einer solchen Regelung angemessen festgelegt und definiert ist, kann ihre Rechtswahl die lex contractus, das auf einen bestehenden und gültigen Vertrag anzuwendende Recht, bestimmen.

4.5.4

Hinsichtlich der Problematik der Ermittlung der stillschweigenden Rechtswahl der Parteien erscheint es angebracht, diese aufgrund ihrer konkreten und von den Umständen des jeweiligen Falles abhängigen Natur dem Ermessen des Richters und der Beweisführung gemäß der verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu überlassen.

4.5.5

Bezüglich der nachträglichen Rechtswahl bzw. der nachträglichen Änderung der Rechtswahl durch die Parteien (Artikel 3 Absatz 2) wird, obwohl sich dies bereits aus der Auslegung der Bestimmungen und der Ziele der Kollisionsnorm des Übereinkommens von Rom ergibt, als angebracht erachtet klarzustellen, dass eine solche nachträgliche Rechtswahl rückwirkende Wirkung haben kann, obwohl dies nicht die Rechte von Dritten berührt.

4.6   Das dispositive Kriterium zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts (Artikel 4)

4.6.1   Die Darlegung des Grundsatzes der engsten Verbindung (Artikel 4 Absatz 1) (21)

4.6.1.1   Frage

Es wird weiterhin diskutiert, ob die Flexibilität bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechts für den Fall, dass keine electio legis vorliegt, nicht eingeschränkt oder zumindest der Anschein einer Flexibilität vermieden werden sollte, die letzten Endes vom Übereinkommen von Rom, wenn man die Vermutungen des Artikels 4 Absatz 2 in einem bestimmten Sinne auslegt, nicht beabsichtigt ist.

4.6.1.2   Vorschlag

Dies könnte beispielsweise durch eine Streichung der ausdrücklichen Festlegung des Grundsatzes der engsten Verbindung in Artikel 4 Absatz 1 erreicht werden. Da Klarheit darüber besteht, dass der Grundsatz der most significant relationship der dispositiven Wahl des Kollisionsrechts zugrunde liegt, wird das Entfallen der Regel in Absatz 1 diese Klarheit nicht beeinträchtigen.

Darüber hinaus würde durch diese Maßnahme möglicherweise die Bedeutung der Bestimmungen in den folgenden Absätzen klarer, was dazu beitragen würde, die bestehenden Divergenzen bezüglich der Vermutungen in den derzeitigen Absätzen 2, 3 und 4 des Artikels 4 zu beheben. Folglich würden in diesen Bestimmungen die relevanten Verbindungen nicht mehr als Vermutungen über die engste Verbindung dargestellt, sondern vielmehr als dispositive Verbindungen allgemeiner oder spezieller Natur ausgewiesen, obgleich immer unter dem durch die Ausnahmeklausel geschaffenen Vorbehalt.

Die Ausnahmeklausel in Absatz 5 sollte also unverändert bleiben und eventuell durch eine Befugnis des Richters ergänzt werden, die „dépeçage“ des Vertrags vorzunehmen, wie gegenwärtig im zweiten Teil von Artikel 4 Absatz 1 vorgesehen.

4.6.2   Der Begriff der charakteristischen Leistung (Artikel 4 Absatz 2) (22)

4.6.2.1   Frage

Es ist vorgeschlagen worden, den Begriff der charakteristischen Leistung zu präzisieren, der das Kernkriterium bei der Bestimmung des dispositiv anzuwendenden Rechts darstellt. Wir stoßen hier jedoch nicht nur auf unterschiedliche Lehrmeinungen bezüglich des Kriteriums zu dessen Bestimmung; sondern es gibt auch Fälle, in denen die zusätzliche Einbeziehung der konkreten Umstände des Falles einen wertvollen Beitrag zu dieser Bestimmung leisten kann, insbesondere in Anbetracht der Neuartigkeit bestimmter mehr oder weniger komplexer Vertragsinhalte.

4.6.2.2   Vorschlag

Es wird als ratsam erachtet, unabhängig von der Notwendigkeit, auf das billige Ermessen des Richters zu vertrauen, für die üblichsten Fälle eine Liste von charakteristischen Leistungen mit reinem Beispielcharakter zusammenzustellen. Es wird anerkannt, dass eine solche Liste eventuell bereits bekannt ist, und darüber hinaus kann der Richter immer auf die Ausnahmeklausel des Artikels 4 zurückgreifen (wenn auch eingeräumt werden muss, dass bei Existenz einer solchen Liste jede Entfernung des Richters von dieser immer eine Erhöhung der Last des Gegenbeweises mit sich bringt, die er ohnehin schon trägt, wenn er auf besagte Ausnahmeklausel zurückgreifen will). Hingegen liegt der Vorteil einer solchen Liste in einer möglichen Stärkung der Rechtssicherheit durch die Vorhersehbarkeit, die durch ihren normativen Wert geschaffen wird, obgleich dieser sich angesichts des Beispiel- und des möglichen allgemeinen Charakters der Liste etwas relativiert.

4.6.3   Kurzfristige Mietverträge (23)

4.6.3.1   Frage

Bei diesen Verträgen ist gegenwärtig grundsätzlich das Recht des Staates dispositiv anzuwenden, in dem das Grundstück gelegen ist (Artikel 4 Absatz 3). Nun werden diese kurzfristigen Mietverträge („Mietverträge für Ferienunterkünfte“) häufig zwischen Parteien geschlossen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung nicht in dem Land haben, in dem das Grundstück, das Gegenstand des Vertrags ist, gelegen ist. Außerdem hat der Mieter geringere Chancen, mit den geltenden Bestimmungen der lex rei sitæ vertraut zu sein, was für die Gegenseite nicht gilt. Es kann jedoch sein, dass das Kollisionsrecht des Staates, in dem das Grundstück gelegen ist, die lex rei sitæ für anwendbar erklärt, sofern die Sache außerhalb des Anwendungsbereiches der Verordnung liegt. Daneben besteht eventuell die Notwendigkeit, zwingende Normen oder „ordre public“-Vorschriften der lex rei sitæ zu berücksichtigen.

4.6.3.2   Vorschlag

Es sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, hier nicht die lex rei sitæ, sondern vielmehr die lex domicilii communis anzuwenden, also das dispositiv anzuwendende Recht anhand von Verbindungen, die auf dem Recht der wirtschaftlich-sozialen Umstände beider Parteien beruhen, zu bestimmen, sofern es sich bei dem Mieter um eine natürliche Person handelt (in Anbetracht der Tatsache, dass die „Brüssel I“-Verordnung ebenfalls den Gerichten im Mitgliedstaat des gemeinsamen Aufenthalts der Parteien gerichtliche Zuständigkeit zuweist - Artikel 22 Absatz 1). Gegebenenfalls könnte die Berücksichtigung oder Anwendung bestimmter zwingender „ordre public“-Bestimmungen der lex rei sitæ festgesetzt werden, sofern die Auffassung besteht, dass die Berücksichtigung dieser Normen nicht bereits ausreichend durch die Vorschriften des Artikels 7 geschützt sei (wobei die lex rei sitæ stets innerhalb der allgemeinen Ausnahmeklausel angerufen werden kann).

4.6.4   Güterbeförderungsverträge (Artikel 4 Absatz 4)

4.6.4.1   Frage

Es wurde die Frage gestellt, ob eine separate Behandlung dieser Verträge in Anbetracht dessen gerechtfertigt sei, dass hier das dispositiv anzuwendende Recht auf Verbindungen beruht, die sich alle um einen Bezugspunkt drehen, nämlich die Verbindung mit dem Ort der Niederlassung des Beförderers, auch wenn sich dies auf die Hauptniederlassung bezieht.

4.6.4.2   Vorschlag

Obwohl diese Frage von der Kommission nicht aufgeworfen wurde, wird es als ratsam erachtet, in Anbetracht der Schutzfunktion, die die Ausnahmeklausel des gegenwärtigen Artikels 4 Absatz 5 erfüllt, die Norm des Artikels 4 Absatz 4 bezüglich der Güterbeförderung zu streichen, die dann der allgemeinen dispositiven Regel unterläge. Darüber hinaus ist für den Schutz des Beförderers, der in verschiedenen vereinheitlichten materiellrechtlichen Bestimmungen über Güterbeförderung gewährleistet ist, die gegenwärtige Formulierung der Norm nicht notwendig, da, sofern die Bestimmung der Verbindungen nicht möglich ist, stets entweder auf die allgemeine Norm des Absatzes 1 oder auf die Bestimmung aus Absatz 2 zurückgegriffen werden kann.

4.7   Verbraucherverträge (24)

4.7.1   Fragen

4.7.1.1

Es ist allgemein anerkannt, dass die Bestimmungen des Übereinkommens von Rom nicht hauptsächlich auf den Verbraucherschutz oder auf den Schutz anderer „schwacher Parteien“ in Vertragsverhältnissen ausgerichtet sind, und dass folglich das durch sie geschaffene Rechtssystem in seiner Gesamtheit für einen wirkungsvollen Verbraucherschutz nicht das geeignetste ist (25).

4.7.1.2

Daher sind verschiedene Fragen zu erörtern, damit das aus der neuen Verordnung hervorgehende Rechtssystem der besonders ungünstigen Stellung des einzelnen Verbrauchers in internationalen Verträgen gebührend Rechnung tragen kann, ganz besonders wenn es sich um vorverfasste, so genannte „Adhäsionsverträge“ handelt, vorwiegend in hoch spezialisierten Bereichen wie beispielsweise bei Finanzdienstleistungen oder Verträgen über elektronische Dienstleistungen. Unter diesen Fragen wären hervorzuheben: der Begriff des Verbrauchers und des Verbrauchervertrags, der den Normen von Artikel 5 unterliegt (der gegenwärtige Ausschluss bestimmter „mobiler“ oder „aktiver“ Verbraucher; der Nichteinschluss bestimmter Verträge, deren Gegenstand Grundstücke und mögliche mit deren Nutzung verbundene Leistungen sind - das Timesharing; das Problem der Subsumption von Verträgen, die mittels derselben neuen elektronischen Medien geschlossen wurden, über die die entsprechende Werbung und/oder das Vertragsangebot abgewickelt wurde); die Angemessenheit der gewählten dispositiven Verbindung im gegenwärtigen Übereinkommen von Rom; die Notwendigkeit, die Normen der Artikel 4, 5 und 9 miteinander in Einklang zu bringen; der gegenwärtige Ausschluss von einfachen Beförderungsverträgen; das Verhältnis zur „Brüssel I“-Verordnung. Bei all dem muss jedoch beachtet werden, die Regelung nicht in einer Weise einseitig zu gestalten, die den Gewerbetreibenden, der mit dem Verbraucher in ein Vertragsverhältnis tritt, seinerseits benachteiligt, da Vertrauensschutz und Rechtssicherheit für diesen im Rahmen des IPR ebenfalls zu gewährleisten sind.

4.7.2   Vorschläge

4.7.2.1

Artikel 5 Absatz 1 und 2. Es wird empfohlen, den „mobilen“ oder „aktiven“ Verbraucher in die Bestimmungen dieser Sonderbestimmung für Verbraucherverträge aufzunehmen.

4.7.2.1.1

Hinsichtlich der problematischen Frage der elektronischen Medien wäre es angebracht, wenn eine einzige Kollisionsnorm für Verbraucherverträge bestünde, unabhängig davon, ob es sich um eCommerce handelt oder nicht, um eine mögliche Abschreckung von der Nutzung der elektronischen Medien zu verhindern.

4.7.2.1.2

Um diese beiden Ziele zu erreichen, sollte folglich bei der Definition des materiellen Anwendungsbereiches des Artikels 5 die Verortung gegenwärtig relevanter Faktoren, wie etwa des Vertragsangebots, der Werbung für die Güter oder Dienstleistungen, der Erklärung des Geschäftswillens oder, ganz allgemein, der zum Abschluss eines Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden.

4.7.2.1.3

Jedoch müssen die Fälle außerhalb des Anwendungsbereiches der Bestimmung bleiben, in denen der Verbraucher, ohne dass dies durch den Lieferanten herbeigeführt oder veranlasst worden wäre, in dessen Land reist und dort die Sache oder die Leistung erhalten soll oder tatsächlich erhält.

4.7.2.2

Artikel 5 Absatz 1. Es wird die Erweiterung der Bestimmung in Artikel 5 auf Verträge vorgeschlagen, deren Gegenstand eine unbewegliche Sache ist – dingliches Teilzeitwohnrecht oder Timeshare-Verträge.

4.7.2.3

Artikel 5 Absatz 3. Die Anwendung der dispositiven Norm des Artikels 4 sowie die Ersetzung des derzeitigen dispositiven Kriteriums der Anwendung des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers sollte erwogen werden. Durch diese Lösung werden weiterhin Vertrauensschutz und Rechtssicherheit beider Parteien gewährleistet, abgesehen davon, dass nicht klar ist, ob das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers für ihn tatsächlich günstiger ist.

4.7.2.4

Artikel 5 Absatz 2 und 3. Der Mindestschutz für den Verbraucher ist weiterhin durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts seines gewöhnlichen Aufenthalts sicherzustellen, die gegenüber den im Einklang mit den Artikeln 3, 4 und 9 vorgegebenen Bestimmungen Vorrang hätten, es sei denn, der Lieferant könnte einen ausreichenden Beweis erbringen, dass ihm trotz angemessener Bemühungen der Aufenthaltsort des Verbrauchers nicht bekannt war.

4.7.2.5

Artikel 5 Absatz 2. Im Hinblick auf über elektronische Medien abgewickelte Vertragsabschlüsse im Fernabsatz sowie auf den Einschluss des mobilen Verbrauchers gegenüber dem Schutz der berechtigten Erwartungen des Gewerbetreibenden ist festzulegen, dass eine Berufung auf den in der lex domicilii vorgesehenen Mindestschutz nicht möglich ist, sofern der Lieferant beweist, dass ihm der Aufenthaltsort des Verbrauchers nicht bekannt war, oder, dass ihm dieser nicht bekannt war und dies nicht einer Fahrlässigkeit seinerseits zuzuschreiben ist, oder, sofern dies auf ein Versäumnis seitens des Verbrauchers zurückzuführen ist, d.h. wenn die Unkenntnis des Lieferanten vom Verbraucher zu vertreten ist (was nicht der Fall wäre, wenn beispielsweise der Vertrag elektronisch geschlossen wird und der Lieferant dem Verbraucher nicht die Gelegenheit gibt, ihm seine Adressdaten zu schicken).

4.7.2.6

Artikel 5 Absatz 2 und 3. Es wird nicht für nötig erachtet, den materiellen Verbraucherschutz beispielsweise durch eine Bestimmung über mehrfache alternative Verbindungen zu maximieren, da dies den Ausführungen zur Auslegung des Grundsatzes vom Schutz des schwächeren Vertragspartners entgegenstehen würde. Es ist ausreichend, einen Mindestschutz zu gewährleisten, und es ist ebenfalls wichtig, weder die Rechtssicherheit beider Parteien unnötig zu beeinträchtigen noch die Bedeutung des Willens der Vertragspartner vollständig zu missachten.

Daher wird empfohlen, Verbraucherverträge den allgemeinen Kollisionsnormen unter dem Vorbehalt zu unterwerfen (gegenwärtig Artikel 3, 4 und 9), dass der Schutz, der dem Verbraucher durch die zwingenden Normen des Staates seines gewöhnlichen Aufenthalts gewährt wird, nicht vermindert wird, es sei denn, dass dem Lieferanten der Aufenthaltsort des Verbrauchers bona fide unbekannt ist, wobei die Beweislast für diese Unkenntnis stets der Lieferant zu tragen hat, auch wenn dieser angemessene Bemühungen vorweisen kann.

4.7.2.7

Artikel 5 Absatz 4 und 5. Der Ausschluss von einfachen Beförderungsverträgen aus dem Anwendungsbereich des Artikels 5 wird als nicht gerechtfertigt erachtet, auch wenn dies die Berufung auf unterschiedliche Gesetze für die unterschiedlichen Forderungen im Zusammenhang mit ein und demselben Beförderungsgeschäft bedeutet (es erscheint sinnvoller, einen solchen Ausschluss in Artikel 15 der „Brüssel I“-Verordnung beizubehalten, um Rechtssachen ein und derselben Rechtsprechung zu unterwerfen).

4.7.2.8

Es ist möglicherweise unnötig, in diesem Artikel eine zwingende Berufung auf bestimmte zwingende Normen eines Mitgliedstaates vorzusehen, sofern ein Vertrag mit diesem eine enge Verbindung aufweist, bei der es sich nicht um die des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers handelt (die beispielsweise der Ort eines öffentlichen Angebots oder einer Werbung sein kann - s. deutsches Gesetz vom 27. Juni 2000 (26)), in Anbetracht sowohl dessen, was bezüglich so genannter „innergemeinschaftlicher“ Verträge vorgeschlagen wurde, als auch der Bestimmungen in Artikel 7 Absatz 1, obgleich in diesem Fall die Entscheidung über die Anwendung solcher Normen stets im Ermessen des Richters liegen kann (neben den bekannten Zweifeln betreffend die Art der in dieser Norm vorgesehenen Bestimmungen).

4.7.2.9

Da im Übereinkommen von Rom und in der „Brüssel I“-Verordnung Übereinstimmung über die Rechtfertigungsgründe für das favor personæ herrscht, obwohl die Kollisionsnormen aufgrund der unterschiedlichen Ziele, die von diesen Rechtsinstrumenten verfolgt werden, unterschiedliche Bestimmungen enthalten, muss die mögliche Erweiterung von Verbraucherverträgen gemäß Artikel 5 an Artikel 15 der „Brüssel I“-Verordnung angeglichen werden, insbesondere wenn dazu übergegangen wird, die Verortung bestimmter Rechtshandlungen, die einem Vertragsabschluss vorausgehen oder seiner Schließung dienen, nicht mehr zu beachten (s. Artikel 15 Absatz 1 Abschnitt c) der Verordnung).

4.8   Arbeitsverträge (27)

4.8.1   Fragen

Ebenso vielfältig sind die Fragen, die sich im Hinblick auf Arbeitsverträge stellen. Insbesondere soll hingewiesen werden auf: die Gegenüberstellung des Übereinkommens von Rom und der gemeinschaftlichen Bestimmungen bezüglich der vorübergehenden Entsendung und der verschiedenen Auslegungen des Begriffs „Entsendung“; die Frage, ob der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit einem Mitglied der Unternehmensgruppe des ursprünglichen Arbeitgebers der Entsendung hinsichtlich der Anwendung der jeweiligen Kollisionsnorm ein Ende setzt; die Problematik der notwendigen Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsnormen auf dem Gebiet der Entsendung; die Problematik der an Bord bestimmter, der Registrierungspflicht unterliegenden Transportmittel im internationalen Verkehr sowie auf Bohrinseln auf hoher See geleisteten Arbeit; die Rolle von Tarifverträgen in internationalen Arbeitsverhältnissen sowie die Frage internationaler Tarifverträge.

4.8.2   Vorschläge

4.8.2.1

Vorbehaltlich der wie bereits im derzeitigen Artikel 6 festgelegten freien Wahl des anzuwendenden Rechts wird es als notwendig erachtet, die Anwendung des Rechts des gewöhnlichen Ortes der Arbeitsleistung zu bestätigen, sofern es sich um eine vorübergehende Entsendung handelt, und so klarzustellen, dass der Abschluss eines Vertrags im Aufnahmestaat mit einem Arbeitgeber, der der gleichen Unternehmensgruppe wie der ursprüngliche Arbeitgeber angehört, dem Fortbestand der Entsendung nicht entgegensteht.

4.8.2.2

Es wird jedoch vorgeschlagen, die Aufnahme einer Bestimmung zu erwägen, die die Anwendung der Umsetzungsbestimmungen der Richtlinie 96/71 im Aufnahmestaat gewährleistet. (28)

4.8.2.3

Hinsichtlich des Begriffs der Entsendung ist es, trotz bereits unternommener Definitionsversuche und unter Berücksichtigung der vielfältigen möglichen Szenarien und Umstände im Wirtschaftsleben, möglicherweise angebracht, den Begriff weiterhin keiner strengen Definition zu unterwerfen (ex ante oder ex post), und dem Richter im konkreten Fall die Entscheidung über das Vorliegen einer vorübergehenden Entsendung zu überlassen.

4.8.2.4

Ungeachtet des durch den bereits zitierten Bericht zum Übereinkommen von Rom geleisteten Beitrags und der tendenziellen Übereinstimmung innerhalb der internationalen Rechtslehre könnte man bei dieser Gelegenheit bezüglich von Arbeitsleistungen, die an Bord von Schiffen oder Flugzeugen erbracht werden, die sich regelmäßig im internationalen Verkehr befinden, sowie auf Bohrinseln auf hoher See, möglicherweise zu einer expliziten Lösung gelangen, indem man sie unter Beibehaltung der Ausnahmeklausel in Artikel 6 Absatz 2, in fine dem dispositiven Kriterium des Artikels 6 Absatz 2 Abschnitt b) unterwirft.

4.8.2.4.1

Auf diese Weise würde man ebenfalls den Anreiz verringern, diesen Transportmitteln eine gewisse Extraterritorialität zuzuweisen und das Recht des Staates, unter dessen Flagge sie fahren, anzuwenden, welches bekanntermaßen nicht immer die engste Verbindung mit dem vorliegenden Fall aufweist, vor allem, wenn man das Phänomen der „Billigflaggen“ in Betracht zieht („pavillons de complaisance“„flags of convenience“, „bandiere di compiacenza, convenienza“ oder „ombra“).

4.8.2.4.2

Somit wäre vorbehaltlich des Artikels 6 Absatz 1 das Recht des Ortes der Niederlassung des Unternehmens anzuwenden, das den Arbeitnehmer eingestellt hat, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht gewöhnlich in demselben Staat erbringt oder sie an Bord eines der Registrierungspflicht unterliegenden Transportmittels erbringt, das sich nicht in demselben Staat bewegt, oder aber auf einer Bohrinsel auf hoher See bzw. einem Gebiet, das keiner staatlichen Hoheit unterliegt, es sei denn, ein anderes Recht weist eine engere Verbindung mit dem Fall auf, nachdem dessen konkrete Umstände erwogen wurden.

4.8.2.5

Was geltende Tarifverträge in Staaten mit einer Verbindung zu einem bestimmten grenzübergreifenden Arbeitsverhältnis anbelangt, so wird in Übereinstimmung mit der internationalen Rechtslehre und unbeschadet der Diskussionen um die dogmatische Natur solcher Verträge daran erinnert, dass die Klauseln internationaler Tarifverträge anzuwenden sind, sofern ihnen im Bereich eines der relevanten Rechte die Eigenschaft zwingender Normen zukommt, und zwar entweder im Einklang mit Artikel 6 (da es sich um einen Tarifvertrag des Staates handelt, auf den die Rechtswahl gefallen ist, auf den die lex loci laboris oder auch das Recht des Staates der Niederlassung zutrifft, die den Arbeitnehmer eingestellt hat) oder mit Artikel 7.

4.8.2.6

Was andererseits die internationalen Tarifverträge betrifft, sollte möglicherweise klargestellt werden, dass die Verordnung auf diese nicht angewendet werden darf, etwa indem man sie in die aus dem materiellen Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossenen Bereiche aufnimmt (niedergelegt im gegenwärtigen Artikel 1 Absatz 2). Der besondere Charakter dieser Rechtsfigur, die sich allerdings in der internationalen Praxis noch nicht durchgesetzt hat, sowie die theoretische Auseinandersetzung über die Natur von Tarifverträgen scheinen für diese Lösung zu sprechen.

4.8.2.6.1

Tatsächlich wäre die Annäherung der normativen Lösungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts angemessener im Bereich der gemeinschaftlichen Bemühungen um die Vereinheitlichung bzw. Angleichung des materiellen Rechts der Mitgliedstaaten angesiedelt. Diese Bemühungen können unter Umständen die Ausarbeitung internationaler und/oder gemeinschaftlicher Tarifverträge sowie die Definition der damit verbundenen Bedingungen beinhalten. Diese Arbeiten werden sich also nicht mehr nur im begrenzten Bereich der Kollisionsnormen bewegen, mit denen sich die Verordnung beschäftigen wird, sondern vielmehr im Bereich der Annäherung des materiellen Rechts.

4.9   Dingliches Teilzeitwohnrecht und Timeshare-Verträge (s. 4.6)

4.9.1   Frage

In Anbetracht des erweiterten Inhalts der Bestimmung des Artikels 15 Absatz 1 Abschnitt c) der „Brüssel I“-Verordnung, in der auf einen gesonderten Verweis auf bewegliche Sachen verzichtet wird, und unter Berücksichtigung des Inhalts der betreffenden Verträge und der Stellung der üblicherweise beteiligten Parteien stellt sich die Frage, ob der in Verbraucherverträgen gewährleistete Schutz nicht wirksam sein sollte, selbst wenn es sich um die Verfügbarkeit einer unbeweglichen Sache handelt, insbesondere in Anbetracht der Änderungsvorschläge zum dispositiven Kriterium zur Bestimmung des auf Verbraucherverträge anzuwendenden Rechts (und folglich auf die Berufung auf Artikel 4 Absatz 3 und 5 gemäß der derzeitigen Nummerierung).

4.9.2   Vorschlag

Es wird eine Erweiterung der Begriffsdefinition in Artikel 5 durch den Verweis auf unbewegliche Sachen empfohlen, wobei die Normen der lex rei sitæ weiterhin Gültigkeit behalten, insbesondere die aus der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts entstandenen Schutznormen (sei es, um klarzustellen, dass in einer Neuformulierung des Artikels 5 dieses Recht im Einklang mit Artikel 4 Absatz 3 weiterhin dispositiv anzuwenden sein muss, oder gemäß Artikel 7 und Artikel 9 Absatz 6).

4.10   Eingriffsnormen, zwingende und unmittelbar anzuwendende Normen, Bestimmungen die, unabhängig davon, ob sie Gemeinschaftsrichtlinien umsetzen oder nicht, ihre Anwendung unabhängig von der Zuständigkeit ihrer Rechtsordnung erzwingen (29)

4.10.1   Fragen

Diese Vorschriften umfassen eine ganze Reihe von komplexen Fragen, von denen nur die folgenden als die wichtigsten hervorgehoben werden sollen: die Angleichung der Bestimmungen der Artikel 5, 6, 7 und 9 Absatz 6 sowie Artikel 10 Absatz 2 und die unterschiedliche Weise, auf die diese Regeln durch den Richter zu berücksichtigen sind (Ermessensspielraum in Artikel 7 Absatz 1); die Schwierigkeiten, auf die man bei dem Versuch stößt zu präzisieren, welche Normen in die Bestimmung des Artikels 7 aufgenommen werden sollen, sowie die Rolle des Richters bei dieser Frage; Abweichungen bei der nationalen Umsetzung der Richtlinien und das Problem der Nichtumsetzung; Fragen, die nicht mit dem speziellen Bereich der Kollisionsnormen in Konkurrenz zu stehen scheinen, sondern vielmehr mit den Harmonisierungsbemühungen; die möglichen Hindernisse, die „Eingriffsnormen“ oder zwingende und unmittelbar anzuwendende Normen der Verwirklichung der Ziele des Binnenmarktes und der ihm innewohnenden Freiheiten entgegenstellen können; die Notwendigkeit aus Sicht der Ziele des IPR, die gefundenen Lösungen mit der Verwirklichung einer Einheitlichkeit der internationalen und damit auch der gemeinschaftlichen, Entscheidungen in Einklang zu bringen und so eine unterschiedliche Beurteilung identischer Sachverhalte besonders innerhalb des Gemeinschaftsraumes zu vermeiden.

4.10.2   Vorschläge

4.10.2.1

Es wird als ratsam erachtet, den derzeitigen Artikel 3 Absatz 3, der objektiv innerstaatliche Verträge betrifft, zu ersetzen (da selbst bei Fehlen einer ausdrücklichen Norm die Ausrichtung letztendlich die gleiche bleiben wird), da eine Kollisionsnorm gegenüber einem rein innerstaatlichen Sachverhalt keine Wirkung entfalten sollte. Die Verweisung der Parteien auf ein ausländisches Recht hinsichtlich eines objektiv innerstaatlichen Vertrags kann niemals die Anwendung der zwingenden Normen der nationalen Rechtsordnung außer Kraft setzen, da sie mit ihr sämtliche objektiven Verbindungen unterhält.

4.10.2.1.1

Somit sollte diese Verweisung nicht als eine kollisionsrechtliche Verweisung gesehen werden, sondern muss notwendigerweise den Wert einer rein materiellrechtlichen Verweisung bzw. einer rein materiellrechtlichen Umsetzung haben, das heißt, sie ist Ausdruck der Privatautonomie im Bereich des nationalen materiellen Rechts, und nicht Ausdruck der kollisionsrechtlichen Freiheit der Parteien, deren Willen nur dann das anzuwendende Recht bestimmen kann, wenn sie einen Vertrag geschlossen haben, der Verbindungen mit mehr als einem Staat aufweist.

4.10.2.1.2

In die durch die Aufhebung dieser Norm entstandene Lücke (Artikel 3 Absatz 3) könnte - auch weil sie sich in systematischer Hinsicht anbietet - eine Bestimmung eingefügt werden, die den Begriff des objektiv „innergemeinschaftlichen“ Vertrags bestimmt, auf den stets die zwingenden, innerhalb der dispositiv anzuwendenden Rechtsordnung geltenden gemeinschaftlichen Bestimmungen oder Umsetzungsbestimmungen anzuwenden wären, unabhängig davon, ob schließlich das Recht eines Drittstaates gewählt wird.

4.10.2.1.3

Diese Einschränkung sollte nur dann Wirkung entfalten, wenn sämtliche mit dem Vertrag bestehenden objektiven Verbindungen diesen an Mitgliedstaaten binden. Zieht man jedoch insbesondere die Möglichkeit einer nachträglichen Rechtswahl bzw. einer Änderung der Wahl des anzuwendenden Rechts nach Vertragsabschluss in Betracht, sollte die Verknüpfung aller aus dem Vertrag hervorgehenden Verbindungen eventuell auf den Moment der Rechtswahl und nicht, wie bei dem im Grünbuch vorgeschlagenen Wortlaut, auf den Moment des Vertragsabschlusses bezogen werden.

4.10.2.1.4

Auf diese Weise wird für das abgeleitete Gemeinschaftsrecht unmittelbar ein Mindestmaß an Wirksamkeit gewährleistet, sofern die Parteien in einem „innergemeinschaftlichen“ Vertrag die professio iuris in Anspruch nehmen.

4.10.2.2

Es sollte erwogen werden, ob es zweckmäßig ist, eine allgemeinen Bestimmung über die Anwendung zwingender Schutznormen einzufügen, die sich aus der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ergeben, wenn - wie beispielsweise bei dem deutschen Gesetz von 2000 - der Vertrag eine enge Verbindung mit einem Mitgliedstaat aufweist (wobei in diesem Fall die Umsetzungsnormen dieses Staates anzuwenden sind).

4.10.2.2.1

Allerdings genügt es hier möglicherweise anzuerkennen, dass die Bestimmungen in Artikel 7 (die dem Richter stets einen gewissen Ermessensspielraum zusprechen) zusammen mit dem Primat des Gemeinschaftsrechts und den Artikeln 3 Absatz 3 und Artikel 5 - selbst in Anbetracht der notwendigen Überarbeitung (die es ermöglicht, dass das dispositiv anzuwendende Recht das durch Artikel 4 ausgewiesene sei, nur unter Vorbehalt eines Mindestschutzes, s.o.) - sowie Artikel 6 (der die Anwendung bestimmter Umsetzungsbestimmungen aus bestimmten Rechtsordnungen und insbesondere aus der objektiv anzuwendenden bzw. aus der des Aufnahmestaates des entsendeten Arbeitnehmers erzwingt) ausreichend sind, um zu dieser Anwendung zu führen (30).

4.10.2.3

Andererseits soll zusätzlich zu den Ausführungen bezüglich Artikel 3 Absatz 3 nochmals betont werden, dass die Abweichungen bei der nationalen Umsetzung der Richtlinien und die Problematik der Nichtumsetzung Fragen sind, die nicht mit dem speziellen Bereich der Kollisionsnormen in Konkurrenz zu stehen scheinen, sondern vielmehr mit den Harmonisierungsbemühungen; es obliegt den Staaten, in ihrer nationalen Gesetzgebung in diesem Bereich die Verwirklichung der Ziele des Gemeinschaftsrechts in den Fällen zu gewährleisten, die den Richtlinien unterliegen.

4.10.2.4

Trotz des möglicherweise zweideutigen Charakters des Titels, der gewisse geschichtliche Assoziationen mit dem Begriff „Eingriffsnormen“ („leis de polícia“) heraufbeschwört, sollte die Definition der in Artikel 7 enthaltenen Normen in formeller Hinsicht beibehalten werden, das heißt unter Bezug auf den unmittelbaren Anwendungscharakter derselben, unabhängig von dem nach den Kollisionsnormen anzuwendenden Recht, im Gegensatz zu einer materiellen Auslegung dieser Bestimmungen aufgrund ihres Gegenstands oder Inhalts.

4.10.2.4.1

In der Tat stellen die Bestimmungen des Artikels 7 eine weitere gemeinsame Bemühung dar, die Einheitlichkeit der Entscheidungen und auch die Anwendung bestimmter gemeinschaftsrechtlicher Umsetzungsbestimmungen zu fördern, die möglicherweise aufgrund anderer Normen des Übereinkommens von Rom nicht zur Anwendung kämen (oder auch aufgrund einer mangelhaften Umsetzung in nationales Recht, die im Lichte einer Kollisionsnorm zu betrachten ist, oder auch weil keinerlei Umsetzung erfolgt ist) - obgleich es nicht den Anschein hat, als sei Letzteres deren prinzipielles normatives Ziel, insbesondere da Artikel 7 Absatz 1 universellen Geltungsanspruch hat.

4.10.2.5

Was die Eingriffsnormen oder die zwingenden und unmittelbar anzuwendenden Normen von Drittstaaten anbelangt, so muss erwogen werden, mit welchen Mitteln diese sich am besten verwirklichen lassen: durch den Grundsatz der internationalen Einheitlichkeit der Entscheidungen, auf den das IPR ausgerichtet ist, oder durch das Vereinheitlichungsziel, das dem Übereinkommen von Rom unterliegt und auf dem auch die Verordnung beruhen wird (31).

4.10.2.5.1

Ausgehend davon, dass zur Verwirklichung der Ziele des IPR die Berücksichtigung bzw. Anwendung solcher Normen aus Rechtsordnungen von Drittstaaten zu bevorzugen ist, und angesichts der Tatsache, dass das Urteil über die Notwendigkeit dieser Anwendung bzw. Berücksichtigung, sofern diese mit den Zielen des IPR übereinstimmt, einer sorgfältigen Analyse der Umstände des Falles und des Gesamtinhalts der betreffenden Rechtsordnungen der Drittstaaten bedarf, wird es als ausreichend erachtet, dem Richter, wie gegenwärtig der Fall, einen Ermessensspielraum zuzugestehen (der aktuelle Wortlaut fordert darüber hinaus den Richter bereits dazu auf, die Natur und den Gegenstand der Bestimmungen sowie die eventuellen Folgen ihrer Nichtanwendung zu berücksichtigen, die stets mit den Konsequenzen ihrer Anwendung oder Berücksichtigung zu vergleichen sind).

4.10.2.5.2

Dieser Ermessensspielraum mag ausreichend sein, vor allem angesichts dessen, dass die Risiken für Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bereits einkalkuliert wurden, als man sich für die Berücksichtigung dieser Bestimmungen entschied. Die Voraussetzungen für Anwendung oder Berücksichtigung der Normen übermäßig zu präzisieren, könnte sich, wenn es abstrakt angegangen wird, nicht nur als ein reichlich schwieriges Unterfangen erweisen, sondern letztendlich auch den Richter so sehr beeinflussen, dass er die Erfordernisse der Rechtssicherheit im Einzelfall nicht mehr angemessen abwägen kann, so dass letztlich die Bestimmungen ihren ursprünglichen Zweck verfehlen würden.

4.10.2.6

In Anbetracht des bereits erwähnten Primats des Gemeinschaftsrechts und seines pädagogischen Wertes ist zu erwägen, ob der im Arblade-Fall gewählte Ansatz, der besagt, dass in Artikel 7 eine Erinnerung daran aufgenommen werden sollte, dass die Anwendung von Normen der zwingenden und unmittelbaren Anwendung kein ungerechtfertigtes Hindernis für die im ursprünglichen Recht enthaltenen Verkehrsfreiheiten darstellen darf, nicht ausdrücklich festgelegt werden sollte.

4.11   Die Form von Verträgen und der eCommerce (s. 4.6) (32)

4.11.1   Frage

In Anbetracht der Schwierigkeit der Verortung im Zusammenhang mit den neuen Medien sowie der Notwendigkeit, diese angesichts ihrer Nützlichkeit nicht zu benachteiligen, stellt sich die Frage, ob es angebracht wäre, eine Einheitsregelung zu erlassen, die von den Mitteln, derer sich die Parteien zum Abschluss des Vertrags bedienen, unabhängig ist und weiterhin eine Formgültigkeit von Verträgen verfolgt.

4.11.2   Vorschlag

Die Bestimmung der lex causæ im Bereich der Formerfordernisse kann von der möglichen Alternative zwischen der lex contractus, dem Recht des Staates, in dem sich die Parteien zum Zeitpunkt der Erklärung des Geschäftswillens befinden, und dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der Parteien abhängig gemacht werden, indem Artikel 5 ein Verweis hinzugefügt wird, wonach die Bestimmung in Artikel 9 die Anwendung der in Artikel 5 vorgesehenen Schutznormen nicht berührt (d.h. die des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers).

4.12   Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit und juristische Personen (Artikel 11)

4.12.1   Frage

Artikel 11, der im Bereich der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit die Anwendung der lex loci celebrationis bestimmt (nicht anzuwenden auf einen Vertrag inter absentes), will die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts gewährleisten sowie das Vertrauen einer Partei in die scheinbare Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit der anderen Partei schützen. Diese Norm beruht auf der „Theorie der Staatsinteressen“. Es fragt sich jedoch, ob dieser Ansatz in Anbetracht dessen, dass das Übereinkommen von Rom lediglich natürliche Personen erwähnt (33), auf juristische Personen anzuwenden ist (was im Konflikt läge mit deren Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit im Lichte des möglichen Grundsatzes der Spezialität sowie mit Fragen der Vertretung juristischer Personen).

4.12.2   Vorschlag

Sollte beabsichtigt sein, gegenüber dieser Frage eine gesetzgeberische Position zu beziehen, wird empfohlen, die Ausnahme zum Zwecke der Klarstellung und Harmonisierung auf juristische Personen auszudehnen.

4.13   Forderungsabtretung und Forderungsübergang (34)

4.13.1

Die vergleichende Frage der Klärung der Begriffsdefinitionen (s. Fall des Factoring). Es stellt sich die Frage, ob Klarstellungen wünschenswert wären, die, auch wenn sie zu den Vereinheitlichungsbemühungen beitragen, sicherlich mit den verschiedenen Nuancen der nationalen Gesetzgebungen in Konflikt geraten würden. Auch die Ähnlichkeit der beiden Bestimmungen (Artikel 12 und 13) bezüglich des kollisionsrechtlichen Urteils, das ihnen unterliegt, sowie die Wahl der Verbindungen, die den dreiseitigen Charakter dieser Rechtsverhältnisse widerspiegeln, müssen berücksichtigt werden.

4.13.1.1

Da es sich hier tatsächlich um eine Frage der Qualifikation handelt, erscheint es angebracht, diese weiterhin dem Richter zu überlassen, umso mehr als die Rechtssicherheit in Anbetracht der ähnlichen Struktur beider Kollisionsnormen, die letztlich zu einer verteilten Anwendung verschiedener Gesetze führen, keinem untragbaren Risiko ausgesetzt zu sein scheint.

4.13.2

Die Frage, ob die Abtretung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden kann (eventuelle Inhaber von Rechten, die dem ursprünglichen Zedenten/Gläubiger entgegengehalten werden können). Es stellt sich die Frage, ob sich angesichts der Gefahr des forum shopping die Verordnung nicht ausdrücklich dazu äußern sollte, welches das geeigneteste auf dieses Problem anzuwendende Recht ist. Das Ziel der Vereinheitlichung spricht dafür, die hier anzuwendenden Bestimmungen zu vereinheitlichen, um die Beteiligten von einem eventuellen forum shopping abzubringen. Der Wert der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit sowie die Risiken einer Berufung auf unterschiedliche Gesetze müssen berücksichtigt werden, und da die Vorhersehbarkeit nicht beeinträchtigt und eine einheitliche Behandlung aller Dritter mit konkurrierenden Forderungen an den Zessionar gewährleistet würde, erscheint es angebracht, sich für die Anwendung des Rechts der abgetretenen Forderung zu entscheiden.

4.13.3

Die Frage von Konflikten zwischen Zessionaren und deren Lösung. Mutatis mutandis gelten hier die im vorhergehenden Punkt angestellten Überlegungen, und es wird im Falle eines Widerspruchs zwischen den auf die verschiedenen Abtretungsverhältnisse anzuwendenden Regelungen eine mögliche Anwendung des Rechts der abgetretenen Forderung empfohlen (obwohl der Primat dieses Rechts dazu führen kann, dass unterschiedliche Rechte auf die Zessionare und auf Dritte angewendet werden, die beabsichtigen, ihre Ansprüche an den ursprünglichen Zedenten/Gläubiger geltend machen wollen - s. vorheriger Absatz).

4.13.4   Das Problem des Forderungsübergangs, der sich nicht auf die Erfüllung einer Leistungsverpflichtung seitens des Gläubigers gründet, auf den die Forderung übergeht

4.13.4.1

In dem höchst dienlichen ersten Bericht zum Übereinkommen von Rom wurde bereits erläutert, dass nicht beabsichtigt sei, Forderungsübergänge, die aus einer Leistung entstehen, die nicht auf einem Schuldverhältnis gründet, sondern vielmehr auf einem „reinen, rechtlich anerkannten, wirtschaftlichen Interesse“ (35), aus dem Anwendungsbereich des Artikels 13 auszuschließen, obgleich der Forderungsübergang dann ex lege sein kann.

4.13.4.2

Möglicherweise sollte der Text nun im Sinne einer Präzisierung dahingehend überarbeitet werden, dass zur Ausweisung der nun vorherrschenden Verbindung dieser Sachverhalt ebenfalls in diese Regelung aufgenommen werden sollte.

4.13.4.3

Andererseits ist anzuraten, die Bestimmung zu vervollständigen, indem auf ähnliche Weise präzisiert wird, welches Recht nun im Falle, dass sich die Erfüllung der Forderung auf ein fundiertes wirtschaftliches Interesse stützt, auf das Bestehen und die Erweiterung des Forderungsübergangs angewendet werden soll und welches Recht auf das Rechtsverhältnis oder die Situation, die jenem wirtschaftlichen Interesse zugrunde liegt, anzuwenden ist - dessen ungeachtet ist dem Richter jedoch ein ausreichender Ermessensspielraum zuzugestehen, der beispielsweise durch die Beifügung einer Ausnahmeklausel gewährleistet wird.

4.14   Das auf die Aufrechnung von Forderungen anzuwendende Recht (36).

So es für notwendig gehalten wird, eine Kollisionsnorm bezüglich der Aufrechnung einzufügen, wird empfohlen, eine gleichzeitige Anwendung der leges contractuum zu bestimmen.

5.   ZUSAMMENFASSUNG DER ANTWORTEN AUF DEN FRAGEBOGEN

5.1

Wie oben angekündigt (Punkt 1.14), wird der Ausschuss dessen ungeachtet, dass er sich auch anderen Themenbereichen gewidmet hat, um einen möglichst vollständigen Beitrag zu den von der Kommission gestellten Fragen zu leisten, die Fragen im Folgenden einzeln und zusammenfassend beantworten.

5.2   FRAGE 1

5.2.1

Aus den Erfahrungen der Mitglieder des EWSA in ihren jeweiligen Herkunftsländern schält sich die allgemeine Auffassung heraus, dass die Richter generell über wenig fundierte, lediglich akademische Kenntnisse bezüglich des Übereinkommens von Rom verfügen und die Zahl der Richter, die umfassende Kenntnisse über dessen Inhalt und Möglichkeiten besitzen, insbesondere in den unteren Instanzen äußerst gering ist.

5.2.2

Das Gleiche gilt im Allgemeinen für die Wirtschaftsakteure, insbesondere für die Verbraucher und die KMU, während lediglich große, vor allem multinationale Unternehmen über die rechtstechnischen Mittel verfügen, die es ihnen ermöglichen, beim Verfassen ihrer Verträge Nutzen aus dem Übereinkommen zu ziehen, was insbesondere für die „Adhäsionsverträge“ gilt.

5.2.3

Es ist gleichermaßen die Überzeugung der Mitglieder des EWSA, gestützt auf persönliche Erfahrungen in ihren jeweiligen Herkunftsländern, dass diese Situation die üblichen Vertragsverhandlungen beeinträchtigt und bei grenzübergreifenden Geschäften von vorneherein ein höheres Konfliktpotential mit sich bringt.

5.3   FRAGE 2

Die Antwort auf diese Frage geht ausführlich aus den Punkten 1.2, 1.3, 1.4, 1.5, 1.6, 1.7, 1.8, 1.9 und 1.10 der vorliegenden Stellungnahme hervor.

5.4   FRAGE 3

Der EWSA weist, wie in verschiedenen seiner im Verlaufe dieser Stellungnahme zitierten Stellungnahmen erwähnt, seit längerer Zeit auf die Unzweckmäßigkeit der Vielfalt und Streuung von Bestimmungen mit Auswirkungen auf das gemäß verschiedener Gemeinschaftsinstrumente anzuwendende Recht hin und hat die Notwendigkeit ihrer kohärenten Systematisierung in einem einzigen Gemeinschaftsinstrument auf diesem Gebiet unterstrichen.

5.5   FRAGE 4

5.5.1

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Aufnahme einer Klausel im Sinne des Vorschlags der Kommission in Punkt 3.1.2.2 des Grünbuchs zu begrüßen wäre, vor allem insoweit, als sie dem Missbrauch der Vertragsfreiheit als Mittel zur Vermeidung einer Anwendung von Normen, die die Rechte schwächerer Vertragspartner stärker schützen würden, entgegenwirkt.

5.5.2

Die Antwort geht aus Punkt 4.10.2.1 der vorliegenden Stellungnahme hervor, in dem eine Änderung des im Grünbuch vorgeschlagenen Wortlauts empfohlen wird, wenn Bestimmungen betroffen sind, die sich zwar auf gemeinschaftliche Rechtsakte gründen, jedoch Normen nationalen Ursprungs sind.

5.6   FRAGE 5

Hinsichtlich des Verhältnisses zu Kollisionsnormen enthaltenden internationalen Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten beigetreten sind, erscheint der eher geringe Nachteil, der in speziellen Fällen aus der Anwendung von Kollisionsnormen entsteht, die sich von den in einem Gemeinschaftsinstrument vorgesehen Bestimmungen entfernen, weniger schwerwiegend zu sein als der Rückzug aus solchen Übereinkommen. Daher sollte der Ansatz des ersten Teils von Artikel 21 des Übereinkommens von Rom beibehalten werden. Was eine zukünftige Bindung an bereits bestehende oder noch zu schließende Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Kollisionsnormen anbelangt, so darf eine solche Bindung unter Berücksichtigung des Primats des Gemeinschaftsrechts nur dann wirksam sein, wenn diese keine Auswirkungen auf den Gegenstand der Verordnung haben. So soll die Verordnung nicht die Möglichkeit der Bindung an Übereinkommen des einheitlichen materiellen Rechts berühren, doch scheint sie dem auch nicht zu widersprechen, dass sich Mitgliedstaaten an Übereinkommen binden, die die normative Ausrichtung der Verordnung auf andere Staaten ausdehnen, die nicht Teil der Europäischen Union sind.

5.7   FRAGE 6

Die Antwort auf diese Frage wurde ausführlich in Punkt 4.5.3 dargelegt.

5.8   FRAGE 7

Der EWSA ist nicht der Auffassung, dass die vom Übereinkommen von Rom vorgeschlagene Lösung den besten Schutz für die einzelnen Versicherer/Versicherungsnehmer garantiert. In dieser Hinsicht sollte die Stellung der Versicherer/Versicherungsnehmer an die Bestimmung für Verbraucher angepasst werden, unabhängig davon, ob der Versicherer seine Niederlassung innerhalb des gemeinschaftlichen Raumes hat oder nicht. Es ist allgemein bekannt, dass bestimmte Versicherungsrichtlinien Normen enthalten, die das anwendbare Recht beeinflussen (s. Richtlinien 88/357/EWG, vom 22.6.1988, 90/619/EWG vom 8.11.1990 und 83/2002/EG vom 5.11.2002), doch im Interesse der Vereinheitlichung wäre zu erwägen, ob alle Versicherungsverträge in die Verordnung eingeschlossen und eine spezielle Kollisionsnorm erlassen werden sollte, die die wünschenswertesten Ansätze in diesem Bereich umfasst.

5.9   FRAGE 8

Die Antwort auf diese Fragen wurde ausführlich in den Punkten 4.5.1 und 4.5.2 gegeben.

5.10   FRAGE 9

Die Antwort auf diese Frage wird in Punkt 4.5 begründet. Der Ausschuss ist überzeugt, dass die von der Kommission aufgestellten Alternativen einander nicht ausschließen, sondern hervorragend miteinander vereinbar sind. Es sollte jedoch anerkannt werden, dass die Beurteilung, ob eine stillschweigende Rechtswahl vorliegt, in jedem Einzelfall nach den vorliegenden Fakten und Beweisen durch den Richter erfolgen sollte.

5.11   FRAGE 10

Die Antwort auf diese Frage ist in Punkt 4.6.1 ausgeführt.

5.12   FRAGE 11

Die Antwort auf diese Frage ist in Punkt 4.6.3 dargelegt.

5.13   FRAGE 12

Die Antworten auf die verschiedenen gestellten, sowie weitere verwandte Fragen sind in Punkt 4.7 umfassend ausgeführt.

5.14   FRAGE 13

Die Antwort wurde unter Punkt 4.10 ausgeführt und begründet.

5.15   FRAGE 14

Die Antwort ist in Punkt 4.8 ausgeführt.

5.16   FRAGE 15

Die Antwort findet sich unter Punkt 4.8.

5.17   FRAGE 16

Die Antwort wurde umfassend in Punkt 4.10 dargelegt.

5.18   FRAGE 17

Die Antwort wurde in Punkt 4.11 ausgeführt.

5.19   FRAGE 18

Die Antwort wurde unter Punkt 4.13 begründet.

5.20   FRAGE 19

Die Antwort wurde ebenfalls in Punkt 4.13 dargelegt.

5.21   FRAGE 20

Die Antwort wurde in Punkt 4.14 ausgeführt.

5.22

Es wird daran erinnert, dass die vorliegende Stellungnahme sich abgesehen von diesen Fragen mit anderen, nicht ausdrücklich aus dem Fragebogen hervorgehenden Sachverhalten beschäftigt hat, und zwar insbesondere bezüglich der Struktur des Übereinkommens von Rom (Punkt 4.2.2 und 4.2.3), der Auswirkungen einer nachträglichen Wahl des anzuwendenden Rechts durch die Vertragspartner (4.5.5), der Güterbeförderungsverträge (4.6.4.2) sowie des auf die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit juristischer Personen anzuwendenden Rechts (4.12.2).

6.   SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

6.1

Der Ausschuss befürwortet die beiden großen Ziele des Grünbuchs, die Umwandlung des Übereinkommens von Rom in ein Gemeinschaftsinstrument und dessen Aktualisierung, und empfiehlt, dies so schnell durchzuführen, wie es die Komplexität der Materie erlaubt.

6.2

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass das anzuwendende gemeinschaftliche Rechtsinstrument das einer Verordnung sein sollte und stimmt mit den von der Kommission als Rechtsgrundlage bestimmten Artikeln 61 c) und 65 b) überein.

6.3

Der Ausschuss bejaht erneut im Wesentlichen die großen, dem Übereinkommen zugrundeliegenden Grundsätze und ist der Auffassung, dass diese zur Strukturierung der Verordnung beibehalten werden sollten.

6.4

In seinen detailliert ausgeführten Vorschlägen hat sich der Ausschuss im Wesentlichen nicht nur von der Notwendigkeit der Aktualisierung verschiedener Bestimmungen des Übereinkommens von Rom angesichts der Entwicklung des innergemeinschaftlichen Geschäftsverkehrs und der neuen vertraglichen Rechtsinstrumente insbesondere bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz leiten lassen, sondern auch von dem Erfordernis, verschiedene während der Rechtsgültigkeit des Übereinkommens von Rom in Rechtslehre und -praxis entstandene Interpretationsfragen zu klären.

6.5

In der Stellungnahme und in den Antworten auf die 20 von der Kommission gestellten sowie in den selbst aufgeworfenen Fragen hat der Ausschuss den Versuch unternommen, Lösungen vorzuschlagen, die das Interessengleichgewicht zwischen den beteiligten Parteien wahren und die Achtung vor den als gemeinsames Erbe der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verankerten Rechtsgrundsätzen zum Ausdruck bringen.

6.6

Der Ausschuss ist sich indessen bewusst, dass das Thema nicht erschöpft ist, und empfiehlt der Kommission daher, bei der endgültigen Ausarbeitung des vorzuschlagenden Textes alle Beiträge, die sie als Reaktion auf die begrüßenswerte Initiative des vorliegenden Grünbuchs erhält, gebührend zu berücksichtigen.

Brüssel, den 29. Januar 2004

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger BRIESCH


(1)  s. Frage 2 / Grünbuch.

(2)  Vgl. insbesondere die Stellungnahmen zu dem Vorschlag für eine Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. C 117 vom 26.4.2000), zu der Initiative der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl. C 139 vom 11.5.2001), zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines europäischen justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. C 139 vom 11.5.2001), zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. C 368 vom 20.12.1999), zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels (ABl. C 85 vom 8.4.2003) zu dem Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. C 116 vom 20.4.2001) und zu dem Grünbuch über ein europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (KOM(2002) 746 endg.) (ABl. C 220 vom 16.9.2003.

(3)  ABl. C 19 vom 23.1.1999.

(4)  ABl. C 117 vom 26.4.2000.

(5)  ABl. C 241 vom 7.10.2002.

(6)  Hervorzuheben sind die Arbeiten der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht (“Groupe européen de droit international privé“, Gedip) (http://www.drt.ucl.ac.be/gedip).

(7)  Hervorzuheben sind die Verordnungen (EG) 1346, 1347 und 1348/2000 vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten und über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. L 160 vom 30.6.2000), die Verordnung (EG) 1206/2001 vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001), der Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (KOM(2002) 159 endg.), das Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht (KOM(2002) 196 endg. vom 19.4.2002), das Grünbuch über die zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Produkte (KOM(1999) 396 endg. vom 28.7.1999), die Richtlinie 2000/35/EG vom 29. Juni zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 200 vom 8.8.2000), die Richtlinie 2002/65/EG vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (ABl. L 271 vom 9.10.2002), die Richtlinie 1999/44/EG vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171 vom 7.7.1999), die Richtlinie 97/7/EG vom 20. Mai 1995 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. L 144, vom 4.6.1997), die Mitteilung der Kommission zur Kodifizierung des gemeinschaftlichen Besitzstandes (KOM(2001) 645 endg.), der Beschluss 2003/48/JAI des Rates vom 19.12.2002 über die Anwendung besonderer Maßnahmen im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus (ABl. L 16 vom 22.1.2003), die Richtlinie 2002/8/EG vom 27.1.2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug (ABl. L 26 vom 31.1.2003) und die Richtlinie 98/27/EG vom 19.5.1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 166 vom 11.6.1998).

(8)  Vgl. Aktionsplan für ein kohärenteres europäisches Vertragsrecht, Mitteilung der Kommission KOM(2003) 68 endg. vom 12.2.2003.

(9)  Vgl. KOM(2003) 427 endg. vom 22.7.2003 – http://europe.eu.int./comm/dgs/justice_home/index_fr.htm.

(10)  Im Übrigen begünstigt das Internationale Privatrecht in formeller Hinsicht die Bemühungen um eine Vereinheitlichung, da seine Regelungen häufig unabhängig von den besonderen Umständen innerhalb der jeweiligen nationalen Gemeinschaft sind. Dies gilt in Anbetracht der tendenziellen Übereinstimmung der Absichten der Beteiligten unabhängig von ihrer geografischen Situation umso mehr im Bereich des Vertragsrechts. Das kann nicht verhindern, dass einige normativ-materiellrechtliche Ziele nicht erfüllt werden, über die jedoch ebenfalls eine breite Übereinstimmung innerhalb der Gemeinschaft besteht, so dass lediglich bleibt, über die Angleichung der geltenden Normen an die gewünschten materiellen Resultate zu ermitteln, wie der Fall des Schutzes des schwächeren Vertragspartners liegt. Bei dieser Ermittlung können, mutatis mutandis, auch die kürzlich erfolgten Überlegungen bezüglich der „Brüssel I“-Verordnung von Nutzen sein.

(11)  Außerdem unterstützt die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen, da sie die Wahl des Gerichtsstands nach Maßgabe eines von jedem einzelnen IPR-System für zuständig erachteten Gesetzes hinfällig macht, ebenfalls die Vereinheitlichungsbemühungen hinsichtlich der Vorschriften über die internationale gerichtliche Zuständigkeit, indem sie die Wahl zwischen den verschiedenen Gerichtsständen, die einem Kläger letztendlich zur Verfügung stehen, um eine Klage einzureichen, gleichgültig macht, zumindest im Hinblick auf das Recht, dass von diesem Gericht angewendet würde, was nicht nur die Einheitlichkeit des Marktes fördert, sondern auch den geschäftlichen Verkehr innerhalb des Binnenmarktes belebt. Ein weiterer Grund also, die Komplementarität der beiden Kollisionsbereiche des internationalen Privatrechts zu fordern, wenn auch die Verschiedenheit der durch sie verfolgten Werte und Absichten bestätigt werden muss, da sie sehr unterschiedliche Probleme behandeln und unterschiedliche normative Fragen aufwerfen. So stimuliert die Unabhängigkeit von dem Ort, an dem die Klage eingereicht wird, letzten Endes stets die Freizügigkeit und die Niederlassung von Personen und Interessen an verschiedenen Orten, das heißt, sie fördert eine wirkliche, auf realen Bedürfnissen beruhende Mobilität innerhalb des Binnenmarktes, ohne diese jedoch nur dadurch erforderlich zu machen, dass in einem bestimmten Land ein günstigeres Gesetz zur Anwendung kommt.

M. GIULIANO, P. LAGARDE, a.a.O., S. 5, wonach die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen im Bereich des Vertragsrechts als „natürliche Fortsetzung des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen (...) zu betrachten sei“, und ebenso M. GIULIANO, a.a.O., wonach das Übereinkommen von Rom „complemento naturale“ des Brüsseler Übereinkommens von 1968 sei, „in quanto essa avrebbe evitato il forum shopping che l'ultima Convenzione lasciava in qualche modo aperto in materia di contratti“.

(12)  s. M. GIULIANO, P. LAGARDE, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, 19. Juni 1980, ABl. C 282 vom 31.10.1980 S. 4f; und M. GIULIANO, Osservazioni introduttive, in Verso una disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti, Pádua, 1983, S. XXI, wonach das Übereinkommen von Rom als eine Art „‚tessera‘ di quello spazio giuridico comune“ zu betrachten sei, mit dem Ziel „garantire alle persone fisiche e giuridiche operanti nel quadro della Comunità un più elevato grado di sicurezza giuridica nei loro rapporti contrattuali, tanto all'interno come verso l'esterno, contribuendo [...] a facilitare il funzionamento del mercato comune“.

(13)  Möglicherweise zum Wohle der den Kollisionsnormen zugrunde liegenden Ziele, wie im Falle des Schutzes bestimmter Personengruppen, selbst wenn ein Mindestschutz durch gemeinschaftliche oder nationale Gesetzgebung gewährleistet ist, ist es das Ziel, das Prinzip der Rechtswahl bei Konflikten, das auf der Vertragsfreiheit der Parteien beruht, nicht zu schwächen.

(14)  Manche Bereiche haben eine lange, erfolgreiche Geschichte materiellrechtlicher Vereinheitlichung, deren Unvollständigkeit jedoch die Vereinheitlichung im kollisionsrechtlichen Bereich weiterhin notwendig macht. Bezüglich der Vereinheitlichung und Harmonisierung des materiellen Vertragsrechts siehe: der in Fußnote 8 erwähnte Aktionsplan der Kommission sowie die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum europäischen Vertragsrecht“, ABl. C 241 vom 7.10.2002.

(15)  Bei der Untersuchung dieser Frage werden die wohldurchdachten Änderungsvorschläge aus den Erörterungen der Gedip gebührend berücksichtigt und häufig auch angenommen.

(16)  s. Frage 7 / Grünbuch.

(17)  Unter anderem behandelt in Fragen 8 und 9 des Grünbuchs.

(18)  Dies schließt natürlich eine materiellrechtliche Verweisung auf derartige Rechtsvorschriften nicht aus, die, obgleich abhängig von der Stellung der lex contractus, als Teil des Vertragsinhalts betrachtet würden, besonders da einige davon in bestimmten Mitgliedstaaten in Kraft wären. Die Berufung auf diese Rechtsvorschriften von nationalen Kollisionsnormen abhängig zu machen, scheint den internationalen Handel nicht stark zu beeinträchtigen und kann darüber hinaus Mittel zur Stärkung der Rechtssicherheit sein (obwohl die Mitgliedstaaten den Parteien in diesem Bereich beträchtliche Freiheiten vorbehalten können, und innerhalb gewisser Grenzen die Möglichkeit der dépeçage des Vertrags besteht). Tatsächlich können, selbst wenn eine solche Wahl erlaubt wird, die Staaten stets die Anwendung einiger dieser internationalen Bestimmungen durch die Aufstellung von zwingenden und unmittelbar anzuwendenden Normen verhindern.

(19)  Vielmehr wird hinsichtlich dieser Fälle argumentiert, dass es selbst im Hinblick auf die derzeitige Fassung des Übereinkommens von Rom möglich sein sollte, eine kollisionsrechtliche Verweisung auf Rechtsvorschriften eines internationalen Übereinkommens vorzunehmen, auch wenn der Staat des Gerichtsstands nicht Mitglied dieses Übereinkommens ist, vorausgesetzt, dieses sieht eine solche electio iuris vor.

(20)  Von diesem Standpunkt aus handelt es sich hier lediglich um eine Klarstellung, was jedoch strittig sein könnte. Dieser Schluss wird von den Zielen des Übereinkommens nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sogar gestützt. Wenn die Rechtswahl direkt auf ein Übereinkommen fällt, entspricht dies somit einer indirekten Wahl, das heißt, der (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Wahl einer nationalen Rechtsordnung, die ihrerseits eine Verweisung auf die Vorschriften eines internationalen Übereinkommens erlaubt - was grundsätzlich bei dem Recht eines Staates der Fall wäre, der einem Übereinkommen angehört, das ausdrücklich erlaubt, dass die Parteien seine Anwendung mittels einer Wahlklausel, einer professio iuris herbeiführen (s. die Fälle der Haag-Visby-Regeln von 1968 und des Hamburger Übereinkommens von 1978 bezüglich der Güterbeförderung auf dem Seeweg).

Die Ziele des Übereinkommens von Rom und das Wertesystem des IPR selbst legen diesen Schluss nahe. Erstens fordert das Übereinkommen die gewissenhafte Wahrung der Willensfreiheit der Parteien, und zweitens ist deutlich, dass die Annahme der kollisionsrechtlichen Verweisung der Parteien auf diese internationalen Rechtsvorschriften (vorausgesetzt, dass der tatsächliche Wille der Parteien festgestellt werden konnte), stets der beste Weg ist, die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit zu gewährleisten, das heißt, die berechtigten Erwartungen der Parteien, die sich über ihren Willen und den Vertragsinhalt geeinigt haben, nach Maßgabe dieses internationalen Übereinkommens zu schützen. Diese Auslegung wäre auch bei der Verhinderung des forum shopping wirkungsvoll.

Letztlich könnte diese Lösung zur Vereinheitlichung internationaler Normen beitragen, insbesondere im Falle von unterschiedlichen Fassungen eines geänderten Übereinkommens, über die sich die Parteien nicht einigen können. In diesem Fall kann das Gericht, sofern es nicht aufgrund der objektiven Verbindungen des Falles zur Anwendung einer früheren Fassung des betreffenden Übereinkommens verpflichtet ist, die Anwendung einer anderen Fassung als der, an die es gebunden ist, bestimmen, eben deshalb, weil diese von den Parteien gewählt wurde, die sich ebenso für das Recht eines an die neue Version gebundenen Staates hätten entscheiden können, das die Anwendbarkeit in Übereinstimmung mit dem Willen der Parteien bereits vorsieht.

Die Verweisung der Parteien auf ein Übereinkommen, das die Privatautonomie nicht als möglichen Auslöser für seine Anwendung ausweist, kann stets als materiellrechtliche Verweisung ausgelegt werden, das heißt, als materiellrechtliche Aufnahme der internationalen Rechtsvorschriften in den Vertrag.

(21)  s. Frage 10 / Grünbuch.

(22)  ebd.

(23)  s. Frage 11 / Grünbuch.

(24)  s. Frage 12 / Grünbuch.

(25)  Dies gilt insbesondere für den Grundsatz der Willensfreiheit, wenn eine tatsächliche Gleichberechtigung der Parteien nicht gegeben ist, insbesondere bei so genannten „Adhäsionsverträgen“; es entspricht der generellen Vermutung in Artikel 4 Absatz 2 insoweit diese im Großteil der Fälle das Recht des Gewerbetreibenden ausweist; es entspricht ebenfalls einer engen Auslegung von Artikel 7, der die Verbraucherschutznormen nicht als „Eingriffsnormen“ vorsieht.

(26)  Gesetz vom 27. Juni 2000, Bundesgesetzblatt, a.2000, Teil I, Nr. 28, vom 29. Juni 2000.

(27)  s. Fragen 14 und 15 / Grünbuch.

(28)  Der Ausschuss wird sich demnächst zu der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 96/71/CE KOM(2003) 458 fin vom 27.7.2003 äußern.

(29)  s. Fragen 13 und 16 / Grünbuch.

(30)  In diesem Fall bleiben möglicherweise die Umsetzungsbestimmungen des Rechts des Staates, in dem das Grundstück gelegen ist, von der Anwendung ausgeschlossen, wenn auch nicht notwendigerweise im Einklang mit Artikel 7, wenn bezüglich des Timesharing das Recht eines Drittstaates gewählt wird, und dann auch nur, wenn der Verbraucher nicht in einem Mitgliedstaat lebt - liegt jedoch ein gewöhnlicher Aufenthalt vor, so ist der Mindestschutz der lex domicilii noch anwendbar, wenn Artikel 5 Verbraucherverträge über Grundstücke einschlösse.

Würde letztgenannter Weg eingeschlagen, so müsste präzisiert werden, was in den verschiedenen Richtlinien bezüglich Schutznormen unter der „engsten Verbindung“ zu verstehen ist, in denen allgemein bestimmt wird, dass die Staaten die Anwendung der Umsetzungsbestimmungen innerhalb ihres Staatsgebietes gewährleisten müssen, sofern der Vertrag eine enge Verbindung mit einem Mitgliedstaat aufweist, und wenn die Anwendung bestimmter zwingender Normen anderer Rechtsordnungen im Einklang mit Artikel 7 noch möglich wäre. (Es sollte erwähnt werden, dass selbst gemäß abgeleitetem Recht die Bestimmung dessen, was eine enge Verbindung ausmacht, die zur Anwendung von umgesetzten Schutznormen führen kann, stets dem Richter obliegen kann, abhängig von der Art der Umsetzung der Richtlinien, das heißt abhängig davon, inwieweit bekannt ist, ob die staatlichen Gesetzgeber diese Definition mit der Absicht vorgenommen haben, dass sie zur Anwendung zwingender und unmittelbar anzuwendender Umsetzungsbestimmungen führen sollten oder nicht.).

(31)  Einerseits muss anerkannt werden, dass die Bestimmung in Artikel 7 Absatz 1, obwohl sie ein Mittel zur Anrufung zwingender gemeinschaftsrechtlicher Umsetzungsbestimmungen sein kann (sofern diese die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen), nicht auf der Absicht gründet, ausländischen Gesetzgebungspolitiken (von Mitglieds- oder Drittstaaten) Gewicht zu verleihen, oder auf der Absicht zu ergründen, auf welche Weise die Rechtsordnungen von Drittstaaten (d.h., weder lex fori, noch lex causæ) bestimmten Aspekten ihrer wirtschaftlich-sozialen Ordnung normative Gestalt verleihen. Der Zweck einer solchen Bestimmung muss innerhalb der normativen Ziele des IPR gefunden werden, und zwar dort, wo die Gründe für die Berücksichtigung oder Anwendung jener Normen liegen, die innerhalb der normalen Funktionsweise der Kollisionsnorm nicht angewendet würden. Es hat daher den Anschein, dass diese Bestimmung auf die Vereinheitlichung der Beurteilung bestimmter, grenzübergreifender rechtlicher Situationen ausgerichtet ist, unter Berücksichtigung der berechtigten Erwartungen der Parteien, da die relevanten Normen zu einer Rechtsordnung gehören würden, die mit dem Fall eine enge Verbindung aufweist. So soll verhindert werden, dass das Gericht ein anderes Urteil als jenes fällt, das einem anderen Ort erfolgt wäre; ebenso soll das forum shopping umgangen werden (sowie, eventuell, die Möglichkeit, dass am Ort der Anerkennung oder der Durchführung das Urteil mit dem „ordre public“-Vorbehalt eines Drittstaates in Konflikt gerät, weil Bestimmungen berührt werden, die mit der „ordre public international“ eines Staates in Zusammenhang stehen - diesbezüglich sollte zugestanden werden, dass die Normen, denen der Richter die größte Bedeutung zumessen wird, eben die sind, die öffentliche Interessen verfolgen, auch wenn nach wie vor eine nicht-materielle Definition der Bestimmungen in Artikel 7 vorherrscht).

Andererseits kann ein Konflikt zwischen diesen Normen stets zu einer Gefahr für die Rechtssicherheit werden, zusätzlich zu und aufgrund von Anwendungsproblemen, die im konkreten Fall auftreten können, insbesondere wenn Regelungen aus anderen Rechtssystemen beteiligt sind.

(32)  s. Frage 17 / Grünbuch.

(33)  Der derzeitige Wortlaut lässt sich auf drei Arten auslegen: Erstens kann der Verweis auf natürliche Personen als Ausschlusskriterium verstanden werden, das die Anwendung auf juristische Personen verhindert. Zweitens könnte man für eine Anwendung der Norm auf juristische Personen per Analogieschluss argumentieren. Drittens, angesichts der extremen Sorgfalt, die bei der Anwendung von Analogieschlüssen auf internationale Rechtsinstrumente – die auf dem souveränen Willen und nationalen Politiken basieren – angewandt werden muss, um den international anerkannten Kompromiss und den angestrebten Grad der Vereinheitlichung nicht zu untergraben; unter Berücksichtigung der Differenzen, die hinsichtlich der „Theorie der Staatsinteressen“ entstanden sind, sowie der Tatsache, dass das Übereinkommen von Rom weder auf die Regelung der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit noch auf die von Sachverhalten bezüglich juristischer Personen ausgerichtet ist, kann man schlussfolgern, dass das Übereinkommen die Frage der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit nur in diesem begrenzten Maße behandeln wollte, dass die Übereinstimmung der Vertragsstaaten bezüglich der Vereinheitlichung hier ihre Grenzen findet und dass folglich alle Aspekte der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit, die über die Bestimmungen von Artikel 11 hinausgehen, Sache der Vertragsstaaten bleiben. Jeder Staat könnte daraufhin selbst entscheiden, ob diese Vorschrift auf juristische Personen ausgedehnt werden soll oder nicht, da bezüglich dieser speziellen Frage keine Einheitlichkeit besteht.

(34)  s. Fragen 18 und 19 / Grünbuch.

(35)  s. M. GIULIANO, P. LAGARDE, a.a.O., S. 32.

(36)  s. Frage 20 / Grünbuch.


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