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Document 52002AE1352

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu:dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe, unddem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe(KOM(2002) 158 endg. — 2002/0074 (COD) — 2002/0075 (COD))

ABl. C 85 vom 8.4.2003, p. 20–24 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52002AE1352

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu:dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe, unddem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe(KOM(2002) 158 endg. — 2002/0074 (COD) — 2002/0075 (COD))

Amtsblatt Nr. C 085 vom 08/04/2003 S. 0020 - 0024


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu:

- dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe", und

- dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe"

(KOM(2002) 158 endg. - 2002/0074 (COD) - 2002/0075 (COD))(1)

(2003/C 85/05)

Der Rat beschloss am 14. Mai 2002 gemäß Artikel 80, Absatz 2, des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu den vorgenannten Vorschlägen zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 31. Oktober 2002 an. Berichterstatter war Herr Chagas.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 395. Plenartagung am 11. und 12. Dezember 2002 (Sitzung vom 11. Dezember) mit 94 Stimmen bei einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

1. Hintergrund

1.1. Das am 25. März 2002 von der Kommission vorgelegte Dokument über die Erhöhung der Sicherheit von Fahrgastschiffen in der Gemeinschaft enthält ein Bündel von Maßnahmen: einen Vorschlag für eine Richtlinie über besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe, einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe und eine Mitteilung der Kommission über die Haftungsregelungen für Reisende im Seeverkehr.

1.2. Zu den seit 1990 ergriffenen Maßnahmen gehören:

- 98/18/EG: die Richtlinie über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe(2);

- 98/41/EG: die Richtlinie über Registrierung von auf Fahrgastschiffen befindlichen Personen(3);

- 98/179/EG: die Verordnung über Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs von Ro-Ro-Fahrgastfährschiffen(4) und

- 1999/35/EG: die Richtlinie über verbindliche Überprüfungen des sicheren Betriebs von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen(5).

1.3. Das neue Sicherheitspaket für Fahrgastschiffe soll tragische Schiffsunglücke wie die der Estonia von 1994 und der Express Samina von 2000 vermeiden helfen.

1.4. Zweck des Richtlinienvorschlags für besondere Stabilitätsanforderungen an Ro-Ro-Fahrgastschiffe ist es, die im Stockholm-Übereinkommen (SA) formulierten Stabilitätsanforderungen für alle Ro-Ro-Fahrgastschiffe ohne Ansehen der Flagge, die auf regelmäßiger und planmäßiger Auslandfahrt in der Europäischen Union unterwegs sind, anzuwenden. Damit sollen die Stabilitätsanforderungen in der Gemeinschaft auf ein einheitliches Niveau gebracht, die Überlebensfähigkeit havarierter Ro-Ro-Fahrgastschiffe angehoben und die Sicherheit von EU-Bürgern, die als Fahrgäste und Besatzungsmitglieder unterwegs sind, verbessert werden.

1.4.1. Die neuen Stabilitätsanforderungen sollen für alle neuen Ro-Ro-Fahrgastschiffe gelten, die nach dem 1. Oktober 2004 gebaut werden. Für vorher gebaute Schiffe sieht der Vorschlag eine Übergangszeit vor, die am 1. Oktober 2010 endet. Die SA-Stabilitätsanforderungen gelten derzeit in sieben Unterzeichnerstaaten des Stockholm-Übereinkommens, und zwar Deutschland, Dänemark, Finnland, Irland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich. Norwegen hat das Stockholm-Übereinkommen ebenfalls unterzeichnet.

1.5. Der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe soll die Sicherheit der im Inlandverkehr fahrenden Fahrgastschiffe durch die Einführung verschärfter Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe und neuer Sicherheitsleitlinien für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität verbessern. Er enthält auch einige Änderungsvorschläge zur Richtlinie 98/18/EG im Interesse ihrer Aktualisierung und verbesserten Umsetzung. Darunter fällt die Vereinheitlichung des Notifikationsverfahrens für Mitgliedstaaten über die Lage von Seegebieten in ihren Hoheitsgewässern.

1.5.1. Die neuen Stabilitätsanforderungen gelten für alle neuen, nach dem 1. Oktober 2004 gebauten Ro-Ro-Fahrgastschiffe. Für vor dem Stichtag gebaute Schiffe legt der Vorschlag die Frist für die Erfuellung der SA-Anforderungen auf den 1. Oktober 2010 fest. Schiffe, die am Stichtag nicht die Anforderungen des Stockholm-Übereinkommens erfuellen, sollen bei Erreichen eines Schiffsalters von 30 Jahren, spätestens jedoch am 1. Januar 2015 - wenn sie den SOLAS-90-Normen entsprechen - außer Dienst gestellt werden.

1.6. Die Mitteilung legt dar, wie die Haftung für Schäden, die Reisenden bei der Beförderung auf See entstehen, verbessert werden soll. In ihren Vorschlägen fordert die Kommission eine obligatorische Versicherung für Beförderer und eine verschuldensunabhängige Haftung bis 250000 EUR je Fahrgast bzw. eine unbeschränkte Haftung bei Verschulden des Beförderers. Es wird ein Beschluss der Diplomatischen Konferenz über die Revision des Athener Übereinkommens erwartet. Ferner werden in der Mitteilung Sicherheit und Zugang für Fahrgäste mit Behinderungen behandelt.

2. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe

2.1. Allgemeine Bemerkungen

2.1.1. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss erkennt die Bedeutung eines internationalen Übereinkommens im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) an. Zum Teil erfuellen die SOLAS-90-Bestimmungen die Funktion. Angesichts des Fehlens zufriedenstellender internationaler Sicherheitsbestimmungen ist ein regionales Übereinkommen für die Europäische Union, wie es die Kommission gemäß IMO-Entschließung 14 der SOLAS-Konferenz von 1995 vorschlägt, für die Gewährleistung angemessener Sicherheitsvorschriften und -normen in der Fahrgastbeförderung von und nach Häfen der Europäischen Union jedoch von zentraler Bedeutung.

2.1.2. Der Ausschuss teilt die Bedenken der Kommission und des IMO-Generalsekretärs gegenüber der zunehmenden Größe von Ro-Ro- und anderen Fahrgastschiffen. Er ist besorgt über die Extrapolation der Bestimmungen über den Schiffsbau und die daraus resultierende Betriebssicherheit solcher Schiffe. Dennoch sind die Vorschläge der Kommission ein wichtiger Schritt zu verbesserten Sicherheitsbestimmungen und -normen für den Fahrgastbetrieb auf Ro-Ro-Fähren von und nach Häfen in der Europäischen Union.

2.1.3. Trotz der Grenzen des Stockholm-Übereinkommens begrüßt der Ausschuss diese Vorschläge im Wesentlichen. Es ist enttäuschend, dass die universelle Anwendung des SA in allen Mitgliedstaaten längere Zeit in Anspruch genommen hat. Ungeachtet dieser Einschätzung, sprich der Begrenztheit des Stockholm-Übereinkommens, unterstützt der Ausschuss grundsätzlich die Vorschläge der Kommission für dessen Ausweitung auf alle Mitgliedstaaten im Interesse der Gewährleistung der Sicherheit von EU-Bürgern, die als Fahrgäste auf Ro-Ro-Fähren unterwegs sind, sowie von Seeleuten.

2.1.4. Auch wenn die Vorschläge derartige Unglücke nicht werden ausschließen können, ist aber zu hoffen, dass sie zu einer Linderung der Unglücksfolgen und einer Senkung der Zahl der Todesopfer bei den gegebenen Umständen beitragen.

2.1.5. Die Kosten einer Nachrüstung sollten tragbar bleiben und nur in den wenigsten Fällen anfallen. Sofern eine Nachrüstung notwendig ist, bietet sie die Möglichkeit für eine Erhöhung der Schiffstonnage, die stets mit der Anwendung der SOLAS-90-Normen verbunden ist und so mit einem verbesserten Sicherheitsstandard einhergeht. Die einheitliche Anwendung sorgt außerdem für einen fairen Wettbewerb zwischen den Betreibern in den Mitgliedstaaten und gewährleistet ohne Ansehen der Fahrtrouten einen verbesserten Sicherheitsstandard für alle EU-Bürger, die als Fahrgäste oder Besatzungsmitglieder unterwegs sind.

2.1.6. Der Ausschuss nimmt die Feststellung der Europäischen Kommission zur Kenntnis, dass die Wellenhöhen im Mittelmeer mit denen der Ostsee und die Wellenhöhen im Ostatlantik (der Atlantikküste Frankreichs, Spaniens und Portugals) mit denen der Nordsee und des Ärmelkanals vergleichbar sind, aber es ist nicht nur die Wellenhöhe für Lebensdauer und Überlebensfähigkeit des Schiffs ausschlaggebend, sondern auch das relative Ausmaß der Schiffsbeschädigungen und des wodurch auch immer verursachten Wassereinbruchs sowie der verbleibende Freibord. Zu diesem Ergebnis ist das gemeinsame nordwesteuropäische Forschungsprojekt zur Sicherheit von Fahrgästen und RoRo-Fahrgastschiffen in seiner Untersuchung gekommen (Joint North-West European Research Project: Safety of Passenger/Ro-Ro Vessels, Det Norske Veritas, Dok. Nr: REP-T00-001, vom 5.7.1997).

2.2. Besondere Bemerkungen

2.2.1. Bezüglich der Fristen für die Umsetzung des Stockholm-Übereinkommens in Südeuropa stimmt der Ausschuss den Vorschlägen der Kommission zu der vorgesehenen Übergangsphase zu. Diese ist etwa gleich lang wie für die nordeuropäischen Mitgliedstaaten. Bestehende Fährverbindungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Ländern Nordafrikas dürfen angesichts der Anerkennung universeller Sicherheitsstandards im Vergleich zu den potenziellen Risiken nicht als Grund für eine Verzögerung der Umsetzung herangezogen werden. Die angestrebte Frist bis 2010 ist daher voll und ganz angemessen.

2.2.2. Artikel 1 - fordert die Einführung einheitlicher Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe in Europa, mit dem die Überlebensfähigkeit dieses Schiffstyps im Falle eines Kollisionsschadens verbessert und der Sicherheitsstandard für Fahrgäste und Besatzungsmitglieder "erhöht" werden sollen. Der Ausschuss unterstützt dieses Ziel, weshalb der Wortlaut beibehalten werden sollte.

2.2.3. Artikel 2a - Die Kommission wird aufgefordert, die Begriffsbestimmung für "Ro-Ro-Fahrgastschiffe" erneut zu prüfen und strikter zu fassen, dergestalt dass sie den Anforderungen sowohl des Stockholm-Übereinkommens als auch des SOLAS-Übereinkommens genügt.

2.2.4. Artikel 5, Absatz 3. Der Vorschlag für ein neues, internetgestütztes Notifikations- und Veröffentlichungsverfahren für Seegebiete, mit dem die Integrität des Systems und seine Transparenz erhöht wird, wird begrüßt.

2.2.5. Artikel 9, Absatz 1. Im Falle der kurzfristigen Charterung eines Ro-Ro-Fahrgastschiffs für eine bestimmte Route erscheint die Pflicht, die zuständige Behörde des Aufnahmestaates drei Monate im Voraus zu informieren, recht unhandlich und schwer durchführbar. Die Frist sollte auf einen Monat verkürzt werden. In unvorhergesehenen, beispielsweise technisch bedingten Situationen sollten Ro-Ro-Fahrgastschiffe schnell ausgewechselt werden können, um so die Kontinuität des Angebots gewährleisten und die notwendigen Sozialvorschriften einhalten zu können. Wie in Artikel 4 des Stockholm-Übereinkommens sollte auch in der vorgeschlagenen Richtlinie die Möglichkeit vorgesehen werden, unter bestimmten Umständen einzelne Fahrten von den spezifischen Kriterien auszunehmen.

2.2.6. Anhang, Modellversuchsmethode, Ziffern 2.1 und 2.2.5.2 (redaktionelle Änderung). Unter Ziffer 2.1 ist von dem Übereinkommen zur Sicherheit auf See die Rede, es sollte aber zur Sicherheit von Menschenleben auf See heißen, außerdem sollte es statt SOLAS 90 SOLAS heißen (Anm. Übers.: Ziffer 2.2.7 des englischen Originals dieser Stellungnahme trifft nur teilweise auf die deutsche Fassung der Mitteilung (KOM(2002) 158) zu.).

3. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe

3.1. Stabilität - Allgemeine und besondere Bemerkungen

3.1.1. Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates.

3.1.2. Der Ausschuss nimmt die Argumente der Kommission für eine Abschaffung der gegenwärtigen Ausnahmeregelung für Griechenland positiv zur Kenntnis.

3.1.3. Die Vorschläge zu Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen (HSC) und die Verabschiedung eines neuen IMO-Codes für Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge (HSC-Code) werden zur Kenntnis genommen. Während der neue HSC-Code für neue Schiffe gilt, die am oder nach dem 1. Juli 2002 auf Kiel gelegt wurden oder sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befanden, darf die Anfälligkeit vorhandener HSC-Fahrzeuge nicht aus dem Blickfeld geraten. Das gilt insbesondere für den Fall eines Rumpfschadens an beiden Kielen bei Fehlen eines Doppelbodens.

3.1.4. Die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Bestimmungen auf vorhandene Ro-Ro-Fahrgastschiffe der Klassen A, B, C und D werden wohl gesehen, die Gefährdung der Passagiere bleibt allerdings bestehen. Auch wenn die Vorschläge annehmbar sind, sollten sie als das Minimum unter den gegebenen Umständen verstanden werden.

3.1.5. Der Ausschuss begrüßt die Vorschläge zu den besonderen Stabilitätsanforderungen für neue Ro-Ro-Fahrgastschiffe der Klassen A, B und C, die am oder nach dem 1. Oktober 2004 auf Kiel gelegt wurden oder sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befanden.

3.1.6. Der Ausschuss begrüßt die vorgeschlagene Umsetzungsfrist 1. Oktober 2010 für die besonderen Stabilitätsanforderungen an vorhandene Ro-Ro-Fahrgastschiffe der Klassen A, B, C und D, die vor dem 1. Oktober 2004 auf Kiel gelegt wurden oder die sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befinden. Dieser Ansatz zeugt von mangelnder Dringlichkeit und stellt wirtschaftliche Überlegungen über Erwägungen zur Sicherheit von EU-Bürgern und Besatzungsmitgliedern.

3.1.7. Das Schiffsalter an sich sollte kein Kriterium für die Stilllegung eines Schiffes sein, ausschlaggebend hierfür sollten die Stabilitätsanforderungen und das Vermögen des Schiffes zur Einhaltung der geforderten Sicherheitsstandards sein. Mit steigendem Schiffsalter müssen jedoch strengere Besichtigungen durchgeführt werden.

3.1.8. Bei der Zuordnung der Fahrgastschiffsklassen "C" und "D" nehmen die Spezifikationen Bezug auf eine kennzeichnende Wellenhöhe von 2,5 m bzw. 1,5 m, deren Wahrscheinlichkeit unter 10 v. H. liegt, gerechnet über einen Zeitraum von einem Jahr bei ganzjährigem Einsatz oder über einen bestimmten beschränkten Zeitraum bei Einsatz ausschließlich während dieses Zeitraums. Das Risiko höherer Wellen bleibt jedoch bestehen. Die Zuordnung der Fahrgastschiffsklasse "C" bezieht sich auf eine 2,5 m überschreitende kennzeichnende Wellenhöhe, deren Wahrscheinlichkeit unter 10 v. H. liegt, gerechnet über einen Zeitraum von einem Jahr bei ganzjährigem Einsatz oder über einen bestimmten Zeitraum bei Einsatz ausschließlich während dieses Zeitraums - hier kann die Wahrscheinlichkeit einer Wellenhöhe von mehr als 1,5 m erheblich höher liegen. Solche Schiffe dürfen 15 Seemeilen von einem Zufluchtsort und 5 Seemeilen von der Küstenlinie entfernt Fahrt machen, an denen Schiffbrüchige anlanden können. Diese Kriterien sind ohne unmittelbaren Belang für die Anfälligkeit dieser Schiffe, da ein Schiffsschaden und ein Wassereinbruch sie am Erreichen eines Zufluchtsorts hindern bzw. das rechtzeitige Hilfsmaßnahmen im Notfall verhindern würde. Die entsprechend für Fahrgastschiffe der Klasse "D" geltenden Kriterien, nach denen sich diese 6 Seemeilen von einem Zufluchtsort bzw. 3 Seemeilen von der Küstenlinie entfernen dürfen, an denen Schiffbrüchige anlanden können, untermauern die Forderung verbesserter Stabilitätsanforderungen ungeachtet der Schiffsgröße und des Einsatzgebiets. Dem Ausschuss wäre an besseren Stabilitätsanforderungen gelegen, er muss aber bedauerlicherweise feststellen, dass der Ministerrat mit der Streichung von Artikel 6a (Absatz 3) bereits zu einer Kompromisslösung übergegangen ist.

3.2. Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität - Allgemeine und besondere Bemerkungen

3.2.1. Der Ausschuss befürwortet die Vorschläge, mit denen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Sicherheit und der Zugang zu im Inlandverkehr eingesetzten Fahrgastschiffen gewährleistet werden soll, und begrüßt sie auch hinsichtlich ihrer Konzeption. In gewissem Maße wurde das Problem der Menschen mit eingeschränkter Mobilität in Bezug auf Fahrgastschiffe und Ro-Ro-Fahrgastschiffe bereits erkannt, da die Beförderer verstärkt die ältere Bevölkerung mit höherem verfügbaren Einkommen gezielt ansprechen.

3.2.2. Innerhalb der Regelungen für ein integriertes Verkehrssystem ist es nur vernünftig sicherzustellen, dass diese Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität auf Ro-Ro-Fahrgastschiffen erfassen. Notwendig ist allerdings eine sorgfältige Unterscheidung zwischen neuen und vorhandenen Schiffen. Das in Artikel 6b, Absatz 2, beschriebene Konsultationsverfahren sollte von den Mitgliedstaaten nicht nur gemeinsam mit den Organisationen, die Personen mit eingeschränkter Mobilität vertreten, sondern auch mit anderen Organisationen durchgeführt werden, die Hafenbetreiber, Schiffseigner und Arbeitnehmer repräsentieren.

4. Haftung des Beförderers für Reisende auf See - Allgemeine und besondere Bemerkungen

4.1. Der Ausschuss erkennt an, dass die Überarbeitung und Aktualisierung der Regelung über die Haftung des Beförderers für Reisende auf See ist schon lange überfällig. Die geltenden Sätze für Schadensersatzleistungen sind inflationsbedingt überholt. Das Protokoll von 1990 zum Athener Übereinkommen hob sie auf 175000 SZR (250000 EUR) an. Dies entspricht dem im Protokoll von 1996 zum Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung von Seeforderungen (LLMC) festgelegten Niveau. Indes ist bisher keines der Protokolle international in Kraft getreten.

4.2. Der Ausschuss stellt fest, dass bezüglich der Passagierhaftung der Beförderer auf See weder auf internationaler noch auf europäischer Ebene Einheitlichkeit herrscht, allerdings haben mehrere Mitgliedstaaten auf Druck der Öffentlichkeit und der Medien ihre rechtlichen Bestimmungen im Sinne einer angemessenen Entschädigungshöhe, insbesondere im Todesfall, geändert.

4.3. Der Ausschuss ist sich bewusst, dass die in London zusammengetretene Diplomatische Konferenz zur "Erörterung des Entwurfs eines Protokolls 2002 zum Athener Übereinkommen von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See" eine weltweit gültige Regelung anstrebt. Zwar stimmt er zu, dass die Festlegung eines internationalen Standards die wünschenswerteste Option wäre, es muss jedoch dafür gesorgt werden, dass in allen EU-Mitgliedstaaten einheitliche Regelungen zur befriedigenden Höhe und Art des Schadensersatzes gelten. Daher erscheint es absolut vernünftig, eine angemessene Haftungsregelung für Passagiere als integralen Bestandteil des Rechtsrahmens der Gemeinschaft für Fahrgastschiffe zu schaffen.

4.4. Vor dem Hintergrund der Verhandlungen in der IMO nimmt der Ausschuss zur Kenntnis, dass die Vorschläge der Kommission insgesamt den gleichen Grundsätze folgen, wie sie auf IMO-Ebene zur Ergänzung des Übereinkommens von Athen vorgeschlagen werden, und zwar:

- Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung für alle Risiken, die mit dem Schiffsbetrieb verbunden sind;

- Verschuldenshaftung für Risiken, die nicht unmittelbar mit dem Schiffsbetrieb verbunden sind;

- Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung;

- Einführung der Möglichkeit, Ansprüche unmittelbar beim Versicherer geltend zu machen;

- Haftungshöchstbetrag je Fahrgast unabhängig von der Größe des Schiffes.

In Anbetracht der Vorschläge auf IMO-Ebene wird die Kommission dafür Sorge tragen müssen, dass die Fährschifffahrt keine Wettbewerbsnachteile erfährt.

4.5. Der Ausschuss kann durchaus nachvollziehen, dass die Angrenzung zwischen seeschiffsbetriebsbezogenen und nicht-seeschiffsbetriebsbezogenen Schadenersatzansprüchen schwierig ist. Die Vorschläge der Kommission fordern gleichwohl, so wie dies auch der vorliegende Entwurf für ein neues Protokoll zum Übereinkommen von Athen vorsieht, bei Schadensersatzforderungen die Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien von Schadensersatzanspruch. Schäden, die auf den Betrieb des Schiffes zurückzuführen sind und bei denen die Reisenden in der Regel nur geringen Einfluss auf das Geschehen nehmen können, sollten der verschuldensunabhängigen Haftung unterliegen. Für nicht schiffsbetriebsbezogene an Bord entstehende Arten von Schäden wie etwa Körperverletzung reicht möglicherweise eine auf Fahrlässigkeit beruhende Haftungsregelung aus.

4.6. Zwar sind die meisten Fahrgastschiffe durch die Mitgliedschaft in einem der P& I-Clubs (Mutual Protection & Indemnity: Schutz und Schadloshaltung) finanziell abgesichert, trotzdem sollte hier unbedingt für eine Versicherungspflicht Sorge getragen werden, wie sie etwa in Bezug auf Ölverschmutzungen gilt.

4.7. Die Möglichkeit für den Kläger, seine Ansprüche unmittelbar beim Versicherer geltend zu machen, wird begrüßt. Wegen der besonderen Wesensmerkmale ist es oftmals schwierig, den Eigner ausfindig zu machen, bzw. einem Beförderer unter bestimmten Umständen vielleicht nicht möglich, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Das trifft besonders auf 1-Schiff-Unternehmen zu, bei denen bei Verlust des Schiffes möglicherweise alle Vermögenswerte des Unternehmens verloren gehen.

4.8. Da einige Inlandsstrecken in manchen Fällen länger und mit größeren Risiken behaftet sein können als vergleichbare internationale Strecken ist es absolut angemessen, dafür zu sorgen, dass der Geltungsbereich der Bestimmungen des Übereinkommens von Athen und seines Protokolls auf den Inlandsverkehr ebenso wie auf den Auslandsverkehr ausgeweitet wird.

4.9. Auch wenn zu hoffen ist, dass die Ergebnisse der Diplomatischen Konferenz, die das Protokoll zum Übereinkommen von Athen verabschieden soll, Fortschritte bei einem internationalen Angehen der bestehenden Schwachstellen bringen werden, könnte der allgemeine Beifall ausbleiben. Aus diesem Grund und wegen der Notwendigkeit der Gewährleistung eines angemessenen Schadensersatzes im Todesfall und bei Körperverletzung von Reisenden ist eine einschlägige Gemeinschaftsregelung, wie von der Kommission vorgeschlagen, durchaus berechtigt, um den Fahrgästen die notwendigen Garantien zu bieten.

5. Schlussfolgerungen

5.1. Der Ausschuss anerkennt die Zweckmäßigkeit eines internationalen Übereinkommens im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und begrüßt denn auch die Vorschläge zur Ausdehnung des Stockholm-Übereinkommens auf alle Mitgliedstaaten. Er wertet dies als wichtigen Schritt, sieht aber zugleich auch die Grenzen der Bestimmungen des Stockholm-Übereinkommens.

5.2. Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 98/18/EG des Rates, stellt jedoch zu seinem Bedauern fest, dass der Ministerrat mit der Streichung von Artikel 6a (Absatz 3) bereits zu einer Kompromisslösung übergegangen ist.

5.3. Mit Blick auf die in London zusammengetretene Diplomatische Konferenz der IMO zur "Erörterung des Entwurfs eines Protokolls 2002 zum Athener Übereinkommen von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See" stellt der Ausschuss fest, dass die Vorschläge der Kommission weitgehend denselben Prinzipien folgen. Er kann die Zweckmäßigkeit eines internationalen Übereinkommens durchaus nachvollziehen, sieht jedoch auch beträchtliche Nutzeffekte einer gemeinschaftsweit einheitlichen Regelung.

5.4. Der Ausschuss befürwortet die Vorschläge, mit denen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Sicherheit und der Zugang zu im Inlandverkehr eingesetzten Fahrgastschiffen gewährleistet werden soll.

Brüssel, den 11. Dezember 2002.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger Briesch

(1) Dieses Kommissionsdokument enthält auch eine Mitteilung der Kommission über die Erhöhung der Sicherheit von Fahrgastschiffen in der Gemeinschaft, die der Ausschuss wegen ihrer Bedeutung im Stellungnahmetext berücksichtigt hat.

(2) Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe (ABl. L 144 vom 15.5.1998, S. 1) - Stellungnahme WSA: ABl. C 212 vom 22.7.1996, S. 21.

(3) Richtlinie 98/41/EG des Rates vom 18. Juni 1998 über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft befindlichen Personen (ABl. L 188 vom 2.7.1998, S. 35) - Stellungnahme WSA: ABl. C 206 vom 7.7.1999, S. 111.

(4) Verordnung (EG) Nr. 179/98 der Kommission vom 23. Januar 1998 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3051/95 des Rates über Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs von Ro-Ro-Fahrgastfährschiffen (ABl. L 19 vom 24.1.1998, S. 35).

(5) Richtlinie 1999/35/EG des Rates vom 29. April 1999 über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr (ABl. L 138 vom 1.6.1999, S. 1) - Stellungnahme WSA: ABl. C 407 vom 28.12.1998, S. 106.

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