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Document 52000AE1410

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt"

ABl. C 116 vom 20.4.2001, p. 51–54 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52000AE1410

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt"

Amtsblatt Nr. C 116 vom 20/04/2001 S. 0051 - 0054


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung des Rates über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt"

(2001/C 116/11)

Die Kommission beschloss am 26. September 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 37 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 15. November 2000 an. Berichterstatter war Herr Espuny Moyano.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 377. Plenartagung (Sitzung vom 29. November) mit 110 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Mit dem zu prüfenden Kommissionsvorschlag sollen die derzeit im Binnenmarkt geltenden unterschiedlichen Absatzförderungsregelungen mittels eines einzigen sektorenübergreifenden Instruments vereinheitlicht und vereinfacht werden.

1.2. Entsprechend dem Modell für die Förderung von Agrarerzeugnissen in Drittländern ist die Kommission der Ansicht, dass das Instrument auf die allgemeine und umfassende Information und Absatzförderung abzielen muss, in deren Mittelpunkt die wesentlichen Merkmale der europäischen Erzeugnisse stehen, damit ihr Ansehen bei den Verbrauchern steigt.

1.3. So sollten nach Meinungen der Kommission die gemeinschaftlichen Absatzförderungsmaßnahmen die in den Mitgliedstaaten von den Unternehmen oder staatlichen bzw. regionalen Stellen verfolgten Maßnahmen sowie die klassischen Marketingmaßnahmen und die Werbung für Handelsmarken ergänzen.

1.4. Die Kommission schlägt eine in regelmäßigen Abständen durchzuführende Auswahl der Themen und Sektoren die für Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen in Frage kommen, nach dem Verwaltungsausschussverfahren vor.

1.4.1. Dementsprechend wird der Verwaltungsausschuss die sektorspezifischen Leitlinien und die geltenden Auswahlkriterien festlegen.

1.5. Auf entsprechende Aufforderungen der Mitgliedstaaten hin reichen die Branchen- bzw. Dachverbände ihre Programme ein. Die Programme werden von den Mitgliedstaaten an die Kommission weitergeleitet und daraufhin geprüft, ob sie den Gemeinschaftsvorschriften und der jeweiligen Leistungsbeschreibung entsprechen. Die Mitgliedstaaten sind somit für die endgültige Auswahl zuständig.

1.6. Die Kommission schlägt eine indirekte Verwaltung der Programme vor, so dass die Mitgliedstaaten für die Kontrolle der ausgewählten Maßnahmen und für die Zahlungen verantwortlich sind.

1.7. Um die einzelnen Marktteilnehmer in die Verantwortung einzubinden, soll die Finanzierung von der Gemeinschaft, den Mitgliedstaaten und den Branchen- oder Dachverbänden sichergestellt werden.

1.7.1. Es wird vorgeschlagen, dass die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft höchstens 50 % der tatsächlichen Kosten der Maßnahmen beträgt, mit Ausnahme der Bewertungsstudien der Ergebnisse der Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen, die ganz von der Gemeinschaft finanziert werden.

1.7.2. Die Mitgliedstaaten beteiligen sich in der Regel mit 20 % der tatsächlichen Kosten. Der Restbetrag wird von den beteiligten Organisationen übernommen.

1.7.3. Soweit es sich um Informationsmaßnahmen über die Gemeinschaftsregelungen für geschützte Ursprungsbezeichnungen (g. U.), geschützte geografische Angaben (g. g. A), garantiert traditionelle Spezialitäten sowie den ökologischen Landbau und die Etikettierung handelt, hält die Kommission es für sinnvoll, die Beteiligung an der Finanzierung auf die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft zu beschränken.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Der WSA begrüßt im Großen und Ganzen die Förderungsmaßnahmen, die das 1999 verabschiedete Instrument zur Absatzförderung von Agrarerzeugnissen in Drittländern ergänzen(1) und einen Beitrag zu dem Ziel leisten, sowohl in der Europäischen Union als auch weltweit ein europäisches Agrar- und Ernährungsmodell zu propagieren, das sich auf Vielfalt, Qualität und Sicherheit gründet. Er äußert jedoch Vorbehalte gegenüber den von der Kommission vorgeschlagenen Verfahren.

2.1.1. Der Ausschuss bedauert, dass dieses Ziel in dem Vorschlag nicht hinlänglich deutlich wird: die Propagierung des auf Multifunktionalität und den oben erwähnten Aspekten basierenden europäischen Agrar- und Ernährungsmodells sowie die Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in die Agrar- und Nahrungsmittelerzeugnisse sollten die vorrangigen Zielsetzungen der Absatzförderung im Binnenmarkt sein.

2.1.2. Hierzu ist es notwendig, das Ansehen der europäischen Erzeugnisse bei den Verbrauchern in der Europäischen Union aufzuwerten und diese über die Bemühungen zu informieren, die unternommen werden, um ein vielfältiges und/oder typisches Angebot zu gewährleisten, das hohen Qualitätsanforderungen genügt, sicher ist und den Tierschutzbestimmungen Rechnung trägt.

2.1.3. Der Ausschuss teilt daher die Auffassung, dass die Information über die wesentlichen Merkmale der Agrarerzeugnisse und Lebensmittel wie Qualität, Hygiene, ernährungswissenschaftliche Aspekte, Lebensmittelsicherheit, Etikettierung, Herkunftssicherung, ökologischer oder integrierter Anbau, Gemeinschaftsregelung für g. U., g. g. A., garantiert traditionelle Spezialitäten, Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (Q. b. A.), Tafelweine und Spirituosen mit geographischer Angabe gemeinschaftsweit verbessert werden muss.

2.1.4. Der Ausschuss hält es für richtig, dass der mögliche Nutzen der Absatzförderung im Binnenmarkt auch anderen Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln zugute kommt.

2.2. Will die Europäische Union einen zusätzlichen Nutzen aus der Absatzförderung von europäischen Erzeugnissen im Binnenmarkt ziehen, muss sie ihre Maßnahmen auf die Initiativen abstimmen, die die Unternehmen, Organisationen und einzelstaatlichen Behörden in den jeweiligen Mitgliedstaaten ergreifen, und diese sinnvoll ergänzen.

2.2.1. Wie im Falle der Absatzförderung in Drittländern muss auch die Absatzförderung von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln im Binnenmarkt von den Grundsätzen der Subsidiarität und der Komplementarität geleitet werden.

2.2.2. Der Ausschuss begrüßt, dass die Kommission bei der Vereinheitlichung der unterschiedlichen Absatzförderungsregelungen im Binnenmarkt einen umfassenden und kohärenten Ansatz zugrunde legt und diese Regelungen durch einen einheitlichen Rahmen für Maßnahmen, Finanzierung und Verwaltung der Förderungsmaßnahmen ersetzt.

2.3. Der Ausschuss hält eine Kofinanzierung der Absatzförderungsmaßnahmen für angemessen. Auf diese Weise werden nicht nur Mittel freigesetzt, sondern auch alle betroffenen Parteien an der Verbesserung der Wirksamkeit der Maßnahmen und der effizienten Nutzung der Finanzmittel beteiligt und in die Verantwortung genommen. Er weist jedoch nachdrücklich auf den von den Mitgliedstaaten getragenen Anteil von 20 % der Kosten hin. Allerdings sollte in bestimmten Fällen eine flexible Handhabung der Finanzierungsanteile ermöglicht werden.

2.4. Entsprechend den drei Grundsätzen der Subsidiarität, der Komplementarität und der Kofinanzierung müssen die Branchenverbände ebenso wie die einzelstaatlichen Behörden bei der Konzipierung, Auswahl, Verwaltung und Bewertung der gemeinschaftlichen Absatzförderungsmaßnahmen im Binnenmarkt aktiv und in koordinierter Weise mit der Kommission zusammenarbeiten.

2.4.1. Der Ausschuss bedauert, wie bereits im Falle der Absatzförderung in Drittländern, dass die Kommission bei der Verwaltung der Förderungsmaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt hat, welche Konsequenzen sich aus den Grundsätzen der Subsidiarität, der Komplementarität und der Kofinanzierung ergeben.

2.4.2. Er kritisiert insbesondere die außerordentliche Komplexität des vorgeschlagenen Verfahrens und die unzureichende Einbeziehung der Marktteilnehmer.

2.5. Soll mit den Absatzförderungsmaßnahmen im Binnenmarkt das ehrgeizige Ziel erreicht werden, das Ansehen der europäischen Erzeugnisse bei den Verbrauchern zu verbessern und damit in der Europäischen Union das europäische Agrar- und Ernährungsmodell zu sichern, sind ausreichende Finanzmittel bereitzustellen.

2.5.1. Da mit dieser Politik sowohl die Absatzförderung innerhalb und außerhalb der Union gesteigert als auch die Palette der dafür in Frage kommenden Erzeugnisse erweitert werden soll, stellt sich die Frage nach der Angemessenheit der Finanzmittel noch dringlicher.

2.5.2. Der Ausschuss

- bedauert, dass die von der Kommission veranschlagten Haushaltsmittel bei weitem nicht ausreichen;

- bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die voraussichtliche Erhöhung der Haushaltsmittel für die Absatzförderung in Drittländern zu Lasten der Mittel geht, die für die Absatzförderung im Binnenmarkt bestimmt sind;

- befürchtet, dass es aufgrund der knappen Mittel zu erheblichen Spannungen zwischen Sektoren und Erzeugnissen kommt.

3. Besondere Bemerkungen

3.1. Die Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen dürfen nicht auf bestimmte Handelsmarken ausgerichtet sein (Artikel 1 Absatz 2). Gleichwohl darf dies nicht bedeuten, dass a priori allgemeine Maßnahmen als Teil von umfassenderen Absatzförderungsmaßnahmen, die auf einzelstaatlicher Ebene oder im privaten Rahmen durchgeführt werden und Markenartikel umfassen, von der Gemeinschaftsförderung ausgeschlossen sind. Nur unter dieser Voraussetzung sind die Gemeinschaftsmaßnahmen effizient und ergänzen die einzelstaatlichen oder privaten Initiativen.

3.2. Zu den Maßnahmen, die im Rahmen von Artikel 2 Buchstabe a) von der Gemeinschaft gefördert werden können, gehören Öffentlichkeitsarbeit, und Absatzförderungs- bzw. Werbemaßnahmen zur Hervorhebung der Vorzüge der Gemeinschaftserzeugnisse in bezug auf den Tierschutz. Daher sollte der Tierschutz ausdrücklich in die Kriterien für die Auswahl der Sektoren bzw. Erzeugnisse aufgenommen werden, die in Artikel 3 Buchstabe a) aufgezählt werden.

3.3. Angesichts des von der Kommission vorgesehenen Kofinanzierungssystems sind die Erfahrung und die aktive Mitwirkung der privaten Organisationen an den Entscheidungen betreffend das Verzeichnis der Themen und Erzeugnisse (Artikel 4) und der Erarbeitung der Leitlinien für die Informations- und Absatzförderungsprogramme (Artikel 5) unverzichtbar. Vor diesem Hintergrund schlägt der Ausschuss vor:

3.3.1. eine obligatorische und nicht fakultative Befassung der Ständigen Gruppe "Werbung für landwirtschaftliche Erzeugnisse" und des Beratenden Ausschusses "Qualität und Gesundheit der landwirtschaftlichen Erzeugung" im Hinblick auf das alle drei Jahre zu erstellende Verzeichnis der förderfähigen Themen und Erzeugnisse (Artikel 4 Absatz 2);

3.3.2. eine obligatorische Konsultation dieser Ständigen Gruppe vor der Festlegung der Leitlinien für die Informations- und Absatzförderungsprogramme (Artikel 5 Absatz 1).

3.4. Der Ausschuss ist ferner der Ansicht, dass die in Artikel 6 Absatz 2 vorgesehene obligatorische Zusammenarbeit zwischen den Verbänden und der Durchführungsstelle eine unnötige Auflage ist, die das ohnehin schon recht komplexe Auswahlverfahren noch schwieriger macht. Die betreffenden Verbände sollten die Programme selbst durchführen können, sofern sie die entsprechende Praxiserfahrung besitzen und in angemessener Weise die ordnungsgemäße Durchführung der Programme gewährleisten.

3.5. Schließlich muss der WSA feststellen, dass die von der Gemeinschaft bereitgestellten Gelder deutlich unterhalb der gegenwärtigen Mittelausstattung liegen. Seines Erachtens reicht dieser Betrag bei weitem nicht aus, um das letztliche Ziel der Absatzförderung im Binnenmarkt zu erreichen, und dies erst recht nicht, wenn sich die Absatzförderung auf sämtliche Erzeugnisse erstrecken soll. Die dürftige Mittelausstattung könnte ein Grund dafür sein, dass die wirklichen Ziele dieser Gemeinschaftsaktion in der Begründung recht verschwommen dargelegt werden.

3.5.1. Um etwaige Kollisionen mit den Absatzförderungsmaßnahmen im Außenhandel sowie zwischen Sektoren und Erzeugnissen zu vermeiden, ruft der Ausschuss die Kommission, das Europäische Parlament und den Rat auf, die notwendige Anstrengung zu unternehmen und dieses Instrument mit einer angemessenen Mittelausstattung zu versehen.

4. Abschließende Empfehlungen

4.1. Die Erhaltung des europäischen Agrarmodells und die Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in die landwirtschaftlichen und Nahrungsmittelerzeugnisse der Gemeinschaft gehören zu den Prioritäten der Gemeinsamen Agrarpolitik im Rahmen der Agenda 2000. Vor diesem Hintergrund muss die Aufwertung des Ansehens der europäischen Erzeugnisse bei den Verbrauchern durch gemeinschaftliche Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen im Binnenmarkt als Ziel dieser Initiative deutlich werden.

4.2. Um den Effekt der Absatzförderung auf Unionsebene zu optimieren, ist es unerlässlich, dass alle Akteure - Branchen- und Dachverbände, Kommission, Mitgliedstaaten - komplementär und koordiniert zusammen arbeiten. In diesem Zusammenhang kommen der Mitwirkung und Erfahrung des Privatsektors wesentliche Bedeutung zu. Dies muss in der Konzipierung, Planung und Durchführung der Programme zum Ausdruck kommen und insbesondere dazu beitragen, den bürokratischen Aufwand gering zu halten.

4.3. Die für die Absatzförderung im Binnenmarkt bereitgestellten Gelder müssen den ehrgeizigen Zielvorgaben gerecht werden können. Unzureichende Finanzmittel beschneiden nicht nur die Wirksamkeit dieses Instruments, sondern werden auch zu unnötigen Spannungen zwischen Sektoren und förderfähigen Erzeugnissen führen.

Brüssel, den 29. November 2000.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) ABl. C 169 vom 16.6.1999.

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