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Document 52000AE1408

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen"

    ABl. C 116 vom 20.4.2001, p. 43–48 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52000AE1408

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen"

    Amtsblatt Nr. C 116 vom 20/04/2001 S. 0043 - 0048


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen"

    (2001/C 116/09)

    Der Rat beschloss am 25. Juli 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 175 EG-Vertrag um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 15. November 2000 an. Berichterstatter war Herr Braghin.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 377. Plenartagung am 29. November 2000 mit 107 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Dieser Richtlinienvorschlag beschränkt sich nicht auf eine bloße Änderung der Richtlinie 90/313/EWG, sondern will diese im Interesse größerer Transparenz ersetzen und verfolgt drei Ziele:

    - die bei der Anwendung der Richtlinie 90/313/EWG festgestellten Mängel sollen behoben werden;

    - der Ratifizierung des am 25. Juni 1998 unterzeichneten Übereinkommens der UN-Wirtschaftskommission für Europa (auch als Übereinkommen von Århus bezeichnet) durch die Europäische Gemeinschaft soll der Weg geebnet werden;

    - die Richtlinie 90/313/EWG soll an Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologien angepasst werden.

    1.2. Nach Artikel 2 EG-Vertrag gehört es zu den Aufgaben der Gemeinschaft, ein hohes Maß an Umweltschutz und die Verbesserung der Umweltqualität zu fördern. Diese Politik soll zur Verwirklichung folgender Ziele beitragen:

    - Erhalt und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität;

    - Schutz der menschlichen Gesundheit;

    - umsichtige und rationelle Nutzung natürlicher Ressourcen;

    - Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme.

    1.3. Die Gewährung allgemeinen Zugangs zu Umweltinformationen, über die die Behörden verfügen, ist für das Erreichen dieser Ziele von wesentlicher Bedeutung: Durch die Steigerung des Umweltbewusstseins der Allgemeinheit kann überwacht werden, wie Behörden ihre Aufgaben im Umweltbereich wahrnehmen.

    1.4. Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene sind auch aufgrund der grenzüberschreitenden Dimension von Umweltproblemen notwendig. Ferner sind Gemeinschaftsmaßnahmen erforderlich, um zu gewährleisten, dass die Grundsätze und Bedingungen des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen in der ganzen Gemeinschaft gleich angewandt werden, und um den internationalen Verpflichtungen nachzukommen, die die Gemeinschaft mit der Unterzeichnung des Übereinkommens von Århus eingegangen ist, das erst ratifiziert werden kann, wenn die EG-Vorschriften an dieses Übereinkommen angepasst sind.

    1.5. Durch die geplante Neufassung sollen Mindestanforderungen innerhalb der ganzen Gemeinschaft betreffend die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen und deren systematische Zurverfügungstellung für die Allgemeinheit festgelegt werden, wobei es der Vorschlag den Mitgliedstaaten überlässt, die praktischen Vorkehrungen zu treffen, nach denen Informationen über die Umwelt wirksam zugänglich gemacht werden.

    1.6. Ferner verpflichtet der Vorschlag die Mitgliedstaaten, Umweltinformationen der Allgemeinheit systematisch insbesondere unter Verwendung verfügbarer Computer-Telekommunikationstechnik und/oder elektronischer Technologien zur Verfügung zu stellen und zu verbreiten.

    1.7. Die Erfahrung zeigt, dass ein aktiveres Konzept der Informationsverbreitung mehr Anfragen nach sich zieht und daher zu einer Kostensteigerung bei den nationalen Behörden geführt hat. Allerdings geht aus den nationalen Berichten über die Umsetzung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Anpassung an die Richtlinie 90/313/EWG hervor, dass diese Umsetzung keine großen Finanzprobleme verursacht hat. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Verabschiedung des derzeitigen Vorschlags keine erheblichen finanziellen Auswirkungen haben wird, da einerseits ein Großteil der fraglichen Umweltinformationen schon in den geltenden Vorschriften vorgesehen ist und sich andererseits alle Mitgliedstaaten als Unterzeichner des Übereinkommens von Arhus verpflichtet haben, die Umweltinformationen in weiteren Bereichen als in der Richtlinie 90/313/EWG vorgesehen verfügbar und zugänglich zu machen.

    1.8. Nach dem Vorschlag werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, stärker moderne Informatikmittel einzusetzen, um die Informationen in der Öffentlichkeit zu verbreiten; dies verursacht einerseits sicherlich zunächst höhere Ausgaben, führt aber andererseits wahrscheinlich zu einer nachfolgenden Senkung der Kosten für die Bearbeitung von Informationsgesuchen. Im übrigen ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten ohnehin vermehrt moderne Informatiktechnologie einsetzen, die ohne besondere Belastungen für die Veröffentlichung und Verbreitung der Umweltinformationen verwendet werden kann.

    1.9. Der Anwendungsbereich der Richtlinie wird auf einige Einrichtungen ausgeweitet, die nicht dem öffentlichen Sektor angehören und Umweltdienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen. Da die meisten von ihnen früher dem öffentlichen Sektor angehörten (und somit den Verpflichtungen aus der Richtlinie 90/313/EWG unterlagen) oder Nachfolger von Behörden oder Einrichtungen sind, die solchen Verpflichtungen unterlagen, dürfte der Vorschlag für diese Einrichtungen nicht zu erheblichen Kostensteigerungen führen.

    2. Allgemeine Bemerkungen

    2.1. Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Kommission, dem Übereinkommen von Århus beizutreten, und befürwortet den Kommissionsvorschlag vorbehaltlich der nachstehenden Bemerkungen. Er hofft, dass die Kommission schnellstmöglich eine Ergänzung und/oder Änderung der Richtlinien vornehmen wird, in denen bereits einige Arten von Umweltinformationen definiert werden.

    2.2. Das Ziel des Vorschlags, ein Recht auf Zugang zu Umweltinformation zu gewährleisten, über die öffentliche Behörden oder in deren Auftrag andere Stellen verfügen, und Modalitäten und Grundvoraussetzungen für diesen Zugang festzulegen, ist ein wichtiger Fortschritt, der vom Wirtschafts- und Sozialausschuss uneingeschränkt begrüßt wird, da ein wirkliches Recht und nicht allein (wie in der Richtlinie 90/313/EWG) die Freiheit des Zugangs zur Information bekräftigt wird; dabei ist sicherzustellen, dass Umweltinformationen der Allgemeinheit systematisch, auch unter Verwendung von Computer-Telekommunikationstechnik und/oder elektronischer Technologien, zur Verfügung gestellt und verbreitet werden.

    2.3. Der Begriff "Umweltinformationen" wird so weit gefasst, dass er Folgendes beinhaltet:

    - den Zustand der Umweltmedien, zu denen auch die Landschaft und die natürlichen Lebensräume, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile sowie genetisch veränderte Organismen gerechnet werden;

    - Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall, die Auswirkungen auf diese Umweltmedien und/oder die menschliche Gesundheit und Sicherheit haben können;

    - Emissionen, Ableitungen und sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt;

    - Maßnahmen (einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen), die Auswirkungen auf die aufgeführten Umweltmedien haben können oder auf deren Schutz abzielen;

    - Kosten/Nutzen-Analysen und sonstige ökonomische Analysen, die im Rahmen von Maßnahmen und Tätigkeiten angestellt werden, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können;

    - den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit und der menschlichen Lebensbedingungen. (Der Schutz der menschlichen Gesundheit ist laut Artikel 174 EGV eines der umweltpolitischen Ziele der Gemeinschaft).

    2.3.1. Durch diese Erweiterung der Garantien und Definitionen wird das Umweltinformationssystem für die Öffentlichkeit auf wirksame Weise ergänzt, das schon durch die Verordnung zur Einsetzung der Europäischen Umweltagentur und in zahlreichen, im Folgenden angeführten Gemeinschaftsvorschriften vorgesehen ist:

    - die Richtlinie 97/11/EG (welche die Richtlinie 85/337/EWG ersetzt) schreibt vor, dass die zuständigen Behörden bei Verabschiedung eines Beschlusses über Projekte mit erheblicher Umwelteinwirkung die Bürger nach geeigneten Verfahren informieren müssen;

    - die Richtlinie 88/610/EWG (zur Änderung der Richtlinie 82/501/EWG, sog. Seveso-I-Richtlinie) für Aktivitäten mit erheblichen Unfallrisiken sieht genaue Inhalte der Informationen, die der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden müssen, vor;

    - die Richtlinie 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (sog. Seveso-II-Richtlinie) bekräftigt die obengenannten Verpflichtungen;

    - die Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 über das europäische Umweltmanagement- und Umweltbetriebsprüfungs-System sieht eine "Umwelterklärung" vor, die eine Reihe von Informationen einschließlich eines Kompendiums quantitativer Daten über die Schadstoffemissionen enthält;

    - die Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung verpflichtet die Mitgliedstaaten, vor der Beschlussfassung die Anträge auf Genehmigung neuer Anlagen und ihrer Veränderungen sowie die gewährte Genehmigung und die Ergebnisse der Emissionskontrollen zugänglich zu machen.

    2.3.2. Der Ausschuss schließt sich dem Vorschlag der Ausdehnung der Definition des Begriffs "Umweltinformationen" an, insbesondere dem Hinweis auf den "Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit", dem er in zahlreichen früheren Stellungnahmen stetige Aufmerksamkeit gewidmet hat, sowie dem ausdrücklichen Hinweis auf genveränderte Organismen und auf Strahlungen.

    2.4. Nach Artikel 6 der Richtlinie 90/313/EWG werden auch Stellen erfasst, die "öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege" wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind. Diese Bestimmung war häufig umstritten. Stattdessen wird nun die weiter gefasste Formulierung "Aufgabe, Funktionen oder Dienste, die direkt oder auch indirekt die Umwelt betreffen" verwendet, sodass auch Dienste erfasst sind, die heute von Einrichtungen des privaten Sektors, traditionell jedoch durch den öffentlichen Sektor geleistet wurden.

    2.4.1. Der Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich auch auf juristische Personen, die gesetzlich oder aufgrund von Vereinbarungen mit anderen Behörden mit dem Erbringen von Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können, betraut sind. So werden widersprüchliche Auslegungen im Zusammenhang mit der obigen Aussage überwunden, und es wird vermieden, dass die Privatisierungen im Dienstleistungssektor zu einer Verringerung von Umweltinformationen für die Öffentlichkeit führen.

    2.4.2. Nach Ansicht des Ausschusses ist die gewählte Definition klar genug, obgleich sie Gegenstand lebhafter Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten ist; er fordert dazu auf, den Begriff "juristische Personen, die [...] betraut sind" [Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c)] so weit wie möglich auszulegen, und hält diese Begriffsausdehnung gegenüber der Richtlinie 90/313/EWG für zweckmäßig, obwohl er sich bewusst ist, dass dadurch praktische Durchführungsschwierigkeiten entstehen und Änderungen der Interaktionsmodalitäten zwischen den Behörden und den Verantwortlichen von Dienststellen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die Einfluss auf die Umwelt haben (können), erforderlich werden.

    2.5. Mit dem neuen Richtlinienvorschlag werden einige restriktive Auslegungen des Rechts auf Zugang zur Information überwunden, indem klar festgelegt wird, dass jeder Antragsteller, ob natürliche oder juristische Person, sein Interesse nicht "beweisen", sondern lediglich zum Ausdruck bringen muss.

    2.6. Umweltinformationen sollten Antragstellern so rasch wie möglich, in jedem Fall jedoch innerhalb einer angemessenen Frist (bisher zwei, nun maximal ein Monat) zugänglich gemacht werden. Ein Zwischenbescheid ist nicht ausreichend, daher sieht der Vorschlag für Behörden die Verpflichtung vor, Informationen in den gewünschten Formen oder Formaten, auch als Kopien, bereitzustellen. Diese Verpflichtung erwächst, sofern die Information nicht bereits in einer bzw. einem anderen, den Antragstellern leicht zugänglichen Form oder Format öffentlich verfügbar oder die Bereitstellung in einer anderen Form bzw. einem anderen Format zweckmäßig ist.

    2.6.1. Der Ausschuss teilt generell die Ansicht, dass die Beantwortungsfristen verkürzt werden sollten; dies darf jedoch nicht auf Kosten der Vollständigkeit und Angemessenheit der Informationen gehen; erforderlich sind hierzu nach Ansicht des Ausschusses eine Detailliertheit, die den Erfordernissen der Öffentlichkeit und/oder des Antragstellers entspricht, die Gewährleistung des Schutzes der Privatsphäre bzw. der Vertraulichkeit kommerzieller oder gewerblicher Informationen, sowie eine aktive und rechtzeitige Zurverfügungstellung der Informationen, um den Entscheidungsprozess zu fördern und die Gefahr einer Instrumentalisierung zu vermeiden.

    2.7. Die Mitgliedstaaten treffen die praktischen Vorkehrungen, nach denen Umweltinformationen wirksam zugänglich gemacht werden. Diese praktischen Vorkehrungen können Folgendes umfassen:

    - Benennung von Auskunftsbeamten;

    - Einrichtung und Unterhaltung von Räumlichkeiten zur Einsichtnahme in die gewünschten Informationen;

    - öffentlich zugängliche Listen von Behörden sowie Verzeichnisse oder Listen betreffend Umweltinformationen im Besitz von Behörden und Informationsstellen.

    Der Ausschuss regt an, in jedem Mitgliedstaat eine Art "Informationsgewährleistungsbehörde" einzusetzen, die der Regierung gegenüber für die korrekte Anwendung dieser Richtlinie verantwortlich ist.

    2.8. Behörden können den Zugang zu Umweltinformationen nur in spezifischen und klar definierten Fällen verweigern, d. h. bei bestimmten Informationsarten und zum Schutz gewisser berechtigter Interessen. Diese Ausnahmen müssen sehr eng gefasst werden, damit der allgemeine Grundsatz der Zugänglichkeit von Informationen nicht untergraben wird: Behörden, bei denen Anträge auf Umweltinformationen eingehen, über die sie selbst nicht verfügen, sind verpflichtet, diese Anträge so rasch wie möglich an die Behörde weiterzuleiten, die wahrscheinlich über die gewünschten Informationen verfügt; unter die offensichtlich missbräuchlichen Anträge fallen auch Handlungen, die in den einzelstaatlichen Rechtssystemen mit den Begriffen Schikane oder Rechtsmissbrauch belegt sind. Ferner könnte in bestimmten Fällen die Bereitstellung beantragter Informationen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen oder den normalen Ablauf der Behördentätigkeit erheblich behindern oder beeinträchtigen.

    2.9. Wenn der Schutz personenbezogener Daten verletzt werden könnte, muss die Behörde die nach Artikel 28 der Richtlinie 95/46/EG eingerichtete Kontrollstelle für den Datenschutz über die Behandlung personenbezogener Daten informieren. In Bezug auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen wird untersagt, vorzusehen, dass ein Antrag unter Berufung hierauf abgelehnt wird, falls dieser Informationen über gemeinschaftsrechtlich geregelte Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt betrifft. Ferner muss der Urheberschutz gewährleistet sein; das bedeutet in der Regel, dass der Antragsteller die Informationen nicht ohne vorherige Genehmigung des Urheberrechtsinhabers vervielfältigen oder in anderer Weise wirtschaftlich nutzen darf.

    2.9.1. Der angemessene Schutz der legitimen privaten und öffentlichen Interessen ist ein Grundprinzip, dem der Ausschuss große Bedeutung beimisst: Angesichts der Ausweitung des Anwendungsbereichs, der Notwendigkeit vollständiger und angemessener Antworten und zur Vermeidung übereilter Informationsverweigerungen oder der Verletzung legitimer Rechte hält es der Ausschuss für realistisch und umsichtig, die Möglichkeit einer gerechtfertigten und begründeten Verlängerung der Beantwortungsfrist um höchstens 30 Tage vorzusehen.

    2.10. Die Ablehnung eines Antrages auf Informationszugang muss von der Behörde begründet werden, um zu vermeiden, dass das Ausbleiben einer Antwort als abschlägiger Bescheid zu werten ist. Dem Antragsteller müssen Hinweise auf die in diesen Fällen vorgesehenen Verfahren zur Anfechtung der Entscheidung gegeben werden. Der Ausschuss pflichtet der Kommission bei, dass das Ausbleiben einer Antwort der Behörden keinesfalls als abschlägiger Bescheid zu werten sei, und fordert die Kommission auf, darüber zu wachen, dass eine solche Praxis in keiner einzelstaatlichen Vorschrift gerechtfertigt wird.

    2.11. Die Mitgliedstaaten können für die Übermittlung der Informationen eine Gebühr erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf. In diesem Zusammenhang sollte eine Gebührenordnung veröffentlicht und Antragstellern zugänglich gemacht werden. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass diese Gebühr nicht so hoch angesetzt werden darf, dass von dem Informationsgesuch abgesehen wird, und im wesentlichen der Gebühr für vergleichbare öffentliche Dienstleistungen entsprechen muss. Gebührenunterschiede können durch die Art der beantragten Leistung gerechtfertigt sein, wobei jedoch nicht die gesamten direkten und indirekten Kosten für die Einholung und Zurverfügungstellung der Information angelastet werden dürfen (Urteil des EuGH, Kommission gegen Deutschland, Rechtssache C-217/97).

    2.12. Um den internationalen Verpflichtungen nachzukommen, die die Gemeinschaft mit der Unterzeichnung des Übereinkommens von Århus eingegangen ist, sieht Artikel 6 des Vorschlags die Möglichkeit vor, vor einem Gericht oder einer anderen auf rechtlicher Grundlage bestehenden Stelle ein Verfahren zu führen, mit dem die Handlungen oder Unterlassungen der betreffenden Behörden angefochten werden können. Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass dem Antragsteller neben der Anfechtungsmöglichkeit auf dem Rechtsweg ein Verfahren offen steht, in dessen Rahmen die Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde von dieser selbst geprüft oder von einer anderen auf rechtlicher Grundlage bestehenden Stelle auf dem Verwaltungsweg überprüft werden. Dieses Verfahren muss zügig verlaufen und darf keine oder nur geringe Kosten verursachen.

    2.12.1. Der Ausschuss schließt sich dem Ziel dieser Änderung an; um jedoch zu vermeiden, dass allein aufgrund der objektiven Schwierigkeit, die beantragte Information innerhalb der vorgesehenen Fristen zu beschaffen und vorzulegen, ein Rechtsbehelf gegen die zuständige Behörde eingelegt wird, was zu einer für beide Seiten nutzlosen Radikalisierung des Verfahrens führen würde, regt der Ausschuss an, eine Nachfrist von weiteren 30 Tagen zu gewähren, wenn dies erforderlich ist, um eine korrekte und angemessene Beantwortung zu ermöglichen.

    2.13. Ein erheblicher Fortschritt wurde mit der Bestimmung über die "aktive Mitteilung von Informationen" erzielt, auf die bisher nur kurz hingewiesen wurde: Um gemeinschaftsweit die gleichmäßige Information der Öffentlichkeit sicherzustellen, enthält der Vorschlag eine nicht abschließende Liste der Arten von Umweltinformationen, die als Minimum systematisch in der gesamten Gemeinschaft bereitgestellt und verbreitet werden sollten. Zu diesem Zweck sollte bestehende Computer-Telekommunikationstechnik und/oder elektronische Technologie genutzt werden.

    2.14. Nach den Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie sind in regelmäßigen Abständen von nicht mehr als vier Jahren nationale, regionale bzw. lokale Umweltzustandsberichte zu veröffentlichen. Diese Berichte müssen Informationen über die Umweltqualität sowie über Umweltbelastungen enthalten.

    2.15. Der Richtlinienvorschlag sieht (ähnliche wie bereits die Richtlinie 90/313/EWG) eine Bewertung und Überprüfung im Lichte der in den fünf (früher vier) Jahren nach dem Schlusstermin für die Umsetzung bei der praktischen Anwendung der Richtlinie gesammelten Erfahrungen vor und enthielt deshalb die Bestimmung, dass die Mitgliedstaaten der Kommission über die Anwendung der Richtlinie Bericht zu erstatten haben. Durch den Vorschlag werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Richtlinie bis zu einem noch festzulegenden Datum nachzukommen. Das Fehlen eines genauen und baldigen Termins erscheint ungerechtfertigt.

    3. Besondere Bemerkungen

    Zu Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b)

    3.1. Die der Behörde eingeräumte Möglichkeit, eine Antwort innerhalb von zwei Monaten zu erteilen, wenn gemäß dem Übereinkommen von Århus die Information umfangreich und komplex ist, sollte nach Ansicht des Ausschusses insbesondere für folgende Fälle gegeben sein:

    - wenn die Behörde nicht unmittelbar über die Information verfügt und andere natürliche oder juristische Personen hinzuziehen muss;

    - wenn nur schwer bewertet werden kann, ob ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit der Daten vorliegt;

    - wenn andere Behörden wie z. B. Justiz, Militär oder internationale Organisationen einbezogen werden müssen.

    Zu Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d)

    3.2. Die Bezugnahme auf den Schutz berechtigter wirtschaftlicher Interessen "von Rechts wegen" könnte aufgrund der Besonderheiten der verschiedenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen, die sich bisweilen in der Übernahme der EG-Richtlinien widerspiegeln, zu Missverständnissen führen. Zur Vermeidung einer restriktiven Auslegung wäre es zweckmäßig, die Formulierung wie folgt zu vereinfachen: "sofern diese zur Wahrung berechtigter wirtschaftlicher Interessen geschützt sind". Mit dem zweiten Satz dieses Unterabsatzes erklärt sich der Ausschuss einverstanden, er präzisiert jedoch, dass die zur Berechnung dieser Emissionen verwendeten Daten als solche nicht als Informationen über Emissionen zu betrachten sind.

    Zu Artikel 5

    3.3. Dieser Artikel betrifft die Gebühren für die Bereitstellung von Umweltinformationen; in den Sprachfassungen, in denen von einer Steuer die Rede ist, sollte dieser Begriff ersetzt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

    Zu Artikel 7 Absatz 3

    3.4. Der Ausschuss schließt sich uneingeschränkt dem Ziel an, "im Falle einer unmittelbaren Bedrohung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt [...] sämtliche [...] vorliegenden Informationen unverzüglich zu verbreiten". Um zu vermeiden, dass Maßnahmen getroffen und Informationen geliefert werden, die eine unzweckmäßige und ungerechtfertigte Panik verursachen oder willkürliche Maßnahmen auslösen könnten, regt der Ausschuss an, in die Kommissionsmitteilung einen Verweis auf die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips(1) aufzunehmen und dabei insbesondere auf die in der einschlägigen Stellungnahme des Ausschusses(2) enthaltene Aussage zu verweisen, dass jeder Maßnahme eine objektive Gefahrenbewertung vorausgehen und möglichst in jeder Phase der Grad der wissenschaftlichen Ungewissheit angegeben werden sollte.

    Brüssel, den 29. November 2000.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) KOM(2000) 1 vom 2.2.2000.

    (2) Ziffer 6 der Stellungnahme des WSA zum Thema "Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips", veröffentlicht in ABl. C 268 vom 19.9.2000, S. 9.

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