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Document 52000AC0999

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt»

ABl. C 367 vom 20.12.2000, p. 5–10 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52000AC0999

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt»

Amtsblatt Nr. C 367 vom 20/12/2000 S. 0005 - 0010


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt"

(2000/C 367/02)

Der Rat beschloss am 26. Juni 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 EG-Vertrag um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 8. September 2000 an. Berichterstatterin war Frau Sirkeinen.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 375. Plenartagung (Sitzung vom 20. September 2000) mit 105 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss verfolgt mit großer Sorge die Entwicklung in der EU und den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfuellung der Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls zur Bekämpfung der weltweiten Klimaveränderung. Da Energieerzeugung und -verbrauch die größte Quelle von Kohlendioxidemissionen in der EU sind und die verstärkte Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen eine der Möglichkeiten ist, diese Emissionen zu verringern, begrüßt der Ausschuss, dass die Kommission nun doch eine der Schlüsselmaßnahmen auf diesem Gebiet getroffen und ihren Richtlinienentwurf zu den erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt vorgelegt hat.

1.2. In dem Weißbuch "Energie für die Zukunft: erneuerbare Energieträger"(1) wurde als Richtwert eine Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energiequellen am Bruttoinlandsenergieverbrauch von 6 % auf 12 % bis zum Jahr 2010 vorgegeben. Dieser Anteil wurde später in einen spezifischen Anteil für den Verbrauch von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, den Anteil von EE-Strom, von 22,1 % umgerechnet. Das Weißbuch enthielt zudem einen umfassenden Aktionsplan, der neben vielen weiteren Maßnahmen eine Richtlinie zum EE-Strom im Elektrizitätsbinnenmarkt vorsah. In seiner diesbezüglichen Stellungnahme unterstützte der Ausschuss allgemein den Tenor und die Ziele des Weißbuchs, wenngleich er das Ziel von 12 % als sehr ehrgeizig bezeichnete und die Notwendigkeit substantieller Maßnahmen zur Erreichung des Ziels unterstrich.

1.3. Der Europäische Rat von März 2000 in Lissabon hat beschlossen, die Entwicklung des mit der 1996er Richtlinie errichteten Elektrizitätsbinnenmarktes zu beschleunigen. Ein gut funktionierender Binnenmarkt trägt u. a. zur Erhöhung des Anteils von EE-Strom bei, zugleich verbessert er die Effizienz des Ressourceneinsatzes(2); er bewirkt Größeneinsparungen und bietet ein besseres Umfeld für FuE und Innovation. Der Elektrizitätsbinnenmarkt kann nur gut funktionieren, wenn für alle Akteure in den einzelnen Mitgliedstaaten gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten, d. h. dass der Wettbewerb und der innergemeinschaftliche Handel nicht durch einzelstaatliche Maßnahmen wie Beschränkungen, Förderregelungen usw. verzerrt werden darf.

1.4. Mehrere Mitgliedstaaten haben Regelungen getroffen, durch die der Anteil von EE-Strom an ihrem nationalen Stromverbrauch erhöht werden soll. Die finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand ist häufig entscheidend. Sie lässt sich rechtfertigen mit der Notwendigkeit, die öffentliche Förderung für die traditionellen Energiequellen auszugleichen, die teils direkt in Form von Zuschüssen, in jedem Falle aber dadurch gewährt werden, dass nicht alle externen Kosten in die Preise internalisiert werden.

1.5. Kurz gesagt muss folgendes Problem ausgewogen gelöst werden: Wie kann die Erzeugung von EE-Strom forciert und sein Marktanteil erhöht und gleichzeitig ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes gewährleistet werden, ohne die Kostenlast für den Staat und die Verbraucher über Gebühr zu erhöhen?

2. Der Kommissionsvorschlag

2.1. Grundlegendes Ziel des Richtlinienentwurfs ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die mittelfristig zu einer erheblichen Steigerung der Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern ("EE-Strom") in der EU beitragen. Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen genießt aus Gründen der Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung, des Umweltschutzes und der sozialen und wirtschaftlichen Kohäsion für die Gemeinschaft hohe Priorität.

2.2. Um die Zielsetzungen der Richtlinie zu erreichen, müssen die Mitgliedstaaten deshalb auf nationaler Ebene Ziele für den künftigen inländischen EE-Stromverbrauch festlegen und dafür sorgen, dass diese eingehalten werden. Diese Ziele müssen sowohl mit dem Weißbuch über erneuerbare Energieträger als auch mit den aus der Klimakonferenz von Kyoto erwachsenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen vereinbar sein. Anhang I des Richtlinienentwurfs enthält Richtwerte für die EE-Ziele der Mitgliedstaaten.

2.3. Die Kommission ist nach dem Richtlinienentwurf verpflichtet, die Anwendung von Regelungen der Mitgliedstaaten zur Förderung der Erzeuger von Strom aus erneuerbaren und konventionellen Energiequellen zu beobachten und spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einen Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung und dem Bestehen unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten vorzulegen.

2.4. Außerdem sind in dem Richtlinienentwurf eine Reihe von Begleitmaßnahmen vorgesehen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und die Verbreitung von EE-Strom im Elektrizitätsbinnenmarkt erleichtern sollen und die insbesondere Verwaltungsverfahren und den Netzanschluss betreffen.

2.5. Dem Richtlinienvorschlag zufolge sollen die Mitgliedstaaten durch entsprechende Maßnahmen dafür sorgen, dass der Verbrauch von EE-Strom im Einklang mit den oben genannten energie- und umweltpolitischen Zielen ansteigt. Die Mitgliedstaaten werden daher zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:

- jährliche Festlegung und Erfuellung von Zielen für den künftigen Inlandsverbrauch von EE-Strom in Form eines kWh-Wertes oder des Anteils am Elektrizitätsverbrauch während der nächsten zehn Jahre. Diese Ziele müssen mit den Zielen des Weißbuchs über erneuerbare Energieträger vereinbar sein;

- jährliche Veröffentlichung der Ziele auf nationaler Ebene sowie der zur Erfuellung dieser Vorgaben ergriffenen und zu ergreifenden Maßnahmen.

2.6. Aus diesem Grund enthält der Richtlinienentwurf eine Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass Betreiber der Übertragungs- und Verteilungsnetze auf ihrem Hoheitsgebiet der Übertragung und Verteilung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen vorrangigen Zugang gewähren.

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Rechtsgrundlage für den Richtlinienentwurf ist Artikel 95 des EG-Vertrags, der den Binnenmarkt zum Gegenstand hat. Der Ausschuss ist damit einverstanden, denn mit der Richtlinie sollen Möglichkeiten einer Erhöhung des Anteils von EE-Strom in einem gut funktionierenden Elektrizitätsbinnenmarkt geschaffen werden. Der Ausschuss ist jedoch der Auffassung, dass Artikel 95 nicht ausreicht, um den Mitgliedstaaten verbindliche Ziele vorzuschreiben.

3.2. EE-Strom hat eine erhebliche Rolle beim Klimaschutz zu spielen. Diese Rolle ist jedoch vergleichsweise gering angesichts der insgesamt zur Erreichung der Zeile von Kyoto zu erbringenden Anstrengungen. Die Nutzung erneuerbarer Energieträger hat für die Gemeinschaft hohe Priorität, und zwar u. a. aus Gründen der Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung sowie des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. Zudem kommt EE-Strom auch bei der Wärmeerzeugung und der Kraft-Wärme-Kopplung zum Einsatz, die unter bestimmten Umständen wirtschaftlich effizienter und nachhaltiger sein kann. Um für die vorgeschlagenen Maßnahmen realistische Rahmenbedingungen zu schaffen, sollte die Kommission eine umfassende, sehr langfristig angelegte Perspektive für die Energiebranche entwickeln.

3.3. Es sollte nicht vergessen werden, dass der vorliegende Richtlinienentwurf nur eine der EU-Maßnahmen zur Steigerung des Anteils von EE-Strom ist, die die Stellung des EE-Stroms im Elektrizitätsbinnenmarkt betrifft. Gemäß der Aufzählung im Weißbuch laufen zahlreiche weitere Aktionen bzw. sind in Vorbereitung.

3.4. Die Kommission sollte die Tatsache berücksichtigen, dass die Sensibilisierung der Verbraucher (Industrie, Unternehmen und Bürger) für die Nutzung alternativer Energiequellen auch ein Mittel zur Förderung der Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen ist. Eine natürliche Nachfrage nach Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen sollte sogar eines der primären Ziele sein, das zu einer gesunden Marktsituation betragen kann.

4. Ziele für den Verbrauch von Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern

4.1. Der Ausschuss unterstreicht erneut die Notwendigkeit energischer Maßnahmen, um das Potential von EE-Strom optimal zu nutzen. Die Mitgliedstaaten haben derzeit unterschiedliche Anteile EE-Strom in ihrem Energiemix, und die Nutzung der einzelnen Formen von EE-Strom variiert erheblich aufgrund der unterschiedlichen geografischen, klimatischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Das gleiche vielgestaltige Bild gilt für das Potential zur verstärkten Nutzung von EE-Strom.

4.2. Jeder Mitgliedstaat hat sich selbst auf nationale Ziele im Rahmen der Aufteilung der Lasten verpflichtet, die die EU zur Erfuellung des Kyoto-Protokolls zu tragen hat. Es ist Sache der Regierungen, die Programme zur Erfuellung ihrer eigenen Ziele aufgrund der Konferenz von Kyoto aufzustellen und zu verwirklichen. Die Rolle der einzelnen Branchen der Wirtschaft, die Maßnahmen in den jeweiligen Branchen und die zum Einsatz kommenden Instrumente werden je nach Mitgliedstaat unterschiedlich sein. Bindende Ziele für einzelne Branchen auf EU-Ebene und deren Umsetzung in nationale Zielvorgaben lassen sich in einen solchen Ansatz schwerlich integrieren. Man könnte sogar anführen, sie stuenden in klarem Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip in Bezug auf die Erfuellung der Ziele im Zuge der Teilung der Lasten aus dem Kyoto-Protokoll sowie zu dem Recht der Mitgliedstaaten, über ihren Energiemix selbst zu entscheiden.

4.3. Es ist durchaus denkbar, dass ein Mitgliedstaat seine Ziele aus dem Kyoto-Protokoll erfuellt, jedoch nicht die von der Richtlinie vorgegebenen Werte für den Anteil von EE-Strom erreicht. Vor diesem Hintergrund ist der Ausschuss der Ansicht, dass die Kommission deutlicher angeben sollte, welche Wechselwirkungen zwischen den allgemeinen Zielen des Kyoto-Protokolls einerseits und den sektorspezifischen Zielen für den EE-Strom andererseits bestehen. Werden zwei parallele Reihen mit Zielwerten aufgeführt, so können die von den Mitgliedstaaten zu erreichenden Ziele weniger klar erscheinen.

4.4. Die Kommission verweist auf die Nutzung hochkomplexer Modelle als Grundlage für die Festsetzung von Zielrichtwerten für die einzelnen Mitgliedstaaten. Unklar ist jedoch bisher, welche mitgliedstaatsspezifischen Basiskriterien verwendet wurden, wenn man u. a. die Zahlenwerte für einige Mitgliedstaaten näher betrachtet. Folglich lässt sich die "Gerechtigkeit" der Lastenteilung als solche nur schwer beurteilen.

4.5. Die Kommission schlägt unmittelbar keine verbindlichen Einzelziele für den Anteil des EE-Stroms in den Mitgliedstaaten vor, aber im Ergebnis scheint das vorgeschlagene Konzept darauf abzuzielen. Der Ausschuss erachtet es für notwendig, den Vorschlag in diesem Punkt zu überdenken. Zudem ist der rechtliche Wert der "Zielrichtwerte" nicht klar erkennbar; er sollte geklärt werden, einschließlich der Frage möglicher Sanktionen bei Nichterfuellung.

4.6. Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag, dass die Mitgliedstaaten ihre Vorgaben und Maßnahmen veröffentlichen sowie über die Fortschritte berichten sollen und die Kommission jährlich einen Bericht zur Bewertung des Erreichten vorlegen soll. Nach Ansicht des Ausschusses sollten jedoch die Mitgliedstaaten ihre Berichte auf ihre Verpflichtungen insgesamt und die einschlägigen Maßnahmen stützen, und nicht nur den Anteil von EE-Strom isoliert betrachten. Die Kommission sollte bei ihrer Bewertung demselben Konzept folgen und ermitteln, ob der Mitgliedstaat auf dem Wege ist, seine Verpflichtung insgesamt zu erfuellen, und ob dem EE-Strom dabei der richtige Stellenwert beigemessen wird.

5. Förderregelungen

5.1. EE-Strom kann und sollte zu nachhaltiger Entwicklung beitragen. Aber jede Form der Erzeugung und Nutzung von Energie hat Auswirkungen auf die Umwelt. Die verschiedenen Arten der erneuerbaren Energiequellen wirken sich nach Art und Umfang ganz unterschiedlich auf die Umwelt aus. Daher muss - sollen optimale Ergebnisse im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erzielt werden mdash; für jede einzelne EE-Technik eine spezifische Umwelt- bzw. Ökobilanz erstellt werden. Für eine solche Umweltbewertung sollten insbesondere auch mittelbare Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz hinzugezogen werden. Gestützt auf diese Bilanzen kann der Vorrang dann EE-Techniken eingeräumt werden, die eine besonders positive Ökobilanz und ein entsprechendes Potential aufweisen, fossile Energiequellen zu ersetzen.

5.2. Bei der verstärkten Nutzung von EE-Strom ist ferner darauf zu achten, dass es Grenzen für die potentielle Nutzung zahlreicher Formen von EE-Strom gibt. Die Biomasse hat ihre Grenzen bedingt durch die Bodennutzung und alternative Endnutzungen. Die Wasserkraft ist von Regenfällen abhängig. Wind- und Sonnenenergie müssen in einem ausgeglichenen Verhältnis mit der Erzeugung anderer Energieformen stehen, die eine Regulierung ermöglichen. Vor allem bei der Biomasse dürfen wichtige natürliche und wirtschaftliche Gleichgewichte nicht künstlich zerstört werden.

5.3. Das Argument, alle externen Kosten müssten in die Energiepreise internalisiert werden, um so gleiche Wettbewerbsbedingungen für den EE-Strom zu schaffen, ist wichtig und sachdienlich. Das Problem ist nur, dass bisher keine wissenschaftlich begründete und allgemein anerkannte Methode dafür vorliegt. Die Anstrengungen auf diesem Gebiet sind außerordentlich wichtig und müssen fortgesetzt werden. In der Zwischenzeit - und voraussichtlich noch auf lange Sicht - wird jedoch eine Förderung der erneuerbaren Energiequellen erforderlich sein. Dies dürfte allgemein akzeptiert werden, solange die absolute Höhe dieser Förderung gemessen an den Gesamtkosten der Energieerzeugung nicht überproportional ausfällt.

5.4. Der Ausschuss hat sich in seiner Stellungnahme zu dem Arbeitspapier der Kommission dahingehend geäußert, dass eine vorausgreifende Schaffung eines Binnenmarktes durch Maßnahmen der Gemeinschaft benötigt wird. Dies bedeutet, dass für die direkten Preisstützungsregelungen eine Reihe grundlegender Forderungen erfuellt sein müssen, damit ein Mindestmaß der Vereinbarkeit der einzelnen Regelungen untereinander erreicht wird und dadurch echter Handel und folglich auch Wettbewerb ermöglicht werden. Daher hegt der Ausschuss gegen den Vorschlag der Kommission, die Festlegung eines harmonisierten Rahmens für Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen bis zum Jahr 2005 hinauszuschieben, gewisse Bedenken.

5.5. Ohne Anreize könnte der Anteil des EE-Stroms stagnieren oder sogar zurückgehen. Die Mitgliedstaaten verfügen bereits über zahlreiche Regelungen zur Förderung des EE-Stroms, sie müssen ihre Anstrengungen aber beträchtlich verstärken, wollen sie die Zielvorgaben aus dem Weißbuch und dem Richtlinienentwurf erfuellen. Soll der Anteil von EE-Strom bis 2005 deutlich erhöht werden, so besteht eindeutig die Gefahr von Verzerrungen auf dem Markt.

5.5.1. Investitionen im Energiebereich werden auf Jahrzehnte ausgelegt. Deshalb muss den Akteuren auf dem Elektrizitätsmarkt zumindest mittelfristig Gewissheit über ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegeben werden.

5.5.2. Außerdem werden die Mitgliedstaaten, die ihre Förderregelungen über Jahre aufgebaut und durchgeführt haben, zweifellos Änderungen zögerlich gegenüber stehen. Insbesondere bei der Änderung einer Förderung und folglich der Rahmenbedingungen besteht meistens die Gefahr, dass es zu Investitionsruinen kommt.

5.5.3. Der Ausschuss schließt sich selbstverständlich der Feststellung der Kommission an, dass die Bestimmungen über staatliche Beihilfen auch in diesem Bereich gelten. Aber auch bei Einhaltung dieser Bestimmungen können die einzelstaatlichen Systeme ganz unterschiedliche Bedingungen bieten - die Kommission hat dies selbst angemerkt. Dies könnte zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt führen, wenn Erzeuger von EE-Strom versuchen würden, das nationale System auszunutzen, das die besten Bedingungen bietet, und somit möglicherweise einer Konkurrenz von Beihilfeangeboten.

5.6. Die Kommission verweist zu Recht darauf, dass noch nicht genug Erfahrungen vorliegen, um eine gemeinsame, europaweit harmonisierte Förderregelung beschließen zu können. Auch wenn ein gemeinsames Herangehen und eine gemeinsame Regelung noch fehlen, so ist der Ausschuss dennoch der Auffassung, dass einige Grundsätze schnellstmöglich aufgestellt werden sollten. Nach Ansicht des Ausschusses bestuende die Möglichkeit, Obergrenzen für die einzelstaatliche Förderung festzulegen. Für jede Technik könnte auf EU-Ebene ein Förderhöchstbetrag, beispielsweise als anteiliger Betrag von den Marktpreisen oder in Euro je kWh festgesetzt werden, wobei die tatsächlich erreichte Umweltqualität, Effizienz und Verfügbarkeit von Energie bei den einzelnen EE-Techniken zu berücksichtigen sind. Letztlich ist es die Förderung in absoluten Zahlen oder eine äquivalente Unterstützung auf andere Art und Weise, die den Wettbewerb beeinflusst.

5.7. Der Ausschuss stimmt mit den Grundsätzen überein, die in Artikel 4 des Richtlinienentwurfs aufgestellt werden und für alle Förderregelungen gelten sollten. Es erfuellt ihn insbesondere mit Befriedigung, dass die Kommission seinen Vorschlag aus der Stellungnahme zu dem Arbeitspapier aufgegriffen hat, die Besonderheiten der verschiedenen erneuerbaren Energiequellen zu berücksichtigen.

5.8. Zusätzlich schlägt der Ausschuss vor, folgende Grundsätze in die Überlegungen einzubeziehen:

- die finanzielle Belastung der öffentlichen Mittel und insbesondere die den Verbrauchern von Energie angelastenen Kosten müssen bezahlbar bleiben, verhältnismäßig sein und gerecht verteilt werden;

- die Ausgleichszahlungen sollten langfristig abnehmen, wobei auch die technologische und wirtschaftliche Entwicklung zu berücksichtigen ist; keine Technik darf auf Dauer kontinuierlich subventioniert werden;

- die Regelungen sollten weitestgehend so angelegt sein, dass die abschließende Entscheidung dem Markt überlassen wird;

- jedwede Förderregelungen müssen völlig transparent sein;

- die Förderregelungen dürfen keinem Erzeuger ein Einkommen verschaffen und dabei das übliche Marktrisiko ersparen, das von allen Erzeugern getragen werden sollte.

5.9. Der Ausschuss hat erfahren, dass die Kommission neue Leitlinien für staatliche Beihilfen für den Umweltschutz vorbereitet, wobei es sowohl bezüglich der Vorbereitung als auch der Inhalte an Transparenz gefehlt hat. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Leitlinien so abgefasst werden, dass sie im Einklang mit dem Richtlinienentwurf stehen.

6. Herkunftsnachweis

6.1. Der Ausschuss stimmt dem Vorschlag der Kommission zu, dass die Mitgliedstaaten die Systeme für den Herkunftsnachweis von EE-Strom einrichten sollten. Die Maßnahmen zur Gewährleistung von Genauigkeit und Zuverlässigkeit solcher Systeme haben entscheidende Bedeutung. Zudem möchte der Ausschuss zwei Punkte herausstreichen:

6.1.1. In einem funktionierenden Binnenmarkt wird die Nachvollziehbarkeit des Weges einer bestimmten Stromeinheit vom Erzeuger bis zum Endverbraucher ihre Grenzen haben. Eine gewisse Klassifizierung, etwa nach Elektrizitätsmarken, wird voraussichtlich von den Strombörsen vorgenommen werden; aus praktischen Gründen darf die Zahl der Marken jedoch nicht zu hoch sein. Das bedeutet, dass die Zertifizierung jeder einzelnen Quelle oder Form der Erzeugung ohne praktische Bedeutung für den Markt bleiben wird und daher auch nicht gefordert werden sollte.

6.1.2. Um die gegenseitige Anerkennung der Zertifikate sowie möglichen künftigen Handel im Binnenmarkt zu erleichtern, erscheint es unabdingbar, dass die Zertifizierungssysteme in den Mitgliedstaaten von Beginn an voll miteinander kompatibel sind. Die Kommission muss die Vereinbarkeit der einzelstaatlichen Systeme untereinander gewährleisten.

7. Verwaltung und Planung

7.1. Der Ausschuss stimmt dem Vorschlag in diesem Punkt zu.

8. Netzanschluss

8.1. Wegen der besonderen Wesensmerkmale des EE-Stroms und der üblichen Erzeuger dieser Stromart ist dieser Teil des Vorschlags von besonderer Bedeutung. Zudem ist die Rolle der Betreiber von Übertragungs- und Verteilungsnetzen in den einzelnen Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich - rechtlich wie auch betriebstechnisch. Dieser Teil des Richtlinienentwurfs bedarf offensichtlich noch weiterer Klärung, wobei die Betreiber und ihre Rolle zu berücksichtigen sind. Der Ausschuss erachtet es für erforderlich, zumindest drei Punkte zu klären.

8.1.1. In dem Vorschlag sollten unterschiedliche Verteilungssysteme (zentrale Verteilung gegenüber marktgesteuerter Verteilung) betrachtet werden. Bei einigen Systemen könnte die Gewährung eines vorrangigen Zugangs unmöglich oder nicht nötig sein.

8.1.2. Uneingeschränkter vorrangiger Zugang kann vor allem bei Inselsystemen zu schweren Problemen führen, wenn der Anteil des EE-Stroms an der Energieerzeugung insgesamt sehr hoch ist und keine ausreichenden Reservekapazitäten verfügbar sind.

8.1.3. Artikel 7.2 gibt keinen klaren Aufschluss darüber, wie die Kosten und Vorteile aus Anlagen zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen aufgeschlüsselt und von wem sie getragen werden sollen. Wichtig ist, dass die Netzanschlusskosten gerecht auf die Beteiligten verteilt werden.

8.1.4. Der Begriff der Zweiwege-Verbrauchsmessung in Artikel 7.5. ist nicht klar und hätte von der Kommission erläutert werden sollen.

9. Begriffsbestimmungen

9.1. Der Ausschuss hält es für richtig und hatte das auch schon in seiner Stellungnahme zu dem Arbeitsdokument ausgeführt, dass die Richtlinie keine Begriffsbestimmung der erneuerbaren Energiequellen als solche liefert, sondern in Artikel 2 Begriffsbestimmungen nur für die Zwecke der Richtlinie aufführt.

9.2. Der Ausschuss fragt sich jedoch, warum insbesondere Biomasse in der Vorlage anders definiert wurde als im Weißbuch, ohne dass dafür eine Erklärung gegeben wird. Hier ist eine Klärung erforderlich. Insbesondere sollten organische Abfälle aus der Holzverarbeitungsindustrie und getrennt recycelte Brennstoffe in die Definition aufgenommen werden. Selbstverständlich sind die Vermeidung und Verringerung von Abfällen sowie die stoffliche Verwertung vorrangige Ziele; ist dies aber nicht möglich, dann ist die Energieerzeugung der Geländeaufschüttung oder einer vergleichbaren Nutzung vorzuziehen. Die Schädlichkeit der Verbrennung bestimmter Abfallarten wurde durch die jüngste Richtlinie über die Müllverbrennung begrenzt; damit dürften der hier vorgeschlagenen breiteren Fassung des Begriffs in dem Richtlinienentwurf keine Argumente des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes mehr entgegen stehen.

9.3. In Artikel 2.2. ist die Behandlung von Hybridanlagen zweideutig. Mit dem Ausdruck "insbesondere für Reservezwecke" sollten keinerlei Einschränkungen verbunden sein.

9.4. Der Ausschuss ist einverstanden damit, dass in dem Richtlinienentwurf große Wasserkraftwerke als Ganzes behandelt werden. Da große Wasserkraftwerke im Grund wettbewerbsfähig sind, besteht kein Anlass, sie in den Genuss von Förderregelungen kommen zu lassen. Es bleibt allerdings die Frage, wie große Wasserkraftwerke behandelt werden sollten, wenn sie in Ausnahmefällen Unterstützungsmaßnahmen benötigen sollten. Das könnte etwa zuweilen der Fall sein, wenn bestehende Kraftwerke erneuert und gleichzeitig aufgerüstet werden.

10. Schlussbestimmungen

10.1. Wegen des Ansatzes des Richtlinienentwurfs, bei dem die Notwendigkeit von Gemeinschaftsmaßnahmen festgestellt, die Entscheidung über grundlegende Fragen aber auf Jahre hinaus offengelassen wird, ist ein umfangreiches Berichts-, Überprüfungs- und Bewertungssystem erforderlich. Selbstverständlich ist - wie stets - von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie voll einhalten. Da die Ziele dieser Richtlinie als Teil einer breiter gefassten Priorität der Union zu sehen sind, sollten die Folgemaßnahmen ebenfalls in diesen Rahmen gestellt werden. Der Ausschuss verweist hierzu auf Ziffer 4.6.

11. Sozioökonomische Auswirkungen

11.1. Die verstärkte Nutzung von EE-Strom wird unweigerlich positive Auswirkungen auf den betroffenen Wirtschaftszweig haben. Wichtig ist vor allem, dass die führende Position der Unternehmen aus der EU auf diesem Gebiet gehalten und ausgebaut wird. Damit werden neue, sich selbst tragende Arbeitsplätze geschaffen. Die Wirkungen auf abgelegene Gebiete und insbesondere Inseln können beträchtlich sein.

11.2. Die Liberalisierung des Energiesektors hat zu gewissen Arbeitsplatzverlusten geführt. Die Schaffung und die Dauerhaftigkeit von Arbeitsplätzen im EE-Sektor lässt sich aus natürlichen Gründen schwer voraussagen. Weil die neuen Arbeitsplätze aber ein ganz anderes qualifikationsmäßiges Anforderungsprofil beinhalten werden, sollte besonderer Wert auf ein entsprechendes Umschulungs- und Ausbildungsangebot gelegt werden. Bezüglich der Auswirkungen auf die Beschäftigung insgesamt führt die Kommission einen sehr positiven Bericht über diese Auswirkungen an. Nach Ansicht des Ausschusses hätte diese wichtige Frage eingehender und auf der Grundlage überprüfter, verlässlicher Daten behandelt werden sollen.

11.3. Die Kommission erklärt, ihr Vorschlag werde nur sehr begrenzte finanzielle Auswirkungen in bezug auf EU-Mittel haben. Verwunderlich ist jedoch, dass die Kommission in keiner Weise auf die Kosten für die Mitgliedstaaten und/oder Verbraucher eingeht. Dabei liegt auf der Hand, dass selbst höhere Kosten durch die langfristig zu erwartenden Vorteile ausgeglichen werden können. Da der Richtlinienentwurf in seiner jetzigen Form jedoch sehr ehrgeizige Ziele vorgibt, aber zugleich den Mitgliedstaaten die freie Wahl der Mittel zur Förderung dieser Entwicklung lässt, werden die Kosten unter Umständen sowohl sehr hoch als auch ungleich verteilt sein. Dies hätte von der Kommission umfassend berücksichtigt werden müssen.

12. Zusammenfassung

Der Ausschuss

- ist einverstanden mit der Rechtsgrundlage für den Richtlinienentwurf, ist jedoch der Auffassung, dass Artikel 95 nicht ausreicht, um den Mitgliedstaaten verbindliche Ziele vorzuschreiben;

- sieht eine wichtige, aber angesichts der insgesamt zur Erreichung der Ziele von Kyoto zu erbringenden Anstrengungen doch nur vergleichsweise geringe Rolle für den EE-Strom; er ersucht die Kommission mit Nachdruck, eine langfristig angelegte Perspektive für die Energiebranche zu entwickeln;

- unterstreicht die Notwendigkeit energischer Maßnahmen für eine optimale Nutzung des Potentials des EE-Stroms und unterstützt die Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten, einschlägige Vorgaben und Maßnahmen zu veröffentlichen, sieht jedoch einen potentiellen Widerspruch zwischen konkreten verbindlichen Vorgaben und der Subsidiarität bei den Maßnahmen zur Erreichung der Ziele von Kyoto;

- erkennt die klare Notwendigkeit an, Anreize zur verstärkten Nutzung von EE-Strom zu schaffen, schlägt jedoch zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und unannehmbar hohen Kosten vor, baldmöglichst Grundsätze für die Förderregelungen, beispielsweise in Form von Obergrenzen für die (tatsächliche) nationale Förderung festzulegen, wobei die tatsächlich erreichte Umweltqualität, Effizienz und Verfügbarkeit von Energie bei den einzelnen EE-Techniken zu berücksichtigen sind;

- unterstützt den Vorschlag betreffend Systeme des Herkunftsnachweises ("Zertifizierung") für EE-Strom und verweist darauf, dass dieses Systeme einem offenen Elektrizitätsmarkt angemessen sein müssen, wobei die Kommission die Vereinbarkeit der einzelstaatlichen Systeme untereinander gewährleisten muss;

- unterstreicht die zentrale Bedeutung des Teils zu Fragen des Netzanschlusses in dem Richtlinienentwurf und betont die Notwendigkeit einer Klärung mehrerer Punkte;

- ist einverstanden mit der Behandlung von Hybridanlagen in dem Vorschlag, spricht sich jedoch gegen die Änderungen in den Begriffsbestimmungen der Richtlinie gegenüber denen des zuvor veröffentlichten Weißbuchs aus, insbesondere in bezug auf Biomasseabfall aus der Holzverarbeitungsindustrie;

- spricht sich für die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen auf den betroffenen Wirtschaftszweig aus, erachtet aber die Analyse zu den Beschäftigungswirkungen und den wirtschaftlichen Folgen für Staaten und Verbraucher als in starkem Maße unzureichend.

Brüssel, den 20. September 2000.

Die Präsidentin

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice Rangoni Machiavelli

(1) "Mitteilung der Kommission - Energie für die Zukunft: erneuerbare Energieträger - Weißbuch für eine Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan". KOM(97) 599 endg., 26.11.1997. Stellungnahme des WSA - ABl. C 214 vom 10.7.1998, S. 56.

(2) KOM(1998) 246 endg. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission: Energieeffizienz in der Europäischen Gemeinschaft - Ansätze für eine Strategie des rationellen Energieeinsatzes". ABl. C 407 vom 28.12.1998.

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