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Document 51994AC1305

STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes"

ABl. C 397 vom 31.12.1994, p. 23–30 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

51994AC1305

STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes"

Amtsblatt Nr. C 397 vom 31/12/1994 S. 0023


Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (94/C 397/12)

Der Rat beschloß am 16. Juni 1994, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 129 D.1 des Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr und Kommunikationsmittel nahm ihre Stellungnahme am 9. November 1994 an. Berichterstatter war Herr von der Decken. Mitberichterstatter waren die Herren Bleser (ersetzt durch Herrn Decaillon am 20. Oktober 1994), Moreland und Whitworth.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 320. Plenartagung (Sitzung vom 23. November 1994) mit grosser Mehrheit bei 1 Gegenstimme folgende Stellungnahme.

1. Vorbemerkung

1.1. Der Vorschlag der Kommission umfasst die schrittweise europaweite Vernetzung bestimmter einzelstaatlicher Land-, See- und Luftverkehrsinfrastrukturen und sieht dafür einen Zeitraum bis zum Jahre 2010 vor.

Es soll ein weiträumiges, dem grossen Europa Rechnung tragendes Verkehrsnetz entstehen, das die Hauptverkehrsträger und die wichtigsten Verkehrsachsen einschließt und auch Dienstleistungen und Managementsysteme enthält, die die intermodale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verkehrstechniken unterstützt und gewährleistet. Der Aufbau dieses Netzes sei für die Wettbewerbsfähigkeit, das Wachstum und die Beschäftigung von besonderer Wichtigkeit.

1.2. Der Ausschuß begrüsst den Vorschlag der Kommission als äusserst bedeutenden, verkehrspolitisch konsequenten Schritt der Zukunftssicherung.

Nach Meinung des Ausschusses muß eindeutiger als bisher klargemacht werden, daß transeuropäische Netze nur ein Instrument der gemeinsamen EU-Verkehrspolitik sind und nur die transeuropäische Dimension betreffen. Mit diesem Instrument lassen sich nicht Versäumnisse der Regionalpolitik oder andere Versäumnisse der EU-Verkehrspolitik lösen. Dies muß von Anfang an beim Ingangsetzen des Entwicklungsprozesses allen Beteiligten klar sein.

Die Schaffung eines Netzes transeuropäischer Verkehrsverbindungen stellt allerdings einen hohen Anspruch dar und verlangt von den einzelnen Mitgliedstaaten wie von der Gemeinschaft grosse Anstrengungen für seine Realisierung, die in ihrem Umfang und in ihren Wirkungen noch nicht ganz überschaubar sind. Deshalb erscheint es nach Auffassung des Ausschusses notwendig, daß eine Gesamtkonzeption für das transeuropäische Verkehrsnetz aufgestellt wird, die der gesamtwirtschaftlichen und verkehrspolitischen Tragweite der Aktionen, aber auch den sozialpolitischen Aufgaben gerecht werden kann. Eine solche Gesamtkonzeption sollte Basis für den Entwicklungsprozeß sein, der nunmehr zum Aufbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes in Gang gesetzt wird und der in Bahnen gelenkt werden muß, die einmal das gemeinschaftliche Interesse stabilisieren und zum anderen die intermodale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verkehrstechniken und -systemen nachhaltig fördern.

1.3. Die Kommission hat bereits dem Rat einen ersten Zwischenbericht von Herrn Henning Christophersen über den politischen Hintergrund und den Handlungsbedarf zum Aufbau der europäischen Verkehrsnetze abgegeben. Darin wird besonders hervorgehoben, daß die Durchführung der vorrangigen Projekte beschleunigt und bessere ordnungspolitische Rahmenbedingungen und auch Anreize für die Privatfinanzierung geschaffen werden müssen. Der Ausschuß will deshalb zuerst in seiner Stellungnahme auf das Gesamtkonzept eingehen, das nach seiner Auffassung für das Gelingen des Gesamtvorhabens erforderlich ist.

1.4. Die neue Kompetenz der Europäischen Union auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastrukturpolitik gibt der Gemeinschaft zugleich ein bedeutendes Instrument in die Hand, um einen aktiven Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu leisten. Der Ausschuß fordert die Europäische Kommission daher auf, sich für eine zeitnahe Verwirklichung der Infrastrukturprojekte gemeinsamen Interesses einzusetzen, damit deren beschäftigungspolitischen Effekte zur Wirkung gebracht werden können.

2. Gesamtkonzept

2.1. Im Blick auf die Zukunft hat die Kommission die Ziele festgelegt, nach denen ein modernes, effizientes transeuropäisches Netz aufgebaut werden soll, auf dem ein sicherer Verkehr möglich ist und das zur Mobilitätssicherung beiträgt.

Gleichzeitig soll sich der Verkehrssektor nach und nach in der Gemeinschaft in einen offenen und wettbewerbsorientierten Markt verwandeln, der von öffentlichen Eingriffen und administrativen Behinderungen weitgehend frei ist. Die freie Wahl des Verkehrsmittels soll so lange wie möglich erhalten bleiben. Es gäbe gegenwärtig keine Gründe, von diesem Grundsatz abzugehen.

2.2. Der Ausschuß stellt besonders im Hinblick auf die Zukunft hierzu fest, daß schon deshalb ein Gesamtkonzept für das transeuropäische Netz unabdingbar ist, um eindeutig festzuschreiben und zur allgemeinen Anerkennung zu bringen, welche verkehrs-, umwelt- und energiepolitischen Prioritäten zukünftig gelten sollen und mit wieviel staatlicher Verkehrslenkung die Verkehrsnutzer rechnen müssen und wie weit die erwünschte Marktwirtschaft notwendigerweise eingeschränkt wird, um die Ziele zu erreichen.

Der Ausschuß verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme zum "Weißbuch für die künftige Entwicklung der Gemeinsamen Verkehrspolitik" [Dok. KOM (94) 494 endg.]. Er sieht in der Beeinflussung des Verkehrs im Sinne der Lenkung und Steuerung der Verkehrsströme, der Verkehrsverlagerung und Vermeidung überfluessiger Verkehre ein herausragendes Ziel der Gemeinsamen Verkehrspolitik.

Man muß sich darüber im klaren sein, daß die Festlegung von Prioritäten bereits eine Vorbestimmung der zukünftigen Verkehrsentwicklung ist und mitwirkt, ob und wieweit die Ziele tatsächlich erreicht werden. Denn im Grunde handelt es sich hierbei schon um eine Art Verkehrslenkung, die Einfluß auf das Modal-Splitt der Verkehrsträger nimmt.

2.3. Trotzdem hält der Ausschuß an seiner schon oft ausgedrückten Auffassung fest, daß in der Entwicklung der Verkehrswirtschaft das Motto vorherrschen muß: So wenig Verkehrslenkung wie möglich. Die Vorgaben dafür müssen im Sinne der politischen Ziele bestimmt sein und in den Entwicklungsprozeß einbezogen werden. Dies ist bisher nicht der Fall. Hierauf weist auch der Christophersen-Bericht hin, der insbesondere einen Analysenbedarf für die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen aufzeigt.

Nach Auffassung des Ausschusses bieten sich nicht nur die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und die allgemeinen Leitlinien der EU-Verkehrspolitik für eine systematische Analyse der Ordnungsbedingungen an, sondern auch die Tatsache, daß mit einem transeuropäischen Verkehrsnetz ein verkehrspolitisches Instrument mit hoher Integrationskraft zur Verfügung steht.

2.4. Wenn dies so ist, so ist jetzt die Gelegenheit gegeben, über ein spezifisches Gesamtkonzept als Teil der EU-Verkehrspolitik solche Vorgaben in eine gemeinschaftliche Koordinierung zu bringen, die zielführend und zielgerecht genannt werden kann. Eine solche Koordinierung könnte auch als grundlegender Teil des Entwicklungsprozesses angesehen und gestaltet werden, der in bestimmten Abschnitten neue Erkenntnisse aufnimmt und dann wie ein Plan fortgeschrieben wird.

2.5. Für den Ausschuß hat in dieser Entwicklung die Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrssysteme und der Verkehrsinfrastrukturen Vorrang. Wegen des langen wirtschaftlichen Lebens und der Folgekosten der Verkehrsinvestitionen wäre es jedoch unvernünftig, hier nicht solche Bedingungen zu setzen, die eine effiziente, wirtschaftliche Ausnutzung der Netzwerke ermöglichen. Dies schließt nicht aus, daß aus Gründen des öffentlichen Interesses Investitionen im transeuropäischen Netz durch Beihilfen begünstigt werden.

2.6. Sich dabei nur auf den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zur Befriedigung der wachsenden Verkehrsbedürfnisse zu konzentrieren, wäre allerdings nicht ausreichend im Sinne eines intermodalen, transeuropäischen Verkehrskonzeptes. Vielmehr müsste sich die Forschung darauf ausrichten, wie die Leistungsfähigkeit des einzelnen Verkehrssystems und vor allen Dingen die Kooperation aller Verkehrsträger miteinander unter Berücksichtigung des Umweltschutzes und der sozialpolitischen Anforderungen verbessert und wirtschaftlicher gestaltet werden kann.

2.7. Der Ausschuß möchte besonders herausstellen, daß bisher in der Diskussion und auch in den Vorstellungen der Kommission wenig klar der intermodale Charakter der transeuropäischen Netze herausgestellt wurde. Diesem Thema muß aber nach seiner Auffassung viel grössere Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden.

Nach Meinung des Ausschusses befassen sich die Leitlinien der Kommission für den Auf- und Ausbau transeuropäischer Infrastrukturnetze zu sehr mit den Einzelsystemen. Aus der einfachen Addition dieser einzelnen Netzwerke wird noch kein transeuropäisches Gesamtnetz mit intermodalem Charakter. Es gibt zwar praktische Erfahrungen in einigen Mitgliedsländern über intermodale Verkehrssysteme und die praktische Zusammenarbeit der Verkehrsträger darin. Für ein transeuropäisches Gesamtkonzept reicht dies jedoch nicht aus. Der Ausschuß meint deshalb, daß besonders an der Verknüpfungsfähigkeit der Einzelnetze gearbeitet werden muß, damit ihre Integrationsfähigkeit europäisch wird.

2.8. In diesem Zusammenhang weist der Ausschuß darauf hin, daß über die internationale Integrations- und Kooperationsfähigkeit der einzelnen Verkehrsnetze keine Transparenz besteht. Er hält es deshalb für geboten, daß in dem angeforderten Gesamtkonzept die Integrationselemente und die Verknüpfungsfähigkeiten definiert werden, die für ein transeuropäisches Gesamtnetzwerk erforderlich sind.

2.9. Wichtig sind insbesondere die "Verknüpfungspunkte", an denen die verschiedenen Verkehrsnetze und damit die verschiedenen Verkehrsmodi miteinander verbunden werden (Diese "Verknüpfungspunkte" werden im folgenden begrifflich unterschieden von den Verkehrsknotenpunkten der Einzelnetze).

2.9.1. Um zu einer Übersicht über die möglichen und notwendigen "Verknüpfungspunkte" zu gelangen, hält es der Ausschuß für nützlich, eine Europakarte zu erstellen, in der alle "Verknüpfungspunkte" eingetragen sind.

2.9.2. Gedanklich entstehen die "Verknüpfungspunkte" durch das Übereinanderlegen der einzelnen Verkehrsnetze, die für die verschiedenen Verkehrsmodi aufgestellt sind. Damit kann erkannt werden, wo eine Verknüpfung der Netze sinnvoll ist, d.h. wo und gegebenenfalls in welchen Ballungsräumen solche "Verknüpfungspunkte" einzurichten sind.

2.9.3. Aus dem Übereinanderlegen ergibt sich auch, wieviele und welche Verkehrsarten in dem einzelnen "Verknüpfungspunkt" vertreten sind, welche Struktur und welche Anforderungen für die Schnittstellen zwischen den Verkehrssystemen, welche Übergänge von einem Verkehrsmodus zum anderen existieren oder geschaffen werden müssen und welche Verkehrsbedeutung der jeweilige "Verknüpfungspunkt" im gesamten transeuropäischen Netz hat.

2.9.4. Aus einer Analyse einer solchen Europakarte können die Merkmale und Eigenschaften der "Verknüpfungspunkte" erarbeitet werden, d.h. es ergeben sich die Zahl der miteinander kooperierenden Verkehrsmodi, ihre Kapazitäten und Betriebsweise, ihre Leistungs- und Bedienungsangebote sowie die Management- und Informationssysteme. Schließlich ergibt sich daraus auch für jeden transeuropäischen "Verknüpfungspunkt", welche Übergänge von Modus zu Modus existieren und welchen Nutzen schließlich für Wirtschaft, Handel und Verkehrsnutzer erwartet werden kann. Transeuropäisch ist ein "Verknüpfungspunkt" dann, wenn er auch im europäischen Sinne Übergänge von Verkehrsmodus zu Verkehrsmodus als dauerhafte Einrichtung beinhaltet und mit anderen transeuropäischen "Verknüpfungspunkten" verbunden ist.

2.9.5. Ein Gesamtkonzept mit einer Europakarte der transeuropäischen "Verkehrsknüpfungspunkte" stellt nach Auffassung des Ausschusses nicht nur einen bedeutenden Schritt in die Zukunft dar, der auch politisch zum Ausdruck bringt, daß Europa durch gemeinschaftliche Verkehrsinfrastrukturen zusammengewachsen ist, sondern ist eine neue, grundlegende Aufgabe der Infrastrukturplanung und -gestaltung.

Im Rahmen eines solchen Konzeptes könnten auch die Einzelnetze besser in eine gesamteuropäische Orientierung hineingeführt und auf die intermodale Zusammenarbeit vorbereitet werden. Die Planungs-, Genehmigungs- und Bewertungsverfahren wie auch die ordnungspolitischen Bedingungen können dann eindeutiger als bisher auch den Prioritäten zugeordnet werden, so daß das gesamte Netzwerk auch im weltweiten Zusammenhang eine höhere Identität und Integrität darstellt.

2.10. Zusammenfassend stellt der Ausschuß fest, daß erst durch eine solche zielgeführte, systematisch aufgebaute Verknüpfung der einzelnen Netze das gesamteuropäische Netz entsteht, dessen "Verknüpfungspunkte" einen anderen, übergreifenden, integrativen Charakter haben als die Verkehrsknotenpunkte der Einzelnetze.

3. Entwicklungsprozeß

3.1. Der Ausschuß stimmt der Auffassung der Kommission zu, daß der Aufbau transeuropäischer Netze für den Verkehr neue Formen der Partnerschaft und Arbeitsmethoden verlangt, die sich auf allen Ebenen zwischen den Mitgliedstaaten und den Organen der Union, insbesondere auf der Ebene der Verwaltung, der Investoren, der Banken und nicht zuletzt der Verkehrsnutzer, zu entwickeln haben.

Deswegen meint er, daß möglichst viele kompetente Stellen über das Gesamtvorhaben informiert und am Entwicklungsprozeß beteiligt werden müssen. Je eindeutiger und klarer dabei das Gesamtvorhaben der transeuropäischen Netze dargestellt wird, desto nützlicher wird das Klima in den neuen Partnerschaften sein können.

3.2. Erfahrungsgemäß sind länderübergreifende Projekte wegen der unterschiedlichen Prioritäten der beteiligten Staaten, wegen der Schwerfälligkeit der Vorbereitungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren wie auch wegen ordnungspolitischer Vorschriften mit Schwierigkeiten verbunden. Diese lassen sich wohl nicht allein im Gleichschritt beseitigen, so daß für den Fortschritt und den Erfolg der transeuropäischen Netze allein die Ziele herangezogen werden müssen, die kurz- und langfristig dem Gesamtvorhaben zugrunde liegen. Diese Ziele sollten - wie der Ausschuß bereits hervorgehoben hat - in einem Gesamtkonzept dargelegt sein, das die transeuropäische Dimension der Netzwerke wie jedoch auch die verschiedenen Aspekte der Strukturverbesserung, der einheitlichen Managementsysteme und der Effizienz berücksichtigt.

3.3. Obwohl einsichtig ist, daß ein Entwicklungsprozeß möglichst nicht unterbrochen werden sollte und in Gang bleiben muß, ist es nach Auffassung des Ausschusses doch sicherlich nützlich, wenn er in gewissen Abständen einer Revision unterzogen wird, die Szenarien für die Entwicklungsleitlinien im Rahmen der Revision überprüft und ggf. neu formuliert und fortgeschrieben werden sowie seine Ziele, wie vor allem ordnungspolitische Rahmenbedingungen, dem Stand der Entwicklung angepasst werden.

3.4. Nach Auffassung des Ausschusses muß ein Entwicklungsprozeß zu Beginn hauptsächlich die verschiedenen Teilnetze, die bereits vorhanden sind, integrieren und darauf das Gesamtnetz aufbauen. Die hierfür vorgesehenen Leitlinien werden generell vom Ausschuß befürwortet, weil sie im grossen und ganzen den aktuellen Handlungsbedarf umfassen. Erforderlich ist jedoch, daß die Mitgliedstaaten jetzt sehr schnell ihre Vorbereitungs- und Planungsarbeiten erledigen und die in das transeuropäische Netz einzubeziehenden Investitionspläne vorlegen.

3.5. Unter diesem Aspekt hält es deshalb der Ausschuß für wichtig, daß die Kommission die Dienste und Technologien für die Management- und Informationssysteme soweit definiert, daß sie sich sofort am Aufbau des Gesamtnetzes beteiligen können. Sie sind wichtige Bestandteile der Rahmenbedingungen, die für den Verkehrsmarkt als auch für die Erfuellung für die verkehrspolitischen Ziele genutzt werden müssen. Ist erstmal der Investitionsprozeß für den Aufbau des transeuropäischen Netzes in Gang gesetzt, so beginnen die Investitionen ein Eigenleben mit einer besonderen Ausstrahlung auf die Industrialisierung, den Handel und das Konsumentenverhalten. Deswegen ist es besonders komplex und schwierig, Investitionsprioritäten zu setzen und die Nutzung von Verkehrsinfrastrukturen zu steuern.

Der Ausschuß möchte deshalb empfehlen, bevor endgültige Festlegungen getroffen werden, die Ziele der Aktionen konkreter und präziser als bisher zu definieren und sie an ein intermodales Gesamtkonzept anzubinden.

3.6. Des weiteren hält es der Ausschuß für erforderlich, zur Stärkung der Intermodalität und Komplementarität der einzelnen Verkehrsträger ein Mehrkriterienverfahren zu entwickeln, mit dem festgestellt werden kann, unter welchen Voraussetzungen jeder Verkehrsträger besser genutzt werden kann.

Die Forderung nach solchen Mehrkriterienverfahren wird schon seit vielen Jahren erhoben und ist auch vom Ausschuß schon verschiedentlich in anderen Zusammenhängen für eine bessere Planung der Zukunftsentwicklung empfohlen worden. Jetzt jedoch, wo ein gesamteuropäisches Netz aufgebaut werden soll, kann auf ein solches Mehrkriterienverfahren nicht mehr verzichtet werden, wenn die zukünftige Verkehrsentwicklung mit der gemeinsamen Verkehrspolitik in Einklang stehen soll.

3.7.

Verfahren im Entscheidungsprozeß

3.7.1. Der Kommissionsvorschlag zu den TEN-Leitlinien konzentriert sich auf die Ziele, die Prioritäten, und die Grundzuege der für die Entwicklung dieser Netze in Betracht gezogenen Aktionen. Nach Artikel 25 soll die Kommission die Zuständigkeit erhalten, Projekte von gemeinsamem Interesse nach dem Verfahren des Artikels 26 präzisieren zu können. Es fragt sich, ob der Vorschlag der Kommission, nach dem die Kommission allein nach Konsultation des "Infrastrukturausschusses" entscheiden kann, nicht modifiziert werden sollte.

3.7.2. Der Ausschuß fragt sich, ob nicht angesichts der weitreichenden Bedeutung, die die Entscheidungen über Infrastrukturmaßnahmen haben, und im Interesse einer reibungsarmen Umsetzung der notwendigen Projekte eine grössere Einflußmöglichkeit der betroffenen Mitgliedstaaten, Regionen, Nutzer und Bürger vorgesehen werden sollte.

3.7.3. Ausserdem fragt sich der Ausschuß, ob nicht im Vorfeld die Entscheidungen über globale Vorhaben, für die das gemeinsame Interesse erklärt werden muß, im Kodezisionsverfahren durch Rat und Parlament getroffen werden sollten.

3.7.4. Bei den Fristsetzungen für die Behandlung von Kommissionsvorschlägen zu Infrastrukturprojekten müssen die jeweiligen Konsultationserfordernisse Berücksichtigung finden. Auch je nach Umfang des Vorhabens angemessene Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen durch entsprechende Fristen ermöglicht werden. Der Ausschuß schlägt vor, das Verfahren in Artikel 26 hinsichtlich der Fristen präziser und detaillierter auszugestalten (gemeinsame Entscheidung über Fristsetzung, abgestufte Zeithorizonte je nach Umfang des zu beratenden Projekts und des dadurch gegebenen Konsultationsbedarfs).

3.7.5. In Artikel 27 des Kommissionsvorschlags wird festgehalten, daß die Kommission jährliche Berichte über den Fortschritt bei der Umsetzung der Leitlinien an Rat, Europäisches Parlament, WSA und Ausschuß der Regionen erstattet. Der Ausschuß schlägt vor, diese Berichte durch die Fortschreibung eines Zeitplans zu ergänzen, in dem die Projekte gemeinsamen Interesses aufgenommen werden.

3.8.

Finanzierung von Infrastrukturprojekten gemeinsamen Interesses

3.8.1. Der Europäische Rat hat sich bereits mit der Finanzregelung, die für Aktionen im Bereich der transeuropäischen Netze nach Artikel 129 c) EG-Vertrag notwendig sind, befasst und die ersten Beschlüsse zur Liste der Projekte gefasst. Damit werden die Finanzhilfen einer gesonderten Regelung unterworfen.

3.8.2. Die Kommission geht im Weißbuch "für die Entwicklung der Gemeinsamen Verkehrspolitik" [Dok. KOM (92) 494 endg.] von einem Finanzbedarf für transeuropäische Verkehrsnetze in Höhe von 220 Mrd. ECU bis 1999 aus. Inzwischen hat die Christopherson-Gruppe den Finanzbedarf allein für die ersten zehn Projekte (ohne die Öresund-Querung) auf mindestens 68 Mrd. ECU geschätzt. Der Kommissionsvorschlag zu den TEN-Leitlinien nennt einen Bedarf von mindestens 400 Mrd. ECU in den kommenden 15 Jahren.

3.8.3. Es ist klar, daß das erforderliche Investitionsvolumen in dieser Zeitspanne nicht allein durch die öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten und die Fonds der Union komplett gedeckt werden kann. Der Ausschuß unterstreicht daher die Notwendigkeit, privates Kapital für Infrastrukturinvestitionen zu mobilisieren.

3.8.4. Der Ausschuß ist aber auch der Ansicht, daß die Beteiligung privaten Kapitals an der Infrastrukturfinanzierung nicht dazu führen darf, daß die Planung von Vorhaben und die Kontrolle über die zu realisierenden Teilstücke und damit über das zusammenhängende Netz der öffentlichen Hand entzogen wird. Die grundsätzliche Zuständigkeit des Staates für die Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Verkehrsverbindungen muß gewährleistet bleiben.

3.8.5. Der Ausschuß ist weiter der Auffassung, daß durch die Beteiligung privaten Kapitals bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten nicht die Enheitlichkeit und der Zusammenhang des jeweiligen Netzes zerstört werden darf. Dies betrifft besonders die Schienenwege, bei denen ein historisch gewachsener und auch sachlich begründeter enger Zusammenhang von Betrieb und Infrastruktur gegeben ist. Der Zugang zum Netz muß auch in Zukunft nach Maßgabe sozioökonomischer Kriterien steuerbar bleiben und darf nicht allein dem einzelwirtschaftlichen Kalkül des privaten Betreibers von Netzteilen überantwortet werden.

3.8.6. Der Ausschuß unterstreicht die Notwendigkeit von gemeinschaftlichen Finanzierungsinstrumenten. Die vorhandenen und die zu entwickelnden Finanzierungsinstrumente müssen in einem innovativen und abgestimmten Konzept gebündelt werden. Es sollte auch die Möglichkeit von Anleihen der Europäischen Union am privaten Kapitalmarkt geprüft werden. So können Anreize für eigene Finanzierungsanstrengungen der betroffenen Mitgliedstaaten geschaffen werden, und nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß auch solche Projekte gemeinsamen Interesses verwirklicht werden, für die weder der betroffene Mitgliedstaat bzw. die betroffenen Mitgliedstaaten genügend öffentliche Mittel mobilisieren können noch private Kapitalgeber interessiert werden können.

4. Leitlinien

4.1. Für das Ingangsetzen des Entwicklungsprozesses, d.h. auch für das gewünschte Gesamtkonzept, sollen Leitlinien gelten, die förmlich an die Mitgliedstaaten gerichtet werden und die die Organe der Gemeinschaft, die Finanzinstitute wie auch private Geldgeber in die Investitionsvorhaben einbinden.

Dabei sollen die bestehenden Netzpläne, Kriterien und Verfahren für die Feststellung von Projekten des gemeinsamen Interesses wie auch die verkehrspolitischen Ziele Berücksichtigung finden.

Der Ausschuß ist der Auffassung, daß der gegenwärtige Stand dieser Leitlinien kritisch überprüft werden sollte, vor allem im Hinblick darauf, ob sie in ausreichender Weise den zukünftigen intermodalen Charakter des Gesamtnetzes berücksichtigen. Hierfür möchte der Ausschuß folgende Hinweise geben:

Bei der Festlegung der Leitlinien, die in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fällt, sollten Ziele, Grundzuege und auch die einzelnen Maßnahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzes einer koordinierten Fortschreibung unterliegen.

Da nur eine einheitliche Regelung und keine Richtlinien für die Realisierung der verschiedenen Projekte vorgesehen ist, hält es der Ausschuß für notwendig, eine koordinierte Investitionsplanung auf Gemeinschaftsebene einzurichten, die von Fall zu Fall und nach dem jeweiligen Entwicklungsstand zwecks Planungssicherheit eindeutige Orientierung vorgibt.

4.1.1. Leitlinien-Planung sollte auch als ein gesamteuropäisches Leitbild für das transeuropäische Netz definiert sein, das sowohl die energiepolitischen Ziele berücksichtigt wie auch das optimale Ausbauziel für die Makro-Standorte transeuropäischer Verkehrsknotenpunkte.

4.1.2. Zweckmässig erscheint auch, aus der Sicht der Verkehrsentwicklung solche Ballungsräume in die Leitlinien einzubeziehen, in denen sich "Verknüpfungspunkte" für das intermodale, transeuropäische Verkehrsnetz entwickeln können.

4.2. Ansonsten befürwortet der Ausschuß im allgemeinen den Konsens, den die Kommission für die Leitlinien-Regelungen vorsieht. Dies gilt sowohl für die Netzpläne wie auch für die Grundzuege der Maßnahmen, die Kriterien und die Verfahren für die Feststellung von Projekten.

Er möchte jedoch noch einmal darauf hinweisen, daß es zur Lösung der Detailprobleme letzten Endes darauf ankommt, den intermodalen Charakter und das Transeuropäische im Gesamtvorhaben auszubauen und zum Maßstab der Zielkonformität zu machen.

5. Gemeinschaftsmaßnahmen und Subsidiarität

5.1. Der Ausschuß sieht in der Auffassung der Kommission, daß das Subsidiaritätsprinzip bei den Gemeinschaftsmaßnahmen gewahrt werden sollte, kein Hemmnis für den Aufbau des transeuropäischen Netzwerkes. Er stimmt darin überein, daß es Sache der Mitgliedstaaten sein muß, genaue Einzelheiten sowie den Zeitplan und die verschiedenen Stufen für die Fertigstellung der für das Netz erforderlichen Infrastrukturen selbst festzulegen.

5.2. Auf Ebene der Gemeinschaft muß jedoch dafür Sorge getragen werden, daß rechtzeitig - auch auf dem Wege von Einzelschritten - Hemmnisse ausgeräumt werden, die auf nationaler Ebene entstehen können und überwunden werden müssen. Dies gilt nicht nur für die Durchführung von Baumaßnahmen oder für die Finanzierung, sondern auch für ordnungspolitische Vorschriften, die den Verkehrsnutzer betreffen können.

5.3. Der Ausschuß stimmt im wesentlichen den allgemeinen Grundsätzen für die Anfertigung von Netzplänen sowie für die verschiedenen Formen der Maßnahmen, die die Projekte von gemeinsamen Interessen betreffen, zu. Er möchte betonen, daß hierbei insbesondere das Prinzip der Subsidiarität zur Geltung kommt und gewahrt wird, und die Möglichkeit hervorheben, auch Privatinvestitionen einzubeziehen.

6. Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen

6.1. Für besonders wesentlich hält der Ausschuß Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Für die Entwicklung des Gesamtkonzepts eines transeuropäischen, intermodalen Verkehrsnetzes sowie für viele zielgerichtete Maßnahmen sind Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen von grundlegender Bedeutung.

6.2. Sie sollen Hilfen für sachliche und politische Entscheidungen liefern und die Auswirkungen der möglichen Optionen untersuchen. Insbesondere bei den Entscheidungen der politischen Instanzen für eine langfristige Bindung von öffentlichem und privatem Kapital für Infrastrukturinvestitionen und von Management- und Kommunikationstechnologien im Verkehr sind entsprechende Entscheidungshilfen unentbehrlich. Hierzu gehört auch eine klare Darstellung dieser Technologien, die als Grundelemente im europäischen Gesamtnetz Verwendung finden sollen.

Auf diese Weise lassen sich vor allen Dingen der Industrie und den zuständigen Behörden bessere Kenntnisse über die Situation der Verkehrsströme vermitteln und zudem auch bessere Entscheidungshilfen an die Hand geben, auf welchen Verkehrsverbindungen mit welchem Verkehrsmodus die Verkehrsnachfrage auf Dauer befriedigt werden kann. Der Ausschuß hat hierfür bereits schon vorgeschlagen, eine Verkehrsdatenbank aufzustellen, mit der die möglichen Entwicklungen des Verkehrsbedarfs erkannt und untersucht werden können.

6.3. Die Forschungsmaßnahmen müssen deshalb auf die Voraussetzungen für die Interoperabilität und Verknüpfung der Verkehrsnetze unter besonderer Berücksichtigung der Intermodalität und ihrer Zugänglichkeit konzentriert werden.

6.4. Die Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen der Europäischen Union sind gerade auf diesem Gebiet unter der Berücksichtigung der Subsidiarität daraufhin zu entwickeln, daß die Synergien zwischen den einschlägigen Arbeiten der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union genutzt werden. Das gilt auch für die Arbeiten anderer internationaler Organisationen. Nur so können die sehr knapp bemessenen Mittel des vierten Rahmenprogramms optimal ausgenutzt werden.

6.5. Der Ausschuß begrüsst, daß im vierten Rahmenprogramm ein spezifisches Programm dem Transportsektor gewidmet ist (). Insbesondere das Kapitel "Strategische Forschung für ein transeuropäisches intermodales Netz" ist in diesem Zusammenhang wichtig. Auch die fünf dort angegebenen Tätigkeitsbereiche hält der Ausschuß für einen guten Ansatz, nämlich:

- Kenntnis der Mobilität: Ermittlung von Daten als Voraussetzung für eine Datenbank;

- Stärkung der Intermodalität: Untersuchung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen der Verknüpfung der verschiedenen Netze der einzelnen Verkehrsträger nach ihrer Komplementarität;

- Wirtschaftlichkeit des Verkehrssystems;

- Organisatorischer Aufbau einer Interoperabilität: Als Voraussetzungen für eine Interoperabilität ist Normung unerläßlich;

- Zukunftsforschung: Neue grundlegende Technologien bedürfen auch Untersuchungen darüber, welche institutionellen organisatorischen, gesamtwirtschaftlichen und sozialen Veränderungen von ihnen ausgehen.

6.6. Schließlich gehören auch zur strategischen Forschung Beiträge zur Analyse der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen und zum Einsatz von ordnungspolitischen Maßnahmen, die zur Erreichung der verkehrspolitischen Ziele eingesetzt werden sollen.

In diese Analysen zur Ordnungspolitik müssen die sozioökonomischen Bereiche der Verkehrsnutzer insgesamt einbezogen werden.

6.7. Nach Meinung des Ausschusses könnte die in Kapitel 2 entwickelte Idee einer Europakarte der intermodalen Verknüpfungspunkte sowohl als Instrument als auch als Objekt der strategischen Forschung nützlich sein.

7. Besonderheiten der Netzteile

Der Ausschuß hat zu fast allen Vorschlägen der Kommission bezueglich der verschiedenen Verkehrsträger und Netzteile Stellung genommen (). Zu den drei verbleibenden "Häfen", "Flughäfen" und "konventionellen Eisenbahnen" werden im folgenden einige Bemerkungen gemacht.

7.1.

Häfen

7.1.1. Nach Ansicht der Kommission ist die Förderung der Seehäfen und des Seeverkehrs ein wichtiger und wünschenswerter Teil der gemeinsamen Verkehrspolitik und des Ausbaus des transeuropäischen Netzes. Häfen und Seeverkehr werden als wesentlicher Faktor der dem transeuropäischen Verkehrsnetz zugrundeliegenden Prinzipien und Überlegungen angesehehn, weil sie

- zum Binnen- und Aussenhandelswachstum der Gemeinschaft beitragen;

- die Palette der Seeverkehrsverbindungen innerhalb der Gemeinschaft erweitern;

- Möglichkeiten für eine teilweise Verlagerung des Verkehrsaufkommens anderer Verkehrsträger eröffnen und dadurch entscheidend zum Grundsatz einer nachhaltigen Mobilität beitragen.

7.1.2. Der Ausschuß wertet die Leitlinie für die Hafenpolitik als positiven Schritt. Daher begrüsst er denn auch, daß die Verkehrspolitik der EU und die Leitlinien für die Entwicklung des transeuropäischen Verkehrsnetzes ein gemeinsames Konzept für den Ausbau der Seehäfen beinhalten, und befürwortet die Kriterien, die die Kommission für die Häfen und hafenbezogenen Vorhaben von gemeinsamem Interesse vorschlägt.

7.1.3. Nach Ansicht des Ausschusses sollten die Vorhaben zum Ausbau der Häfen mit den für die anderen Verkehrsträger im Rahmen der Schaffung eines transeuropäischen Netzes vorgesehenen Verbindungen Hand in Hand gehen. Daher ist der Ausschuß gespannt auf die in Ziffer 75 der Begründung des Kommissionsvorschlags angekündigte Mitteilung über die Förderung der Küstenschiffahrt und des Kurzstreckenseeverkehrs und ersucht die Arbeitsgruppe "Häfen und Seeverkehr der Mitgliedstaaten" nachdrücklich, ihre Arbeiten über Möglichkeiten einer Aufwertung einzelner Häfen und Verbesserung ihres Stellenwertes in der Transportkette baldmöglichst zum Abschluß zu bringen. Der Ausschuß stellt fest, daß im Bericht der Arbeitsgruppe "Häfen" der Kommission [Dok. SEK (93) 2129 endg.] bereits eine ganze Reihe diesbezueglich denkbarer Vorhaben skizziert werden, und nach ihrer Einschätzung spricht nichts dagegen, einige dieser Vorhaben umgehend in Angriff zu nehmen.

Der Ausschuß teilt indes die Auffassung, daß die vorgeschlagenen Pläne keine Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen einzelnen Häfen herbeiführen dürfen und Pläne zum Ausbau von Häfen nach einem flexiblen und auf den Einzelfall zugeschnittenen Konzept erstellt werden sollen und nicht nach einem starren Leitschema.

7.1.4. In einem Gesamtkonzept, das den intermodalen Charakter für ein transeuropäisches Verkehrsnetz betont, werden auch die Binnenhäfen eine besonders integrationsstarke Rolle spielen. Ihnen sollte nach Auffassung des Ausschusses ein besonderes Kapitel gewidmet sein ().

7.2.

Flughäfen

7.2.1. Auch die Flughäfen spielen eine besonders integrierende Rolle im Gesamtsystem des Personen- und Güterverkehrs. Der Ausschuß unterstützt deshalb die Annahme in den Kommissionsleitlinien, daß Handlungsbedarf zur Verbesserung ihrer Kapazitäten besteht. Dies trifft vor allen Dingen für die Verbesserung der Anschlüsse an andere Verkehrsträger wie auch für den Zugang zu den Flughäfen generell zu.

7.2.2. Nach Ansicht des Ausschusses müsste jedoch der Verbesserung der Luftverkehrsmanagementsysteme oberste Priorität eingeräumt werden, da sie für die Leistungsfähigkeit des Netzes unabdingbar ist.

7.2.3. Nach Ansicht des Ausschusses muß bei Flughafenkapazitätsentscheidungen indes der Marktnachfrage und dem Wettbewerb zwischen Flughäfen Rechnung getragen werden. Überdies obliegen bestimmte Entscheidungen, die zu einer Steigerung der Verkehrskapazität der Flughäfen führen könnten und insbesondere die effizientere Nutzung und grössere Leistungsfähigkeit von Flughäfen betreffen, den Mitgliedstaaten und den Flughafenbetreibern. So ist etwa die Zeitnischenzuweisung für die Sicherstellung einer besseren Auslastung der Flughäfen und die Herbeiführung eines günstigeren Wettbewerbsumfelds für die Luftverkehrsunternehmer von entscheidender Bedeutung.

7.3.

Konventionelle Eisenbahnen

7.3.1. Der Ausschuß stellt fest, daß insbesondere die Schienenwege Nachteile aus der ungleichgewichtigen Infrastrukturinvestitionspolitik der vergangenen Jahrzehnte zu tragen haben. Erweiterungen wurden kaum vorgenommen, im wesentlichen beschränkten sich Investitionen auf die Elektrifizierung von Strecken. Daher gilt für die Schienenwege mehr noch als für die Strassen, daß das vorhandenene Netz vornehmlich die Notwendigkeiten für Verkehrsverbindungen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten widerspiegelt, nicht aber die veränderten Bedürfnisse im zusammenwachsenden Europa. Daher sind für die Schienenwege besondere Anstrengungen der Union dringend erforderlich.

7.3.2. Der Ausschuß begrüsst daher, daß die bisherige Strategie der Union zur Verwirklichung eines Hochgeschwindigkeitsnetzes nun endlich ergänzt wird durch Überlegungen zum konventionellen Eisenbahnnetz und zu den Netzen für den kombinierten Verkehr. Alle drei Netzteile bilden das Basisnetz des europäischen Schienenverkehrs. Bei Planung und Umsetzung der Schienenwegprojekte ist darauf zu achten, daß auch hinsichtlich der Finanzierungsanstrengungen die konventionellen Projekte nicht hinter den Hochgeschwindigkeitsprojekten zurückstehen.

7.3.3. Die Verwirklichung dieses Basisnetzes ist notwendig, um auch infrastrukturpolitisch einen Beitrag zu dem grundsätzlichen Ziel der Gemeinschaft zu leisten, die Verkehrsströme ausgewogen auf die verschiedenen Verkehrsarten zu verteilen. Einem weiteren relativen und absoluten Verlust von Anteilen der Bahn am Gesamtverkehr vor allem beim Güterverkehr muß gegengesteuert werden. Dies ist durchaus auch im Interesse der anderen Verkehrsarten: Insbesondere der Strassenverkehr würde sich zunehmend selbst blockieren, wenn nicht ein relevanter Teil des zu erwartenden Verkehrswachstums auf den Schienenverkehr gelenkt würde.

8. Ausblick in die Weiterentwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik

8.1. Die jüngsten Entwicklungen bei der Realisierung transeuropäischer Netze haben bisher bewiesen, daß im Grunde genommen alle Mitgliedstaaten diesen logischen Fortschritt in der gemeinsamen Verkehrspolitik anerkennen und den Aufbau der Netzwerke mittragen wollen.

8.2. Die bisherigen Vorschläge zur Finanzierung der transeuropäischen Netze haben dabei gezeigt, daß ein genereller Konsens für die bisher beschlossenen Maßnahmen besteht und die Union handlungsfähig ist. Es kann also davon ausgegangen werden, daß grosse Zuversicht gegeben ist, die verschiedenen einzelstaatlichen Verkehrsinfrastrukturen zu einem grossen zusammenhängenden Transeuropa-Netzwerk zusammenzufügen.

8.3. Nach Auffassung des Ausschusses ist jedoch entscheidend dafür, ob letzten Endes die hochgesteckten Ansprüche erreicht werden, daß es gelingt, die Verwaltungsverfahren zu beschleunigen und die noch bestehenden Hindernisse in den Einzelstaaten zu beseitigen. Nach dem Christophersen-Bericht fehlen noch eine Reihe von Analysen. Sie müssten jetzt zuerst beschleunigt und zu Ende geführt werden.

8.4. Der Ausschuß möchte in diesem Zusammenhang besonders herausstellen, daß nach seiner Meinung folgende Arbeiten vorrangig erledigt werden sollten:

- Festlegung der Prioritäten für den Aufbau des Transeuropa-Netzwerkes im Rahmen der geforderten Gesamtkonzeption sowie eine einheitliche Bewertung der Projekte unter den Aspekten der Umweltverträglichkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Bedeutung für die europäische Integration;

- sofortige Einrichtungen von institutionellen Kreisen, an denen öffentliche und private Stellen beteiligt werden, um die besten Wege und die erfolgversprechendsten Mittel zu finden, wie die einzelnen Projekte mit dem geringsten Aufwand durchgeführt werden können und welche Hindernisse dabei im Interesse der Europäischen Union zu beseitigen sind;

- vorrangige Untersuchung der Vorteile und Schwächen in den gegenwärtigen ordnungspolitischen Bedingungen, die von den einzelnen Mitgliedstaaten und von der Gemeinschaft gesetzt werden, um einen ordnungspolitischen Rahmen zu schaffen, wie er in der Gesamtkonzeption gewünscht wird;

- Entwicklung von Finanzierungsformen für den Auf- und Ausbau des Transeuropa-Netzwerkes, die die Beteiligung privater Stellen einbeziehen bzw. fördern.

8.5. Besondere Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Gesamtkonzeption für das multimodale Transeuropa-Netz zu sehen sind, liegen nach Auffassung des Ausschusses vor allem darin, die Kriterien und auch die Einzelmaßnahmen für eine Interoperabilität der unterschiedlichen Verkehrsmodi auf Gemeinschaftsebene festzulegen.

8.6. Neue Technologien, beispielsweise für die Verkehrsmanagement-Systeme im Strassenverkehr, im Luftverkehr, im Schiffsverkehr oder für die multimodalen Ortungssysteme per Satellitenkommunikation, sollten soweit wie es geht vereinheitlicht werden, damit sie in allen Mitgliedstaaten benutzt werden können.

8.7. Des weiteren meint der Ausschuß, daß jetzt schon in der Entwicklung besonderer Wert darauf gelegt werden muß, daß das Transeuropa-Netzwerk sich bestens eignet, weltweite Verkehrsverbindungen aufzunehmen. Es sollte von vornherein für den Weltverkehr geöffnet sein. Dafür müssen aber bereits jetzt schon die Ziele, Prioritäten und Bedingungen definiert werden.

Geschehen zu Brüssel am 23. November 1994.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Carlos FERRER

() Stellungnahme zu den spezifischen FTE-Programmen (Dok. CES 1019/94 vom 14./15. 9. 1994).

() Europäisches Hochgeschwindigkeitsbahnnetz (Berichterstatter: Herr Bleser - ABl. Nr. C 191 vom 22. 7. 1991, S. 22); Kombinierter Verkehr (Berichterstatter: Herr Tukker - ABl. Nr. C 19 vom 25. 1. 1993, S. 29); Verkehrsinfrastruktur: Strassennetz und Binnenwassernetz (Berichterstatter: Herr Bonvicini - ABl. Nr. C 19 vom 25. 1. 1993, S. 32).

() Der Ausschuß verweist auf seine Initiativstellungnahme zur "Binnenschiffahrt" (Berichterstatter: Herr von Haus), insbesondere aber auf deren Kapitel 7 "Transeuropäisches Binnenwasserstrassennetz".

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