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Document 32005D0388

2005/388/EG: Beschluss der Kommission vom 2. Mai 2005 betreffend die erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Handelshemmnis, das in den von Brasilien beibehaltenen Handelspraktiken mit Auswirkungen auf den Handel mit runderneuerten Reifen besteht (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 1302)

ABl. L 272M vom 18.10.2005, p. 305–306 (MT)
ABl. L 128 vom 21.5.2005, p. 71–72 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (BG, RO, HR)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2005/388/oj

21.5.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 128/71


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 2. Mai 2005

betreffend die erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Handelshemmnis, das in den von Brasilien beibehaltenen Handelspraktiken mit Auswirkungen auf den Handel mit runderneuerten Reifen besteht

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2005) 1302)

(2005/388/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 (1) zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation (WHO) vereinbarten Regeln, insbesondere auf Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 5. November 2003 erhielt die Kommission einen Antrag gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 (nachstehend „Handelshemmnisverordnung“ genannt). Der Antrag wurde vom „Bureau International Permanent des Associations de Vendeurs et Rechapeurs de Pneumatiques“ (BIPAVER) gestellt.

(2)

Der Antrag betraf bestimmte angebliche Handelspraktiken Brasiliens, die die Einfuhr runderneuerter Reifen nach Brasilien verhinderten (2). In dem Antrag wurde geltend gemacht, dass diese Praktiken gegen die Artikel III und XI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (nachstehend „GATT 1994“ genannt) verstießen. Auf dieser Grundlage ersuchte der Antragsteller die Kommission, die erforderlichen Schritte zu unternehmen.

(3)

Der Antrag enthielt genügend Beweise, um die Einleitung eines Untersuchungsverfahrens der Gemeinschaft gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Handelshemmnisverordnung zu rechtfertigen. Daraufhin leitete die Kommission nach Konsultationen mit den Mitgliedstaaten im Beratenden Ausschuss am 7. Januar 2004 das Verfahren ein (3).

(4)

Nach der Einleitung des Verfahrens führte die Kommission eine Untersuchung durch. Die Untersuchung betraf ein angebliches Einfuhrverbot und Geldstrafen bei Einfuhren runderneuerter Reifen.

(5)

Im Rahmen der Untersuchung wurden die einschlägigen brasilianischen Rechtsvorschriften über das Einfuhrverbot und die Verhängung von Geldstrafen sowie die Stellungnahmen der verschiedenen brasilianischen Ministerien und brasilianischer Handelsverbände geprüft.

(6)

Die Untersuchung ergab, dass die betroffenen brasilianischen Maßnahmen gegen verschiedene Bestimmungen des GATT 1994 verstoßen, und zwar gegen Artikel I Absatz 1, Artikel III Absatz 4, Artikel XI Absatz 1 und Artikel XIII Absatz 1, und nicht gemäß Artikel XX des GATT 1994, der Ermächtigungsklausel oder anderen geltenden Völkerrechtsinstrumenten gerechtfertigt sind. Die Tatsache, dass die angefochtenen Praktiken gemäß dem WTO-Übereinkommen nicht zulässig sind, ist Beweis für das Vorliegen eines Handelshemmnisses im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Handelshemmnisverordnung.

(7)

Die Untersuchung ergab, dass Brasilien vor der Einführung des Verbots am 25. September 2000 für europäische Hersteller runderneuerter Reifen ein wichtiger Markt war. Von 1995 bis 2000 stiegen die Ausfuhren runderneuerter PKW-Reifen nach Brasilien im Durchschnitt um 58 %, während sie 2001, d. h. nach der Einführung des Verbots, zum ersten Mal in dem Sechsjahreszeitraum zurückgingen, und zwar um 32 %.

(8)

Nach der Einführung des Verbots wurden zwar weiterhin runderneuerte Reifen ausgeführt, und zwar entweder im Rahmen von noch gültigen Einfuhrlizenzen oder aber infolge von Rechtsmitteln, die einige Einführer bei brasilianischen Gerichten einlegten, aber es ist offensichtlich, dass der Markt allmählich gegen europäische Ausführer abgeschottet wurde. Viele Gemeinschaftsausführer konnten im weiteren Verlauf zwar neue Märkte erschließen, waren aber nicht in der Lage, die Einbußen infolge des Erliegens der Ausfuhren nach Brasilien auszugleichen, auf die zuvor ein großer Anteil ihrer Exporteinnahmen entfallen war. Nicht allen gelang es, neue Märkte zu finden oder sich auf neue Produktlinien für besondere Fahrzeuge (runderneuerte Reifen für Gelände- oder Sportwagen usw.) zu verlegen, so dass das Einfuhrverbot im Verein mit anderen Faktoren (späte Zahlung durch den brasilianischen Einführer, Wechselkursschwankungen) einige Gemeinschaftshersteller in den Konkurs trieb.

(9)

Folglich liegen eindeutige Beweise dafür vor, dass der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft unter „handelsschädigenden Auswirkungen“ im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Handelshemmnisverordnung gelitten hat und auch weiterhin leidet.

(10)

Die Ausfuhrdaten und die Antworten auf die Fragebogen, die die Kommission an europäische Hersteller und Ausführer runderneuerter Reifen sandte, untermauern die Behauptung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft, dass Brasilien vor der Einführung des Verbots ein wichtiger Ausfuhrmarkt gewesen war und er Verkäufe von jährlich 3 Mio. Stück bis Ende 2002 antizipiert hatte. Sie belegen auch seine Behauptung, er habe in den vergangenen drei Jahren unter den Auswirkungen des brasilianischen Einfuhrverbots gelitten. In einigen Fällen gingen Unternehmen, die keine neuen Ausfuhrmärkte erschließen konnten, in Konkurs.

(11)

Auf der Grundlage des Vorstehenden kann der Schluss gezogen werden, dass die Interessen der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 12 Absatz 1 der Handelshemmnisverordnung ein Eingreifen im Rahmen der WTO erfordern, um eine rasche Aufhebung des brasilianischen Einfuhrverbots für runderneuerte Reifen zu erreichen, das gegen grundlegende WTO-Regeln verstößt und ein Handelshemmnis im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Handelshemmnisverordnung darstellt.

(12)

Für die Gemeinschaft ist es äußerst wichtig sicherzustellen, dass die WTO-Partner ihren Verpflichtungen uneingeschränkt nachkommen, so wie es auch von der Gemeinschaft verlangt wird. Daher ist es für das reibungslose Funktionieren des multilateralen Handelssystems von grundlegender Bedeutung, dass dieser Verstoß gegen die WTO-Regeln in jenem Forum behandelt wird.

(13)

Versuche zur Beilegung dieses Streits durch zahlreiche Zusammenkünfte mit den brasilianischen Behörden seit der Einführung des Verbots und im gesamten Verlauf dieser Untersuchung ergaben nicht, dass die brasilianischen Behörden bereit sind, eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Da es unwahrscheinlich ist, dass Brasilien seinen Standpunkt ändert, wird die Einleitung eines Verfahrens im Rahmen der WTO-Vereinbarung über die Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten als notwendig erachtet.

(14)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das von der brasilianischen Regierung verhängte Einfuhrverbot für runderneuerte Reifen und die damit verbundenen Geldstrafen sind offenbar nicht mit Brasiliens Verpflichtungen aus dem Marrakesch-Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation vereinbar und stellen ein Handelshemmnis im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 dar.

Artikel 2

Die Gemeinschaft wird gemäß der Vereinbarung über die Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten und anderen einschlägigen WTO-Bestimmungen gegen Brasilien vorgesehen, um die Beseitigung des Handelshemmnisses zu erreichen.

Brüssel, den 2. Mai 2005

Für die Kommission

Peter MANDELSON

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 349 vom 31.12.1994, S. 71. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 356/95 (ABl. L 41 vom 23.2.1995, S. 3).

(2)  Gegenstand des Verfahrens sind runderneuerte Reifen der Codes 4012 11, 4012 12, 4012 13 und 4012 19 der Kombinierten Nomenklatur. Runderneuerte Reifen sind gebrauchte Reifen, deren abgefahrene Lauffläche abgetragen und durch einen neuen Profilbelag ersetzt wird.

(3)  ABl. C 3 vom 7.1.2004, S. 2.


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