Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 31999D0195

    1999/195/EG: Entscheidung der Kommission vom 1. Juli 1998 über die von Italien zugunsten der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA gewährten oder zu gewährenden Beihilfen (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 2047) (Nur der italienische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 63 vom 12.3.1999, p. 55–62 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1999/195/oj

    31999D0195

    1999/195/EG: Entscheidung der Kommission vom 1. Juli 1998 über die von Italien zugunsten der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA gewährten oder zu gewährenden Beihilfen (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 2047) (Nur der italienische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    Amtsblatt Nr. L 063 vom 12/03/1999 S. 0055 - 0062


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 1. Juli 1998 über die von Italien zugunsten der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA gewährten oder zu gewährenden Beihilfen (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 2047) (Nur der italienische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (1999/195/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

    nachdem sie den Beteiligten aufgrund dieser Artikel eine Frist zur Äußerung gesetzt hatte,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I

    Mit Schreiben vom 12. April 1996 und 2. Mai 1996 hat Italien der Kommission seine Absicht mitgeteilt, den Unternehmen Keller SpA und Keller Meccanica SpA, die beide als zahlungsunfähig erklärt und seit 1994 der Sonderverwaltung unterstellt waren, nach Artikel 2a des Gesetzes 95/1979 staatliche Bürgschaften zu gewähren.

    Beide Unternehmen gehören zur Keller-Gruppe, die Eisenbahnfahrzeuge herstellt. Die Obergesellschaft Keller SpA mit Sitz in Sizilien beschäftigt 294 Arbeitnehmer. Die von der Keller SpA kontrollierte Keller Meccanica SpA mit Sitz in Sardinien zählt 319 Beschäftigte.

    Aufgrund des Gesetzes 95/1979 wurde ein Sonderbeauftragter ernannt, der für die Ausarbeitung der Sanierungsprogramme für beide Unternehmen zuständig ist. Diese Sonderprogramme, die mit Ministerialerlaß vom 22. Dezember 1994 genehmigt wurden, sahen unter anderem die Ausführung der bereits eingegangenen Aufträge vor, um die Rentabilität der beiden Gesellschaften im Hinblick auf ihre Veräußerung wiederherzustellen; anderenfalls sollten die Gesellschaften liquidiert werden. Die Verwirklichung der Pläne hat sich wegen Schwierigkeiten bei der Aufbringung der notwendigen Finanzmittel verzögert.

    Was die Finanzierung betrifft, hat die Keller SpA von der Irfis-Mediocredito della Sicilia ein Vorzugsdarlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL erhalten und die Keller Meccanica SpA ein Vorzugsdarlehen in Höhe von 6 500 Mio. ITL von der Società Finanziaria Industriale Rinascita Sardegna - Sfirs SpA. Beide Darlehen wurden zu einem Zinssatz gewährt, der unter dem entsprechenden Referenzsatz für Italien lag (11,35 % im Jahr 1995).

    II

    Wegen der von Italien übermittelten unzureichenden Angaben und der erheblichen Zweifel hinsichtlich der ihr notifizierten Maßnahmen hat die Kommission am 10. Februar 1997 beschlossen, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten in bezug auf:

    - das von der Irfis-Mediocredito della Sicilia SpA der Keller SpA gewährte Vorzugsdarlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL zum Jahreszins von 4 %;

    - das von der Società Finanziaria Industriale Rinascita Sardegna - Sfirs SpA der Keller Meccanica SpA gewährte Vorzugsdarlehen in Höhe von 6 500 Mio. ITL zum Jahreszins von 5 %;

    - die geplante Gewährung staatlicher Bürgschaften gemäß Artikel 2a des Gesetzes 95/1979 zugunsten der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA zur 50%igen Sicherung der erwähnten Vorzugsdarlehen.

    Damals konnte die Kommission die im Sanierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen nicht als Umstrukturierungsmaßnahmen ansehen, weil die Voraussetzungen der Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (1) nicht erfuellt waren. Insbesondere fehlte ein durchführbarer zusammenhängender und auf lange Sicht angelegter Plan zur Wiederherstellung der langfristigen wirtschaftlichen und finanziellen Rentabilität der Unternehmen. Außerdem dürften die beiden zinsgünstigen Darlehen unter Verletzung von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt worden sein, nach dem die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten.

    III

    Die Kommission hat Italien mit Schreiben vom 5. März 1997 von ihrer Entscheidung unterrichtet, wegen der genannten Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten. Dieses Schreiben wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (2) veröffentlicht. Im Rahmen des Verfahrens sind der Kommission keine Bemerkungen seitens Dritter zugegangen.

    Italien hat auf die Einleitung des Verfahrens am 19. Mai 1997 wie folgt reagiert:

    - Was die Beihilfe an die Keller SpA betrifft, wurde das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL nach Angaben der Region Sizilien am 22. April 1996 nach Maßgabe des Regionalgesetzes 25/1993, einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung, gewährt. Dieses der Kommission am 14. März 1995 notifizierte Gesetz wurde durch das Regionalgesetz 20/1995 geändert, mit dem die Regelung des Jahres 1993 auf Unternehmen unter Sonderverwaltung ausgedehnt wurde. Anders als von der Kommission bei der Verfahrenseinleitung angeführt, wurde das Darlehen somit nicht nach Maßgabe des Regionalgesetzes 20/1995, sondern aufgrund des vorigen Regionalgesetzes 25/1993 gewährt. Die sizilianischen Behörden haben auch ihre Absicht mitgeteilt, der Keller SpA keine staatlichen Bürgschaften zu gewähren.

    - Was die Beihilfe an die Keller Meccanica SpA betrifft, wurde nach Angaben der Region Sardinien das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 6 500 Mio. ITL nach Maßgabe des Regionalgesetzes 66/1976 gewährt, das von der Kommission ebenfalls als Beihilferegelung genehmigt wurde und das später geändert wurde, um die aus 1976 stammenden Parameter den neuen wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Die sardischen Behörden haben auf die für die Keller Meccanica SpA vorgesehene staatliche Bürgschaft keinerlei Bezug genommen.

    - Außerdem haben die italienischen und die sardischen Behörden erläutert, daß die Umstrukturierungspläne nur den Vierjahreszeitraum betrafen, der für die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit nach dem Gesetz 95/1979 vorgesehen war. Somit bestand der Zweck dieser Pläne lediglich darin, die laufenden Aufträge auszuführen, die Unternehmen nach Ende dieses Zeitraums an Dritte zu veräußern oder sie zu liquidieren.

    Auf einer Zusammenkunft am 23. Juni 1997 haben die sardischen Behörden hervorgehoben, daß de facto keine Verbindungen zwischen der Keller Meccanica SpA und der Keller SpA bestehen. Hinsichtlich des der Keller Meccanica SpA aufgrund des Regionalgesetzes 66/1976 gewährten zinsgünstigen Darlehens haben die sardischen Behörden betont, daß die Bedingungen, die die Kommission 1985 zur Genehmigung der Beihilferegelung des Jahres 1976 veranlaßt hatten, in Übereinstimmung mit der Definition der KMU, die die Kommission in dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (3) festgelegt hat, aktualisiert wurden.

    Bei dieser Zusammenkunft haben sich die sardischen Behörden verpflichtet, die im Regionalgesetz 66/1976 vorgenommenen Änderungen mitzuteilen und einen Umstrukturierungsplan für die Keller Meccanica SpA vorzulegen. Sie haben auch betont, daß der Keller Meccanica SpA keine staatliche Bürgschaft gewährt wird.

    Nach mehrmaliger Aufforderung durch die Kommission hat Italien am 27. Januar 1998 weitere Informationen über die beiden Unternehmen übermittelt. Insbesondere hat es bekräftigt, daß die im Gesetz 95/1979 vorgesehenen angemeldeten staatlichen Bürgschaften nicht gewährt werden, daß beide Gesellschaften 1994 genehmigte Sanierungspläne durchführen und daß das Veräußerungsverfahren bereits eingeleitet wurde, weil ihre Veräußerung an Dritte im Juni 1998 abgeschlossen werden soll. Deshalb hielt es es nicht mehr für notwendig, der Kommission neue Umstrukturierungspläne zuzuleiten und hat die Notifizierung der staatlichen Bürgschaften nach Artikel 2 des Gesetzes 95/1979 zurückgezogen.

    Italien hat ein Dokument der Region Sardinien beigefügt, aus dem hervorgeht, daß die Änderung der Beihilferegelung des Jahres 1976, die das Darlehen an die Keller Meccanica SpA beinhaltete, zusammen mit einer neuen Änderung, die aus politischen Gründen noch nicht genehmigt wurde, notifiziert werden wird. Trotzdem hat es wiederholt, daß diese Änderungen nur dazu bestimmt sind, die in der ursprünglichen Regelung des Jahres 1976 festgesetzten Parameter zu aktualisieren. Bis heute ist der Kommission keine Mitteilung im Sinne des Artikels 93 Absatz 3 EG-Vertrag zugegangen: Sie wurde lediglich von den fraglichen Änderungen mit Schreiben vom 27. Januar 1998 "informiert".

    IV

    A. Die staatliche Bürgschaft aufgrund des Gesetzes 95/1979

    Die geplante Gewährung staatlicher Bürgschaften für die Keller SpA und die Keller Meccanica SpA im Rahmen des Gesetzes 95/1979 wurde der Kommission nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag notifiziert. Nach Auffassung der Kommission hat Italien die in diesem Artikel verankerte Verpflichtung erfuellt.

    Mit Schreiben vom 27. Januar 1998 hat Italien der Kommission bestätigt, daß die staatlichen Bürgschaften nicht gewährt werden, und hat somit die Notifizierung zurückgezogen. Daher hat die Kommission das wegen dieser Bürgschaften eingeleitete Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 eingestellt.

    B. Das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL an die Keller SpA

    Bei Verfahrenseinleitung hat die Kommission festgestellt, daß Italien zuvor bereits selbst behauptet hat, daß das Darlehen am 22. April 1996 nach Maßgabe des Regionalgesetzes 20/1995 gewährt worden war. Mit diesem Gesetz hat die Region Sizilien die Artikel 30 und 31 des Regionalgesetzes 25/1993 auf der Sonderverwaltung unterstehende Unternehmen ausgedehnt. Die Maßnahmen der Artikel 30 und 31 des Regionalgesetzes 25/1993 wurden von der Kommission 1994 genehmigt (staatliche Beihilfe C 12/92, ex NN 113/A/93 - Italien). Weil das Regionalgesetz 20/1995 eine Änderung des Regionalgesetzes 25/1993 darstellte, hatte es die Kommission als Teil der nunmehr geprüften ursprünglichen Regelung betrachtet, deren Prüfung noch nicht abgeschlossen war (staatliche Beihilfe NN 113/A/93 - Italien).

    Italien hat wie bereits in seiner Stellungnahme zur Verfahrenseinleitung betont, daß das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL der Keller SpA nicht aufgrund des Gesetzes 20/1995 gewährt worden war, sondern im Rahmen des Regionalgesetzes 25/1993. Tatsächlich wurde die Vereinbarung zwischen der Irfis-Mediocredito della Sicilia und der bereits der Sonderverwaltung unterstehenden Keller SpA am 30. Dezember 1994 unterzeichnet, d. h. einen Tag vor dem Termin, den die Kommission in ihrer 1994 ergangenen Entscheidung über die Regionalbeihilfen des Regionalgesetzes 25/1993 festgesetzt hatte (mit diesem Regionalgesetz wurde das Regionalgesetz 119/1983 geändert).

    Dafür, ob die fragliche Maßnahme im Einklang mit der Regelung steht, ist nach Ansicht Italiens auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung über die die Zahlung vorsehende Maßnahme und nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Gewährung des zinsgünstigen Darlehens abzustellen. Diese Auffassung ist von der Kommission mit Schreiben vom 19. Januar 1995 bestätigt worden. Weil nur dem ersten dieser beiden Zeitpunkte Rechnung zu tragen ist, ist daher auszuschließen, daß das zinsgünstige Darlehen aufgrund des Regionalgesetzes 20/1995 gewährt worden war, das damals noch nicht einmal von der Region erlassen worden war.

    Zu dem Regionalgesetz 20/1995 vertritt Italien die Ansicht, daß es nicht die Gewährung neuer staatlicher Beihilfen vorsieht, sondern nur ausdrücklich bekräftigt, daß auch die der Sonderverwaltung unterstehenden Unternehmen die Maßnahmen des Regionalgesetzes 25/1993 beanspruchen können. Mit anderen Worten klärt das Regionalgesetz 20/1995 nur die Auslegung des Regionalgesetzes 25/1993. Es führt weiter aus, daß der italienischen Regelung zufolge die der Sonderverwaltung unterstehenden Unternehmen ebenfalls die Möglichkeit haben, für das laufende Geschäft neue Finanzmittel zu erhalten. Insbesondere verbieten weder das Regionalgesetz 119/1983 noch das Regionalgesetz 25/1993 Vergünstigungen für Unternehmen unter Sonderverwaltung.

    Nach Auffassung der Kommission widersprechen die Argumente Italiens den zuvor übermittelten Angaben. Mit Schreiben vom 20. September 1996 (der Kommission mit Schreiben der italienischen Vertretung vom 12. Dezember 1996 zugegangen) teilte die Region Sizilien mit, daß das Regionalgesetz 20/1995 die Vergünstigungen des Regionalgesetzes 25/1993 auf die Unternehmen unter Sonderverwaltung ausdehnt. In einem weiteren Schreiben der Region Sizilien vom 21. April 1997 (das der Kommission mit Schreiben der Ständigen Vertretung Italiens vom 19. Mai 1997 zuging) hieß es, daß das Regionalgesetz 20/1995 nur dazu bestimmt war, eine bereits beschlossene Maßnahme durchführbar zu machen.

    Dies zeigt, daß das Regionalgesetz 25/1993 nicht auf die Unternehmen unter Sonderverwaltung im Sinne von Artikel 2a des Gesetzes 95/1979 anwendbar war. Dies wird auch dadurch bestätigt, daß Italien am 14. März 1995 beschlossen hat, der Kommission die im Regionalgesetz 25/1993 vorgesehenen Änderungen gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag zu notifizieren.

    In jedem Fall glaubt die Kommission, daß das Regionalgesetz 20/1995 nicht rückwirkend angewendet werden konnte. Der Standpunkt der Kommission wurde Italien mit Schreiben vom 2. Mai 1996 mitgeteilt, in dem es heißt, daß "die mit Artikel 1 des Regionalgesetzes 20/1995 eingeführte Änderung, die die Ausweitung der Anwendbarkeit dieser Regelung auf Unternehmen vorsieht, die nach Maßgabe des Gesetzes 95/1979 der Sonderverwaltung unterstehen, eine Änderung einer bestehenden Regelung ist, die nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag der Kommission zu notifizieren und von ihr zu genehmigen ist. Das Unternehmen Keller SpA kann daher im Augenblick die fragliche Beihilferegelung (Regionalgesetz 20/1995) nicht beanspruchen."

    Somit ist das zinsgünstige Darlehen der Keller SpA, die sich bereits unter Sonderverwaltung befand, aufgrund einer Regelung gewährt worden, die eine derartige Beihilfe nicht zuließ. Die fragliche Regelung hatte Beihilfen in Form zinsgünstiger Darlehen bis zu 30 % des gesamten vertraglichen Werts der Aufträge, die von den in Sizilien tätigen Unternehmen entgegengenommen worden waren, zugelassen. Da es sich um Betriebsbeihilfen handelte, hatte die Kommission beschlossen, ihre Genehmigung auf die damals verfügbaren 50 000 Mio. ITL und die bis zum 31. Dezember 1994 durchzuführenden Maßnahmen zu beschränken.

    Außerdem ist das zinsgünstige Darlehen gewährt worden, bevor die es zulassenden Änderungen angenommen wurden und bevor die Kommission zu diesen Änderungen Stellung nehmen konnte. Das im zinsgünstigen Darlehen enthaltene Beihilfeelement ist daher als unrechtmäßig zu betrachten, weil es ohne Rücksicht auf die in der genehmigten Regelung vorgesehenen Bedingungen und unter Verletzung der den Mitgliedstaaten von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag auferlegten Pflicht gewährt wurde, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig zu unterrichten, daß sie sich dazu äußern kann. Die Kommission muß daher die fragliche Beihilfe als neue Einzelmaßnahme, die von der genehmigten Regelung nicht gedeckt wird, betrachten. Da sich das Unternehmen eindeutig in Schwierigkeiten befindet und da Italien die staatliche Bürgschaft für einen Teil dieses Darlehens als Umstrukturierungsbeihilfe bezeichnet hat, ist das Darlehen auf der Grundlage der Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zu beurteilen.

    C. Das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 6 500 Mio. ITL an die Keller Meccanica SpA

    Ähnliche Schlüsse wie in Abschnitt B können auch hinsichtlich des zinsgünstigen Darlehens in Höhe von 6 500 Mio. ITL gezogen werden, das von der Società Finanziaria Industriale Rinascita Sardegna - Sfirs SpA der Keller Meccanica SpA gewährt wurde.

    Bei Verfahrenseinleitung hat die Kommission bemerkt, daß das zinsgünstige Darlehen nicht den Bedingungen entspricht, auf deren Grundlage sie die Beihilferegelung genehmigt hat (staatliche Beihilfe C 4/85 - Italien), insbesondere was die Größe der etwaigen Beihilfeempfänger betrifft. Nach der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung sind Empfänger nur Unternehmen mit Anlageinvestitionen von unter 7 Mrd. ITL und höchstens 100 Beschäftigten. Nach den Angaben der italienischen Behörden vor Verfahrenseinleitung zählte die Keller Meccanica SpA 319 Beschäftigte bei insgesamt 53 466 Mio. ITL Anlageinvestitionen.

    Italien hat in seinen Bemerkungen bei Verfahrenseinleitung vorgebracht, daß der Kommission bei der Ermittlung des Parameters für die Hoechstzahl der Beschäftigten ein Irrtum unterlaufen ist. Seiner Ansicht nach hat die Kommission bei der Genehmigung der Maßnahmen des Regionalgesetzes 66/1976 zunächst den finanzierbaren Hoechstbetrag je Arbeitseinheit (14 000 oder 18 000 ECU) festgesetzt und hat dann die Zahl von 100 Beschäftigten zugrunde gelegt, um den finanzierbaren Hoechstbetrag je Unternehmen unabhängig von der effektiven Arbeitnehmerzahl zu bestimmen. Außerdem stehe die strenge Begrenzung auf 100 Beschäftigte in Widerspruch mit der von der Kommission aufgestellten Definition der KMU (250 Beschäftigte), weshalb eine hohe Zahl von KMU für die hier geprüften Vergünstigungen nicht in Frage käme.

    Außerdem hat Italien ausgeführt, daß die Änderungen, die die Kommission als aufeinanderfolgende Änderungen der Regelung betrachtet hat, durch die die Keller Meccanica SpA überhaupt beihilfefähig wurde, nur Neubewertungen dieser Parameter waren (Anlageinvestitionen und Finanzaufwand je Beschäftigten). Der ursprüngliche Parameter, d. h. 7 Mrd. ITL Anlageinvestition, sei so niedrig, daß er inzwischen nicht einmal mehr von mittleren Handwerksunternehmen erfuellt werde. Wegen des ständigen Kaufkraftverlusts der Lira seien die Kriterien vorsichtig höher angesetzt worden. Dabei sei zu bedenken, daß diese Neubewertung immer noch unter der Wertminderung liege, die die Lira in dem Zeitraum 1980-1992 erfahren habe und die vom ISTAT auf 130,6 % berechnet worden sei.

    Was das zinsgünstige Darlehen an die Keller Meccanica SpA betrifft, stellt die Kommission fest, daß die Zulässigkeitskriterien in ihrer Entscheidung aus dem Jahr 1985 eindeutig festgelegt waren (staatliche Beihilfe C 4/85 - Italien). In dem Schreiben an Italien, mit dem dieses von der Entscheidung der Kommission unterrichtet wird, heißt es ausdrücklich, daß "die Kommission die Beschränkungen für die Größe der Empfängerunternehmen (höchstens 100 Beschäftigte und 7 Milliarden ITL Anlageinvestitionen) zur Kenntnis genommen hat." Die Begrenzung auf 100 Beschäftigte ist daher als Größenkriterium und Hoechstgrenze zu verstehen. Auch wenn Italien zu der Auffassung gelangt wäre, daß die Entscheidung der Kommission nicht die Bedeutung der angemeldeten Regelung erfaßt, so hat es doch innerhalb der vorgesehenen Frist keine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erhoben. Die Entscheidung ist daher endgültig und unwiderruflich.

    Da die genehmigte Regelung kein Verfahren zur Anpassung der Beihilfeparameter und der Förderfähigkeit der Begünstigten vorsah, waren die später erfolgten Änderungen erheblich und hätten der Kommission nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag notifiziert werden müssen. Da dies nicht geschah, ist nicht davon auszugehen, daß die von der Kommission erteilte Genehmigung der fraglichen Regelung für das zinsgünstige Darlehen an die Keller Meccanica SpA gilt. Die von Italien mitgeteilten Angaben erlauben keine Änderung des bei Verfahrenseinleitung vertretenen Standpunkts. Das Darlehen entspricht nicht den Bedingungen, unter denen die Kommission die Beihilferegelung genehmigt hat, insbesondere hinsichtlich der Größe der etwaigen Empfänger.

    Da das zinsgünstige Darlehen in Höhe von 6 500 Mio. ITL der Keller Meccanica SpA ohne Rücksicht auf die von der genehmigten Regelung vorgesehenen Bedingungen gewährt wurde, muß es die Kommission als neue Einzelmaßnahme, die nicht unter die genehmigte Regelung fällt, betrachten. Da das Unternehmen sich außerdem eindeutig in Schwierigkeiten befindet, ist das Darlehen anhand der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zu bewerten.

    V

    Die Zinsverbilligung für die Darlehen an die Keller SpA und die Keller Meccanica SpA ist als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen.

    Auch hat Italien während des gegenwärtigen Verfahrens niemals bestritten, daß die Zinsverbilligung für die beiden Darlehen als Beihilfe zu bezeichnen ist. Es hat nie die Anwendung von Ausnahmeregelungen gefordert und nur bemerkt, daß die beiden zinsgünstigen Darlehen auf der Grundlage von durch die Kommission genehmigten Regionalbeihilferegelungen gewährt wurden.

    Nach den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten verfälschen solche Beihilfen naturgemäß den Wettbewerb und beeinträchtigen den Handel zwischen Mitgliedstaaten. Die Wettbewerbsverfälschungen und die Beeinträchtigungen des Handels werden auch durch die Lage in dem Sektor, in dem die beiden Unternehmen tätig sind, bestätigt.

    Der in Rede stehende Sektor umfaßt den Bau von Fahrzeugen für die Eisenbahn und den städtischen Schienenverkehr (4). Nach einer Zeit der Stagnation von Mitte bis Ende der 80er Jahre ist die Nachfrage von 1991 bis 1994 rasch gestiegen. Sowohl die Herstellung als auch der Verbrauch sind 1994 leicht zurückgegangen (um 4,7 bzw. 1,7 %). Sodann war ein starker Einbruch zu verzeichnen: Die Herstellung nahm um 16,5 % ab und der Verbrauch um 13,9 % und lagen damit unter den Werten des Jahres 1992.

    Die Nachfrage konzentriert sich in diesem Sektor auf eine kleine Zahl von Abnehmern: nationale und regionale Eisenbahnunternehmen, städtische Verkehrsunternehmen, private Vermietungs- und Leasinggesellschaften sowie Industrieunternehmen mit eigenen Eisenbahnfahrzeugen. Die Nachfrage nach Eisenbahnfahrzeugen hängt von der langfristigen Infrastruktur- und Verkehrspolitik ab, die wiederum von dem politischen und wirtschaftlichen Klima beeinflußt werden.

    Da der Markt aus einer eher begrenzten Zahl von Abnehmern mit wenigen sich im allgemeinen über viele Jahre erstreckenden Großprojekten besteht, ist der Wettbewerb zwischen den Herstellern äußerst hart. Für die Hersteller von Eisenbahnfahrzeugen ist deshalb jeder Auftrag von entscheidender Bedeutung. Die Erfahrungen und Größenvorteile infolge einer Vielzahl von Aufträgen sind ausschlaggebend für die Attraktivität jedes weiteren Angebots eines Herstellers im Hinblick auf Neuaufträge.

    Jahrzehntelange Abhängigkeit zwischen Eisenbahnunternehmen und Lieferanten hat ein Überangebot entstehen lassen, daß nur teilweise durch Ausfuhren nach Nicht-EU-Ländern ausgeglichen werden konnte. In der Vergangenheit gab es wenig grenzüberschreitende Aufträge von Ländern mit eigenen Herstellern (mit Ausnahme der Niederlande, Spaniens und unlängst des Vereinigten Königreichs). Der Zugang einzelner Lieferanten zu neuen nationalen Märkten ist im allgemeinen auf eine Übernahme, eine Beteiligung oder die Mitwirkung an einem Konsortium zurückzuführen.

    Die Richtlinie 90/531/EWG des Rates (5) über öffentliche Dienstleistungsaufträge in früher ausgeschlossenen Märkten, zu denen auch der Verkehr gehörte, zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/22/EWG (6), hat den europäischen Herstellern neue Geschäftsmöglichkeiten verschafft, nachdem jahrelang der Zugang zu den nationalen Märkten beschränkt war. Außerdem dürfte sich die Entwicklung grenzüberschreitender Käufe dadurch verstärken, daß die Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (7) eine stärkere Trennung der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur von der Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen vorsieht.

    Der innergemeinschaftliche Handel mit Eisenbahnfahrzeugen (8) belief sich 1993 auf 1,5 Mrd. ECU, 1994 auf 2,6 Mrd. ECU, 1995 auf 1,4 Mrd. ECU und 1996 auf 1,2 Mrd. ECU. Der Anteil Italiens läßt sich wie folgt beziffern:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Nach Angaben Italiens betrugen die Ausfuhren von Eisenbahnfahrzeugen der Keller SpA nach Deutschland 1991, 1992 und 1993 7 414 Mio. ITL, 18 968 Mio. ITL bzw. 6 820 Mio. ITL.

    VI

    Italien hat die staatliche Bürgschaft für einen Teil der zinsgünstigen Darlehen an die Keller SpA und die Keller Meccanica SpA als Umstrukturierungsbeihilfen bezeichnet. Demzufolge sind auch die Darlehen selbst als Finanzhilfen zur Umstrukturierung zu betrachten. Auch wenn die Beihilfeelemente beider zinsgünstigen Darlehen als Rettungsbeihilfen zu betrachten wären, könnten sie nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten nicht genehmigt werden. Insbesondere erfuellen sie nicht alle Voraussetzungen dieser Leitlinien und wurden vor allem nicht für die Zeit gewährt, die zur Aufstellung des notwendigen und realistischen Sanierungsplans erforderlich ist. Nur falls die Kommission den Umstrukturierungsplan noch am Ende des Zeitraums, für den die Rettungsbeihilfe gewährt wurde, prüft, kann sie eine Verlängerung der Rettungsbeihilfe bis zum Abschluß dieser Prüfung befürworten.

    Im vorliegenden Fall soll es die Beihilfe den beiden Unternehmen ermöglichen, die laufenden Aufträge auszuführen. In Anbetracht der Auftragstermine (31 bis 39 Monate) geht die Laufzeit der Darlehen weit über die sechs Monate hinaus, für die normalerweise eine Rettungsbeihilfe genehmigt wird. Außerdem, wie noch zu erläutern sein wird, bezwecken die der Kommission übermittelten Pläne lediglich die Ausführung der Aufträge und können nicht als Umstrukturierungspläne zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens angesehen werden.

    Nach den EU-Leitlinien über staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten werden Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur unter solchen Umständen genehmigt, unter denen nachgewiesen werden kann, daß ihre Genehmigung im Gemeinschaftsinteresse liegt. Dies ist nur dann möglich, wenn strenge Kriterien erfuellt werden und den möglichen wettbewerbsverfälschenden Wirkungen der Beihilfen in vollem Umfang Rechnung getragen wird.

    Die Kommission kann die Beihilfe nur genehmigen, wenn der Umstrukturierungsplan die nachstehenden Voraussetzungen sämtlich erfuellt:

    - Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität und Lebensfähigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich der künftigen Betriebsbedingungen. Eine Umstrukturierungsbeihilfe muß also an ein tragfähiges Umstrukturierungs-/Sanierungsprogramm geknüpft sein, das der Kommission im nötigen Detail vorgelegt wird;

    - Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen durch die Beihilfe;

    - angemessenes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen der Umstrukturierung;

    - vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplans und Vorlage von ausführlichen Jahresberichten an die Kommission.

    Im Fall der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA hat Italien Sanierungspläne zur Ausführung der laufenden Aufträge als Mittel zur Wiederherstellung der Rentabilität beider Unternehmen vorgelegt. Außerdem bestand die Möglichkeit, daß neue Aufträge angenommen würden, falls die bereits laufenden vorzeitig abgeschlossen würden. Alle geplanten Maßnahmen, einschließlich der Erneuerung der Produktionsanlagen und der Modernisierung der Maschinen, dienen diesem Zweck. Der von der Keller SpA der Kommission zugeleitete Finanzplan sieht nach Ausführung der Aufträge ein positives Endergebnis von 1 805 Mio. ITL vor. Im Fall der Keller Meccanica SpA wird dieses Ergebnis mit 8 300 Mio. ITL angesetzt.

    Bei Verfahrenseinleitung hatte keines der beiden Unternehmen Neuaufträge zu verzeichnen. Die Kommission konnte nicht schließen, daß die von beiden Unternehmen ausgearbeiteten Umstrukturierungspläne langfristig die Rentabilität wiederherstellen würden, weil auch bei Ausführung der laufenden Aufträge die erwarteten Ergebnisse nicht ausreichen würden, um die erlittenen Verluste auszugleichen.

    In seiner Stellungnahme zur Verfahrenseinleitung hat Italien auf die Besonderheit der Bestimmungen des Gesetzes 95/1979 hingewiesen, daß mit der Sonderverwaltung die Fortsetzung der Tätigkeit des insolventen Unternehmens bezweckt wird, wo sich unter Umständen seine Sanierung durch die Übertragung auf Private in kürzest möglicher Zeit abzeichnet. Das Sanierungsprogramm kann sich offensichtlich nicht über einen längeren Zeitraum als die Sonderverwaltung (höchstens vier Jahre) erstrecken. Die Zukunft der beiden Unternehmen nach dieser Zeit muß von dem etwaigen privaten Käufer entschieden werden. Außerdem haben die sardischen Behörden erläutert, daß die Aufgaben des Sonderkommissars im Fall der Keller Meccanica SpA im Rahmen der Sonderverwaltung nicht struktureller Art sind, sondern auf die Ausführung der laufenden Aufträge abzielen.

    Italien hat in seinem letzten Schreiben vom 27. Januar 1998 die Kommission von der Einleitung des Verkaufs der Betriebe der Keller SpA und der Keller Meccanica SpA unterrichtet, weshalb sich die Vorlage eines Umstrukturierungsplans nunmehr erübrigt.

    Auf der Grundlage obiger Angaben kann die Kommission ihre ersten Schlußfolgerungen nicht revidieren, daß das vom Sonderkommissar für die Keller SpA und die Keller Meccanica SpA im Rahmen des Gesetzes 95/1979 ausgearbeitete "Sanierungsprogramm" nur einen Finanzplan mit dem Ziel darstellt, die zum Zeitpunkt der Anwendung des Gesetzes eingegangenen Aufträge auszuführen.

    Das Sanierungsprogramm kann nicht als Umstrukturierungsplan im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden, da es sich nicht um einen realistischen, zusammenhängenden und weitreichenden Plan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens handelt. Um dem Kriterium der Rentabilität zu entsprechen, muß der Umstrukturierungsplan es dem Unternehmen ermöglichen, seine gesamten Kosten, einschließlich Tilgungen und finanzielle Lasten, zu decken, und außerdem einen minimalen Kapitalertrag abwerfen, damit das Unternehmen nach Durchführung des Umstrukturierungsprogramms keine weiteren staatlichen Beihilfen mehr benötigt und sich unter Nutzung seiner eigenen Ressourcen der Marktkonkurrenz stellen kann.

    Dies ist im vorliegenden Fall eindeutig nicht gegeben. Die Maßnahme bezweckte, die Tätigkeit beider Unternehmen während eines bestimmten Übergangszeitraums, bis ein privater Käufer gefunden wird, aufrechtzuerhalten. Italien räumt sogar ein, daß jede Initiative zur Sicherung der künftigen Rentabilität der Unternehmen von dem potentiellen privaten Käufer ausgehen muß, sobald die Zwangsverwaltung eingestellt wird. Es ist daher festzustellen, daß die erste und wichtigste Voraussetzung der Leitlinien (ein Plan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens) nicht erfuellt ist.

    Ebensowenig ist die Bedingung der Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen durch die Beihilfen erfuellt, da beide Unternehmen in der Übergangszeit zum Schaden der keine Beihilfen erhaltenden Konkurrenten des Bereichs künstlich am Leben gehalten werden. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, daß die beiden Unternehmen Neuaufträge erhalten.

    Deshalb können auf die Beihilfeelemente, die in den zinsgünstigen Darlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL an die Keller SpA bzw. 6 500 Mio. ITL an die Keller Meccanica SpA enthalten sind, nicht die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) angewendet werden, der allein für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten gilt. Die Ausnahmeregelung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe a) ist insofern nicht anwendbar, als die Beihilfe nicht auf die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten mit außergewöhnlich niedriger Lebenshaltung abzielt.

    Würden beide Gesellschaften nach Ablauf der vierjährigen Zwangsverwaltung privatisiert, hätte die Kommission aus den genannten Gründen die gleichen Schlüsse gezogen. Dies hätte die Kommission jedoch nicht davon entbunden, zu den Maßnahmen Stellung zu beziehen, die während der Übergangszeit der Zwangsverwaltung getroffen wurden und die unabhängig von einer potentiellen Veräußerung getrennt beurteilt werden müssen.

    Auch der Umstand, daß beide Unternehmen der Sonderverwaltung unterliegen, ändert nichts an den Schlußfolgerungen der Kommission. Im früheren Fall einer staatlichen Beihilfe (staatliche Beihilfe C 8/96 Ferdofin Srl (9)) hat die Kommission die Auffassung vertreten, daß die Ferdofin aufgrund des Gesetzes 95/1979 gewährte Beihilfe eine staatliche Beihilfe darstellte, weil die aufgrund des genannten Gesetzes ergriffenen Maßnahmen nicht für alle Unternehmen, sondern nur für die größten (über 300 Beschäftigte) bestimmt sind, und daß das Verfahren selbst im Ermessen der Verwaltung steht. Da kein echter Umstrukturierungsplan vorlag, hat die Kommission den Fall abgeschlossen, indem sie die Rückforderung der von den italienischen Behörden der Ferdofin gewährten Beihilfe angeordnet hat. Im Einklang mit dieser Entscheidung dürfen Fälle wie der vorliegende die Kommission nicht dazu veranlassen, einen unterschiedlichen Standpunkt zu vertreten.

    VII

    Die Beihilfeelemente können als Unterschiedsbetrag zwischen den für die Gesellschaften geltenden Zinssätzen und dem Referenzzinssatz berechnet werden, der für die Ermittlung des Nettosubventionsäquivalents der Regionalbeihilfen in Italien 1995 herangezogen wurde, das heißt 11,35 %. Daraus ergibt sich ein Beihilfeelement in Höhe von 4 288 Mio. ITL für das zinsgünstige Darlehen an die Keller SpA und ein Beihilfeelement in Höhe von 903 Mio. ITL für das zinsgünstige Darlehen an die Keller Meccanica SpA.

    Daraus ist zu schließen, daß die Zinsverbilligungen, die sich im Fall des zinsgünstigen Darlehens an die Keller SpA auf 4 288 Mio. ITL und im Fall des zinsgünstigen Darlehens an die Keller Meccanica SpA auf 903 Mio. ITL belaufen, als unrechtmäßig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären sind.

    Wenn die Kommission feststellt, daß eine unrechtmäßig gewährte Beihilfe gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, kann sie dem Mitgliedstaat auferlegen, diese vom Empfänger zurückzufordern, wie der Gerichtshof in seinen Urteilen in den Rechtssachen 70/72 Kommission gegen Deutschland (10) 310/85 Deufil gegen Kommission (11) und C-5/89 Kommission gegen Deutschland (12) bestätigt hat.

    Italien wird daher aufgefordert, die notwendigen Schritte vorzunehmen, um die unrechtmäßige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe zurückzufordern -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Die Bedingungen, unter denen zinsgünstige Darlehen in Höhe von 33 839 Mio. ITL der Keller SpA und in Höhe von 6 500 Mio. ITL der Keller Meccanica SpA gewährt wurden, entsprechen nicht denjenigen, die in den von der Kommission genehmigten Regionalbeihilferegelungen vorgesehen sind. Außerdem wurden diese Darlehen gewährt, bevor sich die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag zu den später an diesen Regelungen vorgenommenen Änderungen äußern konnte.

    Artikel 2

    Die in Form von Zinsverbilligungen gewährten Beihilfen in Höhe von 4 288 Mio. ITL an die Keller SpA und in Höhe von 903 Mio. ITL an die Keller Meccanica SpA sind unrechtmäßig.

    Auf diese Beihilfen ist keine der Ausnahmebestimmungen nach Artikel 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag oder nach Artikel 61 Absätze 2 und 3 EWR-Abkommen anwendbar. Sie sind deshalb im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag und des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

    Artikel 3

    Italien trifft die geeigneten Maßnahmen, um die Rückzahlung der unrechtmäßig gezahlten Beihilfen nach Artikel 2 sicherzustellen. Die Rückzahlung erfolgt im Einklang mit den in Italien geltenden Verfahren und sonstigen Vorschriften.

    Die zurückzuzahlenden Beträge sind ab dem Zeitpunkt der Beihilfegewährung bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung zu verzinsen. Die Zinsen werden auf der Grundlage des Referenzsatzes berechnet, der in Italien zum Zeitpunkt der Rückzahlung für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents der Regionalbeihilfen herangezogen wird.

    Artikel 4

    Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die es getroffen hat, um ihr nachzukommen.

    Artikel 5

    Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

    Brüssel, den 1. Juli 1998

    Für die Kommission

    Karel VAN MIERT

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. C 368 vom 23. 12. 1994, S. 12.

    (2) ABl. C 140 vom 7. 5. 1997, S. 12.

    (3) ABl. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 2.

    (4) Panorama der EU-Industrie 97, Europäische Kommission.

    (5) ABl. L 297 vom 29. 10. 1990, S. 1.

    (6) ABl. L 164 vom 30. 6. 1994, S. 3.

    (7) ABl. L 237 vom 24. 8. 1991, S. 25.

    (8) Eurostat, Intra European Union Statistics.

    (9) ABl. L 306 vom 11. 11. 1997, S. 25.

    (10) Slg. 1973, 813.

    (11) Slg. 1987, 901.

    (12) Slg. 1990, I-3437.

    Top