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Document 22023A0228(01)

    ÜBERSETZUNG Zweites Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität über eine verstärkte Zusammenarbeit und die Weitergabe elektronischen Beweismaterials

    ST/14898/2021/INIT

    ABl. L 63 vom 28.2.2023, p. 28–47 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document Date of entry into force unknown (pending notification) or not yet in force.

    Related Council decision

    28.2.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 63/28


    ÜBERSETZUNG

    Zweites Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität über eine verstärkte Zusammenarbeit und die Weitergabe elektronischen Beweismaterials

    Präambel

    DIE MITGLIEDSTAATEN DES EUROPARATS UND DIE ANDEREN VERTRAGSSTAATEN des am 23. November 2001 in Budapest zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über Computerkriminalität (SEV Nr. 185, im Folgenden „Übereinkommen“), die dieses Protokoll unterzeichnen —

    EINGEDENK der Reichweite und Wirkung des Übereinkommens weltweit,

    IM HINBLICK darauf, dass das Übereinkommen für die Vertragsparteien des entsprechenden Protokolls bereits durch das am 28. Januar 2003 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegte Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art (SEV Nr. 189, im Folgenden „Erstes Zusatzprotokoll“) ergänzt wurde,

    UNTER BERÜCKSICHTIGUNG bestehender Verträge des Europarats über die Zusammenarbeit in Strafsachen sowie sonstiger Übereinkünfte und Vereinbarungen über die Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen den Vertragsparteien des Übereinkommens,

    IM HINBLICK auch auf das Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV Nr. 108) in der durch das am 10. Oktober 2018 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegte Änderungsprotokoll (SEV Nr. 223) geänderten Fassung, zu dessen Beitritt jeder Staat eingeladen werden kann,

    ANGESICHTS der zunehmenden Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik einschließlich Internetdiensten sowie wachsender Computerkriminalität, die eine Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und nach Auffassung vieler Staaten auch eine Bedrohung für die Menschenrechte darstellt,

    AUCH ANGESICHTS der steigenden Zahl an Opfern von Computerkriminalität und der Wichtigkeit, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen,

    IM HINBLICK darauf, dass Regierungen in der Verantwortung stehen, die Gesellschaft und den einzelnen Menschen nicht nur offline, sondern auch online vor Straftaten zu schützen, auch mithilfe wirksamer strafrechtlicher Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen,

    IN DEM BEWUSSTSEIN, dass Beweismaterial zu Straftaten zunehmend in elektronischer Form auf Computersystemen in ausländischen, mehreren oder unbekannten Rechtsordnungen gespeichert ist, und in der Überzeugung, dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um solches Beweismaterial rechtmäßig zu erlangen, damit eine wirksame Strafverfolgung ermöglicht wird und die Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt,

    IN DER ERKENNTNIS, dass eine verstärkte und effizientere Zusammenarbeit zwischen Staaten und dem Privatsektor und in diesem Zusammenhang mehr Klarheit beziehungsweise Rechtssicherheit für Diensteanbieter und sonstige Stellen hinsichtlich der Umstände, unter denen sie Ersuchen um Weitergabe elektronischer Daten vonseiten der Strafverfolgungsbehörden aus anderen Vertragsstaaten unmittelbar nachkommen dürfen, erforderlich ist,

    DEMENTSPRECHEND mit dem Ziel einer weiteren Verstärkung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Computerkriminalität und bei der Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form zu allen Arten von Straftaten für die Zwecke spezifischer strafrechtlicher Ermittlungen oder Verfahren durch zusätzliche Instrumente mit Bezug auf eine effizientere Rechtshilfe und sonstige Formen der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden, durch Zusammenarbeit in Notfällen und durch direkte Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden und den Diensteanbietern sowie sonstigen Stellen, in deren Besitz oder unter deren Kontrolle sich relevante Informationen befinden,

    IN DER ÜBERZEUGUNG, dass wirksame Bedingungen und Garantien für den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten eine wirksame grenzüberschreitende Zusammenarbeit im strafrechtlichen Bereich, auch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, begünstigen,

    IN DER ERKENNTNIS, dass bei der Erhebung elektronischen Beweismaterials für strafrechtliche Ermittlungen häufig personenbezogene Daten betroffen sind und dass viele Vertragsstaaten den Schutz von Privatsphäre und personenbezogenen Daten gewährleisten müssen, um ihren verfassungsrechtlichen und internationalen Verpflichtungen nachzukommen, und

    MIT RÜCKSICHT darauf, dass für wirksame Strafverfolgungsmaßnahmen in Bezug auf Computerkriminalität und für die Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form Bedingungen und Garantien gelten müssen, die einen angemessenen Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorsehen, einschließlich der Rechte, die sich aus den Verpflichtungen der Staaten nach geltenden internationalen Menschenrechtsinstrumenten ergeben, wie der Konvention des Europarats zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 (SEV Nr. 5), des Internationalen Pakts der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte von 1966, der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker von 1981, der Amerikanischen Menschenrechtskonvention von 1969 und weiterer völkerrechtlicher Verträge auf dem Gebiet der Menschenrechte —

    SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

    KAPITEL I

    Allgemeine Bestimmungen

    Artikel 1

    Zweck

    Dieses Protokoll hat zum Zweck,

    a)

    das Übereinkommen für die Vertragsparteien dieses Protokolls zu ergänzen, und

    b)

    das Erste Zusatzprotokoll für die Vertragsparteien des vorliegenden Protokolls, die auch Vertragsparteien des Ersten Zusatzprotokolls sind, zu ergänzen.

    Artikel 2

    Geltungsbereich

    (1)   Soweit in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist, werden die hierin bezeichneten Maßnahmen

    a)

    zwischen den Vertragsparteien des Übereinkommens, die Vertragsparteien dieses Protokolls sind, auf spezifische strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren in Bezug auf Straftaten in Zusammenhang mit Computersystemen und -daten und auf die Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form für eine Straftat angewandt, und

    b)

    zwischen den Vertragsparteien des Ersten Zusatzprotokolls, die Vertragsparteien des vorliegenden Protokolls sind, auf spezifische strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren in Bezug auf Straftaten nach dem Ersten Zusatzprotokoll angewandt.

    (2)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um den in diesem Protokoll bezeichneten Verpflichtungen nachzukommen.

    Artikel 3

    Begriffsbestimmungen

    (1)   Die Begriffsbestimmungen in Artikel 1 und Artikel 18 Absatz 3 des Übereinkommens gelten für dieses Protokoll.

    (2)   Im Sinne dieses Protokolls gelten die folgenden zusätzlichen Begriffsbestimmungen:

    a)

    „zentrale Behörde“ bezeichnet die im Rahmen eines zwischen den betreffenden Vertragsparteien geltenden Rechtshilfevertrags oder einer zwischen den betreffenden Vertragsparteien geltenden, auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffenen Übereinkunft bestimmte Behörde beziehungsweise bestimmten Behörden, oder in Ermangelung dessen die von einer Vertragspartei nach Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe a des Übereinkommens bestimmte Behörde beziehungsweise bestimmten Behörden;

    b)

    „zuständige Behörde“ bezeichnet eine Justiz-, Verwaltungs- oder sonstige Strafverfolgungsbehörde, die nach innerstaatlichem Recht ermächtigt ist, Maßnahmen im Sinne dieses Protokolls für Zwecke der Erhebung oder Herausgabe von Beweismaterial in Bezug auf spezifische strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren anzuordnen, zu bewilligen oder durchzuführen;

    c)

    „Notfall“ bezeichnet eine Lage, in der eine erhebliche und unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer natürlichen Person besteht;

    d)

    „personenbezogene Daten“ bezeichnet Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen;

    e)

    „übermittelnde Vertragspartei“ bezeichnet die Vertragspartei, die die Daten im Rahmen der Erledigung eines Ersuchens oder einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe übermittelt, oder, für die Zwecke von Kapitel II Abschnitt 2, eine Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich ein übermittelnder Diensteanbieter oder eine Stelle, die Domänennamenregistrierungsdienste bereitstellt, befindet.

    Artikel 4

    Sprache

    (1)   Ersuchen, Anordnungen und begleitende Angaben sind einer ersuchten Vertragspartei oder einer nach Artikel 7 Absatz 5 benachrichtigten Vertragspartei in einer für sie annehmbaren Sprache vorzulegen oder ihnen ist eine Übersetzung in eine solche Sprache beizufügen.

    (2)   Anordnungen nach Artikel 7 und Ersuchen nach Artikel 6 sowie begleitende Angaben müssen

    a)

    in einer Sprache der anderen Vertragspartei, in der der Diensteanbieter oder die Stelle vergleichbare innerstaatliche Abläufe entgegennimmt, vorgelegt werden,

    b)

    in einer anderen für den Diensteanbieter oder die Stelle annehmbaren Sprache vorgelegt werden, oder

    c)

    ihnen ist eine Übersetzung in eine der Sprachen nach Absatz 2 Buchstabe a oder b beizufügen.

    KAPITEL II

    Maßnahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit

    Abschnitt 1

    Allgemeine Grundsätze für Kapitel II

    Artikel 5

    Allgemeine Grundsätze für Kapitel II

    (1)   Die Vertragsparteien arbeiten nach Maßgabe dieses Kapitels im größtmöglichen Umfang zusammen.

    (2)   Abschnitt 2 dieses Kapitels besteht aus den Artikeln 6 und 7. Er sieht Verfahren zur Verstärkung der unmittelbaren Zusammenarbeit mit Anbietern und Stellen im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei vor. Abschnitt 2 findet unabhängig davon Anwendung, ob zwischen den betreffenden Vertragsparteien ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, in Kraft ist.

    (3)   Abschnitt 3 dieses Kapitels besteht aus den Artikeln 8 und 9. Er sieht Verfahren zur Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit zwischen Behörden zur Weitergabe gespeicherter Computerdaten vor. Abschnitt 3 findet unabhängig davon Anwendung, ob zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, in Kraft ist.

    (4)   Abschnitt 4 dieses Kapitels besteht aus Artikel 10. Er sieht Verfahren für Rechtshilfe in Notfällen vor. Abschnitt 4 findet unabhängig davon Anwendung, ob zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, in Kraft ist.

    (5)   Abschnitt 5 dieses Kapitels besteht aus den Artikeln 11 und 12. Abschnitt 5 findet Anwendung, sofern zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, nicht in Kraft ist. Vorbehaltlich des Artikels 12 Absatz 7 findet Abschnitt 5 keine Anwendung, wenn ein solcher Vertrag oder eine solche Übereinkunft besteht. Die betreffenden Vertragsparteien können jedoch einvernehmlich bestimmen, dass stattdessen Abschnitt 5 anzuwenden ist, sofern dies nach dem Vertrag oder der Übereinkunft nicht untersagt ist.

    (6)   Darf die ersuchte Vertragspartei nach diesem Protokoll die Zusammenarbeit von der Bedingung abhängig machen, dass die beiderseitige Strafbarkeit gegeben ist, so gilt, gleichviel, ob die Straftat nach ihrem Recht in dieselbe Kategorie von Straftaten fällt oder mit dem gleichen Begriff benannt ist wie nach dem Recht der ersuchenden Vertragspartei, diese Bedingung als erfüllt, wenn die Handlung, die der Straftat, derentwegen um Rechtshilfe ersucht wird, zugrunde liegt, nach ihrem Recht eine Straftat darstellt.

    (7)   Die Zusammenarbeit zwischen Vertragsparteien oder zwischen Vertragsparteien und Diensteanbietern oder sonstigen Stellen nach anderen anwendbaren Übereinkünften, Vereinbarungen, Verfahrensweisen oder nach anwendbarem innerstaatlichem Recht wird durch die Bestimmungen dieses Kapitel nicht beschränkt.

    Abschnitt 2

    Verfahren zur Verstärkung der unmittelbaren Zusammenarbeit mit Anbietern und Stellen in anderen Vertragsstaaten

    Artikel 6

    Ersuchen um Registrierungsinformationen zu Domänennamen

    (1)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um ihre zuständigen Behörden zu ermächtigen, für die Zwecke spezifischer strafrechtlicher Ermittlungen oder Verfahren an eine Stelle, die Domänennamenregistrierungsdienste im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei bereitstellt, ein Ersuchen um Informationen, die sich im Besitz oder unter der Kontrolle der Stelle befinden, zu richten, um den Domäneninhaber zu identifizieren oder zu kontaktieren.

    (2)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um einer Stelle in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten, unter Beachtung der nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen angemessenen Bedingungen derlei Informationen zur Erledigung eines Ersuchens nach Absatz 1 weiterzugeben.

    (3)   Das Ersuchen nach Absatz 1 umfasst:

    a)

    das Datum, an dem das Ersuchen gestellt wurde, und die Identität und Kontaktdaten der zuständigen Behörde, die das Ersuchen stellt,

    b)

    den Domänennamen, zu dem Informationen angefordert werden, und eine genaue Auflistung der erbetenen Informationen einschließlich der einzelnen Datenelemente,

    c)

    eine Erklärung, dass das Ersuchen nach Maßgabe dieses Protokolls gestellt wird, dass die Informationen aufgrund ihrer Relevanz für spezifische strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren benötigt werden und dass die Informationen nur für diese spezifischen strafrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren verwendet werden, und

    d)

    den vorgesehenen zeitlichen Rahmen und die vorgesehene Art und Weise der Weitergabe der Informationen sowie sonstige besondere Verfahrensanweisungen.

    (4)   Sofern dies für die Stelle annehmbar ist, kann eine Vertragspartei ein Ersuchen nach Absatz 1 in elektronischer Form vorlegen. Die Einhaltung angemessener Sicherheits- und Authentifizierungsstandards kann verlangt werden.

    (5)   Lehnt eine in Absatz 1 bezeichnete Stelle die Zusammenarbeit ab, kann eine ersuchende Vertragspartei die Stelle darum ersuchen zu begründen, warum sie die angeforderten Informationen nicht weitergibt. Die ersuchende Vertragspartei kann Konsultation mit der Vertragspartei, in dem sich die Stelle befindet, bemühen, um verfügbare Maßnahmen zur Erlangung der Informationen zu bestimmen.

    (6)   Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder zu jedem anderen Zeitpunkt die für Konsultationen nach Absatz 5 bestimmte Behörde mit.

    (7)   Der Generalsekretär des Europarats erstellt und aktualisiert ein Verzeichnis der von den Vertragsparteien nach Absatz 6 bestimmten Behörden. Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die von ihr für das Verzeichnis bereitgestellten Angaben stets richtig sind.

    Artikel 7

    Weitergabe von Bestandsdaten

    (1)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um ihre zuständigen Behörden zu ermächtigen, eine unmittelbar einem Diensteanbieter im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei vorzulegende Anordnung zu erlassen, um die Weitergabe bestimmter gespeicherter Bestandsdaten zu erwirken, die sich in seinem Besitz oder unter seiner Kontrolle befinden, sofern die Bestandsdaten für spezifische strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren der erlassenden Vertragspartei erforderlich sind.

    (2)

    a)

    Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, damit ein Diensteanbieter in ihrem Hoheitsgebiet zur Erledigung einer Anordnung nach Absatz 1 Bestandsdaten weitergeben kann.

    b)

    Bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde kann eine Vertragspartei – in Bezug auf gegenüber Diensteanbietern in ihrem Hoheitsgebiet erlassene Anordnungen – folgende Erklärung abgeben: „Die Anordnung nach Artikel 7 Absatz 1 muss durch einen Staatsanwalt oder eine andere Justizbehörde oder unter staatsanwaltlicher Aufsicht oder unter Aufsicht einer anderen Justizbehörde oder anderweitig unter unabhängiger Aufsicht erlassen werden.“

    (3)   In der Anordnung nach Absatz 1 sind anzugeben:

    a)

    die erlassende Behörde und das Datum des Erlasses,

    b)

    eine Erklärung, dass die Anordnung nach Maßgabe dieses Protokolls erlassen wird,

    c)

    der Name und die Anschrift des Diensteanbieters beziehungsweise der Diensteanbieter, an den beziehungsweise die sich die Anordnung richtet,

    d)

    die Straftat beziehungsweise die Straftaten, die Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen oder des strafrechtlichen Verfahrens ist beziehungsweise sind,

    e)

    die Behörde, die die spezifischen Bestandsdaten anfordert, sofern es sich dabei nicht um die erlassende Behörde handelt, und

    f)

    eine genaue Beschreibung der angeforderten spezifischen Bestandsdaten.

    (4)   Der Anordnung nach Absatz 1 sind folgende ergänzende Angaben beizufügen:

    a)

    die innerstaatliche Rechtsgrundlage, nach der die Behörde zum Erlass der Anordnung ermächtigt ist,

    b)

    ein Verweis auf die Rechtsvorschriften und den geltenden Strafrahmen für die Tat, die Gegenstand der Ermittlung oder der Strafverfolgung ist,

    c)

    die Kontaktdaten der Behörde, an welche die Bestandsdaten durch den Diensteanbieter zu übermitteln sind, an die Nachfragen gerichtet werden können oder welcher der Diensteanbieter anderweitig zu antworten hat,

    d)

    der zeitliche Rahmen und die Art und Weise der Übermittlung der Bestandsdaten,

    e)

    die Angabe, ob bereits die Sicherung der Daten angefordert wurde, einschließlich des Sicherungsdatums und gegebenenfalls der Vorgangsnummer oder Vorgangsnummern,

    f)

    sonstige besondere Verfahrenshinweise,

    g)

    gegebenenfalls eine Erklärung, dass eine zeitgleiche Unterrichtung nach Absatz 5 erfolgt ist, und

    h)

    sonstige Informationen, die im Hinblick auf die Weitergabe der Bestandsdaten hilfreich sein können.

    (5)

    a)

    Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder zu jedem anderen Zeitpunkt dem Generalsekretär des Europarats notifizieren, dass sie, wenn eine Anordnung nach Absatz 1 an einen Diensteanbieter in ihrem Hoheitsgebiet gerichtet wird, in jedem Fall oder unter bestimmten Umständen eine zeitgleiche Unterrichtung über die Anordnung, die ergänzenden Angaben und eine Zusammenfassung des mit den Ermittlungen oder dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Sachverhalts verlangt.

    b)

    Unabhängig davon, ob eine Vertragspartei nach Absatz 5 Buchstabe a zu unterrichten ist, kann sie von dem Diensteanbieter verlangen, dass er unter bestimmten Umständen vor der Weitergabe ihre Behörden konsultiert.

    c)

    Die nach Absatz 5 Buchstabe a unterrichten oder nach Absatz 5 Buchstabe b konsultierten Behörden können den Diensteanbieter ohne ungebührliche Verzögerung anweisen, die Bestandsdaten nicht weiterzugeben,

    i)

    wenn die Weitergabe strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren in dieser Vertragspartei beeinträchtigen kann oder

    ii)

    wenn Bedingungen oder Gründe für die Ablehnung nach Artikel 25 Absatz 4 und Artikel 27 Absatz 4 des Übereinkommens vorliegen würden, wenn die Bestandsdaten im Wege der Rechtshilfe angefordert worden wären.

    d)

    Die nach Absatz 5 Buchstabe a unterrichteten oder nach Absatz 5 Buchstabe b konsultierten Behörden

    i)

    können für die Zwecke der Anwendung von Absatz 5 Buchstabe c um zusätzliche Informationen von der in Absatz 4 Buchstabe c genannten Behörde ersuchen und dürfen diese dem Diensteanbieter ohne die Zustimmung dieser Behörde nicht weitergeben und

    ii)

    informieren unter Darlegung der Gründe umgehend die in Absatz 4 Buchstabe c genannte Behörde darüber, falls der Diensteanbieter angewiesen wurde, die Bestandsdaten nicht weiterzugeben.

    e)

    Eine Vertragspartei bestimmt für die Entgegennahme von Unterrichtungen nach Absatz 5 Buchstabe a und die Durchführung der in Absatz 5 Buchstaben b, c und d bezeichneten Maßnahmen eine einzige Behörde. Zum Zeitpunkt der ersten Notifikation an den Generalsekretär des Europarats nach Absatz 5 Buchstabe a teilt die Vertragspartei dem Generalsekretär die Kontaktdaten dieser Behörde mit.

    f)

    Der Generalsekretär des Europarats erstellt und aktualisiert ein Verzeichnis der nach Absatz 5 Buchstabe e von den Vertragsparteien bestimmten Behörden und erfasst darin, ob und unter welchen Umständen sie eine Benachrichtigung nach Absatz 5 Buchstabe a verlangen. Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die von ihr für das Verzeichnis bereitgestellten Angaben stets richtig sind.

    (6)   Sofern dies für den Diensteanbieter annehmbar ist, kann eine Vertragspartei eine Anordnung nach Absatz 1 und ergänzende Angaben nach Absatz 4 in elektronischer Form vorlegen. Eine Vertragspartei kann Unterrichtungen und zusätzliche Angaben nach Absatz 5 in elektronischer Form übermitteln. Die Einhaltung angemessener Sicherheits- und Authentifizierungsstandards kann verlangt werden.

    (7)   Unterrichtet ein Diensteanbieter die in Absatz 4 Buchstabe c bezeichnete Behörde darüber, dass er die angeforderten Bestandsdaten nicht weitergeben wird, oder gibt er die Bestandsdaten zur Erledigung einer Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb von dreißig Tagen nach Eingang der Anordnung oder innerhalb des nach Absatz 4 Buchstabe d vorgesehenen zeitlichen Rahmens weiter, wobei jeweils der längere Zeitraum gilt, so können die zuständigen Behörden der erlassenden Vertragspartei die Durchführung der Anordnung anschließend nur noch anhand von Artikel 8 oder im Wege sonstiger Formen der Rechtshilfe anstreben. Die Vertragsparteien können darum ersuchen, dass ein Diensteanbieter begründet, warum er die in der Anordnung angeforderten Bestandsdaten nicht weitergibt.

    (8)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass eine erlassende Vertragspartei die Weitergabe der Bestandsdaten zunächst bei dem Diensteanbieter anzufordern hat, bevor sie diese anhand von Artikel 8 anfordert, es sei denn, die erlassende Vertragspartei begründet hinreichend, warum sie abweichend vorgeht.

    (9)   Bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde kann eine Vertragspartei

    a)

    sich das Recht vorbehalten, diesen Artikel nicht anzuwenden, oder

    b)

    sofern die Weitergabe bestimmter Arten von Zugangsnummern nach diesem Artikel mit den Grundprinzipien ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung unvereinbar sein sollte, sich das Recht vorbehalten, diesen Artikel nicht auf solche Nummern anzuwenden.

    Abschnitt 3

    Verfahren zur Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit zwischen Behörden zur Weitergabe gespeicherter Computerdaten

    Artikel 8

    Durchführung von Anordnungen einer anderen Vertragspartei auf umgehende Herausgabe von Bestandsdaten und Verkehrsdaten

    (1)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um ihre zuständigen Behörden zu ermächtigen, eine Anordnung zu erlassen, die im Rahmen eines an eine andere Vertragspartei gerichteten Ersuchens vorzulegen ist, um einen Diensteanbieter im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei zu verpflichten, spezifische gespeicherte

    a)

    Bestandsdaten und

    b)

    Verkehrsdaten

    herauszugeben, die sich im Besitz dieses Diensteanbieters oder unter seiner Kontrolle befinden und die für die spezifischen strafrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren der Vertragspartei erforderlich sind.

    (2)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen zur Durchführung einer durch eine ersuchende Vertragspartei vorgelegten Anordnung nach Absatz 1.

    (3)   Im Rahmen ihres Ersuchens legt die ersuchende Vertragspartei der ersuchten Vertragspartei die Anordnung nach Absatz 1, begleitende Angaben und sonstige besondere Verfahrensanweisungen vor.

    a)

    In der Anordnung sind anzugeben:

    i)

    die erlassende Behörde und das Datum der Anordnung,

    ii)

    eine Erklärung, dass die Anordnung nach Maßgabe dieses Protokolls vorgelegt wird,

    iii)

    der Name und die Anschrift des Diensteanbieters beziehungsweise der Diensteanbieter, an den beziehungsweise die sich die Anordnung richtet,

    iv)

    die Straftat beziehungsweise die Straftaten, die Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen oder des strafrechtlichen Verfahrens ist beziehungsweise sind,

    v)

    die Behörde, welche die Informationen oder Daten anfordert, sofern es sich dabei nicht um die erlassende Behörde handelt, und

    vi)

    eine genaue Beschreibung der angeforderten spezifischen Informationen oder Daten.

    b)

    In den begleitenden Angaben, die bereitgestellt werden, um die ersuchte Vertragspartei bei der Durchführung der Anordnung zu unterstützen, und die dem Diensteanbieter nicht ohne die Zustimmung der ersuchenden Vertragspartei weitergegeben werden dürfen, sind anzugeben:

    i)

    die innerstaatliche Rechtsgrundlage, nach der die Behörde zum Erlass der Anordnung ermächtigt ist,

    ii)

    die Rechtsvorschriften und der geltende Strafrahmen für die Tat beziehungsweise die Taten, die Gegenstand der Ermittlung oder der Strafverfolgung ist beziehungsweise sind,

    iii)

    eine Begründung, weshalb die ersuchende Vertragspartei der Auffassung ist, dass sich die Daten im Besitz des Diensteanbieters oder unter seiner Kontrolle befinden,

    iv)

    eine Zusammenfassung des mit den Ermittlungen oder dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Sachverhalts,

    v)

    die Relevanz der Informationen oder Daten für die Ermittlungen oder das Verfahren,

    vi)

    die Kontaktdaten einer Behörde oder mehrerer Behörden, die weitere Informationen zur Verfügung stellen können,

    vii)

    die Angabe, ob bereits die Sicherung der Informationen oder Daten angefordert wurde, einschließlich des Sicherungsdatums und gegebenenfalls der Vorgangsnummer beziehungsweise Vorgangsnummern, und

    viii)

    die Angabe, ob die Informationen oder Daten bereits auf anderem Wege angefordert wurden, und wenn ja, auf welche Weise.

    c)

    Die ersuchende Vertragspartei kann darum ersuchen, dass die ersuchte Vertragspartei besondere Verfahrensanweisungen befolgt.

    (4)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder zu jedem anderen Zeitpunkt erklären, dass für die Erfüllung einer Anordnung nach Absatz 1 zusätzliche begleitende Angaben erforderlich sind.

    (5)   Die ersuchte Vertragspartei nimmt Ersuchen in elektronischer Form entgegen. Sie kann angemessene Sicherheits- und Authentifizierungsstandards verlangen, bevor dem Ersuchen stattgegeben wird.

    (6)

    a)

    Die ersuchte Vertragspartei unternimmt angemessene Anstrengungen, damit die Zustellung an den Diensteanbieter spätestens binnen fünfundvierzig Tagen nach Eingang aller in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Informationen oder früher erfolgt, und ordnet die Übermittlung der angeforderten Informationen oder Daten spätestens

    i)

    innerhalb von zwanzig Tagen an, wenn es sich um Bestandsdaten handelt, und

    ii)

    innerhalb von fünfundvierzig Tagen an, wenn es sich um Verkehrsdaten handelt.

    b)

    Die ersuchte Vertragspartei sorgt dafür, dass die herausgegebenen Informationen oder Daten der ersuchenden Vertragspartei ohne ungebührliche Verzögerung übermittelt werden.

    (7)   Kann die ersuchte Vertragspartei die Anweisungen nach Absatz 3 Buchstabe c nicht wie verlangt befolgen, so unterrichtet sie umgehend die ersuchende Vertragspartei und gibt gegebenenfalls an, unter welchen Bedingungen sie die Anweisungen befolgen könnte, woraufhin die ersuchende Vertragspartei entscheidet, ob das Ersuchen dennoch erledigt werden soll.

    (8)   Die ersuchte Vertragspartei kann die Erledigung eines Ersuchens aus den in Artikel 25 Absatz 4 oder in Artikel 27 Absatz 4 des Übereinkommens festgelegten Gründen ablehnen oder Bedingungen stellen, die sie zur Genehmigung der Erledigung des Ersuchens für erforderlich hält. Die ersuchte Vertragspartei kann die Erledigung von Ersuchen aus den in Artikel 27 Absatz 5 des Übereinkommens festgelegten Gründen aufschieben. Die ersuchte Vertragspartei benachrichtigt die ersuchende Vertragspartei so bald wie möglich über die Ablehnung, die Bedingungen oder den Aufschub. Die ersuchte Vertragspartei benachrichtigt die ersuchende Vertragspartei auch bezüglich sonstiger Umstände, die zu einer erheblichen Verzögerung bei der Erledigung des Ersuchens führen könnten. Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe b des Übereinkommens findet auf diesen Artikel Anwendung.

    (9)

    a)

    Kann die ersuchende Vertragspartei einer durch die ersuchte Vertragspartei nach Absatz 8 gestellten Bedingung nicht entsprechen, so unterrichtet sie umgehend die ersuchte Vertragspartei. Die ersuchte Vertragspartei entscheidet sodann, ob die Informationen oder Unterlagen dennoch zur Verfügung gestellt werden sollen.

    b)

    Nimmt die ersuchende Vertragspartei die Bedingung an, so ist sie daran gebunden. Die ersuchte Vertragspartei, die Informationen oder Unterlagen unter einer solchen Bedingung zur Verfügung stellt, kann von der ersuchenden Vertragspartei verlangen, dass sie in Zusammenhang mit dieser Bedingung Angaben über die Verwendung der Informationen oder Unterlagen macht.

    (10)   Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde die Kontaktdaten der Behörden mit – und aktualisiert diese laufend – die dazu bestimmt wurden,

    a)

    eine Anordnung nach diesem Artikel vorzulegen und

    b)

    eine Anordnung nach diesem Artikel entgegenzunehmen.

    (11)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass ihr Ersuchen anderer Vertragsparteien nach diesem Artikel durch die zentrale Behörde der ersuchenden Vertragspartei oder eine andere einvernehmlich von den betreffenden Vertragsparteien bestimmte Behörde vorzulegen sind.

    (12)   Der Generalsekretär des Europarats erstellt und aktualisiert ein Verzeichnis der von den Vertragsparteien nach Absatz 10 bestimmten Behörden. Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die von ihr für das Verzeichnis bereitgestellten Angaben stets richtig sind.

    (13)   Bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde kann sich eine Vertragspartei das Recht vorbehalten, diesen Artikel nicht auf Verkehrsdaten anzuwenden.

    Artikel 9

    Umgehende Weitergabe gespeicherter Computerdaten im Notfall

    (1)

    a)

    Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, damit ihre Kontaktstelle für das in Artikel 35 des Übereinkommens bezeichnete 24/7-Netzwerk (im Folgenden „Kontaktstelle“) im Notfall ein Ersuchen an eine Kontaktstelle in einem anderen Vertragsstaat übermitteln und ein Ersuchen einer solchen Kontaktstelle entgegennehmen kann, mit dem Ziel der unverzüglichen Unterstützung bei den Bemühungen, von einem Diensteanbieter im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei die umgehende Weitergabe spezifischer gespeicherter Computerdaten, die sich in seinem Besitz oder unter seiner Kontrolle befinden, zu erwirken, ohne dass ein Rechtshilfeersuchen vorliegt.

    b)

    Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass sie keine Ersuchen nach Buchstabe a, die lediglich auf die Weitergabe von Bestandsdaten gerichtet sind, erledigen wird.

    (2)   Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um nach Absatz 1

    a)

    ihren Behörden zu ermöglichen, infolge eines Ersuchens nach Absatz 1 Daten bei einem Diensteanbieter in ihrem Hoheitsgebiet anzufordern,

    b)

    einem Diensteanbieter in ihrem Hoheitsgebiet zu ermöglichen, zur Erledigung eines Ersuchens nach Absatz 2 Buchstabe a die angeforderten Daten an ihre Behörden weiterzugeben, und

    c)

    ihren Behörden zu ermöglichen, die angeforderten Daten der ersuchenden Vertragspartei zur Verfügung zu stellen.

    (3)   Im Ersuchen nach Absatz 1 sind anzugeben:

    a)

    die zuständige Behörde, die die Daten anfordert, sowie das Datum, an dem das Ersuchen gestellt wurde,

    b)

    eine Erklärung, dass das Ersuchen nach Maßgabe dieses Protokolls gestellt wird,

    c)

    der Name und die Anschrift des Dienstanbieters beziehungsweise der Diensteanbieter, in dessen beziehungsweise deren Besitz oder unter dessen beziehungsweise deren Kontrolle sich die angeforderten Daten befinden,

    d)

    die Straftat beziehungsweise die Straftaten, die Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen oder des strafrechtlichen Verfahrens ist beziehungsweise sind sowie ein Verweis auf die entsprechenden Rechtsvorschriften und den geltenden Strafrahmen,

    e)

    Tatsachen, aus denen das Vorliegen eines Notfalls und der Bezug der angeforderten Daten hierzu ausreichend hervorgehen,

    f)

    eine genaue Beschreibung der angeforderten Daten,

    g)

    sonstige besondere Verfahrenshinweise und

    h)

    sonstige Informationen, die bei den Bemühungen um die Weitergabe der angeforderten Daten hilfreich sein können.

    (4)   Die ersuchte Vertragspartei nimmt Ersuchen in elektronischer Form entgegen. Eine Vertragspartei kann Ersuchen auch mündlich entgegennehmen und eine Bestätigung in elektronischer Form verlangen. Sie kann angemessene Sicherheits- und Authentifizierungsstandards verlangen, bevor dem Ersuchen stattgegeben wird.

    (5)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass die ersuchenden Vertragsparteien nach Erledigung eines Ersuchens dieses und alle begleitend übermittelten ergänzenden Angaben in einer von der ersuchten Vertragspartei bestimmten Form und auf einem von der ersuchten Vertragspartei bestimmten Weg, gegebenenfalls auch im Wege der Rechtshilfe, zu übermitteln haben.

    (6)   Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei in einem besonders beschleunigten Verfahren über ihre Entscheidung bezüglich des Ersuchens nach Absatz 1 und gibt gegebenenfalls an, unter welchen Bedingungen sie die Daten zur Verfügung stellen würde und welche sonstigen Formen der Zusammenarbeit möglich sind.

    (7)

    a)

    Kann die ersuchende Vertragspartei einer durch die ersuchte Vertragspartei nach Absatz 6 gestellten Bedingung nicht entsprechen, so unterrichtet sie umgehend die ersuchte Vertragspartei. Die ersuchte Vertragspartei entscheidet sodann, ob die Informationen oder Unterlagen dennoch zur Verfügung gestellt werden sollen. Nimmt die ersuchende Vertragspartei die Bedingung an, so ist sie daran gebunden.

    b)

    Die ersuchte Vertragspartei, die Informationen oder Unterlagen unter einer solchen Bedingung zur Verfügung stellt, kann von der ersuchenden Vertragspartei verlangen, dass sie in Zusammenhang mit dieser Bedingung Angaben über die Verwendung der Informationen oder Unterlagen macht.

    Abschnitt 4

    Verfahren für Rechtshilfe in Notfällen

    Artikel 10

    Rechtshilfe in Notfällen

    (1)   Jede Vertragspartei kann um besonders beschleunigte Rechtshilfe ersuchen, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Notfall vorliegt. Ein Ersuchen nach diesem Artikel umfasst neben den übrigen erforderlichen Inhalten eine Beschreibung der Tatsachen, aus denen das Vorliegen eines Notfalls und der Bezug der angeforderten Rechtshilfe hierzu hervorgeht.

    (2)   Eine ersuchte Vertragspartei nimmt ein solches Ersuchen in elektronischer Form entgegen. Sie kann angemessene Sicherheits- und Authentifizierungsstandards verlangen, bevor dem Ersuchen stattgegeben wird.

    (3)   Die ersuchte Vertragspartei kann in einem besonders beschleunigten Verfahren ergänzende Angaben zur Beurteilung des Ersuchens anfordern. Die ersuchende Vertragspartei stellt solche ergänzenden Angaben in einem besonders beschleunigten Verfahren bereit.

    (4)   Hat sie sich davon überzeugt, dass ein Notfall vorliegt, und sind die übrigen Erfordernisse für Rechtshilfe erfüllt, erledigt die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen in einem besonders beschleunigten Verfahren.

    (5)   Jede Vertragspartei stellt sicher, dass in ihrer zentralen Behörde oder sonstigen für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen zuständigen Behörden an sieben Wochentagen 24 Stunden täglich eine Person zur Verfügung steht, um Ersuchen nach diesem Artikel zu erledigen.

    (6)   Die zentrale Behörde oder sonstige für die Rechtshilfe zuständige Behörden der ersuchenden und der ersuchten Vertragsparteien können einvernehmlich bestimmen, dass die Ergebnisse der Erledigung eines Ersuchens nach diesem Artikel oder eine Vorabkopie dieser Ergebnisse der ersuchenden Vertragspartei auf einem anderen als dem für das Ersuchen genutzten Weg übermittelt werden können.

    (7)   Ist zwischen der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, nicht in Kraft, so finden Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe b und Absätze 3 bis 8 sowie Artikel 28 Absätze 2 bis 4 des Übereinkommens auf den vorliegenden Artikel Anwendung.

    (8)   Besteht ein solcher Vertrag oder eine solche Übereinkunft, so wird dieser Artikel durch die Bestimmungen eines solchen Vertrags oder einer solchen Übereinkunft ergänzt, es sei denn, die betreffenden Vertragsparteien bestimmen einvernehmlich, stattdessen die in Absatz 7 genannten Bestimmungen des Übereinkommens ganz oder teilweise anzuwenden.

    (9)   Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass Ersuchen auch unmittelbar an ihre Justizbehörden oder über die Kanäle der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) oder an ihre nach Artikel 35 des Übereinkommens eingerichtete 24/7-Kontaktstelle übermittelt werden können. In solchen Fällen ist gleichzeitig über die zentrale Behörde der ersuchenden Vertragspartei eine Kopie an die zentrale Behörde der ersuchten Vertragspartei zu übermitteln. Wird ein Ersuchen unmittelbar an eine Justizbehörde der ersuchten Vertragspartei übermittelt und ist diese Behörde für die Erledigung nicht zuständig, so leitet sie das Ersuchen an die zuständige Behörde ihres Landes weiter und setzt die ersuchende Vertragspartei unmittelbar davon in Kenntnis.

    Abschnitt 5

    Verfahren für die internationale Zusammenarbeit ohne anwendbare völkerrechtliche Übereinkünfte

    Artikel 11

    Videokonferenzen

    (1)   Eine ersuchende Vertragspartei kann darum ersuchen und die ersuchte Vertragspartei kann gestatten, dass Aussagen und Erklärungen von Zeugen und von Sachverständigen über Videokonferenzen entgegengenommen werden. Die ersuchende Vertragspartei und die ersuchte Vertragspartei konsultieren einander im Hinblick auf die Klärung von möglicherweise in Zusammenhang mit der Erledigung des Ersuchens auftretenden Fragen, darunter gegebenenfalls, welche Vertragspartei den Vorsitz führt, welche Behörden und Personen anwesend sind, ob durch eine oder beide Vertragsparteien bestimmte Eide der Zeuginnen beziehungsweise Zeugen oder der Sachverständigen abgenommen oder ihnen Belehrungen oder Anweisungen erteilt werden, wie die Zeugen oder Sachverständigen befragt werden, wie die Rechte der Zeugen oder Sachverständigen ordnungsgemäß gewahrt werden, wie die Geltendmachung von Vorrechten oder Immunitäten behandelt wird, wie Einwände gegen Fragen oder Antworten behandelt werden und ob von einer oder beiden Vertragsparteien Übersetzungs-, Dolmetsch- oder Transkriptionsdienste bereitgestellt werden.

    (2)

    a)

    Für die Zwecke dieses Artikels kommunizieren die zentralen Behörden der ersuchten und der ersuchenden Vertragspartei auf direktem Wege miteinander. Eine ersuchte Vertragspartei kann ein Ersuchen in elektronischer Form entgegennehmen. Sie kann angemessene Sicherheits- und Authentifizierungsstandards verlangen, bevor dem Ersuchen stattgegeben wird.

    b)

    Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei über die Gründe, aus denen sie das Ersuchen nicht erledigt oder die Erledigung verzögert. Artikel 27 Absatz 8 des Übereinkommens findet auf diesen Artikel Anwendung. Unbeschadet jeder sonstigen Bedingung, die eine ersuchte Vertragspartei nach diesem Artikel stellen kann, findet Artikel 28 Absätze 2 bis 4 des Übereinkommens auf diesen Artikel Anwendung.

    (3)   Leistet eine ersuchte Vertragspartei Rechtshilfe nach diesem Artikel, so bemüht sie sich, die Anwesenheit der Person zu erwirken, deren Aussage oder Stellungnahme erbeten wird. Gegebenenfalls kann die ersuchte Vertragspartei, soweit dies nach ihrem Recht zulässig ist, die erforderlichen Maßnahmen treffen, um Zeugen oder Sachverständige zu zwingen, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort in der ersuchten Vertragspartei zu erscheinen.

    (4)   Die von der ersuchenden Vertragspartei bestimmten Verfahren zur Durchführung der Videokonferenz werden eingehalten, sofern sie nicht mit dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei unvereinbar sind. Bei Unvereinbarkeit oder soweit das Verfahren von der ersuchenden Vertragspartei nicht bestimmt wurde, wendet die ersuchte Vertragspartei das nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehene Verfahren an, sofern die ersuchende und die ersuchte Vertragspartei nicht einvernehmlich etwas anderes bestimmt haben.

    (5)   Unbeschadet der gerichtlichen Zuständigkeit nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchenden Vertragspartei können Zeugen oder Sachverständige, die im Rahmen der Videokonferenz

    a)

    vorsätzlich falsch aussagen, nachdem sie von der ersuchten Vertragspartei nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet worden sind,

    b)

    die Aussage verweigern, nachdem sie von der ersuchten Vertragspartei nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei zur Aussage verpflichtet worden sind, oder

    c)

    eine sonstige Verfehlung begehen, die nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei im Rahmen eines solchen Verfahrens untersagt ist,

    in der ersuchten Vertragspartei in derselben Weise bestraft werden, als hätten sie diese Handlung in einem innerstaatlichen Verfahren begangen.

    (6)

    a)

    Sofern die ersuchende und die ersuchte Vertragspartei nicht einvernehmlich etwas anderes bestimmt haben, trägt die ersuchte Vertragspartei sämtliche mit der Erledigung eines Ersuchens nach diesem Artikel verbundene Kosten außer

    i)

    die Honorare der sachverständigen Zeugen,

    ii)

    die Übersetzungs-, Dolmetsch- und Transkriptionskosten und

    iii)

    außergewöhnliche Kosten.

    b)

    Würde die Erledigung eines Ersuchens außergewöhnliche Kosten verursachen, konsultieren die ersuchende und die ersuchte Vertragspartei einander, um zu bestimmen, unter welchen Bedingungen das Ersuchen erledigt werden kann.

    (7)   Soweit von der ersuchenden und der ersuchten Vertragspartei einvernehmlich vereinbart,

    a)

    kann dieser Artikel für die Zwecke der Durchführung von Audiokonferenzen Anwendung finden;

    b)

    kann Videokonferenztechnik für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke oder Anhörungen eingesetzt werden, einschließlich für Zwecke der Identifizierung von Personen oder Sachen.

    (8)   Gestattet eine ersuchte Vertragspartei die Anhörung einer verdächtigen oder beschuldigten Person, kann sie verlangen, dass bestimmte Bedingungen und Garantien hinsichtlich der Vernehmung oder Aussage dieser Person, der Zustellung an oder der Anwendung von verfahrensrechtlichen Maßnahmen auf diese Person eingehalten werden.

    Artikel 12

    Gemeinsame Ermittlungsgruppen und gemeinsame Ermittlungen

    (1)   Wenn eine verstärkte Koordination besonders zweckmäßig erscheint, können die zuständigen Behörden von zwei oder mehr Vertragsparteien zur Erleichterung von strafrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren in ihren Hoheitsgebieten einvernehmlich eine gemeinsame Ermittlungsgruppe einrichten und unterhalten. Die zuständigen Behörden werden jeweils von den betreffenden Vertragsparteien bestimmt.

    (2)   Die Verfahren und Bedingungen für den Einsatz gemeinsamer Ermittlungsgruppen, etwa ihre spezifischen Zielsetzungen, ihre Besetzung, ihre Aufgaben, ihre Dauer und eventuelle Verlängerungszeiträume, ihren Ort, ihre Struktur, Vorgaben hinsichtlich der Erhebung, Übermittlung und Verwendung von Informationen oder Beweismaterial, Vorgaben hinsichtlich der Vertraulichkeit und Vorgaben hinsichtlich der Mitwirkung der beteiligten Behörden einer Vertragspartei an Ermittlungsmaßnahmen im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei, werden von diesen zuständigen Behörden vereinbart.

    (3)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass ihre zentrale Behörde die Vereinbarung zur Einrichtung der Gruppe unterzeichnen oder dieser Vereinbarung auf andere Weise zustimmen muss.

    (4)   Diese zuständigen und beteiligten Behörden kommunizieren auf direktem Wege miteinander, jedoch können die Vertragsparteien einvernehmlich andere geeignete Kommunikationswege bestimmen, wenn außergewöhnliche Umstände eine zentralere Koordination erforderlich machen.

    (5)   Müssen Ermittlungsmaßnahmen im Hoheitsgebiet einer der betreffenden Vertragsparteien durchgeführt werden, so können die beteiligten Behörden dieser Vertragspartei ihre eigenen Behörden um Ergreifung dieser Maßnahmen ersuchen, ohne dass die anderen Vertragsparteien ein Rechtshilfeersuchen stellen müssen. Diese Maßnahmen werden von den Behörden dieser Vertragspartei in ihrem Hoheitsgebiet unter den Bedingungen vorgenommen, die nach innerstaatlichem Recht für eine nationale Ermittlung gelten.

    (6)   Die Verwendung von Informationen oder Beweismaterial, die beziehungsweise das die beteiligten Behörden einer Vertragspartei den beteiligten Behörden der anderen betreffenden Vertragsparteien zur Verfügung gestellt haben, kann auf die in der Vereinbarung nach den Absätzen 1 und 2 festgelegte Weise versagt oder beschränkt werden. Werden in dieser Vereinbarung keine Vorgaben hinsichtlich der Versagung oder Beschränkung der Verwendung gemacht, so können die Vertragsparteien die zur Verfügung gestellten Informationen oder das zur Verfügung gestellte Beweismaterial folgendermaßen nutzen:

    a)

    für die Zwecke, für die die Vereinbarung geschlossen wurde,

    b)

    für die Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von anderen Straftaten als denen, hinsichtlich derer die Vereinbarung geschlossen wurde, vorbehaltlich der vorherigen Zustimmung der Behörden, welche die Informationen oder das Beweismaterial zur Verfügung gestellt haben. Eine Zustimmung ist jedoch nicht erforderlich, wenn wesentliche Rechtsgrundsätze der Vertragspartei, welche die Informationen oder das Beweismaterial verwendet, es erforderlich machen, dass sie die Informationen oder das Beweismaterial zum Schutz der Rechte einer beschuldigten Person in einem strafrechtlichen Verfahren weitergibt. In diesem Fall benachrichtigen die entsprechenden Behörden ohne ungebührliche Verzögerung die Behörden, welche die Informationen oder das Beweismaterial zur Verfügung gestellt haben, oder

    c)

    zur Verhinderung eines Notfalls. In diesem Fall benachrichtigen die beteiligten Behörden, welche die Informationen oder das Beweismaterial empfangen haben, ohne ungebührliche Verzögerung die beteiligten Behörden, welche die Informationen oder das Beweismaterial zur Verfügung gestellt haben, sofern nicht einvernehmlich etwas anderes bestimmt wurde.

    (7)   In Ermangelung einer Vereinbarung nach den Absätzen 1 und 2 können gemeinsame Ermittlungen im Einzelfall nach einvernehmlich bestimmten Vorgaben durchgeführt werden. Dieser Absatz findet unabhängig davon Anwendung, ob zwischen den betreffenden Vertragsparteien ein Rechtshilfevertrag oder eine Übereinkunft, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurde, in Kraft ist.

    KAPITEL III

    Bedingungen und Garantien

    Artikel 13

    Bedingungen und Garantien

    Im Einklang mit Artikel 15 des Übereinkommens stellt jede Vertragspartei sicher, dass für die Schaffung, Umsetzung und Anwendung der in diesem Protokoll vorgesehenen Befugnisse und Verfahren Bedingungen und Garantien ihres innerstaatlichen Rechts gelten, die einen angemessenen Schutz der Menschenrechte und Freiheiten vorsehen.

    Artikel 14

    Schutz personenbezogener Daten

    (1)   Geltungsbereich

    a)

    Sofern in Absatz 1 Buchstaben b und c nichts anderes vorgesehen ist, verarbeitet jede Vertragspartei die personenbezogenen Daten, die sie nach diesem Protokoll empfängt, nach Maßgabe der Absätze 2 bis 15.

    b)

    Sind die übermittelnde Vertragspartei und die empfangende Vertragspartei zum Zeitpunkt des Empfangs personenbezogener Daten nach diesem Protokoll wechselseitig durch eine völkerrechtliche Übereinkunft gebunden, die zwischen diesen Vertragsparteien einen umfassenden Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten schafft, der auf die Übermittlung personenbezogener Daten für den Zweck der Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von Straftaten Anwendung findet und der vorsieht, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Übereinkunft den in den Datenschutzgesetzen der betreffenden Vertragsparteien niedergelegten Anforderungen entspricht, so finden bei Maßnahmen, die in den Geltungsbereich einer solchen Übereinkunft fallen, auf nach dem Protokoll empfangene personenbezogene Daten anstelle der Absätze 2 bis 15 die Vorgaben der Übereinkunft Anwendung, sofern die betreffenden Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben.

    c)

    Sind die übermittelnde Vertragspartei und die empfangende Vertragspartei nicht durch eine unter Absatz 1 Buchstabe b bezeichnete Übereinkunft wechselseitig gebunden, können sie einvernehmlich bestimmen, dass die Übermittlung personenbezogener Daten nach diesem Protokoll statt auf der Grundlage der Absätze 2 bis 15 auf der Grundlage anderer Übereinkünfte oder Vereinbarungen zwischen den betreffenden Vertragsparteien erfolgen kann.

    d)

    Jede Vertragspartei geht davon aus, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Absatz 1 Buchstaben a und b die Anforderungen ihres Rechtsrahmens im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten für internationale Übermittlungen personenbezogener Daten erfüllt; einer weiteren Genehmigung der Übermittlung nach diesem Rechtsrahmen bedarf es nicht. Eine Vertragspartei darf die Übermittlung von Daten an eine andere Vertragspartei nach diesem Protokoll nur dann aus Gründen des Datenschutzes unter den in Absatz 15 festgelegten Bedingungen ablehnen oder untersagen, wenn Absatz 1 Buchstabe a Anwendung findet, oder nach den Vorgaben einer in Absatz 1 Buchstabe b oder c genannten Übereinkunft oder Vereinbarung, sofern einer dieser Buchstaben Anwendung findet.

    e)

    Dieser Artikel hindert eine Vertragspartei nicht daran, auf die Verarbeitung von nach diesem Protokoll empfangenen personenbezogenen Daten durch ihre eigenen Behörden strengere Garantien anzuwenden.

    (2)   Zweck und Verwendung

    a)

    Die Vertragspartei, die personenbezogene Daten empfangen hat, verarbeitet diese für die in Artikel 2 bezeichneten Zwecke. Sie darf die personenbezogenen Daten nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeiten und sie darf die Daten nicht weiterverarbeiten, wenn dies nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht zulässig ist. Dieser Artikel berührt nicht die Möglichkeit der übermittelnden Vertragspartei, in einem bestimmten Fall zusätzliche Bedingungen nach diesem Protokoll vorzusehen, jedoch dürfen diese Bedingungen keine allgemeinen Datenschutzbedingungen einschließen.

    b)

    Die empfangende Vertragspartei stellt in ihrem innerstaatlichen Recht sicher, dass angeforderte und verarbeitete personenbezogene Daten für den Verarbeitungszweck erheblich sind und nicht darüber hinausgehen.

    (3)   Qualität und Unversehrtheit

    Jede Vertragspartei ergreift angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass personenbezogene Daten mit der für ihre rechtmäßige Verarbeitung notwendigen und angemessenen Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität aufbewahrt werden, wobei die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, Berücksichtigung finden.

    (4)   Sensible Daten

    Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder eine Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, von biometrischen Daten, die angesichts der damit verbundenen Gefahren als sensibel angesehen werden, oder von die Gesundheit oder das Sexualleben betreffenden personenbezogenen Daten durch eine Vertragspartei darf nur unter Wahrung angemessener Garantien zum Schutz vor ungerechtfertigten nachteiligen Auswirkungen der Verwendung solcher Daten, insbesondere vor unrechtmäßiger Diskriminierung, erfolgen.

    (5)   Speicherfristen

    Jede Vertragspartei speichert die personenbezogenen Daten lediglich so lange, wie es für die Zwecke der Verarbeitung der Daten nach Absatz 2 notwendig und angemessen ist. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung sieht sie in ihrem innerstaatlichen Recht konkrete Speicherfristen oder regelmäßige Überprüfungen der Notwendigkeit einer weiteren Speicherung der Daten vor.

    (6)   Automatisierte Entscheidungen

    Entscheidungen, die die einschlägigen Interessen der Person, auf die sich die personenbezogenen Daten beziehen, erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten gestützt sein, es sei denn, dies ist nach innerstaatlichem Recht zulässig und es gibt geeignete Garantien einschließlich der Möglichkeit, das Eingreifen eines Menschen zu erwirken.

    (7)   Datensicherheit und Sicherheitsvorfälle

    a)

    Jede Vertragspartei stellt sicher, dass sie über geeignete technische, physische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten verfügt, insbesondere vor Verlust, zufälligem oder unberechtigtem Zugang oder zufälliger oder unberechtigter Weitergabe, Änderung oder Zerstörung (im Folgenden „Sicherheitsvorfall“).

    b)

    Nach Feststellung eines Sicherheitsvorfalls, von dem eine erhebliche Gefahr eines körperlichen oder anderen Schadens für Personen oder die andere Vertragspartei ausgeht, prüft die empfangende Vertragspartei umgehend die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß dieses Schadens und ergreift umgehend geeignete Schadensbegrenzungsmaßnahmen. Diese Maßnahmen schließen die Benachrichtigung der übermittelnden Behörde oder, für die Zwecke von Kapitel II Abschnitt 2, der nach Absatz 7 Buchstabe c bestimmten Behörde beziehungsweise Behörden ein. Die Benachrichtigung kann jedoch geeignete Einschränkungen in Bezug auf die Weiterleitung der Benachrichtigung einschließen; sie kann aufgeschoben werden oder entfallen, falls durch sie die nationale Sicherheit gefährdet werden könnte, oder aufgeschoben werden, falls durch sie Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit gefährdet werden könnten. Die Maßnahmen schließen ferner die Benachrichtigung der betroffenen Person ein, es sei denn, die Vertragspartei hat geeignete Maßnahmen ergriffen, sodass keine erhebliche Gefahr mehr besteht. Die Benachrichtigung der Person kann unter den in Absatz 12 Buchstabe a Ziffer i festgelegten Bedingungen aufgeschoben werden oder entfallen. Die benachrichtigte Vertragspartei kann bezüglich des Vorfalls und der Reaktion darauf um Konsultation und zusätzliche Informationen ersuchen.

    c)

    Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde die nach Absatz 7 Buchstabe b für die Zwecke von Kapitel II Abschnitt 2 zu benachrichtigende Behörde beziehungsweise zu benachrichtigenden Behörden mit; die gemachten Angaben können nachträglich geändert werden.

    (8)   Führung von Aufzeichnungen

    Jede Vertragspartei führt Aufzeichnungen oder verfügt über andere geeignete Mittel, um nachzuweisen, wie in einem bestimmten Fall auf die personenbezogenen Daten einer Person zugegriffen wird, wie sie verwendet und wie sie weitergegeben werden.

    (9)   Weitergabe innerhalb einer Vertragspartei

    a)

    Stellt eine Behörde einer Vertragspartei personenbezogene Daten, die sie ursprünglich nach diesem Protokoll empfangen hat, einer anderen Behörde derselben Vertragspartei zur Verfügung, so verarbeitet diese andere Behörde die Daten vorbehaltlich des Absatzes 9 Buchstabe b im Einklang mit diesem Artikel.

    b)

    Ungeachtet des Absatzes 9 Buchstabe a kann eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach Artikel 17 angebracht hat, personenbezogene Daten, die sie empfangen hat, ihren Gliedstaaten oder anderen gleichartigen Gebietseinheiten zur Verfügung stellen, sofern die Vertragspartei über Maßnahmen verfügt, damit die empfangenden Behörden die Daten weiterhin wirksam schützen, indem sie für die Daten ein mit diesem Artikel vergleichbares Schutzniveau vorsehen.

    c)

    Gibt es Anzeichen einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung dieses Absatzes, kann die übermittelnde Vertragspartei um Konsultation und zusätzliche Informationen zu diesen Anzeichen ersuchen.

    (10)   Weiterübermittlung an einen anderen Staat oder eine internationale Organisation

    a)

    Die empfangende Vertragspartei darf die personenbezogenen Daten nur mit vorheriger Genehmigung der übermittelnden Behörde oder, für die Zwecke von Kapitel II Abschnitt 2, der nach Absatz 10 Buchstabe b bestimmten Behörde beziehungsweise Behörden an einen anderen Staat oder eine internationale Organisation übermitteln.

    b)

    Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde die Behörde beziehungsweise Behörden mit, die für die Zwecke von Kapitel II Abschnitt 2 eine Genehmigung erteilen kann beziehungsweise können; die gemachten Angaben können nachträglich geändert werden.

    (11)   Transparenz und Information

    a)

    Jede Vertragspartei informiert durch Veröffentlichung allgemeiner Informationen oder durch persönliche Information der Person, deren personenbezogene Daten erhoben wurden, über:

    i)

    die Rechtsgrundlage und die Zwecke der Verarbeitung,

    ii)

    etwaige Speicher- und Überprüfungsfristen nach Absatz 5, soweit einschlägig,

    iii)

    die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden, und

    iv)

    Zugangs-, Berichtigungs- und Rechtsbehelfsmöglichkeiten.

    b)

    Eine Vertragspartei kann hinsichtlich der Pflicht zur persönlichen Information nach den in Absatz 12 Buchstabe a Ziffer i festgelegten Bedingungen angemessene Beschränkungen nach ihrem innerstaatlichen Recht vorsehen.

    c)

    Verlangt das innerstaatliche Recht der übermittelnden Vertragspartei eine persönliche Information der Person, deren Daten einer anderen Vertragspartei zur Verfügung gestellt wurden, so trifft die übermittelnde Vertragspartei Maßnahmen, um die andere Vertragspartei zum Zeitpunkt der Übermittlung hinsichtlich dieses Erfordernisses und geeigneter Kontaktinformationen zu unterrichten. Eine persönliche Information erfolgt nicht, wenn die andere Vertragspartei darum ersucht hat, die Bereitstellung der Daten vertraulich zu behandeln, soweit die in Absatz 12 Buchstabe a Ziffer i genannten Bedingungen für Beschränkungen gelten. Sobald diese Beschränkungen nicht mehr gelten und die persönliche Information erfolgen kann, ergreift die andere Vertragspartei Maßnahmen zur Unterrichtung der übermittelnden Vertragspartei. Sofern noch keine Unterrichtung der übermittelnden Vertragspartei erfolgt ist, kann diese sich mit Ersuchen an die empfangende Vertragspartei wenden, die sodann die übermittelnde Vertragspartei darüber unterrichtet, ob die Beschränkung aufrechtzuerhalten ist.

    (12)   Zugang und Berichtigung

    a)

    Jede Vertragspartei stellt sicher, dass jede Person, deren personenbezogene Daten nach diesem Protokoll empfangen wurden, in Übereinstimmung mit den im innerstaatlichen Recht der Vertragspartei festgelegten Verfahren ohne ungebührliche Verzögerung Folgendes beantragen und erhalten kann:

    i)

    eine schriftliche oder elektronische Kopie der über die betroffene Person vorgehaltenen Unterlagen, die die personenbezogenen Daten der Person enthalten, sowie verfügbare Informationen über die Rechtsgrundlage und die Zwecke der Verarbeitung, die Speicherfristen und die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (im Folgenden „Zugang“), sowie Informationen über verfügbare Rechtsbehelfsmöglichkeiten, vorausgesetzt, dass in bestimmten Einzelfällen der Zugang verhältnismäßigen Beschränkungen unterworfen werden kann, die nach dem innerstaatlichen Recht zulässig und zum Zeitpunkt der Entscheidung zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer oder wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses erforderlich sind und die die berechtigten Interessen der betroffenen Person angemessen berücksichtigen;

    ii)

    eine Berichtigung, wenn die personenbezogenen Daten der Person unrichtig sind oder nicht ordnungsgemäß verarbeitet wurden; die Berichtigung umfasst – soweit dies unter Berücksichtigung der Gründe für die Berichtigung und der konkreten Umstände der Verarbeitung angemessen und vertretbar ist – die Korrektur, Ergänzung, Löschung oder Anonymisierung, Einschränkung der Verarbeitung oder Sperrung.

    b)

    Wird der Zugang oder die Berichtigung versagt oder beschränkt, so übermittelt die Vertragspartei der betroffenen Person ohne ungebührliche Verzögerung eine schriftliche Antwort, die auch elektronisch übermittelt werden kann, mit der die Person über die Versagung oder Beschränkung unterrichtet wird. Die Vertragspartei begründet die Versagung oder Beschränkung und macht Angaben zu verfügbaren Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Die Kosten für die Zugangsgewährung sollten auf ein angemessenes und nicht überzogenes Maß beschränkt werden.

    (13)   Gerichtliche und außergerichtliche Rechtsbehelfe

    Jede Vertragspartei verfügt über wirksame gerichtliche und außergerichtliche Rechtsbehelfe, um Verstöße gegen diesen Artikel abzuhelfen.

    (14)   Beaufsichtigung

    Jede Vertragspartei verfügt über eine oder mehrere Behörden, die, allein oder gemeinsam, unabhängige und wirksame Beaufsichtigungsfunktionen und -befugnisse in Bezug auf die in diesem Artikel festgelegten Maßnahmen ausüben. Die Funktionen und Befugnisse dieser allein oder gemeinsam tätig werdenden Behörden umfassen Untersuchungsbefugnisse, die Befugnis, auf Beschwerden hin tätig zu werden, und die Fähigkeit, Abhilfemaßnahmen durchzuführen.

    (15)   Konsultation und Aussetzung

    Eine Vertragspartei kann die Übermittlung personenbezogener Daten an eine andere Vertragspartei aussetzen, wenn ihr stichhaltige Beweise dafür vorliegen, dass die andere Vertragspartei systematisch oder schwerwiegend gegen diesen Artikel verstößt oder dass ein schwerwiegender Verstoß unmittelbar bevorsteht. Sie setzt Übermittlungen nicht ohne angemessene Ankündigung aus, und auch erst, nachdem die betreffenden Vertragsparteien eine angemessene Zeitspanne für Konsultationen aufgebracht haben, ohne zu einer Lösung zu gelangen. Eine Vertragspartei kann Übermittlungen jedoch vorläufig aussetzen, wenn ein systematischer oder schwerwiegender Verstoß vorliegt, der eine erhebliche und unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Sicherheit oder eine erhebliche Schädigung des Ansehens oder Vermögens einer natürlichen Person darstellt; in diesem Fall benachrichtigt sie die andere Vertragspartei und nimmt im Anschluss daran sofort Konsultationen mit der anderen Vertragspartei auf. Hat die Konsultation nicht zu einer Lösung geführt, so kann die andere Vertragspartei die Übermittlungen ihrerseits aussetzen, wenn ihr stichhaltige Beweise dafür vorliegen, dass die Aussetzung durch die aussetzende Vertragspartei diesem Absatz zuwiderlief. Die aussetzende Vertragspartei hebt die Aussetzung auf, sobald der die Aussetzung rechtfertigende Verstoß behoben wurde; zu diesem Zeitpunkt wird auch eine etwaige gegenseitige Aussetzung aufgehoben. Alle vor der Aussetzung übermittelten personenbezogenen Daten werden weiterhin nach Maßgabe dieses Protokolls behandelt.

    KAPITEL IV

    Schlussbestimmungen

    Artikel 15

    Wirkungen dieses Protokolls

    (1)

    a)

    Artikel 39 Absatz 2 des Übereinkommens findet auf dieses Protokoll Anwendung.

    b)

    Vertragsparteien, die Mitglied der Europäischen Union sind, können in ihren Beziehungen untereinander das Recht der Europäischen Union, das die von diesem Protokoll erfassten Fragen betrifft, anwenden.

    c)

    Absatz 1 Buchstabe b hat keine Auswirkungen auf die uneingeschränkte Anwendung dieses Protokolls zwischen Vertragsparteien, die Mitglied der Europäischen Union sind, und anderen Vertragsparteien.

    (2)   Artikel 39 Absatz 3 des Übereinkommens findet auf dieses Protokoll Anwendung.

    Artikel 16

    Unterzeichnung und Inkrafttreten

    (1)   Dieses Protokoll liegt für die Vertragsparteien des Übereinkommens zur Unterzeichnung auf; sie können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken,

    a)

    indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen oder

    b)

    indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.

    (2)   Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

    (3)   Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Vertragsparteien des Übereinkommens nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch dieses Protokoll gebunden zu sein.

    (4)   Für jede Vertragspartei des Übereinkommens, die später ihre Zustimmung ausdrückt, durch dieses Protokoll gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem die Vertragspartei nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels ihre Zustimmung ausgedrückt hat, durch dieses Protokoll gebunden zu sein.

    Artikel 17

    Bundesstaatsklausel

    (1)   Ein Bundesstaat kann sich das Recht vorbehalten, Verpflichtungen nach diesem Protokoll so weit zu übernehmen, wie sie mit den Grundprinzipien vereinbar sind, welche die Beziehungen zwischen seiner Zentralregierung und seinen Gliedstaaten oder anderen gleichartigen Gebietseinheiten regeln, vorausgesetzt,

    a)

    das Protokoll findet auf die Zentralregierung des Bundesstaats Anwendung,

    b)

    ein solcher Vorbehalt wirkt sich nicht auf die Verpflichtungen zur Zusammenarbeit aus, um die andere Vertragsparteien nach Kapitel II ersuchen, und

    c)

    Artikel 13 findet auf die Gliedstaaten oder andere gleichartigen Gebietseinheiten des Bundesstaats Anwendung.

    (2)   Eine andere Vertragspartei kann Behörden, Anbietern und Stellen in ihrem Hoheitsgebiet die Zusammenarbeit zur Erledigung von unmittelbar von einem Gliedstaat oder einer anderen gleichartigen Gebietseinheit eines Bundesstaats, der einen Vorbehalt nach Absatz 1 angebracht hat, gestellten Ersuchen oder Anordnungen, untersagen, es sei denn, der Bundesstaat notifiziert dem Generalsekretär des Europarats, dass ein Gliedstaat oder eine andere gleichartige Gebietseinheit die auf den Bundesstaat anwendbaren Verpflichtungen nach diesem Protokoll anwendet. Der Generalsekretär des Europarats erstellt und aktualisiert ein Verzeichnis solcher Notifikationen.

    (3)   Eine andere Vertragspartei darf den Behörden, Anbietern und Stellen in ihrem Hoheitsgebiet nicht auf der Grundlage eines Vorbehalts nach Absatz 1 die Zusammenarbeit mit einem Gliedstaat oder einer anderen gleichartigen Gebietseinheit untersagen, wenn eine Anordnung oder ein Ersuchen über die Zentralregierung vorgelegt wurde oder unter Beteiligung der Zentralregierung eine Vereinbarung über die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe nach Artikel 12 getroffen wird. In diesen Fällen sorgt die Zentralregierung für die Erfüllung der anwendbaren Verpflichtungen nach dem Protokoll, vorausgesetzt, dass im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten, die den Gliedstaaten oder anderen gleichartigen Gebietseinheiten übermittelt werden, nur Artikel 14 Absatz 9 oder, soweit zutreffend, eine Übereinkunft oder Vereinbarung nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstaben b oder c Anwendung finden.

    (4)   Hinsichtlich derjenigen Bestimmungen dieses Protokolls, für deren Anwendung die Gliedstaaten oder anderen gleichartigen Gebietseinheiten die Gesetzgebungszuständigkeit besitzen, ohne nach der Verfassungsordnung des Bundes zum Erlass von Rechtsvorschriften verpflichtet zu sein, bringt die Zentralregierung den zuständigen Behörden dieser Staaten die genannten Bestimmungen befürwortend zur Kenntnis und ermutigt sie, geeignete Maßnahmen zu treffen, um sie durchzuführen.

    Artikel 18

    Räumlicher Geltungsbereich

    (1)   Dieses Protokoll findet auf einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete, die eine Vertragspartei in einer Erklärung nach Artikel 38 Absatz 1 oder 2 des Übereinkommens bezeichnet hat, Anwendung, soweit die Erklärung nicht nach Artikel 38 Absatz 3 zurückgenommen wurde.

    (2)   Eine Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde erklären, dass dieses Protokoll auf einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete, die in der Erklärung der Vertragspartei nach Artikel 38 Absatz 1 und/oder Absatz 2 des Übereinkommens bezeichnet wurden, keine Anwendung findet.

    (3)   Eine nach Absatz 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

    Artikel 19

    Vorbehalte und Erklärungen

    (1)   Jede Vertragspartei des Übereinkommens kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete schriftliche Notifikation bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass sie von einem oder mehreren der in Artikel 7 Absatz 9 Buchstaben a und b, Artikel 8 Absatz 13 und Artikel 17 dieses Protokolls vorgesehenen Vorbehalte Gebrauch macht. Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.

    (2)   Jede Vertragspartei des Übereinkommens kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete schriftliche Notifikation bei der Unterzeichnung dieses Protokolls oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere der in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 8, Artikel 8 Absatz 11, Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 5, Artikel 10 Absatz 9, Artikel 12 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 2 dieses Protokolls bezeichneten Erklärungen abgeben.

    (3)   Jede Vertragspartei des Übereinkommens gibt durch eine den Generalsekretär des Europarats gerichtete schriftliche Notifikation einzelne oder mehrere der in Artikel 7 Absatz 5 Buchstaben a und e, Artikel 8 Absatz 4 und Absatz 10 Buchstaben a und b, Artikel 14 Absatz 7 Buchstabe c und Absatz 10 Buchstabe b sowie Artikel 17 Absatz 2 dieses Protokolls bezeichneten Erklärungen, Notifikationen oder Mitteilungen nach den darin festgelegten Vorgaben ab.

    Artikel 20

    Status und Rücknahme von Vorbehalten

    (1)   Eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach Artikel 19 Absatz 1 angebracht hat, nimmt diesen Vorbehalt ganz oder teilweise zurück, sobald die Umstände es erlauben. Diese Rücknahme wird mit Eingang einer Notifikation über die Rücknahme beim Generalsekretär des Europarats wirksam. Wird in der Notifikation angegeben, dass die Rücknahme eines Vorbehalts zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam werden soll, und liegt dieser nach dem Eingang der Notifikation beim Generalsekretär, so wird die Rücknahme zu diesem späteren Zeitpunkt wirksam.

    (2)   Der Generalsekretär des Europarats kann sich in regelmäßigen Zeitabständen bei den Vertragsparteien, die einen oder mehrere Vorbehalte nach Artikel 19 Absatz 1 angebracht haben, nach den Aussichten für eine etwaige Rücknahme erkundigen.

    Artikel 21

    Änderungen

    (1)   Jede Vertragspartei dieses Protokolls kann Änderungen dieses Protokolls vorschlagen; der Generalsekretär des Europarats übermittelt jeden Vorschlag den Mitgliedstaaten des Europarats und den Vertragsparteien und Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens sowie jedem Staat, der zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladen worden ist.

    (2)   Jede von einer Vertragspartei vorgeschlagene Änderung wird dem Europäischen Ausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) übermittelt; dieser unterbreitet dem Ministerkomitee seine Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag.

    (3)   Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag und die vom CDPC unterbreitete Stellungnahme und kann nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens die Änderung annehmen.

    (4)   Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee nach Absatz 3 angenommenen Änderung wird den Vertragsparteien dieses Protokolls zur Annahme übermittelt.

    (5)   Jede nach Absatz 3 angenommene Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien dieses Protokolls dem Generalsekretär mitgeteilt haben, dass sie sie angenommen haben.

    Artikel 22

    Beilegung von Streitigkeiten

    Artikel 45 des Übereinkommens findet auf dieses Protokoll Anwendung.

    Artikel 23

    Konsultationen der Vertragsparteien und Bewertung der Durchführung

    (1)   Artikel 46 des Übereinkommens findet auf dieses Protokoll Anwendung.

    (2)   Die Vertragsparteien bewerten in regelmäßigen Abständen die wirksame Anwendung und Durchführung dieses Protokolls. Artikel 2 der Geschäftsordnung des Ausschusses für das Übereinkommen über Computerkriminalität in der Fassung vom 16. Oktober 2020 findet sinngemäß Anwendung. Die Vertragsparteien überprüfen erstmalig und ändern gegebenenfalls einvernehmlich die in diesem Artikel vorgesehenen Verfahren, soweit sie fünf Jahre nach Inkrafttreten dieses Protokolls auf dieses Protokoll Anwendung finden.

    (3)   Die Prüfung von Artikel 14 beginnt, sobald zehn Vertragsparteien des Übereinkommens ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch dieses Protokoll gebunden zu sein.

    Artikel 24

    Kündigung

    (1)   Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.

    (2)   Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

    (3)   Die Kündigung des Übereinkommens durch eine Vertragspartei dieses Protokolls bedeutet gleichzeitig die Kündigung dieses Protokolls.

    (4)   Informationen oder Beweismaterial, die beziehungsweise das vor dem Wirksamwerden der Kündigung übermittelt wurden, werden weiterhin nach Maßgabe dieses Protokolls behandelt.

    Artikel 25

    Notifikation

    Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, den Vertragsparteien und den Unterzeichnern des Übereinkommens und jedem Staat, der zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladen worden ist,

    a)

    jede Unterzeichnung;

    b)

    jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde;

    c)

    jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach Artikel 16 Absätze 3 und 4;

    d)

    jede Erklärung und jeden Vorbehalt nach Artikel 19 und jede Rücknahme von Vorbehalten nach Artikel 20;

    e)

    jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung in Zusammenhang mit diesem Protokoll.

    Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

    Geschehen zu Straßburg am 12. Mai 2022 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Vertragsparteien und den Unterzeichnern des Übereinkommens sowie jedem Staat, der zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladen worden ist, beglaubigte Abschriften.

     


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