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Document 52020IP0251

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2020 zu der Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte (2020/2072(INI))

ABl. C 395 vom 29.9.2021, p. 2–13 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.9.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 395/2


P9_TA(2020)0251

Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2020 zu der Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte (2020/2072(INI))

(2021/C 395/01)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis insbesondere auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 1, Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2, Artikel 4 Absatz 3 sowie die Artikel 5, 6, 7 und 11 des Vertrags über die Europäische Union,

unter Hinweis auf die Artikel des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union über die Achtung, den Schutz und die Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in der EU, unter anderem die Artikel 70, 258, 259, 260, 263 und 265,

unter Hinweis auf das Protokoll Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union und das Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, die dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt sind,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Kopenhagener Kriterien und den Bestand an Unionsrechtsvorschriften, die ein Bewerberland erfüllen muss, wenn es der EU beitreten will (den Besitzstand der Union),

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

unter Hinweis auf die Instrumente der Vereinten Nationen zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die Empfehlungen und Berichte der Allgemeinen regelmäßigen Überprüfung der Vereinten Nationen sowie auf die Rechtsprechung der Vertragsorgane der Vereinten Nationen und die Sonderverfahren des Menschenrechtsrats,

unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen zu Menschenrechtsverteidigern vom 8. März 1999,

unter Hinweis auf die Empfehlungen und Berichte des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten, des Beauftragten für Medienfreiheit und anderer Organe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,

unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Europäische Sozialcharta, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte sowie die Übereinkommen, Empfehlungen, Entschließungen und Berichte der Parlamentarischen Versammlung, des Ministerkomitees, des Kommissars für Menschenrechte, der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, des Lenkungsausschusses für Antidiskriminierung, Vielfalt und Inklusion, der Venedig-Kommission und anderer Organe des Europarats,

unter Hinweis auf die gemeinsame Absichtserklärung zwischen dem Europarat und der Europäischen Union vom 23. Mai 2007,

unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption,

unter Hinweis auf das Übereinkommen zur Errichtung der Gruppe der Staaten gegen Korruption,

unter Hinweis auf die Liste zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit (Rule of Law Checklist), die von der Venedig-Kommission auf ihrer 106. Plenartagung am 18. März 2016 angenommen wurde,

unter Hinweis auf den Toolkit des Europarates für Mitgliedstaaten „Achtung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte im Rahmen der COVID-19-Gesundheitskrise“ vom 7. April 2020,

unter Hinweis auf den Jahresbericht 2020 der Partnerorganisationen der Plattform des Europarates für den Schutz des Journalismus und für die Förderung der Sicherheit von Journalisten,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Juli 2019 mit dem Titel „Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union — ein Konzept für das weitere Vorgehen“ (COM(2019)0343),

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 29. Januar 2020 mit dem Arbeitsprogramm der Kommission für 2020 (COM(2020)0037) und das angepasste Arbeitsprogramm der Kommission vom 27. Mai 2020 (COM(2020)0440),

unter Hinweis auf das EU-Justizbarometer 2020,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 19. Juni 2019 zum Thema „Weitere Stärkung der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Union. Stand der Dinge und mögliche nächste Schritte“, in der die Einrichtung eines jährlichen Forums über Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit vorgeschlagen wurde,

unter Hinweis auf den Bericht der Gruppe „Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit“ des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom Juni 2020 mit dem Titel „National developments from a civil society perspective, 2018-2019“ („Nationale Entwicklungen aus der Perspektive der Zivilgesellschaft, 2018–2019“),

unter Hinweis auf den am 17. Januar 2018 veröffentlichten Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte mit dem Titel „Challenges facing civil society organisations working on human rights in the EU“ (Herausforderungen für zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Bereich der Menschenrechte in der EU tätig sind) und ihre weiteren Berichte und Daten,

unter Hinweis auf den am 5. März 2020 veröffentlichten Bericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen mit dem Titel „Beijing + 25 — Fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Beijing durch die EU-Mitgliedstaaten“,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union und der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Achtung der Rechtsstaatlichkeit vom 16. Dezember 2014,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. Oktober 2016 mit Empfehlungen an die Kommission zur Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. April 2018 zu der notwendigen Schaffung eines Instruments für europäische Werte zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die die Grundwerte in der Europäischen Union auf lokaler und nationaler Ebene fördern (2),

unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 17. April 2019 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufstellung des Programms „Rechte und Werte“ (3),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. November 2018 zu der Notwendigkeit eines umfassenden EU-Mechanismus zum Schutz der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2019 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union 2017 (5),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2019 zur Erfahrung von Gegenreaktionen gegen die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in der EU (6),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. März 2019 zur Lage in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit und die Bekämpfung der Korruption in der EU, insbesondere in Malta und in der Slowakei (7),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2019 zur öffentlichen Diskriminierung von und Hetze gegen LGBTI-Personen sowie zu LGBTI-freien Zonen (8),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2020 zu dem Jahresbericht 2018 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich (9),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2020 zu den laufenden Anhörungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV zu Polen und Ungarn (10),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen (11),

unter Hinweis auf die gemeinsamen Empfehlungen zivilgesellschaftlicher Organisationen mit dem Titel „From blueprint to footprint: Safeguarding media freedom and pluralism through the European Rule of Law Mechanism“ („Von der Blaupause zum Fußabdruck: Sicherung der Medienfreiheit und des Medienpluralismus durch den EU-Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit“) vom April 2020,

unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Netzwerks der nationalen Menschenrechtsinstitutionen mit dem Titel „Die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union“ vom 11. Mai 2020,

unter Hinweis auf die Eingabe der Arbeitsgruppe des Netzwerks für Menschenrechte und Demokratie zur internen Menschenrechtspolitik der EU an die Europäische Kommission vom 4. Mai 2020 im Rahmen der Konsultation der Interessengruppen für den Bericht zur Rechtsstaatlichkeit,

unter Hinweis auf seine Bewertung des Europäischen Mehrwerts, die dem Bericht über die Gesetzgebungsinitiative zu einem EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte vom Oktober 2016 beigefügt ist,

unter Hinweis auf die vorläufige Bewertung des europäischen Mehrwerts eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte durch das Parlament vom April 2020,

gestützt auf die Artikel 46, 54 und 148 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Rechtsausschusses und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0170/2020),

A.

in der Erwägung, dass sich die Union auf die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) festgelegten Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte von Personen, die einer Minderheit angehören, gründet; in der Erwägung, dass es sich hierbei um Werte handelt, die allen Mitgliedstaaten gemein sind und die alle Mitgliedstaaten aus freien Stücken angenommen haben; in der Erwägung, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte sich gegenseitig verstärkende Werte sind;

B.

in der Erwägung, dass die Union in ihren Beitrittskriterien festgeschrieben hat, dass ein Beitrittskandidat als Voraussetzung für die Mitgliedschaft eine institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben muss; weist jedoch darauf hin, dass der Union wirksame Instrumente zur Durchsetzung dieser Kriterien fehlen, sobald ein Land Teil der Union geworden ist;

C.

in der Erwägung, dass es im zurückliegenden Jahrzehnt in mehreren Mitgliedstaaten zu schamlosen Angriffen auf die Werte der Union gekommen ist; in der Erwägung, dass das Parlament in seinen Entschließungen seit 2011 wiederholt auf diese besorgniserregenden Entwicklungen eingegangen ist, auch auf die Auslösung von Artikel 7 EUV im Jahr 2018; in der Erwägung, dass das Parlament seit 2016 in diesem Bereich eine umfassende, präventive und evidenzbasierte Überwachung mittels eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte fordert;

D.

in der Erwägung, dass die Rechte schutzbedürftiger Gruppen wie Frauen, Menschen mit Behinderung, Roma, LGBTI-Personen und älterer Menschen in einigen Mitgliedstaaten weiterhin unter Missachtung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte der Union und des Rechts auf Nichtdiskriminierung gemäß Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht uneingeschränkt geachtet werden und diese Gruppen nicht umfassend vor Hass und Diskriminierung geschützt werden; in der Erwägung, dass durch die Notfallmaßnahmen, die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie getroffen wurden, die Grundrechte und die demokratische Gewaltenteilung weiter geschwächt wurden;

E.

in der Erwägung, dass etwa 10 % der Unionsbürgerinnen und -bürger einer nationalen Minderheit angehören; in der Erwägung, dass die Achtung der Rechte von Minderheiten ein fester Bestandteil der in Artikel 2 EUV verankerten Werte der Union ist; in der Erwägung, dass Minderheiten zur kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union beitragen; in der Erwägung, dass die Union derzeit keinen Rechtsrahmen besitzt, um die Minderheitenrechte zu gewährleisten und ihre Achtung zu überwachen;

F.

in der Erwägung, dass Verletzungen der in Artikel 2 EUV genannten Werte ohne angemessene Reaktion und Konsequenzen auf Unionsebene die Kohäsion des europäischen Projekts, die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger der Union und das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander schwächen;

G.

in der Erwägung, dass Korruption eine ernsthafte Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger darstellt;

H.

in der Erwägung, dass ein unabhängiger Journalismus und der Zugang zu pluralistischen Informationen wichtige Säulen der Demokratie sind; in der Erwägung, dass dem besorgniserregenden Zustand der Freiheit und des Pluralismus der Medien in der Union bisher nicht energisch genug begegnet wurde; in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft für das Gedeihen jeder Demokratie eine wesentliche Voraussetzung ist; in der Erwägung, dass der schrumpfende Raum der Zivilgesellschaft Verstöße gegen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte begünstigt; in der Erwägung, dass die Organe der Union einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit repräsentativen Vereinigungen und der Zivilgesellschaft auf allen Ebenen aufrechterhalten müssen;

I.

in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit, die Qualität und die Effizienz der nationalen Justizsysteme für das Erreichen einer effektiven Rechtsprechung wesentlich sind; in der Erwägung, dass die Verfügbarkeit von Prozesskostenhilfe und die Höhe der Gerichtskosten den Zugang zur Justiz maßgeblich beeinflussen können; in der Erwägung, dass die Charta mit den Verträgen rechtlich gleichrangig ist; in der Erwägung, dass gemäß den Leitlinien des Gerichtshofs der Europäischen Union die Charta seitens der Justizbehörden der Mitgliedstaaten nur dann angewendet wird, wenn europäische Rechtsvorschriften angewandt werden, dass es jedoch für die Förderung einer gemeinsamen Rechts-, Rechtssprechungs- und Rechtsstaatlichkeitskultur wichtig ist, dass die in der Charta verankerten Rechte immer Berücksichtigung finden;

J.

in der Erwägung, dass die Kommission am 30. September 2020 ihren Berichts über die Rechtsstaatlichkeit 2020 (COM(2020)0580) veröffentlicht hat, dem die erneuerte Strategie zur Umsetzung der Charta der Grundrechte und der europäische Aktionsplan für Demokratie folgen sollen;

K.

in der Erwägung, dass eine Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von allgemeinen Mängeln in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten nach ihrer Verabschiedung zu einem unverzichtbaren Instrument zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Union werden würde;

L.

in der Erwägung, dass in jeden Überwachungsmechanismus die Interessengruppen, die sich für den Schutz und die Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte einsetzen, darunter die Zivilgesellschaft, die Organe des Europarates und der Vereinten Nationen, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, nationale Menschenrechtsorgane, einschlägige Behörden und Berufsverbände, die die Justizsysteme bei der unabhängigen Rechtsprechung unterstützen, eng eingebunden sein müssen; in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft daher eine angemessene Finanzierung durch die Union, insbesondere im Rahmen des Programms „Justiz“ und des Programms „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, benötigt;

M.

in der Erwägung, dass es notwendig ist, die bestehenden Verfahren zu stärken und zu straffen und ein wirksames Verfahren zu entwickeln, um sicherzustellen, dass die in den Verträgen verankerten Grundsätze und Werte in der gesamten Union gewahrt werden;

N.

in der Erwägung, dass das Parlament, die Kommission und der Rat („die drei Organe“) im Rahmen der ihnen durch die Verträge übertragenen Befugnisse gemeinsam die Verantwortung für die Einhaltung der Werte der Union tragen; in der Erwägung, dass mit einer interinstitutionellen Vereinbarung auf der Grundlage von Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die erforderlichen Vorkehrungen geschaffen würden, um die Zusammenarbeit der drei Organe in diesem Bereich zu erleichtern; in der Erwägung, dass gemäß Artikel 295 AEUV jedes der drei Organe eine solche Vereinbarung vorschlagen kann;

1.

betont, dass die Union dringend eine solide, umfassende und positive Agenda zum wirksamen Schutz und zur Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte für all ihre Bürgerinnen und Bürger entwickeln muss; besteht darauf, dass die Union Verfechterin der Freiheit und Gerechtigkeit in Europa und der Welt bleiben muss;

2.

warnt davor, dass die Union vor einer beispiellosen und eskalierenden Krise ihrer Grundwerte steht, die ihr langfristiges Überleben als demokratisches Friedensprojekt gefährdet; ist zutiefst besorgt über das Aufkommen und die Verfestigung autokratischer und freiheitsfeindlicher Tendenzen, die durch die COVID-19-Pandemie und die wirtschaftliche Rezession sowie durch Korruption, Desinformation und die Vereinnahmung des Staates in mehreren Mitgliedstaaten noch verstärkt werden; unterstreicht die Gefahren dieser Entwicklung für den Zusammenhalt der Rechtsordnung der Union, den Schutz der Grundrechte all ihrer Bürgerinnen und Bürger, das Funktionieren ihres Binnenmarkts, die Wirksamkeit ihrer gemeinsamen Politik und ihre internationale Glaubwürdigkeit;

3.

weist darauf hin, dass die Union nach wie vor strukturell schlecht gerüstet ist, um Verstößen und Rückschritten in Bezug auf die Demokratie, die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten entgegenzutreten; bedauert die Unfähigkeit des Rates, bei der Durchsetzung der Werte der Union in den laufenden Verfahren nach Artikel 7 EUV sinnvolle Fortschritte zu erzielen; stellt fest, dass das Versäumnis des Rates, Artikel 7 EUV wirksam anzuwenden, tatsächlich eine weitere Abweichung von den in Artikel 2 EUV vorgesehenen Werten ermöglicht; stellt mit Besorgnis fest, dass das Instrumentarium der Union in diesem Bereich unzusammenhängend ist, und fordert, dass es gestrafft und seinem Zweck entsprechend durchgesetzt wird;

4.

begrüßt die Arbeit der Kommission an ihrem jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit; begrüßt, dass Korruption und Medienfreiheit Teil der jährlichen Bewertung sind; stellt jedoch fest, dass die Bereiche Demokratie und Grundrechte nicht abgedeckt werden; bedauert insbesondere, dass die Vereinigungsfreiheit und die Einengung des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft nicht Teil der jährlichen Bewertung sind; unterstreicht mit Besorgnis, dass die Rechte schutzbedürftiger Gruppen, einschließlich Frauen, Menschen mit Behinderung, Roma, LGBTI-Personen und älterer Menschen, in einigen Mitgliedstaaten weiterhin unter Verletzung der in Artikel 2 EUV vorgesehenen Werte der Union nicht uneingeschränkt geachtet werden und diese Gruppen nicht vollständig vor Hass und Diskriminierung geschützt werden; erinnert daran, dass das Parlament wiederholt einen Überwachungsmechanismus gefordert hat, der den gesamten Anwendungsbereich von Artikel 2 EUV abdeckt; bekräftigt die Notwendigkeit eines objektiven und evidenzbasierten Überwachungsmechanismus, der in einem Rechtsakt verankert ist und die drei Organe an ein transparentes und geregeltes Verfahren mit eindeutig festgelegten Verantwortlichkeiten bindet, sodass der Schutz und die Förderung aller Werte der Union zu einem dauerhaften und sichtbaren Bestandteil der Agenda der Union werden;

5.

schlägt die Einrichtung eines EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte (der „Mechanismus“) vor, der auf dem Vorschlag des Parlaments aus dem Jahr 2016 und dem jährlichen Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit aufbaut und durch eine interinstitutionelle Vereinbarung zwischen den drei Organen geregelt werden soll, die aus einem jährlichen Überwachungszyklus für die Werte der Union besteht, alle Aspekte von Artikel 2 EUV abdeckt und in gleicher, objektiver und gerechter Weise auf alle Mitgliedstaaten Anwendung findet, wobei die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu beachten sind;

6.

unterstreicht, dass der jährliche Überwachungszyklus länderspezifische Empfehlungen mit eindeutigen Zeit- und Zielvorgaben für die Umsetzung enthalten muss, die in anschließenden Jahres- oder Dringlichkeitsberichten nachverfolgt werden müssen; betont, dass ein Versäumnis der Umsetzung der Empfehlungen mit konkreten Maßnahmen der Union verknüpft sein muss, einschließlich Verfahren nach Artikel 7 EUV, Vertragsverletzungsverfahren und der Konditionalität des Haushalts, sobald diese in Kraft ist; weist darauf hin, dass mit den Empfehlungen nicht nur das Ziel verfolgt werden sollte, Verstöße zu beheben, sondern auch Strategien gefördert werden sollten, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, die Rechte und Werte der Union wahrzunehmen;

7.

weist darauf hin, dass der Mechanismus bestehende Instrumente, insbesondere den Jahresbericht der Kommission zur Rechtsstaatlichkeit, den Rahmen der Kommission für Rechtsstaatlichkeit, die jährlichen Berichte der Kommission über die Anwendung der Charta, den Dialog des Rates über Rechtsstaatlichkeit und das Kooperations- und Kontrollverfahren konsolidieren und ablösen sollte, um eine Duplizierung zu vermeiden, und gleichzeitig die Komplementarität und Kohärenz mit anderen verfügbaren Instrumenten einschließlich der Verfahren gemäß Artikel 7 EUV, Vertragsverletzungsverfahren und der Konditionalität des Haushalts, sobald diese in Kraft ist, verbessern sollte; vertritt die Auffassung, dass die drei Organe die Erkenntnisse aus dem jährlichen Überwachungszyklus in ihrer Bewertung zur Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 7 EUV und der Konditionalität des Haushalts nach seinem Inkrafttreten nutzen sollten; betont, dass die Funktionen und Vorrechte jedes der drei Organe geachtet werden müssen;

8.

unterstreicht, dass die Unabhängigkeit der Justiz für juristische Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung und eine Anforderung gemäß dem Prinzip des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 EUV ist; ist besorgt darüber, dass die jüngsten Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit hauptsächlich in Versuchen bestanden haben, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden, und betont, dass jedes nationale Gericht auch ein europäisches Gericht ist; fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um jeglichen Versuch von Regierungen der Mitgliedstaaten, die Unabhängigkeit nationaler Gerichte zu gefährden, zu verhindern, und das Parlament über derartige Vorkommnisse zeitnah zu informieren;

9.

erinnert daran, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten eine Vertragsverpflichtung gemäß Artikel 6 Absatz 2 EUV darstellt; bekräftigt, dass ein rascher Abschluss des Beitrittsverfahrens erforderlich ist, um einen kohärenten Rahmen für den Schutz der Menschenrechte in ganz Europa sicherzustellen und den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten in der Union weiter zu stärken; fordert die Kommission daher auf, ihre Anstrengungen zur vollständigen Umsetzung der Verträge auszuweiten und das Beitrittsverfahren unverzüglich zum Abschluss zu führen;

10.

erinnert an die unverzichtbare Rolle, die der Zivilgesellschaft, nationalen Menschenrechtsinstitutionen, Gleichstellungsstellen und anderen einschlägigen Akteuren in allen Phasen des jährlichen Überwachungszyklus zukommt, von der Bereitstellung von Beiträgen bis zur Erleichterung der Anwendung und der Überwachung; betont, dass Menschenrechtsverteidiger und Akteure der Berichterstattung auf nationaler Ebene und auf Ebene der Union geschützt werden müssen, bei Bedarf auch vor missbräuchlichem gerichtlichem Vorgehen, und dass auf allen Ebenen ausreichende Mittel bereitgestellt werden müssen; fordert in diesem Zusammenhang, dass nach einer gründlichen Folgenabschätzung ein Statut für grenzüberschreitende europäische Vereinigungen und gemeinnützige Organisationen geschaffen wird; betont, dass Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung von Korruption leisten; fordert die Kommission auf, die Umsetzung und Anwendung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, genau zu überwachen (12); weist daraufhin, dass der Akkreditierungsstatus nationaler Menschenrechtsinstitutionen und der Spielraum für die Zivilgesellschaft selbst als Indikatoren für die Bewertung dienen könnten; fordert die nationalen Parlamente auf, öffentliche Aussprachen über die Ergebnisse des Überwachungszyklus zu führen und dazu Stellung zu nehmen; betont, dass die Ausbildung von Angehörigen der Rechtsberufe für die ordnungsgemäße Umsetzung und Anwendung des Unionsrechts und damit für die Stärkung einer gemeinsamen Rechtskultur in der gesamten Union von wesentlicher Bedeutung ist; ist der Ansicht, dass bei der künftigen europäischen Strategie für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten ein zusätzlicher Schwerpunkt auf die Förderung der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz gelegt werden muss, und dass die Strategie Schulungen zu Kompetenzen und nichtrechtlichen Fragen umfassen muss, um Richter besser darauf vorzubereiten, ungebührlichem Druck standzuhalten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Dialog zwischen den Gerichten und Juristen weiter zu fördern und zu erleichtern, indem der regelmäßige Austausch von Informationen und bewährten Verfahren unterstützt wird, um den auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten beruhenden Rechtsraum der Union zu stärken und voranzubringen; hebt hervor, dass im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen eine angemessene Finanzierung der bereichsspezifischen Programme „Justiz“ und „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ sicherzustellen ist, da mit diesen Programmen angestrebt wird, die Werte der Union zu schützen und zu fördern und einen Rechtsraum der Union zu schaffen, der auf der Rechtsstaatlichkeit und der Unterstützung der Zivilgesellschaft beruht;

11.

weist auf die Komplementarität hin, die zwischen dem EU-Justizbarometer, das einen Vergleich zwischen den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten ermöglicht, und dem Mechanismus bestehen sollte; weist darauf hin, dass dem EU-Justizbarometer 2020 zufolge zwischen den Mitgliedstaaten noch immer erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Anzahl anhängiger Rechtssachen bestehen, dass die Anstauung von Arbeitsrückständen in einigen Mitgliedstaaten gewachsen ist, dass nicht alle Mitgliedstaaten Schulungen zu IKT-Fertigkeiten anbieten, die auf die Anpassung an die Digitalisierung und die Erleichterung des Zugangs zur Justiz ausgerichtet sind, dass Prozesskostenhilfe in einigen Mitgliedstaaten im Verlauf der Jahre weniger leicht zugänglich geworden ist und dass die Gleichstellung der Geschlechter in den Rechtssystemen der meisten Mitgliedstaaten noch nicht sichergestellt wurde;

12.

bekräftigt erneut die Rolle des Parlaments bei der Überwachung der Werte der Union gemäß Artikel 7 EUV; bekräftigt die Forderung, dass das Parlament in der Lage sein sollte, dem Rat einen begründeten Vorschlag vorzulegen und an Anhörungen gemäß Artikel 7 teilzunehmen, wenn das Parlament das Verfahren eingeleitet hat, wobei die Vorrechte jedes der drei Organe und der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu achten sind; fordert den Rat auf, das Parlament regelmäßig zu informieren und eng einzubeziehen und in transparenter Weise zu arbeiten; vertritt die Auffassung, dass der Mechanismus auf der Grundlage einer interinstitutionellen Vereinbarung den erforderlichen Rahmen für eine bessere Koordinierung bieten wird;

13.

ist der Ansicht, dass die Stärkung der Fähigkeit der Union, ihren Verfassungskern zu fördern und zu verteidigen, auf lange Sicht möglicherweise eine Vertragsänderung erfordert; sieht den diesbezüglichen Überlegungen und Schlussfolgerungen der Konferenz zur Zukunft Europas mit Interesse entgegen; betont, dass die Wirksamkeit des Verfahrens nach Artikel 7 EUV verbessert werden sollte, indem die für Maßnahmen erforderliche Mehrheit geändert und der Sanktionsmechanismus gestärkt wird; fordert die Konferenz zur Zukunft Europas auf, in Betracht zu ziehen, die Funktion des Gerichtshofs der Europäischen Union beim Schutz der Grundwerte der Union zu stärken; fordert, dass die Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates vom 15. Februar 2007 zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (13) nach einer gründlichen Folgenabschätzung überarbeitet wird, um das Mandat der Agentur zu stärken und auszuweiten, sodass es alle in Artikel 2 EUV genannten Werte umfasst;

14.

ist der festen Überzeugung, dass die Bewältigung der Krise der Werte der Union, auch durch den vorgeschlagenen Mechanismus, eine Voraussetzung für die Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten ist, damit die Union als eine Einheit alle Bereiche der gemeinsamen Politik unterstützen und fördern kann;

15.

bedauert, dass der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 21. Juli 2020 den von der Kommission vorgeschlagenen Mechanismus für die Konditionalität des Haushalts abgeschwächt hat; bekräftigt seine Forderung, dafür zu sorgen, dass systematische Verstöße gegen die Werte gemäß Artikel 2 EUV mit einer Finanzierung durch die Union unvereinbar werden; betont die Notwendigkeit, zum Schutz des Haushalts der Union die umgekehrte qualifizierte Mehrheit anzuwenden, ohne die die Wirksamkeit des neuen Mechanismus der Konditionalität des Haushalts gefährdet würde; fordert, dass die Anwendung der Konditionalität des Haushalts von Maßnahmen begleitet wird, die darauf ausgerichtet sind, mögliche Auswirkungen auf einzelne Empfänger von Finanzmitteln der Union, unter anderem zivilgesellschaftliche Organisationen, zu mindern; unterstreicht, dass der Mechanismus der Konditionalität des Haushalts nicht allein durch den vorgeschlagenen jährlichen Überwachungszyklus ersetzt werden kann; fordert den Europäischen Rat auf, seiner im Rahmen der Erklärung von Sibiu vom 9. Mai 2019 zum Schutz der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gemachten Zusage nachzukommen;

16.

fordert die Kommission und den Rat auf, unverzüglich Verhandlungen mit dem Parlament über eine interinstitutionelle Vereinbarung gemäß Artikel 295 AEUV aufzunehmen; ist der Ansicht, dass der im Anhang enthaltene Vorschlag eine angemessene Grundlage für derartige Verhandlungen darstellt;

17.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den als Anlage beigefügten Vorschlag der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

(1)  ABl. C 215 vom 19.6.2018, S. 162.

(2)  ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 117.

(3)  Angenommene Texte, P8_TA(2019)0407.

(4)  Angenommene Texte, P8_TA(2018)0456.

(5)  Angenommene Texte, P8_TA(2019)0032.

(6)  Angenommene Texte, P8_TA(2019)0111.

(7)  Angenommene Texte, P8_TA(2019)0328.

(8)  Angenommene Texte, P9_TA(2019)0101.

(9)  Angenommene Texte, P9_TA(2020)0007.

(10)  Angenommene Texte, P9_TA(2020)0014.

(11)  Angenommene Texte, P9_TA(2020)0054.

(12)  ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17.

(13)  ABl. L 53 vom 22.2.2007, S. 1.


ANLAGE ZUR ENTSCHLIESSUNG:

Vorschlag für eine Interinstitutionelle Vereinbarung über die Stärkung der Werte der Union

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf dessen Artikel 295,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sind die Werte, auf die sich die Europäische Union gründet, die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören („Werte der Union“).

(2)

Gemäß Artikel 49 EUV sind die Achtung der Werte der Union und die Verpflichtung zur Förderung dieser Werte eine grundlegende Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Union. Nach Artikel 7 EUV kann das Vorliegen einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Werte der Union durch einen Mitgliedstaat die Aussetzung des Stimmrechts des Vertreters der Regierung dieses Mitgliedstaats im Rat zur Folge haben. Die Achtung der Werte der Union bildet die Grundlage für ein hohes Maß an Verlässlichkeit sowie das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten.

(3)

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission („die drei Organe“) erkennen die Bedeutung der Achtung der Werte der Union an. Die Achtung der Werte der Union ist erforderlich für das reibungslose Funktionieren der Union und die Verwirklichung ihrer in Artikel 3 EUV festgelegten Ziele. Die drei Organe sind zu einer aufrichtigen gegenseitigen Zusammenarbeit mit dem Ziel verpflichtet, die Achtung der Werte der Union zu fördern und zu gewährleisten.

(4)

Die drei Organe erkennen die Notwendigkeit an, die bestehenden Instrumente zur Förderung der Einhaltung der Werte der Union zu optimieren und ihre Wirksamkeit zu verstärken. Daher soll ein umfassender und faktengestützter interinstitutioneller Mechanismus geschaffen werden, der den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Rechnung trägt und mit dem die Koordinierung zwischen den drei Organen verbessert wird und die zuvor ergriffenen Initiativen konsolidiert werden. Gemäß den Schlussfolgerungen des Rates „Justiz und Inneres“ vom 6. und 7. Juni 2013 sollte ein solcher Mechanismus „transparent, auf Grundlage objektiv gesammelter, verglichener und analysierter Fakten und nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten“ ablaufen.

(5)

Die drei Organe sind sich einig, dass ein jährlicher Zyklus zur Überwachung der Einhaltung der Werte der Union erforderlich ist, um die Förderung und Achtung der Werte der Union zu stärken. Der jährliche Überwachungszyklus sollte umfassend, objektiv, unparteiisch und faktengestützt sein sowie in gleicher und gerechter Weise auf alle Mitgliedstaaten Anwendung finden. Das vorrangige Ziel des jährlichen Überwachungszyklus sollte darin bestehen, Verletzungen der Werte der Union und Verstöße gegen sie zu verhindern sowie positive Entwicklungen hervorzuheben und bewährte Verfahren auszutauschen, und gleichzeitig eine gemeinsame Grundlage für weitere Maßnahmen der drei Organe bereitzustellen. Die drei Organe kommen ferner überein, diese Interinstitutionelle Vereinbarung zu nutzen, um bestehende Instrumente und Initiativen zur Förderung und Achtung der Werte der Union, insbesondere den Jahresbericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit, den jährlichen Dialog des Rates über Rechtsstaatlichkeit und den Rahmen der Kommission zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips, zu integrieren, um Doppelarbeit zu vermeiden und die Gesamteffizienz zu stärken.

(6)

Der jährliche Überwachungszyklus sollte aus einer Vorbereitungsphase, der Veröffentlichung eines jährlichen Überwachungsberichts über die Achtung der Werte der Union, einschließlich länderspezifischer Empfehlungen, und einer Weiterverfolgungsphase, einschließlich der Umsetzung der Empfehlungen, bestehen. Der jährliche Überwachungszyklus sollte im Geist der Transparenz und Offenheit unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und der Zivilgesellschaft durchgeführt werden und vor Desinformation geschützt werden.

(7)

Die drei Organe teilen die Auffassung, dass der jährliche Überwachungszyklus die Entscheidungen 2006/928/EG (1) und 2006/929/EG (2) der Kommission ersetzen und unter anderem die Ziele dieser Entscheidungen erfüllen sollte. Diese Interinstitutionelle Vereinbarung lässt die Beitrittsakte aus dem Jahr 2005, insbesondere deren Artikel 37 und 38, unberührt.

(8)

Der jährliche Überwachungszyklus sollte auch andere Instrumente im Zusammenhang mit der Förderung und Stärkung der Werte der Union ergänzen und mit ihnen im Einklang stehen. Insbesondere verpflichten sich die drei Organe, die Erkenntnisse aus den jährlichen Überwachungsberichten bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob im Sinne von Artikel 7 EUV die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der Union durch einen Mitgliedstaat besteht oder eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung derselben vorliegt. Desgleichen hat sich die Kommission gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) 2020/xxxx des Europäischen Parlaments und des Rates (3) verpflichtet, die Erkenntnisse aus dem jährlichen Überwachungsbericht in ihrer Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden sollte oder ob es in den Mitgliedstaaten generelle Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip gibt. Die drei Organe sind sich einig, dass die jährlichen Überwachungsberichte allgemeinere Leitlinien für ihr Handeln in Bezug auf die Werte der Union darstellen sollten.

(9)

Gemäß Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden in der vorliegenden Interinstitutionellen Vereinbarung nur Bestimmungen zu dem Zweck festgelegt, die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission z erleichtern, und in Übereinstimmung mit Artikel 13 Absatz 2 EUV handeln diese Organe im Rahmen der ihnen durch die Verträge übertragenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in diesen Verträgen festgelegt sind. Diese Interinstitutionelle Vereinbarung lässt die Befugnisse des Gerichtshofs der Europäischen Union betreffend die offizielle Auslegung des Unionsrechts unberührt –

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

I.   ZIELE

1.

Die drei Organe vereinbaren, die Achtung der Werte der Union gemäß Artikel 2 EUV durch Abstimmung und Zusammenarbeit zu fördern und zu stärken.

II.   JÄHRLICHER ÜBERWACHUNGSZYKLUS

2.

Die drei Organe kommen überein, in aufrichtiger und gegenseitiger Zusammenarbeit einen jährlichen Zyklus zur Überwachung der Achtung der Werte der Union zu organisieren, der sich mit Fragen und bewährten Verfahren in allen Bereichen der Werte der Union befasst. Der jährliche Überwachungszyklus besteht aus einer Vorbereitungsphase, der Veröffentlichung eines jährlichen Überwachungsberichts über die Achtung der Werte der Union („Jahresbericht“), der Empfehlungen umfasst, und einer Nachverfolgungsphase.

3.

Die drei Organe kommen überein, eine ständige interinstitutionelle Arbeitsgruppe für die Werte der Union („Arbeitsgruppe“) einzurichten. Die Arbeitsgruppe soll die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den drei Organen im Rahmen des jährlichen Überwachungszyklus erleichtern. Die Arbeitsgruppe unterrichtet die Öffentlichkeit regelmäßig über ihre Arbeit.

4.

Ein Gremium unabhängiger Sachverständiger berät die Arbeitsgruppe und die drei Organe. In Zusammenarbeit mit der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte ermittelt das Gremium unabhängiger Sachverständiger unparteiisch die wichtigsten positiven und negativen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten und trägt zur Entwicklung einer Methodik für den Jahresbericht bei. Die drei Organe können das Gremium in jeder Phase des jährlichen Überwachungszyklus konsultieren.

Vorbereitungsphase

5.

Die Kommission organisiert jährlich eine gezielte Konsultation von Interessengruppen, um Informationen für den Jahresbericht zusammenzutragen. Die Konsultation der Interessengruppen findet im ersten Quartal eines jeden Jahres statt. Die Konsultation muss transparent sein und auf einer klaren und strikten, von der Arbeitsgruppe angenommenen Methodik beruhen. Auf jeden Fall muss die Methodik in einer geeigneten Form Vorgaben wie die umfassen, die in den Anhängen zu den Entscheidungen der Kommission 2006/928/EG und 2006/929/EG aufgeführt sind.

6.

Die Konsultation der Interessengruppen bietet zivilgesellschaftlichen Organisationen, nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte und Gleichstellungsstellen, Berufsverbänden und beruflichen Netzwerken, den Organen des Europarats und anderen internationalen Organisationen, den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und den Mitgliedstaaten, einschließlich der zuständigen nationalen Behörden, die Gelegenheit, zum Jahresbericht beizutragen. Die Kommission nimmt die von den Interessengruppen übermittelten Informationen in den Jahresbericht auf. Vor der Veröffentlichung des Jahresberichts veröffentlicht die Kommission die Beiträge aus der Konsultation auf ihrer Website.

7.

Die Kommission stützt sich bei der Erstellung des Jahresberichts auf der Grundlage der von der Arbeitsgruppe beschlossenen Methodik auf alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Berichte und Daten der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und anderer Einrichtungen und Stellen der Union, des Europarats, einschließlich der Venedig-Kommission und der Gruppe der Staaten gegen Korruption, sowie anderer internationaler Organisationen, die einschlägige Studien und Bewertungen erstellen. Weicht der von der Kommission erstellte Jahresbericht von den Ergebnissen des Gremiums unabhängiger Sachverständiger ab, können das Europäische Parlament und der Rat die Kommission auffordern, der Arbeitsgruppe ihre Gründe darzulegen.

8.

Benannte Vertreter aller drei Organe haben nach Abstimmung innerhalb der Arbeitsgruppe die Möglichkeit, Informationsbesuche in den Mitgliedstaaten durchzuführen, um zusätzliche Informationen und Klarstellungen über den Stand der Werte der Union in den betreffenden Mitgliedstaaten zu erhalten. Die Kommission nimmt die Ergebnisse in den Jahresbericht auf.

9.

Die Kommission informiert die Arbeitsgruppe regelmäßig über die während der gesamten Vorbereitungsphase erzielten Fortschritte.

Jahresbericht und Empfehlungen

10.

Die Kommission erstellt den Jahresbericht auf der Grundlage der in der Vorbereitungsphase gesammelten Informationen. Der Jahresbericht sollte sowohl positive als auch negative Entwicklungen bezüglich der Achtung der Werte der Union in den Mitgliedstaaten abdecken. Die Berichterstattung hat unparteiisch zu sein, sich auf objektiv zusammengestellte Beweise zu stützen und die Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten zu wahren. Die Tiefe der Berichterstattung sollte den Ernst der jeweiligen Situation widerspiegeln. Der Jahresbericht umfasst einen Abschnitt über Vertragsverletzungsverfahren, die die Werte der Union betreffen.

11.

Der Jahresbericht enthält an die einzelnen Mitgliedstaaten gerichtete spezifische Empfehlungen, mit denen der Schutz und die Förderung der Werte der Union gestärkt werden sollen. In den Empfehlungen werden konkrete Ziele und Zeitpläne für die Umsetzung festgelegt, und etwaigen Bedenken, die in gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV angenommenen begründeten Vorschlägen geäußert wurden, wird gebührend Rechnung getragen. Die Empfehlungen tragen der Vielfalt der politischen und rechtlichen Systeme der Mitgliedstaaten Rechnung. Die Umsetzung der Empfehlungen wird gegebenenfalls in späteren Jahresberichten oder Dringlichkeitsberichten bewertet.

12.

Der Jahresbericht einschließlich seiner Empfehlungen wird jedes Jahr im September veröffentlicht. Der Veröffentlichungstermin wird zwischen den drei Organen in der Arbeitsgruppe abgestimmt. Vor der Veröffentlichung legt die Kommission der Arbeitsgruppe den Entwurf des Jahresberichts vor.

Nachverfolgung

13.

Spätestens zwei Monate nach dem Datum seiner Veröffentlichung erörtern das Europäische Parlament und der Rat den Inhalt des Jahresberichts. Die Erörterungen werden veröffentlicht. Das Europäische Parlament und der Rat nehmen durch Entschließungen und Schlussfolgerungen zum Jahresbericht Stellung. Im Rahmen der Nachverfolgung bewerten das Europäische Parlament und der Rat, inwieweit frühere Empfehlungen, einschließlich einschlägiger Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union, von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden, und stellen Überlegungen dazu an. Die drei Organe nutzen ihre jeweiligen Befugnisse im Rahmen der Verträge, um zu einer wirksamen Nachverfolgung beizutragen. Die drei Organe bemühen sich darum, die Debatte über den Jahresbericht in den Mitgliedstaaten, insbesondere in den nationalen Parlamenten, zeitnah zu fördern.

14.

Die Kommission nimmt auf der Grundlage der Ergebnisse des Jahresberichts entweder von sich aus oder auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates einen Dialog mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten, einschließlich der entsprechenden Behörden, auf, um auf die Umsetzung der Empfehlungen hinzuwirken. Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig über die Fortschritte im Zuge des Dialogs. Die Kommission kann den Mitgliedstaaten jederzeit und auch auf Ersuchen des betreffenden Mitgliedstaats durch verschiedene Maßnahmen technische Unterstützung gewähren. Das Europäische Parlament organisiert in Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten eine interparlamentarische Debatte über die Ergebnisse des Jahresberichts.

15.

Die drei Organe sollten die Ergebnisse des Jahresberichts bei der Festlegung der Finanzierungsprioritäten berücksichtigen. Insbesondere sollte die Kommission bei der Aufstellung einschlägiger Jahresarbeitsprogramme für die Auszahlung von Unionsmitteln sowohl in geteilter als auch in direkter Mittelverwaltung gezielte Unterstützung für nationale Akteure vorsehen, die zum Schutz und zur Förderung der Werte der Union beitragen, wie z. B. Organisationen der Zivilgesellschaft und Medienorganisationen.

16.

Unbeschadet der Befugnisse der Kommission nach Artikel 258 AEUV und Artikel 5 der Verordnung (EU) 2020/xxxx sowie des Rechts eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission, dem Rat gemäß Artikel 7 Absatz 1 EUV einen begründeten Vorschlag zu unterbreiten, kommen die drei Organe überein, dass die Jahresberichte als Richtschnur für ihr Handeln in Bezug auf die Werte der Union dienen sollen.

17.

Das Europäische Parlament und der Rat können die Kommission auffordern, zusätzliche Leitlinien und Indikatoren auszuarbeiten, um maßgebliche Querschnittsthemen aufzugreifen, die sich aus dem jährlichen Überwachungszyklus ergeben.

Dringlichkeitsbericht

18.

Weist die Lage in einem oder mehreren Mitgliedstaaten auf eine unmittelbar bevorstehende schwere Verletzung der Werte der Union hin, so kann die Kommission von sich aus oder auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates einen Dringlichkeitsbericht über die Lage erstellen. Die Kommission erstellt den Bericht in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe. Die Kommission verfasst den Dringlichkeitsbericht unverzüglich und veröffentlicht ihn spätestens zwei Monate nach einem Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates. Die Erkenntnisse aus dem Dringlichkeitsbericht fließen in den nächsten Jahresbericht ein. Der Dringlichkeitsbericht kann Empfehlungen enthalten, mit denen der unmittelbaren Bedrohung der Werte der Union begegnet werden soll.

III.   KOMPLEMENTARITÄT MIT ANDEREN INSTRUMENTEN

19.

Die drei Organe erkennen den komplementären Charakter des jährlichen Überwachungszyklus und anderer Mechanismen zum Schutz und zur Förderung der Werte der Union an, insbesondere des in Artikel 7 EUV festgelegten Verfahrens, der Vertragsverletzungsverfahren und der Verordnung (EU) 2020/xxxx. Die drei Organe verpflichten sich, den Zielen dieser Interinstitutionellen Vereinbarung in der Politik der Union Rechnung zu tragen.

20.

Für den Fall, dass im Jahresbericht systemische Mängel in Bezug auf einen oder mehrere Werte der Union festgestellt werden, verpflichten sich die drei Organe, im Rahmen der ihnen durch die Verträge übertragenen jeweiligen Befugnisse unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die drei Organe kommen überein, dass anhand der Ergebnisse des Jahresberichts entschieden wird, ob zum Schutz der Werte der Union das in Artikel 7 EUV vorgesehene Verfahren ausgelöst wird und Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden. Die drei Organe prüfen unter anderem, ob jene Politik der Union, die ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen erfordert, vor dem Hintergrund der im Jahresbericht festgestellten Systemmängel aufrechterhalten werden kann.

21.

Der mit dieser Vereinbarung eingeführte jährliche Überwachungszyklus ersetzt das durch die Entscheidung 2006/928/EG der Kommission eingeführte Verfahren für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Rumäniens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung sowie das durch die Entscheidung 2006/929/EG der Kommission eingeführte Verfahren für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Bulgariens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens und soll unter anderem die Ziele dieser Entscheidungen verwirklichen. Die Kommission verpflichtet sich daher, diese Entscheidungen zu gegebener Zeit aufzuheben.

Gemeinsame Regelungen für Artikel 7 EUV

22.

Die drei Organe kommen überein, die Erkenntnisse aus dem Jahresbericht bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob im Sinne von Artikel 7 EUV die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der Union durch einen Mitgliedstaat besteht oder eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung derselben vorliegt.

23.

Um die Transparenz und Effizienz des Verfahrens nach Artikel 7 EUV zu stärken, kommen die drei Organe überein, dafür zu sorgen, dass das Organ, das einen Vorschlag nach Artikel 7 Absatz 1 EUV einleitet, den Vorschlag im Rat vorlegen kann und in allen Phasen des Verfahrens umfassend informiert und beteiligt wird. Die drei Organe kommen überein, sich in der Arbeitsgruppe regelmäßig über laufende und potenzielle Verfahren nach Artikel 7 EUV auszutauschen.

24.

Die drei Organe kommen überein, Modalitäten auszuarbeiten, die darauf abzielen, die Wirksamkeit des Verfahrens nach Artikel 7 EUV zu erhöhen. Derartige neue Modalitäten können unter anderem regelmäßig anberaumte Anhörungen und Sitzungen zum Stand der Dinge, Empfehlungen zur Behebung der in dem begründeten Vorschlag geäußerten Bedenken und Zeitpläne für die Umsetzung sein.

Gemeinsame Regelungen zur Konditionalität des Haushalts

25.

Die drei Organe kommen überein, die Erkenntnisse aus dem Jahresbericht bei der Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob in Übereinstimmung mit Artikel 5 der Verordnung (EU) 2020/xxxx in den Mitgliedstaaten allgemeine Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip bestehen, sowie bei jeder anderen relevanten Bewertung für die Zwecke bestehender und künftiger Haushaltsinstrumente. Für den Fall, dass im Jahresbericht festgestellt wird, dass ein genereller Mangel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in einem Mitgliedstaat die Grundvoraussetzungen für eine wirtschaftliche Haushaltsführung oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht, teilt die Kommission dies dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/xxxx schriftlich mit.

IV.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

26.

Die drei Organe treffen die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die für eine ordnungsgemäße Durchführung dieser Interinstitutionellen Vereinbarung erforderlichen Mittel und Ressourcen zur Verfügung stehen.

27.

Die drei Organe überwachen gemeinsam und fortlaufend die Durchführung dieser Interinstitutionellen Vereinbarung, und zwar sowohl auf politischer Ebene durch regelmäßige Beratungen als auch auf technischer Ebene in der Arbeitsgruppe.

28.

Diese Vereinbarung tritt am Tag ihrer Unterzeichnung in Kraft.

(1)  Entscheidung der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Rumäniens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung (ABl. L 354 vom 14.12.2006, S. 56).

(2)  Entscheidung der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Bulgariens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens (ABl. L 354 vom 14.12.2006, S. 58).

(3)  [Anstelle von xxxx (ebenso in Ziffern 16, 19 und 25) die endgültige Nummer von 2018/136(COD) in den Text und die Fußnote einfügen und den ABl.-Verweis in der Fußnote korrigieren] Verordnung (EU) …/… des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten (ABI. C … vom …, S. …).


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