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Document 32020D0472

    Beschluss (GASP) 2020/472 des Rates vom 31. März 2020 über eine Militäroperation der Europäischen Union im Mittelmeer (EUNAVFOR MED IRINI)

    ST/6414/2020/INIT

    ABl. L 101 vom 1.4.2020, p. 4–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 20/03/2023

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2020/472/oj

    1.4.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 101/4


    BESCHLUSS (GASP) 2020/472 DES RATES

    vom 31. März 2020

    über eine Militäroperation der Europäischen Union im Mittelmeer (EUNAVFOR MED IRINI)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 42 Absatz 4 und Artikel 43 Absatz 2,

    auf Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 19. Januar 2020 fand in Berlin eine Konferenz zu Libyen statt. Die Teilnehmer verpflichteten sich insbesondere, das mit der Resolution 1970 (2011) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und den nachfolgenden Resolutionen, insbesondere den Resolutionen 2292 (2016) und 2473 (2019), verhängte Waffenembargo unmissverständlich und uneingeschränkt einzuhalten und umzusetzen.

    (2)

    Am 12. Februar 2020 begrüßte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 2510 (2020) die Berliner Konferenz zu Libyen und billigte deren Schlussfolgerungen, wobei er feststellte, dass die Schlussfolgerungen ein wichtiges Element einer umfassenden Lösung für die Lage in Libyen darstellen. Der Sicherheitsrat verlangte von allen VN-Mitgliedstaaten, das Waffenembargo uneingeschränkt einzuhalten und von allen Staaten, nicht in den Konflikt einzugreifen und nicht Maßnahmen zu ergreifen, die den Konflikt verschärfen.

    (3)

    Am 11. Februar 2020 weitete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit seiner Resolution 2509 (2020) die mit der Resolution 2146 (2014) verhängten Maßnahmen zur Verhinderung der illegalen Ausfuhr von Erdöl, einschließlich Rohöl und raffinierter Erdölerzeugnisse, aus Libyen aus und verlängerte das Mandat der mit der Resolution 1973 (2011) eingesetzten Sachverständigengruppe.

    (4)

    Am 17. Februar 2020 erzielte der Rat eine politische Einigung über die Einleitung einer neuen Operation im Mittelmeer, mit der das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen unter Einsatz luft-, satelliten- und seegestützter Mittel umgesetzt werden soll. Als Nebenaufgaben sollte diese Operation zur Umsetzung von Maßnahmen der Vereinten Nationen zur Verhinderung der illegalen Ausfuhr von Erdöl aus Libyen, zum Kapazitätsaufbau und zur Schulung der libyschen Küstenwache und der lybischen Marine und zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser- und Menschenhändlernetze beitragen. Das Operationsgebiet und das Gebiet von Interesse (Area of Interest) der Operation sollten entsprechend dem vereinbarten Mandat in den einschlägigen Planungsdokumenten festgelegt werden.

    (5)

    Darüber hinaus könnte der Rat in Zukunft beschließen, den Anwendungsbereich der Operation auszuweiten, um die Nutzung der Luftüberwachung im libyschen Luftraum gemäß allen anwendbaren Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, oder mit der Einwilligung der libyschen Behörden, zu ermöglichen, wenn er zu der Einschätzung gelangt, dass die erforderlichen rechtlichen Anforderungen und politischen Bedingungen erfüllt sind.

    (6)

    Am 18. Mai 2015 hat der Rat den Beschluss (GASP) 2015/778 (1) erlassen. Die EUNAVFOR MED Operation SOPHIA läuft seit diesem Tag und wurde durch den Beschluss (GASP) 2019/1595 des Rates (2) verlängert.

    (7)

    Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) sollte unter der Verantwortung des Rates und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik die politische Kontrolle und die strategische Leitung der Operation wahrnehmen und die geeigneten Beschlüsse nach Artikel 38 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) fassen.

    (8)

    Die Genehmigung der Operation sollte alle vier Monate erneut bestätigt werden, und das PSK sollte bei der Ausübung seiner politischen Kontrolle und strategischen Leitung der Operation zu einer solchen Entscheidung über die Verlängerung der Operation befugt sein, es sei denn, der Einsatz der maritimen Mittel der Operation bewirkt einen Sog auf die Migration („Pull-Effekt“), der anhand der Nachweise, die auf der Grundlage der im Operationsplan festgelegten Kriterien erhoben wurden, stichhaltig belegt werden kann.

    (9)

    Nach Artikel 41 Absatz 2 EUV und gemäß dem Beschluss (GASP) 2015/528 des Rates (3) gehen die operativen Ausgaben infolge dieses Beschlusses mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen zu Lasten der Mitgliedstaaten.

    (10)

    Gemäß Artikel 5 des dem EUV und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben. Dänemark beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieses Beschlusses, ist weder durch diesen gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet und beteiligt sich daher nicht an der Finanzierung dieser Operation —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    Auftrag

    (1)   Die Union richtet eine militärische Krisenbewältigungsoperation ein, die dazu beiträgt, den illegalen Waffenhandel in ihrem vereinbarten Operationsgebiet und im Gebiet von Interesse nach Maßgabe der Resolution 1970 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der späteren Resolutionen über das Waffenembargo gegen Libyen, einschließlich der Resolutionen 2292 (2016) und 2473 (2019) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, zu verhindern, und sie leitet diese Operation ein. Darüber hinaus leistet die Operation einen Beitrag zur Umsetzung der Maßnahmen der Vereinten Nationen zur Verhinderung der illegalen Ausfuhr von Erdöl aus Libyen nach Maßgabe der Resolution 2146 (2014) des VN-Sicherheitsrats und der nachfolgenden Resolutionen, insbesondere der Resolutionen 2509 (2020) und 2510 (2020) des VN-Sicherheitsrats. Zudem unterstützt die Operation den Aufbau von Kapazitäten und die Schulung der libyschen Küstenwache und der libyschen Marine bei Strafverfolgungsaufgaben auf See. Die Operation trägt auch zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser- und Menschenhändlernetze gemäß dem geltenden Völkerrecht, einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, etwaiger einschlägiger Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und gegebenenfalls internationaler Menschenrechtsnormen, bei.

    (2)   Die Bezeichnung der Operation lautet EUNAVFOR MED IRINI.

    (3)   Das Operationsgebiet, das Gebiet von Interesse und die Einzelheiten der Sammlung von Informationen in diesen Gebieten zur Erfüllung der Aufgaben der Operation werden in den einschlägigen, vom Rat gebilligten Planungsdokumenten festgelegt.

    Artikel 2

    Beitrag zur Umsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen gegen Libyen

    (1)   EUNAVFOR MED IRINI trägt als zentrale Aufgabe zur Umsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen in Libyen durch luft-, satelliten- und seegestützte Mittel bei.

    (2)   Zu diesem Zweck sammelt die EUNAVFOR MED IRINI mithilfe der in den Planungsdokumenten vorgesehenen Mechanismen umfassende und ausführliche Informationen über den illegalen Handel mit Rüstungsgütern und dazugehörigem Material aus allen Richtungen und gibt diese Informationen von Fall zu Fall und nach dem Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“ an die einschlägigen Partner und Agenturen weiter, um zu einer umfassenden Lageerfassung im Operationsgebiet und im Gebiet von Interesse beizutragen. Sind diese Informationen als EU-Verschlusssache bis zum Geheimhaltungsgrad „SECRET UE/EU SECRET“ eingestuft, so können sie nach Maßgabe des Beschlusses 2013/488/EU des Rates (4) und auf der Grundlage der gemäß Artikel 14 Absatz 9 des vorliegenden Beschlusses auf operationeller Ebene geschlossenen Vereinbarungen unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gegenseitigkeit und der Nichtausgrenzung an die relevanten Partner und Agenturen weitergegeben werden. EUNAVFOR MED IRINI handhabt die erhaltenen Verschlusssachen ohne jede Differenzierung zwischen ihrem Personal und ausschließlich auf der Basis operativer Erfordernisse.

    (3)   Nach Maßgabe der einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, insbesondere der Resolution 2292 (2016) und nach Erfordernis kann EUNAVFOR MED IRINI gemäß den in den einschlägigen Planungsdokumenten festgelegten Vereinbarungen innerhalb des vereinbarten Operationsgebiets auf Hoher See vor der Küste Libyens Kontrollen von Schiffen, die Libyen anlaufen oder verlassen, durchführen, wenn hinreichende Gründe zu der Annahme bestehen, dass diese Schiffe unter Verstoß gegen das gegen Libyen verhängte Waffenembargo mittelbar oder unmittelbar Waffen oder zugehöriges Material nach oder aus Libyen befördern. EUNAVFOR MED IRINI ergreift entsprechende Maßnahmen zur Beschlagnahme und Entsorgung dieser Gegenstände, einschließlich der Umleitung dieser Schiffe und ihrer Besatzungen in einen geeigneten Hafen — mit Einwilligung des Hafenstaats —, um diese Entsorgung zu ermöglichen, nach Maßgabe der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, einschließlich der Resolution 2292 (2016) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

    (4)   EUNAVFOR MED IRINI meldet dem PSK alle Fragen und Ereignisse im Zusammenhang mit diesen Kontrollen. Das PSK kann gegebenenfalls jegliche weiteren Maßnahmen in Erwägung ziehen.

    (5)   Angesichts der außergewöhnlichen operativen Anforderungen und auf Einladung eines Mitgliedstaats kann EUNAVFOR MED IRINI Schiffe in Häfen dieses Mitgliedstaats umleiten und gemäß Absatz 3 beschlagnahmte Waffen und zugehöriges Material, einschließlich ihrer Lagerung und Zerstörung, in diesem Mitgliedstaat entsorgen. Die Häfen, in die Schiffe umgeleitet werden können, werden im Operationsplan benannt.

    (6)   EUNAVFOR MED IRINI kann nach Maßgabe der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, einschließlich der Resolution 2292 (2016) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, insbesondere im Zuge der Kontrollen gemäß Absatz 3 Beweismittel erheben und speichern, die im Zusammenhang mit der — nach dem Waffenembargo gegen Libyen verbotenen — Beförderung von Gegenständen stehen. EUNAVFOR MED IRINI ist befugt, personenbezogene Daten zu Personen, die an der Beförderung solcher verbotener Gegenstände beteiligt sind, nach geltendem Recht zu erheben und zu speichern, wobei sich diese Daten auf Merkmale beziehen, die wahrscheinlich der Identifizierung dieser Personen dienlich sind, einschließlich Fingerabdrücken sowie folgender Angaben, unter Ausschluss sonstiger personenbezogener Angaben: Nachname, Geburtsname, Vornamen, gegebenenfalls Aliasnamen oder angenommene Namen; Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Wohnort, Beruf und Aufenthaltsort; Führerscheine, Identitätsdokumente und Reisepassdaten. EUNAVFOR MED IRINI kann diese Daten und Daten zu den von diesen Personen benutzten Schiffen und Ausrüstungen und die einschlägigen Informationen, die bei der Ausführung dieser zentralen Aufgabe erlangt werden, nach Maßgabe des geltenden Rechts an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und an die zuständigen Stellen der Union weiterleiten.

    Artikel 3

    Beitrag zur Durchführung der UN-Maßnahmen gegen illegale Ausfuhren von Erdöl aus Libyen

    (1)   Als Nebenaufgabe und im Rahmen ihrer Mittel und Fähigkeiten führt EUNAVFOR MED IRINI Beobachtungs- und Überwachungstätigkeiten zu illegalen Ausfuhren von Erdöl aus Libyen durch und sammelt dazu Informationen einschließlich Informationen zu Ausfuhren von Rohöl und raffinierten Erdölerzeugnissen, die gegen die Resolution 2146 (2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und spätere Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, insbesondere die Resolution 2509 (2020) des VN-Sicherheitsrats, verstoßen, wodurch sie einen Beitrag zur Lageerfassung im Operationsgebiet und im Gebiet von Interesse leistet.

    (2)   Die in diesem Zusammenhang gesammelten Informationen können gespeichert und an die rechtmäßigen libyschen Behörden und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und die zuständigen Einrichtungen der Union weitergegeben werden.

    Artikel 4

    Kapazitätsaufbau und Schulung der libyschen Küstenwache sowie der libyschen Marine

    (1)   Als weitere Nebenaufgabe hilft EUNAVFOR MED IRINI bei dem Aufbau von Kapazitäten und der Schulung der libyschen Küstenwache und der libyschen Marine bei Strafverfolgungsaufgaben auf See, insbesondere zur Verhinderung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel.

    (2)   Die in Absatz 1 genannte Aufgabe wird auf hoher See im vereinbarten Operationsgebiet von EUNAVFOR MED IRINI durchgeführt. Sie kann — nach Maßgabe des Völkerrechts — auch im Hoheitsgebiet, einschließlich der Hoheitsgewässer, Libyens oder eines aufnehmenden Drittstaats, der ein Nachbarstaat Libyens ist, durchgeführt werden, wenn das PSK das im Anschluss an eine Bewertung durch den Rat auf Einladung durch Libyen oder durch den betreffenden aufnehmenden Staat beschließt.

    (3)   Angesichtes der außergewöhnlichen operativen Anforderungen kann ein Teil der in Absatz 1 genannten Aufgabe in einem Mitgliedstaat auf dessen Einladung, auch in einschlägigen Ausbildungszentren, durchgeführt werden.

    (4)   Zum Zwecke der in Absatz 1 genannten Aufgabe richtet EUNAVFOR MED IRINI in enger Kooperation mit den anderen Akteuren einen Beobachtungsmechanismus ein und betreibt diesen, erforderlichenfalls auch in Libyen.

    (5)   Soweit die in Absatz 1 genannte Aufgabe es erfordert, kann EUNAVFOR MED IRINI die Informationen, einschließlich personenbezogener Daten, die für die Zwecke der Sicherheitsüberprüfungen von möglichen Schulungsteilnehmern erhoben wurden, sammeln, speichern und mit den einschlägigen Behörden der Mitgliedstaaten, zuständigen Stellen der Union, der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen, Interpol, dem Internationalen Strafgerichtshof und den Vereinigten Staaten von Amerika austauschen, sofern die betreffenden Schulungsteilnehmer schriftlich ihre Zustimmung erteilt haben. Außerdem kann EUNAVFOR MED IRINI erforderliche medizinische Informationen und biometrische Daten der Schulungsteilnehmer erheben und speichern, sofern diese schriftlich ihre Zustimmung erteilt haben.

    Artikel 5

    Beitrag zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser- und Menschenhändlernetze

    (1)   Als weitere Nebenaufgabe und gemäß der Resolution 2240 (2015) des VN-Sicherheitsrats unterstützt EUNAVFOR MED IRINI die Aufdeckung und Beobachtung von Schleuser- und Menschenhändlernetzen durch Sammeln von Informationen und durch Patrouillen von Luftfahrzeugen über der hohen See im vereinbarten Operationsgebiet.

    (2)   Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe kann EUNAVFOR MED IRINI Daten zu Schleuserkriminalität und Menschenhandel nach Maßgabe des geltenden Rechts sammeln und speichern, einschließlich Daten zu Straftaten von Bedeutung für die Sicherheit der Operation, die IRENE an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und die zuständigen Stellen der Union weiterleiten kann.

    Artikel 6

    Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation

    Konteradmiral Fabio AGOSTINI wird zum Befehlshaber der EU-Operation EUNAVFOR MED IRINI ernannt.

    Artikel 7

    Bestimmung des operativen Hauptquartiers der EU

    Das operative Hauptquartier von EUNAVFOR MED IRINI befindet sich in Rom, Italien.

    Artikel 8

    Politische Kontrolle und strategische Leitung

    (1)   Unter der Verantwortung des Rates und des Hohen Vertreters nimmt das PSK die politische Kontrolle und strategische Leitung von EUNAVFOR MED IRINI wahr.

    (2)   Der Rat ermächtigt das PSK, die entsprechenden Beschlüsse nach Artikel 38 EUV zu fassen. Diese Ermächtigung umfasst die Befugnis zur Änderung der Planungsdokumente, einschließlich des Operationsplans, der Befehlskette und der Einsatzregeln. Sie umfasst auch die Befugnis, Beschlüsse zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation und des Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte zu fassen. Die Befugnis zur Entscheidung über die Ziele und die Beendigung der EU-Militäroperation verbleibt beim Rat.

    (3)   Ungeachtet des in Artikel 15 Absatz 2 festgelegten Zeitraums wird die Genehmigung der Operation alle vier Monate erneut bestätigt. Das PSK verlängert die Operation, es sei denn, der Einsatz der maritimen Mittel der Operation erzeugt eine Sogwirkung auf die Migration, die durch Nachweise belegt ist, die auf der Grundlage von im Operationsplan festgelegten Kriterien erhoben wurden.

    (4)   Der Befehlshaber der Operation erstattet regelmäßig Bericht über die Durchführung der Operation, einschließlich ihrer Auswirkungen im Operationsgebiet. Nach Artikel 38 EUV kann das PSK dem Befehlshaber der Operation jederzeit auf Anfrage des Hohen Vertreters oder eines Mitgliedstaats Weisungen zum Einsatz von Mitteln erteilen.

    (5)   Das PSK erstattet dem Rat regelmäßig Bericht.

    (6)   Der Vorsitzende des Militärausschusses der EU (EUMC) erstattet dem PSK regelmäßig über die Durchführung von EUNAVFOR MED IRINI Bericht. Das PSK kann den Befehlshaber der EU-Operation oder den Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte gegebenenfalls zu seinen Sitzungen einladen.

    Artikel 9

    Militärische Leitung

    (1)   Der EUMC überwacht die ordnungsgemäße Durchführung von EUNAVFOR MED IRINI unter Verantwortung des Befehlshabers der EU-Operation.

    (2)   Der Befehlshaber der EU-Operation erstattet dem EUMC regelmäßig Bericht. Der EUMC kann den Befehlshaber der EU-Operation oder den Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte gegebenenfalls zu seinen Sitzungen einladen.

    (3)   Der Vorsitzende des EUMC ist erster Ansprechpartner für den Befehlshaber der EU-Operation.

    Artikel 10

    Kohärenz der Reaktion der Union und Koordinierung

    (1)   Der Hohe Vertreter sorgt für die Durchführung dieses Beschlusses sowie für seine Kohärenz mit dem außenpolitischen Handeln der Union insgesamt, einschließlich der Entwicklungsprogramme der Union und ihrer humanitären Hilfe.

    (2)   Unterstützt vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) handelt der Hohe Vertreter als erster Ansprechpartner für die VN, die Regierungen der Länder der betroffenen Region und andere internationale und bilaterale Akteure wie die NATO, die Afrikanische Union und die Liga der Arabischen Staaten.

    (3)   EUNAVFOR MED IRINI arbeitet mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammen, richtet einen Koordinierungsmechanismus ein und schließt, soweit zweckmäßig, Vereinbarungen mit anderen Ämtern und Einrichtungen der Union, insbesondere mit Frontex, Europol, Eurojust, dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen, dem Satellitenzentrum der Europäischen Union (SATCEN) und mit einschlägigen GSVP-Missionen.

    (4)   EUNAVFOR MED IRINI nimmt eine Kriminalitätsinformationszelle (Crime Information Cell — CIC) auf, die aus Personal der in Absatz 3 genannten zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Ämter der Union besteht, um die Entgegennahme, Sammlung und Weitergabe von Informationen, einschließlich personenbezogener Daten, zum Waffenembargo gegen Libyen gemäß Artikel 2, zur unerlaubten Ausfuhr von Erdöl gemäß Artikel 3, sowie zur Schleuserkriminalität und zum Menschenhandel gemäß Artikel 5 sowie zu Straftaten von Bedeutung für die Sicherheit der Operation zu erleichtern.

    (5)   Die Verarbeitung personenbezogener Daten in diesem Zusammenhang erfolgt gemäß dem Recht des Flaggenstaats des Schiffes, auf dem sich die CIC befindet, und in Bezug auf das Personal der Agenturen der Union gemäß dem für die jeweiligen Agenturen geltenden rechtlichen Rahmen.

    (6)   EUNAVFOR MED IRINI wird vom SATCEN und vom EU-Zentrum für Informationsgewinnung und -analyse (INTCEN) bei der Sammlung von Informationen unterstützt, die zur Erfüllung der Aufgaben der Operation erforderlich sind.

    Artikel 11

    Beteiligung von Drittstaaten

    (1)   Unbeschadet der Beschlussfassungsautonomie der Union und des einheitlichen institutionellen Rahmens und gemäß den vom Europäischen Rat festgelegten einschlägigen Leitlinien können Drittstaaten eingeladen werden, sich an der Operation zu beteiligen.

    (2)   Der Rat ermächtigt das PSK, Drittstaaten um Beiträge zu ersuchen und auf Empfehlung des Befehlshabers der EU-Operation und des EUMC die entsprechenden Beschlüsse über die Annahme der angebotenen Beiträge zu fassen.

    (3)   Die Einzelheiten der Beteiligung von Drittstaaten werden in Übereinkünften geregelt, die gemäß Artikel 37 EUV und im Verfahren des Artikels 218 AEUV geschlossen werden. Haben die Union und ein Drittstaat ein Rahmenabkommen über die Beteiligung dieses Drittstaats an Krisenbewältigungsoperationen der Union geschlossen, so gelten die Bestimmungen eines solchen Rahmenabkommens für EUNAVFOR MED IRINI.

    (4)   Drittstaaten, die einen wesentlichen militärischen Beitrag zu EUNAVFOR MED IRINI leisten, haben bei der laufenden Durchführung der Operation dieselben Rechte und Pflichten wie die an der Operation beteiligten Mitgliedstaaten.

    (5)   Der Rat ermächtigt das PSK, die entsprechenden Beschlüsse über die Einsetzung eines Ausschusses der beitragenden Länder zu fassen, falls Drittstaaten wesentliche militärische Beiträge leisten.

    Artikel 12

    Rechtsstellung des unionsgeführten Personals

    Die Rechtsstellung der unionsgeführten Einheiten und ihres Personals wird erforderlichenfalls nach Maßgabe des Völkerrechts festgelegt.

    Artikel 13

    Finanzregelung

    (1)   Die gemeinsamen Kosten der EU-Militäroperation werden gemäß dem Beschluss (GASP) 2015/528 verwaltet.

    (2)   Für den Zeitraum bis zum 31. März 2021 beläuft sich der als Bezugsrahmen für die gemeinsamen Kosten von EUNAVFOR MED IRINI dienende Betrag auf 9 837 800 EUR. Der in Artikel 25 Absatz 1 des Beschlusses (GASP) 2015/528 genannte Prozentsatz des Referenzbetrags beträgt 30 % an Mitteln für Verpflichtungen und 30 % an Mitteln für Zahlungen.

    Artikel 14

    Weitergabe von Informationen

    (1)   Der Hohe Vertreter ist befugt, an benannte Drittstaaten und den Internationalen Strafgerichtshof, falls erforderlich und gemäß den operativen Erfordernissen von EUNAVFOR MED IRINI sowie unter uneingeschränkter Beachtung der Grundsätze der Gegenseitigkeit und der Nichtausgrenzung, alle operationsrelevanten Beratungsdokumente des Rates weiterzugeben, die nicht als EU-Verschlusssachen eingestuft sind und der Geheimhaltungspflicht nach Artikel 6 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Rates (5) unterliegen. Das PSK benennt, sofern diese Bedingungen erfüllt sind, im Einzelfall die betreffenden Drittstaaten.

    (2)   Der Hohe Vertreter ist befugt, als EU-Verschlusssachen eingestufte Informationen, die für die Zwecke von EUNAVFOR MED IRINI generiert werden, unter Einhaltung des Beschlusses 2013/488/EU soweit angezeigt und entsprechend den operativen Erfordernissen der Operation an benannte Drittstaaten und den Internationalen Strafgerichtshof — unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gegenseitigkeit und der Nichtausgrenzung — wie folgt weiterzugeben:

    a)

    bis zu der Stufe, die in den jeweils geltenden Geheimschutzabkommen zwischen der Union und dem betreffenden Drittstaat vorgesehen ist, oder

    b)

    bis zur Stufe „CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL“ in den sonstigen Fällen.

    Das PSK benennt, sofern diese Bedingungen erfüllt sind, im Einzelfall die betreffenden Drittstaaten.

    (3)   EUNAVFOR MED IRINI handhabt die erhaltenen Verschlusssachen ohne jede Differenzierung zwischen ihrem Personal und ausschließlich auf der Basis operativer Erfordernisse.

    (4)   Der Hohe Vertreter ist überdies befugt, als EU-Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad „RESTREINT UE/EU RESTRICTED“ eingestufte Informationen, die für die Zwecke von EUNAVFOR MED IRINI generiert werden, gemäß dem Beschluss 2013/488/EU und entsprechend den operativen Erfordernissen von EUNAVFOR MED IRINI an die Vereinten Nationen weiterzugeben.

    (5)   Der Hohe Vertreter ist befugt, maßgebliche Informationen, einschließlich personenbezogener Daten, entsprechend den operativen Erfordernissen von EUNAVFOR MED IRINI an Interpol weiterzugeben.

    (6)   Bis zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Union und Interpol kann EUNAVFOR MED IRINI diese Informationen mit den Nationalen Zentralbüros der Interpol in den einzelnen Mitgliedstaaten gemäß den zwischen dem Befehlshaber der EU-Operation und dem Leiter des betreffenden Nationalen Zentralbüros zu treffenden Vereinbarungen austauschen.

    (7)   Im Falle eines besonderen operativen Erfordernisses ist der Hohe Vertreter nach Genehmigung durch das PSK befugt, als EU-Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad „RESTREINT UE/EU RESTRICTED“ eingestufte Informationen, die für die Zwecke von EUNAVFOR MED IRINI generiert wurden, nach Maßgabe des Beschlusses 2013/488/EU an die rechtmäßigen libyschen Behörden weiterzugeben.

    (8)   Der Hohe Vertreter ist befugt, die Vereinbarungen zu treffen, die für die Umsetzung der Bestimmungen dieses Beschlusses über den Informationsaustausch erforderlich sind.

    (9)   Der Hohe Vertreter darf die Befugnisse zur Weitergabe von Informationen wie auch die Befugnis, die in diesem Beschluss genannten Vereinbarungen zu treffen, gemäß Abschnitt VII des Anhangs VI des Beschlusses 2013/488/EU an Beamte des EAD, den Befehlshaber der EU-Operation oder den Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte delegieren.

    (10)   EUNAVFOR MED IRINI übermittelt den VN nach Maßgabe der Resolution 2509 (2020) des VN-Sicherheitsrats unverzüglich die Informationen, die über mutmaßliche Verstöße gegen das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen nach Maßgabe der Resolution 1970 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der späteren Resolutionen, insbesondere der Resolutionen 2292 (2016) und 2473 (2019), gesammelt wurden sowie die Informationen, die über mutmaßliche Verstöße gegen die Maßnahmen der Vereinten Nationen zur Verhinderung illegaler Erdölausfuhren aus Libyen gemäß der Resolution 2146 (2014) und späterer Resolutionen gesammelt wurden.

    Artikel 15

    Inkrafttreten und Beendigung

    (1)   Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

    (2)   EUNAVFOR MED IRINI endet am 31. März 2021.

    (3)   Dieser Beschluss wird ab dem Zeitpunkt der Schließung des Hauptquartiers der EU-Operation entsprechend der gebilligten Planung für die Beendigung von EUNAVFOR MED IRINI aufgehoben, und zwar unbeschadet der in dem Beschluss (GASP) 2015/528 festgelegten Verfahren für die Rechnungsprüfung und Rechnungslegung von EUNAVFOR MED IRINI.

    Geschehen zu Brüssel am 31. März 2020.

    Im Namen des Rates

    Die Präsidentin

    A. METELKO-ZGOMBIĆ


    (1)  Beschluss (GASP) 2015/778 des Rates vom 18. Mai 2015 über eine Militäroperation der Europäischen Union im südlichen zentralen Mittelmeer (EUNAVFOR MED Operation SOPHIA) (ABl. L 122 vom 19.5.2015, S. 31).

    (2)  Beschluss (GASP) 2019/1595 des Rates vom 26. September 2019 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2015/778 über eine Militäroperation der Europäischen Union im südlichen zentralen Mittelmeer (EUNAVFOR MED Operation SOPHIA) (ABl. L 248 vom 27.9.2019, S. 73).

    (3)  Beschluss (GASP) 2015/528 des Rates vom 27. März 2015 über einen Mechanismus zur Verwaltung der Finanzierung der gemeinsamen Kosten der Operationen der Europäischen Union mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen (Athena) und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/871/GASP (ABl. L 84 vom 28.3.2015, S. 39).

    (4)  Beschluss 2013/488/EU des Rates vom 23. September 2013 über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EU-Verschlusssachen (ABl. L 274 vom 15.10.2013, S. 1).

    (5)  Verordnung 2009/937/EU des Rates vom 1. Dezember 2009 zur Änderung seiner Geschäftsordnung (ABl. L 325 vom 11.12.2009, S. 35).


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