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Document 32006D0655
2006/655/EC: Council Decision of 19 June 2006 on the approval, on behalf of the European Community, of the Protocol on the implementation of the 1991 Alpine Convention in the field of mountain farming
2006/655/EG: Beschluss des Rates vom 19. Juni 2006 über die Genehmigung, im Namen der Europäischen Gemeinschaft, des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft
2006/655/EG: Beschluss des Rates vom 19. Juni 2006 über die Genehmigung, im Namen der Europäischen Gemeinschaft, des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft
ABl. L 271 vom 30.9.2006, p. 61–62
(ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV) Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht.
(BG, RO, HR)
In force
ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2006/655/oj
30.9.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 271/61 |
BESCHLUSS DES RATES
vom 19. Juni 2006
über die Genehmigung, im Namen der Europäischen Gemeinschaft, des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft
(2006/655/EG)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 37 in Verbindung mit Artikel 300 Absatz 2 Unterabsatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Unterabsatz 1,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Der Alpenraum ist gekennzeichnet durch seinen Reichtum an natürlichen Ressourcen, insbesondere seine Wasservorkommen, sein landwirtschaftliches Potenzial, seine historische und kulturelle Bedeutung, seinen Wert als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum nicht nur für die ansässige Bevölkerung, sondern auch für die Bevölkerung anderer Gebiete. Kennzeichen des Alpenraums sind aber auch die erschwerten Lebens- und Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft aufgrund der geomorphologischen und klimatischen Verhältnisse. |
(2) |
Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen (nachstehend „Alpenkonvention“ genannt) wurde am 7. November 1991 im Namen der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet, durch den Beschluss 96/191/EG des Rates vom 26. Februar 1996 (2) genehmigt und ist am 4. April 1998 in Kraft getreten. Gemäß Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Alpenkonvention werden konkrete Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele in verschiedenen Protokollen, wie insbesondere dem Protokoll „Berglandwirtschaft“, festgelegt. |
(3) |
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften war an den Verhandlungen über das Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft (nachstehend Protokoll „Berglandwirtschaft“ genannt) beteiligt, das stark von der Gemeinschaftspolitik und vom Gemeinschaftsrecht beeinflusst ist. Die Europäische Gemeinschaft hat das Protokoll „Berglandwirtschaft“ der Alpenkonvention am 20. Dezember 1994 in Chambéry unterzeichnet. |
(4) |
Im Rahmen des Gesamtziels einer nachhaltigen Entwicklung sieht Artikel 1 des Protokolls „Berglandwirtschaft“ das Ziel vor, die standortgerechte und umweltverträgliche Berglandwirtschaft so zu erhalten und zu fördern, dass ihr wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung der Besiedlung und der nachhaltigen Bewirtschaftung insbesondere durch die Erzeugung von typischen Qualitätsprodukten, die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, den Schutz vor Naturgefahren und die Wahrung der Schönheit und des Erholungswertes der Landschaft gewährleistet wird. Die Vertragsparteien sollten die Optimierung der multifunktionalen Aufgaben der Berglandwirtschaft anstreben. |
(5) |
Die im Protokoll „Berglandwirtschaft“ aufgestellten Ziele und eingerichteten Maßnahmen, wie die Förderung der Berglandwirtschaft, die Verbesserung der Lebensbedingungen, die Bodennutzung, der Einsatz von naturgemäßen Bewirtschaftungsmethoden, von Maßnahmen zugunsten der Forstwirtschaft oder zur Absatzförderung und Vermarktung stehen mit dem Agrarrecht und der Agrarpolitik der Gemeinschaft und besonders mit der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (3) im Einklang. |
(6) |
Das Protokoll „Berglandwirtschaft“ bietet einen gemeinsamen Rahmen für eine grenzüberschreitende Strategie mit gemeinsamen Zielen und Maßnahmen zur Lösung besonderer Probleme des Alpenraums. |
(7) |
Die Alpenkonvention und ihr Protokoll „Berglandwirtschaft“ betreffen 13 Millionen Menschen und knapp 6 000 Kommunen in einem Gebiet von 19 Millionen Hektar Größe. Die Alpen sind aber auch für die Bevölkerung anderer Gebiete sehr wichtig. |
(8) |
Die Alpenkonvention und ihre Durchführungsprotokolle, darunter auch das Protokoll „Berglandwirtschaft“, sind weltweit die ersten internationalen Übereinkommen für ein Berggebiet und dienen anderen Regionen als Modell. |
(9) |
Mit der Ratifizierung des Protokolls „Berglandwirtschaft“ wird die Europäische Gemeinschaft ihr Engagement bestätigen, ein deutliches politisches Signal setzen und den ökologischen Prozess im gesamten für Europa so wertvollen Alpenraum stärken. |
(10) |
Daher sollte das Protokoll „Berglandwirtschaft“ im Namen der Gemeinschaft genehmigt werden — |
BESCHLIESST:
Artikel 1
Das Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft (Protokoll „Berglandwirtschaft“) wird im Namen der Gemeinschaft genehmigt.
Der Wortlaut des Protokolls und der Erklärungen dazu ist diesem Beschluss beigefügt.
Artikel 2
Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person(en) zu bestellen, die befugt ist (sind), gemäß Artikel 24 des Protokolls die Genehmigungsurkunde im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die beiliegenden Erklärungen zu hinterlegen.
Artikel 3
Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Geschehen zu Luxemburg am 19. Juni 2006.
Im Namen des Rates
Der Präsident
J. PRÖLL
(1) Stellungnahme vom 13. Juni 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(2) ABl. L 61 vom 12.3.1996, S. 31.
(3) ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1.
ERKLÄRUNGEN IM NAMEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT
ERKLÄRUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT ZU DEN ARTIKELN 8 UND 9 DES PROTOKOLLS „BERGLANDWIRTSCHAFT“
Die Europäische Gemeinschaft erkennt den Grundsatz der Koexistenz an, der bedeutet, dass die Landwirte wählen können zwischen konventioneller Produktion, ökologischem Landbau oder der Erzeugung genetisch veränderter Pflanzen, wobei sie die rechtlichen Anforderungen bezüglich Kennzeichnungs- und/oder Reinheitsnormen einhalten. Die betreffenden Artikel des Protokolls „Berglandwirtschaft“ sind in diesem Sinne auszulegen.
ERKLÄRUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT ZU DEN ARTIKELN 7, 9, 10, 11, 13, 14 UND 16 DES PROTOKOLLS „BERGLANDWIRTSCHAFT“
Nach Auffassung der Europäischen Gemeinschaft müssen öffentliche Fördermaßnahmen zugunsten bestimmter Unternehmen mit den Wettbewerbsregeln auf der Grundlage der Artikel 36, 87, 88 und 89 EG-Vertrag in Einklang stehen; diese dürfen den Wettbewerb nicht verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen den Vertragsparteien nicht beeinträchtigen.
30.9.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 271/63 |
PROTOKOLL
zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft
Protokoll „Berglandwirtschaft“
Präambel
DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND,
DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK,
DIE ITALIENISCHE REPUBLIK,
DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN,
DAS FÜRSTENTUM MONACO,
DIE REPUBLIK ÖSTERREICH,
DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT,
DIE REPUBLIK SLOWENIEN
sowie
DIE EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT —
IN ERFÜLLUNG ihres Auftrags aufgrund des Übereinkommens vom 7. November 1991 zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention), eine ganzheitliche Politik zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums sicherzustellen,
IN ERFÜLLUNG ihrer Verpflichtungen gemäß Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Alpenkonvention,
IM BEWUSSTSEIN ihrer Verantwortung, im Interesse der Allgemeinheit die Bewirtschaftung der traditionellen Kulturlandschaften und eine standortgemäße, umweltverträgliche Landwirtschaft zu erhalten und unter Berücksichtigung der erschwerten Wirtschaftsbedingungen zu fördern,
IN KENNTNIS der Tatsache, dass der Alpenraum mit seinem Reichtum an natürlichen Ressourcen, seinen Wasservorkommen, seinem landwirtschaftlichen Potenzial, seiner historischen und kulturellen Bedeutung, seinem Wert als europäischer Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum sowie mit den durch ihn führenden Verkehrsachsen auch in Zukunft insbesondere für die ansässige Bevölkerung, aber auch für die Menschen anderer Gebiete lebenswichtig ist,
IN DER ÜBERZEUGUNG, dass die ansässige Bevölkerung in der Lage sein muss, ihre Vorstellungen von der gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung selbst zu definieren und an deren Umsetzung im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung mitzuwirken,
IN DER ÜBERZEUGUNG, dass die wirtschaftlichen Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang gebracht werden müssen, wobei den Eigenständigkeiten der einzelnen Regionen sowie der zentralen Rolle der Landwirtschaft Rechnung zu tragen ist,
IN ANBETRACHT der Bedeutung, die der Landwirtschaft im Alpenraum seit jeher zugekommen ist, und des unerlässlichen Beitrags, den dieser Wirtschaftszweig auch in Zukunft als Lebensgrundlage zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Besiedlungsdichte, zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, zur Erzeugung typischer Qualitätsprodukte, zur Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, unter anderem auch für ihre touristische Nutzung, sowie zum Schutz des Bodens vor Erosionen, Lawinen und Überschwemmungen insbesondere in den Berggebieten leisten wird,
IN DER ERKENNTNIS, dass Art und Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung maßgeblichen Einfluss auf Natur und Landschaft ausüben und dass der extensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft eine wesentliche Funktion als Lebensraum für die Pflanzen- und Tierwelt der Alpen zukommt,
IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass die Landwirte aufgrund der geomorphologischen und klimatischen Verhältnisse in den Berggebieten unter erschwerten Lebens- und Produktionsbedingungen tätig sind,
IN DER ÜBERZEUGUNG, dass bestimmte Probleme nur grenzübergreifend gelöst werden können und gemeinsame Maßnahmen der Alpenstaaten erforderlich machen und dass insbesondere wirtschaftliche und soziale Anpassungs- und Begleitmaßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene notwendig sind, damit die Existenz der Landwirte und ihrer Betriebe in den Berggebieten nicht durch ausschließliche Anwendung ökonomischer Maßstäbe in Frage gestellt wird —
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Ziele
(1) Dieses Protokoll bestimmt Maßnahmen auf internationaler Ebene, um die standortgerechte und umweltverträgliche Berglandwirtschaft so zu erhalten und zu fördern, dass ihr wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung der Besiedlung und der nachhaltigen Bewirtschaftung, insbesondere durch Erzeugung von typischen Qualitätsprodukten, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, zum Schutz vor den Naturgefahren, zur Wahrung der Schönheit und des Erholungswerts der Natur- und Kulturlandschaft sowie zur Kultur im Alpenraum dauerhaft anerkannt und gewährleistet wird.
(2) Die Vertragsparteien streben bei der Durchführung dieses Protokolls die Optimierung der multifunktionalen Aufgaben der Berglandwirtschaft an.
Artikel 2
Berücksichtigung der Ziele in den anderen Politiken
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Ziele dieses Protokolls auch in ihren anderen Politiken zu berücksichtigen.
Artikel 3
Grundverpflichtungen im gesamtwirtschaftlichen Rahmen
Die Vertragsparteien sind sich einig über die Notwendigkeit, die Agrarpolitik in Übereinstimmung mit der gesamten Wirtschaftspolitik auf allen Ebenen an den Erfordernissen einer nachhaltigen und ausgewogenen Entwicklung auszurichten, um unter den gegebenen finanzpolitischen Rahmenbedingungen
a) |
insbesondere in den Berggebieten die Förderung einer umweltverträglichen Landwirtschaft und ihrer Funktionen von öffentlichem Interesse gemäß Artikel 7 dieses Protokolls zu ermöglichen; |
b) |
durch sozial- und strukturpolitische Maßnahmen im Verbund mit agrar- und umweltpolitischen Maßnahmen auch in den Berggebieten angemessene Lebensbedingungen zu sichern und damit einer Abwanderung in wirksamer Weise entgegenzutreten. |
Artikel 4
Rolle der Landwirte
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass insbesondere in den Berggebieten die Landwirtschaft im Laufe der Jahrhunderte die Landschaft geprägt und ihr historischen Charakter sowie kulturellen Wert verliehen hat. Die Landwirte sind deshalb auch in Zukunft aufgrund ihrer multifunktionalen Aufgaben als wesentliche Träger der Erhaltung der Natur und Kulturlandschaft anzuerkennen und in die Entscheidungen und Maßnahmen für die Berggebiete einzubeziehen.
Artikel 5
Beteiligung der Gebietskörperschaften
(1) Jede Vertragspartei bestimmt im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung die für die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den unmittelbar betroffenen Institutionen und Gebietskörperschaften am besten geeignete Ebene, um eine gemeinsame Verantwortung zu fördern, namentlich um sich gegenseitig verstärkende Kräfte beim Vollzug der Landwirtschaftspolitiken für die Berggebiete sowie der sich daraus ergebenden Maßnahmen zu nutzen und zu entwickeln.
(2) Die unmittelbar betroffenen Gebietskörperschaften werden in den verschiedenen Stadien der Vorbereitung und Umsetzung dieser Politiken und Maßnahmen unter Wahrung ihrer Zuständigkeit im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung beteiligt.
Artikel 6
Internationale Zusammenarbeit
Die Vertragsparteien vereinbaren,
a) |
gemeinsame Bewertungen der agrarpolitischen Entwicklung vorzunehmen sowie die gegenseitige Konsultation vor wichtigen agrarpolitischen Entscheidungen zur Durchführung dieses Protokolls zu gewährleisten; |
b) |
durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden, insbesondere der regionalen Verwaltungen und lokalen Gebietskörperschaften, die Verwirklichung der in diesem Protokoll bestimmten Ziele und Maßnahmen sicherzustellen; |
c) |
durch die internationale Zusammenarbeit unter Forschungs- und Bildungsstätten, unter Landwirtschafts- und Umweltorganisationen sowie zwischen den Medien sowohl den Kenntnis- und Erfahrungsaustausch als auch gemeinsame Initiativen zu fördern. |
KAPITEL II
SPEZIFISCHE MASSNAHMEN
Artikel 7
Förderung der Berglandwirtschaft
(1) Die Vertragsparteien sind bestrebt, die Maßnahmen der Agrarpolitik auf allen Ebenen den unterschiedlichen Standortvoraussetzungen entsprechend zu differenzieren und die Berglandwirtschaft unter Berücksichtigung der natürlichen Standortnachteile zu fördern. Betriebe, die in Extremlagen eine Mindestbewirtschaftung sichern, sind besonders zu unterstützen.
(2) Der Beitrag, den die Berglandwirtschaft zur Erhaltung und Pflege der Natur- und Kulturlandschaft sowie zur Sicherung vor Naturgefahren im Interesse der Allgemeinheit leistet und der über den allgemeinen Verpflichtungsrahmen hinausgeht, wird auf der Grundlage vertraglicher, projekt- und leistungsbezogener Vereinbarungen angemessen abgegolten.
Artikel 8
Raumplanung und Kulturlandschaft
(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, den besonderen Bedingungen der Berggebiete bei Raumplanung, Flächenausweisung, Flurbereinigung und Bodenverbesserung unter Berücksichtigung der Natur- und Kulturlandschaft Rechnung zu tragen.
(2) Vor allem sind zur Erfüllung der vielfältigen Aufgaben der Berglandwirtschaft die erforderlichen Flächen für eine standortgemäße und umweltverträgliche landwirtschaftliche Nutzung vorzusehen.
(3) Dabei sind die traditionellen Kulturlandschaftselemente (Wälder, Waldränder, Hecken, Feldgehölze, Feucht-, Trocken- und Magerwiesen, Almen) und deren Bewirtschaftung zu erhalten oder wiederherzustellen.
(4) Besondere Maßnahmen sind zur Erhaltung der traditionellen Hofanlagen und landwirtschaftlichen Bauelemente sowie zur weiteren Anwendung der charakteristischen Bauweisen und -materialien erforderlich.
Artikel 9
Naturgemäße Bewirtschaftungsmethoden und typische Produkte
Die Vertragsparteien verpflichten sich, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und dabei gemeinsame Kriterien anzustreben, um die Anwendung und Verbreitung von extensiven, naturgemäßen und gebietscharakteristischen Bewirtschaftungsmethoden in den Berggebieten zu begünstigen sowie die typischen Agrarprodukte, die sich durch ihre örtlich begrenzten, einzigartigen und naturgemäßen Produktionsweisen auszeichnen, zu schützen und aufzuwerten.
Artikel 10
Standortgemäße Viehhaltung und genetische Vielfalt
(1) Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die standortgemäße flächengebundene Viehhaltung als Erwerbsquelle wie auch als ein die landschaftliche und kulturelle Eigenart prägendes Element einen wesentlichen Bestandteil der Berglandwirtschaft darstellt. Deshalb ist die Viehhaltung, unter Einschluss der traditionellen Haustiere, mit ihrer charakteristischen Rassenvielfalt und ihren typischen Erzeugnissen standortgemäß, flächengebunden und ökologisch verträglich aufrechtzuerhalten.
(2) Im Einklang damit sind die notwendigen land-, weide- und forstwirtschaftlichen Strukturen zu erhalten, wobei unter der Bedingung extensiv betriebener Grünlandbewirtschaftung ein für die jeweiligen Standorte geeignetes Verhältnis zwischen Viehbestand und Futterflächen zu beachten ist.
(3) Darüber hinaus sind die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Forschung und Beratung, zur Erhaltung der genetischen Vielfalt der Nutztierrassen und Kulturpflanzen zu treffen.
Artikel 11
Vermarktung
(1) Die Vertragsparteien bemühen sich darum, günstige Vermarktungsbedingungen für die Produkte der Berglandwirtschaft zu schaffen, und zwar sowohl für ihren stärkeren Absatz vor Ort als auch für ihre erhöhte Wettbewerbsfähigkeit auf den nationalen und internationalen Märkten.
(2) Die Förderung erfolgt unter anderem durch Ursprungsmarken mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung und Qualitätsgarantie, die dem Schutz von Produzenten und Konsumenten gleichermaßen dienen.
Artikel 12
Produktionsbeschränkungen
Die Vertragsparteien sind bestrebt, bei der Einführung von Produktionsbeschränkungen für die Landwirtschaft die besonderen Erfordernisse einer standortgemäßen und umweltverträglichen Bewirtschaftung der Berggebiete zu berücksichtigen.
Artikel 13
Land- und Forstwirtschaft als Einheit
Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass eine ganzheitliche Konzeption von Land- und Forstwirtschaft aufgrund ihrer sich ergänzenden und zum Teil voneinander abhängigen Funktionen in den Berggebieten erforderlich ist. Sie setzen sich deshalb dafür ein, dass
a) |
die naturgemäße Waldbewirtschaftung sowohl als zusätzliche Einkommensgrundlage der landwirtschaftlichen Betriebe als auch als Nebenerwerbstätigkeit der in der Landwirtschaft Beschäftigten gefördert wird; |
b) |
den Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktionen sowie den ökologischen und biogenetischen Funktionen des Waldes in einem standortgemäßen, landschaftlich ausgewogenen Verhältnis zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen Rechnung getragen wird; |
c) |
die Weidewirtschaft und der Wildbestand durch geeignete Maßnahmen so geregelt werden, dass nicht tragbare Schäden im Wald sowie auf landwirtschaftlichen Nutzflächen vermieden werden. |
Artikel 14
Zusätzliche Erwerbsquellen
In Anerkennung der traditionellen Bedeutung der Familienbetriebe in der Berglandwirtschaft und zu ihrer Unterstützung setzen sich die Vertragsparteien dafür ein, dass Entstehung und Entwicklung zusätzlicher Erwerbsquellen in den Berggebieten, vor allem durch und für die ansässige Bevölkerung und besonders in den mit der Landwirtschaft verbundenen Bereichen wie Forstwirtschaft, Tourismus und Handwerk, zur Erhaltung der Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetriebe im Einklang mit der Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft gefördert werden.
Artikel 15
Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Die Vertragsparteien setzen sich dafür ein, dass die erforderlichen Dienstleistungen zur Überwindung der nachteiligen Verhältnisse der in den Berggebieten in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen ausgebaut und verbessert werden, um die Entwicklung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den anderen Bereichen und Gebieten im Alpenraum zu verbinden. Dabei dürfen nicht ausschließlich ökonomische Kriterien entscheidend sein. Das gilt vor allem für die Verkehrsverbindungen, für die Errichtung und Erneuerung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie für die Beschaffung und Instandhaltung von technischen Anlagen und Maschinen.
Artikel 16
Weitergehende Maßnahmen
Die Vertragsparteien können Maßnahmen zur Berglandwirtschaft treffen, welche über die in diesem Protokoll vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen.
KAPITEL III
FORSCHUNG, BILDUNG UND INFORMATION
Artikel 17
Forschung und Beobachtung
(1) Die Vertragsparteien fördern und harmonisieren in enger Zusammenarbeit Forschungen und systematische Beobachtungen, die zur Erreichung der Ziele dieses Protokolls dienlich sind.
(2) Insbesondere setzen sie sich dafür ein, die für die Berglandwirtschaft spezifische agrarwissenschaftliche Forschung verstärkt, praxisnah und gebietsbezogen fortzuführen, in die Bestimmung und Überprüfung der agrarpolitischen Ziele und Maßnahmen einzubeziehen und ihre Ergebnisse bei Bildung und Beratung in der Landwirtschaft anzuwenden.
(3) Die Vertragsparteien sorgen dafür, dass die jeweiligen Ergebnisse nationaler Forschung und systematischer Beobachtung in ein gemeinsames System zur dauernden Beobachtung und Information einfließen und im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung öffentlich zugänglich gemacht werden.
(4) Insbesondere erstellen sie für die jeweiligen Berggebiete mit Bezug auf die in diesem Protokoll bestimmten Ziele und Maßnahmen eine vergleichbare Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Berglandwirtschaft.
(5) Die Bestandsaufnahme ist periodisch fortzuschreiben und dabei mit Hinweisen auf besondere Problembereiche oder -gebiete sowie auf die Wirksamkeit der getroffenen oder auf die Notwendigkeit von zu treffenden Maßnahmen zu versehen. Das gilt in erster Linie für die Daten der demografischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung im Zusammenhang mit den jeweiligen geografischen, ökologischen und infrastrukturellen Standortindikatoren sowie für die Erstellung von entsprechenden Kriterien einer ausgewogenen, nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Alpenkonvention und dieses Protokolls.
(6) Darüber hinaus sind die im Anhang angeführten Themen als vorrangig zu betrachten.
Artikel 18
Bildung und Information
(1) Die Vertragsparteien fördern die Aus- und Weiterbildung sowie die Information der Öffentlichkeit im Hinblick auf Ziele, Maßnahmen und Durchführung dieses Protokolls.
(2) Sie setzen sich insbesondere dafür ein,
a) |
Ausbildung, Weiterbildung und Beratung in den landwirtschaftlichen und den entsprechenden betriebs- und marktbezogenen Fachgebieten weiterzuentwickeln und dabei den Natur- und Umweltschutz einzubeziehen. Das Angebot ist so auszubauen, dass es auch die Hinwendung und Befähigung zu anderen, mit der Landwirtschaft verbundenen Haupt- und Nebenerwerbstätigkeiten ermöglicht; |
b) |
zu einer umfassenden und sachlichen Information beizutragen, die sich nicht allein auf die unmittelbar betroffenen Personen und Behörden beschränkt, sondern sich auch über die Medien an eine breite Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb des alpinen Raumes wendet, um in ihr die Kenntnis der Leistungen der Berglandwirtschaft zu verbreiten und das Interesse dafür anzuregen. |
(3) Darüber hinaus sind die im Anhang angeführten Themen als vorrangig zu betrachten.
KAPITEL IV
DURCHFÜHRUNG, KONTROLLE UND BEWERTUNG
Artikel 19
Durchführung
Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Durchführung dieses Protokolls durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung sicherzustellen.
Artikel 20
Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen
(1) Die Vertragsparteien erstatten dem Ständigen Ausschuss regelmäßig Bericht über die aufgrund dieses Protokolls getroffenen Maßnahmen. In den Berichten ist auch die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen darzulegen. Die Alpenkonferenz bestimmt die zeitliche Abfolge der Berichterstattung.
(2) Der Ständige Ausschuss prüft die Berichte daraufhin, ob die Vertragsparteien ihren Verpflichtungen aus diesem Protokoll nachgekommen sind. Er kann dabei auch zusätzliche Informationen von den Vertragsparteien anfordern oder Informationen aus anderen Quellen beiziehen.
(3) Der Ständige Ausschuss erstellt für die Alpenkonferenz einen Bericht über die Einhaltung der Verpflichtungen aus diesem Protokoll durch die Vertragsparteien.
(4) Die Alpenkonferenz nimmt diesen Bericht zur Kenntnis. Falls sie eine Verletzung der Verpflichtungen feststellt, kann sie Empfehlungen verabschieden.
Artikel 21
Bewertung der Wirksamkeit der Bestimmungen
(1) Die Vertragsparteien überprüfen und beurteilen regelmäßig die in diesem Protokoll enthaltenen Bestimmungen auf ihre Wirksamkeit. Soweit zur Erreichung der Ziele dieses Protokolls erforderlich, werden sie geeignete Änderungen des Protokolls in die Wege leiten.
(2) Im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung werden die Gebietskörperschaften an dieser Bewertung beteiligt. Die einschlägig tätigen nichtstaatlichen Organisationen können angehört werden.
KAPITEL V
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 22
Verhältnis zwischen der Alpenkonvention und dem Protokoll
(1) Dieses Protokoll ist ein Protokoll der Alpenkonvention im Sinne des Artikels 2 und der anderen einschlägigen Artikel der Alpenkonvention.
(2) Nur Vertragsparteien der Alpenkonvention können Vertragspartei dieses Protokolls werden. Eine Kündigung der Alpenkonvention gilt zugleich als Kündigung dieses Protokolls.
(3) Entscheidet die Alpenkonferenz über Fragen in Bezug auf dieses Protokoll, so sind lediglich die Vertragsparteien dieses Protokolls abstimmungsberechtigt.
Artikel 23
Unterzeichnung und Ratifikation
(1) Dieses Protokoll liegt für die Unterzeichnerstaaten der Alpenkonvention und die Europäische Gemeinschaft am 20. Dezember 1994 sowie ab dem 15. Januar 1995 bei der Republik Österreich als Verwahrer zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Protokoll tritt für die Vertragsparteien, die ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein, drei Monate nach dem Tage in Kraft, an dem drei Staaten ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde hinterlegt haben.
(3) Für die Vertragsparteien, die später ihre Zustimmung ausdrücken, durch dieses Protokoll gebunden zu sein, tritt das Protokoll drei Monate nach dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Nach dem Inkrafttreten einer Änderung des Protokolls wird jede neue Vertragspartei dieses Protokolls Vertragspartei des Protokolls in der geänderten Fassung.
Artikel 24
Notifikationen
Der Verwahrer notifiziert jedem in der Präambel genannten Staat und der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf dieses Protokoll
a) |
jede Unterzeichnung, |
b) |
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde, |
c) |
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens, |
d) |
jede von einer Vertrags- oder Unterzeichnerpartei abgegebene Erklärung, |
e) |
jede von einer Vertragspartei notifizierte Kündigung, einschließlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens. |
ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Chambéry am 20. Dezember 1994 in deutscher, französischer, italienischer und slowenischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Staatsarchiv der Republik Österreich hinterlegt wird. Der Verwahrer übermittelt den Unterzeichnerparteien beglaubigte Abschriften.
VORRANGIGE FORSCHUNGS- UND BILDUNGSTHEMEN GEMÄSS DEN ARTIKELN 17 UND 18
Forschung
Bestimmung und Klassifizierung der Berggebiete aufgrund ihrer Höhenlage sowie ihrer klimatischen und geomorphologischen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Standortbedingungen.
Untersuchungen über die Auswirkungen der auf den verschiedenen politischen Entscheidungsebenen (EU/GAP, Staaten, Regionen, Gebietskörperschaften) getroffenen Maßnahmen auf die Berglandwirtschaft und ihre ökologische Funktion (Sozial- und Umweltverträglichkeit).
Bewertung der wirtschaftlichen und ökologischen, sozialen und kulturellen Funktionen der Land- und Forstwirtschaft sowie ihrer Entwicklungsmöglichkeiten unter den besonderen lokalen Bedingungen in den verschiedenen Berggebieten.
Erzeugungs- und Verarbeitungsmethoden, Verbesserungs- und Qualitätskriterien der landwirtschaftlichen Produkte der Berggebiete.
Genetische Forschung und fachliche Beratung für eine differenzierte, standortgemäße und umweltverträgliche Erhaltung der Vielfalt der Nutztierrassen und Kulturpflanzen.
Bildung
Technisch-wissenschaftliche und sozioökonomische Beratung und Fortbildung für die landwirtschaftlichen Betriebe wie auch für die ihre Produkte verarbeitenden Nahrungsmittelbetriebe.
Technische und wirtschaftliche Betriebsführung, besonders in Bezug auf eine Anreicherung des Produktangebots sowie auf entsprechende Produktions- und Einkommensalternativen innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft.
Technische und finanzielle Voraussetzungen sowie Auswirkungen der Anwendung umweltverträglicher und naturnaher Bewirtschaftung und Produktion.
Medien, Vermittlung oder Verbreitung von Informationen zur Orientierung der Öffentlichkeit, der Politik und der Wirtschaft innerhalb und außerhalb des Alpenraums.