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Document 62013CJ0564

Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 26. Februar 2015.
Planet AE Anonymi Etaireia Parochis Symvouleftikon Ypiresion gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel - Art. 340 Abs. 1 AEUV - Vertragliche Haftung der Union - Art. 272 AEUV - Schiedsklausel - Sechstes Rahmenprogramm im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration - Verträge für die Projekte Ontogov, FIT und RACWeb - Zuschussfähige Kosten und von der Kommission gezahlte Vorschüsse - Feststellungsklage - Fehlen eines bestehenden und gegenwärtigen Rechtsschutzinteresses.
Rechtssache C-564/13 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:124

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

26. Februar 2015 ( *1 )

„Rechtsmittel — Art. 340 Abs. 1 AEUV — Vertragliche Haftung der Union — Art. 272 AEUV — Schiedsklausel — Sechstes Rahmenprogramm im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration — Verträge für die Projekte Ontogov, FIT und RACWeb — Zuschussfähige Kosten und von der Kommission gezahlte Vorschüsse — Feststellungsklage — Fehlen eines bestehenden und gegenwärtigen Rechtsschutzinteresses“

In der Rechtssache C‑564/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 31. Oktober 2013,

Planet AE Anonymi Etaireia Parochis Symvouleftikon Ypiresion mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: V. Christianos und S. Paliou, dikigoroi,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal, B. Conte und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte im Beistand von S. Drakakakis, avocat,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda (Berichterstatter), A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2014,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. November 2014

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Planet AE Anonymi Etaireia Parochis Symvouleftikon Ypiresion die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union Planet/Kommission (T‑489/12, EU:T:2013:496, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Gericht ihre gemäß den Art. 272 AEUV und 340 Abs. 1 AEUV erhobene Klage auf Feststellung, dass die Kommission gegen mehrere mit ihr geschlossene Verträge verstoßen hat, indem sie die Kosten für von ihr beschäftigtes Personal der höheren Führungsebene nicht anerkannt hat, und dass diese Kosten daher förderfähig waren und der Kommission nicht zurückzuzahlen sind, abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird in den Rn. 1 bis 22 des angefochtenen Beschlusses wie folgt dargestellt:

„1

Die Klägerin, die PLANET AE Anonymi Etaireia Parochis Symvouleftikon Ypiresion, ist eine Gesellschaft für Unternehmens- und Projektberatung und ‑verwaltung. Sie arbeitet mit internationalen und europäischen Partnern, darunter der Kommission …, im Sektor der Beratung zu Strategie, Informatik und Verwaltung von Projekten zusammen.

2

Die vorliegende Rechtssache betrifft die Rechte und Pflichten der Kommission aus den mit der Klägerin für drei Forschungsprojekte geschlossenen Verträgen. Diese Verträge beruhten auf dem Beschluss Nr. 1513/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 über das Sechste Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration als Beitrag zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums und zur Innovation (2002–2006) (ABl. L 232, S. 1).

3

Es handelt sich im Einzelnen um Verträge zwischen der Europäischen Gemeinschaft, vertreten durch die Kommission, und

der Klägerin als Koordinatorin und Mitglied eines Konsortiums, und zwar den Vertrag vom 17. Dezember 2003 für das Projekt ‚Ontology enabled E‑Gov Service Configuration‘ (Ontogov, Nr. 507237);

dem Forschungszentrum Informatik an der Universität Karlsruhe als Koordinator eines Konsortiums, an dem die Klägerin beteiligt war, und zwar den Vertrag vom 21. Dezember 2005 für das Projekt ‚Fostering self-adaptive e‑government service improvement using semantic technologies‘ (FIT, Nr. 27090);

der Klägerin als Koordinatorin und Mitglied eines Konsortiums, und zwar den Vertrag vom 18. Dezember 2006 für das Projekt ‚Risk Assessment for Customs in Western Balkans‘ (RACWeb, Nr. 45101) (im Folgenden zusammen: fragliche Verträge).

4

Nach Art. ΙΙ.24 Abs. 1 Buchst. a der fraglichen Verträge sind die von den Vertragspartnern gemeldeten zuschussfähigen Kosten die Grundlage für den finanziellen Beitrag der Europäischen Union.

5

Nach Art. II.8 der fraglichen Verträge muss die Kommission vor der Erstattung der Kosten, die das Konsortium und/oder die Vertragspartner am Ende jedes Berichtszeitraums melden, die Berichte und die lieferfähigen Bestandteile evaluieren und genehmigen. Gemäß Art. II.8 Abs. 4 schließt die Genehmigung eines Berichts durch die Kommission ein Audit oder eine Kontrolle nach den Bestimmungen von Art. II.29 nicht aus.

6

Art. II.29 der fraglichen Verträge sieht vor:

‚1.   Die Kommission kann während der Laufzeit des Vertrags und bis zu fünf Jahre nach Beendigung des Projekts jederzeit Audits entweder durch externe Revisoren oder wissenschaftliche oder technologische Rechnungsprüfer oder durch die Dienste der Kommission selbst, einschließlich des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung, vornehmen lassen. Diese Audits können wissenschaftliche, finanzielle, technologische und sonstige Aspekte (wie Rechnungsführungs- und Managementgrundsätze) zum Gegenstand haben, die sich auf die ordnungsgemäße Durchführung des Projekts und des Vertrags beziehen. Diese Audits werden auf vertraulicher Grundlage durchgeführt. Die Beträge, die nach den Ergebnissen dieser Audits der Kommission geschuldet werden, können gemäß Art. II.31 zurückgefordert werden …

2.   Die Vertragspartner stellen der Kommission unmittelbar alle näheren Angaben zur Verfügung, die sie anfordert, um zu prüfen, ob der Vertrag ordnungsgemäß verwaltet und durchgeführt wird.

3.   Die Vertragspartner bewahren für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Beendigung des Projekts das Original oder, in ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen, beglaubigte Kopien des Originals aller Unterlagen über das Projekt auf. Diese Unterlagen werden der Kommission zur Verfügung gestellt, wenn sie bei der Durchführung eines Audits im Rahmen des Vertrags angefordert werden.‘

7

Art. II.31 Abs. 1 der fraglichen Verträge sieht vor: ‚Ist ein Betrag einem Vertragspartner ohne Rechtsgrund gezahlt worden oder eine Rückforderung nach den Vertragsbedingungen gerechtfertigt, so verpflichtet sich der Vertragspartner, der Kommission den fraglichen Betrag unter den von ihr festgelegten Bedingungen und zu dem von ihr bestimmten Zeitpunkt zurückzuzahlen.‘

8

Schließlich unterliegen die fraglichen Verträge nach ihrem Art. 12 belgischem Recht. Art. 13 bestimmt: ‚Für die Entscheidung über Streitigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Vertragspartnern hinsichtlich der Gültigkeit, der Anwendung oder der Auslegung des vorliegenden Vertrags ist je nach Fall das Gericht … oder der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig.‘

9

In der Zeit vom 17. bis zum 21. November 2008 und am 4. Dezember 2008 führte eine externe Rechnungsprüfungsgesellschaft für das Referat Externes Audit der Generaldirektion (GD) ‚Informationsgesellschaft und Medien‘ der Kommission (im Folgenden: GD Information) ein finanzielles Audit bei der Klägerin zu den Kosten durch, die für bestimmte Zeiträume im Rahmen der Projekte Ontogov, FIT und RACWeb gemeldet worden waren.

10

Mit E-Mail vom 8. April 2009 übersandte die Rechnungsprüfungsgesellschaft der Klägerin den vorläufigen Auditbericht, in dem insbesondere die Kosten für drei [ihrer] Führungskräfte in Frage gestellt wurden (im Folgenden: streitige Kosten).

11

Am 29. Mai 2009 gab die Klägerin ihre Stellungnahme zu diesem vorläufigen Auditbericht ab.

12

Am 10. Juli 2009 reichte die Klägerin eine überarbeitete Kostenerklärung ein und übernahm darin bestimmte Empfehlungen der Rechnungsprüfungsgesellschaft.

13

Mit Schreiben vom 11. November 2009 legte das Referat Externes Audit der GD Information die Gründe dar, aus denen sie an den Schlussfolgerungen des vorläufigen Auditberichts festhalte, und übermittelte der Klägerin den endgültigen Auditbericht.

14

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 rügte die Klägerin die Ordnungsgemäßheit des Audits und forderte die Kommission zu einem Treffen auf, um detaillierte Informationen zu den Beanstandungen der Kommission zu liefern.

15

Am 4. März 2010 fand ein Treffen zwischen der Klägerin und dem Referat Externes Audit der GD Information statt. Dabei wurde vereinbart, dass die Klägerin der Kommission zusätzliche Angaben zur Beteiligung ihrer Führungskräfte vorlegt.

16

Mit Schreiben vom 19. April 2010 übermittelte die Klägerin der Kommission die ergänzenden Unterlagen, zu deren Vorlage sie sich verpflichtet hatte.

17

Mit Schreiben vom 10. Mai 2010 teilte das Referat Externes Audit der GD Information der Klägerin mit, dass es beabsichtige, eine zusätzliche Kontrolle (follow-up audit) an ihrem Sitz vor[zu]nehmen, und übermittelte ihr eine Liste der bei dieser Kontrolle vorzulegenden Belege. Diese Kontrolle fand vom 20. bis 22. Juli 2010 statt.

18

Am 3. September und am 9. Dezember 2010 legte die Klägerin die bei der zusätzlichen Kontrolle verlangten ergänzenden Informationen vor.

19

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 teilte das Referat Externes Audit der GD Information der Klägerin mit, es habe beschlossen, die Schlussfolgerungen seines Berichts teilweise dahin abzuändern, dass es bestimmte Ausgaben anerkenne, an den Schlussfolgerungen in Bezug auf die streitigen Kosten jedoch festzuhalten.

20

Mit Schreiben vom 11. Februar 2011 gab die Klägerin ihre Stellungnahme zu den überarbeiteten Schlussfolgerungen des Auditberichts ab.

21

Mit Schreiben vom 10. April 2012 antwortete das Referat Externes Audit der GD Information, dass es an fast allen seiner Schlussfolgerungen in Bezug auf die streitigen Kosten festhalte.

22

Mit Schreiben vom 21. Mai 2012 bekräftigte die Klägerin ihren Standpunkt hinsichtlich der Zuschussfähigkeit der streitigen Kosten.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

3

Mit Klageschrift, die am 8. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin eine Klage nach den Art. 272 AEUV und 340 Abs. 1 AEUV und beantragte, festzustellen, dass die Kommission durch die Zurückweisung der streitigen Kosten gegen mehrere mit ihr geschlossene Verträge verstoßen habe und dass diese Kosten zuschussfähig und nicht an die Kommission zurückzuzahlen seien.

4

Am 24. Januar 2013 erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts. Am 11. März 2013 nahm die Rechtsmittelführerin zur Einrede der Unzulässigkeit der Kommission Stellung.

5

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Gericht der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit statt und entschied, dass die Rechtsmittelführerin am Tag der Klageerhebung kein bestehendes und gegenwärtiges Rechtsschutzinteresse gehabt habe.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

6

Die Rechtsmittelführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

die Rechtssache zur Entscheidung über die Begründetheit an das Gericht zurückzuverweisen und

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

7

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Zum Rechtsmittel

Vorbringen der Parteien

8

Die Rechtsmittelführerin macht mit ihrem einzigen Aufhebungsgrund geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es in den Rn. 31 bis 35, 37, 38, 42 bis 45 und 50 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass sie am Tag der Erhebung ihrer Klage nach den Art. 272 AEUV und 340 Abs. 1 AEUV kein bestehendes und gegenwärtiges Rechtsschutzinteresse gehabt habe.

9

Das im Rahmen einer Feststellungsklage auf Anerkennung der vertraglichen Haftung der Union nach den Art. 272 AEUV und 340 Abs. 1 AEUV, wie sie beim Gericht erhoben worden sei, erforderliche Rechtsschutzinteresse habe einen anderen Inhalt als das im Rahmen anderer unionsrechtlicher Klagen, wie der Nichtigkeitsklage oder der Schadensersatzklage, verlangte Rechtsschutzinteresse.

10

Das im Rahmen einer solchen Feststellungsklage auf Anerkennung der vertraglichen Haftung der Union erforderliche Rechtsschutzinteresse liege vor, wenn festgestellt werde, dass der Vertragspartner oder sein qualifizierter Vertreter einen vertraglichen Anspruch ernsthaft, systematisch und wiederholt bestreite, da dies bei vernünftiger Betrachtung zu einer Unsicherheit in Bezug auf das Bestehen, den Umfang und die freie Geltendmachung des Anspruchs durch den Betroffenen führe. Folglich verlange das im Rahmen einer Klage aus vertraglicher Haftung erforderliche Rechtsschutzinteresse nicht, dass die Kommission einen endgültigen beschwerenden Rechtsakt erlassen habe oder dass ein Schaden eingetreten sei.

11

Im vorliegenden Fall sei ihr Rechtsschutzinteresse nicht hypothetisch, sondern bestehend und gegenwärtig, da das wiederholte Bestreiten der Kommission eine Unsicherheit in Bezug auf das Bestehen ihres Anspruchs auf Geltendmachung der Vergütungen für Führungskräfte als unmittelbar zuschussfähige Kosten geschaffen habe.

12

Im Licht dieser Grundsätze habe das Gericht in Rn. 34 des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit dessen Rn. 45, 35, 37, 38 und 42 fälschlich das Kriterium des für eine Nichtigkeitsklage erforderlichen Rechtsschutzinteresses angewandt, nämlich das Vorliegen eines endgültigen Rechtsakts. Das Gericht habe zudem in den Rn. 42 bis 44 des angefochtenen Beschlusses fälschlich das für die Erhebung einer Schadensersatzklage erforderliche Rechtsschutzinteresse angewandt, nämlich das Vorliegen eines sicheren Schadens.

13

In Rn. 50 des angefochtenen Beschlusses habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass ihr Rechtsschutzinteresse erst bestehend und gegenwärtig sein könne, nachdem die Kommission eine Rückforderungsanordnung oder einen anderen Rechtsakt erlassen habe. Dieses Erfordernis führe zu einer lang anhaltenden Rechtsunsicherheit für den Einzelnen, da er gezwungen sei, den Erlass einer Rückforderungsanordnung abzuwarten, obwohl die Kommission seinen vertraglichen Anspruch bereits ernsthaft, wiederholt und systematisch bestritten habe.

14

Die Kommission ist der Ansicht, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen habe, indem es ein bestehendes und gegenwärtiges Rechtsschutzinteresse der Rechtsmittelführerin am Tag der Erhebung ihrer Klage nach den Art. 272 AEUV und 340 Abs. 1 AEUV auf Feststellung eines Verstoßes gegen Vertragspflichten verneint habe.

15

Erstens habe das Gericht den angefochtenen Beschluss nicht auf die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen gestützt. Insbesondere beruhe die Beurteilung durch das Gericht nicht auf dem Fehlen eines beschwerenden Rechtsakts im Sinne von Art. 263 AEUV.

16

Zweitens habe sie die vertraglichen Ansprüche der Rechtsmittelführerin nicht bestritten, da sie keine Belastungsanzeige zwecks Rückerstattung der streitigen Kosten erlassen habe. In Art. II.29 Abs. 1 der fraglichen Verträge mit der Rechtsmittelführerin heiße es insoweit: „Die Beträge, die nach den Ergebnissen dieser Audits der Kommission geschuldet werden, können … zurückgefordert werden …“ Nach dieser Bestimmung führe die Erstellung eines ungünstigen Abschlussberichts nicht automatisch zur Rückforderung der streitigen Kosten, da es weiterhin im Ermessen der zuständigen Dienststellen der Kommission stehe, ob sie ihre Rückerstattung verlangten. Erst recht könne im vorliegenden Fall die Erstellung eines ungünstigen Berichts durch eine ihrer internen Dienststellen, mit dem das Auditverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei, nicht als ein Bestreiten der vertraglichen Ansprüche der Rechtsmittelführerin betrachtet werden. Letztlich bestehe noch kein Streitfall zwischen den Vertragsparteien, da keine von ihnen konkrete Maßnahmen ergriffen habe, um die Anwendung einer Vertragsklausel durchzusetzen, hinsichtlich deren die Parteien uneins seien.

17

Drittens habe der Umstand, dass sie noch keine Belastungsanzeige erlassen habe, für die Rechtsmittelführerin keine negativen Folgen. Diese Situation führe nicht zu Rechtsunsicherheit, da zum einen die Möglichkeit der Kommission, eine Rückerstattung zu verlangen, der Verjährung gemäß den Bestimmungen des nationalen Vertragsrechts unterliege und zum anderen eine etwaige Belastungsanzeige umfassend gerichtlich überprüfbar sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

18

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin mit ihrer am 8. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift eine Feststellungsklage u. a. nach Art. 272 AEUV erhob. Wie die Generalanwältin in Nr. 16 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, war die von der Rechtsmittelführerin beim Gericht eingereichte Klage nämlich nicht auf eine Leistung der Kommission gerichtet, sondern auf die Feststellung durch den Unionsrichter, dass sie die von der Kommission aufgrund der fraglichen Verträge bereits gezahlten Beträge behalten dürfe.

19

Angesichts der deklaratorischen Natur der von der Rechtsmittelführerin vor dem Gericht erhobenen Klage ist zu prüfen, ob die Unionsgerichte zuständig sind, über derartige Klagen zu entscheiden, und zwar ungeachtet dessen, dass die Kommission weder im Verfahren vor dem Gericht noch im vorliegenden Verfahren eine Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts erhoben hat.

20

Eine Frage, die die Zuständigkeit der Unionsgerichte selbst betrifft, ist nämlich vom Unionsrichter von Amts wegen aufzugreifen, auch wenn keine der Parteien dies beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Deutschland/Hohe Behörde, 19/58, EU:C:1960:19, 500, und Ferriera Valsabbia u. a./Kommission, 154/78, 205/78, 206/78, 226/78 bis 228/78, 263/78, 264/78, 31/79, 39/79, 83/79 und 85/79, EU:C:1980:81, Rn. 7). Im Übrigen sind die Parteien aufgefordert worden, zu dieser vom Gerichtshof von Amts wegen aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen.

21

Insoweit hat der Gerichtshof bereits ausgeführt, dass es zwar vorkommen kann, dass er im Rahmen einer gemäß Art. 272 AEUV vereinbarten Schiedsklausel den Rechtsstreit auf der Grundlage des für den betreffenden Vertrag maßgeblichen nationalen Rechts zu entscheiden hat; seine Zuständigkeit für die Entscheidung eines Rechtsstreits über diesen Vertrag bestimmt sich jedoch allein nach diesem Artikel und den Bestimmungen der Schiedsklausel, ohne dass ihm Vorschriften des nationalen Rechts entgegengehalten werden können, die seine Zuständigkeit angeblich ausschließen (Urteile Kommission/Zoubek, 426/85, EU:C:1986:501, Rn. 10, und Kommission/Feilhauer, C‑209/90, EU:C:1992:172, Rn. 13).

22

Nach Art. 272 AEUV in Verbindung mit Art. 256 AEUV ist das Gericht erstinstanzlich für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Union oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.

23

Aus dem Vorstehenden folgt, dass Art. 272 AEUV eine spezielle Bestimmung ist, die die Anrufung der Unionsgerichte aufgrund einer von den Parteien für öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge vereinbarten Schiedsklausel ermöglicht, und zwar ohne Beschränkung in Bezug auf die Art der beim Unionsgericht erhobenen Klage.

24

Gleichwohl ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die in die fraglichen Verträge aufgenommene Schiedsklausel dem Gericht eine Zuständigkeit für die Entscheidung über die von der Rechtsmittelführerin erhobene Feststellungsklage verlieh.

25

Nach dem Wortlaut der in Art. 13 der fraglichen Verträge enthaltenen Schiedsklausel ist je nach Fall das Gericht oder der Gerichtshof für die Entscheidung über Streitigkeiten zwischen der Union und den Vertragspartnern hinsichtlich der Gültigkeit, der Anwendung oder der Auslegung dieser Verträge zuständig. Daraus folgt, dass auch diese Schiedsklausel die Zuständigkeit des Gerichts oder des Gerichtshofs in Bezug auf die Art der Klage nicht beschränkt.

26

Nach ihrem Wortlaut vermag die Schiedsklausel somit die Zuständigkeit des Gerichts oder des Gerichtshofs für die Entscheidung über eine Feststellungsklage wie die in Rede stehende, die einen Rechtsstreit zwischen der Union und der Rechtsmittelführerin hinsichtlich der Gültigkeit, der Anwendung oder der Auslegung der fraglichen Verträge betrifft, zu begründen.

27

Insoweit kann kaum bezweifelt werden, dass die von der Rechtsmittelführerin vor dem Gericht erhobene Klage die Auslegung der fraglichen Verträge und speziell die Zuschussfähigkeit der streitigen Kosten nach diesen Verträgen betraf.

28

In Rn. 33 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht jedoch entschieden, dass die Rechtsmittelführerin nicht nachgewiesen habe, dass ihre Klage am Tag ihrer Erhebung auf einem bestehenden und gegenwärtigen Interesse beruht habe, das Rechtsschutz erforderlich gemacht habe.

29

Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, dass das Gericht damit einen Rechtsfehler begangen habe, da im Rahmen einer Feststellungsklage ein solches Interesse schon dann bestehe, wenn ein vertraglicher Anspruch von einer der Vertragsparteien ernsthaft, systematisch und wiederholt bestritten werde und dadurch eine Rechtsunsicherheit für einen der Vertragspartner in Bezug auf das Bestehen oder den Umfang dieses Anspruchs geschaffen werde. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall erfüllt, da die Kommission den Anspruch der Rechtsmittelführerin auf Erstattung der streitigen Kosten ernsthaft, systematisch und wiederholt bestritten habe.

30

Die Kommission trägt vor, sie habe die vertraglichen Ansprüche der Rechtsmittelführerin aus den in Rn. 16 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Gründen nicht bestritten. Sie macht im Wesentlichen geltend, als die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht Klage erhoben habe, habe sie noch keine Rückerstattung der streitigen Kosten mittels einer Belastungsanzeige verlangt, und die Zuschussfähigkeit dieser Kosten sei Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Auditverfahrens gewesen, dessen Abschlussbericht für die mit der Rückforderung befassten Dienststellen der Kommission nach Art. II.29 Abs. 1 der fraglichen Verträge ohnehin nicht verbindlich sei.

31

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsschutzinteresse eines Klägers im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein muss; andernfalls ist die Klage unzulässig (vgl. entsprechend und zur Nichtigkeitsklage Urteile Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 42, und Cañas/Kommission, C‑269/12 P, EU:C:2013:415, Rn. 15).

32

Nach den Feststellungen des Gerichts in Rn. 34 des angefochtenen Beschlusses hatte die zuständige Dienststelle der Kommission aber zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch keine Rückzahlungsaufforderung in Bezug auf die im Rahmen der fraglichen Verträge gezahlten Vorschüsse erlassen. In Rn. 35 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht hinzugefügt, dass die Zuschussfähigkeit der streitigen Kosten Gegenstand eines Auditverfahrens sei, das lediglich ein vorgeschaltetes und vorbereitendes Verfahren sei und sich von dem möglicherweise zu einer Rückforderung führenden Verfahren, das von den operationellen Diensten der Kommission durchgeführt werde, unterscheide.

33

Im Übrigen geht aus den Rn. 36 bis 39 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass das Auditverfahren zum Zeitpunkt der Klageerhebung durch die Rechtsmittelführerin noch nicht abgeschlossen war und dass die damit befasste Dienststelle der Kommission auch nach diesem Zeitpunkt weiterhin Gespräche über eine etwaige Änderung der vorläufigen Schlussfolgerungen aus dem Audit mit ihr führte.

34

Angesichts der in den Rn. 32 und 33 des vorliegenden Urteils angeführten Umstände kann die Rechtsmittelführerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer Klage vor dem Gericht ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse gehabt habe, das Rechtsschutz erforderlich gemacht habe.

35

Da nämlich die Zuschussfähigkeit der streitigen Kosten noch Gegenstand eines Auditverfahrens war, dessen Abschlussbericht für die mit der Rückforderung befassten Dienststellen der Kommission ohnehin nicht verbindlich wäre, ist festzustellen, dass die Kommission noch nicht endgültig festgelegt hatte, welche Kosten sie nach den einschlägigen Bestimmungen der fraglichen Verträge für nicht zuschussfähig hielt. Ob und in welchem Umfang diese Kosten tatsächlich zu einem Rückerstattungsverlangen seitens der Kommission führen könnten, war noch ungewiss. Mithin hatte die Rechtsmittelführerin zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer Klage noch kein Rechtsschutzinteresse.

36

Folglich hat das Gericht mit der Entscheidung, dass die Rechtsmittelführerin zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer Klage über kein bestehendes und gegenwärtiges, Rechtsschutz erforderndes Interesse verfügt habe, keinen Rechtsfehler begangen.

37

Nach alledem greift der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Rechtsmittelgrund nicht durch. Das Rechtsmittel ist daher insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

38

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

39

Da die Kommission nicht beantragt hat, die Rechtsmittelführerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen, tragen diese und die Kommission ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Planet AE Anonymi Etaireia Parochis Symvouleftikon Ypiresion und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 )   Verfahrenssprache: Griechisch.

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