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Document 62019TN0066

    Rechtssache T-66/19: Klage, eingereicht am 4. Februar 2019 — Vlaamse Gemeenschap und Vlaams Gewest/Parlament und Rat

    ABl. C 122 vom 1.4.2019, p. 22–23 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    1.4.2019   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 122/22


    Klage, eingereicht am 4. Februar 2019 — Vlaamse Gemeenschap und Vlaams Gewest/Parlament und Rat

    (Rechtssache T-66/19)

    (2019/C 122/25)

    Verfahrenssprache: Niederländisch

    Parteien

    Kläger: Vlaamse Gemeenschap und Vlaams Gewest (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Eyskens, N. Bonbled und P. Geysens)

    Beklagte: Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union

    Anträge

    Die Kläger beantragen,

    die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

    die Verordnung (EU) 2018/1724 für nichtig zu erklären;

    dem Europäischen Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    Klagegründe und wesentliche Argumente

    Die Kläger stützen sich auf fünf Klagegründe:

    1.

    Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 EUV

    Die durch die Verordnung (EU) 2018/1724 (1) auferlegten sprachlichen Verpflichtungen widersprächen den internen Sprachvorschriften für Verwaltungsangelegenheiten, die in Belgien grundrechtlich verankert seien. Diese interne Sprachenregelung sei Teil der grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen des belgischen Staats und gehöre zur nationalen Identität des belgischen Staats. Die Verordnung 2018/1724 verstoße deshalb gegen Art. 4 Abs. 2 EUV, nach dem die Union die nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten habe.

    2.

    Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 und 4 EUV und gegen das Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit

    Die durch die Verordnung 2018/1724 auferlegten sprachlichen Verpflichtungen seien nicht mit dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (1) und auch nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (2) vereinbar.

    (1)

    Durch keine Bestimmung des Vertrags werde der Union die Zuständigkeit übertragen, den Sprachengebrauch innerhalb und durch die Behörden der Mitgliedstaaten zu regeln.

    (2)

    Die Verpflichtung, der Öffentlichkeit eine Übersetzung „in einer Amtssprache der Union“ zur Verfügung zu stellen, „die von der größtmöglichen Anzahl grenzüberschreitender Nutzer weitgehend verstanden wird“ (Art. 12 Abs. 1 der Verordnung 2018/1724), sei nicht mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar und enthalte diesbezüglich keine Begründung. Die durch die Verordnung 2018/1724 auferlegten sprachlichen Anforderungen seien in Anbetracht des angestrebten Ziels unverhältnismäßig.

    3.

    Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 EUV, Art. 22 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, den allgemeinen Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf sprachlicher Ebene und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten

    Die Verordnung 2018/1724 verstoße gegen Art. 3 Abs. 3 EUV, Art. 22 der Charta, den allgemeinen Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf sprachlicher Ebene und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten, da sie Bürger, die sich in einem Mitgliedstaat, der nicht ihre eigener Mitgliedstaat sei, niederlassen wollten, entmutige, die Amtssprache oder eine der Amtssprachen dieses Staats zu lernen, und weiter weil sie den allgemeinen Gebrauch einer einzigen Verkehrssprache auferlege, die auf diese Weise de facto die europäische Sprache der Behörden und öffentlichen Verwaltungen werde.

    4.

    Vierter Klagegrund: Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und der normativen Klarheit sowie gegen Nr. 2 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung

    Die durch die Verordnung 2018/1724 den Mitgliedstaaten auferlegten sprachlichen Verpflichtungen widersprächen offensichtlich den Grundsätzen der Klarheit, der Präzision, der Vorhersehbarkeit und der Kohärenz. Die durch die Verordnung 2018/1724 auferlegte Pflicht zur Übersetzung sei nicht deutlich, nicht präzise, nicht vorhersehbar und nicht kohärent in Bezug auf die Sprache, in die übersetzt werden müsse.

    5.

    Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 291 Abs. 2 AEUV

    Der Vollzug der in der Verordnung 2018/1724 auferlegten Pflicht zur Übersetzung setzte voraus, dass auf sichere und ausdrückliche Weise festgestellt werde, in welche Sprache übersetzt werden müsse. Die institutionelle Regelung der Verordnung 2018/1724 sei in diesem Zusammenhang auch sehr undeutlich. Die Verordnung 2018/1724 stehe überdies auch nicht mit dem in Art. 291 AEUV und der Verordnung (EU) Nr. 182/2012 (2) („Komitologieverordnung“) vorgesehenen delikaten institutionellen Gleichgewicht im Einklang, da die Regelung der Europäischen Kommission tatsächlich ermögliche, das Verfahren nach der Verordnung Nr. 182/2012 zu umgehen und eine Regelung auf informellem Wege anzunehmen.


    (1)  Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. 2018, L 295. S. 1).

    (2)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. 2011, L 55, S. 13).


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