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Document 52007IE1262

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Entwicklung auf den Finanzmärkten

ABl. C 10 vom 15.1.2008, p. 96–105 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.1.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 10/96


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Entwicklung auf den Finanzmärkten“

(2008/C 10/23)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 17. Januar 2007 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu erarbeiten: „Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Entwicklung auf den Finanzmärkten“.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 4. September 2007 an. Berichterstatter war Herr DERRUINE.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 438. Plenartagung am 26./27. September 2007 (Sitzung vom 26. September) mit 115 gegen 25 Stimmen bei 13 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Empfehlungen

Information, Transparenz sowie Anleger- und Verbraucherschutz

1.1

Es ist von großer Bedeutung, statistische Instrumente für eine bessere Erfassung des Phänomens der Hedge-Fonds und Private-Equities (privates Beteiligungskapital) sowie Indikatoren für die Corporate Governance zu entwickeln — sie alle sollten zumindest auf europäischer Ebene harmonisiert werden.

1.2

Um den wachsenden Argwohn, mit dem ein Teil der Finanzindustrie betrachtet wird, zu zerstreuen, die Gefahr systemischer Schocks durch das Eingehen übermäßiger Risiken (insbesondere durch Verschuldung) zu begrenzen und einen fairen Wettbewerb unter den einzelnen Anlagearten zu gewährleisten, sollten für die Hedge-Fonds und Private-Equity-Fonds gewisse Aufsichtsstandards eingeführt werden (ein „Basel III“).

1.3

„Der EWSA ersucht die Kommission, sobald wie möglich den Entwurf eines Rechtsakts vorzulegen, der darauf abzielt, von den institutionellen Anlegern die Bereitstellung umfangreicherer Informationen über ihre Anlage- und Abstimmungsstrategien zu verlangen“ (1).

1.4

Für einen besseren Schutz der Anleger, die ihr Geld in Private-Equity-Fonds investieren, müsste die OGAW-Richtlinie (2) derart geändert werden, dass sie auch diese Akteure umfasst und sie zu mehr Transparenz zwingt. Wenn hohe Renditeversprechen locken, könnte der Endanleger das damit verbundene Risiko leicht übersehen.

1.5

Die Kommission sollte gemeinsam mit den interessierten Kreisen (wie Banken, Verbraucherverbände, Behörden und Dienstleistern) Initiativen fördern und fortsetzen, die darauf abzielen, den Kunden, die im Allgemeinen nicht über das erforderliche Wissen in Finanzangelegenheiten und damit das Bewusstsein für die mit Finanzgeschäften verbundenen Risiken verfügen, mehr Informationen zur Verfügung zu stellen und ihren Einblick in die Finanzdienstleistungen zu erhöhen (3).

1.6

Die börsennotierten Unternehmen, die Gegenstand einer Übernahme waren, deren Umsatz oder Beschäftigtenzahl jedoch ein gewisses Niveau übersteigt, sollten nach wie vor gehalten sein, ein Minimum an Informationen zu veröffentlichen, wenn sie von der Börse genommen werden und so die mit der Börsennotierung verbundenen Offenlegungspflichten entfallen.

Risikomanagement und Diversifizierung der Risiken

1.7

Es sollte die Möglichkeit erwogen werden, insbesondere im Falle des Arbeitnehmersparens eine Diversifizierung des Wertpapierbestandes in den Investitionsfonds vorzuschreiben und sich dabei auf bestehende Modelle zu stützen (s. auch Ziffer 1.2).

1.8

Die Krise des amerikanischen Subprime-Marktes hat sich auch auf andere Segmente des Finanzmarktes und auf die EU ausgebreitet. Aufgrund der fragmentierten Überwachungsstruktur, die eine angemessene Reaktion verlangsamen würde, ginge eine europäische Bankenkrise wahrscheinlich mit erheblichen Kosten einher. Nach dem Subsidiaritätsprinzip sollten die großen Kreditinstitute einer Überwachung auf europäischer Ebene unterliegen. Der Ausschuss fordert diese Institute sowie die Kommission und den Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) dazu auf, gemeinsam die einschlägigen Modalitäten festzulegen und die Kriterien für die Ermittlung der betreffenden Banken aufzustellen.

1.9

Im Falle eines delegierten Fondsmanagements, durch das das entstehende Verwaltungsrisiko diversifiziert wird, würde eine Verlängerung der Managementaufträge einen langfristigeren Ansatz unterstützen und Spekulationen über die Arbitrage hinaus einschränken. Dadurch sollen verzerrtes kurzfristiges Denken und der Wettlauf um Renditen durch Spekulationen der Anbieter von Fondsmanagementdienstleistungen eingeschränkt werden.

1.10

Die Ratingagenturen, die insofern, als sie die Investitionsbanken dabei unterstützen, Finanzderivate aufzulegen, zu bewerten und auf den Markt zu bringen, zugleich die bewertende Instanz und Interessenträger sind, sollten transparenter gestaltet werden.

Die finanzielle Strategie und das europäische Sozialmodell in Einklang bringen

1.11

Angesichts der Tatsache, dass die sozial verantwortlichen Investitionen (4) derzeit nur einen geringen Anteil des Anlagevolumens (5) der eher langfristig ausgerichteten Pensionsfonds ausmachen, könnte die Gewährung steuerlicher Vorteile diese dazu anregen, Qualität und soziale Verantwortlichkeit in ihre Anlagepolitik aufzunehmen.

1.12

Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen darüber wachen, dass die soziale Verantwortung der Unternehmen sich auf alle Betroffenen erstreckt, darunter auch auf die Anlagefonds, die die Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, beeinflussen und sie mitunter leiten. In diesem Zusammenhang stellt der EWSA die Frage nach der Anwendung der Richtlinie zur Unterrichtung bzw. Anhörung der Arbeitnehmer auf Holdinggesellschaften (6) und fordert, wenn diese Holdinggesellschaften darin nicht berücksichtigt wurden, eine Revision dieser Richtlinie.

1.13

Zusätzlich müsste die Richtlinie über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen (7) aktualisiert werden, damit sie sich auch auf den Übergang von Unternehmen durch die Übertragung seiner Aktien erstreckt. Auf diese Weise würden die Rechte der Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung besser gewahrt.

1.14

Die Statistiken über die Löhne und Gehälter (oder sogar über die Einkommen) müssten mindestens in Quintilen angelegt werden, um die Auswirkungen der Lohnpolitik auf die Preisstabilität besser bewerten zu können.

1.15

Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bilden einen Grundpfeiler des europäischen Sozialmodells. Sie sind auch ein attraktives Ziel für fremdfinanzierte Übernahmen durch Private-Equity-Fonds, da sie einen hohen Cashflow erwirtschaften, sich in einer (Quasi-)Monopolstellung befinden, nur gering verschuldet sind und hohe Betriebskosten aufweisen. Damit den Verbrauchern und Bürgern kein Schaden entsteht und der Zusammenhalt nicht beeinträchtigt wird, wiederholt der EWSA seine Forderung, „auf Gemeinschaftsebene gemeinsame grundlegende Prinzipien für alle Dienstleistungen von allgemeinem Interesse festzulegen, die in einer Rahmenrichtlinie festzuhalten sind und ggf. für die einzelnen Wirtschaftszweige durch Richtlinien für einzelne Bereiche spezifiziert werden können“ (8).

Gerechte Besteuerung

1.16

Es sollte unter Berücksichtigung des Prinzips der Subsidiarität über Regelungen nachgedacht werden, die die steuerliche Absetzbarkeit der Sollzinsen im Falle einer Unternehmensübernahme einschränken, was einige Staaten bereits in Angriff genommen haben oder in Kürze in Angriff nehmen werden (Dänemark, Deutschland, Vereinigtes Königreich).

1.17

Im Rahmen der bereits von der OECD geleisteten Arbeiten und zur weiteren Bekämpfung des durch die Steuerparadiese bestehenden unfairen Wettbewerbs sollte die Möglichkeit erwogen werden, die Besteuerungsregelungen zu ändern, so dass die Steuerbemessungsgrundlage für die Hedge-Fonds in der Praxis nach dem Ort, wo der Manager seine Tätigkeit faktisch durchführt, festgelegt wird, denn im Allgemeinen operieren die Manager von den großen Städten der OECD-Länder aus. Daher sollte der anzuwendende Steuersatz auch nicht der für den Kursgewinn, sondern der für normale Einkünfte sein.

1.18

Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Entscheidungen für sehr kurzfristige Investitionen in den Steuerparadiesen (offshore) getroffen werden, fordert der EWSA den Rat, die Kommission und die EZB auf, über Maßnahmen nach Artikel 59 EG-Vertrag nachzudenken (9).

1.19

Der Ausschuss unterstreicht die Bedeutung einer intensivierten Koordinierung der steuerpolitischen Maßnahmen einschließlich der Festlegung von Mindestwerten, vor allem für die verschiedenen Formen der Kapitalbesteuerung. Die Rechtfertigung für eine derartige Politik liegt im zweifachen Interesse der Gleichbehandlung und der wirtschaftlichen Effizienz.

2.   Einleitung

2.1

In den letzten 25 Jahren ist es zu tief greifenden Veränderungen in der Weltwirtschaft gekommen. Als Ursache für diese Entwicklung wird in der Regel die Globalisierung genannt, wobei deren finanzielle Dimension sowie die Entstehung eines globalen Finanzmarktes jedoch nicht ausreichend berücksichtigt werden.

2.2

Obwohl sich die Medien und die politischen Entscheidungsträger nach wie vor auf das BIP als Indikator konzentrieren, müssen die Gegebenheiten differenzierter betrachtet werden, um der Wirklichkeit angemessen Rechnung zu tragen. 2002 belief sich das globale BIP auf 32 Trillionen US-Dollar; diese Summe mag zwar auf den ersten Blick astronomisch erscheinen, im Vergleich zum Volumen sämtlicher nicht im BIP erfasster Finanzgeschäfte, das mit 1 123 Trillionen 35 Mal höher ist, macht sie sich aber verschwindend gering aus!

Die Weltwirtschaft (in Trillionen US-Dollar, 2002)

Handel und Produktion

 

Abwicklungswährung

 

Derivatgeschäfte

699

USA (Dollar)

405,7

Devisengeschäfte

384,4 (10)

Eurozone (Euro)

372,9

Finanztransaktionen

39,3

Japan (Yen)

192,8

Güter- und Dienstleistungsgeschäfte

(globales BIP)

32,3

Andere Währungsgebiete

183,6

Gesamt (Interbankengeschäfte)

1 155

Gesamt (Interbankenzahlungen)

1 155,0

Quelle: François Morin: „Le Nouveau mur de l'argent: Essai sur la finance globalisée“, 2006

2.3

Institutionelle Investoren gelten als treibende Kraft hinter der Globalisierung der Finanzwirtschaft. Durch sie fanden auch die aus dem angelsächsischen Raum stammenden Gepflogenheiten der Corporate Governance (Schutz von Minderheitsaktionären, Verpflichtung zu Transparenz, rege Mitsprache institutioneller Anleger bei Jahreshauptversammlungen und Wandel der Beziehungen zwischen Aktionären, Unternehmensleitung und Arbeitnehmern) Verbreitung. Darüber hinaus kamen Kreditderivate auf — neuartige Finanzinstrumente, die eine Streuung der Risiken erlauben, die man fest an bestimmte Wertpapiere geknüpft glaubte. Diese Veränderungen wurden durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglicht bzw. beschleunigt.

2.4

Wichtig ist der Hinweis, dass die institutionellen Anleger im weitesten Sinne Strategien einsetzen, die sich je nach ihrem Anlagehorizont unterscheiden. Einige führen Arbitragegeschäfte durch, die zur Stabilisierung der Finanzmärkte beitragen, während andere, darunter die Pensionsfonds, sehr langfristigen Engagements genügen müssen. Auch kann man unter derselben Bezeichnung sehr Unterschiedliches finden; dies gilt zum Beispiel für die Private-Equity-Fonds, von denen einige auf fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen (leveraged buy-out) spezialisiert und 3 bis 5 Jahre in einem Unternehmen investiert sind; andere wiederum betätigen sich als business angels, die innovative KMU mit Risikokapital versorgen und ihr Engagement bis zu 15 Jahren aufrecht halten (11).

 

Haltedauer

 

Aktien

Anleihen

Hedge-Fonds

1 bis 5 Monate

1 bis 5 Monate

Sonstige Investitionsfonds

9 Monate bis 1 Jahr

1 bis 6 Monate

Versicherungen

20 bis 40 Monate

6 Monate bis 2,5 Jahre

Privatleute

3 bis 5 Jahre

8 Monate bis 4 Jahre

Quelle: Natixis, „L'effet de la présence des hedge funds sur l'équilibre des marchés financiers“, Recherche économique, N°2007-04

2.4.1

Allerdings stehen diese Akteure zuweilen in einer engen Wechselbeziehung miteinander. So stammten beispielsweise 24 % des 2005 durch Private-Equity-Fonds aufgebrachten Kapitals von Pensionsfonds, 18 % von Handels- und Investmentbanken und 11 % von Versicherungsgesellschaften (12). Eine immer wichtigere Funktion der Investmentfonds und andere Vermögensverwaltungsgesellschaften ist die Vermögensverwaltung im Auftrag von Pensions- und Versicherungsgesellschaften.

2.5

Die institutionellen Anleger, die sich in den angelsächsischen Ländern bereits vor 20 Jahren in gewissem Umfang entwickelt haben, richten ihr Augenmerk nun nach und nach auf Kontinentaleuropa. Auch in zahlreichen Mitgliedstaaten wurden Fonds geschaffen. Heute wird immer noch die Hälfte der in den Händen von Fonds befindlichen Vermögenswerte durch amerikanische Investoren kontrolliert.

2.6

Schätzungen zufolge stehen institutionelle Anleger hinter 80 % des Börsenhandels. Somit scheint es nicht realistisch, Investitionen zu tätigen, die denjenigen dieser finanzstarken Akteure zuwiderlaufen. Auch beim transnationalen Aktienbesitz sind sie führend. Eine Eurobarometer-Erhebung (Herbst 2005) ergab, dass nur 1 % der Privatanleger Aktien ausländischer Unternehmen besitzen und nur 3 % den Kauf ausländischer Aktien erwägen! Zudem nehmen nur sehr wenige Privatanleger aktiv an den Jahreshauptversammlungen teil, während die institutionellen Anleger seit einigen Jahren auf dieser Bühne verstärkt Präsenz zeigen und entschlossen agieren.

2.7

Gegenstand dieser Stellungnahme sind in erster Linie die börsennotierten Gesellschaften, da sie auf den Börsenmärkten aktiv sind. In der Regel handelt es sich dabei um Großunternehmen. Da sie einen entscheidenden Einfluss auf die Beschäftigungssituation und das Verhalten der übrigen Unternehmen haben, wirkt sich der Wandel in diesen Unternehmen jedoch immer auch auf die Wirtschaft und die Gesellschaft als Ganzes aus:

ein Drittel der europäischen und die Hälfte der amerikanischen Arbeitnehmer sind bei einem Großunternehmen beschäftigt;

sie sind vor allem in der Förderindustrie, im Verkehr, in der Telekommunikation und in den Dienstleistungen für Unternehmen — also in Kernbranchen — anzutreffen;

sie beeinflussen auch die Funktionsweise der KMU über Zulieferverhältnisse und finanzielle Beteiligungen.

3.   Konvergenz der Corporate-Governance-Systeme (13)

3.1

Im Allgemeinen unterscheidet man zwei Systeme von Corporate Governance, je nach den Einrichtungen und Verfahrensweisen zur Führung, Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens, nach den Beziehungen zwischen den Beteiligten und den Zielen des Unternehmens.

Kennzeichen des angelsächsischen Systems sind Unternehmen mit Streubesitz und institutionellen Anlegern, die sehr präsent sind, obwohl sie nicht an der Führung des Unternehmens beteiligt sind. Auch wenn die Anleger im Allgemeinen jeweils nicht mehr als 3 % der Wertpapiere besitzen, üben sie doch ihren Einfluss durch Verkäufe aus, die sie durchführen oder auch nur ankündigen. Dieses System ist typisch für Staaten, in denen zahlreiche Unternehmen börsennotiert sind.

Das kontinentaleuropäische System, das auch für die Mehrzahl der übrigen Länder, darunter Japan, gilt, ist durch Anleger gekennzeichnet, die Aktienpakete in der Größenordnung von 10 bis 20 % des Wertpapierbestandes halten, was ihnen eine tatsächliche Kontrolle über das Unternehmen ermöglicht. Diese Anleger sind der Staat, die Banken oder andere Unternehmen, und sie nehmen unmittelbar Einfluss auf das Management des Unternehmens. Im Gegensatz zum ersten System sind hier auch die Beschäftigten in gewisser Weise in die Unternehmensbelange eingebunden. Das extremste Beispiel dafür ist die „Mitbestimmung“ in Deutschland.

3.2

In den vergangenen zwei Jahrzehnten konnte eine Angleichung des kontinentaleuropäischen Systems an das angelsächsische System festgestellt werden. U.a. folgende Faktoren begünstigten diesen Konvergenzprozess: die Einheitliche Europäische Akte und die Privatisierung öffentlicher Unternehmen; die Steuerreformen in Deutschland insbesondere bezüglich der Kursgewinne an der Börse, die die Banken dazu veranlasst haben, ihre Industrieanteile zu verkaufen; die den institutionellen Investoren in den USA vom amerikanischen Ministerium für Arbeit auferlegte Verpflichtung, ihr Stimmrecht wahrzunehmen (1988 und 1994); eine florierende Wirtschaft in den Vereinigten Staaten in den 90er Jahren, die der relativen Stagnation in den kontinentaleuropäischen Staaten gegenüberstand; die Notierung großer Unternehmen an mehreren Börsenstandorten; die neuen internationalen Standards für die Rechnungslegung.

3.3

Dennoch gibt es eine gewisse Vielfalt an nationalen bzw. regionalen Ausformungen der Marktwirtschaft. Gründe dafür sind:

die nationale Vielfalt der Wirtschaftseinrichtungen hinsichtlich des geltenden Rechts, der Politik und Kultur sowie der Mittelausstattung;

die Wechselbeziehung zwischen den Kapital- und Arbeitsmärkten, den rechtlichen Bestimmungen und den Normen, die das Funktionieren der Unternehmen bestimmen;

die Kosten eines Systemwechsels, denn die Änderung eines der genannten Elemente gefährdet die Gesamtkohärenz.

4.   Wirtschaftliche Auswirkungen

4.1

Der Aufstieg der institutionellen Anlieger hat den Zugang zu den Finanzmärkten demokratisiert und zu einer besseren Diversifizierung der Portfoliorisiken beigetragen, indem das Fachwissen von Vermögensverwalterstäben verfügbar gemacht wird. Durch die Bündelung der Ersparnisse der Privatanleger steht mehr Kapital zur Verfügung, was eine bessere Diversifizierung ermöglicht, die das Risiko für den Einzelanleger minimiert. Die OGAW gestatten Privatanlegern mit kleinen Vermögen und geringen Kenntnissen des Marktes eine potenziell hohe Kapitalrentabilität. Die Kapitalkonzentration in den Händen der institutionellen Anleger senkt die Verhandlungskosten für Unternehmen und öffentliche Verwaltungen, da sie nur mit einem Gesprächspartner verhandeln müssen.

4.2

Die institutionellen Anleger jedweder Couleur (Hedge-Fonds, Pensionsfonds, Banken und Versicherungen, Private-Equities …) verwalten Vermögenswerte von 300 Millionen Privatanlegern hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten, Europa und Japan (14). Ihr Ziel ist die Renditenmaximierung für ihre Auftraggeber unter Berücksichtigung von deren Risikobereitschaft.

4.3

Der wachsende Anteil von Investitionsfonds an den Vermögenswerten der Privatanleger wirkt sich für Verbraucher und Privathaushalte zwangsläufig dahingehend aus, dass ihre Vermögenswerte stärker dem Marktrisiko ausgesetzt sind (15).

4.4

Neben den OGAW und den Versicherungen sind die Pensionsfonds in der Öffentlichkeit bekannt. Sie werden als eine mögliche Lösung zur Abfederung der durch die Bevölkerungsalterung entstehenden Kosten dargestellt. Es wird zwischen zwei Typen unterschieden: Produkte mit festgelegter Leistung oder Produkte mit festgelegtem Beitrag. Im ersten Fall wird das Risiko durch die Träger bzw. den Arbeitgeber, im zweiten Fall durch den Endanleger getragen. Obwohl der zweite Typ ein höheres Risiko in der Struktur der Vermögenswerte aufweist, erfährt er einen Zuwachs, da die Träger bestrebt sind, ihr Risiko, das sich aus der langfristigen Bindung ergibt, zu minimieren. Bei Arbeitnehmern finden zunehmend solche Anlageformen Anklang, die eine potenziell überlegene Rendite und eine einfachere Übertragbarkeit der Ansprüche auf andere Arbeitnehmer bieten. (16)

4.5

Die Vermögensverwaltung wird von den Fonds selbst durchgeführt, sehr oft aber auch (ganz oder teilweise) an Gegenseitigkeitsfonds oder sonstige Vermögensverwaltungsgesellschaften delegiert. Der theoretische Anlagehorizont ist dabei zwar lang, die Performance der Vermögensverwaltung wird jedoch kurzfristig und über die Rendite bewertet. Dies erklärt den stark angestiegenen Anteil der Aktien am Gesamtvermögen und hat zum Preisanstieg der Vermögenswerte beigetragen.

4.6

Die Konvergenz der Corporate-Governance-Modelle, die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie, das stärkere Engagement der institutionellen Anleger und ihre Renditevorstellungen haben Großunternehmen dazu veranlasst, die Rendite ihrer Aktien (Dividenden und Kursgewinne) um jeden Preis zu maximieren. Dabei wurden Aspekte wie die Generierung künftiger Cash-Flows oder die im Rahmen des europäischen Sozialmodells propagierte Partnerschaftlichkeit in den Hintergrund gedrängt.

4.7

So entstand ein neuer Unternehmensführungsstil. Charakteristisch für diesen Stil ist der proaktive Strategiewandel, bei dem es um die kontinuierliche Mehrung des Aktionärsvermögens (shareholder value) geht und weniger um die mittel- bzw. langfristige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die dadurch gefährdet werden kann: Aktienrückkäufe durch das Unternehmen (shares buyback) zur besseren Darstellung der Nettoeigenkapitalrendite; Fusionen und Übernahmen, die zuweilen jeglicher wirtschaftlichen Logik entbehren; die Kappung von Geschäftsbereichen eines Unternehmens und die Integration von Aufgaben in die Aktivitäten der Unternehmensgruppe, um die Diversifizierung des Investmentportofolios zu erleichtern; Unternehmensverlagerungen; die Verkleinerung der Belegschaften und die Flexibilisierung der Arbeitsverträge zur Senkung der Fixkosten oder zur Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten (17).

4.8

Allgemein hat die Forderung einer hohen effektiven Rendite auf Eigenkapital — 10 bis 20 % je nach Branche — destabilisierende makroökonomische Folgen: Renditen in dieser Größenordnung sind nur über ein Profitwachstum zu erreichen, das weit über dem BIP liegt. Dies hat neben anderen Faktoren (Migration, Unternehmensverlagerungen, Importanstieg…) dazu beigetragen, den relativen Wohlstand der Kapitaleigner zu mehren. Tatsächlich lässt sich in den europäischen Ländern eine Umverteilung des Mehrwerts beobachten. Den Daten der Kommission, der OECD und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge ist der Prozentanteil der Löhne und Gehälter am BIP im EU-15-Durchschnitt von 71,5 % in den 80er Jahren auf 66,7 % im Jahr 2004 gesunken. Diese Verschiebung um beinahe 5 Prozentpunkte des BIP zeigt sich in einem entsprechenden Anstieg der Einkommen aus Kapital (Gewinne).

4.8.1

Diese Umverteilung des Wohlstands wirkt sich makroökonomisch betrachtet deflationär aus: Zwar wächst die Gesamtersparnis, da sich die Kaufkraft der Arbeitnehmer aber nur geringfügig erhöht, ist ihre Nachfrage nicht dynamisch genug, wodurch sich für die Unternehmen wiederum keine Investitionsanreize bieten. Da ein Großteil der Gewinne an die Aktionäre zurückfließt (durch Dividenden und Steigerung des Aktienwertes), entsteht überschüssige Liquidität, wodurch sich das Phänomen „hochschaukelt“.

4.8.2

Da die wichtigsten OECD-Länder um ausländische Direktinvestitionen konkurrieren, die durch überschüssige Liquidität stimuliert, aufgrund der nachlassenden Konjunktur auf ihrem Heimatmarkt aber gebremst werden, haben sie überdies einen Steuersenkungskurs eingeschlagen, der ihre öffentlichen Haushalte belasten könnte, sofern die Staatsausgaben — ausgenommen die Sozialausgaben (vgl. Bevölkerungsalterung) — nicht verringert werden.

4.8.3

Somit kommen fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen (leveraged buyout), da Schuldzinsen in vielen Ländern steuerlich absetzbar sind, einer Art Beihilfe der öffentlichen Hand für privates Beteiligungskapital gleich, das dadurch eine Vorzugsbehandlung erfährt. Neben dem Problem der Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten anderer Wirtschaftsakteure, die solche Verfahren nicht nutzen, haben fremdfinanzierte Unternehmenskäufe auch Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte. Aus einer Studie des dänischen Steuerministeriums (18) geht hervor, dass sich die Ausfälle in Dänemark bis in zwei Jahren bei ansonsten gleichen Voraussetzungen auf 25 % der Gesamteinnahmen aus der Körperschaftssteuer belaufen könnten. Ähnliches gilt für die meisten europäischen Länder und die Eurozone, für die die Haushaltskriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts gelten.

4.8.4

Was die Gehälter der Fondsmanager anbelangt, so unterliegen die 20 % der Gewinnbeteiligung, die für gewöhnlich auf Erträge ab einer bestimmten Schwelle zu zahlen sind, in der Regel einem niedrigeren auf die Kursgewinne angewandten Steuersatz und nicht dem höheren Steuersatz auf normale Einkommen. Dies ist durch nichts gerechtfertigt, tragen sie doch selbst nur äußerst geringfügig zum Kapital bei. Diese Situation wirft ein Problem der steuerlichen Ungleichbehandlung zwischen diesem Personenkreis und anderen, stärker besteuerten Arbeitnehmern auf.

4.9

Nicht nur das Wesen und die Strategie der Unternehmen haben sich gewandelt, sondern auch die Rolle des Vorstandsvorsitzenden. Noch vor zehn Jahren war es seine Aufgabe, das Unternehmen und dessen Vermögenswerte im Interesse aller Beteiligten zu verwalten. Heutzutage geht es für den Vorstandsvorsitzenden vor allem darum, Nettogewinne für die Investoren zu erwirtschaften. Die Anzahl der erzwungenen Rücktritte von Vorstandsvorsitzenden aufgrund von Renditen, die hinter den Erwartungen der Aktionäre zurückbleiben, erreichte 2005 einen Höhepunkt; zehn Jahre früher mussten vier mal weniger aus diesem Grund zurücktreten. Mehr als ein Siebtel der Unternehmen erhielt eine neue Unternehmensleitung; noch vor zehn Jahren war es nur ein Elftel. Auch wurde die Dauer der Arbeitsverträge der Vorstandsvorsitzenden verkürzt. Diese immer schnellere Ablösung ist insofern problematisch, als dass notwendige Neuausrichtungen von Unternehmen für gewöhnlich drei oder vier Jahre dauern, bis sie umgesetzt sind.

4.9.1

Da sich aber in vielen Verwaltungsräten keine Nachfolger für einen abtretenden Vorstandsvorsitzenden finden lassen, kann dadurch eine Kaskade steigender Vorstandsgehälter ausgelöst werden, denn einerseits versuchen andere Arbeitgeber, Führungskräfte abzuwerben, während der aktuelle Arbeitgeber daran interessiert ist, sie zu halten. Deshalb bedauert die überwältigende Mehrheit der institutionellen Investoren die ihrer Meinung nach exorbitante Besoldung der Führungskräfte (90 %) und die fehlenden positiven Auswirkungen auf die Leistung des Unternehmens (78 %) (19).

4.9.2

Zwar scheinen die Unternehmen zunehmend vom Gebrauch von Aktienoptionen, die zu Interessenkonflikten und zu großen Skandalen geführt haben, abzurücken. Dennoch ist die Praxis der „goldenen Fallschirme“ und anderer Gratifikationen für Vorstandsvorsitzende, die nichts zur Verbesserung der Unternehmensleistung (in punkto Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung) beizutragen vermochten, in den Augen der Öffentlichkeit schockierend.

5.   Zusammenhalt bzw. soziale Ungleichheiten

5.1

Auf der einen Seite wurden zwar die hohen Ausschüttungen für die Aktionäre in der Vergangenheit häufig mit den Risiken begründet, unter denen sie ihr Kapital einsetzen, aber dieses Argument ist durch die Entwicklungen der letzten Jahre schwer erschüttert worden.

5.1.1

Die Verantwortung beschränkt sich auf ihre eigene Einlage, und die Übertragbarkeit ihrer Aktiva, bedingt durch eine aufgrund der neuen Technologien und ihre weltweite Verbreitung wachsende Liquidität der Finanz- und Börsenmärkte, reduziert das Risiko, das sie tragen, um ein erhebliches Maß und gibt ihnen nie gekannte Möglichkeiten des Ausstiegs und der Diversifizierung.

5.2

Auf der anderen Seite haben Wirtschaftswissenschaftler eine Saisonabhängigkeit der betriebsbedingten Kündigungen festgestellt, die im Januar und Juni am häufigsten auftreten, also zur Zeit der Festlegung und Revision der jährlichen Unternehmenshaushalte. Daraus wurde geschlossen, dass die Kündigungen weniger aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus erfolgten, sondern eher dazu dienten, die Bilanzen zu verbessern (20).

5.2.1

Im Übrigen ist ein Trend zur Individualisierung der Arbeitsverträge sowie der Löhne und Gehälter wie auch eine Vielzahl atypischer Arbeitsverträge, wie z.B. befristete oder Zeitarbeitsverträge, festzustellen, durch die ein Teil der Fixkosten für die Lohnzahlung in variable Kosten umgewandelt und damit der Profit, d.h. die Rendite pro Aktie (Eigenkapitalrendite, return on equity), gesteigert werden soll. 1992 hatten 25,4 % der Arbeitnehmer einen befristeten oder Zeitarbeitsvertrag, und 2005 war dieser Wert auf 33 % angestiegen. Die Verbreitung dieser Art prekärer Verträge hat in diesem gesamten Zeitraum (außer 2005) stärker zugenommen als die Schaffung von Arbeitsplätzen, und was die befristeten Verträge angeht, so führten sie nur in 33 % der Fälle zu einer unbefristeten Beschäftigung, in 22 % der Fälle in die Arbeitslosigkeit und in 39 % der Fälle zu einem weiteren befristeten Vertrag (21).

5.2.2

Daraus ergeben sich neue Risiken für Arbeitnehmer und Unternehmen:

die Unternehmen investieren nicht in diese mobilen Arbeitskräfte, die sich wiederum nicht sehr anstrengen, da sie sich mit dem Unternehmen weniger stark verbunden fühlen und fürchten, aus den Weiterbildungsmaßnahmen keinen positiven Nutzen ziehen zu können (22), (23);

in einer Wissensgesellschaft ist das Humankapital in verstärktem Maße unternehmensspezifisch geschult und daher nur schwer ersetzbar, d.h. es kann nicht ohne Weiteres von einem Unternehmen in ein anderes verlagert werden; (24)

die Arbeitnehmervertreter sind nicht mehr in der Lage, ihre Gesprächspartner, an die sie sich im Rahmen des sozialen Dialogs zu wenden haben, auszumachen, da ihr „Unternehmensleiter“ aus einer diffusen Menge fluktuierender, gesichtsloser Anteilseigner besteht;

die Arbeitnehmer werden zu Konkurrenten:

auf globaler Ebene, weil die Produktionsmittel und das Finanzkapital eine hohe Mobilität aufweisen, weil die Zahl der Arbeitnehmer, die an der Wirtschaft teilhaben, sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks verdoppelt hat und weil insbesondere China und Indien die Weltbühne betreten haben;

auf nationaler Ebene wegen der hohen Arbeitslosenzahlen und der massiven Zunahme miserabler Beschäftigungsverhältnisse, durch die qualitativ hochwertige Arbeitsplätze in ihrem Wert noch steigen, und wegen des paradoxen Zustands bei der Aus- und Weiterbildung: einerseits gehört es zum guten Ton, darauf hinzuweisen, dass Aus- und Weiterbildung notwendig und die Kompetenzen nicht angemessen sind, andererseits ist fast jeder dritte Arbeitnehmer für die vom ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit überqualifiziert; weniger qualifizierten Arbeitnehmern oder Leiharbeitern werden nicht in ausreichendem Maße Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten;

dieser Wettbewerb ist umso lebhafter, als die Mobilität der Arbeitnehmer recht eingeschränkt ist: aufgrund der Beibehaltung von Übergangsfristen für die Gesetze über die Wirtschaftsmigration, laut denen der Zugang eines Ausländers zum Arbeitmarkt von einem Arbeitskräftemangel in bestimmten Berufssparten abhängt (politische Einschränkungen), aufgrund des Fehlens wirklicher Fortschritte bei der Übertragbarkeit von Ruhegehaltsansprüchen, aufgrund einer Überhitzung des Immobilienmarkts (sozioökonomische Einschränkungen) oder aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse (kulturelle Einschränkungen).

5.2.3

Zwischen den Anteilseignern und Arbeitnehmern muss ein neues Gleichgewicht gefunden werden. Das Ungleichgewicht zeigt sich nicht nur in dem Zerrbild der Einteilung des BIP in „Kapital“ und „Arbeit“ und den im Vorfeld genannten Faktoren, sondern auch in einer sprunghaften Entwicklung der Finanz- und Börsenmärkte im Laufe der letzten Jahre. Diese kontrastiert mit dem Arbeitsrecht, das sich zurückentwickelt hat, d.h. den Arbeitnehmern nicht genügend Schutz bietet (sowohl im Hinblick auf die Arbeitsverträge, als auch bei der Weiterbildung (25) beispielsweise). Das zeugt davon, dass die Flexibilität der Arbeit (und die prekäreren Beschäftigungsverhältnisse) für die Unternehmen zu einer Anpassungsvariablen wird.

Entwicklung je nach sozialem System

 

 

Börsenwert/BIP

Schutz der Arbeitnehmer

Durchschnitt

Land

1990

2003

1990

2003

Angelsächsisches System

UK, USA, Kanada, Australien

54

119

0,63

0,73

Skandinavisches System

FI, DK, SV

28

85

2,71

1,89

Kontinentaleuropäisches System

FR, DE, AT, BE, NL

30

59

2,79

2,30

Mediterranes System

IT, ES, EL

16

57

3,67

2,61

Japan

 

98

70

2,10

1,84

NB: Für die neuen Mitgliedstaaten liegen keine Angaben vor

Der Schutz der Arbeitnehmer wird durch den von der OECD für die Jahre 1990, 1998 und 2003 erstellten Indikator „EPL (employment protection legislation) Version 1“ erfasst. Er umfasst die Schutzbestimmungen regulärer und befristeter Beschäftigungsverhältnisse. Je näher der Wert an Null liegt, desto schwächer ist die Bestimmung zum Schutz der Arbeitnehmer. (EPL Version 2 enthält außerdem Informationen über Massenentlassungen, reicht jedoch nicht bis in das Jahr 1990 zurück.)

5.2.4

Obwohl sich unter den Arbeitnehmern eine Aktienkultur herausgebildet hat, kann diese die Situation nicht verbessern, da es sich bei den Anlegern in erster Linie und in unverhältnismäßig hohem Maß (in Bezug auf ihre Repräsentativität innerhalb der gesamten Arbeitnehmerschaft) um Beschäftigte handelt, die die höchsten Einkommen erzielen (im Allgemeinen Personen aus der Führungsebene).

5.2.5

Wenn man bedenkt, dass ein Wirtschaftssystem historisch gewachsen ist (siehe Ziffer 3.3), ist es leicht zu verstehen, dass die Konvergenz der Corporate-Governance-Systeme (siehe Ziffer 3.1 und 3.2) auf dem europäischen Festland im Hinblick auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit keine deutlich erkennbaren Auswirkungen gehabt hat, obwohl das europäische Sozialmodell vor allem auf einer sozialen Marktwirtschaft beruht, die ein im weitesten Sinne partnerschaftliches, über die ausschließlichen Interessen der Anleger hinausgehendes Handeln voraussetzt.

5.3

Unter dem Druck des wachsenden internationalen Wettbewerbs und der Rentabilitätsnormen befinden wir uns seit einigen Jahren in einer Phase starker Lohnmäßigung (26). Doch sind nicht alle wirtschaftlichen und sozialen Gruppierungen von diesem Phänomen betroffen.

5.3.1

Aus diesem Grunde sollten die Europäische Kommission, Eurostat und die EZB nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten (27) ihre Statistiken (mindestens) in Quintilen (28) anlegen, um besser ermitteln zu können, welche Personengruppen (sehr hohes Einkommen, sehr niedriges Einkommen, mittlere Einkommensgruppen) den globalen Anstieg der Lohnmasse und der Einkommen insgesamt verursachen. Auf diese Weise würden, in dem Bewusstsein, dass die Angehörigen dieser verschiedenen Gruppen eine unterschiedliche Konsumneigung (29) an den Tag legen, die der Preisstabilität drohenden Risiken besser eingeschätzt werden können (vgl. auch Ziffer 4.8.4).

6.   FuE und Innovation

6.1

Da die institutionellen Anleger dazu neigen, bei ihren Investitionsentscheidungen zu schauen, was die anderen Anleger machen, ist es denkbar, dass es dadurch zu Überinvestitionen in einigen Branchen und gleichzeitig zu Unterinvestitionen in anderen Branchen kommt, wie die Börsenkrise der Jahre 2000-2001 gezeigt hat.

6.2

Das Beispiel der skandinavischen Länder macht deutlich, dass es möglich ist, soziale und technologische Spitzenleistungen mit einem eher banken- als börsengestützten Finanzierungssystem zu kombinieren.

6.3

Durch die Private-Equity-Fonds wird das Risikokapital zur Verfügung gestellt, das zur Aufnahme neuer Tätigkeiten durch kleine Unternehmen (start-up) benötigt wird, doch ist diese Finanzierungsnische seit einigen Jahren im Niedergang begriffen (2003: weniger als 10 % ihrer Investitionen) (30). Die Aktivitäten der Private-Equity-Fonds konzentrieren sich dagegen mehr und mehr auf die buy-outs, Unternehmensaufkäufe (2003: mehr als 60 %) (siehe Ziffer 7: „Hebelwirkung und systemische Risiken“). Durch diese Tendenz werden die Investitionen übrigens auch nicht stimuliert, da in Anbetracht der mit dieser Tätigkeit verbundenen Risiken die Private-Equity-Fonds in erster Linie darauf angelegt sind, den Anlegern ihr Kapital zurückzuzahlen und ihnen Dividenden auszuschütten, nicht aber darauf, langfristige Investitionen zu tätigen.

6.4

Neben FuE sind so genannte „komplexe“ Interaktionen (31) ein Wettbewerbsfaktor, der für alle Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Diese komplexen Interaktionen umfassen Informationsaustausch, Meinungsbildung sowie die Koordinierung und Verfolgung weiterer Aktivitäten und verknüpfen im Austausch (von Gütern, Dienstleistungen und Informationen) mit anderen Arbeitnehmern, Kunden und Zulieferern verschiedene Formen des Wissens miteinander. Die Arbeitnehmer, die derartige Fähigkeiten einsetzen, machen heute bereits 25-50 % der Arbeitskräfte aus.

6.4.1

Die Unternehmen, die an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen wollen, können nicht länger auf die Standardisierung der Arbeit für die Beschäftigten, die zu komplexen Interaktionen fähig sind, oder auf ihre Ersetzung durch Maschinen setzen. Sie müssen vielmehr organisatorische Hindernisse beseitigen, eine Atmosphäre des Vertrauens unter ihren Mitarbeitern, aber auch zwischen den Mitarbeitern und dem Unternehmen selbst schaffen und ihnen die Möglichkeit geben, Entscheidungen zu treffen und rasch und problemlos zu kommunizieren. Die Stärke eines Unternehmens liegt folglich in seinem spezifischen kollektiven Wissen, das sich nur im Laufe der Zeit herausbildet.

6.4.2

Die Unternehmen verfügen heutzutage über einen sehr großen Handlungsspielraum, um die Produktivität der an komplexen Interaktionen beteiligten Arbeitnehmer zu verbessern. Für die übrigen Beschäftigten ist dies nicht in dem Maße der Fall. Das zeigt sich in den großen Leistungsunterschieden, die in den Branchen anzutreffen sind, in denen dieser Beschäftigungstyp von großer Bedeutung ist. Der soziale Dialog innerhalb einer Branche muss hier eine Rolle spielen, um insbesondere im Rahmen von Seminaren und Studien einen Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmen in Gang zu bringen.

6.4.3

Diese Hervorhebung der für ein Unternehmen spezifischen Kompetenzen lässt bestimmte Fragen bezüglich der Flexicurity aufkommen, die eine eher allgemeine Aus- und Weiterbildung vorsieht, um einen neuen Arbeitsplatz in einem anderen Unternehmen zu finden, das möglicherweise zu einer anderen Branche gehört als das Unternehmen, in dem der Arbeitnehmer bislang beschäftigt war.

7.   Hebelwirkung und systemische Risiken

7.1

Die von bestimmten Private-Equity-Gesellschaften betriebenen Buy-outs sind spekulativ und schuldenfinanziert. Sie gleichen einer Wette auf die Möglichkeit, in den folgenden 5 Jahren die von dem Zielunternehmen erwirtschafteten Erträge zur Kredittilgung nutzen und beträchtliche Gewinne erzielen zu können.

7.2

Im Jahre 1995 lagen diese Operationen in den Ländern Kontinentaleuropas in einer Größenordnung von 0,6 % des BIP, 2005 sogar bei 3 % (32). (Für das Vereinigte Königreich erreichen diese Zahlen 1 bzw. 7 %). Buy-outs sind nunmehr das Hauptbetätigungsfeld (70 %) der Private-Equity-Gesellschaften, während die Zufuhr von Wagniskapital nur einen geringfügigen, im Abnehmen begriffenen Teil ausmacht (2005 waren es 5 %).

7.2.1

In der zweiten Jahreshälfte 2006 sendeten die Zentralbanken (EZB, Bank of England) und die Ratingagenturen (Standard and Poor's) verstärkt Alarmsignale. Sie reagierten damit auf die Überhitzung dieses Sektors (500 Milliarden US-Dollar), der 2005 im Vergleich zum Vorjahr 70 Milliarden US-Dollar mehr mobilisierte. Ihre Sorge gilt dem systemischen Risiko aufgrund der stark angestiegenen Verschuldung der Gesellschaften und der Zunahme von „Schrottanleihen“ (junk bonds), die besorgniserregende Ausmaße angenommen hat.

7.2.2

Die Währungshüter stehen dabei vor dem Dilemma, dass mit jeder Zinserhöhung diese Aktivität zwar gedämpft, zugleich aber die Lage der Unternehmen, die gegenwärtig dank der weltweiten überschüssigen Liquidität überleben, schwieriger wird.

7.2.3

Die Buy-outs werfen zwei gänzlich anders gelagerte Probleme auf, die jedoch nicht weniger bedeutungsvoll sind:

werden derartige Operationen durchgeführt, indem eine Holding eingerichtet wird, findet die Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer keine Anwendung. Dadurch wird die Partizipation hunderttausender europäischer Arbeitnehmer beschnitten;

die Investmentfonds können über fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen (LBO — leveraged buyout) im Namen der Gesellschaft, über die sie die Kontrolle gewinnen, einen Sitz im Verwaltungsrat großer europäischer Firmengruppen erlangen, die in strategischen Sektoren wie der Luft- und Raumfahrt tätig sind. Angesichts der Tatsache, dass einige amerikanische Fonds enge Verbindungen zu der Politik und den amerikanischen Nachrichtendiensten pflegen, könnte die technologische, militärische und politische Unabhängigkeit der EU insofern in Frage gestellt werden, als durch einen Sitz im Verwaltungsrat der Zugang zu vertraulichen Informationen gegeben ist (33).

7.3

Allgemein treiben mehrere verzerrende Faktoren die von den Private-Equity-Fonds angegebene Durchschnittsrendite künstlich nach oben. Da keinerlei Berichterstattungspflichten bestehen, legen nur die ertragsstärksten Private-Equitiy-Fonds ihre Ergebnisse offen, während diejenigen Fonds, die aufgrund schlechter Resultate geschlossen werden, einfach aus den Datenbanken verschwinden. Eine Studie der Citygroup ergibt, dass ein Aktienportfolio mit Unternehmen mittlerer Marktkapitalisierung („Mid-cap“) unter Berücksichtigung dieser Faktoren und bei Zugrundelegung eines Zeitraums von zehn Jahren renditenträchtiger ist. Unter Einbeziehung der Kosten für die Verwaltung und die Investition in diese illiquiden Vermögenswerte wird die reklamierte Performance noch geringer (34).

7.4

Bei den Hedge-Fonds handelt es sich um eine mehr als 1,5 Trillionen US-Dollar schwere Industrie. Zwar sind diese Fonds kein Novum, jedoch haben sie in den letzten 20 Jahren ganz wesentlich an Umfang zugelegt. An die Branche wird von Investorenseite, so etwa von Seiten der Pensionsfonds, die Forderung nach größerer Transparenz herangetragen. Diese Forderung führte unlängst dazu, dass verschiedene Ratingagenturen eine Bewertung der Kredite und des Risikos ausgearbeitet haben.

7.4.1

Aufgrund ihrer enormen Finanzkraft üben die Hedge-Fonds einen erheblichen Einfluss auf die Finanz-, Börsen- und Währungsmärkte aus, was Anlass zu weiterführenden Überlegungen geben könnte:

Die amerikanischen, englischen und kontinentaleuropäischen Finanzaufsichtsbehörden haben sich unlängst erneut darüber in Sorge gezeigt, dass die Investmentbanken den Hedge-Fonds die Erhöhung ihre Kreditaufnahmekapazität ermöglichen könnten, indem sie relativ illiquide Sicherheiten akzeptieren, deren Wert folglich im Falle einer Krise erdrutschartig fallen könnte. Zudem hegen sie Zweifel an den Offshore-Instrumenten. Hier können die amerikanischen Banken mit Hilfe der Hebelwirkung den Kreditrahmen der Hedge-Fonds über die gesetzlich erlaubten Grenzen hinweg ausdehnen.

Die Hedge-Fonds sind überdies in die „Carry-Trades“ involviert. Dabei handelt es sich um Finanzoperationen, bei denen ein Investor eine niedrig verzinste Währung (wie den Japanischen Yen oder den Schweizer Franken) leiht, um in eine höher verzinste Währung zu investieren (Australischer Dollar). Banken, darunter die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), und Wirtschaftswissenschaftler sind zunehmend davon überzeugt, dass diese für die Hedge-Fonds sehr gewinnträchtigen Operationen eine Erklärung für die Schwäche des Yens ist, der Ende Januar gegenüber dem US-Dollar einen Vierjahrestiefststand erreichte. Ein Zinsschock der japanischen Währung (bei einer Zinserhöhung in Japan aufgrund der Wirtschaftsbelebung im Land) könnte eine Finanzkrise auslösen. Die spekulativen Carry-Trades haben nach Einschätzung von Barclays Capital nach der Russlandkrise im Jahre 1998 einen Höchststand erreicht.

7.5

Die Derivate gestatten es den Banken, Risiken aus ihren Bilanzen „auszulagern“, indem sie sie in komplexe Finanzprodukte konvertieren, die wiederum handelbar sind. Dadurch wird das Risiko zwar „atomisiert“, andererseits jedoch in die Wirtschaft „injiziert“ und an Akteure weitergereicht, die möglicherweise keinen Aufsichtsregeln unterliegen.

7.5.1

Zwar ist die statistische Wahrscheinlichkeit eines großen Finanzkollapses mit systemischen Auswirkungen im Lauf der Zeit kleiner geworden, er bleibt aber durchaus möglich. Dann wären die Schäden größer als in der Vergangenheit, weil nunmehr engere Verbindungen zwischen den Institutionen und den Märkten bestehen, die sich aus den Finanzinnovationen ergeben; diese Innovationen haben die bessere Integration der Märkte sowie Unternehmensfusionen und -übernahmen in der Banken- und Versicherungsbranche ermöglicht (35).

7.5.2

Aufgrund der in den letzten Jahren verwendeten, immer stärkeren Hebelwirkung, die per Definition nicht in den Bilanzen erscheint, erweist sich eine realistische Abschätzung der „auf dem Spiel“ stehenden Geldmenge und des Risikos, dem das Wirtschaftssystem ausgesetzt ist, als unmöglich.

Brüssel, den 26. September 2007

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Stellungnahme des EWSA „Überprüfung des Binnenmarktes“, INT/332.

(2)  Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) — ABl. L 375 vom 31.12.1985, S. 3-18.

(3)  Auf der von der Europäischen Kommission im März 2007 veranstalteten Konferenz „Increasing financial capability“ wurde darauf hingewiesen, dass der im Auftrag des britischen Finanzministers Gordon Brown erstellte Sandler-Bericht diesbezüglich interessante Überlegungsansätze enthält.

(4)  Vgl. insbesondere die im Rahmen der Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP FI) durchgeführten Arbeiten, darunter den Bericht „A legal framework for the integration of environmental, social and governance issues into institutional investment (Ein Rechtsrahmen für die Einbindung der Themen Umwelt, Soziales und Governance in die institutionellen Investitionen)“ (2005).

(5)  Vgl. insbesondere die im Rahmen der Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP FI) durchgeführten Arbeiten, darunter den Bericht „A legal framework for the integration of environmental, social and governance issues into institutional investment (Ein Rechtsrahmen für die Einbindung der Themen Umwelt, Soziales und Governance in die institutionellen Investitionen)“ (2005).

(6)  Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft — Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zur Vertretung der Arbeitnehmer — ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 29-34.

(7)  Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen — ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16-20.

(8)  Vgl. ABl. C 309 vom 16. Dezember 2006, „Zukunft der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“

(9)  „Falls Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen, kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB gegenüber dritten Ländern Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten treffen, wenn diese unbedingt erforderlich sind.“

(10)  davon entfallen 8 auf internationale Handelstransaktionen

Quelle: François Morin: „Le Nouveau mur de l'argent: Essai sur la finance globalisée“, 2006

(11)  Im Folgenden sollen einige grobe Merkmale zur besseren Unterscheidung zwischen Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften gegeben werden. Hedge-Fonds operieren mit handelbaren Vermögenswerten, also mit Aktien, aber auch mit Rohstoffen, Kreditderivaten etc. Sie setzen verschiedene Strategien ein, um das von ihnen verfolgte Ziel eines möglichst hohen Gewinns zu erreichen. Bei der Investition in eine Aktiengesellschaft begnügen sie sich mit einem kleinen Anteil der Unternehmensaktien, engagieren sich jedoch sehr stark, um Einfluss auf die Unternehmensführung auszuüben. Private-Equity-Gesellschaften hingegen wollen an einem Unternehmen profitieren, indem hauptsächlich die fremdfinanzierte Unternehmensübernahme eingesetzt wird. Ist das Unternehmen dann keine börsengehandelte Gesellschaft mehr, entfallen die Offenlegungspflichten. Nach einer völligen Umstrukturierung über den Zeitraum von einigen Jahren hinweg zieht sich die Private-Equity-Gesellschaft aus der Investition zurück.

(12)  M. Aglieta „The surge in private equity“, 2007.

(13)  James Shinn: Private profit or public purpose? Shallow convergence on the shareholder model, Princeton University, 2001. In den Studien werden 14 Länder behandelt: USA, Vereinigtes Königreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande und Spanien sowie China, Japan, Südkorea, Malaysia, Singapur und Taiwan. Roger M. Baker: Insiders, outsiders, and change in European corporate gouvernance, University of Oxford, 2006.

(14)  J. Peyrelevade, „Le capitalisme total“, 2005, S. 39-42.

(15)  Büro für wirtschaftliche Information und Vorhersagen, op cit. Der Anteil des Vermögens von Privathaushalten, der in Aktien, Gegenseitigkeitsfonds, Lebensversicherungen und Pensionen investiert ist, hat sich in Deutschland, Italien und Frankreich zwischen 1980 und 1998 mehr als verdoppelt und erreicht nunmehr beinahe 50 % in den beiden erstgenannten Ländern und 66 % in Frankreich. Im Vereinigten Königreich, obwohl das Ausgangsniveau dort bereits höher war, konnten diese Produkte einen Zuwachs von 52 % auf 76 % verbuchen.

(16)  Büro für wirtschaftliche Information und Vorhersagen, „La montée en puissance des investisseurs institutionnels: implications réglementaires“. Studie im Auftrag des französischen Senats, Januar 2003.

(17)  Vgl. insbesondere S. M. Bilger und K. F. Hallock „Mass layoffs and CEO turnover“, 2005 und die Veröffentlichung der Federal Reserve Bank Chicago „Assessing the impact of job loss on workers and firms“, April 2006.

(18)  Dänisches Steuerministerium „Status på SKATs kontrolindsats verdrrørende kapitalfondes overtagelse af 7 danske koncerner“, März 2007.

(19)  Watson Wyatt, „Corporate directors give executive pay model mixed reviews“, Juni 2006.

(20)  Plihon, D.: „Précarité et flexibilité du travail, avatars de la mondialisation du capital“, 2006.

(21)  KOM(2003) 728 endg.: „Die jüngsten Fortschritte in der Verbesserung der Arbeitsplatzqualität“.

(22)  Da das Humankapital mehr und mehr als wichtiger Faktor zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit in einer wissensbasierten Wirtschaft Anerkennung findet, ist es erstaunlich, dass es in den Vermögensbilanzen der Unternehmen nicht aufgeführt wird …

(23)  Europäische Beobachtungsstelle für Arbeitsbedingungen: „Fourth European Working Conditions Survey“, 2007, S. 49.

(24)  Vgl. Ziffer 6.4 ff.

(25)  Europäische Beobachtungsstelle für Arbeitsbedingungen: „Fourth European Working Conditions Survey“, 2007, S. 49.

(26)  Europäische Kommission, „The contribution of labour cost developments to price stability and competitiveness adjustment in the Euro Area“ (Die Entwicklungen der Arbeitskosten und ihr Beitrag zur Preisstabilität und Wettbewerbsanpassung in der Eurozone) in: Quarterly Report on the Euro Area, Band 6, Nr. 1, 2007.

(27)  Vgl. die Dreijahresuntersuchungen „US Survey of Consumer Finances“.

(28)  Einkommensverteilung in ansteigender Ordnung und unterteilt in fünf Teile mit jeweils der gleichen Anzahl an Beobachtungen.

(29)  Jüngere Arbeiten weisen in diese Richtung, vgl. insbesondere T. Piketty, E. Saez: „The evolution of top incomes: a historical and international Perspective“ (Die Entwicklung der Spitzengehälter in historischer und internationaler Perspektive), American Economic Review, 2006.

(30)  Deutsche Bank Research, „Private equity in Europe“, Januar 2005.

(31)  The McKinsey Quarterly, „Competitive advantage from better interactions“, 2006, Nr. 2.

(32)  Adrian Blundell-Wignall, „Private Equity Trends and Issues“, OECD, 2007.

(33)  B. Carayon, „Patriotisme économique: de la guerre à la paix économique“, 2006, S. 119.

(34)  Finanzausschuss des britischen Unterhauses: „Private equity : tenth report of session 2006-2007“.

(35)  Financial Times, 30. Januar 2007.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Abgelehnter Änderungsantrag

Folgender Änderungsantrag, auf den mehr als 25 % der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen entfielen, wurde im Laufe der Beratungen abgelehnt (Artikel 54 Absatz 3 der Geschäftsordnung):

Änderungsantrag zu den Ziffern 5.1 und 5.1.1

Die Ziffern 5.1 und 5.1.1 durch folgende Ziffer 5.1 ersetzen:

„5.1

Auf der einen Seite wurden zwar die hohen Ausschüttungen für die Aktionäre in der Vergangenheit häufig mit den Risiken begründet, unter denen sie ihr Kapital einsetzen, aber dieses Argument ist durch die Entwicklungen der letzten Jahre schwer erschüttert worden

5.1.1

Die Verantwortung beschränkt sich auf ihre eigene Einlage, und die Übertragbarkeit ihrer Aktiva, bedingt durch eine aufgrund der neuen Technologien und ihre weltweite Verbreitung wachsende Liquidität der Finanz- und Börsenmärkte, reduziert das Risiko, das sie tragen, um ein erhebliches Maß und gibt ihnen nie gekannte Möglichkeiten des Ausstiegs und der Diversifizierung.

5.1

Die Zahlungen an die Aktionäre müssen im Einklang mit den von den Unternehmen erwirtschafteten Ergebnissen stehen.“

Begründung

Beide Ziffern erscheinen zu kritisch gegenüber der Funktion der Anteilseigener als wichtige Akteure für die Entwicklung der Unternehmen. Zu behaupten, ihre Verantwortung beschränke sich „auf ihre eigene Einlage“, heißt, das Risiko herunterzuspielen, das sie bei ihren Investitionen in die Finanz- und Aktienmärkte eingehen. Die jüngste Krise dieser Märkte straft die Behauptung Lügen, die „neuen Technologien und ihre weltweite Verbreitung“ reduzierten „das Risiko, das sie tragen, um ein erhebliches Maß“. Eine Beschränkung der Rückflüsse an die Aktionäre könnte sich negativ auf die Entwicklung der Aktienmärkte auswirken.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: 65

Nein-Stimmen: 70

Stimmenthaltungen: 13


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