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Document 52005AE0250

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds“(KOM(2004) 493 endg.)

    ABl. C 234 vom 22.9.2005, p. 27–31 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    22.9.2005   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 234/27


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds“

    (KOM(2004) 493 endg.)

    (2005/C 234/08)

    Der Rat beschloss am 18. November 2004 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnten Vorlagen zu ersuchen:

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 18. Februar 2005 an. Berichterstatterin war Frau ENGELEN-KEFER.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 415. Plenartagung am 9./10. März 2005 (Sitzung vom 9. März) einstimmig folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung

    1.1

    Am 14. Juli 2004 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge zur Reform der Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007 bis 2013 verabschiedet. Diese Vorschläge sollen die bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Strukturfondsverordnungen ablösen. In der Begründung des Verordnungsvorschlages verweist die Kommission auf die erheblich verstärkten Disparitäten in der erweiterten Union sowie auf die Herausforderungen für die Union durch die Globalisierung, den wirtschaftlichen Strukturwandel und die demografische Entwicklung.

    1.2

    Vor diesem Hintergrund schlägt die EU-Kommission eine finanzielle Erhöhung der Strukturfondsmittel bei gleichzeitiger Konzentration auf prioritäre Ziele vor. Mit einer Mittelausstattung von 336,1 Mrd. EUR, das entspricht etwa einem Drittel des Haushaltes der Gemeinschaft, soll die zukünftige Strukturförderung

    gezielter auf strategische Schwerpunkte der EU ausgerichtet werden (Ziele von Lissabon und Göteborg, EU-Beschäftigungsstrategie),

    auf die ökonomisch schwächsten Regionen konzentriert,

    stärker dezentralisiert und die Umsetzung vereinfacht, transparenter und effizienter werden.

    1.3

    Dies soll durch eine Neudefinition der Ziele erreicht werden, nämlich Konvergenz, regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie territoriale Zusammenarbeit.

    Das Verordnungspaket umfasst

    eine allgemeine Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für alle drei Finanzinstrumente (EFRE, ESF, Kohäsionsfonds);

    je eine gesonderte Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF) und den Kohäsionsfonds;

    eine neue Verordnung zur Schaffung eines europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ).

    1.4

    Die vorliegende Stellungnahme befasst sich zwar hauptsächlich mit der Rolle des ESF im Rahmen der europäischen Strukturförderung. Da wesentliche Grundlagen für die Funktionsweise und Ausrichtung der Fördermaßnahmen des ESF in der allgemeinen Verordnung niedergelegt sind, wird diese in die Bewertung einbezogen.

    2.   Die neuen Ziele der EU-Strukturfonds

    2.1

    Nach dem Vorschlag soll die EU-Strukturförderung ab 2007 auf die drei Ziele Konvergenz, regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung und europäische territoriale Zusammenarbeit ausgerichtet werden.

    2.2   Konvergenz

    2.2.1

    Dieses Ziel ähnelt dem derzeitigen Ziel 1 und soll die wirtschaftliche Konvergenz der Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand unterstützen und zwar durch Investitionen in Kapital und Humanressourcen, die Förderung von Innovationen und die Entwicklung der Wissensgesellschaft, die Unterstützung des Strukturwandels, den Schutz und die Verbesserung der Umwelt sowie eine effizientere Verwaltung. Mit einer Mittelausstattung von 264 Mrd. EUR (ca. 78,5 % der Gesamtmittel) stellt die neu ausgerichtete Regionalförderung den Schwerpunkt der EU-Strukturförderung dar. Zu diesem Ziel sollen beitragen der EFRE, der ESF und der Kohäsionsfonds.

    2.3   Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung

    2.3.1

    Dieses Ziel führt die derzeitigen Ziele 2 und 3 zusammen. Es ist darauf ausgerichtet, die regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung außerhalb der bedürftigsten Regionen und Mitgliedstaaten zu unterstützen. Dabei wird ein doppelter Ansatz verfolgt: einerseits soll durch regionale Entwicklungspläne (EFRE) die Umstellung der vom Strukturwandel besonders betroffenen industriellen, städtischen und ländlichen Gebiete unterstützt werden durch Förderung von Innovationen, Wissensgesellschaft, Unternehmertum und Umweltschutz. Andererseits soll durch nationale und regionale Programme, die aus dem ESF gespeist werden, die Integration der vom Strukturwandel betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt und generell die Beschäftigungsfähigkeit gefördert werden, durch Qualifizierung und arbeitsmarktpolitische Eingliederungsmaßnahmen. Diese sollen der Erreichung von Vollbeschäftigung, der Verbesserung der Arbeitsqualität und der Arbeitsproduktivität sowie der sozialen Integration und insgesamt der Umsetzung der europäischen Beschäftigungsstrategie dienen. Die Mittelausstattung soll 57,9 Mrd. EUR (ca. 17,2 % der Gesamtmittel) betragen, bei einer Aufteilung von 50 zu 50 zwischen EFRE und ESF.

    2.4   Europäische territoriale Zusammenarbeit

    2.4.1

    Dieses Ziel baut auf den Erfahrungen der derzeitigen Gemeinschaftsinitiative INTERREG auf und soll die Zusammenarbeit in Grenzregionen einschließlich innergemeinschaftlicher Seegrenzen sowie an bestimmten Außengrenzen der Union unterstützen, durch gemeinsame Programme, Bildung von Netzwerken und Erfahrungsaustausch (EFRE). Die Mittelausstattung soll 13,2 Mrd. EUR (ca. 3,9 % der Gesamtmittel) betragen.

    3.   Die besondere Rolle des Europäischen Sozialfonds

    3.1

    Der Europäische Sozialfonds kommt nach dem Vorschlag in den beiden Zielen „Konvergenz“ und „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ zum Einsatz, wobei allein schon aufgrund der vorgeschlagenen Mittelausstattung die Förderung in den Regionen mit Entwicklungsrückstand die mit Abstand größte Bedeutung hat. Den politischen Rahmen für die ESF-Interventionen bilden die Europäischen Beschäftigungsleitlinien und Empfehlungen, wobei die Schwerpunkte der ESF-Förderung auf vier zentralen Feldern liegen sollen:

    Förderung der Anpassungsfähigkeit von Arbeitskräften und Unternehmen;

    verbesserter Zugang zu Beschäftigung, Verhinderung von Arbeitslosigkeit, Verlängerung des Erwerbslebens und Erhöhung der Beschäftigungsquote;

    soziale Eingliederung benachteiligter Gruppen des Arbeitsmarktes und Bekämpfung von Diskriminierungen;

    Förderung von Reformpartnerschaften im Bereich Beschäftigung und soziale Integration.

    3.2

    Insbesondere in den besonders bedürftigen Regionen, die unter das Ziel „Konvergenz“ fallen, soll der ESF auch die Verbesserung der Aus- und Weiterbildungssysteme und die Entwicklung der institutionellen Kapazität und Verbesserung der Effizienz öffentlicher Verwaltungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene unterstützen, um den gemeinschaftlichen Besitzstand durchzusetzen. Die bislang im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL geförderten innovativen Maßnahmen und die transnationale Zusammenarbeit sollen in die Regelförderung integriert werden. Besonderes Augenmerk soll auf die Förderung der Chancengleichheit im Sinne eines „gender main-streaming“-Ansatzes gelegt werden, mit spezifischen Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Verbesserung ihrer beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.

    3.3

    Der ESF ist das Finanzinstrument zur Umsetzung der EU-Beschäftigungsleitlinien, d.h. er unterstützt die Arbeitsmarkt- und sozialen Integrationspolitiken der Mitgliedstaaten insbesondere durch zielgenauere Integration in den Arbeitsmarkt, die Verbesserung der Qualität der Arbeit und der Arbeitsorganisation sowie Qualifizierungsmaßnahmen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit.

    3.3.1

    Im Interventionsbereich „Steigerung der Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer und Unternehmen“ unterstützt der ESF Maßnahmen zur

    Förderung von Investitionen in die Humanressourcen durch die Entwicklung und Umsetzung von Systemen und Strategien des lebenslangen Lernens, insbesondere für Geringqualifizierte;

    Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels durch innovative Formen der Arbeitsorganisation sowie Ermittlung zukünftiger Qualifikationsbedarfe.

    3.3.2

    Im Interventionsbereich „Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt und präventive Arbeitsmarktpolitik“ unterstützt der ESF

    Maßnahmen zur Modernisierung und Stärkung der Arbeitsverwaltungen;

    aktive und präventive Eingliederungsmaßnahmen und auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnittene Unterstützung;

    spezifische Maßnahmen zur nachhaltigen Erhöhung der Erwerbsquote von Frauen, zum Abbau der geschlechtsspezifischen Segregation am Arbeitsmarkt und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie;

    spezifische Maßnahmen zur sozialen Eingliederung von Migranten/innen.

    3.3.3

    Im Interventionsbereich „Integration benachteiligter Gruppen des Arbeitsmarktes und Bekämpfung von Diskriminierungen“ soll die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von benachteiligten und sozial ausgegrenzten Personen durch geeignete Eingliederungsmaßnahmen insbesondere auch soziale Hilfs- und Betreuungsdienste sowie die Sensibilisierung gegenüber Diskriminierungen beim Arbeitsmarktzugang im Vordergrund stehen.

    3.3.4

    Darüber hinaus unterstützt der ESF im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ Maßnahmen zur

    Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung im Hinblick auf die Erfordernisse einer wissensbasierten Gesellschaft und die Verbesserung ihrer Arbeitsmarktrelevanz,

    Förderung des lebenslangen Lernens insbesondere zur Verringerung der Schulabbrecherquoten und Verbesserung des Zugangs zur beruflichen Aus- und Weiterbildung,

    Entwicklung des Humanpotenzials im Bereich Forschung und Entwicklung sowie

    Stärkung der institutionellen Kapazität und Effizienz öffentlicher Verwaltungen und Dienstleistungen im Wirtschafts-, Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Justizbereich.

    3.4

    Im Hinblick auf die Programmplanung schlägt die EU-Kommission einige Veränderungen vor, die sich aus den allgemeinen Bestimmungen für die Europäischen Strukturfonds ergeben. Die neue Form der Programmierung, die die ESF-Interventionen einschließt, soll im Wesentlichen beinhalten:

    die Verabschiedung strategischer Leitlinien für die Kohäsionspolitik mit strategischen Zielen für die einzelnen Fonds durch den Rat unter Bezugnahme auf die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die EU-Beschäftigungsleitlinien;

    einen mit der EU-Kommission zu verhandelnden einzelstaatlichen strategischen Rahmenplan als Bezugsrahmen für die Aufstellung operationeller Programme für die einzelnen Fonds, getrennt nach den Zielen „Konvergenz“ und „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“;

    die Vorlage jährlicher Durchführungsberichte sowohl zum einzelstaatlichen strategischen Rahmenplan als auch zu jedem operationellen Programm, das von der EU-Kommission genehmigt sein muss.

    4.   Bewertung

    4.1

    Die EU-Erweiterung ist für die Union eine große ökonomische und soziale Herausforderung, die nicht nur aber auch durch die EU-Strukturpolitik bewältigt werden muss. Der EWSA unterstützt die von der EU-Kommission vorgeschlagene Konzentration der Mittel auf die ökonomisch schwächsten Regionen, was vor allem den neuen Mitgliedstaaten zugute kommen müsste, in denen sich die meisten der am wenigsten entwickelten Regionen befinden. Die vorgeschlagene Erhöhung der Strukturfondsmittel von rund 276 Mrd. EUR auf 336,1 Mrd. EUR für 2007-2013, das entspricht 0,41 % des Bruttonationalproduktes (BNP) der Union, erscheint dem EWSA angemessen, wenn man bedenkt, dass diese nun auf 25 Mitgliedstaaten verteilt werden müssen. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass die strukturpolitischen Interventionen auch künftig, wenn auch in geringerem Maße, in den alten Mitgliedstaaten erfolgen sollten, zumindest in den Gebieten, die besonders durch den industriellen Wandel betroffen sind und eine sehr hohe Arbeitslosenrate aufweisen. Zugleich muss sichergestellt werden, dass für die durch den sog. statistischen Effekt nicht mehr förderfähigen bisherigen Ziel-1-Gebiete faire Übergangsregelungen geschaffen werden. Der EWSA begrüßt die Absicht der Kommission, die Gemeinschaftsinitiative EQUAL vollständig in den ESF zu integrieren, damit ihre unbestreitbaren Vorzüge voll genutzt werden können, unter anderem der innovative Charakter der geförderten Projekte, die Förderung des Austauschs von Erfahrungen und bewährten Praktiken im Rahmen der EU sowie die Stärkung des Prinzips der partnerschaftlichen Einbindung aller Beteiligten in die Umsetzung der Projekte. Nach Integration der Initiative EQUAL könnte die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten auffordern, in ihre nationalen operationellen Programme Maßnahmen nach dem Vorbild von EQUAL aufzunehmen.

    4.2

    Die Neugliederung der Ziele ist nach Auffassung des EWSA sinnvoll, insbesondere die Integration von arbeitsmarktpolitischen und strukturpolitischen Zielen im neuen Ziel „Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“, die gleichgewichtig verfolgt werden müssen. Gerade in den vom wirtschaftlichen Strukturwandel besonders betroffenen Gebieten sind abgestimmte Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und Innovationen (EFRE) als auch zur Bewältigung der sozialen Folgen des Strukturwandels (ESF) besonders vordringlich. Die neue Zielstruktur bietet Chancen, wenn sichergestellt wird, dass auch die Programmplanung integriert erfolgt. Zwar ist eine Integration der Maßnahmen durch den einzelstaatlichen strategischen Rahmenplan vorgesehen. Die weitere Programmplanung erfolgt jedoch getrennt nach einzelnen Fonds. Aus Sicht des EWSA muss gewährleistet sein, dass die operationellen Programme in den Zielen „Konvergenz“ und „regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ aufeinander Bezug nehmen, damit sie sich wirksam ergänzen. Für die arbeitsmarktpolitischen Interventionen des ESF ist es darüber hinaus erforderlich, ausgehend von der Struktur der Arbeitslosigkeit, regionale Schwerpunkte setzen zu können. Regionen mit besonders hoher Arbeitslosigkeit müssen vorrangig berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch lokale Beschäftigungsinitiativen und territoriale Beschäftigungspakte unterstützt werden sollten.

    4.3

    Die für die Interventionsbereiche des ESF vorgesehenen Schwerpunkte entsprechen im Wesentlichen der EU-Beschäftigungsstrategie bzw. den geltenden Beschäftigungsleitlinien. Dabei ist der EWSA der Auffassung, dass es zur Erreichung der Lissabonziele vordringlich ist, den Schwerpunkt in der Arbeitsmarktpolitik auf aktive, präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit und zur Integration benachteiligter Gruppen in den Arbeitsmarkt zu legen. Entsprechend den Vorschlägen der Expertengruppe „Zukunft der EU-Sozialpolitik“ sollte dabei der früheren und aktiven Integration Jugendlicher besonderes Augenmerk geschenkt werden sowie der Erhöhung der Erwerbsquote von Frauen und der Integration Älterer in das Erwerbsleben. Letzteres erfordert vor allem eine stärkere Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen und die Verbesserung der Arbeitsqualität durch geeignete Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation. Der innovative Charakter der Maßnahmen im Rahmen der nationalen Aktionspläne für Beschäftigung sollte dabei im Vordergrund stehen. Dies wird auch in der Stellungnahme des ESF-Ausschusses unterstrichen. (1)

    4.4

    Der ESF in Verbindung mit den anderen EU-Strukturfonds ist auch als ein Instrument anzusehen, dass das horizontale Ziel der Bekämpfung von Diskriminierungen, wie es durch verschiedene Aktionen auf europäischer Ebene verfolgt wird, zu unterstützen. Neben Jugendlichen, Frauen und Älteren gehören behinderte Menschen, Migranten und ethnische Minoritäten zu den besonders benachteiligten Gruppen des Arbeitsmarktes. Ebenso können Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Der Integration dieser benachteiligten Gruppen muss daher besonderes Augenmerk geschenkt werden, durch Maßnahmen der sozialen Unterstützung, der Qualifizierung und der Arbeitsgestaltung, z.B. durch die Einrichtung behindertengerechter Arbeitsplätze. Insbesondere für Migranten sollten ferner entsprechende Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Rechte, u.a. ihrer Arbeitnehmerrechte, ergriffen werden. Die ESF-Interventionen sollten daher auch Bezug nehmen auf die Nationalen Aktionspläne zur sozialen Eingliederung und Maßnahmen vorsehen, die die Arbeitsmarktchancen dieser Gruppen verbessern. Auch hier stimmt der EWSA mit der Meinung des ESF-Ausschusses überein. Die Mitgliedstaaten und die durchführenden Behörden müssen darüber hinaus sicherstellen, dass aus den Strukturfonds finanzierte Unterstützungsmaßnahmen nicht unbeabsichtigt Barrieren schaffen, die diesen benachteiligten Gruppen den Zugang erschweren.

    4.5

    Der ESF soll im Ziel „Konvergenz“ auch Maßnahmen unterstützen, die auf die Reform der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung gerichtet sind und zwar im Hinblick auf die Anforderungen einer wissensbasierten Gesellschaft und die Erhöhung der Arbeitsmarktrelevanz der vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten. Ebenso soll verantwortungsvolles Verwaltungshandeln förderfähig sein, das die Kapazität und Effizienz öffentlicher Verwaltungen und Dienstleistungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene verbessert. Da das Ziel „Konvergenz“ die Regionen mit Entwicklungsrückstand betrifft, zielen diese Interventionen insbesondere auf die neuen Mitgliedstaaten. Der EWSA gibt zu bedenken, dass die Bereitstellung moderner Bildungs- und Ausbildungssysteme sowie die Gewährleistung effizienter Verwaltungen eine staatliche Aufgabe ist. Zwar sehen die EU-Beschäftigungsleitlinien auch Ziele für die Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung vor. Deren Umsetzung ist jedoch vorrangig Aufgabe staatlicher Politik, in manchen Mitgliedstaaten, wie z.B. in Deutschland, liegt die Kompetenz hierfür sogar auf Länderebene. Der ESF ist vorrangig ein Instrument zur Ergänzung der nationalen Arbeitsmarktpolitiken durch innovative Maßnahmen, u.a. zur Qualifizierung, und sollte nach Ansicht des EWSA seine Interventionen darauf konzentrieren.

    4.6

    Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Veränderungen in der Programmierung lassen die Absicht erkennen, strategischer an die Programmplanung heranzugehen. Durch europäische strategische Leitlinien für die Kohäsionspolitik insgesamt und eine entsprechende Rahmenplanung auf nationaler Ebene soll die Verbindung zwischen den allgemeinen politischen Zielen von Lissabon und Göteborg sowie den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und den Beschäftigungsleitlinien gestärkt werden. Für die EU-Beschäftigungspolitik und die ESF-Interventionen besteht dieser Zusammenhang bereits, durch die Aufstellung der nationalen Aktionspläne, die auf den besonderen Beitrag des ESF zur Umsetzung der EU-Beschäftigungsstrategie eingehen. Darüber hinaus wird für den Bereich der sozialen Integration im Zweijahresrhythmus ein nationaler Aktionsplan aufgestellt, der ebenfalls arbeitsmarktpolitische Maßnahmen umfasst. Der EWSA möchte deshalb die Frage aufwerfen, ob es dem berechtigten Interesse der EU-Kommission an der Kontrolle der Mittelverwendung wirklich dient, jährliche Durchführungsberichte sowohl zum einzelstaatlichen strategischen Rahmenplan als auch zu den operationellen Programmen zu verlangen, so weit sie über den Nachweis und die Verwendung der verausgabten Mittel hinausgehen. Vielmehr empfiehlt der EWSA im Hinblick auf den ESF zu überlegen, ob der nationale Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Beschäftigungsleitlinien nicht mit den Anforderungen an die Programmierung für die ESF-Interventionen verbunden werden kann. Dies wäre der angestrebten Vereinfachung der Programmplanung förderlich. Ähnliche Bedenken im Hinblick auf weitere Bürokratisierung statt Vereinfachung äußert der ESF-Ausschuss. Im Interesse der Wirksamkeit der ESF-Interventionen bittet der EWSA darum, diese Bedenken ernsthaft zu prüfen.

    4.7

    Der EWSA begrüßt es, dass die bisherigen Prinzipien der EU-Strukturförderung Konzentration, Programmplanung, Zusätzlichkeit und Partnerschaft erhalten bleiben sollen. Es wäre jedoch aus Sicht des EWSA wünschenswert, die besondere Rolle der Sozialpartner bei den arbeitsmarktpolitischen Interventionen des ESF und die Notwendigkeit ihrer Beteiligung sowohl auf zentraler als auch auf regionaler Ebene stärker hervorzuheben. Die Sozialpartner tragen sowohl in den institutionellen Strukturen als auch bei der praktischen Umsetzung der Arbeitsmarktpolitiken in den Mitgliedstaaten Mitverantwortung. Die zusätzlichen Interventionen des ESF müssen in Verbindung mit den nationalen arbeitsmarktpolitischen Strategien geplant und umgesetzt werden. Dies erfordert eine Beteiligung der Sozialpartner sowohl auf zentraler als auch regionaler Ebene bei der Programmplanung und Programmdurchführung. In Übereinstimmung mit dem ESF-Ausschuss unterstützt der EWSA den Vorschlag, in den Konvergenzregionen einen bestimmten Anteil der finanziellen Mittel zur Unterstützung der Sozialpartner bei der Umsetzung der EU-Beschäftigungsstrategie vorzusehen.

    4.8

    Der EWSA begrüßt, dass die Mitgliedstaaten und die Verwaltungsbehörden des jeweiligen operationellen Programms eine angemessene Konsultation mit Nichtregierungsorganisationen bei der Planung, Durchführung und Begleitung der ESF-Förderung beachten sollen. Er hält eine Klarstellung in Artikel 5 Absatz 2 des Verordnungsvorschlages dahingehend für erforderlich, dass diese Konsultationen auf zentraler und regionaler Ebene stattfinden. Er begrüßt weiterhin, dass neben den Sozialpartnern auch den Nichtregierungsorganisationen der Zugang zu den finanzierten Maßnahmen ermöglicht wird. Im Rahmen der vorgesehenen Partnerschaft muss auch der arbeitsmarktpolitischen Bedeutung nicht-gewinnorientierter sozialer Dienstleister Rechnung getragen werden. Insoweit empfiehlt der EWSA ihre stärkere Einbeziehung bei der Beteiligung an der Planung, Durchführung und Begleitung der ESF-Förderung.

    4.9

    Der EWSA empfiehlt einen vermehrten Rückgriff auf die technische Hilfe des ESF zur Finanzierung der Bildungs-, Schulungs- und Informationsaktivitäten aller nichtstaatlichen Akteure, die dazu beitragen, die Ziele des ESF zu verwirklichen.

    Brüssel, den 9. März 2005

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  Siehe Homepage der Europäischen Kommission (Beschäftigung und Soziales).


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