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Dokument 62023CC0452
Opinion of Advocate General Campos Sánchez-Bordona delivered on 17 October 2024.#Fastned Deutschland GmbH & Co. KG v Die Autobahn GmbH des Bundes.#Request for a preliminary ruling from the Oberlandesgericht Düsseldorf.#Reference for a preliminary ruling – Concessions – Concessions awarded to an in-house entity – Directive 2014/23/EU – Article 43(1)(c) – Modification of the concession on a date on which the concessionaire no longer has the status of an in-house entity – Modification ‘the need’ for which was ‘brought about’ by unforeseeable circumstances – Directive 89/665/EEC – Indirect review of the initial award of a concession.#Case C-452/23.
Schlussanträge des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona vom 17. Oktober 2024.
Fastned Deutschland GmbH & Co. KG gegen Die Autobahn GmbH des Bundes.
Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Konzessionen – Vergabe von Konzessionen an eine In-House-Einrichtung – Richtlinie 2014/23/EU – Art. 43 Abs. 1 Buchst. c – Änderung der Konzession zu einem Zeitpunkt, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist – Änderung, die aufgrund unvorhersehbarer Umstände ‚erforderlich wurde‘ – Richtlinie 89/665/EWG – Inzidente Kontrolle der ursprünglichen Konzessionsvergabe.
Rechtssache C-452/23.
Schlussanträge des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona vom 17. Oktober 2024.
Fastned Deutschland GmbH & Co. KG gegen Die Autobahn GmbH des Bundes.
Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Konzessionen – Vergabe von Konzessionen an eine In-House-Einrichtung – Richtlinie 2014/23/EU – Art. 43 Abs. 1 Buchst. c – Änderung der Konzession zu einem Zeitpunkt, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist – Änderung, die aufgrund unvorhersehbarer Umstände ‚erforderlich wurde‘ – Richtlinie 89/665/EWG – Inzidente Kontrolle der ursprünglichen Konzessionsvergabe.
Rechtssache C-452/23.
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2024:894
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA
vom 17. Oktober 2024 ( 1 )
Rechtssache C‑452/23
Fastned Deutschland GmbH & Co. KG
gegen
Die Autobahn GmbH des Bundes,
Beteiligte:
Autobahn Tank & Rast GmbH,
Ostdeutsche Autobahntankstellen GmbH
(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf [Deutschland])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Konzessionsvertrag – Richtlinie 2014/23/EU – Änderung einer Konzession während ihrer Laufzeit – Art. 43 – Inhouse-Vergabe eines öffentlichen Auftrags – Nachträglicher Wegfall der Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe“
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1. |
Seit 2014 verfügt die Europäische Union über ein Rechtsinstrument ( 2 ), dessen Zweck die Verringerung der Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist. Schon in diesem Instrument wurde die Errichtung von Infrastruktur zum Tanken alternativer Kraftstoffe (einschließlich Strom) im Straßenverkehr vorgesehen. |
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2. |
Die Zunahme von Elektrofahrzeugen und Plug‑in-Hybriden, die Entwicklung alternativer Kraftstoffe und die Bevorzugung solcher Kraftstoffe gegenüber fossilen Brennstoffen haben zur Annahme eines neuen Rechtsrahmens in Gestalt der Verordnung (EU) 2023/1804 ( 3 ) geführt. |
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3. |
In dem diesem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Rechtsstreit geht es um die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der mit dem Betrieb der deutschen Bundesautobahnen betrauten Gesellschaft (Die Autobahn GmbH des Bundes, im Folgenden: Autobahn des Bundes), die ohne Vergabeverfahren bestimmte Konzessionsverträge über Autobahnrastanlagen so erweitert hat, dass die Konzessionsnehmer dort Elektroladepunkte errichten konnten. |
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4. |
Diese Entscheidung wurde von zwei Unternehmen angefochten, die im Bereich der Errichtung und des Betriebs von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge tätig sind. Sie sind der Ansicht, die Errichtung neuer Ladepunkte auf den von den derzeitigen Konzessionsnehmern betriebenen deutschen Autobahnrastanlagen müsse offen für den Wettbewerb sein und dürfe ihm nicht entzogen werden. |
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5. |
Im Zusammenhang mit jenem Rechtsstreit wird der Gerichtshof über die Anwendung der Richtlinie 2014/23/EU ( 4 ) auf Änderungen von Konzessionen zu entscheiden haben, die ursprünglich ohne Ausschreibung vergeben wurden. |
I. Rechtlicher Rahmen
A. Unionsrecht. Richtlinie 2014/23
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6. |
Art. 43 („Vertragsänderungen während der Vertragslaufzeit“) Abs. 1 Buchst. c bestimmt: „(1) Konzessionen können in den folgenden Fällen ohne Durchführung eines neuen Konzessionsvergabeverfahrens im Einklang mit dieser Richtlinie geändert werden: …
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B. Nationales Recht
1. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( 5 )
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7. |
§ 132 („Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit“) bestimmt: „(1) Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. … (2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn …
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 darf der Preis um nicht mehr als 50 Prozent des Wertes des ursprünglichen Auftrags erhöht werden. …“ |
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8. |
In § 135 („Unwirksamkeit“) heißt es: „(1) Ein öffentlicher Auftrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber …
und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist. (2) Die Unwirksamkeit nach Absatz 1 kann nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Information der betroffenen Bieter und Bewerber durch den öffentlichen Auftraggeber über den Abschluss des Vertrags, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist. Hat der Auftraggeber die Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, endet die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union. …“ |
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9. |
§ 154 („Sonstige anwendbare Vorschriften“) sieht vor: „Im Übrigen sind für die Vergabe von Konzessionen … folgende Vorschriften entsprechend anzuwenden: …
…“ |
2. Schnellladegesetz 2021 ( 6 )
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10. |
Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 dieses Gesetzes ist dem Inhaber einer Konzession zum Betrieb eines Nebenbetriebs mit Tankstelle die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnellladepunkte anzubieten, soweit dies geboten ist und Teil 4 des GWB ( 7 ) nicht entgegensteht. |
II. Sachverhalt, Rechtsstreit und Vorlagefrage
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11. |
Die Autobahn des Bundes ist eine Gesellschaft privaten Rechts, die im unveräußerlichen Eigentum der Bundesrepublik Deutschland steht. Die Bundesregierung hat ihr mit Wirkung vom 1. Januar 2021 die Planung, den Bau, den Betrieb, die Erhaltung, die Finanzierung und die vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen übertragen. |
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12. |
Das Bundesautobahnnetz umfasst über 400 bewirtschaftete Rastanlagen. Dort werden Zapfsäulen, Stellplätze, Toiletten und Restaurants unterhalten. |
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13. |
Im Jahr 1951 übertrug die Rechtsvorgängerin der Autobahn des Bundes den Betrieb dieser Rastanlagen der im selben Jahr von der Bundesrepublik Deutschland gegründeten staatlichen Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH. |
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14. |
1994 wurde die Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen in Tank & Rast AG umfirmiert, wobei die Bundesrepublik Deutschland einzige Aktionärin blieb. Im selben Jahr erwarb die Tank & Rast AG die Gesellschaft Ostdeutsche Autobahntankstellen GmbH. |
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15. |
In den Jahren 1996 bis 1998 schloss die Bundesrepublik Deutschland ohne vorangegangene Ausschreibung mit der Tank & Rast AG etwa 280 Konzessionsverträge über den Betrieb von Rastanlagen mit einer maximalen Laufzeit von 40 Jahren, die bis heute gültig sind. Seinerzeit war die Tank & Rast AG noch eine bundeseigene Gesellschaft. |
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16. |
Die betreffenden Verträge
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17. |
1998 wurde ein Verfahren zur Privatisierung der Tank & Rast AG eingeleitet, an dem sich etwa 50 Bewerber aus dem In- und Ausland beteiligten ( 9 ). |
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18. |
Die Privatisierung wurde am 29. Oktober 1998 mit dem Erwerb der Tank & Rast AG durch ein Konsortium abgeschlossen, das aus der LSG Lufthansa Service Holding AG, der Allianz Capital Partners GmbH und drei Investment-Fondsgesellschaften bestand ( 10 ). |
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19. |
Nach der Privatisierung der Tank & Rast AG wurden zwischen 1999 und 2019 ungefähr weitere 80 Konzessionsverträge für Rastanlagen an Autobahn Tank & Rast und an Ostdeutsche Autobahntankstellen ( 11 ) vergeben, 19 davon – nach dem Vorbringen dieser Gesellschaften – im Rahmen einer Ausschreibung. |
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20. |
Am 28. April 2022 vereinbarte die Autobahn des Bundes mit Autobahn Tank & Rast und Ostdeutsche Autobahntankstellen eine Ergänzung der bestehenden Konzessionsverträge um die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb von funktionsfähiger Schnellladeinfrastruktur auf den jeweiligen Rastanlagen. Die neue Vertragsbestimmung sah eine Pflicht zur Verfügbarhaltung einer für jeden Standort festgelegten Anzahl von Ladepunkten vor ( 12 ). |
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21. |
Die Autobahn des Bundes veröffentlichte die Vereinbarung über die Änderung der Verträge in der Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 6. Mai 2022 ( 13 ). |
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22. |
In dieser Bekanntmachung erklärte die Autobahn des Bundes, dass die in die Konzessionsverträge neu aufgenommene Vertragsbestimmung nicht ausgeschrieben werden müsse und die Ergänzung daher direkt vergeben worden sei. Es liege keine wesentliche Änderung der bestehenden Konzessionsverträge im Sinne von § 132 Abs. 1 GWB vor, und selbst wenn es sich um eine wesentliche Änderung handeln sollte, sei sie von § 132 Abs. 2 GWB gedeckt. Die Bereitstellung einer Schnellladeinfrastruktur sei als zusätzliche Dienstleistung im Rahmen der Konzessionsverträge erforderlich geworden, was bei deren Abschluss noch nicht vorhersehbar gewesen sei. |
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23. |
Die Fastned Deutschland GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fastned) und die Tesla Germany GmbH (im Folgenden: Tesla) sind Unternehmen, die Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge errichten und betreiben. |
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24. |
Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2022 riefen Fastned und Tesla die Vergabekammer des Bundes an und beantragten die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in Bezug auf die Ergänzung der Konzessionsverträge. |
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25. |
Zur Begründung ihres Antrags führten sie aus, die Zusatzvereinbarung sei nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam, da die ursprünglichen Verträge ohne vorherige unionsweite Auftragsbekanntmachung vergeben worden seien. Die Änderung könne nicht auf § 132 GWB gestützt werden, denn dieser sei schon deshalb nicht anwendbar, weil die bestehenden Konzessionen nicht im Rahmen einer Ausschreibung vergeben worden seien. |
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26. |
Am 15. Juni 2022 wurde der Antrag durch die Vergabekammer des Bundes zurückgewiesen ( 14 ). |
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27. |
Gegen diese Entscheidung legten Fastned und Tesla ( 15 ) sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) ein, dem die Autobahn des Bundes, Autobahn Tank & Rast und Ostdeutsche Autobahntankstellen entgegentreten. |
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28. |
Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ( 16 ) vertreten die Beteiligten die folgenden Standpunkte:
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29. |
Vor diesem Hintergrund legt das Oberlandesgericht Düsseldorf dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: Ist Art. 72 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 dahin gehend auszulegen, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/24 an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen? |
III. Verfahren vor dem Gerichtshof
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30. |
Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 19. Juli 2023 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen. |
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31. |
Schriftliche Erklärungen sind von Fastned, Tesla, der Autobahn des Bundes, Autobahn Tank & Rast gemeinsam mit Ostdeutsche Autobahntankstellen, der deutschen Regierung und der Europäischen Kommission eingereicht worden. Mit Ausnahme von Tesla ( 18 ) haben alle genannten Beteiligten an der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2024 teilgenommen. |
IV. Würdigung
A. Anwendbare Richtlinie
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32. |
Ich stimme mit allen Parteien und den Verfahrensbeteiligten darin überein, dass angesichts dessen, dass der Rechtsstreit sich auf die Änderung von Konzessionsverträgen beschränkt, Art. 43 der Richtlinie 2014/23 der Vorzug vor dem vom vorlegenden Gericht herangezogenen Art. 72 („Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit“) der Richtlinie 2014/24 zu geben ist ( 19 ). |
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33. |
Jedenfalls dürften die Erwägungen zu einer der beiden Bestimmungen angesichts ihres ähnlichen Wortlauts auf die andere übertragbar sein. |
B. Tragweite der Vorlagefrage
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34. |
Um die Diskussion zu fokussieren, halte ich es für angebracht, den Inhalt der Vorlagefrage genauer zu betrachten und daraufhin zu prüfen, was sie umfasst und was sie nicht umfasst. |
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35. |
Das vorlegende Gericht ersucht nur um die Auslegung von Art. 72 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/24, um zu klären, ob er auf Verträge anwendbar ist, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht unter diese Richtlinie fielen, aber nach Inkrafttreten der Richtlinie geändert wurden. Die entsprechende Bestimmung der Richtlinie 2014/23 ist, wie bereits erwähnt, deren Art. 43 Abs. 1 Buchst. c. |
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36. |
Das vorlegende Gericht geht von folgenden Prämissen aus:
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37. |
Das vorlegende Gericht äußert jedoch im Hinblick auf Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 keine Zweifel, was den Charakter der im Jahr 2022 vorgenommenen Änderungen der Konzessionsverträge anbelangt. |
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38. |
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sind diese Änderungen grundsätzlich wesentlich im Sinne von § 132 Abs. 1 GWB ( 20 ), erfüllen aber aus den folgenden Gründen zugleich die Anforderungen von § 132 Abs. 2 Nr. 3 GWB, die denen von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 entsprechen:
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39. |
Dem vorlegenden Gericht geht es daher nicht darum, zu klären, ob die Änderungen, obwohl sie wesentlich sind, gemessen an ihrem Inhalt zulässig sind (d. h., ob sie den Vorgaben von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 entsprechen) ( 21 ), sondern darum, ob sie in Anbetracht der ursprünglichen Konzessionsverträge, die sie ändern, zulässig sind. |
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40. |
Obwohl einige der Parteien und Beteiligten Vorbehalte hinsichtlich der Auffassung des vorlegenden Gerichts in Bezug auf den Charakter der vertraglichen Änderungen und den Umstand, dass sie unter Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 fallen sollen, geäußert haben, sollte sich der Gerichtshof meines Erachtens eng am Wortlaut der Vorlagefrage orientieren. Fastned und Tesla räumen in ihren schriftlichen Erklärungen offen ein, dass diese Frage den Charakter der vereinbarten Änderung nicht betreffe ( 22 ). |
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41. |
Da sich folglich die Frage darauf beschränkt, welche Auswirkungen die ursprüngliche Konzessionsvergabe auf die spätere Änderung der Verträge haben könnte, halte ich es für zweckmäßig, zwei Aspekte zu unterscheiden, die ich getrennt behandeln werde:
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C. Anwendung von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 auf Änderungen von Konzessionen, die ursprünglich an Inhouse-Einrichtungen vergeben wurden
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42. |
Ich möchte vorausschicken, dass Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 meines Erachtens nicht auf Änderungen von inhouse vergebenen Konzessionen anwendbar ist, solange sie als solche fortbestehen, d. h., solange sie den Charakter bewahren, der es rechtfertigte, sie vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen. |
1. Allgemeiner Ausschluss der Inhouse-Vergaben vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/23
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43. |
In Titel I der Richtlinie 2014/23 werden ihr Gegenstand und ihr Anwendungsbereich abgegrenzt. Der zu Kapitel I Abschnitt II („Ausnahmen“) dieses Titels gehörende Art. 17 ( 24 ) sieht vor, dass Konzessionen, die unter den darin vorgesehenen Bedingungen vergeben werden, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen ( 25 ). |
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44. |
Im 45. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/23 heißt es, dass in dieser Richtlinie präzisiert werden soll, „in welchen Fällen im öffentlichen Sektor geschlossene Verträge von der Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie ausgenommen sind“. Weder in diesem Erwägungsgrund noch in Art. 17 wird jedoch danach unterschieden, ob die Vorschriften, deren Anwendung ausgeschlossen wird, die Vergabe, die Durchführung, die Änderung oder die Beendigung von Konzessionsverträgen betreffen ( 26 ). |
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45. |
Art. 17 der Richtlinie 2014/23 ermächtigt die Mitgliedstaaten, ein „internes Rechtsgeschäft“ zwischen Einrichtungen des öffentlichen Sektors vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen ( 27 ). Er wahrt so die Freiheit der Mitgliedstaaten, die in ihre Zuständigkeit fallenden Aufgaben über eigene Einrichtungen wahrzunehmen, ohne auf den Markt zurückzugreifen ( 28 ). |
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46. |
Es wäre nicht nachvollziehbar, dass sich diese Freiheit ausschließlich auf die ursprüngliche Vergabe einer Konzession durch den öffentlichen Auftraggeber an die von ihm kontrollierte juristische Person beschränkt. Erweist es sich als notwendig, die einer vom öffentlichen Auftraggeber kontrollierten Einrichtung erteilte Konzession wesentlich zu ändern, und bleibt diese Einrichtung in seinen Händen, so bestehen die Gründe, die die ursprüngliche Inhouse-Vergabe rechtfertigten, grundsätzlich fort. |
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47. |
Bei der Ausübung der Inhouse-Option, sei es bei der ursprünglichen Konzessionsvergabe oder bei späteren wesentlichen Änderungen, unterliegt der öffentliche Auftraggeber logischerweise den Bedingungen ( 29 ) und Grenzen ( 30 ), die für diese Art von Vergaben gelten. Insbesondere muss er, wenn er eine wesentliche Änderung in Gestalt eines Austauschs des Konzessionsnehmers vornehmen will, die Anforderungen für die Vergabe an eine eigene Einrichtung (oder im Rahmen einer horizontalen Zusammenarbeit) erfüllen. Ist das nicht der Fall, muss eine Ausschreibung durchgeführt werden. |
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48. |
Wenn nämlich die wesentliche Änderung subjektive Elemente betrifft, die, nachdem sie eine Inhouse-Vergabe ermöglicht hatten, nicht mehr vorliegen, müsste die Konzession nach der normalen Regelung vergeben werden. Eine derartige Veränderung (der Austausch des ursprünglichen Auftragnehmers gegen einen anderen Auftragnehmer, der nicht vom öffentlichen Auftraggeber kontrolliert wird) verpflichtet zur Durchführung einer Ausschreibung gemäß der Richtlinie 2014/23, da dieser Fall nicht mehr vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen wäre ( 31 ). |
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49. |
Selbst wenn man die Besonderheit der diesem Urteil zugrunde liegenden Umstände berücksichtigt, bestätigt das Urteil Comune di Lerici meines Erachtens meine Auffassung, soweit es darin heißt, dass die Änderung eines ursprünglich (ohne Ausschreibung) an eine Inhouse-Einrichtung vergebenen Vertrags „nicht unter Art. 72 der Richtlinie 2014/24 fallen [kann]“ ( 32 ), und im Anschluss nur eine Prüfung der Änderung am Maßstab von Art. 12 dieser Richtlinie (der Art. 17 der Richtlinie 2014/23 entspricht) erfolgt ( 33 ). |
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50. |
In diesem zweiten Schritt geht der Gerichtshof wie folgt vor:
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2. Ausschluss insbesondere der Änderungen von Konzessionen, die von Anfang an nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/23 fielen: Art. 43 Abs. 1 Buchst. c
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51. |
Die Prüfung von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23, der eine besondere Regelung zu Änderungen laufender Konzessionen enthält, ändert nichts an der von mir dargelegten Auffassung. |
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52. |
Sein Wortlaut enthält keinen Hinweis darauf, auf welche Konzessionen er Anwendung findet. Dieser Umstand spricht gegen die Auffassung, dass Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 ohne Weiteres auch für die nicht unter diese Richtlinie fallenden Konzessionen gelte. Mit anderen Worten hat diese Bestimmung keinen eigenen und unabhängigen Anwendungsbereich, der sich von dem der Richtlinie unterscheidet. |
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53. |
Die systematische Auslegung dieser Bestimmung bestätigt, dass sie sich auf Änderungen von Konzessionen beschränkt, die seinerzeit im Wege einer für den Wettbewerb offenen Ausschreibung vergeben wurden. Dies lässt sich aus anderen Absätzen von Art. 43 ableiten, insbesondere aus
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54. |
Wie ich bereits ausgeführt habe, folgt aus dem Urteil Comune di Lerici, dass Art. 72 der Richtlinie 2014/24 insgesamt nicht auf Aufträge anzuwenden ist, die ursprünglich an eine eigene Einrichtung vergeben wurden. Dies ergibt sich aus Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii und Abs. 4 dieses Artikels, die mit den entsprechenden Bestimmungen von Art. 43 der Richtlinie 2014/23 übereinstimmen. |
3. Zwischenergebnis
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55. |
Aus dem Vorstehenden ergeben sich in Bezug auf die Auslegung von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 zwei für den vorliegenden Rechtsstreit relevante Konsequenzen:
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D. Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Konzessionsvergabe (und anderer Handlungen vor der Änderung) als Voraussetzung für die Anwendung von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23
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56. |
Fastned und mit einigen Abweichungen auch die Kommission ( 34 ) sind der Auffassung, die Anwendbarkeit von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 setze – implizit – voraus, dass die ursprüngliche Vergabe ( 35 ) der Konzession dem zum Zeitpunkt ihrer Durchführung geltenden Vergaberecht entsprochen habe. |
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57. |
Das Hauptaugenmerk ihrer Argumentation liegt auf der Einhaltung der Grundsätze des öffentlichen Auftragswesens. Wenn eine Vergabe von Anfang an rechtswidrig sei, käme die Ermöglichung einer späteren (wesentlichen) Änderung der Konzession ohne Ausschreibung einer Perpetuierung des ursprünglichen Verstoßes gegen diese Grundsätze gleich. |
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58. |
Sie tragen jedoch vor und haben auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt, dass die Feststellung des ursprünglichen Verstoßes gegen die Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen nicht die Gültigkeit der laufenden Konzessionen ( 36 ) berühre, sondern nur deren spätere Änderung, die die Einleitung eines Vergabeverfahrens erfordere ( 37 ). |
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59. |
Ich bin nicht der Ansicht, dass diese Auslegung (im Folgenden: These Fastned/Kommission) in der Sache richtig ist. |
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60. |
Zunächst findet die These Fastned/Kommission keine hinreichende Stütze in der Richtlinie 2014/23. Seinem Wortlaut nach setzt Art. 43 Abs. 1 Buchst. c nicht die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe oder einer anderen Handlung vor der Änderung des Vertrags voraus. Die Zulässigkeit einer wesentlichen Änderung ohne Ausschreibung wird nach dieser Bestimmung anhand folgender Kriterien beurteilt:
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61. |
Die These Fastned/Kommission findet auch keine Stütze in der Entstehungsgeschichte ( 38 ). Vielmehr ist der Anwendungsbereich der derzeitigen Regelung im Vergleich zu früheren Vorschriften weiter, was die erfassten Vertragsänderungen anbelangt. Die Voraussetzungen der aktuellen Regelung für die Vornahme solcher Änderungen sind flexibler ( 39 ). |
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62. |
In systematischer Hinsicht ist das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe als unabdingbare Voraussetzung für eine spätere Änderung ohne Ausschreibung in keinem der anderen in Art. 43 der Richtlinie 2014/23 geregelten Fälle vorgesehen ( 40 ). |
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63. |
Die These Fastned/Kommission lässt sich schlecht mit einer Regelung in Einklang bringen, die eine laufende Konzession voraussetzt und mit Blick auf die Zukunft ermöglichen soll, dass die Ausübung dieser Konzession verlängert wird. Es erscheint inkonsequent, die Anpassung einer Konzession zu ermöglichen, damit sie weiterhin ausgeübt werden kann, und zugleich den Vorteil der Flexibilität von einem in der Vergangenheit liegenden Ereignis abhängig zu machen, das die Wirksamkeit des Vertrags zwar seinerzeit hätte verhindern können, es aber nicht tat. |
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64. |
Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 geht von einer laufenden Konzession aus, deren Rechtmäßigkeit: i) entweder daraus folgt, dass ihre Vergabe rechtmäßig erfolgt ist; ii) oder daraus, dass sie nicht innerhalb der in den Vorschriften über Nachprüfungsverfahren vorgesehen Frist angefochten worden ist; iii) oder daraus, dass zwar ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet wurde, im Ergebnis aber nicht die Verpflichtung zur Kündigung der Konzession festgestellt wurde. |
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65. |
Meines Erachtens ergibt es keinen Sinn, dieser Bestimmung einen Sanktionszweck beizumessen ( 41 ), wenn es sich in Wirklichkeit um eine Ermächtigungsnorm handelt: Innerhalb gewisser Grenzen gestattet sie Änderungen der Konzession, die ansonsten nur durch eine Ausschreibung erfolgen könnten. |
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66. |
Ein im Kern auf einen Sanktionszweck abstellendes Verständnis der Bestimmung über die Änderung von Konzessionen ( 42 ) liefe nicht nur darauf hinaus, ein fremdes Element in die Richtlinie 2014/23 einzuführen, sondern auch darauf, indirekt das System der Nachprüfungsverfahren zu ändern, auf das eben diese Richtlinie verweist und auf das ich später eingehen werde. |
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67. |
Schließlich könnte in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt der materiell-rechtlichen Grundsätze des Vergaberechts ( 43 ) der Grundsatz der Öffnung der Konzessionen für den Wettbewerb in Frage kommen, den die (auf den vorliegenden Rechtsstreit in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbare) Verordnung 2023/1804 in ihrem 32. Erwägungsgrund anführt ( 44 ). |
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68. |
Allerdings ist es, um den Wettbewerb zu fördern, nicht zwingend erforderlich, die vorgenommene wesentliche Änderung für nichtig zu erklären, vor allem, wenn das vorlegende Gericht feststellt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 vorliegen. Das Ergebnis ließe sich mit anderen Mitteln erreichen ( 45 ): So könnten z. B. den derzeitigen Konzessionsnehmern die ihnen nach dem Schnellladegesetz 2021 zukommenden Aufgaben übertragen werden, jedoch verbunden mit der Verpflichtung, Ladeinfrastrukturbetreibern (wie Fastned) anzubieten, nach einer Ausschreibung die Erbringung dieser Nebendienstleistung auf den betreffenden Rastanlagen zu übernehmen ( 46 ). |
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69. |
Gegen die These Fastned/Kommission sprechen zudem zwei Einwände, die einer ausführlicheren Prüfung bedürfen: der Einwand im Hinblick auf die Rechtssicherheit und der Einwand, in dem es um die Anwendung der Richtlinien über Nachprüfungsverfahren geht. |
1. Rechtssicherheit
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70. |
Da Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 keine Anhaltspunkte für einen anderen Willen des Gesetzgebers bietet und insoweit keinen Raum für Zweifel lässt, ist der These Fastned/Kommission meines Erachtens aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu folgen. |
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71. |
Es wäre nämlich kaum mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit vereinbar, wenn die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe auf der Grundlage einer zukünftigen und ungewissen Tatsache in Frage gestellt werden könnte, wie z. B. der Erforderlichkeit, den Vertrag aufgrund nachträglich eingetretener Umstände anzupassen, die zum Zeitpunkt der Vergabe für einen seiner Sorgfaltspflicht nachkommenden öffentlichen Auftraggeber nicht vorhersehbar waren. |
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72. |
Die Rechtssicherheit gebietet allgemein, „dass Rechtsvorschriften, vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen“ ( 47 ). Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung müssen „zur Erfüllung ihres Zwecks, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, im Voraus festgelegt“ und „hinreichend vorhersehbar sein“ ( 48 ). Fristen für die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Vertrags, die anlässlich eines zukünftigen und ungewissen Ereignisses, das sich der Kontrolle der Vertragsparteien entzieht, zu laufen beginnen, weisen per definitionem nicht diese Merkmale auf. |
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73. |
Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 gilt nicht für Aufträge, die vor dem 18. April 2016 vergeben wurden ( 49 ). Der These Fastned/Kommission zu folgen, hieße, die Anfechtung ( 50 ) von Konzessionen aus der Zeit vor der Richtlinie 2014/23 zu ermöglichen, wofür es ausreichen würde, dass sie nach diesem Zeitpunkt (wesentlich) geändert wurden ( 51 ). |
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74. |
Der Gerichtshof hat festgestellt, dass das Unionsrecht einen Mitgliedstaat nicht verpflichtet, auf Antrag eines Einzelnen in bestehende, dauerhafte oder auf unbestimmte Zeit begründete Rechtsverhältnisse einzugreifen, auch wenn sie in einer mit einer bestimmten Richtlinie nicht im Einklang stehenden Weise entstanden sind, sofern sie vor Ablauf der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie begründet wurden ( 52 ). |
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75. |
Außerdem hat er in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit der rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsvorschrift, also der Anwendung auf einen vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalt, entgegensteht ( 53 ). |
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76. |
Ebenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit hat der Gerichtshof entschieden, dass eine nationale Regelung, die die Einleitung von Verfahren zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Änderungen öffentlicher Aufträge erlaubt, nicht akzeptabel ist, wenn die in der Regelung, auf deren Grundlage diese Änderungen vorgenommen wurden, vorgesehene Ausschlussfrist abgelaufen ist ( 54 ). |
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77. |
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für den öffentlichen Auftraggeber und den Auftragnehmer einer laufenden Konzession sind die Feststellungen im Urteil Hungeod (zur gesetzlichen Wiedereröffnung der in einem anderen, älteren Gesetz festgelegten und bereits abgelaufenen Nachprüfungsfristen) auf Fälle wie den vorliegenden übertragbar. In solchen Fällen hängt die materielle Wirkung der Wiedereröffnung der abgelaufenen Fristen mit Umständen zusammen, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender öffentlicher Auftraggeber bei der Ausschreibung nicht vorhersehen konnte (die jedoch später eine Anpassung dieses Vertrags erforderlich machen). |
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78. |
Fastned versucht, das Argument der Rechtssicherheit zu widerlegen ( 55 ), indem sie geltend macht, wenn im Rahmen einer Klage gegen die Änderung der Konzession inzident festgestellt werde, dass die ursprüngliche Vergabe gegen das Vergaberecht verstoßen habe, diene dies weder der Feststellung der Unwirksamkeit der Konzession noch der Verhängung einer Geldbuße ( 56 ). Zudem wirke sich eine solche Klage nicht auf die noch zu erfüllenden vertraglichen Verpflichtungen aus, sondern lediglich auf die Änderung des Vertrags ( 57 ). |
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79. |
Zwar kann ich dem zustimmen, dass die Anforderungen an die Gewährleistung der Rechtssicherheit (die Sachverhalten innewohnt, die rechtlich bereits abgeschlossen sind) grundsätzlich geringer sind, wenn man nicht unmittelbar auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Konzession abzielt, sondern nur auf die der Vertragsbestimmungen, die geändert wurden, um sie den neuen Umständen anzupassen ( 58 ). |
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80. |
Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei dieser zweiten Hypothese (inzidente Anfechtung der ursprünglichen Konzession) die Rechtssicherheit nicht auf dem Spiel steht. Wenn die Änderung auf ursprünglich nicht vorhersehbare Umstände zurückzuführen und zwingend erforderlich ist, um die Kontinuität der Konzession ohne Beeinträchtigung ihres finanziellen Gleichgewichts aufrechtzuerhalten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Erfolg der inzidenten Anfechtung de facto zur Kündigung des Vertrags führt. |
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81. |
Unter diesen Umständen läuft die Anfechtung der Änderung auf der Grundlage der angeblichen Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Vergabe darauf hinaus, eine Diskussion über eine Rechtslage wiederzueröffnen, die gerade aus Gründen der Rechtssicherheit bereits einen unanfechtbaren Schutz (Rechtsfrieden) genossen hat. Sie würde zu einer Art dauerhaften Bedrohung für die Durchführung der Konzession werden, selbst wenn die Unwirksamkeit dieser Konzession aufgrund des Zeitablaufs auf den Hauptantrag hin nicht mehr festgestellt werden könnte. |
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82. |
Die Rechtssicherheit erschöpft sich nicht in der Gewissheit über den Zeitraum, in dem mit einer Klage zu rechnen ist, die auf die Unwirksamkeit der Konzession abzielt. Sie umfasst auch die Gewissheit, nicht auf unbestimmte Zeit Angriffen ausgesetzt zu sein, die auf Argumente in Bezug auf die ursprüngliche Vergabe gestützt werden und die, fristgerecht vorgetragen, zu negativen Ergebnissen für Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer hätten führen können. |
2. Richtlinien über Nachprüfungsverfahren
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83. |
Der These Fastned/Kommission stehen auch die Richtlinien über Nachprüfungsverfahren entgegen. Sie liefe darauf hinaus, dass die beteiligten Wirtschaftsteilnehmer über einen Mechanismus verfügten, der ihnen ermöglichte, nicht nur die Gültigkeit der Änderung eines Konzessionsvertrags als solche anzufechten, sondern auch – anlässlich dieser Änderung – eine verspätete Entscheidung des Gerichts über die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe herbeizuführen ( 59 ). |
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84. |
Mit den Richtlinien über Nachprüfungsverfahren legt der europäische Gesetzgeber den gemeinsamen Mindestrahmen fest, innerhalb dessen die nationalen Gerichte die Rechtmäßigkeit von Handlungen im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags (oder einer Konzession) prüfen und die Konsequenzen aus der festgestellten Rechtswidrigkeit ziehen. |
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85. |
Nach ihrem gegenwärtigen Wortlaut verpflichten die Richtlinien über Nachprüfungsverfahren die Mitgliedstaaten nicht dazu, einen Mechanismus wie den vorzusehen, der in der These Fastned/Kommission vorgeschlagen wird. Das Fehlen eines solchen Mechanismus ist ein weiterer Grund, die Richtigkeit dieser These anzuzweifeln; dies gilt umso mehr, als es der Gesetzgeber nicht versäumt hat, das Verhältnis zwischen diesen Richtlinien und der Richtlinie 2014/23 festzulegen, wie deren Titel IV belegt. |
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86. |
In den Richtlinien über Nachprüfungsverfahren beruht die Verfahrensgarantie der richtigen Anwendung der Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen auf der Reaktion von Wirtschaftsteilnehmern, die unmittelbar von dem Verstoß gegen diese Vorschriften betroffen sind ( 60 ). Das ergibt sich aus ihrem jeweiligen Art. 1 Abs. 3. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, anderen Akteuren Zugang zu gerichtlichen Rechtsbehelfen zu gewähren ( 61 ). |
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87. |
Aus Gründen der Effizienz und der Rechtssicherheit verlangen die Richtlinien über Nachprüfungsverfahren, dass die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer rasch reagieren. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinien stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber, die gegen Unionsrecht oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, verstoßen, „wirksam“ und „möglichst rasch“ nachgeprüft werden können. Dieser Verpflichtung entspricht die Festlegung (angemessener) Ausschlussfristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen ( 62 ). |
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88. |
Die These Fastned/Kommission entspricht nicht diesem Schema; sie impliziert vielmehr, dass die im Vergabeverfahren getroffene Entscheidung in der Sache von Wirtschaftsteilnehmern angefochten werden kann, die weder an diesem Verfahren teilgenommen haben noch als solche durch den seinerzeit angeblich begangenen Verstoß geschädigt wurden. |
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89. |
Folgte man der These Fastned/Kommission, so könnte jeder Wirtschaftsteilnehmer, der an der Zusatzvereinbarung zur ursprünglichen Konzession interessiert ist, diese anfechten und beim Gericht beantragen, die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe – wenn auch nur inzident – zu prüfen ( 63 ). Diese Möglichkeit bestünde folglich unabhängig von der Legitimation zur Einleitung einer unmittelbaren gerichtlichen Nachprüfung und auch davon, ob die entsprechenden Fristen abgelaufen sind ( 64 ). Dies käme dem Wiederaufleben eines Mangels der ursprünglichen Vergabe gleich, der aus Sicht der Richtlinien über Nachprüfungsverfahren als geheilt anzusehen ist. |
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90. |
Nach der These Fastned/Kommission wäre es somit zulässig, die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe einer laufenden Konzession in Frage zu stellen, obwohl, wie ich bereits ausgeführt habe ( 65 ), innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist keine Klage wegen des (angeblichen) Verstoßes erhoben worden ist; oder diese Klage erhoben und abgewiesen worden ist; oder der Verstoß festgestellt worden ist, die für die Entscheidung über den Rechtsbehelf zuständige Stelle aber nicht angeordnet hat, den Vertrag zu kündigen ( 66 ). |
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91. |
Meines Erachtens steht diese These daher weder in Einklang mit dem Inhalt der Richtlinien über Nachprüfungsverfahren, noch reicht es, sich auf die Grundsätze des Vergaberechts zu berufen, um ihr zu folgen:
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3. Zweites Zwischenergebnis
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92. |
Die vorstehenden Erwägungen führen mich zu der Auffassung, dass die Anwendbarkeit von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 auf die wesentliche Änderung einer Konzession nicht davon abhängt, ob ihre ursprüngliche Vergabe rechtmäßig war. |
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93. |
Nach dieser Auffassung ist es interessierten Wirtschaftsteilnehmern nicht verwehrt, die Änderung des Vertrags anzufechten, wenn sie der Ansicht sind, dass die Voraussetzungen, unter denen diese Änderung – sofern sie wesentlich ist – nach Art. 43 der Richtlinie 2014/23 ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig ist, nicht erfüllt sind. Insoweit kann von ihnen nicht verlangt werden, dass sie bereits am ursprünglichen Vergabeverfahren teilgenommen haben müssen ( 67 ). |
V. Ergebnis
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94. |
Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) wie folgt zu antworten: Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe ist dahin auszulegen, dass er nicht auf wesentliche Änderungen von inhouse vergebenen Konzessionen anzuwenden ist, solange sie als solche fortbestehen, d. h., solange diese Konzessionen den Charakter bewahren, der es rechtfertigte, sie vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/23 auszunehmen. Er ist dagegen auf wesentliche Änderungen solcher Konzessionen anzuwenden, wenn diese Änderungen vorgenommen werden, nachdem die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe weggefallen sind, weil ein anderer Auftragnehmer, der nicht vom öffentlichen Auftraggeber kontrolliert wird, den ursprünglichen Auftragnehmer ersetzt hat. Die Anwendbarkeit von Art. 43 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/23 auf die wesentliche Änderung einer Konzession hängt nicht davon ab, ob ihre ursprüngliche Vergabe rechtmäßig war. |
( 1 ) Originalsprache: Spanisch.
( 2 ) Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (ABl. 2014, L 307, S. 1).
( 3 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2023 über die Einführung einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und zur Aufhebung der Richtlinie 2014/94/EU (ABl. 2023, L 234, S. 1). Diese Verordnung ist in zeitlicher Hinsicht auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar.
( 4 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 1).
( 5 ) Gesetz gegen wettbewerbsbeschränkende Praktiken (BGBl. 2016 I S. 203, im Folgenden: GWB).
( 6 ) Gesetz über die Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge (Schnellladegesetz) (BGBl. 2021 I S. 2141, im Folgenden: Schnellladegesetz 2021).
( 7 ) Dieser Teil enthält die Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen.
( 8 ) Der Musterkonzessionsvertrag wurde im Amtlichen Teil des Verkehrsblatts, des Amtsblatts des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, von 1997 unter Nr. 226, S. 825 ff., veröffentlicht.
( 9 ) In den Rn. 15 und 16 ihrer schriftlichen Erklärungen gibt die Autobahn Tank & Rast GmbH an, dass seinerzeit eine Bekanntmachung des Privatisierungsvorgangs in deutschen Zeitungen, über die Agence France-Presse und in der Zeitung Financial Times erfolgt sei.
( 10 ) Die Mitglieder des Konsortiums meldeten den beabsichtigten Erwerb bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an. Am 7. Dezember 1998 erklärte die Kommission gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S. 1), dass sie dem Zusammenschluss nicht widerspreche, weil sie ihn als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehe (Sache IV/M.1361).
( 11 ) Im Vorlagebeschluss (Rn. 4) heißt es: „Durch Umfirmierungen sind aus der Tank & Rast AG … die nunmehrigen Konzessionsinhaberinnen hervorgegangen“, d. h. Autobahn Tank & Rast und Ostdeutsche Autobahntankstellen.
( 12 ) Die Ergänzung der Verträge erfolgte in Einklang mit § 5 Abs. 3 Satz 1 des Schnellladegesetzes 2021, der auf Elektrofahrzeuge im Sinne von Art. 4 der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. 2018, L 151, S. 1) anwendbar ist.
( 13 ) Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union S 89/2022, 06.05.2022, Bekanntmachungsnummer 2022/S 089-245969.
( 14 ) Sie führte aus, dass § 132 GWB auf die in Rede stehenden Konzessionen anwendbar sei und dass die Änderung durch die Zusatzvereinbarung vom 28. April 2022 nicht wesentlich im Sinne von § 132 Abs. 1 GWB sei. Die Nebenbetriebe dienten den Benutzern der Autobahnen zum Tanken, worunter zumindest bei funktioneller Betrachtung auch das Tanken von Strom falle. Jedenfalls sei diese Änderung nach § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB zulässig, da die Notwendigkeit einer Schnellladeinfrastruktur 1998 nicht vorhersehbar gewesen sei.
( 15 ) Siehe unten, Fn. 18, zur späteren Rücknahme des Nachprüfungsantrags durch Tesla.
( 16 ) Rn. 10 und 11 des Vorlagebeschlusses.
( 17 ) Urteil vom 12. Mai 2022 (C‑719/20, EU:C:2022:372, im Folgenden: Urteil Comune di Lerici). In diesem Urteil hat der Gerichtshof die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) ausgelegt.
( 18 ) Am 5. Juli 2024 ist beim Gerichtshof ein Schreiben eingegangen, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass Tesla aus dem nationalen Rechtsstreit ausgeschieden sei.
( 19 ) Es herrscht Einigkeit darüber, dass auf die Vertragsänderung in zeitlicher Hinsicht die Regelung anwendbar ist, die zum Zeitpunkt der Vertragsänderung gilt. Dies hat der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 2. September 2021, Sisal u. a. (C‑721/19 und C‑722/19, EU:C:2021:672, Rn. 28), klargestellt.
( 20 ) Rn. 18 des Vorlagebeschlusses. In Rn. 20 wiederholt das vorlegende Gericht die gleiche Auffassung zur Wesentlichkeit der durch die Zusatzvereinbarungen zu den Konzessionsverträgen vorgenommenen Änderungen. Es scheint daher anderer Ansicht zu sein als die Vergabekammer des Bundes in ihrer Entscheidung vom 15. Juni 2022.
( 21 ) Bei einer in zeitlicher Hinsicht anderen Fallgestaltung als vorliegend wäre das vorlegende Gericht verpflichtet, den neuen Rechtsrahmen für die Errichtung von Ladeinfrastrukturen, nämlich die Verordnung 2023/1804, zu berücksichtigen. In deren 32. Erwägungsgrund heißt es: „Die Mitgliedstaaten sollten bestrebt sein, soweit möglich und im Einklang mit der Richtlinie [2014/23] neue Konzessionen speziell für Ladepunkte auf bestehenden Autobahnrastplätzen oder in deren Nähe zu vergeben, um … den Zugang neuer Marktteilnehmer zu ermöglichen.“
( 22 ) Vgl. Rn. 15 der schriftlichen Erklärungen von Fastned und Rn. 16 der schriftlichen Erklärungen von Tesla: „Da es für den Fall, dass der Gerichtshof vorliegend Art. 43 Abs. 1 lit. c RL 2014/23/EU für anwendbar halten sollte, für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Auslegung von dessen Tatbestandsmerkmalen ankommt, bittet die ASt. zu 2. den Gerichtshof … trotz fehlender Vorlage um weitergehende Auslegungshinweise“ (Hervorhebung nur hier). Über diese Fragen wurde vor dem vorlegenden Gericht diskutiert, das insoweit jedoch keine Zweifel zu haben scheint oder jedenfalls dem Gerichtshof dazu keine Fragen vorgelegt hat.
( 23 ) Wie im vorliegenden Fall die Privatisierung der Tank & Rast AG im Jahr 1998. Ab diesem Zeitpunkt gingen die inhouse vergebenen Konzessionen in die Hände privater Unternehmen über. Die Kommission macht geltend, dass die Privatisierung aus diesem Grund einer Verpflichtung zur vorherigen Bekanntmachung unterlegen habe, die nicht ausreichend erfüllt worden sei.
( 24 ) Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23 regelt die Voraussetzungen, unter denen die von einem öffentlichen Auftraggeber oder einem Auftraggeber an andere juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts vergebenen Konzessionen nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.
( 25 ) Im Einklang mit dieser Feststellung wurde in den Art. 46 und 47 der Richtlinie 2014/23, mit denen die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) bzw. die Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. 1992, L 76, S. 14) geändert werden, darauf geachtet, den Anwendungsbereich dieser beiden Richtlinien so anzupassen, dass sie weder öffentliche Aufträge noch Konzessionen erfassen, die in Einklang mit den „klassischen“ Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge inhouse vergeben wurden. Im Folgenden werde ich die Richtlinien 89/665 und 92/13 als „Nachprüfungsrichtlinien“ bezeichnen.
( 26 ) Diese Auslegung von Art. 17 der Richtlinie 2014/23 wird im Urteil Comune di Lerici bestätigt. Siehe Fn. 32 und Nrn. 49 ff. der vorliegenden Schlussanträge.
( 27 ) Vgl. zu Art. 12 der Richtlinie 2014/24, der Art. 17 der Richtlinie 2014/23 entspricht, Urteile vom 3. Oktober 2019, Irgita (C‑285/18, EU:C:2019:829, Rn. 43 bis 45), und vom 28. Mai 2020, Informatikgesellschaft für Software-Entwicklung (C‑796/18, EU:C:2020:395, Rn. 33), sowie Beschluss vom 6. Februar 2020, Rieco (C‑89/19 bis C‑91/19, EU:C:2020:87, Rn. 32).
( 28 ) Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2014/23: „In dieser Richtlinie wird im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und dem Unionsrecht der Grundsatz der Verwaltungsautonomie der nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften anerkannt. Es steht diesen Körperschaften frei zu entscheiden, wie die Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen am besten gesteuert werden kann …“.
( 29 ) Die sich aus Art. 17 der Richtlinie 2014/23 ergeben.
( 30 ) Mit anderen Worten, zu beachten sind die Grenzen „der Grundregeln des AEUV, insbesondere des freien Warenverkehrs, der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, sowie der sich daraus ergebenden Grundsätze wie Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, gegenseitige Anerkennung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz“: Urteil vom 3. Oktober 2019, Irgita (C‑285/18, EU:C:2019:829, Rn. 48), Beschluss vom 6. Februar 2020, Rieco (C‑89/19 bis C‑91/19, EU:C:2020:87, Rn. 37). Vgl. auch Urteil vom 28. Mai 2020, Informatikgesellschaft für Software-Entwicklung (C‑796/18, EU:C:2020:395, Rn. 68 und 69).
( 31 ) Dies hat der Gerichtshof im Rahmen der Auslegung der den gegenwärtigen Vergaberichtlinien vorausgehenden Regelung in Bezug auf die von Auftraggebern vorgenommenen Änderungen entschieden, wenn der öffentliche Auftraggeber infolge dieser Änderungen über die betreffenden Einrichtungen keine Kontrolle mehr ausübt, die der Kontrolle über seine eigenen Dienststellen entspricht. Vgl. Urteile vom 6. April 2006, ANAV (C‑410/04, EU:C:2006:237, Rn. 30 bis 32), und vom 10. September 2009, Sea (C‑573/07, EU:C:2009:532, Rn. 53). Diese Lösung hat er in Bezug auf die Richtlinie 2014/24 im Urteil Comune di Lerici wieder aufgegriffen.
( 32 ) Urteil Comune di Lerici (Rn. 43). Der Blickwinkel des Gerichtshofs bei dieser Prüfung unterscheidet sich von meinem, da er sich in den Rn. 40 bis 41 des Urteils auf Art. 72 der Richtlinie 2014/24 konzentriert. Die grundlegende Argumentation ist aber ähnlich: Um die Bestimmung über die Änderung von Verträgen während ihrer Laufzeit anwenden zu können, muss das ursprüngliche Vergabeverfahren offen für den Wettbewerb unter den Wirtschaftsteilnehmern gewesen sein. In Rn. 43 zieht er die Konsequenzen aus dieser Prämisse.
( 33 ) Rn. 44 bis 53.
( 34 ) Vgl. Rn. 37 und 48 bis 50 der schriftlichen Erklärungen von Fastned und Rn. 44 ff. der schriftlichen Erklärungen der Kommission.
( 35 ) Tatsächlich beziehen sie sich auch auf die Rechtmäßigkeit von Handlungen, die nach der Erteilung der Konzession, aber vor der Vertragsänderung vorgenommen wurden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit fasse ich diese Handlungen mit unter den Begriff „ursprüngliche Vergabe“.
( 36 ) Schriftliche Erklärungen von Fastned, Rn. 18 und 49.
( 37 ) In ihren schriftlichen Erklärungen (Rn. 44, 45 und 47) beschränkt die Kommission diese Unmöglichkeit einer späteren wesentlichen Änderung auf Vergaben, die in zeitlicher Hinsicht den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge unterlagen und bei denen ein schwerer Verstoß gegen das Recht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens vorlag. Sie stuft diese Unmöglichkeit, die verhindern solle, dass die ursprüngliche Rechtswidrigkeit erweitert oder verlängert werde, als Sanktion ein. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission jedoch eingeräumt, dass die Einstufung als Sanktion möglicherweise nicht die treffendste sei.
( 38 ) Das Vergaberecht konzentrierte sich auf die Handlungen des öffentlichen Auftraggebers in der Phase bis zum Vertragsschluss. Mit der in Fn. 39 erwähnten Ausnahme enthielten die Richtlinien, die den derzeit geltenden Richtlinien vorausgingen, keine Regelungen zu Vertragsänderungen. Dagegen hat sich der Gerichtshof durchaus zu dieser Frage geäußert, sowohl in Antworten auf Vorlagefragen als auch im Rahmen von Rechtsmittel- und Vertragsverletzungsverfahren: Vgl. zu Anpassungen aufgrund von während der Laufzeit des Vertrags eingetretenen Umständen Urteile vom 18. März 1992, Kommission/Spanien (C‑24/91, EU:C:1992:134), vom 28. März 1996, Kommission/Deutschland (C‑318/94, EU:C:1996:149), vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta (C‑496/99 P, EU:C:2004:236), vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur (C‑454/06, EU:C:2008:351), und vom 7. September 2016, Finn Frogne (C‑549/14, EU:C:2016:634). Aus Gründen der Rechtssicherheit schlug die Kommission vor, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs Vorschriften über die Änderung von Verträgen in die drei Vorschläge für Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen aus dem Jahr 2011 aufzunehmen. Weder die Rechtsprechung noch der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (KOM[2011] 897) machten die Möglichkeit, eine Konzession wesentlich zu ändern, von der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe abhängig.
( 39 ) Art. 31 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114) ist der Vorgänger der derzeitigen Regelung. Diese Vorschrift erlaubte lediglich Änderungen in Gestalt der Ergänzung von „zusätzlichen Bau- oder Dienstleistungen“. Die Beschränkung zusätzlicher Bau- oder Dienstleistungen auf solche, die sich nicht vom ursprünglichen Auftrag trennen lassen oder die für dessen Vollendung unbedingt erforderlich sind, ist durch die weniger strenge Anforderung ersetzt worden, dass die Anpassung den Gesamtcharakter der Konzession nicht verändern darf.
( 40 ) Es ist auch nicht in Art. 72 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 oder in Art. 89 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. 2014, L 94, S. 243) enthalten.
( 41 ) Wie es die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen getan hat, siehe oben, Fn. 37.
( 42 ) Anders als es auf den ersten Blick scheinen mag, legt Art. 44 („Kündigung von Konzessionen“) der Richtlinie 2014/23 nicht unmittelbar die Folgen einer rechtswidrigen Vergabe für die weitere Laufzeit des Vertrags fest. Der Artikel sieht vielmehr vor, dass dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt werden muss, eine Konzession unter bestimmten, in diesem Artikel aufgeführten Umständen zu kündigen.
( 43 ) Mit eben diesen Grundsätzen werde ich mich später noch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Aspekte des Unionsrechts befassen.
( 44 ) Siehe oben, Fn. 21. Gleichwohl ist anzumerken, dass dieser Erwägungsgrund keinen normativen Ausdruck im Wortlaut der Verordnung 2023/1804 gefunden hat, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat.
( 45 ) Dazu gehört die Lösung, die Autobahn Tank & Rast und Ostdeutsche Autobahntankstellen nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung für die von ihnen betriebenen Rastanlagen gewählt haben. Bei diesem Modell schließt der Konzessionsnehmer der Rastanlage Kooperationsverträge mit (derzeit vier) Ladeinfrastrukturbetreibern, die er im Rahmen eines wettbewerblichen Verfahrens auswählt. Wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, wurde Fastned sogar aufgefordert, an einem solchen Verfahren teilzunehmen, und entschied sich letztlich dafür, kein Angebot abzugeben.
( 46 ) Dieses Modell wird aktuell in Frankreich verwendet, wie die französische Wettbewerbsbehörde in ihrem Bericht 24-A-03 vom 30. Mai 2024 über den Bereich der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, Rn. 554 ff., feststellt. In Rn. 549 führt sie aus, dass die Ladeinfrastrukturbetreiber, um diese Infrastruktur auf dem konzessionierten Autobahnnetz zu betreiben, entweder ein von der Konzessionsinhaberin eingeleitetes Konsultationsverfahren durchlaufen (Fall 1) oder ohne öffentliche Ausschreibung ausgewählt werden, entweder durch Abschluss einer Vereinbarung, die es ihnen erlaubt, die Ladepunkte einer Rastanlage zu betreiben, für die sie Unterkonzessionsnehmer sind, oder durch Abschluss eines „Drittbetreiber“-Vertrags mit dem für diese Rastanlage zuständigen Unterkonzessionsnehmer (Fall 2). In den Rn. 595 ff. kritisiert die Wettbewerbsbehörde das Modell zur Auswahl der Betreiber des Ladeinfrastrukturnetzes auf Autobahnrastanlagen ohne Ausschreibung. Eine ähnliche Kritik findet sich im Bericht der deutschen Monopolkommission aus dem Jahr 2023 „Energie 2023: Mit Wettbewerb aus der Energiekrise“, Rn. 314 ff. In früheren Berichten hatte die Monopolkommission bereits empfohlen, mehreren Wirtschaftsteilnehmern des Sektors Zugang zu den Elektroladeeinrichtungen zu gewähren.
( 47 ) U. a. Urteile vom 16. Februar 2023, DGRFP Cluj (C‑519/21, EU:C:2023:106, Rn. 105), und vom 26. März 2020, Hungeod u. a. (C‑496/18 und C‑497/18, EU:C:2020:240, im Folgenden: Urteil Hungeod, Rn. 93 mit weiteren Nachweisen).
( 48 ) Urteil Hungeod (Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens findet dieser Grundsatz zudem konkreten Ausdruck in den Richtlinien über Nachprüfungsverfahren: vgl. Art. 2a und 2c dieser Richtlinien sowie Erwägungsgründe 25 und 27 der Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge (ABl. 2007, L 335, S. 31); siehe auch unten Nrn. 87 und 89 bis 91 der vorliegenden Schlussanträge.
( 49 ) Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2014/23 gemäß deren Art. 51.
( 50 ) Mit der von mir in Nr. 58 dargelegten Tragweite, immer entsprechend der These Fastned/Kommission.
( 51 ) Siehe oben, Nr. 19, zum Datum der Änderung als dem für die Frage des anzuwendenden Rechts maßgeblichen Zeitpunkt.
( 52 ) Urteile vom 24. September 1998, Tögel (C‑76/97, EU:C:1998:432, Rn. 54), und vom 5. Oktober 2000, Kommission/Frankreich (C‑337/98, EU:C:2000:543, Rn. 38).
( 53 ) Urteil vom 25. Januar 2022, VYSOČINA WIND (C‑181/20, EU:C:2022:51, Rn. 47).
( 54 ) Urteil Hungeod in Beantwortung der ersten, der dritten und der vierten Vorlagefrage in jener Rechtssache.
( 55 ) Rn. 47 bis 49 ihrer schriftlichen Erklärungen. Die Kommission hingegen akzeptiert die sich daraus ergebende Schwierigkeit. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, schränkt sie in den Rn. 45 und 47 ihrer schriftlichen Erklärungen die Fälle ein, auf die ihre Auslegung anwendbar sein soll; siehe oben, Fn. 37.
( 56 ) Rn. 48. Sie verweist konkret auf das Urteil Hungeod, in dem es um solche Sanktionen ging.
( 57 ) Wie schon gesagt, teilt die Kommission die Auffassung zu dem zuletzt genannten Punkt.
( 58 ) Ähnlich wie bei einer Klage, deren Ziel nicht die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags, sondern Schadensersatz ist: vgl. Urteil vom 8. Mai 2014, Idrodinamica Spurgo Velox u. a. (C‑161/13, EU:C:2014:307, Rn. 45 und 46).
( 59 ) Diese verspätete Entscheidung wäre überdies mit all jenen praktischen Schwierigkeiten verbunden, die bei jeder Nachprüfung einer vor mehreren Jahrzehnten ergangenen Entscheidung auftreten, der andere als die aktuellen Rechtsvorschriften zugrunde lagen und die Körperschaften beträfe, die vielleicht gar nicht mehr existieren. Auf diesen Umstand haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit der ursprünglichen Konzession hingewiesen.
( 60 ) Oder auf der Reaktion der Kommission, falls ein schwerer Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt; vgl. Art. 3 der Richtlinien über Nachprüfungsverfahren. Diese stehen im Übrigen einer Ausweitung des Kreises der Personen, die Zugang zu den Nachprüfungsverfahren haben, durch die nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen.
( 61 ) Der 122. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24 bestätigt, dass auch andere Personen „als Steuerzahler … ein begründetes Interesse an soliden Vergabeverfahren [haben]“. Solchen Personen „sollte daher die Möglichkeit gegeben werden, auf anderem Wege als dem des Nachprüfungssystems gemäß der Richtlinie 89/665/EWG und ohne dass sie zwingend vor Gericht klagen können müssten, mögliche Verstöße gegen diese Richtlinie gegenüber einer zuständigen Behörde oder Stelle anzuzeigen“. Hervorhebung nur hier.
( 62 ) Urteil vom 24. Februar 2022, Alstom Transport (C‑532/20, EU:C:2022:128, Rn. 21 und 22).
( 63 ) Einschließlich der Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, kein Vergabeverfahren durchzuführen: Urteil vom 11. Januar 2005, Stadt Halle und RPL Lochau (C‑26/03, EU:C:2005:5, Rn. 33, 36 und 37).
( 64 ) In der Praxis dürften die Fristen für Klagen, die die Beteiligten der ursprünglichen Konzessionsvergabe wegen einer Verletzung geltenden Rechts erheben können, normalerweise abgelaufen sein.
( 65 ) Siehe oben, Nr. 64.
( 66 ) Nach den Richtlinien über Nachprüfungsverfahren wird die Nichtbeachtung der Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen nicht zwangsläufig mit der Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrags geahndet. Ich verweise auf meine Schlussanträge in der Rechtssache CROSS Zlín (C‑303/22, EU:C:2023:652, Nrn. 78 bis 87).
( 67 ) Urteil vom 2. September 2021, Sisal u. a. (C‑721/19 und C‑722/19, EU:C:2021:672, Nr. 3 des Tenors).