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Dokument 62014CC0158

Schlussanträge der Generalanwältin E. Sharpston vom 29. September 2016.
A u. a. gegen Minister van Buitenlandse Zaken.
Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP – Rahmenbeschluss 2002/475/JI – Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 – Art. 2 Abs. 3 – Aufnahme der Organisation der ‚Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE)‘ in die Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, die an terroristischen Handlungen beteiligt sind – Vorlagefrage nach der Gültigkeit dieser Aufnahme – Vereinbarkeit mit dem humanitären Völkerrecht – Begriff der terroristischen Handlung – Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten.
Rechtssache C-158/14.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2016:734

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 29. September 2016 ( 1 )

Rechtssache C‑158/14

A,

B,

C

und

D

gegen

Minister van Buitenlandse Zaken

(Vorabentscheidungsersuchen des Raad van State [Staatsrat, Niederlande])

„Art. 267 AEUV — Art. 263 Abs. 4 AEUV — Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung und Überprüfung der Gültigkeit einer Handlung der Union im Rahmen von Vorabentscheidungsverfahren — Durchführungsverordnung (EU) Nr. 610/2010 — Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP — Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates — Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates — Definition der terroristischen Handlungen — Frage, ob Handlungen nicht staatlicher Streitkräfte in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt terroristische Handlungen darstellen — Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung — Humanitäres Völkerrecht — Es wurde festgestellt, dass A, B, C und D für die „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (im Folgenden: LTTE) Gelder gesammelt und an diese weitergeleitet haben, ei“

1. 

ne Vereinigung, die gegen die sri-lankische Regierung einen Bürgerkrieg geführt hat, um im Norden und Osten Sri Lankas einen unabhängigen Staat für das tamilische Volk zu errichten, und die von der Europäischen Union seit ungefähr zehn Jahren als „terroristisch“ eingestuft wird.

2. 

Die niederländischen Behörden haben A, B, C und D als Personen eingestuft, gegen die restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus nach niederländischen Rechtsvorschriften zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (im Folgenden: UNSC‑Resolution) zur Anwendung kommen. Dies hat zur Folge, dass ihre Ressourcen eingefroren werden, es untersagt ist, ihnen oder zu ihren Gunsten Finanzdienstleistungen zu erbringen, und ihnen keine Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Mit dem Ergreifen dieser Maßnahmen behandelten die niederländischen Behörden die LTTE als terroristische Organisation. Diese Entscheidung erging unter Berücksichtigung einer Durchführungsverordnung des Rates der Europäischen Union, die die LTTE auf einer Liste von Vereinigungen beließ, die an terroristischen Handlungen beteiligt sind und gegen die restriktive Maßnahmen zur Anwendung kommen. Mit ihrer Klage vor den niederländischen Gerichten machen A, B, C und D geltend, dass diese Verordnung ungültig sei, weil die Handlungen der LTTE keine terroristischen Handlungen seien. In den LTTE seien vielmehr nicht staatliche Streitkräfte zu sehen, die an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt in Sri Lanka beteiligt seien, so dass auf ihre Handlungen allein das humanitäre Völkerrecht und nicht EU-Regelungen oder internationale Regelungen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung fänden. Die Europäische Union habe somit Anschläge und Entführungen, die die LTTE zwischen 2005 und 2009 verübt hätten, fälschlicherweise als „terroristische Handlungen“ angesehen, die die Aufnahme der LTTE in eine EU-Liste an terroristischen Handlungen beteiligter Organisationen rechtfertige.

3. 

Der Raad van State (Staatsrat, Niederlande) hat ein Vorabentscheidungsersuchen gestellt, mit dem er im Wesentlichen nach der Definition der „terroristischen Handlungen“ im Sinne der Durchführungsverordnung des Rates sowie danach fragt, ob mögliche Abweichungen zwischen dieser Definition im Unionsrecht und im Völkerrecht (insbesondere in dem zur Bekämpfung des Terrorismus ergangenen Völkerrecht und im humanitären Völkerrecht) Auswirkungen auf die Gültigkeit der in Rede stehenden Durchführungsverordnung haben könnten. Er fragt ferner, ob A, B, C und D die Ungültigkeit dieser Durchführungsverordnung im Ausgangsverfahren geltend machen könnten, nachdem Einzelpersonen nun nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon in größerem Umfang unmittelbaren Zugang zu den Unionsgerichten hätten.

Völkerrecht

Humanitäres Völkerrecht

4.

Das humanitäre Völkerrecht gilt für Kriegshandlungen in internationalen und nicht internationalen bewaffneten Konflikten. Es soll vor allem der Zivilbevölkerung im Konfliktgebiet dadurch Schutz bieten, dass die Kriegsfolgen für Menschen und Vermögenswerte begrenzt werden ( 2 ).

5.

Das humanitäre Völkerrecht ist zu erheblichen Teilen in den vier Genfer Abkommen ( 3 ) und ihren drei Zusatzprotokollen ( 4 ) geregelt. Einer der in den Abkommen und Zusatzprotokollen verankerten fundamentalen Grundsätze ist die Unterscheidung zwischen Zivilbevölkerung und militärischen Kombattanten sowie zwischen zivilen Gegenständen und militärischen Gegenständen. Sie regeln grundlegende Rechte von Kriegsgefangenen (Zivilpersonen und Militärpersonen), den Schutz von Verwundeten und Kranken und den Schutz und die Rechte von Zivilpersonen (Nichtkombattanten) in Kriegsgebieten und deren Umfeld. Die Europäische Union gehört keinem der Abkommen oder ihren Zusatzprotokollen als Vertragspartei an. Alle Mitgliedstaaten sind jedoch jeweils Vertragsparteien.

6.

Der allen Genfer Abkommen gemeinsame Art. 2 bestimmt insbesondere:

„Außer den Bestimmungen, die bereits in Friedenszeiten durchzuführen sind, findet das vorliegende Abkommen Anwendung in allen Fällen eines erklärten Krieges oder eines anderen bewaffneten Konflikts, der zwischen zwei oder mehreren der Hohen Vertragsparteien entsteht, auch wenn der Kriegszustand von einer dieser Parteien nicht anerkannt wird.

Das Abkommen findet auch in allen Fällen vollständiger oder teilweiser Besetzung des Gebietes einer Hohen Vertragspartei Anwendung, selbst wenn diese Besetzung auf keinen bewaffneten Widerstand stößt.

…“

7.

Nach dem allen Genfer Abkommen gemeinsamen Art. 3, der eine Regel des Völkergewohnheitsrechts kodifiziert ( 5 ), ist jedoch

„[i]m Falle eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat und auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht, … jede der am Konflikt beteiligten Parteien gehalten, wenigstens die folgenden Bestimmungen anzuwenden:

1.

Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeine andere Ursache außer Kampf gesetzt sind, werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt, ohne jede auf Rasse, Farbe, Religion oder Glauben, Geschlecht, Geburt oder Vermögen oder auf irgendeinem anderen ähnlichen Unterscheidungsmerkmal beruhende Benachteiligung. Zu diesem Zwecke sind und bleiben in Bezug auf die oben erwähnten Personen jederzeit und überall verboten:

a)

Angriffe auf das Leben und die Person, namentlich Tötung jeder Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung;

b)

das Festnehmen von Geiseln;

…“

8.

Art. 1 („Allgemeine Grundsätze und Anwendungsbereich“) des Protokolls I, der den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte betrifft und ebenfalls Völkergewohnheitsrecht kodifiziert ( 6 ), bestimmt insbesondere:

„…

3.   Dieses Protokoll, das die Genfer Abkommen … ergänzt, findet in den Situationen Anwendung, die [im gemeinsamen Art. 2] bezeichnet sind.

4.   Zu den in Absatz 3 genannten Situationen gehören auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen, wie es in der Charta der Vereinten Nationen und in der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist.“

9.

Nach Art. 51 Abs. 2 des Protokolls I ist „[d]ie Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, … verboten“.

10.

Das Protokoll II betrifft den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte. Der IGH hat noch nicht dazu Stellung genommen, ob dieses Protokoll Regeln des Völkergewohnheitsrechts kodifiziert.

11.

Art. 1 („Sachlicher Anwendungsbereich“) des Protokolls II bestimmt:

„1.   Dieses Protokoll, das den [gemeinsamen Art. 3] weiterentwickelt und ergänzt, ohne die bestehenden Voraussetzungen für seine Anwendung zu ändern, findet auf alle bewaffneten Konflikte Anwendung, die von Artikel 1 des [Protokolls I] nicht erfasst sind und die im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei zwischen deren Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaffneten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebiets der Hohen Vertragspartei ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen und dieses Protokoll anzuwenden vermögen.

2.   Dieses Protokoll findet nicht auf Fälle innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen Anwendung, die nicht als bewaffnete Konflikte gelten.“

12.

Nach Art. 4 („Grundlegende Garantien“) des Protokolls II sind insbesondere die Geiselnahme von Personen, die nicht unmittelbar oder nicht mehr an Feindseligkeiten teilnehmen, sowie terroristische Handlungen gegen diese „jederzeit und überall“ verboten ( 7 ).

13.

Art. 6 („Strafverfolgung“) legt Mindestgarantien für die Verfolgung und Bestrafung von Straftaten im Zusammenhang mit einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt fest. Nach dieser Bestimmung müssen die an der Macht befindlichen Stellen sich bei Beendigung der Feindseligkeiten bemühen, denjenigen Personen eine möglichst weitgehende Amnestie zu gewähren, die am bewaffneten Konflikt teilgenommen haben oder denen aus Gründen im Zusammenhang mit dem Konflikt die Freiheit entzogen wurde, gleichviel, ob sie interniert sind oder in Haft gehalten werden ( 8 ).

14.

Nach Art. 13 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls II ist „die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten“, verboten. Einige internationale Strafgerichte haben hierin eine Regel des Völkergewohnheitsrechts erkannt, deren Verletzung eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet ( 9 ).

Völkerrecht zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Bekämpfung von Geiselnahmen

Resolution 1373 (2001)

15.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedete am 28. September 2001, nach den Angriffen vom 11. September jenes Jahres in den Vereinigten Staaten, die Resolution 1373 (2001) (im Folgenden: Resolution 1373 [2001]) ( 10 ). Punkt 1 verpflichtet alle Staaten dazu, dass sie

„a)

die Finanzierung terroristischer Handlungen verhüten und bekämpfen werden;

b)

die vorsätzliche Bereitstellung oder Sammlung von Geldern, gleichviel durch welche Mittel und ob mittelbar oder unmittelbar, durch ihre Staatsangehörigen oder in ihrem Hoheitsgebiet mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass diese Gelder zur Ausführung terroristischer Handlungen verwendet werden, unter Strafe stellen werden;

d)

ihren Staatsangehörigen oder allen Personen und Einrichtungen in ihrem Hoheitsgebiet untersagen werden, Gelder, finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen oder Finanz- oder damit zusammenhängende Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar zum Nutzen von Personen zur Verfügung zu stellen, die terroristische Handlungen begehen, zu begehen versuchen, erleichtern oder sich daran beteiligen, oder zum Nutzen von Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Personen stehen oder zum Nutzen von Personen und Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung dieser Personen handeln …“.

16.

Punkt 3 Buchst. d fordert alle Staaten auf, „so bald wie möglich Vertragsparteien der einschlägigen internationalen Übereinkünfte und Protokolle betreffend den Terrorismus zu werden, namentlich des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999[ ( 11 )]“.

Multilaterale und regionale Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus

17.

Die Staaten haben sich (noch) nicht auf eine umfassende, allgemeingültige Definition dessen geeinigt, was als eine terroristische Handlung anzusehen ist ( 12 ).

18.

Das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (im Folgenden: Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge) wurde am 15. Dezember 1997 in New York unterzeichnet ( 13 ). Zu den Vertragsparteien zählen zwar nicht die Europäische Union selbst, jedoch alle ihre Mitgliedstaaten. Der letzte Erwägungsgrund des Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge weist darauf hin, dass die Tätigkeiten der Streitkräfte der Staaten durch Regeln des Völkerrechts erfasst werden, die außerhalb des Rahmens des Übereinkommens liegen, und dass das Ausnehmen bestimmter Handlungen vom Geltungsbereich des Übereinkommens daher nicht „bedeutet, dass ansonsten rechtswidrige Handlungen entschuldigt oder rechtmäßig werden oder dass die Verfolgung nach anderen Gesetzen verhindert wird …“.

19.

Art. 19 Abs. 2 lautet: „Die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts, die von jenem Recht erfasst werden, sind von [dem Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge] nicht erfasst; die Tätigkeiten, die Streitkräfte eines Staates in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, sind von diesem Übereinkommen ebenfalls nicht erfasst, soweit sie von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.“

20.

Das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (im Folgenden: Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung) wurde am 9. Dezember 1999 in New York unterzeichnet ( 14 ). Zu den Vertragsparteien zählen zwar nicht die Europäische Union selbst, jedoch alle ihre Mitgliedstaaten. Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens zur Terrorismusfinanzierung bestimmt:

„Eine Straftat im Sinne dieses Übereinkommens begeht, wer auf irgendeinem Wege unmittelbar oder mittelbar, widerrechtlich und vorsätzlich finanzielle Mittel bereitstellt oder sammelt in der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass sie ganz oder teilweise verwendet werden, um

a)

eine Handlung vorzunehmen, die im Sinne und nach der Begriffsbestimmung einer der in der Anlage aufgeführten Übereinkünfte eine Straftat darstellt[ ( 15 )],

b)

eine andere Handlung vorzunehmen, die den Tod oder eine schwere Körperverletzung einer Zivilperson oder einer anderen Person, die bei einem bewaffneten Konflikt nicht aktiv an den Feindseligkeiten teilnimmt, herbeiführen soll, wenn diese Handlung aufgrund ihres Wesens oder der Umstände darauf abzielt, die Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen.“

21.

Nach Art. 8 Abs. 1 des Übereinkommens zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung ergreifen die Vertragsstaaten in Übereinstimmung mit ihren innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen geeignete Maßnahmen zur Feststellung, Ermittlung und Sicherstellung oder Beschlagnahme jeglicher für die Begehung der Straftaten nach Art. 2 verwendeten oder bestimmten finanziellen Mittel sowie der durch diese Straftaten erlangten Erträge, um diese gegebenenfalls einzuziehen.

22.

Nach Art. 21 „[berührt das] Übereinkommen … nicht die sonstigen Rechte, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, die sich für Staaten und Einzelpersonen aus dem Völkerrecht, insbesondere den Zielen der Charta der Vereinten Nationen, dem humanitären Völkerrecht und sonstigen einschlägigen Übereinkommen, ergeben“.

23.

Das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (im Folgenden: Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen) wurde am 13. April 2005 in New York unterzeichnet ( 16 ). Zu den Vertragsparteien zählen zwar nicht die Europäische Union selbst, jedoch die große Mehrheit ihrer Mitgliedstaaten ( 17 ). Nach Art. 4 Abs. 2 des Übereinkommens zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen sind die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts, die von jenem Recht erfasst werden, von dem Übereinkommen nicht erfasst und sind die Tätigkeiten, die Streitkräfte eines Staates in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, von dem Übereinkommen ebenfalls nicht erfasst, soweit sie von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.

24.

Zu den regionalen Übereinkommen zählen das unlängst angenommene Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus ( 18 ). Die Europäische Union hat dieses Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Darüber hinaus haben nicht alle, aber die große Mehrheit der Mitgliedstaaten das Übereinkommen unterzeichnet oder ratifiziert ( 19 ). Art. 26 Abs. 5 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus bestimmt:

„Die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts, die von jenem Recht erfasst werden, sind von diesem Übereinkommen nicht erfasst; die Tätigkeiten, die Streitkräfte einer Vertragspartei in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, sind von diesem Übereinkommen ebenfalls nicht erfasst, soweit sie von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.“

Internationales Übereinkommen gegen Geiselnahme

25.

Das Internationales Übereinkommen gegen Geiselnahme (im Folgenden: Übereinkommen gegen Geiselnahme) wurde am 17. Dezember 1979 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommen ( 20 ). Nach Art. 12 des Übereinkommens gegen Geiselnahme „[findet], [s]oweit die [Genfer Abkommen und die dazugehörigen Protokolle] auf eine bestimmte Geiselnahme Anwendung finden und soweit Vertragsstaaten [des Übereinkommens gegen Geiselnahme] nach jenen Abkommen zur strafrechtlichen Verfolgung oder zur Auslieferung des Geiselnehmers verpflichtet sind, [das Übereinkommen gegen Geiselnahme] keine Anwendung auf eine Geiselnahme, die im Verlauf von bewaffneten Konflikten im Sinne [der Genfer Abkommen und der dazugehörigen Protokolle] begangen wird …“.

Unionsrecht

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

26.

Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV kann „[j]ede natürliche oder juristische Person … unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben“. In Abs. 1 sind die Arten von Handlungen benannt, die durch den Gerichtshof überprüfbar sind. Hierzu gehören die Handlungen des Rates. In Abs. 2 sind die Anfechtungsgründe genannt, für die die Zuständigkeit des Gerichtshofs besteht. Nach Abs. 6 sind Klagen „binnen zwei Monaten … je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat“, zu erheben.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

27.

Nach Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( 21 ) (im Folgenden: Charta) „[hat] [j]ede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, … das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen“.

28.

Nach Art. 48 Abs. 1 „[gilt] [j]eder Angeklagte … bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig“. Nach Art. 48 Abs. 2 „[wird] [j]edem Angeklagten … die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet“.

Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP

29.

Der zweite Erwägungsgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP ( 22 ) nimmt Bezug auf die Resolution 1373 (2001), mit der umfassende Strategien zur Bekämpfung des Terrorismus und insbesondere für den Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus festgelegt werden. Nach dem fünften Erwägungsgrund sollte die Europäische Union zur Umsetzung der Resolution 1373 (2001) zusätzliche Maßnahmen treffen.

30.

Nach Art. 1 Abs. 1 „[gilt] [der] Gemeinsame Standpunkt … im Einklang mit den Bestimmungen der nachstehenden Artikel für die im Anhang aufgeführten Personen, Vereinigungen und Körperschaften, die an terroristischen Handlungen beteiligt sind“.

31.

Art. 1 Abs. 2 definiert „Personen, Vereinigungen und Körperschaften, die an terroristischen Handlungen beteiligt sind“, als

Personen, die terroristische Handlungen begehen, zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese erleichtern;

Vereinigungen oder Körperschaften, die unmittelbar oder mittelbar Eigentum dieser Personen sind oder unter deren Kontrolle stehen; ferner Personen, Vereinigungen und Körperschaften, die im Namen oder auf Weisung dieser Personen, Vereinigungen und Körperschaften handeln, einschließlich der Gelder, die aus Vermögen stammen oder hervorgehen, das unmittelbar oder mittelbar Eigentum dieser Personen und mit ihnen assoziierter Personen, Vereinigungen und Körperschaften ist oder unter deren Kontrolle steht.“

32.

Nach Art. 1 Abs. 3 ist eine „terroristische Handlung“

„eine der nachstehend aufgeführten vorsätzlichen Handlungen, die durch ihre Art oder durch ihren Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen kann und im innerstaatlichen Recht als Straftat definiert ist, wenn sie mit dem Ziel begangen wird,

i)

die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder

ii)

eine Regierung oder eine internationale Organisation unberechtigterweise zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder

iii)

die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören:

a)

Anschläge auf das Leben einer Person, die zum Tode führen können;

b)

Anschläge auf die körperliche Unversehrtheit einer Person;

c)

Entführung oder Geiselnahme;

d)

weit reichende Zerstörungen an einer Regierungseinrichtung oder einer öffentlichen Einrichtung, einem Verkehrssystem, einer Infrastruktur, einschließlich eines Informatiksystems, einer festen Plattform, die sich auf dem Festlandsockel befindet, einem allgemein zugänglichen Ort oder einem Privateigentum, die Menschenleben gefährden oder zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen können;

e)

Kapern von Luft- und Wasserfahrzeugen oder von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln oder Güterverkehrsmitteln;

f)

Herstellung, Besitz, Erwerb, Beförderung oder Bereitstellung oder Verwendung von Schusswaffen, Sprengstoffen, Kernwaffen, biologischen und chemischen Waffen sowie die Forschung und Entwicklung in Bezug auf biologische und chemische Waffen;

g)

Freisetzung gefährlicher Stoffe oder Herbeiführen eines Brandes, einer Explosion oder einer Überschwemmung, wenn dadurch das Leben von Menschen in Gefahr gebracht wird;

h)

Manipulation oder Störung der Versorgung mit Wasser, Strom oder anderen lebenswichtigen natürlichen Ressourcen, wenn dadurch das Leben von Menschen in Gefahr gebracht wird;

i)

Drohung mit der Begehung einer der unter den Buchstaben a) bis h) genannten Straftaten;

j)

Anführen einer terroristischen Vereinigung;

k)

Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung einschließlich durch Bereitstellung von Informationen oder materiellen Mitteln oder durch jegliche Art der Finanzierung ihrer Aktivitäten in dem Wissen, dass diese Beteiligung zu den kriminellen Aktivitäten der Gruppe beiträgt.

…“

33.

Nach den Art. 2 und 3 war die (damalige) Europäische Gemeinschaft im Rahmen der ihr durch den (damaligen) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten verpflichtet, „das Einfrieren der Gelder und sonstigen Vermögenswerte oder wirtschaftlichen Ressourcen der im Anhang aufgeführten Personen, Gruppen und Körperschaften [anzuordnen]“ und „[sicherzustellen], dass den im Anhang aufgeführten Personen, Vereinigungen und Körperschaften keine Gelder, Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen oder Finanz- oder andere damit zusammenhängende Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung gestellt werden“.

Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates

34.

Die Erwägungsgründe 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates ( 23 ) nehmen Bezug auf die Resolution 1373 (2001). Nach dem fünften Erwägungsgrund ist es erforderlich, dass die Gemeinschaft tätig wird, um die die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden: GASP) betreffenden Aspekte des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 umzusetzen. Nach dem 14. Erwägungsgrund kann die Liste nach Art. 2 Abs. 3 ( 24 ) sowohl Personen und Körperschaften umfassen, die mit Drittstaaten in Verbindung oder in Bezug zu Drittstaaten stehen, als auch solche, die in anderer Weise im Mittelpunkt der GASP-Aspekte des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 stehen.

35.

Art. 1 Abs. 2 definiert „Einfrieren von Geldern, anderen finanziellen Vermögenswerten und wirtschaftlichen Ressourcen“ als „die Verhinderung jeglicher Form von Bewegungen, Transfers, Veränderungen, Verwendung von Geldmitteln und Handel mit ihnen, die deren Volumen, Beträge, Belegenheit, Eigentum, Besitz, Eigenschaften oder Zweckbestimmung verändern oder andere Veränderungen bewirken, mit denen eine Nutzung der Mittel einschließlich der Vermögensverwaltung ermöglicht wird“. Nach Art. 1 Abs. 4 hat der Begriff „terroristische Handlung“ im Sinne der Verordnung Nr. 2580/2001 dieselbe Bedeutung wie nach Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ( 25 ).

36.

Nach Art. 2 Abs. 1 werden, sofern nicht eine Ausnahme nach Art. 5 oder 6 vorliegt ( 26 ),

„a)

… alle Gelder, andere finanzielle Vermögenswerte und wirtschaftliche Ressourcen, die einer in der Liste nach Artikel 2 Absatz 3 aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Vereinigung oder Körperschaft gehören oder in deren Eigentum stehen oder von ihr verwahrt werden, eingefroren;

b)

… weder direkt noch indirekt Gelder, andere finanzielle Vermögenswerte und wirtschaftliche Ressourcen für eine in der Liste nach Artikel 2 Absatz 3 aufgeführte natürliche oder juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft oder zu ihren Gunsten bereitgestellt“.

37.

Nach Art. 2 Abs. 2 ist (sofern nicht eine Ausnahme nach Art. 5 oder 6 vorliegt) „die Erbringung von Finanzdienstleistungen für eine in der Liste nach Artikel 2 Absatz 3 aufgeführte natürliche oder juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft oder zu ihren Gunsten untersagt“.

38.

Nach Art. 2 Abs. 3 erstellt, überprüft und ändert der Rat im Einklang mit Art. 1 Abs. 4, 5 und 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 die Liste der der Verordnung Nr. 2580/2001 unterfallenden Personen, Vereinigungen oder Körperschaften (im Folgenden: Liste nach Art. 2 Abs. 3). Nach dieser Bestimmung müssen in der Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgeführt sein:

„i)

natürliche Personen, die eine terroristische Handlung begehen oder zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese erleichtern;

ii)

juristische Personen, Vereinigungen oder Körperschaften, die eine terroristische Handlung begehen oder zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese erleichtern;

iii)

juristische Personen, Vereinigungen oder Körperschaften, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer oder mehrerer der unter Ziffer i) oder ii) genannten natürlichen oder juristischen Personen, Vereinigungen oder Körperschaften stehen, oder

iv)

natürliche oder juristische Personen, Vereinigungen oder Körperschaften, die im Namen oder auf Anweisung einer oder mehrerer der unter Ziffer i) oder ii) genannten natürlichen oder juristischen Personen, Vereinigungen oder Körperschaften handeln“.

39.

Nach Art. 9 „[legt] [j]eder Mitgliedstaat … die Sanktionen [fest], die bei Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Verordnung zu verhängen sind“, und müssen „[d]iese Sanktionen … wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“ ( 27 ).

Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JI

40.

Der dritte Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI ( 28 ) erwähnt, dass alle Mitgliedstaaten oder einige von ihnen einer Reihe von Übereinkommen zum Thema Terrorismus beigetreten sind. Nach dem sechsten Erwägungsgrund sollte in allen Mitgliedstaaten eine Angleichung der Definition der terroristischen Straftaten, einschließlich der Straftaten, die im Zusammenhang mit terroristischen Vereinigungen begangen werden, erfolgen. Nach dem elften Erwägungsgrund „[gilt] [d]ieser Rahmenbeschluss … nicht für die Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts, die diesem Recht unterliegen, und die Aktivitäten der Streitkräfte eines Staates in Wahrnehmung ihres offiziellen Auftrags, soweit sie anderen Regeln des Völkerrechts unterliegen“ ( 29 ).

41.

Art. 1 Abs. 1 bestimmt:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die unter den Buchstaben a) bis i) aufgeführten, nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften als Straftaten definierten vorsätzlichen Handlungen, die durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können, als terroristische Straftaten eingestuft werden, wenn sie mit dem Ziel begangen werden,

die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder

öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder

die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören:

[In den Buchst. a bis i sind dieselben vorsätzlichen Handlungen aufgeführt wie in Art. 1 Abs. 3 Buchst. a bis i des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ( 30 )].“

Aufnahme der LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3

42.

Die LTTE wurden erstmals durch den Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2006/380/GASP ( 31 ) auf die Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/231 gesetzt. Zeitgleich wurden sie mit dem Beschluss 2006/379/EG des Rates ( 32 ) in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgenommen. Die LTTE verblieben dort aufgrund einer Reihe von Beschlüssen und Verordnungen, darunter die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 610/2010 des Rates ( 33 ), mit denen die jeweiligen Vorgängerregelungen aufgehoben und ersetzt wurden. Die aktuellste Liste findet sich im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2425 des Rates ( 34 ).

Niederländisches Recht

43.

Art. 2 Abs. 1 der Sanctieregeling terrorisme 2007-II (Ministerialerlass über Sanktionen auf dem Gebiet des Terrorismus 2007-II; im Folgenden: Sanctieregeling 2007) ermächtigt den Minister van Buitenlandse Zaken (Außenminister; im Folgenden: Minister), in Übereinstimmung mit dem Justizminister (im Folgenden: Minister van Justitie) und dem Finanzminister (im Folgenden: Minister van Financiën), eine Aufnahme von Personen oder Vereinigungen in eine Liste anzuordnen, die nach seiner Auffassung zum Kreis der der Resolution 1373 (2001) unterliegenden Personen oder Vereinigungen gehören. Wird eine solche Entscheidung getroffen, werden alle Ressourcen eingefroren, die diesen Personen oder Vereinigungen zuzurechnen sind (Art. 2 Abs. 2), und es ist verboten, ihnen oder zu ihrem Nutzen Finanzdienstleistungen zu erbringen (Art. 2 Abs. 3) oder ihnen unmittelbar oder mittelbar Ressourcen zur Verfügung zu stellen (Art. 2 Abs. 4).

44.

Den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge setzt Art. 2 der Sanctieregeling die Resolution 1373 (2001) um, steht aber nicht in Bezug zur Verordnung Nr. 2580/2001, zum Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 oder zu Handlungen, durch die Personen oder Vereinigungen auf die Liste nach Art. 2 Abs. 3 gesetzt werden.

Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

45.

A, B, C und D haben ihren Wohnsitz in den Niederlanden. Mit Bescheiden vom 8. Juni 2010 (im Folgenden: Feststellungsbescheide) stellte der Minister fest, dass die Sanctieregeling 2007 auf sie als natürliche Personen zur Anwendung komme. Infolgedessen wurden ihre Ressourcen eingefroren. Mit Bescheiden vom 25. November 2010, 8. Dezember 2010 bzw. 10. Januar 2011 (im Folgenden: angefochtene Bescheide) wies der Minister die von A, B, C und D gegen die Feststellungsbescheide eingelegten Rechtsbehelfe zurück. Die angefochtenen Bescheide stützten sich darauf, dass A, B, C und D zu dem in der Resolution 1373 (2001) genannten Kreis von Personen gehörten. Zu diesem Schluss gelangte der Minister unter Berücksichtigung folgender Umstände: i) A, B, C und D seien an der Beschaffung von Geldern für die LTTE beteiligt gewesen, ii) die LTTE stünden auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3, und iii) es seien Strafverfahren gegen A, B, C und D bei der Abteilung für Strafsachen der Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) u. a. wegen eines ihnen zur Last gelegten Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 eingeleitet worden.

46.

Mit Urteilen vom 21. Oktober 2011 kam die Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) hinsichtlich der Verurteilung von drei der vier Rechtsmittelführer wegen Verstoßes gegen die Verordnung Nr. 2580/2001 zu dem Schluss, dass B, C und D Aktivitäten (der Geldbeschaffung) für die LTTE durchgeführt hätten, sprach sie jedoch von den Vorwürfen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung frei. Das Gericht war der Auffassung, dass die Terrorismusbestimmungen des niederländischen Strafgesetzbuchs den Rahmenbeschluss 2002/475 umsetzten und dass der Konflikt zwischen der sri-lankischen Regierung und den LTTE ein nicht internationaler bewaffneter Konflikt im Sinne von Art. 1 des Protokolls II sei ( 35 ). Aufgrund dessen liege in Anbetracht des elften Erwägungsgrundes des Rahmenbeschlusses 2002/475 in Bezug auf die Vorwürfe gegen B, C und D keine Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor. Die Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) verurteilte B, C und D jedoch wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001. Sie war der Auffassung, dass sie an den Beschluss des Rates zur Aufnahme der LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 gebunden sei. Sie stellte ferner fest, dass die Beschlüsse, durch die die LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgenommen worden seien und die zum Zeitpunkt der Begehung der zur Last gelegten Straftaten anwendbar gewesen seien, vor dem Gericht der Europäischen Union nicht angefochten worden seien. Die Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) ging daher von der Gültigkeit der genannten Beschlüsse aus. Gegen diese Urteile waren zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Schlussanträge Rechtsmittel beim Gerechtshof Den Haag (Bezirksberufungsgericht, Den Haag) anhängig.

47.

Zwischenzeitlich wurden die von A, B, C und D gegen die angefochtenen Bescheide eingelegten Rechtsmittel von den Abteilungen für Verwaltungsrechtssachen der Rechtbank Zwolle-Lelystad (Bezirksgericht, Zwolle-Lelystad), der Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) bzw. der Rechtbank Alkmaar (Bezirksgericht, Alkmaar) als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Urteile haben A, B, C und D daraufhin Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht eingelegt. Sie bestreiten, sich an einer Beschaffung von Geldern für die LTTE beteiligt zu haben. Die Abteilung für Strafsachen der Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) habe entschieden, dass die LTTE keine terroristische Vereinigung seien, weil der Konflikt der LTTE mit der sri-lankischen Regierung ein nicht internationaler bewaffneter Konflikt sei.

48.

Dem vorlegenden Gericht zufolge wurden die LTTE wegen einer Reihe von zwischen 2005 und 2009 verübten Anschlägen und Entführungen auf die Liste nach Art. 2 Abs. 3 gesetzt. Diese Handlungen hätten offenbar in Sri Lanka stattgefunden und im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen der sri-lankischen Regierung und den LTTE gestanden. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts durfte der Minister davon ausgehen, dass A, B, C und D an der Beschaffung von Geldern für die LTTE beteiligt gewesen seien. Es hat jedoch Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit der Aufnahme der LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 zum Zeitpunkt der Bescheide des Ministers vom 25. November 2010 und 8. Dezember 2010 und der beiden Bescheide vom 10. Januar 2011. Ferner erscheint ihm unklar, ob A, B, C und D befugt gewesen wären, die Gültigkeit der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen Union in Frage zu stellen.

49.

Vor diesem Hintergrund ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Hinweise zu folgenden Fragen:

1.

Wären die Rechtsmittelführer im vorliegenden Verfahren – u. a. aufgrund von Art. 47 der Charta – ohne Zweifel befugt gewesen, im eigenen Namen nach Art. 263 AEUV vor dem Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 zu erheben, soweit die LTTE durch diese Verordnung in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgenommen worden sind?

2.

a)

Können Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts – auch unter Berücksichtigung des elften Erwägungsgrundes des Rahmenbeschlusses 2002/475 – terroristische Straftaten im Sinne dieses Rahmenbeschlusses sein?

b)

Sofern Frage 2 a bejaht wird: Können Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts terroristische Handlungen im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 sein?

3.

Handelt es sich bei den Handlungen, die der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010, soweit die LTTE durch diese in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgenommen worden sind, zugrunde liegen, um Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts?

4.

Ist – unter Berücksichtigung der Antwort auf die Fragen 1, 2 a, 2 b und 3 – die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010, soweit die LTTE durch diese in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 aufgenommen worden sind, ungültig?

5.

Sofern Frage 4 bejaht wird: Erstreckt sich die Ungültigkeit in diesem Fall auch auf die früheren und späteren Beschlüsse des Rates zur Aktualisierung der Liste nach Art. 2 Abs. 3, soweit die LTTE durch diese Beschlüsse in diese Liste aufgenommen worden sind?

50.

A, B, C und D, die Regierungen der Niederlande, Spaniens und des Vereinigten Königreichs sowie der Rat und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Mit Ausnahme der Regierung des Vereinigten Königreichs haben diese Beteiligten auch in der Sitzung vom 8. März 2016 mündliche Ausführungen gemacht.

Würdigung

Vorbemerkungen

51.

Die LTTE erhoben 2011 vor dem Gericht der Europäischen Union Klage gegen ihre Aufnahme in die Liste nach Art. 2 Abs. 3, u. a. mit der Begründung, dass die Verordnung Nr. 2580/2001 nicht für Fälle eines bewaffneten Konflikts gelte, weil diese Konflikte (und somit auch die Handlungen, die in diesem Zusammenhang begangen würden) allein dem humanitären Völkerrecht unterlägen. Das Gericht wies dieses Vorbringen zurück ( 36 ), erklärte jedoch eine Reihe der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 ähnlicher Durchführungsverordnungen aus anderen (verfahrensrechtlichen) Gründen für nichtig, soweit diese Verordnungen die LTTE betrafen. Das vom Rat gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel ( 37 ) richtet sich nicht gegen die Würdigung des in den betreffenden unionsrechtlichen Rechtsvorschriften enthaltenen Begriffs der „terroristischen Handlungen“ durch das Gericht. Diese Würdigung wird jedoch durch die vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Hauptfrage berührt, nämlich ob die restriktiven Maßnahmen der Union gegen die LTTE mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar sind. Ich werde hierauf daher soweit geboten eingehen.

52.

Weiterhin beruhen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten auf der Sanctieregeling 2007, mit der die Resolution 1373 (2001) umgesetzt wird. Die Sanctieregeling 2007 steht nicht in Bezug zu den Rechtsakten des Unionsrechts, auf die sich die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen beziehen. Auch stehen A, B, C und D selbst nicht auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3. Sind die Fragen 2 bis 5 unter diesen Umständen für die Entscheidung des Rechtsstreits des Ausgangsverfahrens relevant?

53.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gerichtshof die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht ( 38 ).

54.

Ich sehe gleichwohl keinen Grund dafür, diese Rechtsprechung hier heranzuziehen. Zum einen ist unstreitig, dass die in Rede stehenden Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten gegen A, B, C und D ergingen, weil sie Gelder für die LTTE beschafft hatten, die auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3 stehen. Wie bereits erläutert, setzte diese Liste im damaligen Gemeinschaftsrecht die GASP-Aspekte des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 um, der seinerseits die Resolution 1373 (2001) umsetzte. Zum anderen war, wie im Vorlagebeschluss angegeben, eines der Argumente, auf die die Anfechtung dieser Maßnahmen vor dem vorlegenden Gericht gestützt wurde, dass die LTTE nicht als terroristische Vereinigung angesehen werden könnten und daher fälschlicherweise auf die Liste nach Art. 2 Abs. 3 gesetzt worden seien. Das vorlegende Gericht erläutert, dass die in Rede stehenden Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten aufgehoben werden müssten, wenn dieses Argument durchdringe, und dass A, B, C und D in diesem Fall auch Anspruch auf eine Entschädigung für die gesamten Zeiträume haben könnten, während deren die LTTE auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3 geführt worden seien. Dies reicht meines Erachtens für die Schlussfolgerung aus, dass die Fragen 2 bis 5 mit dem Ausgangsverfahren im Zusammenhang stehen.

55.

Das vorlegende Gericht gliedert die zweite Frage zwar in zwei Teile, letztlich wird der Gerichtshof mit dieser Frage jedoch um Hinweise zu der folgenden Fragestellung ersucht: Können unter Berücksichtigung des elften Erwägungsgrundes des Rahmenbeschlusses 2002/475 unter „terroristische Handlungen“ im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 möglicherweise auch Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts, wie dem Konflikt zwischen der LTTE und der sri-lankischen Regierung, fallen? Bei der Beantwortung dieser Frage gehe ich davon aus, dass es sich bei diesem Konflikt um einen nicht internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts handelte ( 39 ). Das bedeutet insbesondere, dass es sich nicht um einen Fall innerer Unruhen und Spannungen handelte, auf den weder der gemeinsame Art. 3 der Genfer Abkommen noch das Protokoll II Anwendung finden. Bei diesen Annahmen stütze ich mich auf die Erläuterungen des vorlegenden Gerichts, wonach der Minister und die Rechtbank ’s‑Gravenhage (Bezirksgericht, Den Haag) festgestellt hätten, dass es sich bei dem Konflikt um einen nicht internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne von Art. 1 des Protokolls II gehandelt habe. Dies ist ferner im vorliegenden Verfahren auch die Ansicht des Rates.

56.

Die dritte und die vierte Frage betreffen im Wesentlichen die Gültigkeit der Verordnung Nr. 610/2010. Angenommen, die Antwort auf die zweite Frage (so wie sie im vorstehenden Absatz zusammengefasst ist) wäre „nein“, hätte der Rat die Anschläge und Entführungen, die von den LTTE zwischen 2005 und 2009 verübt wurden, dann fälschlicherweise als „terroristische Handlungen“ angesehen, die die Aufnahme dieser Vereinigung in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 rechtfertigten? Was wäre, wenn umgekehrt die Antwort auf die in der vorstehenden Nummer genannte Frage „ja“ wäre? Die fünfte Frage stellt sich nur, wenn die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 ungültig ist.

57.

Die erste Frage unterscheidet sich klar von den anderen Fragen, so dass ich sie gesondert erörtern werde. Sie betrifft die Zulässigkeit und ist somit zuerst zu prüfen.

Wäre eine von A, B, C und D unmittelbar erhobene Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 610/2010 ohne jeden Zweifel zulässig gewesen (erste Frage)?

58.

A, B, C und D haben nicht unmittelbar Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 erhoben. Sie haben vielmehr die Ungültigkeit dieser Verordnung vor den niederländischen Gerichten geltend gemacht. Das vorlegende Gericht fragt, ob sie hierzu berechtigt sind. Sind sie es nicht, bedürfen die Fragen betreffend die Gültigkeit der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 ( 40 ) keiner Prüfung.

59.

Im Unionsrecht gilt grundsätzlich, dass jede Partei berechtigt ist, in einem Verfahren vor den nationalen Gerichten die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen eines Rechtsakts der Union geltend zu machen, die als Grundlage für eine ihr gegenüber ergangene Entscheidung oder nationale Maßnahme dienen, und im Verfahren vor dem nationalen Gericht eine Vorlage dieser Frage an den Gerichtshof zu beantragen ( 41 ). Die nationalen Gerichte können zwar die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union feststellen, sie dürfen ihn jedoch nicht für ungültig erklären ( 42 ).

60.

Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil TWD entschieden, dass eine Partei, soweit sie nach dem jetzigen Art. 263 AEUV eindeutig berechtigt ist, eine Maßnahme der Union unmittelbar vor den Gerichten der Europäischen Union anzufechten, dann, wenn sie die dort vorgesehene Frist verstreichen lässt, die Gültigkeit dieser Maßnahme später nicht mehr „mittelbar“ dadurch anfechten kann, dass sie ihre Rechtmäßigkeit vor einem nationalen Gericht in Zweifel zieht und diese Frage so im Vorabentscheidungsverfahren dem Gerichtshof vorlegen lässt ( 43 ). Der Gerichtshof hat im Urteil Pringle entschieden, dass die Ausnahme Anwendung findet, wenn eine Partei ohne jeden Zweifel nach Art. 263 AEUV klagebefugt gewesen wäre ( 44 ). Dies bezeichne ich als die „Ausnahme nach dem Urteil TWD“. Findet sie Anwendung und hat eine Partei innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht unmittelbar Klage erhoben, wird die Handlung der Union dieser Person gegenüber bestandskräftig. Rechtswirkungen entfaltendes Handeln kann somit nicht wieder und wieder in Frage gestellt werden ( 45 ), so dass die Rechtssicherheit gewahrt ist ( 46 ).

61.

Die Ausnahme nach dem Urteil TWD wurde vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon eingeführt. Damals war die Klagebefugnis Einzelner vor den Unionsgerichten in Art. 230 Abs. 4 EG geregelt.

62.

Der Vorlagebeschluss weist in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache E und F ( 47 ) hin. Diese Rechtssache betraf zwei Einzelpersonen, die die Rechtmäßigkeit der Aufnahme einer Vereinigung (der sie angeblich als Mitglieder angehörten) in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 angefochten hatten. Im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 230 Abs. 4 EG und der Prüfung einer möglichen Anwendung der Ausnahme nach dem Urteil TWD kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass E und F nicht unbestreitbar berechtigt waren, unmittelbar Klage zu erheben, weil i) sie selbst nicht auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3 standen, ii) das Vorabentscheidungsersuchen keine Feststellungen dahin enthielt, dass ihre Stellung innerhalb der Vereinigung ihnen die Befugnis verliehen hätte, diese vor dem Gericht zu vertreten, und iii) sie von der Aufnahme in die Liste nicht ohne jeden Zweifel „unmittelbar und individuell betroffen“ waren, da die Aufnahme der Vereinigung in diese Liste allgemeine Geltung hatte und zusammen mit der Verordnung Nr. 2580/2001 dazu diente, eine unbestimmte Zahl von Personen zur Beachtung spezifischer restriktiver Maßnahmen zu verpflichten ( 48 ).

63.

Das Urteil in jener Rechtssache erging zwar im Juni 2010, es betraf jedoch Sachverhalte aus der Zeit vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon. Dem vorlegenden Gericht ist unklar, ob aus dem Urteil E und F auch nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch folgt, dass A, B, C und D die Ungültigkeit der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 vor den niederländischen Gerichten geltend machen können.

64.

Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV kann eine Einzelperson jetzt Klage erheben gegen i) eine an sie gerichtete Handlung (im Folgenden: erste Kategorie), ii) eine sie unmittelbar und individuell betreffende Handlung (im Folgenden: zweite Kategorie) und iii) einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der sie unmittelbar betrifft und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht (im Folgenden: dritte Kategorie).

65.

Die ersten beiden Kategorien des Art. 263 Abs. 4 AEUV entsprechen Art. 230 Abs. 4 EG. Der Gerichtshof hat bestätigt, dass die Voraussetzungen der „unmittelbaren Betroffenheit“ und der „individuellen Betroffenheit“ in dieser Bestimmung die gleiche Bedeutung haben wie vor dem Vertrag von Lissabon ( 49 ). Die Voraussetzung der „unmittelbaren Betroffenheit“ bedeutet somit, dass die beanstandete Maßnahme i) sich unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt und ii) ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihr Erlass vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden ( 50 ). Die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit ist „nur dann“ erfüllt, „wenn [die beanstandete Maßnahme die Kläger] wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten“ ( 51 ).

66.

Mit der Ausweitung des Zugangs zum Gericht durch die Hinzufügung einer dritten Kategorie ( 52 ) sollte mit dem Vertrag von Lissabon ein wirksamer Rechtsschutz natürlicher oder juristischer Personen gewährleistet werden, die kein Individualinteresse haben und (obwohl sie von dem betreffenden Rechtsakt unmittelbar betroffen sind) eine gerichtliche Überprüfung eines Rechtsakts mit Verordnungscharakter, der keiner Durchführungsmaßnahmen bedarf, andernfalls nur erwirken könnten, wenn sie gegen die Bestimmungen dieses Rechtsakts verstoßen und dann im Rahmen von Verfahren vor den nationalen Gerichten die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen geltend machen ( 53 ). Die dritte Kategorie des Art. 263 Abs. 4 AEUV ist somit in einer Weise auszulegen, die dieses höhere Maß an Rechtsschutz gewährleistet. Es kann nicht sein, dass Einzelpersonen ein geringerer Schutz als vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zuteil wird.

67.

Wie ist die Ausnahme nach dem Urteil TWD somit jetzt auszulegen, nachdem der Zugang zu den Unionsgerichten ausgeweitet wurde?

68.

Der Gerichtshof hat im Urteil Pringle bestätigt, dass die Ausnahme nach dem Urteil TWD nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon weiter anwendbar bleibt. Er bezog sich auf die Klagebefugnis nach Art. 263 Abs. 4 AEUV, ohne zwischen den verschiedenen Grundlagen dieser Klagebefugnis zu differenzieren ( 54 ). Der Gerichtshof führte aus, dass „nicht ersichtlich [ist], dass der Kläger des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel befugt gewesen wäre, nach Art. 263 AEUV Klage auf Nichtigerklärung [eines Beschlusses zur Änderung der Verträge] zu erheben“ ( 55 ). Diese Schlussfolgerung war in jenem Fall offensichtlich.

69.

Es ist meines Erachtens kein Grund dafür ersichtlich, die Ausnahme nach dem Urteil TWD für die dritte Kategorie anders auszulegen, als sie für die erste und die zweite Kategorie Anwendung findet, oder ihre Anwendbarkeit auf die dritte Kategorie abzulehnen.

70.

Die Ausnahme nach dem Urteil TWD hat einen sehr begrenzten Anwendungsbereich – bestehen Zweifel an der Zulässigkeit, findet sie keine Anwendung. Ob im konkreten Fall „Zweifel“ bestehen, ist eine Frage, die in der Praxis ohne übermäßige Schwierigkeiten zu klären sein muss, da ein Rechtsanwalt, der eine Einzelperson vertritt, in der Lage sein muss, seinen Mandanten mit Gewissheit darüber zu beraten, auf welchem Weg sein Anfechtungsbegehren verfolgt werden sollte. Er wird auch in der Lage sein müssen, schnell zu handeln, da er die Zweimonatsfrist für die Klageerhebung nach Art. 263 AEUV beachten muss. Maßgebend sind meines Erachtens der Stand der Rechtsprechung und die Stellung des Betroffenen zu dem Zeitpunkt, zu dem er entscheiden muss, ob er unmittelbar Klage erhebt.

71.

Durfte die Einzelperson plausible Zweifel an der Zulässigkeit einer direkten Klage haben, findet die Ausnahme nach dem Urteil TWD keine Anwendung, so dass der Gerichtshof im Zweifel ein gegen die Gültigkeit gerichtetes Anfechtungsbegehren im Wege des Verfahrens nach Art. 267 AEUV zulassen muss. Dies gewährleistet den nach Art. 47 der Charta erforderlichen wirksamen Rechtsschutz.

72.

Dieses Ergebnis erscheint auch im Interesse der Rechtspflege sinnvoll: Es ist nicht im Interesse der Unionsgerichte, durch eine zu weitreichende Anwendung der Ausnahme nach dem Urteil TWD eine Flut vorsorglich erhobener Direktklagen zu befördern, die das Gericht bearbeiten muss und wahrscheinlich zu Recht für unzulässig erklären wird. Vorzuziehen ist, dass die nationalen Gerichte gegen die Gültigkeit gerichtete Anfechtungsbegehren herausfiltern, die von vornherein nicht erfolgversprechend erscheinen.

73.

Bezieht man diese Erwägungen auf die vorliegende Rechtssache, fragt das vorlegende Gericht danach, ob eine Klage von A, B, C und D vor dem Gericht „ohne jeden Zweifel“ zulässig gewesen wäre. Dies ist aus den oben skizzierten Gründen der zutreffende Prüfungsmaßstab. Anders ausgedrückt: Die Entscheidung von A, B, C und D, ihre Klage vor dem nationalen Gericht und nicht vor den Unionsgerichten zu erheben, wird sich dann als richtig erweisen, wenn entweder i) klar ist, dass sie keine Klagebefugnis für eine Klageerhebung nach Art. 263 AEUV hatten, oder ii) wenn sie hieran berechtigte Zweifel haben durften.

74.

Ist schon keineswegs zweifelsfrei, ob A, B, C und D die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 nach dem ersten oder dem zweiten Fall des Art. 263 Abs. 4 AEUV hätten anfechten können, so erscheint jedenfalls klar, dass das Gericht eine solche Klage als unzulässig abgewiesen hätte. A, B, C und D sind nicht Adressaten einer Handlung der Union. Sie waren von der Aufnahme in die Liste der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 auch nicht ohne jeden Zweifel „unmittelbar und individuell betroffen“. Erfüllt ein Kläger keine dieser beiden Voraussetzungen, kann er die Handlung nicht anfechten ( 56 ). Nichts in der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 erlaubt es A, B, C und D zu identifizieren. Diese Verordnung mag zwar sehr wohl andere Personen individuell betreffen ( 57 ), sie bezieht sich aber nicht auf die Identität von Mitgliedern der in ihrem Anhang aufgeführten Gruppen und Organisationen oder in anderer Weise mit diesen in Verbindung stehenden Personen. A, B, C und D hätten daher nicht darlegen können, dass sie „individuell“ betroffen seien.

75.

Was die dritte Kategorie angeht, durften A, B, C und D meines Erachtens berechtigte Zweifel an der Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 nach dieser Kategorie („ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der sie unmittelbar betrifft und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht“) haben.

76.

Die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 ist ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, d. h. ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung, der kein Gesetzgebungsakt ( 58 ) (also kein gemäß einem Gesetzgebungsverfahren angenommener Rechtsakt ( 59 )) ist. Sie wurde auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 erlassen, wonach die Listen nach Art. 2 Abs. 3 vom Rat einstimmig und im Einklang mit Art. 1 Abs. 4, 5 und 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 erstellt, überprüft und geändert werden. Dieses Verfahren war kein Gesetzgebungsverfahren. Die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 fand zum Teil auch auf eine unbestimmbare Gruppe von Einzelpersonen und juristischen Personen Anwendung ( 60 ), da infolge der Aufnahme der LTTE in die Liste die Verbote nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2580/2001 von jedermann zu beachten sind ( 61 ). Auch wenn sie die LTTE individuell betraf, war sie somit für A, B, C und D eindeutig ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung ( 62 ).

77.

Es ist somit klar, dass A, B, C und D von der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 betroffen waren. Stand außer Zweifel, dass diese sie unmittelbar betraf und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zog?

78.

Der Begriff der unmittelbaren Betroffenheit hat seine theoretische Grundlage, zumindest zum Teil, im Begriff der Kausalität. Es muss ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der beanstandeten Handlung und dem angeblichen Verlust oder der angeblichen Schädigung bestehen, damit die Gewährung einer Klagemöglichkeit gerechtfertigt ist ( 63 ). Die rechtspolitischen Gründe für dieses Erfordernis liegen auf der Hand: Wenn die beanstandete Handlung zu ihrer vollen Wirksamkeit einer zusätzlichen Maßnahme bedarf, ist es diese Maßnahme, die vor den Gerichten angefochten werden muss, und nicht die ursprüngliche Handlung.

79.

Ich habe oben in Nr. 65 den Prüfungsmaßstab in der Form dargestellt, wie ihn der Gerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung verwendet hat, um das Vorliegen einer unmittelbaren Betroffenheit zu beurteilen. Dies ist jedoch nicht die einzige Variante, die sich in der Rechtsprechung findet. Im Urteil Les Verts hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Maßnahme die Voraussetzungen erfüllt, wenn die betreffende Maßnahme eine vollständige und erschöpfende Regelung bildet, „die keiner weiteren Durchführungsbestimmungen bedarf“ ( 64 ). Diese Variante findet sich in substanziell ähnlicher Form in der dritten Kategorie wieder. Diese Formulierung mag tautologisch sein, die Absicht erscheint jedoch klar. Für die Feststellung, ob eine Maßnahme einen Kläger in der Lage von A, B, C und D unmittelbar betrifft, ist zu prüfen, ob sie Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht ( 65 ).

80.

Das vorlegende Gericht hält es für schwierig, der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs präzise Hinweise zur genauen Bedeutung und Anwendung des Begriffs „Durchführungsmaßnahmen“ in der vorliegenden Rechtssache zu entnehmen. In der Tat unternimmt diese Rechtsprechung nicht den Versuch, diesen Ausdruck begrifflich zu definieren, sie enthält meines Erachtens gleichwohl zwei Elemente, denen Hinweise zu entnehmen sind.

81.

Erstens hat der Gerichtshof im Urteil T & L Sugars – einer Rechtssache, die nationale Maßnahmen betraf, die zur Umsetzung zweier Durchführungsverordnungen der Kommission erforderlich waren – entschieden, dass der genaue Charakter dieser Maßnahmen für ihre Eigenschaft als „Durchführungsmaßnahmen“ ohne Bedeutung war. Er stellte weiter fest, dass ihr angeblich mechanischer Charakter diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellte. Zu prüfen ist vielmehr, ob die Maßnahmen der Union ihre Rechtswirkungen gegenüber dem Kläger nur über die (in jener Rechtssache) von den nationalen Behörden erlassenen Rechtsakte entfalten: Ist dies der Fall, stellen diese Rechtsakte Durchführungsmaßnahmen im Sinne der dritten Kategorie dar ( 66 ).

82.

Zweitens hat der Gerichtshof im Urteil Telefónica entschieden, dass für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter solche Maßnahmen nach sich zieht, auf die Stellung der betroffenen Person abzustellen ist. Ob der betreffende Rechtsakt in Bezug auf andere Personen Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, ist irrelevant, und die Prüfung muss sich ausschließlich am Klagegegenstand orientieren ( 67 ).

83.

Für die Prüfung ist daher allein auf die Stellung von A, B, C und D im Zusammenhang mit dem Gegenstand ihrer Klage vor dem nationalen Gericht, nämlich der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 und, wegen des offensichtlichen Zusammenhangs der beiden Verordnungen, der Verordnung Nr. 2580/2001 abzustellen.

84.

Wendet man das Vorstehende auf die Stellung von A, B, C und D im Ausgangsverfahren an, lässt sich dann sagen, dass A, B, C und D „durch“ die Verordnung Nr. 2580/2001 in Verbindung mit der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 „unmittelbar berührt“ wurden? Sie waren eindeutig nicht spezifisch betroffen, da ihr Name nicht auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3 steht ( 68 ). Zumindest lässt sich aber die Ansicht vertreten, dass sie in dem Sinne betroffen waren, dass aufgrund der Wirkung der Aufnahme einer betroffenen Partei in diese Liste niemand, der dem Unionsrecht unterliegt, Gelder zu ihren Gunsten sammeln oder ihnen zur Verfügung stellen darf. Ein solches Ergebnis wäre mit den Vorschriften oder der Rechtsprechung nicht notwendigerweise unvereinbar. Auf dieser Grundlage ließe sich die Ansicht vertreten, sie hätten die Durchführungsverordnung Nr. 610/2010 im Rahmen der dritten Kategorie des Art. 263 AEUV unmittelbar vor dem Gericht anfechten müssen. Das Problem, das dieser Ansatz aufwirft, ist, dass (soweit dem dem Gerichtshof vorliegenden Sachverhalt zu entnehmen ist) A, B, C und D keine Kenntnis davon hatten, dass ihre Gelder auf der Grundlage der Liste nach Art. 2 Abs. 3 eingefroren worden waren, bis die Feststellungsbescheide des Ministers gegen sie ergingen. Bis zu diesem Zeitpunkt war ihnen kein Nachteil entstanden, so dass es auch nichts gab, worauf sich ihr Anfechtungsbegehren hätte richten können. Meines Erachtens waren sie daher nicht „ohne jeden Zweifel“ befugt, auf dieser Grundlage eine Klage vor dem Gericht zu erheben.

85.

Lässt sich alternativ – wie vom vorlegenden Gericht angesprochen – die Ansicht vertreten, dass aufgrund des Umstands, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 9 der Verordnung Nr. 2580/2001 verpflichtet sind, die Sanktionen festzulegen, die bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Verordnung zu verhängen sind, Durchführungsmaßnahmen erforderlich sind? In diesem Fall wäre die Situation eindeutig: Von A, B, C und D könnte nicht verlangt werden, Klage vor dem Gericht zu erheben. Sie dürften hierfür nämlich auf keinerlei Grundlage klagebefugt sein. Diese Argumentation entspräche dem Wortlaut der Vorschriften, nicht aber, so ließe sich zumindest vertreten, der oben in Nr. 82 angeführten Rechtsprechung, wonach auf die konkreten Umstände des Falls und nicht auf allgemeine Umstände aus seinem Umfeld abzustellen sein soll. Es geht vorliegend nicht um Sanktionen, gegen die A, B, C und D mit ihrer Klage vor den nationalen Gerichten vorgehen. Es geht vielmehr um eine ihnen gegenüber nach der Sanctieregeling 2007 erlassene Entscheidung. Wiederum lässt sich meines Erachtens nicht sagen, dass insoweit keinerlei Zweifel besteht.

86.

Wie ist die Rechtslage dann in Bezug auf die Sanctieregeling 2007 selbst zu beurteilen? Dem vorlegenden Gericht zufolge wurde Art. 2 der Sanctieregeling 2007 zur Umsetzung der Resolution 1373 (2001) erlassen und bezieht sich nicht auf die Verordnung Nr. 2580/2001, den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 oder Handlungen, durch die Personen oder Vereinigungen auf die Liste nach Art. 2 Abs. 3 gesetzt werden. Gleichwohl hält der Vorlagebeschluss weiter fest, dass der Minister seine Feststellungsbescheide ausdrücklich auch darauf gestützt habe, dass die LTTE eine terroristische Vereinigung seien, weil sie auf der Liste nach Art. 2 Abs. 3 stünden, und dass gegen A, B, C und D Strafverfahren u. a. wegen eines ihnen zur Last gelegten Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 eingeleitet worden seien ( 69 ). Lässt sich auf dieser Grundlage die Ansicht vertreten, dass die Sanctieregeling 2007 und die auf ihrer Grundlage ergangenen Bescheide eine Durchführungsmaßnahme im Sinne von Art. 263 AEUV sind? Um es neutral zu formulieren, dürfte die Rechtslage meines Erachtens abermals unklar und dementsprechend nicht ohne Zweifel feststehen.

87.

Beim Studium des Rechts geht es zum größten Teil und bei seiner Anwendung zu einem erheblichen Teil um Gewissheit. Dies ist das Ziel, das das Recht anstrebt, da diejenigen, die ihm unterliegen, Klarheit darüber haben müssen, was ihre Rechte und Pflichten sind. Mit dem in seiner Rechtsprechung verwendeten Ausdruck „ohne jeden Zweifel“ hat der Gerichtshof jedoch die Realität anerkannt, dass dieses Ideal gelegentlich nicht erreicht werden mag. Im Interesse der Rechtssicherheit findet die Ausnahme nach dem Urteil TWD gerade (und ausschließlich) in Fällen Anwendung, in denen es keinen Zweifel daran gibt, ob eine Klage dieser konkreten privaten Partei vor dem Gericht zulässig gewesen wäre. Meines Erachtens ist dieser Fall hier nicht gegeben. Folglich findet die Ausnahme nach dem Urteil TWD keine Anwendung.

88.

Ich komme daher als Antwort auf die erste Frage zu dem Ergebnis, dass eine unmittelbare Klage von A, B, C und D zur Anfechtung der Durchführungsverordnung Nr. 610/2010, soweit diese Verordnung die LTTE betraf, nicht ohne jeden Zweifel zulässig gewesen wäre. A, B, C und D haben somit zu Recht die Ungültigkeit dieser Verordnung vor dem nationalen Gericht geltend gemacht und ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV beantragt.

Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 (Fragen 2 bis 5)

Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

89.

Fraglich ist zunächst, ob der Gerichtshof für die Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zuständig ist, bei dem es sich um eine Handlung im Bereich der GASP handelt. Grundsätzlich schließt Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV die Zuständigkeit des Gerichtshofs für diesen Bereich mit Ausnahme seiner Zuständigkeit nach Art. 275 Abs. 2 AEUV für die Kontrolle der Einhaltung des Art. 40 EUV ( 70 ) und der Überwachung der Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse aus. Nach Art. 275 AEUV ist der Gerichtshof insbesondere zuständig „für die unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 [AEUV] erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union erlassen hat“, wie die GASP-Maßnahmen, die die LTTE als terroristische Gruppe oder Organisation einstuften ( 71 ).

90.

Dies deckt nicht ohne Weiteres die Auslegung oder Überprüfung der Rechtsmäßigkeit solcher Handlungen im Wege einer Vorabentscheidung ab. Ich teile jedoch die von Generalanwalt Wathelet in seinen kürzlich vorgelegten Schlussanträgen in der Rechtssache Rosneft vertretene Ansicht, dass in dem vollständigen System von Rechtsbehelfen und Verfahren, das die Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionshandlungen gewährleisten soll, die Überwachung der Rechtmäßigkeit, von der in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV die Rede ist, nicht nur Nichtigkeitsklagen, sondern auch den Mechanismus der Vorlage zur Vorabentscheidung umfasst ( 72 ). Die Rechtsordnung der Europäischen Union, die auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit beruht ( 73 ), muss im Rahmen des Unionsrechts den Zugang zu einem wirksamen Rechtsbehelf gewährleisten, der jetzt durch Art. 47 Abs. 1 der Charta garantiert ist. In Gültigkeitsfragen betreffenden Fällen sind Vorabentscheidungen in dieser Hinsicht für Personen von entscheidender Bedeutung, die, wie die Kläger des Ausgangsverfahrens, möglicherweise durch nachteilige Folgen von GASP-Maßnahmen belastet werden, die nicht individuell an sie gerichtet sind, so dass sie grundsätzlich nicht befugt sind, nach Art. 275 Abs. 2 AEUV vor den Unionsgerichten auf Nichtigerklärung dieser Maßnahmen zu klagen. Wie Generalanwalt Wathelet ausführt, muss ferner die Befugnis des Gerichtshofs zur Überwachung der Rechtmäßigkeit auf der Grundlage von nach Titel V Kapitel 2 EUV erlassenen restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen im Rahmen einer Vorabentscheidung zwangsläufig auch mit der Befugnis zur Auslegung dieser Maßnahmen verbunden sein ( 74 ).

91.

Was das vorliegende Verfahren angeht, wurden die LTTE erst mit Wirksamwerden des Gemeinsamen Standpunkts 2006/380 als terroristische Gruppe oder Organisation im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 angesehen. Mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2006/380 wurde die Liste der Personen und Organisationen, gegen die restriktive Maßnahmen nach dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 zur Anwendung kommen, jedoch lediglich aktualisiert. Ich sehe daher in dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 in der durch den Gemeinsamen Standpunkt 2006/380 geänderten Fassung einen Beschluss „über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen … auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 [EUV]“ im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV. Der Gerichtshof ist somit für die Beantwortung der zweiten Frage zuständig, soweit damit um eine Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zusätzlich zu der der Verordnung Nr. 2580/2001 ersucht wird.

Der Begriff der „terroristischen Handlung“ im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und in der Verordnung Nr. 2580/2001

92.

Der Begriff der „terroristischen Handlung“ in Art. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 ist unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Ziele und des Zusammenhangs dieser Bestimmungen auszulegen; die Entstehungsgeschichte dieses Ausdrucks kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für dessen Auslegung liefern ( 75 ).

93.

Die LTTE sind in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 auf der Grundlage aufgenommen worden, dass sie Handlungen begangen haben, die in der Verordnung Nr. 2580/2001 als „terroristische Handlungen“ definiert sind, die ihrerseits auf die Definition in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 verweist ( 76 ). Im Wortlaut beider Unionsmaßnahmen deutet nichts darauf hin, dass dieser Begriff Handlungen nicht umfassen könnte, die bei einem bewaffneten Konflikt begangen werden und dem humanitären Völkerrecht unterliegen.

94.

Auch die Ziele des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 sprechen nicht für eine solche Auslegung. Diese Maßnahmen verfolgen im Wesentlichen ein präventives Ziel: Mit ihnen soll der Terrorismus dadurch bekämpft werden, dass er durch sie von seinen Finanzmitteln abgeschnitten wird, indem die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Personen oder Organisationen eingefroren werden, die im Verdacht stehen, in terroristische Aktivitäten oder damit verbundene Aktivitäten verwickelt zu sein ( 77 ). Der Schutz dieser Ziele ist im Fall der Begehung von Handlungen bei bewaffneten Konflikten genauso wichtig wie unter anderen Umständen.

95.

Eine gesonderte Betrachtung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 legt daher nahe, dass der Begriff „terroristische Handlungen“ weit auszulegen ist. Ist diese Auslegung in Anbetracht des Kontexts der Rechtsvorschriften und des Völkerrechts, in dem sie auszulegen sind, einzuschränken?

Rahmenbeschluss 2002/475

96.

Das vorlegende Gericht fragt (in Frage 2 a) konkret danach, ob der elfte Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475 für die Auslegung des Begriffs der terroristischen Handlung im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und in der Verordnung Nr. 2580/2001 relevant ist. Hat der Umstand, dass nach diesem Erwägungsgrund Handlungen der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten vom Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses ausgenommen sein sollen ( 78 ), Auswirkungen auf den Anwendungsbereich dieses Gemeinsamen Standpunkts und dieser Verordnung?

97.

Dies ist meines Erachtens zu verneinen.

98.

Der Rahmenbeschluss 2002/475 harmonisiert das Strafrecht der Mitgliedstaaten und soll die Definition der „terroristischen Straftaten“ in den Mitgliedstaaten angleichen ( 79 ). Er hat somit einen anderen Anwendungsbereich und andere Ziele als der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001, die präventive Maßnahmen gegen den Terrorismus zum Gegenstand haben und nicht dazu dienen, nationale Strafverfahren zu flankieren und zu unterstützen ( 80 ). Der Wortlaut des elften Erwägungsgrundes (insbesondere die Formulierung „[d]ieser Rahmenbeschluss gilt nicht für“) stellt selbst klar, dass dieser Erwägungsgrund, wie von der Kommission vorgetragen, allein der Klarstellung dient, dass der Rahmenbeschluss 2002/475 nicht für „Aktivitäten“ der Streitkräfte bei einem bewaffneten Konflikt gilt. Dem elften Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475 sind daher keine Hinweise auf die Bedeutung der „terroristischen Handlung“ im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und in der Verordnung Nr. 2580/2001 zu entnehmen ( 81 ). Diese Auffassung steht jedenfalls im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, wonach ein Erwägungsgrund eines Rechtsakts der Union rechtlich nicht verbindlich ist und somit weder herangezogen werden kann, um von den Bestimmungen dieses Rechtsakts abzuweichen, noch, um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich zuwiderläuft ( 82 ). Der elfte Erwägungsgrund steht in keinem konkreten Bezug zu einer Bestimmung des verfügenden Teils des Rahmenbeschlusses 2002/475 und kann daher keinesfalls Auswirkungen darauf haben, wie andere Rechtsakte der Union auszulegen sind.

Auslegung im Einklang mit dem Völkerrecht

99.

Zu berücksichtigen bleibt gleichwohl Art. 3 Abs. 5 EUV, wonach die Europäische Union einen Beitrag zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts leistet. Beim Erlass eines Rechtsakts ist sie also verpflichtet, das Völkerrecht zu beachten, auch das die Organe der Union bindende Völkergewohnheitsrecht ( 83 ).

100.

Ferner sind nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen des Unionsrechts nach Möglichkeit im Licht des Völkerrechts auszulegen ( 84 ). Auch wenn der Gerichtshof dieses Erfordernis hauptsächlich auf die Union förmlich bindende Verträge anwendet ( 85 ), hat es einen breiteren Anwendungsbereich. Im Urteil Poulsen und Diva Navigation hat der Gerichtshof entschieden, dass „[d]ie Befugnisse der [Europäischen Union] … unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben [sind]; infolgedessen haben die Auslegung [der dem Gerichtshof in jener Rechtssache zur Auslegung vorliegenden Bestimmung des Unionsrechts] und die Festlegung [ihres] Anwendungsbereichs im Lichte des einschlägigen Seevölker[gewohnheits]rechts zu erfolgen“ ( 86 ). Im Urteil Intertanko ( 87 ) ging der Gerichtshof einen Schritt weiter. Er entschied dort, dass der Umstand, dass ein völkerrechtlicher Vertrag für alle Mitgliedstaaten, nicht aber für die Union verbindlich ist, „sich … auf die Auslegung … der … Bestimmungen des abgeleiteten Rechts auswirken kann“, auch wenn der Vertrag keine gewohnheitsrechtlichen Normen des Völkerrechts kodifiziert, und dass der Gerichtshof den betreffenden Vertrag bei der Auslegung der Bestimmungen des abgeleiteten Rechts „berücksichtigen“ muss ( 88 ). Der Gerichtshof begründete dies mit dem „gewohnheitsrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben“ und dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach dem jetzigen Art. 4 Abs. 3 EUV. Das Ziel ist, nach Möglichkeit zu vermeiden, dass das Unionsrecht in einer Weise ausgelegt wird, die es den Mitgliedstaaten unmöglich macht, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.

101.

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001 in einer Weise ausgelegt werden können, die im Einklang mit den einschlägigen Regeln des Völkerrechts steht. Ist dies zu bejahen, bedarf es keiner Klärung, ob diese Regeln zu denjenigen gehören, in deren Licht der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Unionsorgane überprüfen darf ( 89 ).

102.

Zu unterscheiden ist zwischen den Regeln des humanitären Völkerrechts einerseits und den Regeln des Völkerrechts im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus oder der Bekämpfung von Geiselnahmen andererseits. In den vorliegenden Schlussanträgen prüfe ich nur diejenigen Quellen des Völkerrechts, die entweder im Vorlagebeschluss oder in den Stellungnahmen der Beteiligten erwähnt werden.

– Humanitäres Völkerrecht

103.

Was zunächst das humanitäre Völkerrecht angeht, kann der Gerichtshof davon ausgehen, dass die Genfer Abkommen und ihre Protokolle einschlägig sind, da die LTTE und die sri-lankische Regierung zum maßgebenden Zeitpunkt an einem bewaffneten Konflikt beteiligt waren. Ferner sind alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieser Abkommen und Protokolle ( 90 ). Der Gerichtshof ist daher bei der Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 verpflichtet, diese Abkommen und Protokolle unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie gewohnheitsrechtliche Normen des Völkerrechts kodifizieren ( 91 ).

104.

Meines Erachtens ist das Vorbringen der Kläger im Ausgangsverfahren zurückzuweisen, dass das humanitäre Völkerrecht einer Einstufung der von der LTTE zwischen 2005 und 2009 verübten Anschläge und Entführungen als „terroristische Handlungen“ entgegenstehe, weil die LTTE als nicht staatliche, an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt in Sri Lanka beteiligte Streitkräfte anzusehen seien. Erstens verbietet der gemeinsame Art. 3 der Genfer Abkommen, der insbesondere für nicht internationale Konflikte gilt, jederzeit und überall Angriffe auf das Leben und die Person, namentlich Tötung jeder Art und Geiselnahme, wenn sie gegen „Personen“ begangen werden, „die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeine andere Ursache ‚außer Kampf‘ gesetzt sind“ ( 92 ). Wenn auch implizit, verbietet diese Bestimmung eindeutig terroristische Handlungen, die solche Folgen haben können ( 93 ).

105.

Art. 4 Abs. 2 Buchst. d des Protokolls II enthält eine ausdrücklichere Regelung, wonach es den an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien jederzeit und überall verboten ist, terroristische Handlungen gegen Personen zu begehen, die nicht unmittelbar oder nicht mehr an Feindseligkeiten teilnehmen ( 94 ). Ebenso verboten ist ihnen nach Art. 13 Abs. 2 des Protokolls II die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten.

106.

Das Protokoll I gilt in erster Linie für internationale bewaffnete Konflikte ( 95 ) und dürfte daher für das vorliegende Verfahren nicht unmittelbar relevant sein. Selbst wenn dieses Protokoll auf den Konflikt zwischen der sri-lankischen Regierung und der LTTE Anwendung fände ( 96 ), bliebe das Ergebnis aber unverändert, denn das Protokoll I verbietet ebenfalls „die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten“ ( 97 ). Nach dem humanitären Völkerrecht sind somit „sowohl in internationalen als auch in nicht internationalen bewaffneten Konflikten terroristische Handlungen unabhängig davon verboten, ob sie von staatlichen oder nicht staatlichen Beteiligten begangen werden“ ( 98 ).

107.

Wie stellt sich die Rechtslage im Hinblick auf Handlungen dar, die gegen unmittelbar an einem bewaffneten Konflikt teilnehmende Personen oder militärische Ziele gerichtet sind, ohne dass Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreitet wird? Kombattanten in einem internationalen bewaffneten Konflikt sind zu einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten berechtigt und genießen daher Immunität für ihre Handlungen als Kombattanten, sofern sie das humanitäre Völkerrecht einhalten. Dagegen genießen an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt beteiligte Parteien keine Immunität, auch wenn ihre Handlungen mit dem gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen und mit Art. 4 Abs. 2 Buchst. d und Art. 13 Abs. 2 des Protokolls II im Einklang stehen ( 99 ). So kann beispielsweise ein Soldat nicht staatlicher Streitkräfte, der, ohne gegen das humanitäre Völkerrecht zu verstoßen, in einem nicht internationalen Konflikt einen feindlichen Kombattanten, der den Regierungstruppen angehört, getötet hat, wegen Tötung angeklagt werden. Dies folgt aus den Grundsätzen der Souveränität und der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten ( 100 ). An einem nicht internationalen Konflikt beteiligte Parteien entgehen dementsprechend nicht repressiven oder präventiven Maßnahmen, die ein Staat möglicherweise im Einzelfall für angemessen hält ( 101 ), sofern er für die Verhängung dieser Maßnahmen zuständig ist und ihn bindende einschlägige Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus und sonstige Regeln des Völkerrechts wahrt ( 102 ).

108.

Es ist die Ansicht vertreten worden, dass eine Einstufung der Handlungen an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt beteiligter Parteien als „terroristisch“ den Anreiz für sie mindern könne, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten, weil diese beteiligten Parteien wenig Grund zur Einhaltung (insbesondere) des gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen und der Art. 4 Abs. 2 Buchst. d sowie Art. 13 Abs. 2 des Protokolls II hätten, wenn diese Einhaltung am Ende strafrechtlich nicht belohnt werde ( 103 ).

109.

Der Schutz, den Art. 6 Abs. 5 des Protokolls II bietet, ist in der Tat relativ schwach: Diese Bestimmung ist lediglich programmatisch formuliert ( 104 ) („bemühen sich, … eine möglichst weitgehende Amnestie zu gewähren“) und bietet somit keine der Immunität für „Kombattanten“ vergleichbare Belohnung für diejenigen, die bei Feindseligkeiten das humanitäre Völkerrecht wahren ( 105 ). Dass das humanitäre Völkerrecht keine Immunität vorschreibt, mag seine Wirksamkeit beeinträchtigen und die Kosten seiner Durchsetzung erhöhen. Aus diesem (vermeintlich) hinter dem Optimalen zurückbleibenden Stand des Völkerrechts kann sich jedoch noch keine Änderung des humanitären Völkerrechts in seinem derzeitigen Bestand ergeben ( 106 ).

110.

Selbst wenn angenommen würde, dass der Begriff „terroristische Handlung“ im Kontext eines nicht internationalen bewaffneten Konflikts eine engere Bedeutung hätte als in Friedenszeiten, haben die Kläger des Ausgangsverfahrens jedenfalls weder nachgewiesen noch überhaupt vorgetragen, dass die Anschläge und Entführungen, die die Grundlage für die Aufnahme der LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 bildeten, insgesamt oder teilweise, keine Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dargestellt hätten. Insbesondere wurde nicht vorgetragen, dass keine dieser Handlungen gegen Zivilpersonen oder sonstige, an den Feindseligkeiten zwischen der LTTE und der sri-lankischen Regierung nicht unmittelbar teilnehmende Personen gerichtet gewesen sei. Die Kläger des Ausgangsverfahrens tragen vielmehr vor, dass die Aktivitäten der LTTE deshalb unter keinen Umständen als „terroristisch“ angesehen werden könnten, weil die LTTE an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts beteiligt gewesen seien ( 107 ). Dieses Vorbringen ist aus den von mir erläuterten Gründen zurückzuweisen.

– Völkerrecht zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Bekämpfung von Geiselnahmen

111.

Was das Völkerrecht im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus angeht, stelle ich zunächst fest, dass das im Vorlagebeschluss erwähnte Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen mit dem Ausgangsverfahren in keinem erkennbaren Zusammenhang steht. Ich werde es im Folgenden daher nicht prüfen. Ferner ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus für die Europäische Union ohne bindende Wirkung. Es ist auch nicht von allen ihren Mitgliedstaaten ratifiziert worden. Dieses Übereinkommen gehört daher nicht zu den völkerrechtlichen Regelungen, die der Gerichtshof bei der Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 zu beachten hat.

112.

Der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001 setzen die Resolution 1373 (2001) um ( 108 ). Obwohl die Europäische Union selbst nicht Mitglied der Vereinten Nationen ist, hat der Gerichtshof festgestellt, dass „die [Europäische Union] eine besondere Bedeutung dem Umstand beimessen [muss], dass nach Art. 24 der UN‑Charta der Sicherheitsrat, indem er aufgrund von Kapitel VII der Charta Resolutionen beschließt, die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist, eine Verantwortung, die im Rahmen des Kapitels VII die Befugnis einschließt, zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt, und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um beide zu wahren oder wiederherzustellen“ ( 109 ). Der Gerichtshof muss den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001 daher nach Möglichkeit im Einklang mit der Resolution 1373 (2001) auslegen. Diese Resolution enthält indes weder eine Definition der „terroristischen Handlung“, noch begrenzt sie deren Anwendungsbereich im Licht des humanitären Völkerrechts.

113.

Das Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge ist für alle Mitgliedstaaten verbindlich. In Anbetracht der Gesichtspunkte, die den Rat zur Aufnahme der LTTE in die Liste nach Art. 2 Abs. 3 veranlassten und die sich auf „Anschläge“ der LTTE beziehen ( 110 ), kann dieses Übereinkommen auch für das Ausgangsverfahren relevant sein. Das Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge ist daher bei der Auslegung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 zu berücksichtigen ( 111 ).

114.

Nach dem Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge sind von seinem Geltungsbereich „Tätigkeiten der Streitkräfte während eines bewaffneten Konflikts“, die dem humanitären Völkerrecht unterliegen, ausgenommen ( 112 ). Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Handlungen nicht als „terroristische Handlungen“ im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft werden können. In dieser Schlussfolgerung sehe ich mich durch den letzten Erwägungsgrund des Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge bestätigt, der klarstellt, dass „der Ausschluss bestimmter Handlungen vom Anwendungsbereich [des Übereinkommens] anderweitig unrechtmäßige Handlungen weder gutheißt noch rechtmäßig macht und auch nicht die strafrechtliche Verfolgung nach anderen Gesetzen verhindert“. Dieser Erwägungsgrund bestätigt den vom Rat zutreffend so bezeichneten ergänzenden Charakter der oben untersuchten Regelungen des humanitären Völkerrechts zu bestimmten völkerrechtlichen Regelungen zur Bekämpfung des Terrorismus.

115.

Ähnliches gilt für das Übereinkommen gegen Geiselnahme, das für das vorliegende Verfahren ebenfalls relevant ist ( 113 ). Dieses Übereinkommen ist zwar für die Europäische Union nicht förmlich bindend, alle Mitgliedstaaten sind jedoch Vertragsparteien. Sein Art. 12 dient nur zur Klarstellung des materiellen Anwendungsbereichs des Übereinkommens. Von dieser Bestimmung bleiben die Verhinderung und Verfolgung von Geiselnahmen, die sich in bewaffneten Konflikten ereignen und daher dem humanitären Völkerrecht unterliegen, somit völlig unberührt ( 114 ). Diese verschiedenen völkerrechtlichen Normenkomplexe dürften einander wiederum ergänzen.

116.

Ferner fällt, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, das Handeln der Mitgliedstaaten nach dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Übereinkommens zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Diese Rechtsakte der Union dienen nämlich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch spezifische finanzielle Maßnahmen gegen an terroristischen Handlungen beteiligte Personen, Gruppen und Organisationen. Das Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung ist ferner für alle Mitgliedstaaten bindend. Der Gerichtshof muss den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001 daher nach Möglichkeit so auslegen, dass die Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union nicht Gefahr läuft, gegen ihre Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen zu verstoßen.

117.

Das Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung enthält jedoch nichts, was der Einstufung der Handlungen nicht staatlicher Streitkräfte bei nicht internationalen Konflikten als „terroristische Handlungen“ entgegenstände.

118.

Erstens hat das Gericht in seinem Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat ( 115 ), entschieden, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung ausdrücklich die Möglichkeit erfasst, dass „terroristische Handlungen“ im Sinne dieses Übereinkommens im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen werden können, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind: i) Die Handlung soll den Tod oder eine schwere Körperverletzung herbeiführen, und ii) die Handlung zielt aufgrund ihres Wesens oder der Umstände darauf ab, eine Bevölkerungsgruppe einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen. Folglich können die Vertragsstaaten (bzw. die Europäische Union) im Rahmen von Regelungen gegen die Finanzierung terroristischer Handlungen nach dem Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung in die Definition der „terroristischen Handlungen“ Handlungen einbeziehen, die in einem bewaffneten Konflikt begangen werden.

119.

Zweitens stellt Art. 21 jedenfalls klar, dass das Übereinkommen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung Verpflichtungen, die sich für Einzelpersonen aus dem humanitären Völkerrecht ergeben, nicht berührt. Zu diesen Verpflichtungen gehören das absolute Verbot aller in dem gemeinsamen Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b der Genfer Abkommen und in Art. 4 Abs. 2 Buchst. d sowie Art. 13 Abs. 2 des Protokolls II genannten Handlungen.

120.

Den Begriff „terroristische Handlung“ im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und in der Verordnung Nr. 2580/2001 dahin auszulegen, dass darunter Handlungen fallen, die von nicht staatlichen Streitkräften in einem nicht internationalen Konflikt begangen werden, ist daher mit den oben untersuchten völkerrechtlichen Rechtsakten zur Bekämpfung von Terrorismus und Geiselnahmen ebenso wenig unvereinbar wie mit den einschlägigen Regeln des humanitären Völkerrechts.

121.

Ich komme daher als Antwort auf Punkt b der zweiten Frage zu dem Ergebnis, dass Handlungen von Streitkräften in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt, die dem humanitären Völkerrecht unterliegen, „terroristische Handlungen“ im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und der Verordnung Nr. 2580/2001 in ihrer Auslegung im Licht der einschlägigen Regeln des humanitären Völkerrechts und des Völkerrechts zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Bekämpfung von Geiselnahmen darstellen können.

122.

Unter Berücksichtigung der dem Gerichtshof von den Klägern des Ausgangsverfahrens vorgetragenen Argumente ( 116 ) bin ich zudem in Beantwortung der dritten und der vierten Frage der Ansicht, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 610/2010, soweit sie die LTTE betraf, berührt. Unter diesen Umständen bedarf die fünfte Frage keiner Prüfung.

Ergebnis

123.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Raad van State (Staatsrat, Niederlande) gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

Die durch die Rechtsprechung mit dem Urteil vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90), eingeführte Ausnahme findet auf die dritte Kategorie des Art. 263 Abs. 4 AEUV Anwendung.

Falls A, B, C und D die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 610/2010 des Rates vom 12. Juli 2010 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009, soweit diese Verordnung die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) betraf, vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten hätten, wäre eine solche von ihnen erhobene Klage nicht ohne jeden Zweifel zulässig gewesen. A, B, C und D haben somit zu Recht die Ungültigkeit dieser Verordnung vor dem nationalen Gericht geltend gemacht und ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV beantragt.

Handlungen von Streitkräften in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt, die dem humanitären Völkerrecht unterliegen, können „terroristische Handlungen“ im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und der Verordnung Nr. 2580/2001 in ihrer Auslegung im Licht der einschlägigen Regeln des humanitären Völkerrechts und des Völkerrechts zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Bekämpfung von Geiselnahmen darstellen.

Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 610/2010, soweit diese Verordnung die LTTE betraf, berührt.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Urteil vom 30. Januar 2014, Diakité (C‑285/12, EU:C:2014:39, Rn. 23).

( 3 ) Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde, United Nations Treaties Series (im Folgenden: UNTS), Bd. 75, S. 31 (im Folgenden: Erstes Genfer Abkommen), Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See, UNTS, Bd. 75, S. 85 (im Folgenden: Zweites Genfer Abkommen), Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen, UNTS, Bd. 75, S. 135 (im Folgenden: Drittes Genfer Abkommen), und Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten, UNTS, Bd. 75, S. 287 (im Folgenden: Viertes Genfer Abkommen).

( 4 ) Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), UNTS, Bd. 1125, S. 3 (im Folgenden: Protokoll I), Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II), UNTS, Bd. 1125, S. 609 (im Folgenden: Protokoll II), und Zusatzprotokoll vom 8. Dezember 2005 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens (Protokoll III), UNTS, Bd. 2404, S. 261.

( 5 ) Vgl. z. B. Urteil des Internationalen Gerichtshofs (im Folgenden: IGH), Militärische und paramilitärische Aktivitäten in und gegen Nicaragua (Nicaragua/Vereinigte Staaten von Amerika) (Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua [Nicaragua v. United States of America]), Begründetheit (Merits), I.C.J. Reports 1986, S. 14, Rn. 218 und 219, Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), aktualisierter Kommentar zum Ersten Genfer Abkommen (2016) (Updated Commentary on the First Geneva Convention [2016]), abrufbar unter https://www.icrc.org (im Folgenden IKRK-Kommentar von 2016), gemeinsamer Art. 3, Rn. 155, und Gutachten des IGH, Rechtmäßigkeit der Androhung des Einsatzes von Atomwaffen (Legality of the Threat of Use of Nuclear Weapons), Advisory Opinion, I.C.J. Reports 1996, S. 226 (im Folgenden: Atomwaffen-Gutachten des IGH), Rn. 78 und 79.

( 6 ) Der IGH hat festgestellt, dass die Regelungen des Protokolls I bei ihrem Erlass lediglich vorbestehendes Gewohnheitsrecht zum Ausdruck brachten, vgl. Atomwaffen-Gutachten des IGH, Rn. 84.

( 7 ) Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 Buchst. c und d des Protokolls II.

( 8 ) Art. 6 Abs. 5 des Protokolls II.

( 9 ) Vgl. Urteil der Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, Anklage gegen Stanislav Galić (Prosecutor v. Stanislav Galić), IT‑98/29-A (30. November 2006), Rn. 86, 90 und 98 (dies galt ebenso für Art. 51 Abs. 2 des Protokolls I); Urteil der Verfahrenskammer II des Sondergerichtshofs für Sierra Leone, Anklage gegen Brima u. a. (Prosecutor against Brima et al), SCSL-04-16-T (20. Juni 2007), Rn. 662 bis 666. Vgl. auch IKRK-Kommentar von 2016, gemeinsamer Art. 3, Rn. 525.

( 10 ) S/RES/1373 (2001).

( 11 ) Siehe unten, Nr. 20.

( 12 ) Es gibt Bestrebungen zur Aushandlung eines Entwurfs eines umfassenden Übereinkommens zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus in dem mit der Resolution 51/210 der Generalversammlung vom 17. Dezember 1996 eingesetzten Ad-hoc-Ausschuss. Man kommt jedoch langsam voran, zum Teil wegen Schwierigkeiten bei der Einigung auf die Definition des Terrorismus und der Frage, ob darunter dem humanitären Völkerrecht unterliegende Aktivitäten der Streitkräfte in einem bewaffneten Konflikt und nationaler Befreiungsbewegungen fallen sollten. Vgl. insbesondere den zusammenfassenden Bericht des Sechsten Ausschusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen über seine Sitzung auf der Siebzigsten Tagung, A/C.6/70/SR.1, 2, 3, 4, 5, 27 und 29.

( 13 ) UNTS, Bd. 2149, S. 256.

( 14 ) UNTS, Bd. 2178, S. 197.

( 15 ) Aufgeführt sind dort u. a. das Internationale Übereinkommen gegen Geiselnahme (siehe ferner unten, Nr. 25) (Punkt 4) und das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (Punkt 9).

( 16 ) UNTS, Bd. 2445, S. 89.

( 17 ) Österreich, Belgien, Kroatien, Zypern, die Tschechische Republik, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich.

( 18 ) SEV Nr. 196.

( 19 ) Die folgenden 22 Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Übereinkommens: Österreich, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien und Schweden.

( 20 ) UNTS, Bd. 1316, S. 205.

( 21 ) ABl. 2012, C 326, S. 391.

( 22 ) Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. 2001, L 344, S. 93) in geänderter Fassung.

( 23 ) Verordnung des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. 2001, L 344, S. 70) in geänderter Fassung.

( 24 ) Siehe unten, Nr. 38.

( 25 ) Siehe oben, Nr. 32.

( 26 ) Die Art. 5 und 6 betreffen die Gutschrift fälliger Zinsen auf eingefrorenen Konten, spezifische Genehmigungen für die Verwendung und Durchführung von Zahlungen von eingefrorenen Konten und spezifische Genehmigungen für die Freigabe eingefrorener Gelder, sonstiger Vermögenswerte oder wirtschaftlicher Ressourcen zur Bereitstellung dieser Vermögenswerte und Ressourcen sowie zur Erbringung von Finanzdienstleistungen.

( 27 ) Vgl. auch den zwölften Erwägungsgrund.

( 28 ) Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. 2002, L 164, S. 3) in geänderter Fassung.

( 29 ) Vom Europäischen Parlament wurde empfohlen, einen Erwägungsgrund aufzunehmen, wonach terroristische Vereinigungen von Vereinigungen in der Europäischen Union unterschieden werden sollten, die totalitären Regimen und Repression in Drittländern Widerstand leisten oder einen solchen Widerstand unterstützen. Das Ziel war, sicherzustellen, dass Letztere nicht als Terroristen definiert wurden, ohne ihre Strafverfolgung und Bestrafung wegen Straftaten nach dem nationalen Strafrecht zu unterbinden, vgl. Europäisches Parlament, Bericht über den Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Terrorismusbekämpfung (KOM[2001] 521).

( 30 ) Siehe oben, Nr. 32.

( 31 ) Gemeinsamer Standpunkt vom 29. Mai 2006 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2006/231 (ABl. 2006, L 144, S. 25).

( 32 ) Beschluss vom 29. Mai 2006 zur Durchführung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/930/EG (ABl. 2006, L 144, S. 21).

( 33 ) Durchführungsverordnung vom 12. Juli 2010 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 (ABl. 2010, L 178, S. 1). Vgl. Art. 1 und Ziff. 2.17 der Liste im Anhang.

( 34 ) Durchführungsverordnung vom 21. Dezember 2015 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1325 (ABl. 2015, L 334, S. 1).

( 35 ) Siehe oben, Nr. 10.

( 36 ) Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat (T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 83). Die Erhebung der Klagen der LTTE vor dem Gericht (am 11. April bzw. 28. September 2011) erfolgte zeitlich nach sowohl dem Ergehen der Feststellungsbescheide (8. Juni 2010) als auch der angefochtenen Bescheide (25. November 2010, 8. Dezember 2010 bzw. 10. Januar 2011).

( 37 ) Beim Gerichtshof anhängige Rechtssache Rat/LTTE (C‑599/14 P), in der ich am 22. September 2016 meine Schlussanträge vorgelegt habe.

( 38 ) Vgl. jüngst Urteil vom 8. Juni 2016, Hünnebeck (C‑479/14, EU:C:2016:412, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Andernfalls wäre diese Frage hypothetischer Natur.

( 40 ) Vgl. hierzu Urteil vom 17. Februar 2011, Bolton Alimentari (C‑494/09, EU:C:2011:87, Rn. 21).

( 41 ) Urteil vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756 [im Folgenden: Urteil Pringle], Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 42 ) Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452, Rn. 14 und 15). Vgl. auch Urteile vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, EU:C:2006:10, Rn. 27 und 30), und vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625 [im Folgenden: Urteil Inuit I), Rn. 95).

( 43 ) Vgl. Urteil vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90 [im Folgenden: Urteil TWD], Rn. 17 und 18). Diese Rechtssache betraf eine an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung der Kommission, die sich ausdrücklich auf den Empfänger einer individuellen Beihilfe (TWD) bezog; der Mitgliedstaat hatte diesem Empfänger die Entscheidung mitgeteilt.

( 44 ) Vgl. Urteil Pringle, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 45 ) Vgl. Urteil vom 15. Februar 2001, Nachi Europe (C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 46 ) Urteil TWD, Rn. 16.

( 47 ) Urteil vom 29. Juni 2010, E und F (C‑550/09, EU:C:2010:382 [im Folgenden: Urteil E und F]).

( 48 ) Urteil E und F, Rn. 49 bis 52 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 49 ) Urteil Inuit I, Rn. 70 und 71.

( 50 ) Vgl. u. a. Urteile vom 5. Mai 1998, Glencore Grain/Kommission (C‑404/96 P, EU:C:1998:196, Rn. 41), vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament (C‑486/01 P, EU:C:2004:394, Rn. 34), vom 10. September 2009, Kommission/Ente per le Ville vesuviane und Ente per le Ville vesuviane/Kommission (C‑445/07 P und C‑455/07 P, EU:C:2009:529, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 17. September 2015, Confederazione Cooperative Italiane u. a./Anicav u. a. (C‑455/13 P, C‑457/13 P und C‑460/13 P, EU:C:2015:616, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 51 ) Urteil vom 28. April 2015, T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission (C‑456/13 P, EU:C:2015:284 [im Folgenden: Urteil T & L Sugars], Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 52 ) Urteil Inuit I, Rn. 55 bis 57; vgl. auch Rn. 70 und 71.

( 53 ) Urteile T & L Sugars, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission (C‑274/12 P, EU:C:2013:852 [im Folgenden: Urteil Telefónica], Rn. 27). Vgl. auch den „Schlussbericht des Arbeitskreises über die Arbeitsweise des Gerichtshofs (Final report of the discussion circle on the Court of Justice)“, CONV 636/03, Rn. 21.

( 54 ) Urteil Pringle, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung. Vgl. auch Urteil vom 28. April 2016, Borealis Polyolefine u. a. (C‑191/14, C‑192/14, C‑295/14, C‑389/14 und C‑391/14 bis C‑393/14, EU:C:2016:311, Rn. 46 bis 49 [die Begründung dort legt nahe, dass der Gerichtshof implizit anerkannte, dass die Ausnahme nach dem Urteil TWD auf die dritte Variante Anwendung findet]).

( 55 ) Urteil Pringle, Rn. 42. Fraglich war, ob dieser Beschluss im vereinfachten Änderungsverfahren nach Art. 48 Abs. 6 EUV ergangen war oder hätte ergehen dürfen.

( 56 ) Urteil Inuit I, Rn. 75 und 76.

( 57 ) Wie die in der Liste nach Art. 2 Abs. 3 benannten Personen und Organisationen.

( 58 ) Urteil Inuit I, Rn. 60.

( 59 ) Art. 289 Abs. 3 AEUV.

( 60 ) Vgl. z. B. Urteil vom 15. Juni 1993, Abertal u. a./Kommission (C‑213/91, EU:C:1993:238, Rn. 19).

( 61 ) Siehe oben, Nrn. 36 und 37. Vgl. auch Urteil E und F, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 62 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 241 bis 244), und vom 23. April 2013, Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258, Rn. 56).

( 63 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 1984, Commune de Differdange u. a./Kommission (222/83, EU:C:1984:266, Rn. 10 bis 12).

( 64 ) Urteil vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166, Rn. 31).

( 65 ) Vgl. hierzu Urteil Telefónica, Rn. 27 bis 29.

( 66 ) Vgl. Rn. 40 bis 42. Der betreffende Mechanismus ist in Rn. 3 des Urteils dargestellt, wo die Rn. 39 bis 45 des angefochtenen Urteils des Gerichts wiedergegeben werden. T & L Sugars hatten geltend gemacht, dass den Mitgliedstaaten lediglich die Funktion eines „Briefkastens“ gelassen werde (Rn. 18). Die Kommission war der Ansicht, die betreffenden nationalen Maßnahmen seien wichtig und notwendig (Rn. 24).

( 67 ) Vgl. Rn. 30 und 31.

( 68 ) Hinzuweisen ist insoweit auf die Feststellung des Gerichtshofs im Urteil T & L Sugars, wonach die Kläger nicht konkret zu denjenigen Personen gehörten, für die die betreffenden Vorschriften galten (die Klägerinnen waren Rohrzuckerraffinerien, und die Vorschriften galten für Zuckerhersteller), und deshalb in ihrer Rechtsstellung durch die Vorschriften nicht unmittelbar berührt wurden und von ihnen nicht unmittelbar betroffen waren (vgl. Rn. 37).

( 69 ) Siehe oben, Nr. 45.

( 70 ) Diese das Verhältnis zwischen der GASP und anderen Zuständigkeiten der Union betreffende Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache nicht relevant.

( 71 ) Siehe Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge.

( 72 ) Schlussanträge von Generalanwalt Wathelet in der Rechtssache Rosneft (C‑72/15, EU:C:2016:381, Nrn. 38 und 62 bis 66).

( 73 ) Art. 21 Abs. 1 EUV.

( 74 ) Schlussanträge von Generalanwalt Wathelet in der Rechtssache Rosneft (C‑72/15, EU:C:2016:381, Nrn. 73 bis 76).

( 75 ) Vgl. Urteile Inuit I, Rn. 50, und Pringle, Rn. 135.

( 76 ) Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2580/2001.

( 77 ) Vgl. Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa (C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711 [im Folgenden: Urteil Al-Aqsa], Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 78 ) Siehe oben, Nr. 40.

( 79 ) Sechster Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475; vgl. auch Art. 1 Abs. 1.

( 80 ) Vgl. Urteil Al-Aqsa, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 81 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat (T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 73). Wie bereits erwähnt, wurde dieser Punkt vom Rat mit seinem Rechtsmittel nicht angegriffen (siehe oben, Nr. 51).

( 82 ) Vgl. z. B. Urteil vom 11. April 2013, Della Rocca (C‑290/12, EU:C:2013:235, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 83 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 84 ) Vgl. z. B. Urteil vom 15. März 2012, SCF Consorzio Fonografici (C‑135/10, EU:C:2012:140, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch die Schlussanträge von Generalanwalt Mengozzi in der Rechtssache Diakité (C‑285/12, EU:C:2013:500, Nrn. 23 und 24).

( 85 ) Vgl. z. B. Urteile vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland (C‑61/94, EU:C:1996:313, Rn. 52 bis 58), und vom 1. April 2004, Bellio F.lli (C‑286/02, EU:C:2004:212, Rn. 33).

( 86 ) Urteil vom 24. November 1992, Poulsen und Diva Navigation (C‑286/90, EU:C:1992:453, Rn. 9). Vgl. z. B. auch Urteil vom 15. Januar 2015, Evans (C‑179/13, EU:C:2015:12, Rn. 35).

( 87 ) Urteil vom 3. Juni 2008, The International Association of Independent Tanker Owners u. a. (C‑308/06, EU:C:2008:312).

( 88 ) Rn. 52.

( 89 ) Eine Überprüfung der Gültigkeit des abgeleiteten Unionsrechts auf Grundlage des Völkerrechts (entweder völkerrechtlicher Verträge oder gewohnheitsrechtlicher Normen des Völkerrechts) bleibt die Ausnahme und unterliegt sehr strengen Voraussetzungen. Zu völkerrechtlichen Verträgen vgl. jüngst Urteil vom 4. Februar 2016, C & J Clark International (C‑659/13 und C‑34/14, EU:C:2016:74, Rn. 84). Zu gewohnheitsrechtlichen Normen des Völkerrechts vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 101, 102 und 107).

( 90 ) Siehe oben, Nr. 4.

( 91 ) Siehe oben, Nr. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 92 ) Gemeinsamer Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b. In seinem Urteil vom 27. Juni 1986, Nicaragua/Vereinigte Staaten, hat der Internationale Gerichtshof entschieden, dass die Regelungen des gemeinsamen Art. 3 „zusätzlich zu den eingehenderen, für internationale Konflikte ebenso geltenden Regelungen einen Mindeststandard darstellen“ und „elementare Erwägungen der Menschlichkeit widerspiegeln“ (ICJ Reports, 1984, S. 392, Rn. 218).

( 93 ) Vgl. hierzu Gasser, H.-P., „Acts of terror, ‚terrorism‘ and international humanitarian law“, International Review of the Red Cross, 2002, S. 560.

( 94 ) Zu internationalen bewaffneten Konflikten vgl. Art. 51 Abs. 2 des Protokolls I und Art. 33 Abs. 1 des Vierten Genfer Abkommens.

( 95 ) Vgl. Art. 1 Abs. 3, der auf den gemeinsamen Art. 2 der Genfer Abkommen verweist.

( 96 ) Dies wäre der Fall, wenn der Konflikt einen bewaffneten Konflikt darstellen würde, in dem „Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen [würden]“ (Art. 1 Abs. 4 des Protokolls I).

( 97 ) Art. 51 Abs. 2 des Protokolls I.

( 98 ) Pfanner, T., „Scope of Application, Perpetrators of Terror, and International Humanitarian Law“, in: Fernández-Sánchez (Hrsg.), International Legal Dimensions of Terrorism, Martinus Nijhoff Publishers, 2009, S. 289.

( 99 ) Alle an der Macht befindlichen Stellen sind vielmehr verpflichtet, sich bei Beendigung der Feindseligkeiten zu bemühen, diesen beteiligten Parteien eine möglichst weitgehende Amnestie zu gewähren (Art. 6 Abs. 5 des Protokolls II). „In nicht internationalen bewaffneten Konflikten ist eine Rechtsstellung als Kombattant oder Kriegsgefangener nicht vorgesehen, weil die Staaten nicht bereit sind, Angehörigen bewaffneter Oppositionsgruppen für ihren Griff zu den Waffen Immunität von der Strafverfolgung nach innerstaatlichem Recht zu gewähren“ (IKRK, „Die Relevanz des humanitären Völkerrechts im Kontext des Terrorismus (The relevance of IHL in the context of terrorism)“, www.icrc.org/eng/resources/documents/faq/terrorism-ihl-210705.htm, abgerufen am 4. Juli 2016).

( 100 ) Nach Art. 3 Abs. 1 des Protokolls II darf „[d]ieses Protokoll … nicht zur Beeinträchtigung der Souveränität eines Staates oder der Verantwortung der Regierung herangezogen werden, mit allen rechtmäßigen Mitteln die öffentliche Ordnung im Staat aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder die nationale Einheit und territoriale Unversehrtheit des Staates zu verteidigen“.

( 101 ) Diese Maßnahmen können sich gegen Handlungen richten, die der Staat als Terrorismus ansieht, sind aber nicht auf solche Handlungen beschränkt (z. B. können sie sich auch gegen Hochverrat oder Spionage richten).

( 102 ) Vgl. auch Kommentar des IKRK von 2016, Gemeinsamer Art. 3, Rn. 514, und unten, Nrn. 111 bis 121.

( 103 ) Vgl. u. a. Pejic, J., „Terrorist Acts and Groups: A Role for International Law?“, British Yearbook of International Law, 2004, S. 75 und 76, und Sassóli, M., „Terrorism and War“, Journal of International Criminal Justice, 2006, S. 970. „Wenn“, wie Sassóli ausführt, „jede gegen staatliche Kräfte begangene Handlung ‚terroristisch‘ ist, wie zum Teil vertreten wird, schwächt dies [das humanitäre Völkerrecht] und die Bereitschaft bewaffneter Gruppen, das internationale Völkerrecht einzuhalten.“ Vgl. Sassóli, M., „The Role of Human Rights and International Humanitarian Law in New Types of Armed Conflicts“, in: Ben-Naftali, O., (Hrsg.), International Humanitarian Law and International Human Rights Law, Oxford, OUP 2011, S. 37.

( 104 ) Mit dieser Formulierung meine ich, dass die Bestimmung lediglich Ziele nennt und somit keine Rechte oder Verpflichtungen für Einzelne begründen soll.

( 105 ) Die Diplomatische Konferenz, die das Protokoll II verabschiedete, lehnte den Vorschlag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ab, die Gerichte bei der Strafverfolgung an einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt beteiligter Parteien zu verpflichten, im größtmöglichen Umfang dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Angeklagte die Bestimmungen des Protokolls II gewahrt habe. Vgl. IKRK, Entwurf der Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 (Draft Additional Protocols to the Geneva Conventions of 12 August 1949), Kommentar, Genf, 1973, S. 141 (Art. 10 Abs. 5).

( 106 ) Siehe oben, Nr. 107.

( 107 ) Im umgekehrten Fall könnten sie (theoretisch) als Kriegsverbrechen angesehen werden. Ferner bringen die Kläger des Ausgangsverfahrens in knapper Form auch Zweifel daran zum Ausdruck, dass die LTTE für diese Anschläge und Entführungen tatsächlich verantwortlich gewesen seien. Sie tragen jedoch keine konkreten Gesichtspunkte vor, die geeignet wären, den Standpunkt des Rates in Frage zu stellen.

( 108 ) Siehe oben, Nr. 34.

( 109 ) Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 294).

( 110 ) Siehe oben, Nr. 48.

( 111 ) Siehe oben, Nr. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 112 ) Art. 19 Abs. 2.

( 113 ) Die LTTE wurden u. a. aufgrund von zwischen 2005 und 2009 verübten Taten, die der Rat als „Entführungen“ bezeichnet hat, in die EU-Liste aufgenommen, siehe oben, Nr. 48. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung sehe ich keinen Bedeutungsunterschied zwischen diesem Begriff und dem im Übereinkommen gegen Geiselnahme verwendeten Begriff der „Geiselnahme“.

( 114 ) Vgl. den gemeinsamen Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Genfer Abkommen und Art. 4 Abs. 2 Buchst. c des Protokolls II.

( 115 ) T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 64.

( 116 ) Siehe insbesondere Nr. 110 der vorliegenden Schlussanträge.

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