Großhandelsmärkte für Strom und Gas – Aufsichtsregeln der EU
ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:
Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts
WAS IST DER ZWECK DER VERORDNUNG?
Die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts, bekannt als REMIT-Verordnung, schafft in der Europäischen Union (EU) einen Rahmen für die Überwachung der Energiegroßhandelsmärkte* und soll Missbrauch wie Insiderhandel* und Marktmanipulation* verbieten.
Mit der Verordnung (EU) 2024/1106 wird die ursprüngliche Verordnung geändert, um einen besseren Schutz vor Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt zu gewährleisten, indem mehr Transparenz sichergestellt und die Überwachungskapazitäten erhöht werden. Sie soll den Rahmen für faire Handelspraktiken auf den Energiemärkten stärken und so den Verbraucherschutz weiter verbessern, insbesondere durch eine wirksamere Durchsetzung der Vorschriften gegen grenzüberschreitende Marktmanipulationen.
WICHTIGE ECKPUNKTE
Die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011
Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden
Mit der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 wurde die Rolle der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) gestärkt, die ursprünglich mit der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 eingerichtet wurde und nun durch die Verordnung (EU) 2019/942 (siehe Zusammenfassung) geregelt wird. Im Zusammenhang mit der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 nimmt ACER folgende Aufgaben wahr:
- Überwachung des Handels mit Energiegroßhandelsprodukten. Dies geschieht durch die Erhebung und Analyse von Daten von Marktteilnehmern über ihre Handelstätigkeiten.
- Untersuchung möglicher Marktmissbräuche in ausgewählten grenzüberschreitenden Fällen mutmaßlicher Marktmanipulation.
- Informationsaustausch mit nationalen Regulierungsbehörden, damit sie in Fällen von Marktmanipulationen Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen können.
Marktmanipulation
Das Ziel der Verordnung ist, Fälle von Marktmanipulation zu verhindern, so z. B.:
- Erteilung falscher Aufträge;
- Verbreitung falscher Informationen;
- Übermittlung falscher Informationen an Unternehmen, die Preisbewertungen oder Marktberichte bereitstellen, sodass Marktteilnehmer, die aufgrund dieser Informationen tätig werden, irregeführt werden;
- Behauptung einer anderen verfügbaren Menge an Stromerzeugungskapazität*, Transportkapazität* oder Erdgas, verglichen mit der tatsächlich vorhandenen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Strom- und Gaspreisniveaus zu beeinflussen.
Marktteilnehmer
Marktteilnehmer:
- müssen sich bei einer nationalen Regulierungsbehörde registrieren;
- stellen ACER und der nationalen Regulierungsbehörde Informationen zur Verfügung, damit beide Organe die Handelsaktivitäten überwachen können;
- veröffentlichen Insiderinformationen*, einschließlich Informationen über die Kapazität und die Nutzung von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung sowie über Verbrauch oder Übertragung von Strom oder Erdgas bzw. Flüssiggas rechtzeitig bekannt.
Sanktionen
Die Mitgliedstaaten der EU müssen Sanktionen bei einem Verstoß gegen diese Verordnung verhängen. Diese müssen wirksam, abschreckend und verhältnismäßig sein und Folgendes berücksichtigen:
- den Charakter, die Dauer und Tragweite des Verstoßes;
- dem Schaden für die Verbraucher;
- den potenziellen Gewinnen infolge des Handels aufgrund von Insiderinformationen und Marktmanipulation.
Verordnung (EU) 2024/1106 zur Änderung
Mit der Verordnung (EU) 2024/1106 wird eine Reihe von Änderungen an der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 vorgenommen.
- Sie passt die Vorschriften über die Transparenz und Integrität der Energiemärkte stärker an die Vorschriften über Finanzmärkte an, wie z. B. die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (siehe Zusammenfassung), insbesondere hinsichtlich der Definitionen von Marktmanipulation und Insiderinformationen.
- Der Anwendungsbereich der Rechtsvorschriften wurde auf Energiespeicherung und Flüssiggas ausgeweitet, und die Vorschriften zum Marktmissbrauch gelten auch für Finanzinstrumente wie Energiederivate, die auf Energiegroßhandelsmärkten gehandelt werden.
- Nicht-EU-Marktteilnehmer müssen in einem Mitgliedstaat, in dem sie auf dem Energiegroßhandelsmarkt tätig sind, einen Vertreter benennen. Dieser Vertreter muss schriftlich ernannt werden und in dessen Namen handeln können.
- ACER hat die Befugnis, grenzüberschreitende Fälle zu untersuchen, in denen mindestens zwei Mitgliedstaaten betroffen sind und eng mit den nationalen Regulierungsbehörden zusammenarbeiten. Sie wird über umfassendere Untersuchungsbefugnisse verfügen. So wird sie beispielsweise in der Lage sein, Kontrollen vor Ort durchzuführen, Informationen anzufordern und Erklärungen einzuholen.
- Die Durchsetzungsbefugnisse verbleiben auf nationaler Ebene, obwohl ACER in der Lage sein wird, in grenzüberschreitenden Fällen eigene Untersuchungen durchzuführen, Informationen anzufordern und Befragungen durchzuführen. Wenn eine Partei eine ACER-Untersuchung vor Ort verhindert oder die angeforderten Informationen nicht bereitstellt, kann ACER unter bestimmten Bedingungen eine Geldstrafe auferlegen.
- ACER trifft Beschlüsse, um Insiderinformations-Plattformen* und registrierte Meldemechanismen* entweder zu genehmigen oder deren Genehmigungen zu entziehen.
- ACER wird außerdem eine Plattform entwickeln und betreiben, die als sektorspezifischer elektronischer Zugangspunkt für veröffentlichte Insiderinformationen dient, sowie ein digitales Referenzzentrum für Informationen über EU-Energiegroßhandelsmarktdaten.
- Die Kommission wird delegierte Rechtsakte erlassen, um die Definition von Insiderinformationen zu präzisieren.
- Bis zum 1. Juni 2027 und anschließend alle fünf Jahre muss die Kommission die Anwendung der Verordnung bewerten, insbesondere in Bezug auf ihre Auswirkungen auf das Marktverhalten, die Marktteilnehmer, die Liquidität, die Meldepflichten, einschließlich der Marktdaten für Flüssiggas und den Verwaltungsaufwand für Marktteilnehmer, und die Leistung von ACER im Hinblick auf seine Ziele, sein Mandat und seine Aufgaben.
- Die Marktteilnehmer können sich an eine Kontaktstelle bei ACER wenden, um zu klären, ob eine bestimmte Information eine Insiderinformation im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 und der einschlägigen delegierten Rechtsakte darstellt.
WANN TRITT DIE VERORDNUNG IN KRAFT?
Die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 ist am 28. Dezember 2011 in Kraft getreten.
Die Mehrheit der Vorschriften aus der Änderung der Verordnung (EU) 2024/1106 gelten seit dem 7. Mai 2024.
HINTERGRUND
Weiterführende Informationen:
SCHLÜSSELBEGRIFFE
Energiegroßhandelsmärkte. Dies sind Märkte, auf denen Energie zwischen Energieerzeugern (beispielsweise Eigentümern von Kraftwerken) und großen Energienutzern (z. B. Stahlwerke oder Unternehmen, die Strom oder Gas an Kunden verkaufen) gehandelt wird.
Insiderhandel. Wenn eine Person versucht, vom Handel eines bestimmten Produkts auf Grundlage von Informationen, die noch nicht veröffentlicht wurden, zu profitieren (Insiderinformation). Ohne diese Information sind andere Händler benachteiligt.
Markmanipulation. Vorsätzlicher Eingriff in das Funktionieren eines fairen Markts. Dies beinhaltet die Schaffung falscher oder irreführender Signale für das Angebot oder die Nachfrage nach einem bestimmten Produkt, wodurch sein Preis beeinflusst wird.
Stromerzeugungskapazität. Die Kapazität, elektrische Energie zu erzeugen.
Transportkapazität. Die Kapazität der festen Infrastruktur, z. B. Stromleitungen, Elektrizität zu transportieren.
Insiderinformation. Information über ein Produkt, die nicht veröffentlicht wurde. Wenn sie öffentlich bekannt würde, würde dies den Preis dieses Produkts möglicherweise beeinflussen.
Insiderinformations-Plattformen. Dabei handelt es sich um internetbasierte Plattformen, auf denen Marktteilnehmer Insiderinformationen veröffentlichen können. Die Nutzung solcher Plattformen für die Offenlegung von Insiderinformationen wird obligatorisch sein.
Registrierte Meldemechanismen. Einrichtungen, die befugt sind, Daten und Transaktionsinformationen in eigenem Namen (ihre eigenen Daten) an ACER zu übermitteln und/oder Daten anderer Marktteilnehmer zu melden (in diesem Fall erbringen sie eine Dienstleistung). Es gibt etwa 140 solcher Mechanismen.
HAUPTDOKUMENT
Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1-16).
Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 1227/2011 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.
VERBUNDENE DOKUMENTE
Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Neufassung) (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 22-53).
Siehe konsolidierte Fassung.
Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1–61).
Siehe konsolidierte Fassung.
Letzte Aktualisierung: 14.06.2024