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Dokumentas 52022DC0780

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum 2023

COM/2022/780 final

Straßburg, den 22.11.2022

COM(2022) 780 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum 2023


1.Einleitung

Die rasche, koordinierte und einheitliche wirtschaftspolitische Reaktion auf die Pandemie hat sich ausgezahlt: Mit einem realen BIP-Wachstum von 5,4 % im Jahr 2021 war der Konjunkturaufschwung in der EU nach der COVID-19-Krise der schnellste seit dem Nachkriegsboom. Trotz des wirtschaftlichen Schocks durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine blieb das BIP-Wachstum in der EU im ersten Halbjahr 2022 stabil und im dritten Quartal positiv, womit die Erwartungen übertroffen wurden. Die Arbeitsmärkte haben sich als besonders widerstandsfähig erwiesen, da sie von Kurzarbeitsregelungen profitiert haben und auch durch den SURE-Mechanismus der EU sowie die Reformen und politischen Maßnahmen der letzten zehn Jahre unterstützt wurden. Während die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordtief ist, hat die Beschäftigung Rekordstände erreicht.

Die EU-Wirtschaft befindet sich derzeit jedoch an einem Wendepunkt. Der Druck aufgrund hoher Energiepreise, die schwindende Kaufkraft der privaten Haushalte, ein schwächeres außenwirtschaftliches Umfeld und restriktivere Finanzierungsbedingungen dürften für die EU in diesem Winter einen Konjunkturrückgang zur Folge haben. Nachdem die Inflation das Lohnwachstum überstiegen hat, nimmt die Kaufkraft der privaten Haushalte rasch ab, was sich negativ auf den Konsum auswirkt. Steigende Kosten, Lieferkettenprobleme und restriktivere Finanzierungsbedingungen belasten die Investitionstätigkeit. Da der starke Inflationsdruck die Nachfrage in vielen Schwellenländern und fortgeschrittenen Volkswirtschaften weiterhin dämpft, ist es unwahrscheinlich, dass das Wachstum in der EU durch das außenwirtschaftliche Umfeld gestützt wird. Auf Jahresbasis dürfte das reale BIP-Wachstum in der EU von 3,3 % im Jahr 2022 auf 0,3 % im Jahr 2023 einbrechen und anschließend 2024 auf 1,6 % ansteigen. Die Inflation dürfte weiterhin sehr hoch bleiben und im vierten Quartal 2022 mit 10,7 % ihren Höchststand erreichen. Da sich der Inflationsdruck auch auf essenzielle Güter und Dienstleistungen ausweitet, wird nur ein schrittweiser Rückgang der Inflation erwartet: 2023 auf 7 % und 2024 auf 3 %. Die Arbeitsmärkte werden voraussichtlich stabil bleiben, da der Arbeitskräftebedarf nach wie vor hoch ist, auch wenn er allmählich zurückgeht. Die Arbeitslosigkeit dürfte im Prognosezeitraum nur leicht ansteigen und mit rund 6½ % nahe ihres Rekordtiefs liegen. Den Projektionen zufolge wird die öffentliche Schuldenquote in der EU, die während der Pandemie deutlich gestiegen ist, im Jahr 2024 geringfügig auf 84,1 % des BIP zurückgehen. Die Konjunkturaussichten sind nach wie vor mit außergewöhnlich hoher Unsicherheit behaftet, wobei die Abwärtsrisiken überwiegen. Die größte Bedrohung geht von negativen Entwicklungen auf dem Gasmarkt und dem Risiko schwerwiegender Engpässe aus, insbesondere im Winter 2023/2024. Sollten diese Risiken eintreten, drohen laut Modellsimulationen hohe makroökonomische Kosten. 1 Zusätzlich zum Gasmarkt ist die EU nach wie vor direkt und indirekt neuen Schocks auf den Rohstoffmärkten ausgesetzt, die auf geopolitische Spannungen zurückzuführen sind.

Angesichts dieser Vielzahl an Herausforderungen müssen die wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen koordiniert und flexibel bleiben und gleichzeitig unsere langfristigen Zielen weiterverfolgen. Angesichts des russischen Angriffskriegs steht die EU solidarisch an der Seite der Ukraine. Zu den unmittelbaren politischen Prioritäten, die koordinierte Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene erfordern, gehören die Sicherstellung einer angemessenen und erschwinglichen Energieversorgung, die Wahrung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität sowie die Unterstützung schutzbedürftiger Haushalte und Unternehmen, während die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Integrität des Binnenmarkts gewahrt werden müssen. Das ist Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand in der EU. Gleichzeitig sind raschere Maßnahmen erforderlich, um das Potenzialwachstum und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze zu fördern, den ökologischen und digitalen Wandel voranzutreiben, die Resilienz zu stärken und unsere Verteidigungsfähigkeiten in einem sich wandelnden globalen Kontext zu erhöhen. Zudem ist die kontinuierliche Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte entscheidend, um die Kernziele der EU für 2030 in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Armutsbekämpfung zu erreichen. Die Umsetzung der Gleichstellungsstrategien der Union 2 ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um die soziale und wirtschaftliche Resilienz zu stärken.

Die politische Reaktion auf die Energiekrise erfordert Maßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene, die sich auf NextGenerationEU und den mehrjährigen Finanzrahmen stützen. Die Wirksamkeit der „Building Back Better“-Strategien der EU wird davon abhängen, ob diese mit effektiven politischen Maßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene einhergehen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität, das Herzstück von NextGenerationEU, wird bis 2026 kontinuierlich Investitionen in europäische Unternehmen, Infrastruktur und Kompetenzen bereitstellen und gleichzeitig eine ehrgeizige Reformagenda unterstützen. Bislang belaufen sich die Auszahlungen im Rahmen der Fazilität auf mehr als 137 Mrd. EUR. Darüber hinaus wird REPowerEU zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um die Resilienz der EU-Energiesysteme zu stärken und die Energiearmut durch gezielte Investitionen und Reformen zu bekämpfen. Dies geht Hand in Hand mit der Umsetzung der kohäsionspolitischen Programme, die seit dem Ausbruch der Pandemie mehr als 160 Mrd. EUR zur Stärkung der Resilienz und der sozialen und regionalen Konvergenz bereitgestellt haben, sowie mit den nationalen Energie- und Klimaplänen 3 , die die Mitgliedstaaten bis Juni 2023 aktualisieren müssen.

Angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen stellen das Europäische Semester und die Aufbau- und Resilienzfazilität weiterhin einen soliden Rahmen für eine wirksame strategische Koordinierung dar. Die unmittelbaren Prioritäten für wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen der EU stehen im Einklang mit den bestehenden Prioritäten im Rahmen des Europäischen Semesters: Förderung von ökologischer Nachhaltigkeit, Produktivität, Gerechtigkeit und makroökonomischer Stabilität. Die Aufbau- und Resilienzfazilität, die in das Europäische Semester für die wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierung eingebettet ist, bleibt weiterhin entscheidend für die Unterstützung der Reform- und Investitionsagenden in den kommenden Jahren. Zusammen mit der Kohäsionspolitik, InvestEU und anderen Finanzierungsprogrammen wie Horizont Europa oder Digitales Europa beschleunigt sie den ökologischen und digitalen Wandel, fördert den sozialen und territorialen Zusammenhalt und stärkt damit die Resilienz der Mitgliedstaaten. Zusätzlich zu den Maßnahmen, die durch die Kohäsionspolitik und andere nationale oder EU-Fonds unterstützt werden, gehört dazu die bevorstehende Aufnahme spezifischer REPowerEU-Kapitel in die Aufbau- und Resilienzpläne, um die unmittelbaren energiebezogenen Prioritäten anzugehen.

Der diesjährige Jahreswachstumsbericht skizziert eine wirtschaftspolitische Agenda, mit der die negativen Auswirkungen von Energiepreisschocks kurzfristig abgefedert und die Förderung eines nachhaltigen und inklusiven Wachstums und die Stärkung der Resilienz auf mittlere Sicht fortgesetzt werden sollen. Gleichzeitig soll auf neue Herausforderungen weiterhin flexibel reagiert werden können. Das Modell ist wie in den Vorjahren auf die vier Dimensionen wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit ausgerichtet und steht im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, die ein fester Bestandteil des Europäischen Semesters sind. Für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets werden die politischen Prioritäten in einer Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets festgelegt. 4 In der Mitteilung werden auch die Hauptmerkmale des Semesterzyklus 2023 skizziert und die Unterschiede gegenüber den vorherigen Zyklen erläutert, wobei den REPowerEU-Prioritäten und der notwendigen Anpassung an die sich wandelnden Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird.

2.Die vier Dimensionen wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit: feste Anker für die grundlegenden Transformationen in schwierigen geopolitischen Zeiten

Die vier Dimensionen wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit sind im Hinblick auf die strukturellen Veränderungen feste Anker des EU-Rahmens für die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik und gleichzeitig eine maßgebliche Richtschnur für die Bewältigung der kurzfristigen Herausforderungen in den derzeit turbulenten Zeiten. Die EU muss sich weiterhin um wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit sowie soziale und wirtschaftliche Resilienz bemühen. In unmittelbarer Zukunft sind Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, um die Auswirkungen der Aggression Russlands gegen die Ukraine auf europäische Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen, insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), abzufedern. Diese Maßnahmen müssen gezielt auf schutzbedürftige Haushalte und besonders exponierte Unternehmen ausgerichtet sein. Darüber hinaus sind öffentliche und private Investitionen in Verbindung mit Reformen von grundlegender Bedeutung, um die Energieversorgung sicherer und erschwinglicher sowie unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften krisenfester zu machen und um die Chancen des ökologischen und digitalen Wandels zu nutzen. Dazu gehört auch, dass die verbindlichen Ziele des Europäischen Klimagesetzes erreicht werden. Damit dieser tiefgreifende Wandel der EU-Wirtschaft effizient, wirksam, fair, inklusiv und demokratisch vollzogen wird, ist ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten erforderlich.  

Abbildung 1: Die vier Dimensionen für wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit – Bewältigung kurz- und mittelfristiger Herausforderungen

2.1 Ökologische Nachhaltigkeit

Die derzeitige Energiekrise hat deutlich gezeigt, wie wichtig zuverlässige und saubere Energiequellen und gut funktionierende EU-Energiemärkte sind, wobei auch die Klimaziele der EU stärker in den Mittelpunkt gerückt sind. Die Kommission hat mehrere außerordentliche politische Initiativen vorgeschlagen, mit denen die unmittelbaren Auswirkungen der derzeitigen Energiekrise auf Haushalte und Unternehmen abgefedert und gleichzeitig ausreichend saubere, sichere und erschwingliche Energie sowie der Zugang zu kritischen Rohstoffen bereitgestellt werden sollen. Ein wesentlicher Teil dieser politischen Reaktion ist der REPowerEU-Plan, der die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland beenden und die Energiewende beschleunigen soll. REPowerEU beruht auf drei Säulen: Diversifizierung der Energieversorgung, Energieeinsparungen und Energieeffizienz sowie beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien. Im Hinblick auf die ehrgeizigen Ziele in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien steht der Plan im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal und baut auf den Zielen „Fit für 55“ auf. Im Anschluss an die REPowerEU-Mitteilung 5 haben die Kommission und die Mitgliedstaaten die EU-Energieplattform eingerichtet, um die Versorgungssicherheit zu erschwinglichen Preisen zu erhöhen. Auf der Grundlage von Vorschlägen der Kommission nahm der Rat rasch die Verordnung über die Gasspeicherung und Notfallmaßnahmen an, einschließlich eines neuen Rechtsinstruments und eines europäischen Plans zur Senkung der Gasnachfrage in der EU um 15 % bis zum nächsten Frühjahr. Am 6. Oktober 2022 folgte eine Einigung des Rates über Sofortmaßnahmen zur Senkung der Energiepreise (siehe unten). Am 18. Oktober legte die Kommission einen Vorschlag für einen Mechanismus für die gemeinsame Beschaffung von Gas, einen ergänzenden Referenzwert für die Lieferung von Flüssigerdgas (LNG), einen Marktkorrekturmechanismus und anwendbare Regelungen für Solidaritätsvereinbarungen vor.

Kurzfristig muss die EU ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Energieangebot und -nachfrage schaffen, den steigenden Energiekosten begegnen und gleichzeitig die Anreize für den ökologischen Wandel erhalten. Infolge der Vorschläge der Kommission hat der Rat am 5. August 2022 neue Vorschriften für koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage und am 6. Oktober 2022 Notfallmaßnahmen angenommen, um den Strombedarf nicht nur zu Spitzenzeiten, sondern auch allgemein zu reduzieren und somit den hohen Energiepreisen entgegenzuwirken. Die Maßnahmen umfassen auch eine befristete Erlösobergrenze für „inframarginale“ Stromerzeuger, d. h. für Technologien mit geringeren Kosten, und einen befristeten Solidaritätsbeitrag auf Grundlage von Überschussgewinnen aus Tätigkeiten im Öl-, Gas-, Kohle- und Raffineriesektor, die nicht unter die Einnahmenobergrenze fallen. Die Erlöse aus dem Solidaritätsbeitrag würden unter anderem Energieverbrauchern, insbesondere schutzbedürftigen Haushalten, stark betroffenen Unternehmen und kritischen Ökosystemen wie energieintensiven Industrien, zugutekommen; gleichzeitig sollen die Investitionsanreize für den ökologischen Wandel aufrechterhalten bleiben. Da die politischen Maßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen hoher Energiepreise in einem Mitgliedstaat auch andere Mitgliedstaaten betreffen, sollten die Maßnahmen auf EU-Ebene koordiniert werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und Investitionen in grenzüberschreitende Projekte berücksichtigen. Um den Binnenmarkt zu schützen, mögliche Synergien zu nutzen und eine Fragmentierung zu verhindern, sollten gemeinsame Lösungen auf EU-Ebene angestrebt werden. Die Unterstützung dient der Bewältigung der derzeitigen Krisensituationen und sollte daher befristet bleiben, allerdings im Einklang mit dem mittelfristigen Ziel stehen, Subventionen für fossile Brennstoffe und andere umweltschädlich wirkende Subventionen schrittweise abzuschaffen.

Die heutige Energiekrise zeigt auch, dass beim ökologischen Wandel rasch Fortschritte erzielt werden müssen, unter anderem durch einen umfassenden und schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien. Dazu gehört ein Paradigmenwechsel bei der Erzeugung, dem Handel, der Sicherheit und der Nutzung von Energie – im Einklang mit den mittel- und langfristigen Zielen der EU. Seit 2015 orientiert sich die Energieunion an den Zielen Energieversorgungssicherheit, Erschwinglichkeit von Energie und saubere Energie, die auch der Weg aus der heutigen Krise sind. Die erforderlichen systemischen Übergänge sollen helfen, unsere Klima- und Umweltziele zu erreichen, und gleichzeitig Chancen für unsere Wirtschaft und langfristige Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland und eine schnellere Abkehr der EU von fossilen Brennstoffen erfordern bis Ende 2027 zusätzliche Investitionen über schätzungsweise 210 Mrd. EUR. 6 Diese Mittel sind zusätzlich zu dem für das Paket „Fit für 55“ ermittelten jährlichen Investitionsbedarf. Diese Investitionen werden den EU-Industrien zugutekommen, die transformative Technologien und Innovationen entwickeln, und die Kapazitäten für dekarbonisierte, selbst erzeugte und erschwingliche Energie stärken, insbesondere in Verbindung mit Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und zur Beseitigung anderer administrativer Hürden, die den Einsatz erneuerbarer Energiequellen bremsen. Außerdem werden sie Arbeitsplätze und Möglichkeiten für einen Arbeitsplatzwechsel durch Weiterbildung und Umschulung der Erwerbspersonen schaffen und gleichzeitig die offene strategische Autonomie der EU stärken. Neben stärkeren Energieeffizienzmaßnahmen und einem schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien fördert REPowerEU auch erneuerbaren Wasserstoff als Schlüsselkomponente, um Erdgas, Kohle und Öl in schwer zu dekarbonisierenden Industriezweigen und im Verkehrswesen zu ersetzen. 7 Im REPowerEU-Plan ist das Ziel von 10 Millionen Tonnen für die heimische Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff und 10 Millionen Tonnen für die Einfuhr von erneuerbarem Wasserstoff bis 2030 festgelegt. Um die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff zu fördern, kündigte die Kommission eine Europäische Wasserstoffbank an. Auch Strukturreformen könnten diese Investitionen begünstigen, z. B. durch die Angleichung der Steuersysteme an die Umweltziele und die Anwendung des Verursacherprinzips oder durch eine Straffung der Verfahren.

Da Klimawandel und Umweltzerstörung eine existenzielle Bedrohung darstellen und unsere Gesellschaften durch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gefährdet sind, bleibt der europäische Grüne Deal unser Kompass, an dem wir uns orientieren. Europa hat in diesem Jahr schwere Hitzewellen und extreme Dürren erlebt, die zu schwereren Waldbränden geführt haben. Das zeigt deutlich, wie sich der Klimawandel auf unser Leben und unsere Lebensgrundlage auswirkt. Seit Dezember 2019 unterstützt der europäische Grüne Deal die Dekarbonisierung, den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, den Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowie einen gerechten Übergang. Insbesondere das Paket „Fit für 55“ wird einen tiefgreifenden Wandel der EU-Wirtschaft, einschließlich Energie, Verkehr und Industrie, vorantreiben – im Einklang mit den im Europäischen Klimagesetz verankerten Zielen der EU, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken und bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden. Die Mitgliedstaaten sollten diese ehrgeizigeren Ziele als Grundlage nutzen und in ihren aktualisierten nationalen Energie- und Klimaplänen, die bis Juni 2023 als Entwurf und 2024 in endgültiger Form vorzulegen sind, strengere Maßnahmen festlegen. Die Mitgliedstaaten werden dazu aufgefordert, neben der Dekarbonisierung sich besser für den Klimawandel zu wappnen. Strategien in den Bereichen biologische Vielfalt, Kreislaufwirtschaft, Null-Schadstoff, nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittel, nachhaltige Mobilität und Anpassung an den Klimawandel sind zentrale politische Maßnahmen des europäischen Grünen Deals, die derzeit umgesetzt werden.

Ergänzend zu anderen EU-Fonds wie der Kohäsionspolitik und InvestEU wird die Aufbau- und Resilienzfazilität ein wesentliches Instrument für die Umsetzung von REPowerEU auf nationaler Ebene sein und gleichzeitig die Ziele des europäischen Grünen Deals unterstützen. Im Rahmen der gemeinsamen Reaktion der EU auf die aktuellen Herausforderungen werden die Mitgliedstaaten die bestehenden Aufbau- und Resilienzpläne im Einklang mit den REPowerEU-Zielen mit spezifischen REPowerEU-Kapiteln ergänzen. In diesen Kapiteln sollte der Schwerpunkt auf zweckmäßigen Reformen und Investitionen liegen, um den Einsatz erneuerbarer Energien und anderer sauberer Technologien sowie die notwendige Infrastruktur im Energiesektor zu fördern und die Energieeffizienz zur Verringerung des Energieverbrauchs zu steigern. Die REPowerEU-Maßnahmen werden durch Synergien mit Maßnahmen für den ökologischen Wandel gestärkt, die bereits durch die aktuelle Aufbau- und Resilienzfazilität sowie durch die kohäsionspolitischen Fonds 8 und die InvestEU-Programme 9 unterstützt werden, beispielsweise bei der Verringerung der Luftverschmutzung, der Förderung der Kreislaufwirtschaft und der Ressourceneffizienz oder der Wiederherstellung und dem Schutz der biologischen Vielfalt. Zusätzlich sollten sie von weiteren Bemühungen zur Förderung von Kompetenzen für den ökologischen und digitalen Wandel 10 begleitet werden.

2.2 Produktivität

Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihres langfristigen Potenzials für nachhaltiges Wachstum ist für den wirtschaftlichen Wohlstand und das soziale Wohlergehen nach wie vor entscheidend. Die Rekordinflation mit Spitzenpreisen für Energie und Versorgungsengpässen stellt viele Unternehmen in der EU, insbesondere energieintensive Betriebe und KMU, vor Herausforderungen. Unternehmen sehen sich gezwungen, die Produktion vorübergehend zurückzufahren oder ganz zu schließen. Nichteisenmetalle (Aluminium und Zink), Ferrolegierungen, Düngemittel, Stahl und Glas sind die am stärksten betroffenen Branchen. 11 Schrumpfenden Kapazitäten in der EU stehen neue Kapazitätssteigerungen außerhalb der Union gegenüber, wodurch europäische Unternehmen dauerhaft Produktionskapazitäten und Marktanteile einbüßen, und das bei einem in der Regel deutlich höheren CO2-Fußabdruck. Für weltweit konkurrierende Branchen bedeuten Schließungen in Europa wachsende Importabhängigkeit. Kurzfristig dürfen die Folgen der hohen Energiepreise für besonders betroffene, rentable Unternehmen nicht auf Kosten fairer Wettbewerbsbedingungen und der Integrität des Binnenmarktes abgefedert werden. Im September 2022 legte die Kommission ein Notfallinstrument für den Binnenmarkt 12 vor, um den Binnenmarkt und die Lieferketten in der EU in Krisenzeiten funktionsfähig zu erhalten. Das Instrument soll auch den freien Verkehr und die Verfügbarkeit von grundlegenden Gütern und Dienstleistungen, nicht zuletzt für die europäischen KMU, sicherstellen. Für dauerhafte Fortschritte bei Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit sind Reformen und Investitionen nötig, um industrielle Prozesse zu dekarbonisieren, den Arbeitskräftemangel und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage abzubauen, den Verwaltungs- und Regulierungsaufwand zu verringern, die Insolvenzrahmen zu verbessern und gegen den systematischen Zahlungsverzug vorzugehen.

Solide Lieferketten sollten sowohl die Versorgungssicherheit als auch die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU sicherstellen. Vorübergehende oder dauerhafte Lieferkettenengpässe wirken sich negativ auf die Wirtschaft und die Industriezweige der EU aus. Insbesondere das Engagement der EU für den ökologischen und digitalen Wandel wird den Bedarf an bestimmten Gütern (z. B. bestimmten Rohstoffen) und Technologien (etwa Batterien) erhöhen und den Versorgungs- und Preisdruck verschärfen. Den Mitgliedstaaten kommt bei der Verringerung strategischer Abhängigkeiten eine Schlüsselrolle zu, indem sie die nachhaltige Nutzung der in der EU verfügbaren Ressourcen fördern, das Potenzial der Kreislaufwirtschaft maximieren, die Handelsagenda der EU unterstützen, um eine diversifizierte und nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen aus Nicht-EU-Ländern sicherzustellen und zu steigern, und gegen Lieferkettenprobleme vorgehen. In diesem Zusammenhang kann die wirtschaftliche Vielfalt der europäischen Regionen eine Quelle der Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der Union sein. Die EU beabsichtigt, durch die Öffnung ihrer Wirtschaft zum wichtigsten Drehkreuz für innovative grüne und transformative Spitzentechnologien werden. Das anstehende Gesetz über kritische Rohstoffe wird ebenfalls einen Beitrag zur Bewältigung der strategischen Abhängigkeiten Europas leisten. Die EU-Handelsagenda trägt durch bilaterale Handels- und Investitionsabkommen und Arbeiten im Rahmen der Welthandelsorganisation zur Belastbarkeit der Rohstofflieferketten bei, indem sie einen regelbasierten offenen Handel und Investitionen in Rohstoffe sicherstellt und Verzerrungen im internationalen Handel beseitigt. 13

Insbesondere ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt, in dem ein fairer und effektiver Wettbewerb gewährleistet ist, steigert Produktivität und Wachstum. Das Funktionieren des Binnenmarkts ist kein Selbstläufer, und es bedarf namentlich im Dienstleistungsbereich konkreter Anstrengungen zu seiner Vertiefung. Es gibt nach wie vor restriktive Regulierungspraktiken, die sich negativ auf das Funktionieren der Märkte auswirken. Ausfuhrbeschränkungen und die Umgehung der EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge haben ebenfalls negativen Einfluss auf das Funktionieren der Märkte. Angesichts der hohen Inflation, die die Kaufkraft der Verbraucher erheblich belastet, sollten restriktive Regulierungsrahmen für Endkundendienste angegangen werden. Wachstum und Produktivität werden am besten durch wettbewerbsintensive und effiziente Märkte unterstützt, die Preisschwankungen verhindern, sowie durch Strukturreformen, die Engpässe im Unternehmensumfeld auf nationaler und regionaler Ebene beseitigen. Eine verantwortungsvolle Staatsführung und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit – insbesondere unabhängige, qualitative und effiziente Justizsysteme 14 , funktionierende und leistungsfähige Steuersysteme sowie solide Rahmenbedingungen für die Korruptions- und Betrugsbekämpfung – sind Schlüsselfaktoren für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen. In diesem Zusammenhang sollten der Vorschlag für einheitliche Steuervorschriften für die Geschäftstätigkeit in Europa – BEFIT 15 – und die stetige Modernisierung und Digitalisierung der Steuerverwaltungen dazu beitragen, die Befolgungskosten zu senken, aggressive Steuerplanung und Steuervermeidungsmöglichkeiten zu minimieren und gleichzeitig Arbeitsplätze und Investitionen im EU-Binnenmarkt zu fördern. Der richtige Steuermix und eine wirksame Steuererhebung sind entscheidend für die Anpassung an die Zukunft, indem sie einen fairen, effizienten und ökologisch nachhaltigen Wettbewerb gewährleisten, den ökologischen und digitalen Wandel vorantreiben und die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die öffentlichen Finanzen angehen. Die Vernetzung des gesamten Binnenmarktes sollte durch höhere Investitionen in die Verkehrs-, Energie- und digitale Infrastruktur weiter verbessert werden.

Investitionen und Reformen für den digitalen Wandel sind weiterhin entscheidend für die Stärkung der wirtschaftlichen Basis der EU, die Förderung von Geschäftsgründungen und Unternehmertum bei KMU und die zügige Umsetzung des europäischen Grünen Deals. Digitale Technologien verschaffen Unternehmen Wettbewerbsvorteile, verbessern ihre Dienstleistungen und Produkte, erweitern ihre Märkte und können den ökologischen Wandel fördern. Während große Unternehmen eher neue digitale Technologien einführen, ist der Digitalisierungsgrad von KMU in den einzelnen Mitgliedstaaten und Wirtschaftszweigen nach wie vor uneinheitlich. Auch wenn einige KMU beim digitalen Wandel eine Vorreiterrolle einnehmen, fehlen vielen traditionellen KMU die finanziellen Mittel und/oder die Kompetenzen, um von der Digitalisierung zu profitieren. Die Digitalisierung muss weiter voranschreiten, damit die KMU die Effizienz ihrer Produktionsprozesse und ihre Innovationsfähigkeit durch die Entwicklung und Einführung fortschrittlicher Technologien steigern können.

Eine höhere Produktivität setzt eine Erwerbsbevölkerung, die entsprechend qualifiziert ist, und eine Modernisierung der allgemeinen und beruflichen Bildung voraus, die Chancengleichheit für alle bietet. Wie wettbewerbsfähig die EU künftig sein wird, hängt in hohem Maße von den Kompetenzen der Europäerinnen und Europäer ab. Die Entwicklung von Spitzenkompetenzen in Hochschuleinrichtungen sowie Umschulungs- und Weiterbildungsstrategien schaffen Abhilfe gegen den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt und tragen dem sich wandelnden Bedarf im Zuge des ökologischen und digitalen Wandels mit seiner zunehmend technologieorientierten Wirtschaft Rechnung. 16 Aus diesem Grund hat die Kommission vorgeschlagen, 2023 zum Europäischen Jahr der Kompetenzen zu erklären, und einen strukturierten Dialog über digitale Bildung und Kompetenzen eingeleitet. Laut Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft mangelt es vier von zehn Erwachsenen in der EU an digitalen Grundkompetenzen. Obwohl Frauen die Mehrheit der Hochschulabsolventen bilden, sind sie in technologiebezogenen Berufen und Studiengängen unterrepräsentiert, wobei nur zwei von fünf Beschäftigten in der Wissenschaft und in Ingenieurberufen und weniger als 20 % unter den IKT-Fachkräften Frauen sind. 17 Investitionen und inklusive Strategien zur Förderung der Studien in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) wie auch von digitalen (Grund‑)Kompetenzen sind daher unverzichtbar, um die Entwicklung und Einführung digitaler Spitzentechnologien zu beschleunigen, die Übernahme und Verbreitung von Innovationen in unseren Volkswirtschaften zu unterstützen und den digitalen und ökologischen Wandel zu gestalten. Es ist eminent wichtig, die Kluft bei den digitalen Kompetenzen zu beseitigen und Projekte und Strategien zur Verbesserung digitaler Kompetenzen auf allen Ebenen zu fördern, um die Produktivität sämtlicher Wirtschaftszweige und Unternehmen, insbesondere der KMU, zu steigern und einen Beitrag zur breiten und effektiven Nutzung digitaler Instrumente und Dienste (z. B. in der öffentlichen Verwaltung) zu leisten.

Investitionen in Forschungs- und Innovationskapazitäten sind Investitionen in die Zukunft Europas Die künftige Einkommensentwicklung und der nachhaltige Wohlstand in der EU hängen entscheidend von einem Plus an Produktivität, Kompetenzen und Innovation ab. Die Aufbau- und Resilienzfazilität, InvestEU, der kürzlich lancierte erneuerte Europäische Forschungsraum, die neue Europäische Innovationsagenda und die EU-Missionen werden ihren Teil dazu beitragen, die Lücke bei den Investitionen und Aktivitäten im Bereich Forschung und Innovation gegenüber den wichtigsten Wettbewerbern der EU zu schließen, indem neue Mittel für FuI mobilisiert sowie bessere Bedingungen für Finanzierung, Innovationskompetenzen und besser koordinierte FuI-Maßnahmen in Europa geschaffen werden. Forschung und Innovation sind wesentlich für die Beschleunigung des ökologischen und digitalen Wandels, aber auch zur Förderung anderer zentraler Zielsetzungen wie der Verbesserung der Gesundheit der Menschen, der Entwicklung einer offenen strategischen Autonomie und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften. Gerade unter den derzeitigen Gegebenheiten müssen wir bei transformativen Technologien – Wind, Solarenergie, Wasserstoff, Wärmepumpen und intelligente Stromnetze – Innovation und Investitionen sowie ihre Einführung schneller voranbringen.

2.3 Gerechtigkeit

Das Wirtschaftswachstum trug 2021 und im ersten Halbjahr 2022 zu starken EU-Arbeitsmärkten mit deutlich gestiegenen Beschäftigungsquoten bei. Die Beschäftigungsquote in der EU stieg im Laufe des Jahres 2021 stetig an und erreichte im zweiten Quartal 2022 ein Rekordhoch von 74,8 %. Zugleich ist der Anteil junger Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, trotz des jüngsten Rückgangs der Jugendarbeitslosigkeit weiter hoch (11,7 % im zweiten Quartal 2022). Das Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung blieb im Verlauf der Pandemie stabil, auch wenn etwa jeder fünfte Mensch in den Jahren 2020 und 2021 weiterhin von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht war. Die positiven Auswirkungen der von den Mitgliedstaaten während der Pandemie ergriffenen Maßnahmen schlagen sich in der erfolgreichen Erholung des Arbeitsmarktes und den weitgehend stabilen sozialen Indikatoren nieder. Hinzu kommen die Unterstützung durch die EU 18 , der stabilisierende Einfluss der Sozialsysteme sowie erfolgreiche Strukturreformen des letzten Jahrzehnts.

Steile Energiepreisanstiege und die Inflation haben jedoch erhebliche negative Auswirkungen auf die Kaufkraft von Privathaushalten und das europäische Unternehmertum und so möglicherweise auch auf den Arbeitsmarkt. Durch die höheren Energiepreise steigen die Betriebskosten, was in verschiedenen Branchen zu Kurzarbeit führt und Arbeitsplätze gefährdet. Verschärft wird die Lage durch die sinkende Nachfrage. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung werden von der sektoralen Zusammensetzung der Volkswirtschaften, ihren Wertschöpfungsquellen und ihrer Abhängigkeit von energieintensiven Wertschöpfungsketten bestimmt. Je nach Sektor, Geschlecht und Region kann daher von unterschiedlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung ausgegangen werden.

Die Haushalte leiden nach wie vor erheblich unter den hohen Energiepreisen, was das Risiko der Energiearmut erhöht und gezielte und koordinierte Maßnahmen erfordert. Nahrungsmittel und Energie machen einen größeren Anteil am Warenkorb einkommensschwacher Haushalte aus, wodurch sie besonders anfällig für die laufenden Preiserhöhungen sind. Die Mitgliedstaaten haben bereits umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Folgen der hohen Energiepreise für Haushalte abzumildern. Allerdings waren mehr als 70 % der Unterstützungsmaßnahmen 2022 nicht gezielt, wie im nächsten Abschnitt erläutert wird. Während der Preisdruck längst nicht mehr nur die Energie betrifft und Ressourcen weiterhin knapp bleiben, ist es zunehmend wichtig, die Unterstützungsmaßnahmen auf schutzbedürftige Haushalte auszurichten und zugleich Anreize für Energieeinsparungen und mehr Energieeffizienz zu bieten. Gezieltere Maßnahmen können wirksam zur Verhinderung von Energiearmut und allgemeiner Armut beitragen, ohne die Inflation anzuheizen oder die öffentlichen Haushalte über Gebühr zu belasten. Darüber hinaus schneiden Maßnahmen, die auf benachteiligte Gruppen ausgerichtet sind, im Hinblick auf die makroökonomische Stabilisierung besser ab. Mit SAFE (Unterstützung erschwinglicher Energie) schlägt die Kommission im Rahmen von REPowerEU den flexibleren Einsatz der kohäsionspolitischen Mittelzuweisungen für 20142020 vor. So sollen die Mitgliedstaaten und Regionen dabei unterstützt werden, schutzbedürftigen Haushalten und Unternehmen zu helfen und Arbeitsplätze zu erhalten. 19

Ein intensiv geführter sozialer Dialog kann dazu beitragen, Kaufkraftverluste insbesondere für Geringverdiener durch Lohnfestsetzung abzumildern, wobei das Risiko von Zweitrundeneffekten auf die Inflation begrenzt wird und Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleiben. Während die Nominallöhne 2021 anzogen und 2022 noch einmal zulegten, sanken die Reallöhne infolge der hohen Inflation. Das Lohnwachstum war 2021 hauptsächlich auf den Anstieg der geleisteten Arbeitsstunden und die kräftige wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Krise zurückzuführen. 2022 setzte aufgrund der hohen Inflation und des Arbeitskräftemangels ein beschleunigter Anstieg der Nominallöhne ein. Allerdings blieben die Lohnzuwächse hinter der Inflation zurück. Erfolgreiche Tarifverhandlungen sind der Schlüssel zu einer allgemeinen Lohnentwicklung im Einklang mit den sich wandelnden makroökonomischen Bedingungen, wobei zugleich das Risiko einer Entankerung der Inflationserwartungen vermieden wird. Die Anpassung der Mindestlöhne (im Einklang mit der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne) ist entscheidend, um die Kaufkraft im Falle von Niedriglöhnen zu schützen. Die genannten gezielten und befristeten Unterstützungsmaßnahmen können ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, da in einigen Unternehmen und Sektoren die Rentabilität leidet. Lohnanpassungen werden zusätzlich von den Besonderheiten der Branchen und dem Grad der wirtschaftlichen Flexibilität beeinflusst, während die Kaufkraft mittelfristig durch Lohnerhöhungen in Übereinstimmung mit den Steigerungen bei Produktivität und Potenzialwachstum geschützt wird.

Wirksame arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind nach wie vor entscheidend, um Arbeitskräfte zu unterstützen und ihnen den Arbeitsplatzwechsel zu erleichtern, zumal der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel in der EU immer noch weitverbreitet sind. Der Arbeitskräftemangel betrifft insbesondere bestimmte Branchen wie Gesundheits- und Bildungswesen, Gastgewerbe und Tourismus, Baugewerbe, IKT und Branchen, die für den ökologischen Wandel von Belang sind. Entlassungen infolge der COVID-19-Pandemie führten zu zusätzlichen Engpässen, insbesondere in Branchen, in denen flexible Verträge besonders verbreitet sind, da nicht alle Arbeitskräfte zurückgekehrt sind, nachdem die Nachfrage wieder angezogen hatte. Da ein vorübergehender Anstieg der Produktionskosten Arbeitsplätze bedroht, können Kurzarbeitsregelungen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und unternehmensspezifischem Humankapital beitragen. Sie sollten so konzipiert sein, dass Umstrukturierungsprozesse unterstützt werden, indem Arbeitsplatzwechsel unter anderem durch Weiterbildung und Umschulung erleichtert werden. 

Eine aktive Arbeitsmarktpolitik sowie Aus-, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen fördern Beschäftigung und soziale Inklusion. Sie können auch eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung des ökologischen und digitalen Wandels spielen. 20 Die Digitalisierung der Wirtschaft, die während der Pandemie weiter Fahrt aufgenommen hat, hat zu einem größeren Bedarf an digitalen Kompetenzen auf allen Ebenen geführt. Entsprechend müssen die Maßnahmen auf die Weiterbildung und Umschulung in verschiedenen Industriezweigen sowie die Förderung von Arbeitsplatzwechsel ausgerichtet werden, damit sich die EU aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen lösen und klimaneutral werden kann. 21 Trotz guter Fortschritte in den meisten Mitgliedstaaten sollten langjährige Herausforderungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung von jungen Menschen, Frauen und benachteiligten Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, Roma und Menschen mit Migrationshintergrund – einschließlich Vertriebener aus der Ukraine 22  – mit spezifischen und maßgeschneiderten politischen Maßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene und unter umfassender und effektiver Nutzung verfügbarer EU-Finanzmittel angegangen werden.

Die Anpassung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung ist wesentlich für die Entwicklung der in unseren Volkswirtschaften benötigten Kompetenzen, ein Mangel an Lehrkräften kann jedoch hinderlich sein. In den Mitgliedstaaten herrscht auf allen Bildungsstufen, einschließlich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, ein zunehmender Lehrkräftemangel, insbesondere in den wichtigsten Fächern in Bezug auf den ökologischen und digitalen Wandel. Gerade für Fächer und Regionen mit Lehrkräftemangel ist es entscheidend, Lehrberufe attraktiver zu gestalten, um jungen Menschen und lebenslang Lernenden jene Kompetenzen zu vermitteln, die auf den sich wandelnden Arbeitsmärkten jetzt und in Zukunft besonders gefragt sind. Gleichermaßen wichtig ist eine bessere Chancengleichheit in der Bildung – auch in der frühkindlichen – nach einer Pandemie, die den Einfluss des sozioökonomischen Hintergrunds auf die Lernergebnisse benachteiligter Kinder und Jugendlicher verstärkt hat, einschließlich jener mit Migrationshintergrund oder aus ethnischen Minderheiten. Investitionen in hochwertige, zugängliche und bezahlbare frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sind auch entscheidend, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erleichtern.

Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig belastbare und nachhaltige Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme sind, mit denen rasch auf Gesundheitskrisen reagiert werden kann, ohne dass Qualität und Verfügbarkeit anderer Gesundheitsleistungen leiden. Obwohl während der Pandemie Fortschritte erzielt wurden, müssen mehrere Mitgliedstaaten noch mehr für die Belastbarkeit, Qualität und Zugänglichkeit ihrer Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme tun, auch in Bezug auf den Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen. Die Pandemie hat gezeigt, dass in allen Mitgliedstaaten mehr Wachsamkeit und Investitionen erforderlich sind, damit sie angemessen auf künftige Gesundheitskrisen vorbereitet sind 23 und auch die Qualität der Gesundheitsleistungen bei anderen Erkrankungen aufrechterhalten können. Eine schnellere Umsetzung des europäischen Grünen Deals wird den Gesundheitssystemen zusätzlich nutzen (z. B. durch den Null-Schadstoff-Aktionsplan als Teil des europäischen Grünen Deals), da jeder achte vorzeitige Todesfall in der EU mit der Umweltverschmutzung in Zusammenhang gebracht wird.

Die Angemessenheit und Tragfähigkeit der sozialen Sicherheitsnetze zu erhalten und zu verbessern, genießt in der derzeitigen Wirtschaftslage Priorität. Ein geringes Maß an Angemessenheit kann in einigen Mitgliedstaaten zu Leistungen führen, die mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten für schutzbedürftige Haushalte nicht Schritt halten. Gleichzeitig sollten die Systeme zur Einkommenssicherung zielgerichtet sein und angemessene Anreize und Unterstützung für arbeitsfähige Begünstigte umfassen, um sie wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. 24 Entscheidend ist es auch, Arbeitnehmern mit nicht regulärem Arbeitsvertrag und Selbstständigen Sozialschutz zu gewährleisten. Entsprechend wichtig ist es vor dem Hintergrund einer ungünstigen demografischen Entwicklung und sich wandelnder Arbeitsmärkte auch, die Angemessenheit und finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme sicherzustellen. 25 Gleiches gilt für den Zugang zu bezahlbarer, hochwertiger und nachhaltiger Langzeitpflege.

Regionale Unterschiede und der demografische Wandel verschärfen die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem ökologischen und digitalen Wandel. Die Erwerbsbevölkerung in der EU nimmt ab, was zum bestehenden Arbeitskräftemangel beiträgt und das Wachstumspotenzial und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt. In vielen Regionen und insbesondere in ländlichen Gebieten werden die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung durch die Abwanderung verstärkt. Hinzu kommt die Schwierigkeit, geeignete Facharbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, die für den Aufbau von auf den ökologischen und digitalen Wandel ausgerichteten Volkswirtschaften gerüstet sind. Darüber hinaus beschränkt die ausgeprägte und anhaltende Innovationskluft in Europa die Fähigkeit vieler weniger entwickelter Regionen, einen höheren Wohlstand zu erreichen. Das Potenzial der nationalen politischen Maßnahmen und der EU-Politik, das Wachstum in der gesamten EU und in den Mitgliedstaaten wieder ins Gleichgewicht zu bringen, ist der Schlüssel zu einer fairen Erholung, die es den Bürgerinnen und Bürgern in der EU ungeachtet ihres Wohnortes ermöglicht, am Binnenmarkt teilzuhaben und davon zu profitieren.

Die Kernziele der EU für 2030 in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Armutsbekämpfung werden ihren Beitrag zur Förderung der sozialen Aufwärtskonvergenz in der EU leisten. Die Mitgliedstaaten legten ihre nationalen Ziele für 2030 vor, und jetzt müssen auf die erklärten Vorsätze angemessene politische Maßnahmen folgen. Die Fortschritte bei der Verwirklichung der nationalen Ziele und EU-Ziele werden von diesem Zyklus des Europäischen Semesters an überwacht, beginnend mit dem Vorschlag der Kommission für den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2023 26 .

Die Aufbau- und Resilienzfazilität unterstützt zusammen mit den kohäsionspolitischen Fonds und dem Mechanismus für einen gerechten Übergang ein gerechtes und inklusives Wachstum in der EU. Die von den Mitgliedstaaten umgesetzten Aufbau- und Resilienzpläne beinhalten ein breites Spektrum an Reformen und Investitionen, die dauerhafte Auswirkungen haben. Sie werden zu einer höheren Erwerbsbeteiligung, zu Produktivitätssteigerungen durch Bildungs-, Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie zu sozialer Inklusion, Generationengerechtigkeit, territorialem Zusammenhalt und Resilienz beitragen. 27 Die kohäsionspolitischen Programme ermöglichen weiterhin das Wachstum in den Regionen, vor allem durch regionale Wegbereiter und Triebkräfte für die wirtschaftliche Entwicklung sowie Investitionen in Humankapital.

2.4 Makroökonomische Stabilität

Die sich eintrübende Wirtschaftslage hat zu höheren Anfälligkeiten und Risiken im Zusammenhang mit bereits bestehenden Ungleichgewichten geführt, und neue Ungleichgewichte könnten entstehen. Im Warnmechanismus-Bericht analysiert die Kommission die Entwicklung von Ungleichgewichten und neu auftretende Risiken. 28 Trotz der aktuellen erheblichen Konjunkturabschwächung dürfte das nominale BIP-Wachstum dazu beitragen, sowohl 2022 als auch 2023 die Schuldenquoten zu drücken und so das Ausmaß einiger Ungleichgewichte bei Bestandsgrößen zu verringern, und auch der starke Anstieg der Wohnimmobilienpreise dürfte sich abschwächen. Allerdings steigen angesichts der schwächelnden Wirtschaftstätigkeit und sich verschlechternder Finanzierungsbedingungen die Risiken im Zusammenhang mit hohen Schuldenständen. Parallel dazu erhöhen divergierende Inflationsraten und steigende Arbeitskosten die Gefahr, dass die Kostenwettbewerbsfähigkeit abnimmt, wobei Gegenmaßnahmen kostspielig sein könnten, insbesondere, wenn strukturelle Veränderungen in der Produktion hinzukommen. Im Rahmen der eingehenden Überprüfung wird die Kommission die Entwicklungen und Risiken im Zusammenhang mit gemeinsamen Trends innerhalb eines gemeinsamen Rahmens genau beobachten, um die länderspezifischen Analysen in einen Kontext zu stellen, wobei der Schwerpunkt auf Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt, der Wettbewerbsfähigkeit, der außenwirtschaftlichen Tragfähigkeit und den Außenbeiträgen liegt. Für die zehn Mitgliedstaaten, bei denen zuvor Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden, werden eingehende Überprüfungen durchgeführt. Damit soll untersucht werden, ob sich die festgestellten Ungleichgewichte verschärfen oder abgebaut werden, um so die bestehenden Bewertungen zu aktualisieren und zu bewerten, welche verbleibenden Maßnahmen möglicherweise erforderlich sind. Darüber hinaus werden für sieben Mitgliedstaaten eingehende Überprüfungen durchgeführt, bei denen ein besonderes Risiko neu entstehender Ungleichgewichte besteht. Grundlage für die eingehenden Überprüfungen sind ausführliche thematische Bewertungsvermerke, die den Hintergrund für die Analyse bilden. 29

Um diesen widrigen wirtschaftlichen Bedingungen zu trotzen, kommt es darauf an, makrofinanzielle Stabilität zu gewährleisten und die Kreditkanäle für die Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Die Banken sind dank der politischen Maßnahmen der letzten Jahre gut aufgestellt. Trotz bereits rückläufiger Entwicklung sollte gegen notleidende Kredite dennoch weiter vorgegangen werden. Dazu gehören die Überwachung der Aktiva-Qualität, die rechtzeitige und proaktive Zusammenarbeit mit notleidenden (insbesondere den noch zahlungsfähigen) Schuldnern, die weitere Verbesserung der Effizienz der Insolvenzrahmen und die Weiterentwicklung der Sekundärmärkte für notleidende Kredite, insbesondere durch eine fristgerechte Umsetzung der Richtlinie über Kreditdienstleister und Kreditkäufer 30 bis Ende 2023. Gleichzeitig müssen die Banken ihre umsichtige Rückstellungspolitik beibehalten sowie dem jeweiligen Risikolevel entsprechende Kapitalpuffer vorhalten. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken gab am 22. September 2022 eine Warnung heraus, in der er ein stärkeres Bewusstsein für jene Risiken für die Finanzstabilität anmahnte, die mit dem drastischen Rückgang der Vermögenspreise verbunden sind. Steigende Hypothekenzinsen und die abnehmende Schuldendienstfähigkeit aufgrund schrumpfender Realeinkommen der Haushalte könnten einen Abwärtsdruck auf die Wohnimmobilienpreise ausüben. Dies wiederum könnte zur Entstehung akkumulierter zyklischer Risiken auf den Immobilienmärkten führen. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit groß angelegter Cybervorfälle mit Auswirkungen auf das Finanzsystem gestiegen. Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets müssen weiter an der Vollendung der Bankenunion im Einklang mit dem von der Euro-Gruppe skizzierten weiteren Vorgehen 31 und an der Stärkung der internationalen Rolle des Euro arbeiten. Ein gut funktionierender Finanzsektor und gut funktionierende Finanzmärkte, insbesondere im Wege einer vertieften Kapitalmarktunion, sind elementar, um die für den ökologischen und digitalen Wandel erforderlichen massiven Investitionen zu finanzieren.

Die jüngsten Schocks zeigen, wie wichtig es ist, solide fiskalpolitische Maßnahmen gut aufeinander abzustimmen und Haushaltspuffer in guten Zeiten aufzubauen, um bei Konjunkturabschwüngen auf sie zurückgreifen zu können. Die aktuelle Wirtschaftslage hat gezeigt, wie wichtig solide Haushaltsverfahren sind, sodass fiskalpolitische Maßnahmen in einem sich rasch wandelnden Umfeld flexibel eingesetzt und Prioritäten festgelegt werden können, die eine hohe Qualität der öffentlichen Finanzen gewährleisten, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Investitionstätigkeit zu richten ist. Während der Pandemie war eine befristete fiskalische Unterstützung erforderlich, damit Unternehmen ihre Produktionskapazität aufrechterhalten und Arbeitsplätze und Einkommen in einer Zeit sichern konnten, in der große Teile der Wirtschaft für kurze Zeit heruntergefahren werden mussten. Derzeit beeinträchtigen der Energieschock und die hohe Inflation die Wirtschaftstätigkeit und das Wachstumspotenzial. Auch wenn sich die Art der Krisen und die politischen Reaktionen von Land zu Land unterscheiden, so ist es nach wie vor unerlässlich, nationale Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten eng aufeinander abzustimmen und Kohärenz zwischen der Fiskal- und der Geldpolitik sicherzustellen.

Im Jahr 2022 war der finanzpolitische Kurs expansiv. Um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der außergewöhnlich hohen Energiepreise abzufedern, haben die Mitgliedstaaten rasch Maßnahmen ergriffen, die allerdings größtenteils nicht auf die einschlägigen Zielgruppen ausgerichtet waren. Diese Maßnahmen dürften sich derzeit auf 1,2 % des BIP für die EU insgesamt im Jahr 2022 belaufen. Zwar wurden die Maßnahmen zeitnah umgesetzt, doch waren 70 % von ihnen nicht auf schutzbedürftige Haushalte und exponierte Unternehmen ausgerichtet, und zwei Drittel boten keine Anreize zur Senkung der Energienachfrage, wie etwa niedrigere Mehrwertsteuersätze oder Verbrauchsteuern oder Anpassungen der Abgaben und Subventionen für Energieerzeugnisse. Die Maßnahmen sollten zunehmend auf schutzbedürftige Haushalte und exponierte Unternehmen ausgerichtet werden und zeitlich befristet sein. Der expansive finanzpolitische Kurs wurde auch durch zusätzliche Investitionsfinanzierungen sowohl auf nationaler Ebene als auch über die Aufbau- und Resilienzfazilität und andere EU-Fonds gestützt. Um den ökologischen und digitalen Wandel voranzutreiben, die Energieeffizienz zu steigern und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen zu beschleunigen, sind noch weitere Investitionen erforderlich.

Da ein großflächiger Fiskalimpuls für die Wirtschaft im Jahr 2023 nicht angemessen wäre, ist bei der Ausgestaltung von Maßnahmen als Reaktion auf die Entwicklung der Energiepreise ein umsichtiger und koordinierter Ansatz gefragt. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen gezielter energiepolitischer Maßnahmen scheint im aktuellen wirtschaftlichen Kontext für das Jahr 2023 ein insgesamt neutraler haushaltspolitischer Kurs für die EU und das Euro-Währungsgebiet insgesamt angemessen. Ein solcher Kurs würde die geldpolitischen Bemühungen, die Inflation zu senken und eine feste Verankerung der Inflationserwartungen beizubehalten, ergänzen. Die Energieunterstützungsmaßnahmen belaufen sich derzeit für die EU insgesamt schätzungsweise auf fast 1 % des BIP für das Jahr 2023 und decken in vielen Mitgliedstaaten hauptsächlich die erste Jahreshälfte ab. Die Fertigstellung der Haushaltspläne für 2023 bietet die Gelegenheit, die Ausgestaltung der Unterstützungsmaßnahmen sowie die Qualität und Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen dahin gehend zu verbessern, dass die finanzpolitischen Maßnahmen gezielt die Auswirkungen der hohen Energiepreise auf schutzbedürftige Haushalte und Unternehmen abfedern. Ein zweistufiges Modell für die Energiepreise, bei dem die Verbraucher bis zu einem bestimmten Verbrauchsniveau von regulierten Preisen profitieren, kann hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Darüber hinaus sollte insbesondere in hoch verschuldeten Mitgliedstaaten weiter eine umsichtige Finanzpolitik betrieben werden, bei gleichzeitigem Schutz der öffentlichen Investitionen. Diese Überlegungen spiegeln sich in den politischen Leitlinien für 2023 wider, die in der Empfehlung der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 32 aufgeführt sind.

Mittelfristig sollte mit den finanzpolitischen Maßnahmen die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte sichergestellt und Investitionen bevorzugt werden, die den zweifachen Wandel sowie die wirtschaftliche und soziale Resilienz unterstützen. Ziel der finanzpolitischen Maßnahmen sollte es sein, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und durch schrittweise Konsolidierung und durch auf nachhaltiges Wachstum abstellende Investitionen und Reformen die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu gewährleisten. Mehr Tempo bei Reformen, die die Steuersysteme und die Steuererhebung wachstumsfreundlicher gestalten und die langfristige Effizienz der öffentlichen Ausgaben verbessern, würde das Potenzialwachstum, die Wettbewerbsfähigkeit und die Schuldentragfähigkeit stärken und damit auch die Krisenreaktionsfähigkeit der Finanzpolitik verbessern. Gleichzeitig müssen der Strukturwandel und die Investitionstätigkeit vorangetrieben werden, auch um den Klimawandel und das Ausmaß klimabedingter Katastrophen, die eindeutige Auswirkungen auf die nationalen Haushalte haben, abzufedern bzw. sich daran anzupassen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Instrumente zu entwickeln, die die Auswirkungen des Klimas auf ihre Haushaltsplanung und langfristige Tragfähigkeit eruieren sowie Strategien und Instrumente zu entwerfen, die helfen, solche Klimaauswirkungen auf faire Weise zu verhindern, zu verringern und entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Und schließlich sind aufgrund der demografischen Herausforderungen weitere politische Maßnahmen notwendig, unter anderem Reformen, die die Angemessenheit und Tragfähigkeit der Rentensysteme sicherstellen.

Die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts wird im Jahr 2023 weiter gelten und ab 2024 deaktiviert werden. Die Kommissionbewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets 33 deutet darauf hin, dass die national finanzierten laufenden Ausgaben in einigen Mitgliedstaaten stark steigen werden, was in einigen Mitgliedstaaten zu einem expansiven finanzpolitischen Kurs führen wird. Um den Inflationsdruck nicht zu verstärken, ist es – besonders für hochverschuldete Länder – wichtig, den Anstieg der laufenden Ausgaben unter Berücksichtigung der vorübergehenden und gezielten Unterstützung der von den hohen Energiepreisen betroffenen Haushalte und Unternehmen und der Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, zu begrenzen. Dies sollte im Hinblick auf eine widerstandsfähigere Wirtschaft mit höheren Investitionen in die Verwirklichung der Ziele in den Bereichen Umwelt, Digitales und Energieversorgungssicherheit kombiniert werden. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, sowohl einzeln tätig zu werden, etwa über die Umsetzung ihrer Aufbau- und Resilienzpläne, als auch gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, um ihre nationalen finanzpolitischen Maßnahmen so wachstumsfreundlich wie möglich umzusetzen und aufeinander abzustimmen.

Die Kommission schlägt nicht vor, neue Defizitverfahren einzuleiten. Wie im Mai 2022 angekündigt, hat die Kommission erneut geprüft, ob es zweckdienlich ist, neue Verfahren bei einem übermäßigen Defizit vorzuschlagen. 34  In diese Prüfung sind aktualisierte Ergebnisdaten für 2021, die Umsetzung finanzpolitischer Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten im Laufe des Jahres 2022 und die Haushaltspläne der Regierungen für 2023 entsprechend der Herbstprognose 2022 der Kommission eingeflossen. Die aktualisierten Informationen bestätigen weitgehend frühere Erkenntnisse. 35 Angesichts der momentanen außerordentlichen Unsicherheit, auch mit Blick auf die Festlegung eines detaillierten finanzpolitischen Kurses, ist die Kommission der Auffassung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einem Beschluss, weitere Mitgliedstaaten dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit zu unterwerfen, abgesehen werden sollte. Im Frühjahr 2023 wird die Kommission auf der Grundlage der Ist-Daten für 2022 und der Pläne für 2023 erneut bewerten, ob es zweckdienlich ist, die Einleitung von Verfahren bei einem übermäßigen Defizit vorzuschlagen, und dabei insbesondere berücksichtigen, inwieweit die finanzpolitischen Empfehlungen des Rates an die Mitgliedstaaten befolgt wurden.

3.Merkmale des Europäischen Semesters 2023

Den Rahmen für die Koordinierung der EU-Politik werden weiterhin das Europäische Semester 2023 und die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne bilden. Die Kombination der oben genannten Herausforderungen zeigt, dass die Wirtschafts- und Sozialpolitik weiterhin eng koordiniert werden muss. Ziel ist es, die unmittelbaren wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, weiterhin ein faires, inklusives, widerstandsfähiges und nachhaltiges Wachstum zu fördern und gleichzeitig die Chancen des ökologischen und digitalen Wandels zu nutzen. Wie bereits für 2022 werden die gestrafften Länderberichte einen ganzheitlichen Überblick über die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen und Herausforderungen bieten, mit denen die Mitgliedstaaten konfrontiert sind, wobei den regionalen Entwicklungen Rechnung getragen wird, sowie über ihre Resilienz. 36 Die Berichte werden eine Bewertung der Fortschritte bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte über das sozialpolitische Scoreboard sowie der Fortschritte bei der Verwirklichung der Kernziele 2030 der EU und der nationalen Ziele in den Bereichen Beschäftigung, Qualifikationen und Armutsbekämpfung enthalten. Darin werden auch die Herausforderungen ermittelt, die in den Aufbau- und Resilienzplänen nur teilweise oder gar nicht behandelt wurden; ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Fortschritte bei der Umsetzung des Plans und etwaige neue Herausforderungen gerichtet. Gegenstand der länderspezifischen Empfehlungen ist weiterhin eine begrenzte Anzahl von zentralen Herausforderungen, die in den Länderberichten und gegebenenfalls den eingehenden Überprüfungen ermittelt wurden und die politische Gegenmaßnahmen erfordern. Die Länderberichte, die eingehenden Überprüfungen und die Vorschläge für länderspezifische Empfehlungen werden gemeinsam im Rahmen des Frühjahrspakets des Europäischen Semesters 2023 vorgelegt.

Am 9. November 2022 hat die Kommission Leitlinien für mögliche Änderungen am Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung der EU vorgelegt. 37  Damit möchte sie die Wirksamkeit der wirtschaftspolitischen Überwachung und der politischen Koordinierung in der EU verbessern, indem einfachere und integrierte Strukturen für die makrofiskalische Überwachung geschaffen werden, um eine tragbare Verschuldung zu gewährleisten und ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern. Der reformierte Rahmen sollte den Aufbau der grünen, digitalen und widerstandsfähigen Wirtschaft der Zukunft unterstützen und gleichzeitig die Tragfähigkeit unserer öffentlichen Finanzen gewährleisten. Hierbei sollte ein integrierter Ansatz verfolgt werden, bei dem sich die Überwachungsinstrumente im Rahmen des Europäischen Semesters gegenseitig ergänzen. Es ist dringend erforderlich, eine rasche Einigung über die Überarbeitung der EU-Haushaltsregeln und anderer Elemente des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung zu finden. Ein Konsens über die Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte vor den jährlichen Haushaltsverfahren der Mitgliedstaaten für 2024 erzielt werden.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung werden weiter in das Europäische Semester eingegliedert. In den Länderberichten 2023 werden die Fortschritte und Herausforderungen der einzelnen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele beleuchtet. Den Berichten wird für jedes Land ein detaillierter Anhang beigefügt, der u. a. auf der Grundlage der Eurostat-Überwachung die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele mit den vier Dimensionen wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit verknüpft. Parallel dazu wird die Kommission auf dem hochrangigen politischen Forum der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung 2023 die erste freiwillige Überprüfung 38 der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele auf EU-Ebene vorlegen. Neben der Eingliederung der Überwachung der Nachhaltigkeitsziele in das Europäische Semester wird die freiwillige Überprüfung der EU dazu dienen, das Engagement der EU für die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in einem ressortübergreifenden Ansatz zu bekräftigen, sodass die interne und die externe Dimension miteinander verknüpft werden. Dies wird die Arbeit der EU bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele sichtbarer und kohärenter machen und in einer Zeit, in der der Multilateralismus unter Druck steht und ein nachhaltiges und inklusives Wohlergehen zunehmend in den Vordergrund rückt, die Bedeutung dieser gemeinsamen Ziele auf globaler Ebene hervorheben.

Die Kommission ist bemüht, den Prozess inklusiv zu gestalten und die Sozialpartner und andere relevante Interessenträger im Zyklus des Europäischen Semesters rechtzeitig einzubinden. Ein nachhaltiger Wiederaufbau und der zweifache Wandel können nur gemeinsam und in enger Zusammenarbeit mit allen einschlägigen Interessenträgern bewältigt werden. In allen Phasen des Europäischen Semesters und des Umsetzungsprozesses der Aufbau- und Resilienzfazilität ist es wichtig, die Interessenträger im Wege spezifischer regelmäßiger Sitzungen aktiv einzubinden. Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten auf, mit den Sozialpartnern, den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und anderen Interessenträgern, insbesondere Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen, im Rahmen regelmäßiger Austauschformate aktiv zusammenzuarbeiten. Dabei sollten sie sich auf die erfolgreiche Anwendung des Partnerschaftsprinzips bei der Programmplanung und Umsetzung der Kohäsionspolitik stützen. Dies trägt dazu bei, Herausforderungen gemeinsam zu ermitteln, politische Lösungen zu verbessern und die Eigenverantwortung für die wirtschafts- und sozialpolitische Agenda auf eine breitere Basis zu stellen. Die Kommission wird die bestehenden Foren im Rahmen des Europäischen Semesters nutzen, um die Sozialpartner auch über die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität zu informieren und sie daran zu beteiligen. Im Jahr 2023 wird die Kommission eine Mitteilung zur Stärkung des sozialen Dialogs in der EU sowie einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Rolle des sozialen Dialogs auf nationaler Ebene vorlegen.

Die Kommission erkennt die demokratische Rechenschaftspflicht der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU uneingeschränkt an und wird den verstärkten interinstitutionellen Dialog mit dem Europäischen Parlament und dem Rat fortsetzen. Sie ist bestrebt, ihren engen Dialog mit dem Europäischen Parlament über wichtige soziale, wirtschaftliche und arbeitsmarktbezogene Entwicklungen – auch im Rahmen des Europäischen Semesters – fortzusetzen und vor jeder entscheidenden Phase eines Semesterzyklus mit dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten. 

4.Schlussfolgerung

Die während der COVID-19-Pandemie rasch ergriffenen und aufeinander abgestimmten politischen Maßnahmen zahlen sich aus, doch stehen Wirtschaft und Gesellschaft der EU infolge von Russlands Einmarsch in die Ukraine vor zahlreichen neuen wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen Herausforderungen, die politisches Handeln auf EU- und auf nationaler Ebene erfordern. Historisch hohe Energiepreise, hohe Inflationsraten, Versorgungsengpässe, höhere Schuldenstände und steigende Fremdfinanzierungskosten belasten die Wirtschaftstätigkeit der Unternehmen und die Lebenshaltungskosten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern, insbesondere die Schwächsten. In der Wirtschafts-, Sozial- und Fiskalpolitik stehen komplexe politische Entscheidungen an, um die wirtschaftlichen Folgen dieses schwierigen Umfelds abzufedern, die angebotsbedingte Inflation einzudämmen und gleichzeitig unsere mittel- bis langfristigen Ziele zur Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz und zur Unterstützung des zweifachen Wandels einzuhalten. 

Unsere Wachstumsstrategie, die auf den vier Dimensionen wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit beruht, gibt die Richtung für unsere koordinierten wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen vor – auf kurze und auf mittlere Sicht. Die politischen Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten müssen gut austariert und koordiniert werden, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu stärken, die Energieversorgungssicherheit und -bezahlbarkeit zu verbessern und gleichzeitig die Energiewende zu beschleunigen, die wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit zu fördern, die Produktivität zu steigern und die makroökonomische Stabilität und den Binnenmarkt zu erhalten.

Um die Errungenschaften der EU-Integration zu schützen und die Volkswirtschaften der EU zukunftssicherer zu machen, wird das Europäische Semester dazu beitragen, dass die relevanten politischen Herausforderungen ermittelt, politische Prioritäten festgelegt, politische Leitlinien vorgegeben und die Überwachung und Beobachtung der Politik sichergestellt werden können. Das Europäische Semester wird in den kommenden Jahren im Mittelpunkt dieses Transformationsprozesses stehen. Zusammen mit der Aufbau- und Resilienzfazilität wird es weiterhin für eine wirksame Reformdynamik in jedem Mitgliedstaat bis 2026 sorgen, gepaart mit den Reform- und Investitionsstrategien, die durch andere EU-Programme wie die Fonds der Kohäsionspolitik, InvestEU und die nationalen Energie- und Klimapläne ermöglicht werden; diese sollen unsere Wirtschaft bei der Erreichung der Klimaziele und der nationalen Fahrpläne für die digitale Dekade, die zu einem erfolgreichen digitalen Wandel bis 2030 beitragen sollen, auf Kurs halten. Das Europäische Semester wird auch weiterhin die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne überwachen und die analytische Grundlage für die Ermittlung neuer wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischer Herausforderungen liefern, die nicht bereits in den Plänen behandelt werden, indem einschlägige länderspezifische Empfehlungen vorgelegt werden. Beide Prozesse greifen daher weiter ineinander, sodass Synergien genutzt und damit Überschneidungen und Doppelarbeit, auch in Bezug auf die Berichtspflichten, vermieden werden. 

(1)

Siehe „European Economic Forecast (Autumn 2022)“, European Economy – Institutional Paper, 187 (November).

(2)

 Die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025, der EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020–2025, der strategische Rahmen der EU für Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma 2020–2030, die LGBTIQ-Strategie, die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021–2030 und die EU-Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus.

(3)

Gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) 2018/1999 legen die Mitgliedstaaten bis Juni 2023 Entwürfe ihrer aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne unter Berücksichtigung der länderspezifischen Empfehlungen 2022 und 2023 (COM/2022/8263) vor. Die nationalen Energie- und Klimapläne helfen bei der Verwirklichung der REPowerEU-Ziele, da sie einen Rahmen bieten, um Schritte zur Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe zu planen und zu fördern.

(4)

COM(2022) 782.

(5)

COM(2022) 108 final.

(6)

Zahlen auf der Grundlage von SWD(2022) 230 final. Die Mitgliedstaaten sollten auch sicherstellen, dass mindestens 50 % der Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten im Rahmen des Emissionshandelssystems der EU für klima- und energiebezogene Zwecke verwendet werden.

(7)

Andere Formen von fossilfreiem Wasserstoff, insbesondere aus Kernkraft, spielen ebenfalls eine Rolle als Ersatz für Erdgas.

(8)

Die kohäsionspolitische Unterstützung des europäischen Grünen Deals wird in den Programmen 2021–2027 verstärkt. Im mehrjährigen Finanzrahmen 2014–2020 hat die Kohäsionspolitik 85 Mrd. EUR zu Klima- und Umweltschutzmaßnahmen beigetragen. Mit der Genehmigung der kohäsionspolitischen Programme 2021–2027 werden weitere 100 Mrd. EUR für den ökologischen Wandel bereitgestellt, darunter rund 40 Mrd. EUR für Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energienetze.

(9)

 Im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals werden mit mindestens 30 % des Programms „InvestEU“ Investitionen gefördert, die zu den Klimazielen der EU beitragen. Darüber hinaus werden 60 % der Investitionen, die im Rahmen des InvestEU-Finanzierungsfensters „Nachhaltige Infrastruktur“ gefördert werden, zu den Klima- und Umweltzielen der EU beitragen.

(10)

Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten über das Instrument für technische Unterstützung bei der Ermittlung von Reformen und Investitionen zur schrittweisen Einstellung der Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland.

(11)

Im November 2022 legte die Kommission ihre Mitteilung „Gewährleistung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln“ vor. Dort werden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung einer nachhaltigen europäischen Düngemittelproduktion sowie zur Optimierung des Einsatzes und zur Verringerung der Abhängigkeit von mineralischen Düngemitteln dargelegt.

(12)

COM(2022) 459 final.

(13)

Die jüngsten Handelsabkommen der EU (mit dem Vereinigten Königreich, Chile, Mexiko und Neuseeland) enthalten spezifische Verpflichtungen in Bezug auf Energie und Rohstoffe.

(14)

Über das Europäische Semester hinaus ist die Funktionsweise der Justizsysteme auch ein zentraler Punkt des Berichts der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit.

(15)

Business in Europe: Framework for Income Taxation (Unternehmen in Europa: ein Rahmen für die Unternehmensbesteuerung).

(16)

Der Zugang zu Kompetenzen ist zu einer zentralen Herausforderung für die KMU geworden, die sich im Wettbewerb mit Großunternehmen schwertun. Neben anderen Maßnahmen nutzt die EU den Europäischen Kompetenzpakt, eine Leitinitiative der Europäischen Kompetenzagenda, um Weiterbildung und Umschulung – auch in KMU – durch großangelegte Kompetenzpartnerschaften und im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen 2023 zu fördern.

(17)

COM(2022) 526 final.

(18)

Namentlich durch das Instrument zur Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE).

(19)

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten weiterhin auf EU-Fonds wie den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) zurückgreifen, durch den die Maßnahmen der EU-Länder zur Bereitstellung von Nahrungsmittelhilfe und/oder materieller Basisunterstützung für die am stärksten benachteiligten Personen gefördert werden. Durch diesen Fonds konnte über 15 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe gewährt werden.

(20)

Siehe dazu die Empfehlung der Kommission für eine wirksame aktive Beschäftigungsförderung.

(21)

Die von den Mitgliedstaaten als Reaktion auf das EU-Kernziel vorgeschlagenen nationalen Kompetenzziele werden dazu beitragen, die Weiterbildungs- und Umschulungsbemühungen in den Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren Reformplänen und auch mit Unterstützung durch EU-Mittel anzuleiten. Die für 2023–2024 geplante Aktualisierung der nationalen Energie- und Klimapläne wird weiter dazu beitragen, relevante beschäftigungs-, kompetenz- und sozialpolitische Aspekte in der Klima- und Energiepolitik zu berücksichtigen.

(22)

Die Mitgliedstaaten haben Vertriebenen aus der Ukraine, überwiegend Frauen und Kindern, Hilfe und Schutz geboten. Das ist auch auf die erstmalige Aktivierung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz im März 2022 zurückzuführen, die den Vertriebenen aus der Ukraine das Recht einräumt, bis 2024 in der EU zu leben und zu arbeiten.

(23)

Dazu müssen unter anderem Kapazitäten für Spitzenbelastungen, ausreichende Vorräte (und Produktionskapazitäten), die Verfügbarkeit und Wirksamkeit von Kontaktnachverfolgungssystemen, Test- und Laborkapazitäten, qualitative und zugängliche Gesundheitsdatensätze und die Weitergabe von Gesundheitsdaten, auch durch Frühwarn- und Überwachungssysteme, sichergestellt und darin investiert werden.

(24)

Mit dem Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zu Mindesteinkommensregelungen werden entsprechend dem Ansatz der aktiven Inklusion die verschiedenen Herausforderungen angegangen, die bei der Konzeption der nationalen Mindesteinkommensregelungen festgestellt wurden.

(25)

Siehe dazu „The 2021 Ageing Report: Economic and Budgetary Projections for the EU Member States (2019–2070) (Der Bericht über die Alterung 2021: Wirtschafts- und Haushaltsprojektionen für die EU-Mitgliedstaaten [2019–2070]) .

(26)

COM(2022) 783.

(27)

Wie auf neue Herausforderungen schnell reagiert werden kann, zeigt sich deutlich an der zusätzlichen Flexibilität, die die Pakete der „Kohäsionsmaßnahmen zugunsten von Flüchtlingen in Europa“ (CARE und FAST-CARE) für laufende kohäsionspolitische Programme mit sich bringen. Die schnell abrufbaren Mittel aus dem REACT-EU-Instrument werden ebenfalls zur Stärkung der Resilienz der nationalen und regionalen Volkswirtschaften beitragen. Aus diesem Instrument werden die Mitgliedstaaten und Regionen bei der Stärkung ihrer Kapazitäten zur Planung und Umsetzung von Reformen unterstützt, nicht selten durch Förderung ihrer Aufbau- und Resilienzpläne.

(28)

COM(2022) 781.

(29)

Bei den zehn ermittelten Mitgliedstaaten handelt es sich um Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Spanien, Schweden und Zypern. Weitere eingehende Überprüfungen werden für Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg und die Slowakei durchgeführt.

(30)

 Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer (ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1).

(31)

 Siehe Erklärung der Euro-Gruppe zur Zukunft der Bankenunion vom 16. Juni 2022.

(32)

COM(2022) 782.

(33)

COM(2022) 900.

(34)

Gegen Rumänien läuft seit Frühjahr 2020 ein Defizitverfahren. Das Verfahren ist seit Herbst 2021 ausgesetzt. Die Kommission wird im kommenden Frühjahr erneut prüfen, ob die in der Empfehlung des Rates dargelegten Anforderungen erfüllt sind.

(35)

 Siehe den Bericht der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 23. Mai 2022 (COM(2022) 630 final).

(36)

Bei der Resilienz-Analyse werden auch die Beiträge der Resilienz-Dashboards der Kommission berücksichtigt: https://ec.europa.eu/info/strategy/strategic-planning/strategic-foresight/2020-strategic-foresight-report/resilience-dashboards_de .

(37)

COM(2022) 583 final.

(38)

 Durch freiwillige Überprüfungen soll es einfacher werden, Erfahrungen – ob Erfolge, Herausforderungen oder Erkenntnisse – auszutauschen, damit die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung schneller umgesetzt wird. Ziel der Überprüfungen ist es auch, die Politik und die staatlichen Institutionen zu stärken und für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele die Unterstützung und Partnerschaften verschiedener Interessenträger zu gewinnen.

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