EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 11.5.2022
COM(2022) 216 final
2022/0154(CNS)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
zur Festlegung von Vorschriften für einen Freibetrag zur Reduzierung der steuerlichen Begünstigung von Fremd- gegenüber Eigenkapitalfinanzierungen und für die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen für Körperschaftsteuerzwecke
{SEC(2022) 204 final} - {SWD(2022) 144 final} - {SWD(2022) 145 final} - {SWD(2022) 146 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Am 18. Mai 2021 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung über die Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert angenommen, um ein solides, effizientes und faires Unternehmenssteuersystem in der EU zu fördern. Darin werden sowohl eine langfristige als auch eine kurzfristige Vision skizziert, wie die Erholung Europas nach der COVID-19-Pandemie unterstützt und angemessene öffentliche Einnahmen in den kommenden Jahren gewährleistet werden können. In gleicher Weise soll der Aktionsplan der EU für die Kapitalmarktunion Unternehmen helfen, das von ihnen benötigte Kapital zu beschaffen und ihre Eigenkapitalposition zu verbessern, insbesondere während eines Erholungszeitraums, der mit höheren Defiziten und Schuldenständen sowie einem höheren Bedarf an Eigenkapitalinvestitionen einhergeht. Insbesondere die Maßnahme 4 der Kapitalmarktunion sieht Anreize für verstärkte langfristige Investitionen institutioneller Anleger vor und trägt so dazu bei, dass die Eigenkapitalfinanzierung im Unternehmenssektor gestärkt wird, um die Umstellung auf eine nachhaltige und digitale EU-Wirtschaft zu fördern. Eine Initiative auf EU-Ebene gegen Verschuldungsanreize ergänzt die genannte Maßnahme 4, mit dem Ziel, ein gerechtes und stabiles Unternehmensumfeld zu schaffen, mit dem ein nachhaltiges und beschäftigungsintensives Wachstum in der Union gefördert werden kann.
Steuersysteme in der EU ermöglichen den Abzug von Schuldzinszahlungen bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für Körperschaftsteuerzwecke, während mit Eigenkapitalfinanzierung verbundene Kosten wie etwa Dividenden größtenteils nicht steuerabzugsfähig sind. Dieses Ungleichgewicht bei der steuerlichen Behandlung ist einer der Faktoren, die die Nutzung von Fremd- gegenüber Eigenkapital zur Finanzierung von Investitionen begünstigt. Derzeit gehen nur sechs Mitgliedstaaten steuerlich gegen Verschuldungsanreize vor, und die einschlägigen nationalen Maßnahmen sind sehr unterschiedlich. Werden steuerliche Verschuldungsanreize nicht im gesamten Binnenmarkt wirksam reduziert, so werden die Unternehmen der EU auch weiterhin nicht über genügend Anreize für eine Eigenkapitalfinanzierung anstelle einer Fremdfinanzierung verfügen, und entsprechende Steuerplanungsüberlegungen werden die Verteilung von Investitionen und Wachstum weiter verzerren.
Damit im gesamten Binnenmarkt auf koordinierte Weise gegen steuerliche Verschuldungsanreize vorgegangen werden kann, werden in dieser Richtlinie Vorschriften festgelegt, um die steuerliche Abzugsfähigkeit von fiktiven Zinsen auf Eigenkapitalerhöhungen unter bestimmten Bedingungen vorzusehen und die steuerliche Abzugsfähigkeit überschüssiger Fremdkapitalkosten zu beschränken. Die Richtlinie gilt für alle Steuerpflichtigen, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten körperschaftsteuerpflichtig sind, mit Ausnahme von Finanzunternehmen. Da kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Regel größere Schwierigkeiten haben, Finanzierungen zu erhalten, wird vorgeschlagen, KMU einen höheren fiktiven Zinssatz zu gewähren.
Dieser Vorschlag wird außerdem der Erwartung des Europäischen Parlaments gerecht, dass die Kommission einen Vorschlag für einen Freibetrag zur Reduzierung von Verschuldungsanreizen vorlegt, der wirksame Vorschriften zur Bekämpfung der Steuerumgehung enthält, um die Verwendung von Eigenkapitalfreibeträgen als neues Instrument zur Aushöhlung der Bemessungsgrundlage zu verhindern.
•Kohärenz mit den bestehenden und möglichen künftigen Vorschriften in diesem Bereich
Diese Richtlinie ist Teil der EU-Strategie für die Unternehmensbesteuerung, mit der ein faires und effizientes Steuersystem in der gesamten EU sichergestellt werden soll.
Im Jahr 2016 wurde die Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung (im Folgenden „ATAD-Richtlinie“) angenommen, um durch die koordinierte Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung, die größtenteils aus dem internationalen Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) stammten, für gerechtere steuerliche Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten zu sorgen. Zwar ist die Bekämpfung der Steuervermeidung nicht der vorrangige Zweck dieses Vorschlags, er enthält jedoch ebenfalls eine Vorschrift für eine Zinsschranke. Angesichts der unterschiedlichen Ziele dieses Vorschlags und der Vorschrift für die Zinsschranke der ATAD-Richtlinie sollten beide Vorschriften für die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen parallel angewandt werden.
Bestehende Steuerinstrumente auf EU-Ebene enthalten allerdings keine Maßnahmen, um Verschuldungsanreize im Binnenmarkt abzubauen, indem die steuerliche Behandlung von Fremd- und Eigenkapital in der gesamten EU ausgewogener gestaltet wird.
Diese Richtlinie knüpft an die Mitteilung der Kommission über die Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert für ein solides, effizientes und faires Unternehmenssteuersystem in der EU an und greift eine der in dieser Mitteilung vorgesehenen politischen Initiativen auf. Damit ergänzt sie eine Reihe anderer politischer Initiativen, die von der Kommission parallel kurz- und langfristig gefördert werden.
Zu diesen politischen Initiativen gehört ein Vorschlag mit dem Titel „Business in Europe: Framework for Income Taxation (BEFIT)“ (Unternehmen in Europa: ein Rahmen für die Unternehmensbesteuerung), ein gemeinsames EU-Regelwerk für die Körperschaftsteuer auf der Grundlage einer gemeinsamen Steuerbemessungsgrundlage und der formelbasierten Zuordnung von Gewinnen zu den Mitgliedstaaten (Formelaufteilung). Während sich der BEFIT-Vorschlag noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, tragen die zwei Initiativen zur gleichen Vision eines fairen, effizienten und nachhaltigen Unternehmensumfelds in der EU bei.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Dieser Vorschlag trägt zur Kapitalmarktunion bei. Die Hauptziele der Kapitalmarktunion bestehen darin, den Zugang von Unternehmen der EU zu Finanzierungen zu verbessern und die Integration nationaler Kapitalmärkte in einen echten Binnenmarkt zu fördern. Indem der Vorschlag steuerliche Verschuldungsanreize abbaut, zielt er darauf ab, eine übermäßige Abhängigkeit von Fremdkapital zu verhindern und die stärkere Ausrichtung der Unternehmen auf Eigenkapital zu fördern. Folglich werden Unternehmen in einer besseren Position sein, um Investitionen für die Zukunft zu tätigen, wodurch Wachstum und Innovationen ebenso gefördert werden wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Dadurch wird auch die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen gegenüber unvorhersehbaren Änderungen im Unternehmensumfeld gestärkt und das Insolvenzrisiko gesenkt, was wiederum zur Verbesserung der Finanzstabilität beiträgt.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Rechtsvorschriften im Bereich der direkten Steuern fallen unter Artikel 115 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Demnach erfolgen legislative Maßnahmen zur Angleichung von Vorschriften gemäß diesem Artikel in Form einer Richtlinie.
•Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Dieser Vorschlag steht im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Aufgrund der Art des Gegenstands ist eine gemeinsame Initiative für den gesamten Binnenmarkt erforderlich.
Die Vorschriften dieser Richtlinie zielen darauf ab, Verschuldungsanreize im Unternehmenssektor der EU aus steuerlicher Sicht abzubauen, und bieten einen gemeinsamen Rahmen, der in koordinierter Weise in die nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten integriert werden soll. Diese Ziele können nicht in zufriedenstellender Weise durch Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten erreicht werden.
Steuerbedingte Verschuldungsanreize entstehen durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Kosten von Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung und stellen für Unternehmen in allen Mitgliedstaaten der EU ein Problem dar. Dennoch haben nur sechs Mitgliedstaaten Steuermaßnahmen getroffen, um die steuerliche Behandlung von Fremd- und Eigenkapital anzugleichen. Obwohl es unverbindliche Leitlinien der Gruppe „Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)“ für diese Art von steuerlichen Anreizen gibt, unterscheiden sich die einschlägigen nationalen Maßnahmen der sechs Mitgliedstaaten bezüglich ihrer Gestaltungselemente und Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung, insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Umstände und unterschiedlichen politischen Ziele, die in jedem Mitgliedstaat verfolgt werden.
Das vollständige Fehlen einschlägiger Maßnahmen zur Verringerung der steuerlichen Bevorzugung von Fremdkapitalfinanzierungen in 21 Mitgliedstaaten führt in Verbindung mit sehr unterschiedlichen Maßnahmen in weiteren sechs Mitgliedstaaten möglicherweise zu Verzerrungen im Funktionieren des Binnenmarkts und kann sich erheblich auf die Standortwahl für Investitionen auswirken.
Darüber hinaus würde eine EU-Initiative im Vergleich zu dem, was mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf nationaler Ebene erreicht werden kann, einen Mehrwert schaffen. Eine einheitliche Vorschrift für die EU wird Rechtssicherheit gewährleisten und die Befolgungskosten für Unternehmen senken, weil Steuerpflichtige für alle ihre Geschäfte im Binnenmarkt eine einheitliche Vorschrift befolgen müssen. Außerdem ist zu erwarten, dass eine EU-weite Vorschrift den Wettbewerb im Binnenmarkt stärkt, indem sichergestellt wird, dass alle Unternehmen unabhängig von ihrem Standort über ähnliche Anreize für eine geeignete Finanzierung verfügen.
Eine EU-weite Initiative in Form eines verbindlichen Legislativvorschlags ist daher notwendig, um auf koordinierte und effiziente Weise ein Problem zu lösen, das in der gesamten EU besteht. Eine EU-Initiative würde möglichen Lücken zwischen unterschiedlichen nationalen Initiativen vorbeugen und sicherstellen, dass der Standort des Unternehmens und der Investition nicht beeinträchtigt werden.
•Verhältnismäßigkeit
Die vorgesehenen Maßnahmen gehen nicht über die Gewährleistung eines erforderlichen Mindestmaßes an Schutz für den Binnenmarkt hinaus. In der Richtlinie werden Vorschriften festgelegt, um in der gesamten EU und für alle Steuerpflichtigen der EU die Abzugsfähigkeit eines Freibetrags für Eigenkapitalfinanzierungskosten vorzusehen, ergänzt um eine Vorschrift zur Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen auf Fremdfinanzierungsinstrumente. Außerdem stellt die Richtlinie die Nachhaltigkeit der Maßnahmen für die Haushalte der Mitgliedstaaten durch eine allgemeine Vorschrift sicher, die die Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten von der Steuerbemessungsgrundlage der Steuerpflichtigen beschränkt. Durch die Festlegung eines gemeinsamen EU-weiten Rahmens ermöglicht die Richtlinie Rechtssicherheit im gesamten Binnenmarkt und die Verringerung der Befolgungskosten für Steuerpflichtige.
Damit wird mit der Richtlinie nur jenes Maß an Koordinierung innerhalb der Union sichergestellt, das zur Verwirklichung ihrer Ziele erforderlich ist. Der Vorschlag bleibt somit im Rahmen des für seine Ziele Erforderlichen und steht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
•Wahl des Instruments
Der Vorschlag für eine Richtlinie ist das einzige auf der Rechtsgrundlage des Artikels 115 AEUV verfügbare Instrument.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
Es gibt keine EU-Rechtsvorschriften, die dem Problem der Verschuldungsanreize etwas entgegensetzen. Daher ist eine Bewertung nicht relevant.
•Konsultation der Interessenträger
Am 1. Juli 2021 leitete die GD TAXUD eine öffentliche Konsultation zu einer möglichen Initiative gegen Verschuldungsanreize ein. Die Konsultation umfasste verschiedene Fragen, die u. a. darauf abzielten, das Problem und seine Ursachen einzugrenzen und die geeignete Form des Tätigwerdens der Union sowie die wesentlichen Merkmale einer möglichen Maßnahme zu ermitteln. Die Konsultation endete am 7. Oktober 2021 mit insgesamt 67 Antworten.
Teilgenommen hatten 37 Wirtschaftsverbände, die überwiegend Finanzinstitute jeder Größe (einschließlich KMU) vertraten, zwölf Unternehmen/Unternehmensorganisationen (überwiegend Steuerberaterorganisationen und Finanzinstitute), drei Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, acht NRO oder sonstige (überwiegend Handelskammern und Börsen) und sieben einzelne Bürgerinnen und Bürger. Die meisten Beiträge kamen entweder aus Belgien (14/67), Deutschland (14/67) oder Frankreich (12/67).
NRO und Wissenschaftler vertreten die Auffassung, dass Unternehmen Fremdfinanzierung vor allem nutzen, um ihre Steuerschuld zu senken und die Verwässerung ihres Kapitals zu vermeiden, während Wirtschaftsverbände und Unternehmen der Ansicht sind, dass der Hauptgrund in der Notwendigkeit besteht, Finanzierungsmittel zu finden.
Die Mehrheit der Teilnehmer, darunter 100 % der Wissenschaftler, 86 % der Bürgerinnen und Bürger, 50 % der Unternehmen und 42 % der Wirtschaftsverbände, vertritt die Ansicht, dass eine EU-Initiative gegen Verschuldungsanreize ein sinnvolles Instrument wäre, um die Erholung von Unternehmen von der COVID-19-Krise zu fördern und bei der Umstellung auf eine umweltfreundlichere digitalisierte Wirtschaft Anreize für Eigenkapitalinvestitionen zu schaffen, ohne Verzerrungen im Binnenmarkt zu verursachen. Unternehmen, NRO und Wissenschaftler sind überzeugt, dass Firmen unter anderem steuerlich ermutigt werden sollten, mehr Eigen- und weniger Fremdkapitalfinanzierung zu nutzen.
Wirtschaftsverbände, Unternehmen und Wissenschaftler sind sich einig, dass eine solche Initiative den Spielraum für schädliche Steuerpraktiken im Binnenmarkt verringern wird. Von Bedeutung ist, dass die meisten Teilnehmer, darunter 71 % der Unternehmen, 66 % der Wissenschaftler, 43 % der Bürgerinnen und Bürger und 28 % der Wirtschaftsverbände, denken, dass eine EU-Initiative von Nutzen für Unternehmen wäre, die im gesamten Binnenmarkt tätig sind.
Was die verschiedenen Optionen anbelangt, äußerten sich die meisten Teilnehmer sehr negativ zur Option einer vollständigen Abschaffung der Zinsabzugsfähigkeit, und 75 % der Unternehmen, 72 % der Wirtschaftsverbände, 71 % der Bürgerinnen und Bürger und 66 % der Wissenschaftler betrachten diese Option als am wenigsten geeignet; recht negativ äußerten sich die meisten Teilnehmer zur Option eines Freibetrags für Gesellschaftskapital, der den steuerlichen Abzug von Zinsen ersetzen würde. Dieser wurde von nur 16 % der Unternehmen, 14 % der Bürgerinnen und Bürger, 5 % der Wirtschaftsverbände und von keinem Wissenschaftler als beste Option betrachtet. Die meisten Teilnehmer sind ganz im Gegenteil für einen Freibetrag, der die Abzugsfähigkeit von fiktiven Zinsen auf neues Eigenkapital ermöglicht (unter Beibehaltung der bestehenden Zinsabzugsfähigkeit). 66 % der Wissenschaftler, 28 % der Wirtschaftsverbände, 25 % der Unternehmen und 14 % der Bürgerinnen und Bürger halten dies für die beste Option. Wirtschaftsverbände und Unternehmen sprechen sich sogar noch stärker für die Option eines Freibetrags auf den Eigenkapitalbestand aus, während NRO und Wissenschaftler diese Option weniger unterstützen.
Letztendlich herrscht unter der Mehrheit der Teilnehmer, darunter 71 % der Bürgerinnen und Bürger, 66 % der Wissenschaftler, 42 % der Wirtschaftsverbände und 33 % der Unternehmen, bislang nachdrückliche Zustimmung dafür, dass die Initiative mit robusten Vorschriften zur Verhinderung aggressiver Steuerplanungspraktiken einhergehen sollte.
Bei der Gestaltung ihres Vorschlags berücksichtigte die Kommission die Ergebnisse der Konsultation. Insbesondere entschied sich die Kommission angesichts der verschiedenen politischen Optionen dafür, einen Vorschlag weiterzuverfolgen, der nur für neues Eigenkapital die Gewährung eines Freibetrags vorsieht, und die Abschaffung der gesamten Abzugsfähigkeit von Fremdkapital nicht in Erwägung zu ziehen. Des Weiteren sieht die Richtlinie einen robusten Rahmen zur Missbrauchsbekämpfung vor, dessen Notwendigkeit von den Teilnehmern unterstrichen wurde.
Darüber hinaus ist sich die Kommission bewusst, dass der Schutz der steuerbaren Einnahmen der Mitgliedstaaten von wesentlicher Bedeutung ist, um eine nachhaltige Wirtschaft zu gewährleisten und die öffentlichen Finanzen während des laufenden Erholungszeitraums nach der Pandemie zu schützen. Folglich schlägt die Kommission vor, Verschuldungsanreize durch Maßnahmen sowohl aufseiten des Eigenkapitals als auch aufseiten des Fremdkapitals zu verringern und einen Freibetrag für neues Eigenkapital mit einer Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalkosten zu verbinden.
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Bei der Ermittlung geeigneter Maßnahmen gegen Verschuldungsanreize stützte sich die Kommission auf das einschlägige Fachwissen der Mitgliedstaaten, die bereits ähnliche Maßnahmen eingeführt haben (Belgien, Portugal, Polen, Zypern, Malta und Italien). Die Kommission tauschte sich mit einigen der entsprechenden Steuerverwaltungen aus, wobei der Rahmen zur Missbrauchsbekämpfung und ein besseres Verständnis der Auswirkungen der verschiedenen Maßnahmen in Bezug auf Kosten und Nutzen im Vordergrund standen.
Die Kommission traf sich mit nationalen Behörden/öffentlichen Stellen, Wirtschaftsverbänden und zivilgesellschaftlichen Gruppen, die an der Sachverständigengruppe der Kommission „Plattform für die Themenbereiche verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen, aggressive Steuerplanung und Doppelbesteuerung“ teilnehmen. Die Kommission tauschte sich außerdem mit dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) aus.
•Folgenabschätzung
Im Rahmen der Vorbereitung dieser Initiative wurde eine Folgenabschätzung vorgenommen.
Am 17. März 2022 gab der Ausschuss für Regulierungskontrolle eine befürwortende Stellungnahme mit Vorbehalten zu der vorgelegten Folgenabschätzung in Bezug auf diesen Vorschlag ab, einschließlich mehrerer Verbesserungsvorschläge. Der Bericht über die Folgenabschätzung wurde in diesem Sinne weiter überarbeitet, wie nachstehend erläutert. In der Folgenabschätzung werden zusätzlich zum Basisszenario fünf politische Optionen geprüft, d. h. keine Maßnahmen.
Mit Option 1 würde ein für unbestimmte Dauer geltender Freibetrag auf den Bestand des Eigenkapitals von Unternehmen eingeführt, während mit Option 2 ebenfalls ein Freibetrag, aber nur auf neues Eigenkapital und nur für zehn Jahre, eingeführt würde.
Option 3 würde einen Freibetrag auf Gesellschaftskapital (d. h. Eigenkapital und Fremdkapital) bei gleichzeitiger Abschaffung der derzeitigen Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen vorsehen, und bei Option 4 würde die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen vollständig abgeschafft. Option 5 würde einen Freibetrag auf fiktive Zinsen auf neues Eigenkapital von Unternehmen (wie unter Option 2 vorgeschlagen) für zehn Jahre mit einer teilweisen Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit für alle Unternehmen verbinden.
In allen unter den politischen Optionen 1, 2, 3 und 5 genannten Fällen würde ein erhöhter Satz für KMU angewandt.
Die verschiedenen Optionen wurden anhand folgender Kriterien verglichen: a) Herstellung der Neutralität des Steuersystems in Bezug auf Finanzentscheidungen, b) Verbesserung der Fairness des Steuersystems, c) Verringerung von Verzerrungen im Binnenmarkt und d) Förderung von Wachstum und Investitionen. Der Vergleich ergab, dass bei den Optionen 1, 2, 3 und 4 davon auszugehen ist, dass mit ihnen die Ziele dieser Initiative in gewissem Maße wirksam erreicht werden können. Dennoch ist Option 5 die bevorzugte Option, weil sie Verschuldungsanreize erfolgreich beseitigt, während sie die Auswirkungen auf die Haushalte ausgleicht und den Fairness-Aspekten des Steuersystems Rechnung trägt. Sie wird voraussichtlich positive Auswirkungen auf Investitionen und BIP sowie geringfügige Auswirkungen auf die Beschäftigung nach sich ziehen.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Modellierung für die Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen wurde von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission auf der Grundlage des CORTAX-Modells vorgenommen.
Vorteile
Die bevorzugte Option (Option 5) dürfte positive wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen. Als wichtigster direkter Nutzen wird sie höhere Eigenkapitalquoten begünstigen und somit Insolvenzrisiken senken. Indem sie Eigenkapitalinvestitionen in der gesamten EU steigert, dürfte diese Option indirekt die Entwicklung innovativer Technologien fördern. Eigenkapital ist besonders wichtig für schnell wachsende innovative Unternehmen in der Startphase und für expandierende Jungunternehmen, die am weltweiten Wettbewerb teilnehmen möchten. Der grüne und der digitale Wandel erfordern neue und innovative Investitionen, die durch die Maßnahme begünstigt werden. Indem KMU ein höherer fiktiver Zinssatz gewährt wird, erhalten sie einen verbesserten Zugang zum Aktienmarkt. Es sind positive Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Wachstum und Beschäftigung in der EU zu erwarten. Außerdem wird der Fragmentierung des Binnenmarkts entgegengewirkt, indem die unterschiedliche Behandlung im Rahmen unterschiedlicher nationaler Maßnahmen zu Freibeträgen für Eigenkapital beseitigt wird und gleiche Verwaltungsvorschriften in allen Mitgliedstaaten der EU vorgesehen werden. Schließlich werden einheitliche und wirksame Maßnahmen gegen aggressive Steuerplanung in der EU vorgesehen.
Kosten
Die Kosten im Zusammenhang mit der gewählten Option betreffen im Wesentlichen die höheren Befolgungskosten für Unternehmen und Steuerverwaltungen. Es wird davon ausgegangen, dass die Befolgungskosten für Unternehmen im Steuerbereich in begrenztem Maße steigen werden. Insgesamt dürften die Kosten relativ begrenzt sein, weil die zusätzlichen Daten, die für eine Gewährung des Freibetrags zu melden sind, verhältnismäßig einfach zu übermitteln sein dürften. Auch für die Steuerverwaltungen wird mit einem leichten Anstieg der Kosten gerechnet. Dieser Vorschlag erhöht den Befolgungsaufwand für Firmen oder Steuerverwaltungen nicht wesentlich.
Wichtigste umgesetzte Änderungen
Der Ausschuss für Regulierungskontrolle gab eine befürwortende Stellungnahme mit Vorbehalten zu der Folgenabschätzung ab. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass in der Folgenabschätzung stärker hervorgehoben werden sollte, wie die Ziele mit der bevorzugten Option am besten erreicht werden. Darüber hinaus wies der Ausschuss darauf hin, dass die Folgenabschätzung in Bezug auf die Anwendung nichtregulatorischer Maßnahmen verbessert und die unterschiedlichen Ansichten der Interessenträger in der gesamten Hauptanalyse und in den Anhängen besser berücksichtigt werden sollten. In Anhang I der Folgenabschätzung wird erläutert, wie auf die Anmerkungen des Ausschusses für Regulierungskontrolle eingegangen wurde. Mehrere Teile der Folgenabschätzung wurden überarbeitet. Erstens wurde die Folgenabschätzung überarbeitet, um klarzustellen, dass eine nichtregulatorische Option nicht wirksam sein könnte. Zweitens wurde die Folgenabschätzung erweitert, um den Umfang der erwarteten Auswirkungen auf die Eigenkapitalinvestition und die Auswirkungen der bevorzugten Option auf Steuereinnahmen in absoluten Zahlen im Detail zu berücksichtigen. Außerdem wurde die Folgenabschätzung mittels einer weiteren Analyse der Gründe dafür verbessert, warum eine Option, die Maßnahmen sowohl aufseiten des Eigenkapitals als auch aufseiten des Fremdkapitals vorsieht, als zweckmäßig erachtet wird. Drittens wurden mehrere Abschnitte im Hauptteil der Folgenabschätzung überarbeitet, um einschlägige Beiträge der Interessenträger einzubeziehen, die im Rahmen der offenen öffentlichen Konsultation gesammelt wurden.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Siehe Finanzbogen zu Rechtsakten.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Sobald dieser Vorschlag als Richtlinie angenommen wurde, sollte er bis zum 31. Dezember 2023 in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden und am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Für die Zwecke der Überwachung und Bewertung der Umsetzung der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission jährlich die einschlägigen Angaben für jedes Steuerjahr, einschließlich einer Liste statistischer Daten, übermitteln. Die einschlägigen Angaben sind in Artikel 7 der Richtlinie aufgeführt.
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat alle fünf Jahre nach dem [1. Januar 2024] einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. Die Ergebnisse dieses Vorschlags fließen in den Bericht an das Europäische Parlament und den Rat ein, der bis zum [1. Januar 2029] veröffentlicht wird.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Dieser Vorschlag gilt für alle Steuerpflichtige, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten körperschaftsteuerpflichtig sind, mit Ausnahme der in Artikel 3 Absatz 1 definierten Finanzunternehmen.
Er enthält zwei separate Maßnahmen, die unabhängig voneinander Anwendung finden: 1) einen Freibetrag auf Eigenkapital und 2) eine Beschränkung des Zinsabzugs. Finanzunternehmen sind vom Anwendungsbereich der Maßnahmen ausgeschlossen. Für einige Finanzunternehmen gelten regulatorische Eigenkapitalanforderungen, die eine zu geringe Ausrichtung auf Eigenkapital verhindern. Darüber hinaus sind viele von ihnen wahrscheinlich nicht vom ausgleichenden Zinsschrankenabzug betroffen, der für überschüssige Fremdkapitalkosten gilt. Würden Finanzunternehmen in den Anwendungsbereich fallen, wäre die mit den Maßnahmen verbundene wirtschaftliche Belastung daher ungleich verteilt, zum Nachteil von nicht der Finanzbranche angehörenden Unternehmen.
•Freibetrag für Eigenkapital
Der Freibetrag für Eigenkapital wird berechnet, indem die Freibetragsgrundlage mit dem jeweiligen fiktiven Zinssatz multipliziert wird.
Freibetrag für Eigenkapital = Freibetragsgrundlage X fiktiver Zinssatz
Die Freibetragsgrundlage entspricht der Differenz zwischen dem Eigenkapital am Ende des Steuerjahres und dem Eigenkapital am Ende des vorangegangenen Steuerjahres, d. h. dem Anstieg gegenüber dem Vorjahr.
Ist die Freibetragsgrundlage eines Steuerpflichtigen, dem bereits ein Freibetrag für Eigenkapital nach den Vorschriften dieser Richtlinie gewährt wurde, in einem bestimmten Steuerzeitraum negativ (Eigenkapitalminderung), so wird für zehn aufeinanderfolgende Steuerzeiträume und bis zum Gesamtanstieg des Nettoeigenkapitals, für den ein solcher Freibetrag gewährt wurde, ein anteiliger Betrag steuerbar, sofern der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass dies auf während des Steuerzeitraums entstandene Verluste oder auf eine rechtliche Verpflichtung zurückzuführen ist.
Eigenkapital wird unter Bezugnahme auf die Richtlinie 2013/34/EU (Rechnungslegungsrichtlinie) definiert und bedeutet die Summe aus eingezahltem Kapital, Agio, Neubewertungsrücklage und Rücklagen sowie Gewinn- oder Verlustvorträge. Nettoeigenkapital wird dann als Differenz zwischen dem Eigenkapital eines Steuerpflichtigen und der Summe des Steuerwerts seiner Beteiligung am Kapital verbundener Unternehmen und seiner eigenen Anteile definiert. Diese Definition soll eine Kaskadierung des Freibetrags durch Beteiligungen verhindern.
Der jeweilige fiktive Zinssatz basiert auf zwei Komponenten: dem risikofreien Zinssatz und einem Risikoaufschlag. Der risikofreie Zinssatz ist der risikofreie Zinssatz für Anlagen mit einer Laufzeit von zehn Jahren, der in den gemäß Artikel 77e Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EC erlassenen Durchführungsrechtsakten festgesetzt wird, in denen der Freibetrag in Anspruch genommen wird, für die Währung des Steuerpflichtigen. Der Risikoaufschlag beträgt 1 %, um dem tatsächlich von Anlegern gezahlten Risikoaufschlag besser Rechnung zu tragen und den Verschuldungsanreiz besser abzumildern. Der Risikoaufschlag liegt bei 1,5 % im Fall von Steuerpflichtigen, die als kleine oder mittlere Unternehmen eingestuft werden, um dem höheren Risikoaufschlag Rechnung zu tragen, den sie entrichten müssen, um Finanzierungen zu erhalten. Es sollte nicht im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen, ob sie diesen höheren Satz für KMU anwenden oder welche Erhöhung des Satzes sie für KMU vornehmen, um Selektivitätsprobleme bezüglich der EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen zu vermeiden und gleiche Wettbewerbsbedingungen für KMU in der EU unabhängig von ihrem Standort sicherzustellen.
Fiktiver Zinssatz = risikofreier Zinssatz + Risikoaufschlag
Risikoaufschlag = 1 % (bzw. 1,5 % für KMU)
Der fiktive Zinssatz ist somit gleich dem währungsspezifischen risikofreien Zinssatz zuzüglich 1 % bzw. 1,5 % (Fiktiver Zinssatz = risikofreier Zinssatz + 1 % bzw. für KMU: Fiktiver Zinssatz = risikofreier Zinssatz + 1,5 %). Dieser Ansatz stellt sicher, dass die Maßnahme eine Wirkung erzielt, während sie gleichzeitig einfach umzusetzen bleibt und den Haushalten der Mitgliedstaaten nicht schadet. Außerdem stellt er sicher, dass die spezifischen Umstände unterschiedlicher Unternehmen berücksichtigt werden. Ein spezifischer Wechselkurs eignet sich besser, um bei der steuerlichen Behandlung von Eigen- und Fremdkapital für Gleichgewicht zu sorgen, weil er das Wechselkursrisiko für jede einzelne Währung berücksichtigt und der besonderen Situation jedes Steuerpflichtigen Rechnung trägt.
Der Freibetrag wird für zehn Jahre gewährt, um in etwa der Laufzeit der meisten Schulden zu entsprechen und gleichzeitig die Gesamthaushaltskosten des Freibetrags für Eigenkapital unter Kontrolle zu halten. Das heißt: Erfüllt ein Anstieg beim Eigenkapital eines Steuerpflichtigen die Voraussetzungen für einen Freibetrag für Eigenkapital im Rahmen dieses Vorschlags, so ist der wie oben berechnete maßgebliche Freibetrag in dem Jahr, in dem er in Anspruch genommen wurde (TY), und in den neun darauffolgenden Jahren (TY+9) abzugsfähig. Erfüllt im darauffolgenden Jahr (TY+1) ein neuer Anstieg beim Eigenkapital eines Steuerpflichtigen ebenfalls die Voraussetzungen für einen Freibetrag für Eigenkapital im Rahmen dieses Vorschlags, so wird der neue Freibetrag ebenfalls für das Steuerjahr, in dem er in Anspruch genommen wurde, und für die neun darauffolgenden Jahre abzugsfähig sein (bis TY+10).
Wenn beispielsweise ein Unternehmen mit einem Eigenkapital von 100 beschließt, sein Eigenkapital im Jahr t um 20 zu erhöhen, so wird zehn Jahre lang jedes Jahr (bis t+9) ein Freibetrag von seiner Steuerbemessungsgrundlage abgezogen, der als das 20-Fache des fiktiven Zinssatzes berechnet wird, d. h. 20-mal die risikofreie Zinskurve für die maßgebliche Währung zuzüglich 20 (20-mal die als 1 definierte Risikoprämie).
Jahr
t
t - 1
Eigenkapital des Unternehmens A
120
100
Freibetragsgrundlage = 120 – 100 = 20
Freibetrag = Freibetragsgrundlage X fiktiver Zinssatz = 20 X fiktiver Zinssatz
Der Freibetrag wird für zehn aufeinanderfolgende Jahre zur Verfügung stehen: t, t+1, t+2, … t+9
Ist das Unternehmen ein kleines oder mittleres Unternehmen, so wird der Freibetrag genauso berechnet. Lediglich der fiktive Zinssatz wird ein anderer sein, weil der Risikoaufschlag höher ist (1,5 % anstelle von 1 %).
Um Steuermissbrauch zu verhindern, ist die Abzugsfähigkeit des Freibetrags auf höchstens 30 % des EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) des Steuerpflichtigen für jedes Steuerjahr beschränkt. Ein Steuerpflichtiger kann den Teil des Freibetrags für Eigenkapital, der in einem Steuerjahr aufgrund unzureichender steuerpflichtiger Gewinne nicht abgezogen wird, zeitlich unbegrenzt vortragen. Außerdem kann der Steuerpflichtige ungenutzte Freibetragskapazitäten für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren vortragen, wenn der Freibetrag für Eigenkapital nicht den genannten Höchstbetrag erreicht.
Robuste Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung werden sicherstellen, dass die Vorschriften über die Abzugsfähigkeit eines Freibetrags für Eigenkapital nicht zweckentfremdet werden. Vorbild für diese Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung sind die Leitlinien für Regelungen zur Steuerabzugsfähigkeit von fiktiven Zinsen, die im Jahr 2019 von der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) angenommen wurden und bekannte bestehende Systeme wie die Kaskadierung des Freibetrags innerhalb einer Gruppe regeln.
Eine erste Maßnahme würde Eigenkapitalanstiege, die auf i) gruppeninterne Darlehen, ii) gruppeninterne Übertragungen von Beteiligungen oder bestehenden Geschäftstätigkeiten und iii) Bareinlagen zurückzuführen sind, unter bestimmten Bedingungen von der Bemessungsgrundlage des Freibetrags ausschließen. So sollte die Maßnahme zum Beispiel in Bezug auf gruppeninterne Darlehen verhindern, dass eine Eigenkapitalzuführung, die dem in Mitgliedstaat A ansässigen Unternehmen A gewährt wird, verwendet wird, um dem in Mitgliedstaat B ansässigen verbundenen Unternehmen B ein Darlehen zu gewähren. In einem solchen Fall würde das Unternehmen B dieses Geld nämlich ebenfalls nutzen, um einem anderen in Mitgliedstaat C ansässigen verbundenen Unternehmen C Eigenkapital zuzuführen. Damit würde der Freibetrag auf Eigenkapital mehrmals in Anspruch genommen, während das Eigenkapital auf Gruppenebene tatsächlich nur einmal erhöht wurde.
Eine andere Maßnahme sieht besondere Bedingungen für die Berücksichtigung von Eigenkapitalanstiegen vor, die auf Sacheinlagen oder Anlagen in Vermögenswerte zurückgehen. Damit soll die Überbewertung von Vermögenswerten oder der Erwerb von Luxusgütern zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage des Freibetrags verhindert werden. So sollten etwa der Wert eines Vermögenswertes und die verbundenen Kosten nicht über dem angemessenen professionellen Bedarf liegen, und jeder den Marktwert des eingebrachten oder in der Buchführung des Steuerpflichtigen erfassten Vermögenswerts überschreitende Teil sollte von der Grundlage des Freibetrags abgezogen werden.
Eine dritte Maßnahme gilt der Neueinstufung von altem Kapital als neues Kapital, die für die Zwecke des Freibetrags als Eigenkapitalanstieg gelten würde. Eine derartige Neueinstufung könnte durch eine Liquidation und die Gründung von Start-ups erreicht werden. Wird beispielsweise ein bestehendes Unternehmen mit Gewinnrücklagen liquidiert, so wird das Eigenkapital des Mutterunternehmens aufgrund der Aufnahme der Gewinnrücklagen steigen. Wird daraufhin ein neues Tochterunternehmen gegründet und nicht mehr vom Mutterunternehmen gehalten, so wird die zuvor gestiegene Bemessungsgrundlage des Freibetrags des Mutterunternehmens nicht um den Wert der Beteiligung am Tochterunternehmen verringert.
•Begrenzung des Zinsabzugs
Aufseiten des Fremdkapitals wird der Freibetrag für fiktive Zinsen auf Eigenkapital von einer Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit schuldenbezogener Zinszahlungen begleitet. Insbesondere wird eine anteilsmäßige Begrenzung die Abzugsfähigkeit von Zinsen auf 85 % der überschüssigen Fremdkapitalkosten (gezahlte Zinsen abzüglich erhaltener Zinsen) beschränken. Ein solcher Ansatz ermöglicht es, gleichzeitig aufseiten des Eigenkapitals und aufseiten des Fremdkapitals gegen Verschuldungsanreize vorzugehen, was am effizientesten ist und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten wahrt.
Da Vorschriften zur Zinsbeschränkung in der EU bereits im Rahmen von Artikel 4 der ATAD-Richtlinie gelten, wird der Steuerpflichtige zunächst Artikel 6 dieses Vorschlags anwenden und dann die gemäß Artikel 4 der ATAD-Richtlinie anwendbare Beschränkung berechnen. Ist das Ergebnis der Anwendung der ATAD-Vorschrift ein niedrigerer abzugsfähiger Betrag, so ist der Steuerpflichtige zum Vortrag oder Rücktrag der Differenz gemäß Artikel 4 der ATAD-Richtlinie berechtigt.
Hat ein Unternehmen A beispielsweise überschüssige Fremdkapitalkosten in Höhe von 100, so sollte es:
(1)erstens Artikel 6 dieses Richtlinienvorschlags anwenden, gemäß dem die Abzugsfähigkeit auf 85 % von 100 = 85 beschränkt ist und somit ein nicht abzugsfähiger Betrag von 15 bleibt;
(2)zweitens den Betrag berechnen, der nach Artikel 4 der ATAD-Richtlinie abzugsfähig wäre. Ist der abzugsfähige Betrag niedriger, z. B. 80 (und ist folglich der nicht abzugsfähige Betrag höher, d. h. 20), so wird die Differenz bei der Abzugsfähigkeit, d. h. der zusätzliche nicht abzugsfähige Betrag (d. h. 85-80 = 5), vor- oder zurückgetragen, im Einklang mit den in nationales Recht umgesetzten Bestimmungen des Artikels 4 der ATAD-Richtlinie.
Daraus ergibt sich für Unternehmen A, dass Zins-Fremdkapitalkosten in Höhe von 15 (100‑85) nicht abzugsfähig sind und weitere Zins-Fremdkapitalkosten in Höhe von 5 (85-80) vor- oder zurückgetragen werden.
•Überwachung und Berichterstattung
Die Mitgliedstaaten werden der Kommission jährlich bestimmte Daten übermitteln, um die Überwachung der Umsetzung und Auswirkungen der neuen Vorschriften zu ermöglichen. Die Kommission wird sich unter anderem auf diese Daten stützen, um die Umsetzung der Richtlinie zu bewerten und entsprechend Bericht zu erstatten.
•Übertragung
Die Kommission wird befugt sein, den Risikoaufschlag durch die Annahme delegierter Rechtsakte zu ändern. Die Kommission darf diese Befugnis nur unter bestimmten Bedingungen ausüben, d. h. wenn Trends in Bezug auf Inflation und/oder Wirtschaftswachstum eine Erhöhung oder Senkung des Risikoaufschlags erfordern und sofern einschlägige Daten, Berichte und Statistiken, einschließlich denen, die von den Mitgliedstaaten vorgelegt werden, darauf schließen lassen, dass sich die Fremdfinanzierungsbedingungen der in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Unternehmen seit der letzten Ermittlung des Risikoaufschlags im EU-Durchschnitt verdoppelt oder halbiert haben. In solchen Fällen ist es tatsächlich wichtig, dass die geltenden Sätze geändert werden können, um schnell und reibungslos realen Marktbedingungen Rechnung zu tragen, ohne ein vollständiges Gesetzgebungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Die Befugnis der Kommission ist allerdings ordnungsgemäß beschränkt und widerruflich.
•Umsetzung
Mitgliedstaaten, in denen es Vorschriften gibt, die einen Freibetrag auf Eigenkapitalerhöhungen vorsehen, können die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie für die Dauer bereits in nationalen Vorschriften verankerter Rechte verschieben (Bestandsschutz). Steuerpflichtige, die am [1. Januar 2024] nach nationalem Recht (in Belgien, Italien, Malta, Polen, Portugal und Zypern) einen Freibetrag auf Eigenkapital in Anspruch nehmen, werden für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren und keinesfalls für einen Zeitraum, der die Dauer des Freibetrags nach nationalem Recht überschreitet, weiterhin diesen Freibetrag nach nationalem Recht in Anspruch nehmen können. Umgekehrt werden die Vorschriften dieser Richtlinie ab dem Zeitpunkt ihrer Anwendung für alle anderen Steuerpflichtigen in allen Mitgliedstaaten gelten.
2022/0154 (CNS)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
zur Festlegung von Vorschriften für einen Freibetrag zur Reduzierung der steuerlichen Begünstigung von Fremd- gegenüber Eigenkapitalfinanzierungen und für die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen für Körperschaftsteuerzwecke
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 115,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Förderung eines fairen und tragfähigen Unternehmensumfelds, unter anderem durch gezielte steuerliche Maßnahmen, mit denen Anreize für Investitionen und Wachstum geschaffen werden, zählt zu den obersten politischen Prioritäten der Union. Damit tragfähige und langfristige Unternehmensfinanzierungen begünstigt werden, sollten im Rahmen des Steuersystems unbeabsichtigte Verzerrungen von Geschäftsentscheidungen, beispielsweise gegen eine Eigenkapital- und für eine Fremdfinanzierung, auf ein Minimum begrenzt werden Der Aktionsplan der Kommission zur Kapitalmarktunion von 2020 enthält zwar wichtige Maßnahmen zur Unterstützung einer solchen Finanzierung, wie z. B. die Maßnahme 4 – Anreize für mehr langfristige Investitionen in Eigenkapital durch institutionelle Anleger, doch sollten diese durch gezielte steuerliche Maßnahmen untermauert werden. Dabei sollte die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen berücksichtigt werden.
(2)Die Steuersysteme der Mitgliedstaaten ermöglichen es Steuerpflichtigen, Zinsen für Fremdfinanzierungen steuerlich abzusetzen und hierdurch die Körperschaftsteuerschuld zu verringern; hingegen sind Kosten in Verbindung mit der Eigenkapitalfinanzierung in den meisten Mitgliedstaaten nicht abzugsfähig. Die ungleiche steuerliche Behandlung von Fremd- und Eigenfinanzierung in der Union führt dazu, dass bei Investitionsentscheidungen Fremdfinanzierungen oft der Vorzug gegeben wird. Wenn in den Mitgliedstaaten nach den nationalen Rechtsvorschriften Steuerfreibeträge auf Eigenkapital vorgesehen sind, so weicht die Ausgestaltung dieser nationalen Maßnahmen zudem stark voneinander ab.
(3)Um mögliche steuerbedingte Verzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen, ist es erforderlich, einen gemeinsamen Rahmen von Vorschriften festzulegen, mit dem steuerbezogenen Anreizen für Fremdfinanzierungen unionsweit auf koordinierte Weise entgegengewirkt werden kann. Mit diesen Vorschriften sollte sichergestellt werden, dass Eigenkapital- und Fremdfinanzierungen im gesamten Binnenmarkt steuerlich gleich behandelt werden. Gleichzeitig sollte ein gemeinsamer Rechtsrahmen der Union für die Haushalte der Mitgliedstaaten auch kurzfristig tragfähig sein. Daher sollte ein solcher Rechtsrahmen zum einen Vorschriften für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Eigenkapitalfinanzierungskosten und zum anderen zur Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungskosten vorsehen.
(4)Für ein einfaches und umfassendes Regelwerk sollte der gemeinsame Rechtsrahmen für alle Unternehmen in der Union gelten, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftsteuer unterliegen. Finanzunternehmen weisen besondere Merkmale auf und erfordern eine besondere Behandlung. Würden die Vorschriften zur Beseitigung der Anreize für Fremdfinanzierungen auch für sie gelten, so würden Nichtfinanzunternehmen durch die Maßnahme wirtschaftlich ungleich schwerer belastet. Daher sollten Finanzunternehmen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden.
(5)Um die Vorteile von Fremd- gegenüber Eigenkapitalfinanzierungen zu beseitigen, sollte ein Freibetrag in Betracht gezogen werden, damit Eigenkapitalerhöhungen eines Steuerpflichtigen von einem Besteuerungszeitraum zum nächsten unter bestimmten Voraussetzungen von seiner Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden können. Der Freibetrag sollte berechnet werden, indem die Erhöhung des Eigenkapitals mit einem fiktiven Zinssatz multipliziert wird, der auf dem risikofreien Zinssatz basiert, welcher in den Durchführungsrechtsakten gemäß Artikel 77e Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegt wurde. Solche risikofreien Zinssätze sind bereits Teil des EU‑Rechts und wurden in der Praxis effektiv angewandt. Teile des Freibetrags, die aufgrund unzureichender steuerpflichtiger Gewinne nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können, können vorgetragen werden. Angesichts der besonderen Herausforderungen, die sich kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beim Zugang zu den Kapitalmärkten stellen, sollte für Steuerpflichtige, bei denen es sich um KMU handelt, ein höherer Freibetrag für Eigenkapital in Betracht gezogen werden. Damit die Abzugsfähigkeit von Eigenkapitalfreibeträgen für die öffentlichen Finanzen kurzfristig tragfähig ist, sollte diese Regelung zeitlich begrenzt sein. Um das System vor Missbrauch zu schützen, ist es notwendig, sowohl den steuerlichen Wert der eigenen Anteile von Steuerpflichtigen als auch den ihrer Beteiligungen an verbundenen Unternehmen von der Berechnung der Eigenkapitalveränderungen auszunehmen. Ebenso ist es notwendig, die Besteuerung von Rückgängen des Eigenkapitals eines Steuerpflichtigen von einem Steuerzeitraum zum nächsten vorzusehen, damit Eigenkapitalerhöhungen nicht missbräuchlich verwendet werden. Durch eine solche Regelung würde auch der Erhalt eines bestimmten Eigenkapitalniveaus gefördert. Die Anwendung wäre dergestalt, dass bei einem Rückgang des Eigenkapitals eines Steuerpflichtigen, der einen Freibetrag für die Eigenkapitalerhöhung in Anspruch genommen hat, ein Betrag, der auf die gleiche Weise berechnet wird wie der Freibetrag, für zehn Steuerzeiträume steuerpflichtig würde, sofern der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass dieser Rückgang ausschließlich auf Verluste während des Steuerzeitraums oder auf eine rechtliche Verpflichtung zurückzuführen ist.
(6)Um einen Missbrauch des Abzugs des Freibetrags auf Eigenkapital zu verhindern, müssen spezifische Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung festgelegt werden. Solche Vorschriften sollten insbesondere auf Systeme abzielen, mit denen die Bedingungen, unter denen eine Eigenkapitalerhöhung für einen Freibetrag nach dieser Richtlinie in Betracht kommt, umgangen werden sollen, beispielsweise durch die gruppeninterne Übertragung von Beteiligungen an verbundene Unternehmen. Entsprechende Vorschriften sollten auch auf Systeme abzielen, die darauf ausgerichtet sind, Freibeträge gelten zu machen, wenn keine Eigenkapitalerhöhung auf Gruppenebene vorliegt. Hierfür könnten etwa gruppeninterne Fremdfinanzierungen oder Bareinlagen verwendet werden. Durch spezifische Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung sollte auch der Schaffung von Systemen vorgebeugt werden, mit denen eine höhere als die tatsächlich zu verzeichnende Eigenkapitalerhöhung und damit verbunden ein entsprechender Freibetrag geltend gemacht werden, beispielsweise durch eine Erhöhung der Darlehensforderungen oder eine Überbewertung von Vermögenswerten. Des Weiteren findet die allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch im Bereich der Steuern nach Artikel 6 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates Anwendung auf missbräuchliche Handlungen, die nicht unter den spezifischen Rahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung der vorliegenden Richtlinie fallen.
(7)Um steuerbezogene Anreize für Fremdfinanzierungen in einer Weise wirksam abzubauen, die für die öffentlichen Finanzen der Union tragfähig ist, sollte ein Freibetrag für Eigenkapital mit einer Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungskosten einhergehen. Daher sollte die Abzugsfähigkeit überschüssiger Fremdkapitalkosten durch eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen eingeschränkt werden, die unabhängig vom Freibetrag gelten sollte. Angesichts der unterschiedlichen Ziele einer solchen Regelung und der bestehenden Vorschrift über die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen zur Verhinderung von Steuervermeidung nach Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 zur Bekämpfung von Steuervermeidung sollten beide Vorschriften parallel bestehen. Steuerpflichtige sollten zunächst die Abzugsfähigkeit überschüssiger Fremdkapitalkosten gemäß dieser Richtlinie und anschließend gemäß der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung berechnen. Ist der zuletzt berechnete Betrag an abzugsfähigen überschüssigen Fremdkapitalkosten niedriger, so sollte der Steuerpflichtige diesen niedrigeren Betrag abziehen und eine etwaige Differenz zwischen den beiden Beträgen gemäß Artikel 4 der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung vor- oder rücktragen.
(8)Da die Durchführung und Durchsetzung der Unionsvorschriften in jedem Mitgliedstaat für den Schutz der Steuerbemessungsgrundlage anderer Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung ist, sollte diese von der Kommission überwacht werden, auch um gegebenenfalls die Unionsvorschriften ordnungsgemäß überprüfen zu können. Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission daher regelmäßig spezifische Informationen über die in ihrem Hoheitsgebiet erfolgte Durchführung und Durchsetzung der nationalen Maßnahmen, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen wurden, übermitteln.
(9)Zur Bewertung der Wirksamkeit dieser Richtlinie sollte die Kommission auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen und anderer verfügbarer Daten einen Bewertungsbericht erstellen und veröffentlichen.
(10)Damit bestimmte nicht wesentliche Bestimmungen dieser Richtlinie unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen rasch und reibungslos geändert werden können, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, im Einklang mit Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte anzunehmen, sodass sie diese Richtlinie ändern kann, um die Höhe des Risikoaufschlags als Element für die Berechnung des Freibetrags für Eigenkapital zu modifizieren. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt sind. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, sollte der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten erhalten und seine Sachverständigen sollten systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission haben, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(11)Da das Ziel dieser Richtlinie auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen der Notwendigkeit, ausgewogene Anreize für Unternehmensstandorte und Unternehmertum im Binnenmarkt zu schaffen, besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand
Diese Richtlinie enthält Vorschriften betreffend den Abzug eines Freibetrags für Eigenkapitalerhöhungen für Körperschaftsteuerzwecke und die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit überschüssiger Fremdkapitalkosten.
Artikel 2
Anwendungsbereich
Diese Richtlinie gilt für Steuerpflichtige, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten körperschaftsteuerpflichtig sind, einschließlich der in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten von Unternehmen, die steuerlich in einem Drittland ansässig sind.
Diese Richtlinie gilt dagegen nicht für die folgenden Finanzunternehmen:
a) „Kreditinstitute“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates;
b)„Wertpapierfirmen“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates;
c)„Verwalter alternativer Investmentfonds“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, einschließlich Verwaltern von Europäischen Risikokapitalfonds gemäß der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, Verwaltern von Europäischen Fonds für soziales Unternehmertum gemäß der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und Verwaltern europäischer langfristiger Investmentfonds gemäß der Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates;
d)„Verwaltungsgesellschaften für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
e)„Versicherungsunternehmen“ im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
f)„Rückversicherungsunternehmen“ im Sinne von Artikel 13 Nummer 4 der Richtlinie 2009/138/EG;
g)„Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung“ im Sinne von Artikel 6 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates;
h)Einrichtungen der Altersversorgung, die Altersversorgungssysteme betreiben, welche unter die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen, sowie jede juristische Person, die für die Anlagezwecke solcher Systeme gegründet wurde;
i)„alternative Investmentfonds“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/61/EU, die von einem Verwalter alternativer Investmentfonds im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU verwaltet werden, oder alternative Investmentfonds im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/61/EU, die nach geltendem nationalen Recht beaufsichtigt werden;
j)Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2009/65/EG;
k)„zentrale Gegenparteien“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates;
l)„Zentralverwahrer“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates;
m)Zweckgesellschaften, die gemäß Artikel 211 der Richtlinie 2009/138/EG zugelassen wurden;
n)„Verbriefungszweckgesellschaften“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates;
o)„Versicherungsholdinggesellschaften“ im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2009/138/EG oder „gemischte Finanzholdinggesellschaften“ im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie 2009/138/EG, die Teil einer Versicherungsgruppe sind, welche der Gruppenaufsicht gemäß Artikel 213 der genannten Richtlinie unterliegt, und die nicht gemäß Artikel 214 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG von der Gruppenaufsicht ausgenommen sind;
p)„Zahlungsinstitute“ im Sinne von Artikel 4 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates;
q)„E-Geld-Institute“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates;
r)„Schwarmfinanzierungsdienstleister“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates;
s)„Anbieter von Krypto-Dienstleistungen“ im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 8 der Verordnung .../... des Europäischen Parlaments und des Rates.
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
(1)„verbundenes Unternehmen“ eine Person, die mit einer anderen Person auf eine der folgenden Arten verbunden ist:
a)Die Person ist an der Geschäftsleitung der anderen Person insofern beteiligt, als sie erheblichen Einfluss auf diese ausüben kann;
b)die Person ist über eine Holdinggesellschaft, die über mehr als 25 % der Stimmrechte verfügt, an der Kontrolle der anderen Person beteiligt;
c)die Person ist über ein Eigentumsrecht, das unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals entspricht, am Kapital der anderen Person beteiligt;
d)die Person hat Anspruch auf mindestens 25 % der Gewinne der anderen Person.
Ist mehr als eine Person an der Geschäftsführung, der Kontrolle, dem Kapital oder den Gewinnen derselben Person im Sinne von Absatz 1 beteiligt, so gelten alle betreffenden Personen als verbundene Unternehmen.
Sind dieselben Personen an der Geschäftsführung, der Kontrolle, dem Kapital oder den Gewinnen von mehr als einer Person im Sinne von Absatz 1 beteiligt, so gelten alle betreffenden Personen als verbundene Unternehmen.
Für die Zwecke dieser Begriffsbestimmung bezeichnet der Ausdruck „Person“ sowohl juristische als auch natürliche Personen. Eine Person, die in Bezug auf die Stimmrechte oder die Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen gemeinsam mit einer anderen Person handelt, wird so behandelt, als hielte sie eine Beteiligung an allen Stimmrechten oder dem gesamten Kapital dieses Unternehmens, die bzw. das von der anderen Person gehalten werden bzw. wird.
Bei mittelbaren Beteiligungen wird die Erfüllung der in Absatz 1 Buchstabe c genannten Kriterien durch Multiplikation der Beteiligungsquoten an den nachgeordneten Unternehmen ermittelt. Eine Person mit einer Stimmrechtsbeteiligung von mehr als 50 % gilt als Halter von 100 % der Stimmrechte.
Ehegatte und Verwandte in absteigender gerader Linie einer natürlichen Person werden zusammen mit dieser Person als einzige Person behandelt.
Ein verbundenes Unternehmen im Sinne dieses Absatzes umfasst auch jeden Vorgang, durch den eine Person zu einem verbundenen Unternehmen wird;
(2)„Steuerzeitraum“ ein Kalenderjahr oder jeden anderen sachdienlichen Zeitraum für steuerliche Zwecke;
(3)„Gruppe“ eine Gruppe im Sinne von Artikel 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates;
(4)„Beteiligung“ eine Beteiligung im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 2013/34/EU;
(5)„KMU“ alle Unternehmen, die den in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2013/34/EU festgesetzten Schwellenwert für mittlere Unternehmen nicht überschreiten;
(6)„Eigenkapital“ in einem bestimmten Steuerzeitraum die Summe des eingezahlten Kapitals, der Agios, der Neubewertungsrücklagen und anderer Rücklagen sowie des Gewinn- oder Verlustvortrags des Steuerpflichtigen.
(7)„Nettoeigenkapital“ die Differenz zwischen dem Eigenkapital eines Steuerpflichtigen und der Summe des steuerlichen Werts der Beteiligung des Steuerpflichtigen am Kapital verbundener Unternehmen und der eigenen Anteile des Steuerpflichtigen.
(8)„Rücklagen“ Folgendes:
(1)eine gesetzliche Rücklage, soweit die Bildung einer derartigen Rücklage nach einzelstaatlichem Recht vorgeschrieben ist;
(2)eine Rücklage für eigene Anteile, soweit die Bildung einer derartigen Rücklage nach einzelstaatlichem Recht vorgeschrieben ist, unbeschadet des Artikels 24 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2012/30/EU;
(3)satzungsmäßige Rücklagen;
(4)sonstige Rücklagen, einschließlich der Zeitwert-Rücklage.
KAPITEL II
FREIBETRAG FÜR EIGENKAPITAL UND ZINSABSCHREIBUNGEN
Artikel 4
Freibetrag für Eigenkapital
(1)Ein Freibetrag für Eigenkapital in Höhe von bis zu 30 % des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen eines Steuerpflichtigen (im Folgenden „EBITDA“) kann für 10 aufeinanderfolgende Steuerzeiträume von der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen abgezogen werden.
Ist der in Unterabsatz 1 genannte abzugsfähige Freibetrag für Eigenkapital höher als das zu versteuernde Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen in einem Steuerzeitraum, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Steuerpflichtige den Überschuss des Freibetrags für Eigenkapital zeitlich unbegrenzt auf die folgenden Zeiträume vortragen kann.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Steuerpflichtige den Teil des Freibetrags für Eigenkapital, der 30 % des EBITDA in einem Steuerzeitraum übersteigt, für höchstens 5 Steuerzeiträume vortragen können.
(2)Unbeschadet von Artikel 5 wird die Bemessungsgrundlage für den Freibetrag für Eigenkapital berechnet als die Differenz zwischen der Höhe des Nettoeigenkapitals am Ende des Steuerzeitraums und der Höhe des Nettoeigenkapitals am Ende des vorangegangenen Steuerzeitraums.
Der Freibetrag für Eigenkapital entspricht der Bemessungsgrundlage multipliziert mit dem 10-jährigen risikofreien Zinssatz für die maßgebliche Währung, welcher um einen Risikoaufschlag von 1 % bzw. bei KMU von 1,5 % aufgestockt wird.
Für die Zwecke von Unterabsatz 2 dieses Absatzes entspricht der 10-jährige risikofreie Zinssatz für die maßgebliche Währung dem risikofreien Zinssatz für Anleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren für die maßgebliche Währung, der in den gemäß Artikel 77e Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG erlassenen Durchführungsrechtsakten zum Stichtag 31. Dezember des Jahres, das dem relevanten Steuerzeitraum vorausgeht, festgelegt wurde.
(3)Ist nach Inanspruchnahme eines Freibetrags für Eigenkapital die Bemessungsgrundlage für den Freibetrag für Eigenkapital in einem Steuerzeitraum negativ, so wird ein Betrag in Höhe des negativen Freibetrags für Eigenkapital für 10 aufeinanderfolgende Steuerzeiträume steuerpflichtig, und zwar bis in Höhe der Gesamterhöhung des Nettoeigenkapitals, für die ein Freibetrag gemäß dieser Richtlinie in Anspruch genommen wurde, es sei denn, der Steuerpflichtige weist hinreichend nach, dass dies auf buchhalterische Verluste im Steuerzeitraum oder eine rechtliche Verpflichtung zur Kapitalherabsetzung zurückzuführen ist.
(4)Der Kommission wird die Befugnis übertragen, im Einklang mit Artikel 9 delegierte Rechtsakte zur Änderung von Absatz 2 dieses Artikels zu erlassen und den Risikozuschlag zu ändern, wenn eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllt ist:
a)Der in Absatz 2 dieses Artikels genannte risikofreie Zinssatz für 10-jährige Anleihen schwankt im Vergleich zu dem Steuerzeitraum, in dem der letzte delegierte Rechtsakt zur Änderung des Risikoaufschlags erlassen wurde oder, falls kein solcher delegierter Rechtsakt erlassen wurde, in dem diese Richtlinie anwendbar wurde, für mindestens drei Unionswährungen um mehr als zwei Prozentpunkte, oder
b)in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ist ein Null- oder Negativwachstum des Bruttoinlandsprodukts des EU-Gebiets zu verzeichnen
und
c) die einschlägigen Daten, Berichte und Statistiken, einschließlich denen, die von den Mitgliedstaaten vorgelegt werden, lassen darauf schließen, dass der EU‑weite Durchschnitt der Finanzierungsbedingungen für Fremdkapital für Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, sich mehr als verdoppelt oder halbiert hat, seit der in Absatz 2 genannte Risikoaufschlag zuletzt festgesetzt wurde.
Bei der prozentualen Erhöhung oder Senkung des Risikoaufschlags werden die in Unterabsatz 1 Buchstabe c genannten Veränderungen der Finanzierungsbedingungen berücksichtigt, bei denen es sich nicht um eine Änderung des in den Durchführungsrechtsakten gemäß Artikel 77e Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG festgesetzten risikofreien Zinssatzes für die EU handelt, und sie ist in keinem Fall höher als die prozentuale Erhöhung oder Senkung der in Unterabsatz 1 Buchstabe c genannten Finanzierungsbedingungen.
Artikel 5
Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch
(1)Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Bemessungsgrundlage des Freibetrags für Eigenkapital nicht den Betrag einer Kapitalerhöhung umfasst, die auf Folgendes zurückzuführen ist:
a)Gewährung von Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen;
b)Übertragung von Beteiligungen oder einer Geschäftstätigkeit nach dem Fortführungsprinzip zwischen verbundenen Unternehmen;
c)eine Bareinlage einer Person, die in einem Gebiet steuerlich ansässig ist, das keine Informationen mit dem Mitgliedstaat austauscht, in dem der Steuerpflichtige den Freibetrag für Eigenkapital in Abzug zu bringen beabsichtigt.
Dieser Absatz gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige hinreichend nachweist, dass der betreffende Vorgang aus triftigen wirtschaftlichen Gründen durchgeführt wurde und nicht zu einem doppelten Abzug des festgelegten Freibetrags für Eigenkapital führt.
(2)Ist eine Kapitelerhöhung auf eine Sacheinlage oder eine Investition in einen Vermögenswert zurückzuführen, so ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Wert des Vermögenswertes bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage des Freibetrags nur dann berücksichtigt wird, wenn der Vermögenswert für die Ausübung der einkommensschaffenden Aktivitäten des Steuerpflichtigen erforderlich ist.
Handelt es sich bei dem Vermögenswert um Anteile, so wird deren Buchwert berücksichtigt.
Handelt es sich bei dem Vermögenswert nicht um Anteile, so wird sein Marktwert berücksichtigt, es sei denn, ein zertifizierter externer Rechnungsprüfer hat einen anderen Wert angegeben.
(3)Ist eine Erhöhung des Eigenkapitals auf die Umstrukturierung einer Gruppe zurückzuführen, so wird eine solche Erhöhung bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage des Freibetrags für Eigenkapital für den Steuerpflichtigen gemäß Artikel 4 nur insoweit berücksichtigt, als sie nicht dazu führt, dass das Eigenkapital (oder ein Teil davon), das bereits vor der Umstrukturierung in der Gruppe bestand, in neues Eigenkapital umgewandelt wird.
Artikel 6
Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Steuerpflichtiger überschüssige Fremdkapitalkosten im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates in Höhe von bis zu einem Betrag (a), der 85 % dieser während des Steuerzeitraums angefallenen Kosten entspricht, von seiner Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in Abzug bringen kann. Ist dieser Betrag höher als der gemäß Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 bestimmte Betrag (b), so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Steuerpflichtige im Steuerzeitraum nur den niedrigeren der beiden Beträge in Abzug bringen darf. Die Differenz zwischen den beiden Beträgen (a) und (b) wird gemäß Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2016/1164 vor- oder rückgetragen.
(2)Absatz 1 gilt für überschüssige Fremdkapitalkosten, die ab dem [Amt für Veröffentlichungen: Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie einfügen] entstehen.
KAPITEL III
ÜBERWACHUNG UND BERICHTERSTATTUNG
Artikel 7
Überwachung
Innerhalb von drei Monaten nach Ablauf jedes Steuerzeitraums übermittelt jeder Mitgliedstaat der Kommission folgende Informationen in Bezug auf den Steuerzeitraum:
a)die Zahl der Steuerpflichtigen, die im Steuerzeitraum den Freibetrag für Eigenkapital in Anspruch genommen haben, einschließlich als prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen;
b)die Zahl der KMU, die im Steuerzeitraum den Freibetrag in Anspruch genommen haben, einschließlich als prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der KMU, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, und einschließlich der Zahl der KMU, die den Freibetrag in Anspruch genommen haben und die Teil großer Gruppen im Sinne von Artikel 3 Absatz 7 der Richtlinie 2013/34/EU sind;
c)den dem Freibetrag für Eigenkapital zugeschriebenen Gesamtbetrag der durch den Abzug des Freibetrags für Eigenkapitals entstandenen Ausgaben oder Steuerausfälle, im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt des Mitgliedstaats;
d)den Gesamtbetrag der überschüssigen Fremdkapitalkosten;
e)den Gesamtbetrag der nicht abzugsfähigen überschüssigen Fremdkapitalkosten;
f)die Zahl der Steuerpflichtigen, auf die im Steuerzeitraum gemäß dieser Richtlinie Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung angewandt wurden, einschließlich der damit verbundenen steuerlichen Folgen und Sanktionen;
g)Daten über die Entwicklung des Verschuldungsgrades im Sinne von Anhang III Teile A und C der Richtlinie 2013/34/EU in den Mitgliedstaaten.
Artikel 8
Berichterstattung
(1)Bis 31. Dezember 2027 übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie.
(2)Bei der Erstellung des Berichts berücksichtigt die Kommission die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 7 übermittelten Informationen.
(3)Die Kommission veröffentlicht den Bericht auf ihrer Website.
KAPITEL IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 9
Ausübung der Befugnisübertragung
(1)Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2)Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 4 Absatz 5 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem [Amt für Veröffentlichungen: Bitte das Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie einfügen] übertragen.
(3)Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 4 Absatz 5 kann vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4)Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.
(5)Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie diesen dem Rat.
(6)Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 4 Absatz 5 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an den Rat keine Einwände erhoben hat oder wenn vor Ablauf dieser Frist der Rat der Kommission mitgeteilt hat, dass er keine Einwände erheben wird. Auf Veranlassung des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.
Artikel 10
Unterrichtung des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament wird von der Annahme eines delegierten Rechtsakts durch die Kommission, von gegen ihn vorgebrachten Einwänden und von dem Widerruf einer Befugnisübertragung durch den Rat in Kenntnis gesetzt.
Artikel 11
Umsetzung
(1)Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens am [31. Dezember 2023] die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
Sie wenden diese Rechtsvorschriften ab dem [1. Januar 2024] an.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(2)Die Mitgliedstaaten können die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie auf Steuerpflichtige, die am [1. Januar 2024] gemäß den nationalen Rechtsvorschriften einen Freibetrag für Eigenkapital in Anspruch nehmen können, für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren aufschieben, jedoch nicht für einen längeren Zeitraum als den, in dem der Anspruch nach nationalem Recht besteht.
(3)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 12
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 13
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident /// Die Präsidentin