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Document E2015J0015

    Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2016 in den verbundenen Rechtssachen E-15/15 und E-16/15 — Franz-Josef Hagedorn gegen Vienna-Life Lebensversicherung AG und Rainer Armbruster gegen Swiss Life (Liechtenstein) AG (Richtlinie 2002/83/EG — Artikel 36 — Übertragung von Lebensversicherungsverträgen — Zulässigkeit — der Begriff „Versicherungsvertrag“ — Änderung der Vertragsbedingungen)

    ABl. C 66 vom 2.3.2017, p. 29–29 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    2.3.2017   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 66/29


    URTEIL DES GERICHTSHOFS

    vom 10. Mai 2016

    in den verbundenen Rechtssachen E-15/15 und E-16/15

    Franz-Josef Hagedorn gegen Vienna-Life Lebensversicherung AG und Rainer Armbruster gegen Swiss Life (Liechtenstein) AG

    (Richtlinie 2002/83/EG — Artikel 36 — Übertragung von Lebensversicherungsverträgen — Zulässigkeit — der Begriff „Versicherungsvertrag“ — Änderung der Vertragsbedingungen)

    (2017/C 66/08)

    In den verbundenen Rechtssachen E-15/15 und E-16/15 Franz-Josef Hagedorn gegen Vienna-Life Lebensversicherung AG und Rainer Armbruster gegen Swiss Life (Liechtenstein) AG — ERSUCHEN des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs Liechtensteins an den Gerichtshof gemäß Artikel 34 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs betreffend die Auslegung der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen — erließ der Gerichtshof, bestehend aus dem Präsidenten Carl Baudenbacher sowie den Richtern Per Christiansen und Páll Hreinsson (Berichterstatter), am 10. Mai 2016 ein Urteil mit folgendem Tenor:

    1.

    Rechtsgeschäfte, bei denen ein bestehender Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung von einer Person per Kaufvertrag auf eine andere Person übertragen wird und bei denen das vertraglich versicherte Risiko, d. h. die versicherte Person, unverändert bleibt, sind nicht Gegenstand des Artikels 36 Absatz 1 der Richtlinie 2002/83/EG. Die Übertragung einer fondsgebundenen Lebensversicherung im Rahmen eines Rechtsgeschäfts stellt keine Änderung der Vertragsbedingungen dar, sofern nicht auch die Vertragsbedingungen geändert werden und damit, was sich auf das Verhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien des Versicherungsvertrags auswirkt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die einschlägigen Fakten zu beurteilen und zu entscheiden, ob die jeweiligen Übertragungen zu einer Änderung der Versicherungsbedingungen der von den Klägern erworbenen fondsgebundenen Lebensversicherungen geführt haben.

    2.

    Falls eine „Änderung der Vertragsbedingungen“ im Sinne der Richtlinie erfolgt ist, muss das vorlegende Gericht prüfen, ob die in Anhang III Buchstabe B b.2 aufgeführten Informationen dem neuen Versicherungsnehmer klar, genau und vollständig schriftlich in einer Amtssprache des EWR-Mitgliedstaats der Verpflichtung mitgeteilt worden sind.

    3.

    Für die Informationspflichten des Versicherungsunternehmens ist es unerheblich, ob es sich bei dem früheren Versicherungsnehmer um ein Unternehmen und beim neuen Versicherungsnehmer um einen Verbraucher handelt, sofern dieser Umstand nicht zu einer Änderung der Bedingungen des Versicherungsvertrags geführt hat.

    4.

    Die in Anhang III Buchstabe A der Richtlinie aufgeführten Angaben beziehen sich lediglich auf „Informationen über das Versicherungsunternehmen“ und „Informationen über die Verpflichtung“. Ob der ursprüngliche Versicherungsnehmer Informationen über sich in einer Weise offengelegt hat, die einen Zugriff auf sein eigenes Risikoprofil oder Anlegerprofil ermöglicht hat, ist für die Informationspflichten des Versicherungsunternehmens nach der Richtlinie daher unerheblich.

    5.

    Richtlinien müssen in den EWR-Staaten mit unbestreitbarer Verbindlichkeit und so konkret, bestimmt und klar in nationales Recht umgesetzt werden, dass sie dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügen. Darüber hinaus sind die nationalen Gerichte verpflichtet, das nationale Recht im Einklang mit dem EWR-Recht auszulegen. Gemäß Artikel 34 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens ist der Gerichtshof auf Antrag der nationalen Gerichte für Gutachten über die Auslegung des EWR-Abkommens zuständig. Sobald der Gerichtshof sein Urteil abgegeben hat, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, das nationale Recht im Lichte der vom Gerichtshof geklärten Faktoren auszulegen. In Fällen, in denen eine konforme Auslegung des nationalen Rechts nicht ausreicht, um das von den einschlägigen EWR-Vorschriften angestrebte Ziel zu erreichen, kann die Angelegenheit nach dem in Artikel 31 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens festgelegten Verfahren vor dem Gerichtshof anhängig gemacht werden.


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