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Document 52021M8713(01)

Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten (Nach den Artikeln 16 und 17 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. L 275 vom 20.10.2011, S. 29) („Beschluss 2011/695/EU“).) (Sache M.8713 — Tata Steel/ThyssenKrupp/JV) (Text von Bedeutung für den EWR) 2021/C 24/11

ABl. C 24 vom 22.1.2021, p. 21–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

22.1.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 24/21


Abschlussbericht des Anhörungsbeauftragten (1)

(Sache M.8713 — Tata Steel/ThyssenKrupp/JV)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2021/C 24/11)

1.   

Am 25. September 2018 ist bei der Kommission die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates („Fusionskontrollverordnung“) eingegangen. Danach übernehmen die Unternehmen Tata Steel Limited („Tata“) und ThyssenKrupp AG („ThyssenKrupp“) im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung die gemeinsame Kontrolle über ein neu gegründetes Gemeinschaftsunternehmen („Zusammenschluss“). Tata und ThyssenKrupp werden im Folgenden als „beteiligte Unternehmen“ bezeichnet.

2.   

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Marktuntersuchung im Vorprüfverfahren äußerte die Kommission ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und erließ am 30. Oktober 2018 einen Beschluss nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Fusionskontrollverordnung. Am 19. November 2018 übermittelten die beteiligten Unternehmen schriftliche Stellungnahmen zu dem Beschluss nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c.

3.   

Am 13. November 2018, 19. März 2019 und 25. April 2019 wurde das den Zusammenschluss betreffende Hauptprüfverfahren nach Artikel 10 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung um insgesamt 20 Arbeitstage verlängert.

4.   

Am 5. Dezember 2018 erließ die Kommission zwei an Tata bzw. ThyssenKrupp gerichtete Beschlüsse nach Artikel 11 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung, in denen sie die Vorlage bestimmter Unterlagen bis zum 21. Dezember 2019 verlangte und die Frist für die Prüfung des Zusammenschlusses bis zum Eingang der vollständigen und korrekten Auskünfte aussetzte („Beschlüsse über Auskunftsverlangen“). Am 11. Dezember 2018 richteten die beteiligten Unternehmen ein Schreiben an den Anhörungsbeauftragten, in dem sie ihre Unzufriedenheit mit dem Erlass der Beschlüsse über Auskunftsverlangen zum Ausdruck brachten und im Wesentlichen geltend machten, dass die Auskunftsverlangen zu weit gefasst seien, dass die den beteiligten Unternehmen ursprünglich gesetzte Beantwortungsfrist sehr knapp bemessen sei und dass die Aussetzung des Zeitplans für die Prüfung durch die Kommission nach Artikel 10 Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung unverhältnismäßig, ungerechtfertigt und unangemessen sei. Die beteiligten Unternehmen beanstandeten, dass die Beschlüsse über Auskunftsverlangen (und die damit einhergehende Aussetzung der Frist für die Überprüfung des Zusammenschlusses, die öffentlich bekannt gemacht wurde) erhebliche negative Folgen gehabt hätten, beispielsweise in Form von Presseanfragen und Reaktionen an den Börsen. Zunächst weise ich darauf hin, dass der Anhörungsbeauftragte nach Beschluss 2011/695/EU nicht befugt ist, im Hinblick auf Bedenken der beteiligten Unternehmen spezifische Maßnahmen zu treffen. (2) In Anbetracht der von der GD Wettbewerb übermittelten Erläuterungen zu den Beschlüsse über Auskunftsverlangen, der umgehenden Reaktion der beteiligten Unternehmen auf die Beschlüsse über Auskunftsverlangen (3) und des Umstands, dass bei mir keine weiteren Beschwerden der beteiligten Unternehmen zu den Beschlüssen über Auskunftsverlangen eingingen, bin ich nicht der Auffassung, dass der Erlass der Beschlüsse über Auskunftsverlangen Auswirkungen auf die effektive Wahrung der Verfahrensrechte der beteiligten Unternehmen hatte.

5.   

Am 13. Februar 2019 nahm die Kommission nach Artikel 18 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an. In dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte gelangte die Kommission zu der vorläufigen Auffassung, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb im Binnenmarkt im Sinne des Artikels 2 der Fusionskontrollverordnung wahrscheinlich erheblich beeinträchtigen würde, und zwar aufgrund i) horizontaler nichtkoordinierter Effekte, herbeigeführt durch die Beseitigung eines wichtigen Wettbewerbsdrucks im Markt für die Produktion und Lieferung von feuerverzinktem Stahl für die Automobilindustrie („feuerverzinkter Kfz-Stahl“) im EWR, ii) des Entstehens einer marktbeherrschenden Stellung oder zumindest horizontaler nichtkoordinierter Effekte, herbeigeführt durch die Beseitigung eines wichtigen Wettbewerbsdrucks im Markt für die Produktion und Lieferung von metallbeschichteten (d. h. Weißblech und elektrolytisch verchromter Stahl) und laminierten Verpackungsstahl-Erzeugnissen im EWR, und iii) horizontaler nichtkoordinierter Effekte, herbeigeführt durch die Beseitigung eines wichtigen Wettbewerbsdrucks im Markt für die Produktion und Lieferung von kornorientiertem Elektroband im EWR. Die vorläufige Schlussfolgerung der Kommission lautete daher, dass der angemeldete Zusammenschluss mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen unvereinbar wäre.

6.   

Den beteiligten Unternehmen wurde am 14. Februar 2019 und anschließend am 1. März, 21. März, 17. April, 3. Mai und 17. Mai 2019 Einsicht in die Akten der Kommission gewährt. Für den Zeitraum vom 14. Februar bis zum 21. Februar 2019 wurde ein Datenraum eingerichtet, der es den Wirtschaftsberatern der beteiligten Unternehmen ermöglichte, vertrauliche Informationen quantitativer Art zu prüfen, die Bestandteil der Kommissionsakte waren. Am 21. Februar 2019 wurde den beteiligten Unternehmen ein nichtvertraulicher Bericht über den Datenraum übermittelt und am 22. Februar 2019 erhielten die beteiligten Unternehmen eine überarbeitete Fassung dieses Berichts. Ein weiterer Datenraum wurde für den Zeitraum vom 21. bis zum 25. März 2019 eingerichtet. Am 26. März 2019 wurde den beteiligten Unternehmen ein zweiter nichtvertraulicher Bericht über den Datenraum übermittelt.

7.   

Die beteiligten Unternehmen übermittelten am 27. Februar 2019 ihre Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die beteiligten Unternehmen beantragten keine mündliche Anhörung.

8.   

Fünf Unternehmen (ArcelorMittal, Ardagh, IG Metall, IndustriAll und Salzgitter AG) wurden als betroffene Dritte zum Verfahren zugelassen. Alle betroffenen Dritten erhielten eine nichtvertrauliche Fassung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, wobei die Ardagh Group und die Salzgitter AG gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission schriftliche Stellungnahmen übermittelten.

9.   

Am 20. März 2019 richtete die Kommission ein Sachverhaltsschreiben an die beteiligten Unternehmen. Die beteiligten Unternehmen übermittelten am 25. März 2019 ihre Bemerkungen zum Sachverhaltsschreiben.

10.   

Am 1. April 2019 legten die beteiligten Unternehmen Verpflichtungsangebote nach Artikel 8 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung vor. Die Verpflichtungsangebote wurden ab dem 2. April 2019 einem Markttest unterzogen. Am 23. April 2019 übermittelten die beteiligten Unternehmen überarbeitete Verpflichtungsangebote („überarbeitete Verpflichtungsangebote“). Am 25. April 2019 leitete die Kommission in Bezug auf die überarbeiteten Verpflichtungsangebote einen Markttest ein.

11.   

In ihrem Beschlussentwurf gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb in einem wesentlichen Teil des Binnenmarkts in Bezug auf i) die Produktion und Lieferung von feuerverzinktem Kfz-Stahl im EWR und ii) die Produktion und Lieferung von metallbeschichteten (d. h. Weißblech und elektrolytisch verchromter Stahl) und laminierten Verpackungsstahl-Erzeugnissen im EWR erheblich behindern würde. Die die Produktion und Lieferung von kornorientiertem Elektroband im EWR betreffenden Beschwerdepunkte wurden im Beschlussentwurf nicht aufrechterhalten. In dem Beschlussentwurf wird ferner der Schluss gezogen, dass durch die von den beteiligten Unternehmen vorgelegten Verpflichtungsangebote die aufgrund des Zusammenschlusses zu erwartende erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs nicht vollständig beseitigt wird.

12.   

Ich habe den Beschlussentwurf nach Artikel 16 Absatz 1 des Beschlusses 2011/695/EU geprüft und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass ausschließlich Beschwerdepunkte behandelt werden, zu denen sich die beteiligten Unternehmen äußern konnten.

13.   

Abschließend stelle ich fest, dass die Verfahrensrechte in diesem Fall wirksam ausgeübt werden konnten.

Brüssel, 29. Mai 2019

Joos STRAGIER


(1)  Nach den Artikeln 16 und 17 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. L 275 vom 20.10.2011, S. 29) („Beschluss 2011/695/EU“).

(2)  Der Anhörungsbeauftragte ist zwar befugt, über eine Fristverlängerung in Bezug auf Beschlüsse über Auskunftsverlangen nach Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zu entscheiden, jedoch enthält der Beschluss 2011/695/EU in Bezug auf Beschlüsse über Auskunftsverlangen nach Artikel 11 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung keine vergleichbare Bestimmung. Gegen die Beschlüsse über Auskunftsverlangen hätten allerdings Nichtigkeitsklagen beim Gericht der Europäischen Union eingereicht werden können.

(3)  Tata und ThyssenKrupp beantworteten die Auskunftsverlangen am 4. bzw. 9. Januar 2019.


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