EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52021IP0454

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. November 2021 zur Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (2021/2018(INI))

ABl. C 205 vom 20.5.2022, p. 37–43 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.5.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 205/37


P9_TA(2021)0454

Statut und Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. November 2021 zur Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (2021/2018(INI))

(2022/C 205/04)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf Artikel 2 und Artikel 10 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

gestützt auf die Artikel 224 und 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (1) (im Folgenden „die Verordnung“), geändert durch die Verordnung (EU, Euratom) 2018/673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Mai 2018 (2) und die Verordnung (EU, Euratom) 2019/493 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2019 (3), insbesondere Artikel 38 Absatz 1,

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (4) (im Folgenden „Haushaltsordnung“),

nach Anhörung der Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen (im Folgenden „Behörde“) und Konsultation ihrer jährlichen Tätigkeitsberichte,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 19. April 2021 an das Präsidium über die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen auf europäischer Ebene,

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A9-0294/2021),

A.

in der Erwägung, dass starke politische Parteien und Stiftungen auf EU-Ebene für die Entwicklung eines wahrhaft europäischen öffentlichen Raums von wesentlicher Bedeutung sind;

B.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien eine wichtigere Rolle bei den Wahlen zum Europäischen Parlament spielen und dazu beitragen sollten, das politische Bewusstsein für die EU zu schärfen und den Willen der Bürgerinnen und Bürger der EU zum Ausdruck zu bringen; in der Erwägung, dass die politische Vielfalt für den öffentlichen Diskurs und den Ausdruck der Meinung der Bürger von wesentlicher Bedeutung ist;

C.

in der Erwägung, dass Parteien im Rahmen des politischen Wettbewerbs nicht als unparteiische Einheiten betrachtet werden können und dass ihre Finanzierung nicht auf apolitische Ausgaben reduziert werden kann;

D.

in der Erwägung, dass das Mandat der europäischen politischen Stiftungen unter anderem darin besteht, das politische Bewusstsein für die Debatte über Fragen der europäischen Politik und den Prozess der europäischen Integration zu schärfen und zu dieser Debatte beizutragen, und dass sie in diesem Rahmen auch Angebote entwickeln, die sich nicht ausschließlich an die Mitglieder oder Wähler einer bestimmten Partei richten, sondern allen unter den gleichen Bedingungen offenstehen;

E.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien und Stiftungen mit ihren nationalen Mitgliedsparteien und Partnern zusammenarbeiten sollten, um sie dabei zu unterstützen, die Union und ihre Politik den Bürgern näher zu bringen und die demokratische Legitimität zu stärken;

F.

in der Erwägung, dass die europäischen politischen Parteien mit ihren entsprechenden nationalen Pendants zusammenarbeiten sollten, um eine interaktive Beteiligung in Bezug auf EU-Themen zu erleichtern;

G.

in der Erwägung, dass es, um den Willen der Unionsbürger weiterhin zu kennen und ihm Ausdruck zu verleihen, von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Rolle und die Arbeitsweise der europäischen politischen Parteien und Stiftungen nicht auf Fragen von ausschließlich europäischer Bedeutung auf Unionsebene beschränkt sind; in der Erwägung, dass es diesen europäischen politischen Parteien und Stiftungen gestattet sein sollte, ihre Mittel zur Finanzierung von Tätigkeiten zu verwenden, die dazu beitragen, die EU-Bürger zu informieren und das Bewusstsein für Themen im Zusammenhang mit der Politik der EU zu schärfen;

H.

in der Erwägung, dass ausreichende Finanzmittel eine Voraussetzung dafür sind, dass europäische politische Parteien und Stiftungen ihre Aufgaben wahrnehmen können, während vollständige Transparenz und Rechenschaftspflicht eine Voraussetzung für den Erhalt öffentlicher Mittel aus dem Unionshaushalt sein sollten;

I.

in der Erwägung, dass europäische politische Parteien und Stiftungen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und im Rahmen der Außenbeziehungen der Union eine Rolle bei der Förderung der Politik der EU gegenüber den Nachbarländern spielen können; in der Erwägung, dass sie daher offen für die Mitgliedschaft von Parteien oder Einzelpersonen aus diesen Ländern sein sollten und die Möglichkeit haben sollten, Beiträge von ihnen zu erhalten, sofern vollständige Transparenz und die Einhaltung von Artikel 325 AEUV und der Vorschriften der Union zur Bekämpfung von Betrug und Korruption gewährleistet sind;

J.

in der Erwägung, dass es europäischen politischen Parteien und Stiftungen möglich sein sollte, neben Beiträgen und Spenden zusätzliche Einkommensarten zu haben;

K.

in der Erwägung, dass eine Angleichung des Kofinanzierungssatzes für europäische politische Parteien an die Höhe, die den politischen Stiftungen auferlegt wird, die Anhäufung von Schulden verhindern würde;

L.

in der Erwägung, dass das System der Verwaltungskontrolle der Ausgaben unter Wahrung der Transparenz und der ordnungsgemäßen Verwendung der öffentlichen Mittel vereinfacht werden sollte und insbesondere die Verpflichtung zur Vorlage von Abschlüssen gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards gestrichen werden sollte, da sie nicht der Natur der europäischen politischen Parteien und Stiftungen entspricht und einen unnötigen zeitaufwändigen und kostspieligen Aufwand darstellt;

M.

in der Erwägung, dass eine Anpassung des Übertragungszeitraums für europäische politische Stiftungen an die Anforderungen an politische Parteien eine zweite Kontrollebene verhindern und somit den Verwaltungsaufwand für Stiftungen erheblich verringern würde;

Bewertung der Anwendung der Verordnung

1.

weist erneut darauf hin, dass die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen den rechtlichen Rahmen bildet, innerhalb dessen die Rechte und Pflichten der Parteien und Stiftungen festgelegt sind; hebt hervor, dass die gemäß der Verordnung bereitgestellten Mittel Teil des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union sind und daher im Einklang mit der Haushaltsordnung mit Schwerpunkt auf dem allgemeinen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ausgeführt werden sollten;

2.

stellt fest, dass im Jahr 2018 die Verordnung erstmals umgesetzt wurde; begrüßt den von der Behörde vorgelegten jährlichen Tätigkeitsbericht 2019; nimmt die wichtigsten Tätigkeiten und die größten Herausforderungen zur Kenntnis, die 2019 zu bewältigen waren; stellt fest, dass die Behörde im Zusammenhang mit den Wahlen zum Europäischen Parlament 2019 zum ersten Mal die Rechnungsführung von europäischen Parteien und Stiftungen geprüft hat, um sicherzustellen, dass diese mit der Verordnung im Einklang steht, wohingegen die Generaldirektion Finanzen des Europäischen Parlaments sicherstellte, dass die Haushaltsordnung eingehalten wurde; begrüßt, dass die Behörde 2019 keine Sanktionen gegen eine europäische politische Partei oder eine europäische politische Stiftung verhängen musste; nimmt zur Kenntnis, dass die Behörde darüber hinaus einem beim Gericht der Europäischen Union anhängigen Verfahren beigetreten ist und mit den Mitgliedstaaten zusammengearbeitet hat, um ein Netz von nationalen Kontaktstellen und Datenschutzbehörden einzurichten;

3.

erinnert daran, dass das Parlament gemäß Artikel 38 der Verordnung verpflichtet ist, bis Ende 2021 einen Bericht über die Anwendung der Verordnung zu verabschieden, und dass die Kommission sechs Monate danach einen Bericht zu diesem Thema vorzulegen hat, dem ein Legislativvorschlag zur Änderung der Verordnung beigefügt werden muss; nimmt zur Kenntnis, dass der Fahrplan der Kommission eine Verschärfung der Finanzierungs- und Durchsetzungsvorschriften, eine Verringerung des Verwaltungsaufwands, eine Verbesserung der Transparenz sowie eine Stärkung der wirklich gewählten Vertretung der Bürgerinnen und Bürger der EU vorsieht; weist ferner darauf hin, wie wichtig es ist, der Gefahr einer Einmischung aus dem Ausland und Verstößen gegen Datenschutzvorschriften zu begegnen;

4.

begrüßt den von der Kommission angekündigten neuen Aktionsplan für Demokratie in Europa, einschließlich des Legislativvorschlags für mehr Transparenz bei bezahlter politischer Werbung und der Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Finanzierung der europäischen politischen Parteien und Stiftungen; weist erneut darauf hin, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 26. November 2020 zur Bestandsaufnahme zu den Wahlen zum Europäischen Parlament (5) vorgeschlagen hat, die Verordnung im Hinblick auf die Teilnahme an Europawahlen, die Transparenz der Finanzierung und ein Verbot von Spenden privater und öffentlicher Einrichtungen aus Drittländern zu ändern;

5.

erkennt an, dass die Verordnung den Status europäischer politischer Parteien und Stiftungen gegenüber dem früheren Rechtsrahmen, der durch die Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 (6) geschaffen wurde, verbessert hat, insbesondere indem anerkannt wurde, dass diese Einrichtungen Unionsrechtspersönlichkeit besitzen, und indem die unabhängige Behörde eingerichtet wurde;

6.

erkennt die Rolle der Behörde an, die die ihr durch die Verordnung übertragenen Aufgaben übernommen hat;

7.

stellt jedoch fest, dass eine Reihe administrativer und politischer Hindernisse europäische politische Parteien und Stiftungen immer noch daran hindern, ihr Potenzial als aktive und sichtbare Akteure der europäischen Demokratie sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Mitgliedstaaten voll auszuschöpfen;

8.

betont die Bedeutung der Registrierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen, da sie die Einhaltung aller Bedingungen der Verordnung, insbesondere hinsichtlich der Achtung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte, erfordert und die Förderfähigkeit aus dem Unionshaushalt von einer solchen Einhaltung abhängig macht, sowie die Notwendigkeit, für uneingeschränkte Transparenz zu sorgen;

9.

ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Verordnung diesbezüglich geändert werden sollte, um klarzustellen, dass die Achtung der Grundwerte der EU sowohl für die europäischen politischen Parteien selbst als auch für ihre Mitgliedsparteien gelten sollte;

10.

begrüßt die Verschärfung der Bestimmungen über die Überwachung der Einhaltung der Grundwerte der Union durch europäische politische Parteien und Stiftungen und über das Verfahren zur Behandlung von Verstößen, einschließlich Sanktionen und Wiedereinziehung von Mitteln;

11.

ist der Ansicht, dass die jüngste Änderung der Verordnung, mit der Sanktionen für Verstöße gegen Datenschutzvorschriften eingeführt wurden, ein erster sinnvoller Schritt war, der jedoch weiter gestärkt werden sollte;

12.

ist der Ansicht, dass das derzeitige System zur Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften über die Verwendung von Beiträgen und Zuschüssen im Hinblick auf Klarheit, Effizienz und Schnelligkeit verbessert werden muss;

13.

ist der Ansicht, dass es zu Verwirrung und Rechtsunsicherheit führt, wenn europäische politische Parteien und Stiftungen europäischen und nationalen Vorschriften unterworfen werden, die in unterschiedlichen Rechtsinstrumenten festgelegt sind; schlägt daher vor, die Vorschriften für europäische politische Parteien und Stiftungen weiter zu harmonisieren und zu stärken, um einen umfassenden EU-Rechtsrahmen für europäische politische Parteien und Stiftungen zu gewährleisten, der sich insbesondere mit den Bedingungen für die Registrierung, der Struktur und Arbeitsweise, der Sichtbarkeit und Transparenz sowie mit Sanktionen befasst;

14.

betont, dass die Finanzierung der europäischen politischen Parteien und Stiftungen transparent sein und Artikel 325 AEUV unterliegen muss und keinen Missbrauch ermöglichen darf und dass sie ausschließlich für die Unterstützung politischer Programme und Tätigkeiten verwendet werden darf, die mit den in Artikel 2 EUV niedergelegten Grundprinzipien der Union in Einklang stehen;

Probleme

15.

erinnert daran, dass nationale Mitgliedsparteien gemäß der Verordnung verpflichtet sind, auf ihren Internetseiten das Logo, das politische Programm und einen Link zur Website der mit ihnen verbundenen europäischen Partei „auf deutlich sichtbare und benutzerfreundliche Weise“ anzuzeigen, damit die europäische politische Partei Zugang zu Finanzmitteln erhalten kann; ist besorgt darüber, dass dem Logos-Projekt von European Democracy Consulting zufolge die überwältigende Mehrheit der nationalen Mitgliedsparteien die Anforderung der Verordnung, das Logo anzuzeigen, nicht ordnungsgemäß umsetzen, da nur 15 % von ihnen das Logo auf deutlich sichtbare und benutzerfreundliche Weise anzeigen;

16.

betont, dass die Definition der indirekten Finanzierung durch europäische politische Parteien und Stiftungen an nationale Partner und Mitglieder präzisiert und vereinfacht werden muss, damit deren erforderliche Zusammenarbeit bei der Förderung und Erläuterung der Politik der EU sowie ihre Interaktion mit den EU-Bürgerinnen und -Bürgern nicht behindert wird;

17.

betont, dass das Verbot der Finanzierung von Kampagnen für Referenden zu EU-Themen dem Zweck europäischer politischer Parteien und Stiftungen zuwiderläuft;

18.

hebt hervor, dass die Finanzierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen eng mit den in der Verordnung aufgeführten Eintragungskriterien zusammenhängt; erkennt an, dass sichergestellt werden muss, dass die Eintragungs- und Mitgliedschaftskriterien eine inklusive und echte Vertretung der auf EU-Ebene aktiven politischen Parteien vorsehen, wobei zu vermeiden ist, dass die demokratische Vertretung kleinerer politischer Parteien auf derselben Ebene behindert wird; erinnert daran, dass im Ausschuss für konstitutionelle Fragen des Parlaments über den Schwellenwert für die Eintragung und die Unterstützung der Bürger diskutiert wurde; stellt fest, dass nach dem Brexit eine erhöhte Notwendigkeit besteht, verschiedene Kategorien von Parteimitgliedschaften und die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen zu überarbeiten; schlägt daher vor, die Eintragungsanforderungen und Vertretungskriterien zu überarbeiten, und dabei auch über eine direkte Mitgliedschaft von Bürgern nachzudenken;

19.

bedauert die enge Auslegung des in der Rechtsprechung festgelegten Begriffs der Mitgliedschaft, das Fehlen klarer Definitionen der Modalitäten für die Mitgliedschaft europäischer politischer Parteien und das Fehlen differenzierter Zugehörigkeitsstufen zu europäischen politischen Stiftungen in der Verordnung, die keine Flexibilität bei der internen Organisation europäischer politischer Parteien und Stiftungen zulassen, insbesondere in Bezug auf assoziierte Mitglieder und Partner europäischer politischer Stiftungen, einschließlich solcher aus früheren Mitgliedstaaten und anderen europäischen Ländern; ist besorgt darüber, dass diese enge Auslegung dazu führt, dass die europäischen politischen Parteien ohne triftigen Grund daran gehindert werden, finanzielle Beiträge von solchen Mitgliedern zu erhalten; ist der Ansicht, dass auch die Modalitäten der Mitgliedschaft und der Zugehörigkeit zu europäischen politischen Stiftungen sowie der Forschungspartnerschaften mit ihnen geklärt werden sollten;

20.

ist der Ansicht, dass das Verbot der Mitgliedschaft in mehreren Parteien bzw. Stiftungen geklärt und ausgeweitet werden sollte;

21.

betont, dass die Einnahmekategorien in der Verordnung zu eng definiert sind und insbesondere andere mögliche rechtmäßig erworbene Eigenmittel nicht berücksichtigt werden;

22.

betont, dass sich herausgestellt hat, dass die Höhe der Kofinanzierung, die insbesondere europäischen politischen Parteien auferlegt wird, sehr schwer zu erreichen ist;

23.

ist der Auffassung, dass die Anforderung, dass die Rechnungslegung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen sowohl im Einklang mit den nationalen Rechnungslegungsstandards des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz haben, als auch gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards erstellt werden muss, keinen Mehrwert schafft und unnötige Kosten und Verzögerungen mit sich bringt;

24.

bedauert, dass konzeptionelle Mängel in der Verordnung die europäischen politischen Parteien daran hindern, ihrer Rolle als moderne politische Parteien, die die Bürger mit dem politischen System verbinden, tatsächlich gerecht zu werden, da sie den Bürgern aufgrund der begrenzten Möglichkeit der individuellen Mitgliedschaft und ihrer begrenzten Rolle bei der Einflussnahme auf die Politikgestaltung oder der Gestaltung öffentlicher Agenden nicht bekannt sind und somit nicht annähernd das gleiche Maß an aktivistischer Mobilisierung bewirken können wie nationale und regionale Parteien;

25.

weist darauf hin, dass die Behörde nur begrenzte Befugnisse hat, wenn es darum geht, zu überprüfen, ob eine europäische politische Partei oder Stiftung gegen die gemeinsamen Werte der EU verstößt, und dass sie bislang noch nie von dem komplexen Verfahren im Zusammenhang mit der Achtung der Werte Gebrauch gemacht hat; fordert, dass der Aufbau der Behörde gestärkt wird, damit sie in der Lage ist, alle in der Verordnung festgelegten Kriterien, einschließlich der Achtung der Werte der Union und der demokratischen Entscheidungsstrukturen der europäischen politischen Parteien sowie der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und der Umsetzung von Sanktionen, besser zu überwachen und ihre vollständige Autonomie und Neutralität zu gewährleisten;

26.

nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass mehrere bestehende in der EU-Politik tätige und im Europäischen Parlament vertretene länderübergreifende politische Parteien aufgrund der in der Verordnung aufgeführten unverhältnismäßigen Anforderungen keine amtliche Eintragung als europäische politische Partei beantragen können, was der demokratischen Vertretung kleinerer politischer Parteien auf EU-Ebene im Wege steht;

Verbesserungsvorschläge

27.

ist der Ansicht, dass klare Regeln und Bedingungen für die gemeinsame Organisation und Kofinanzierung von Aktivitäten zu EU-Themen durch europäische politische Parteien und Stiftungen und ihre Mitglieder festgelegt werden sollten; ist der Ansicht, dass bei solchen gemeinsamen Aktivitäten die Anzeige des Logos der europäischen politischen Partei neben dem Logo der nationalen Mitgliedspartei verpflichtend sein sollte;

28.

betont, dass keine Vorschrift die Teilnahme von Vertretern und Mitarbeitern politischer Parteien an Veranstaltungen europäischer politischer Stiftungen verhindern sollte, wobei die Rechtfertigung in ihrem grundsätzlichen Wesen liegt;

29.

fordert die Kommission auf, klare Anforderungen und detaillierte Leitlinien für die Sichtbarkeit der zugehörigen europäischen politischen Partei vorzulegen, um die Durchsetzung von Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung über die Anbringung der Logos europäischer politischer Parteien neben den Logos nationaler oder regionaler Parteien sicherzustellen;

30.

hebt hervor, dass bei der ersten Überprüfung der Rechnungsführung mögliche Verbesserungen ermittelt wurden, insbesondere in Bezug auf die Detailliertheit und Vergleichbarkeit der angeforderten Informationen, die von den europäischen Parteien und Stiftungen bereitgestellt wurden; begrüßt, dass 2020 Muster eingeführt wurden, um das Verfahren zu erleichtern; nimmt zur Kenntnis, dass die europäischen politischen Parteien und Stiftungen im Jahr 2019 den Großteil ihrer Mittel für Personal, Sitzungen und die Erfassung von Informationen aufgewendet haben;

31.

ist der Ansicht, dass wirtschaftliche Haushaltsführung und Transparenz strenge Regeln für die Förderfähigkeit von Ausgaben erfordern; fordert, dass ausdrückliche Regelungen in Bezug auf Aktivitäten mit größeren internationalen Organisationen und Partnern aus Drittländern sowie detaillierte Vorschriften für Personal- und Sitzungskosten, insbesondere in Bezug auf Obergrenzen und Ausschreibungsverfahren, festgelegt werden;

32.

fordert, dass das Verbot der Finanzierung von Kampagnen für Referenden aufgehoben wird, damit es europäischen politischen Parteien gestattet wird, Kampagnen für Referenden zu finanzieren, die in Zusammenhang mit der Umsetzung des EUV oder des AEUV stehen;

33.

besteht darauf, dass verschiedene Mitgliedskategorien für Parteien, Stiftungen und Forschungspartnerschaften mit Stiftungen anerkannt werden, dass die Mitgliedschaft von Mitgliedern aus Mitgliedstaaten des Europarats und aus anderen europäischen Ländern zulässig ist, dass eine Kategorie von Forschungspartnern für Stiftungen geschaffen wird und dass europäische politische Parteien und Stiftungen ermächtigt werden, Mitgliedsbeiträge auf der Grundlage einer allgemeinen Beitragsordnung, die für alle ihre Mitglieder gleichermaßen gilt, rechtmäßig zu erheben;

34.

betont, dass eine Definition des Begriffs „Mitglieder“ erforderlich ist, um Rechtssicherheit in Bezug auf die verschiedenen Arten der Mitgliedschaft, ihre Beziehungen zu der europäischen politischen Partei, der sie angehören, und die Anforderungen, die sie erfüllen müssen, zu schaffen;

35.

schlägt vor, das Verbot der Mehrparteienmitgliedschaft auf die Mitglieder nationaler und regionaler Parlamente und Versammlungen auszuweiten;

36.

unterstützt die Schaffung weiterer Einnahmekategorien, um nicht nur Beiträge und Spenden, sondern alle Einnahmequellen der politischen Parteien und Stiftungen abzudecken, beispielsweise durch die Schaffung einer neuen Kategorie „andere Eigenmittel“, was Beiträge aus gemeinsamen Tätigkeiten, den Verkauf von Veröffentlichungen, Teilnahmegebühren für Konferenzen oder Workshops oder andere Tätigkeiten, die unmittelbar mit politischen Maßnahmen zusammenhängen, umfasst;

37.

spricht sich dafür aus, den erforderlichen Eigenmittelsatz für politische Parteien von 10 % auf 5 % zu senken, um ihn an den für Stiftungen geltenden Satz anzugleichen;

38.

spricht sich dafür aus, den Übertragungszeitraum für Stiftungen auf das gesamte folgende Jahr (N+1) zu verlängern und ihn so an den für die Parteien geltenden Zeitraum anzupassen;

39.

fordert, dass die Verpflichtung der europäischen politischen Parteien und Stiftungen, ihre Jahresabschlüsse zusätzlich zu den allgemein anerkannten Grundsätzen der Rechnungsführung auf der Grundlage der internationalen Rechnungslegungsstandards vorzulegen, abgeschafft wird;

40.

weist erneut auf die Rolle hin, die andere im Bereich der Finanzkontrolle tätige Einrichtungen im Rahmen ihres jeweiligen Zuständigkeit spielen, wie etwa der Europäische Rechnungshof, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung und die Europäische Staatsanwaltschaft; stellt mit Blick auf Rechnungsprüfung und Kontrolle fest, wie wichtig es ist, dass die Ausgaben der europäischen politischen Parteien nicht nur einem internen Rechnungsprüfungssystem und dem Urteil ihrer Mitglieder unterliegen, sondern auch einem externen Prüfer, einer behördlichen Kontrolle und einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit;

41.

schlägt vor, dass die Ausgaben europäischer politischer Parteien und Stiftungen einem Eigenkontrollmechanismus unterliegen, der von einem internen Rechnungsprüfungssystem begleitet wird und der Aufsicht durch einen externen Rechnungsprüfer und den Europäischen Rechnungshof sowie einer öffentlichen Aufsicht unterliegt;

42.

empfiehlt die Verwendung eines einheitlichen Zeitrahmens für die Meldung und die Kontrolle, die von den europäischen politischen Parteien, der Behörde und europäische politische Stiftungen und dem Parlament vorgenommen werden, um zu vermeiden, dass die endgültigen Finanzierungsbeträge neu berechnet werden müssen, wobei die nach den einschlägigen Vorschriften geltenden Fristen zu berücksichtigen sind;

43.

plädiert dafür, die Transparenz der Finanzierung europäischer politischer Parteien und Stiftungen zu verbessern, indem das Parlament verpflichtet wird, die ihm vorgelegten Jahresabschlüsse auf nutzerfreundliche Weise zu veröffentlichen; betont, dass die Informationen über die Registrierung und Finanzlage der europäischen politischen Parteien und Stiftungen soweit wie möglich öffentlich bekanntgemacht werden und vollständig und aktualisiert sein sollten;

44.

ist der Ansicht, dass die vom Parlament und der Behörde veröffentlichten Informationen in offenen und maschinenlesbaren Formaten auf nutzerfreundliche Weise präsentiert werden sollten;

45.

ist der Ansicht, dass eine verstärkte Kontrolle der gemeldeten aggregierten Spenden von insgesamt mehr als 3 000 EUR durch die Behörde erhebliche/signifikante externe Einflüsse auf europäische politische Parteien transparenter machen würde; ist der Ansicht, dass die Behörde sich bei dieser Prüfung auf Fälle konzentrieren sollte, in denen sie einen erheblichen und plötzlichen Anstieg der Gesamtzahl kleiner Spenden feststellt;

46.

ist darüber hinaus der Ansicht, dass zur Verbesserung der Transparenz der Finanzierung Spenden desselben Spenders an eine europäische politische Partei, deren nationale Mitgliedsparteien und deren regionale Unterstrukturen von der Behörde veröffentlicht werden sollten; ist ferner der Ansicht, dass spätestens bis zum Haushaltsjahr 2027 geeignete Instrumente zur Verfügung stehen müssen, um sicherzustellen, dass keine Spenden zur Umgehung der Transparenzvorschriften an rechtlich unabhängige Einrichtungen gezahlt werden, die Teil derselben europäischen politischen Partei sind, da ansonsten die aus Gründen der Transparenz geltenden Schwellenwerte überschritten würden;

47.

spricht sich dafür aus, bis zum Kalenderjahr 2027 dafür zu sorgen, dass Spenden eines Spenders an eine europäische politische Partei steuerrechtlich den Spenden an nationale politische Parteien im Wohnsitzland des Spenders gleichgestellt werden;

48.

unterstützt die Idee, die Eigenmittel der europäischen politischen Parteien bei der Berechnung des von der Union finanzierten Betrags stärker zu berücksichtigen;

49.

ist der Ansicht, dass im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit alle Bestimmungen, die für europäische politische Parteien und Stiftungen gelten, einschließlich derjenigen, die derzeit Teil der Haushaltsordnung sind, in einem einzigen Rechtsakt der Union, nämlich der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014, zusammengefasst werden sollten;

50.

ist der Ansicht, dass die Regeln zur Erstattungsfähigkeit von Ausgaben zu eng gefasst sind und dass es europäischen politischen Parteien und Stiftungen gestattet sein sollte, Tätigkeiten zu finanzieren, die nicht nur als interne Veranstaltungen organisiert sind, sondern auch der Allgemeinheit offenstehen, und die dazu beitragen, das politische Bewusstsein für die EU zu schärfen und den Willen der Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen;

51.

schlägt vor, einen echten EU-Rechtsstatus und eine EU-Rechtspersönlichkeit für europäische politische Parteien und Stiftungen zu schaffen, indem Mindestbedingungen für die Struktur und die Arbeitsweise europäischer politischer Parteien und Stiftungen festgelegt werden, die gleichzeitig ihre Unabhängigkeit vom nationalen Recht stärken;

52.

betont insbesondere, dass Maßnahmen aufgenommen werden müssen, mit denen sichergestellt wird, dass europäische politische Parteien nach nationalem Recht der Mitgliedstaaten nicht als ausländische juristische Personen eingestuft werden;

53.

besteht darauf, dass die europäischen politischen Parteien und ihre Mitglieder über eine demokratische Struktur verfügen und die Werte, auf die sich die Union gründet, achten und bei der Auswahl ihrer Parteivorsitzenden und Kandidaten für Wahlen demokratische Verfahren einhalten und Transparenz walten lassen müssen sowie für die Annahme ihrer internen Regeln und ihres politischen Programms demokratische Abstimmungen durchführen müssen;

54.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Verordnung zu überarbeiten, um die Vorschriften über die Registrierung, die Finanzierung, politische Kampagnen und Wahlkämpfe sowie die Mitgliedschaft zu aktualisieren, um die europäischen politischen Parteien zum Sprachrohr für die Bürger in der Politik und Politikgestaltung der EU zu machen und die EU-Bürger näher an die Beschlussfassung der EU heranzuführen;

55.

fordert insbesondere die Überarbeitung der Verordnung, um die Registrierungsbedingungen gemäß Artikel 3 zu lockern und die Mitgliedschaft für alle EU-Bürger zu öffnen, um für eine inklusivere Vertretung der auf EU-Ebene tätigen politischen Parteien zu sorgen;

56.

ist der Ansicht, dass der hybride Status der Behörde geklärt und ihre Struktur neu definiert werden sollte und dass auch die Möglichkeit einer Verwaltungsbeschwerde gegen Entscheidungen der Behörde vorgesehen werden sollte, da Beschwerdeführer nach der geltenden Verordnung nur beim Gerichtshof der Europäischen Union Beschwerde einlegen können;

57.

schlägt vor, eine klare Unterscheidung zwischen der Löschung aus dem Register als letztes Mittel und finanziellen Sanktionen zu treffen und die Kohärenz der Regelungen für finanzielle Sanktionen zu verbessern;

58.

ist der Auffassung, dass die Kohärenz und die Rechtssicherheit einiger Bestimmungen der Verordnung verbessert werden müssen, dass die Gründe für die Löschung aus dem Register weiter ausgearbeitet und präzisiert werden müssen, dass ein gemeinsames Regelwerk für die Veröffentlichung, das Inkrafttreten und die Wirkung von Entscheidungen zur Löschung aus dem Register erforderlich ist und dass die Bestimmungen zur Rückforderung präzisiert werden müssen;

59.

ist der Ansicht, dass die Finanzierungsregeln für die europäischen politischen Parteien und Stiftungen dahingehen angepasst werden müssen, dass sie mit einem Wahlkampf des gesamteuropäischen Wahlkreises bei den Wahlen zum Europäischen Parlament kompatibel sind;

60.

empfiehlt der Kommission, die Datenschutzbestimmungen zu stärken, indem sie diese um Verweise auf die Straftaten gemäß den Artikeln 3 bis 6 der Richtlinie 2013/40/EU über Angriffe auf Informationssysteme (7) ergänzt; begrüßt, dass die Behörde ein Netz nationaler Datenschutzbehörden eingerichtet hat, um das neue Überprüfungsverfahren voll funktionsfähig zu machen;

61.

fordert die Kommission auf, diese Vorschläge bei der Ausarbeitung und Vorlage ihres Vorschlags für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 gebührend zu berücksichtigen;

o

o o

62.

beauftrag seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 1.

(2)  ABl. L 114 I vom 4.5.2018, S. 1.

(3)  ABl. L 85 I vom 27.3.2019, S. 7.

(4)  ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1.

(5)  ABl. C 425 vom 20.10.2021, S. 98.

(6)  Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung (ABl. L 297 vom 15.11.2003, S. 1).

(7)  ABl. L 218 vom 14.8.2013, S. 8.


Top