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Document 52020AE5871
Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions — Making the most of the EU’s innovative potential — An intellectual property action plan to support the EU’s recovery and resilience’ (COM(2020) 760 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Das Innovationspotenzial der EU optimal nutzen — Aktionsplan für geistiges Eigentum zur Förderung von Erholung und Resilienz der EU“ (COM(2020) 760 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Das Innovationspotenzial der EU optimal nutzen — Aktionsplan für geistiges Eigentum zur Förderung von Erholung und Resilienz der EU“ (COM(2020) 760 final)
EESC 2020/05871
ABl. C 286 vom 16.7.2021, p. 59–63
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
16.7.2021 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 286/59 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Das Innovationspotenzial der EU optimal nutzen — Aktionsplan für geistiges Eigentum zur Förderung von Erholung und Resilienz der EU“
(COM(2020) 760 final)
(2021/C 286/11)
Berichterstatter: |
Rudolf KOLBE |
Befassung |
Europäische Kommission, 14.1.2021 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständige Fachgruppe |
Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch |
Annahme in der Fachgruppe |
31.3.2021 |
Verabschiedung auf der Plenartagung |
27.4.2021 |
Plenartagung Nr. |
560 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
241/0/2 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt uneingeschränkt den Aktionsplan der Europäischen Kommission für geistiges Eigentum als einen sehr guten und ganzheitlichen Ansatz zur Modernisierung des Systems des geistigen Eigentums in der EU. |
1.2. |
Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass die Einführung des einheitlichen Patentsystems zu den obersten Prioritäten gehören muss und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU erheblich verbessern wird. Angesichts der offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung sollte das System nach Ansicht des EWSA (langfristig) in das Rechtssystem der EU überführt werden. |
1.3. |
Der EWSA betont, wie wichtig Maßnahmen zur Unterstützung von KMU in allen Bereichen des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums sind. Neben den finanziellen Unterstützungsmaßnahmen muss ein besonderer Schwerpunkt auf den Ausbau des Wissens über Rechte des geistigen Eigentums und auf maßgeschneiderte Beratungsdienste gelegt werden. |
1.4. |
Der EWSA möchte eine Diskussion darüber anstoßen, wie sich das Wissen über die Rechte des geistigen Eigentums und deren Verwaltung auf allen Ebenen der Bildungssysteme in der EU verbessern lassen. |
1.5. |
Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, ein einheitliches ergänzendes Schutzzertifikat (SPC) einzuführen und die Möglichkeit zu prüfen, das SPC-System auf neue Sektoren anzuwenden. |
1.6. |
Nach Auffassung des EWSA würde die Harmonisierung des Urheberrechtsrahmens und der Verwaltung urheberrechtlicher Daten die Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums in der Kreativbranche fördern. |
1.7. |
Der EWSA plädiert für einen sozialen Dialog, bei dem ergänzend zu den Rechtsvorschriften durch Tarifverhandlungen faire Regelungen für Rechte des geistigen Eigentums geklärt und definiert werden, um Urhebern und Erzeugern Anreize in Form der Anerkennung ihrer Schöpfungen und einer gerechten wirtschaftlichen Entschädigung zu bieten. |
1.8. |
Der EWSA hält geografische Angaben für ein wichtiges Instrument zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit lokaler Erzeuger und weist auf das Potenzial hin, das in der Einführung eines harmonisierten Systems für den Schutz geografischer Angaben für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse liegt. |
1.9. |
Der EWSA anerkennt das wirtschaftliche Potenzial der Förderung des Datenflusses in der gesamten EU und das öffentliche Interesse daran, unterstreicht jedoch die Probleme, die sich aus unausgewogenen Regelungen ergeben. |
1.10. |
Der EWSA begrüßt alle Maßnahmen zur Bekämpfung von Schutzrechtsverletzungen und die Stärkung der Rolle des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung beim Vorgehen gegen Nachahmungen. |
1.11. |
Der EWSA spricht sich dafür aus, die Instrumente zur direkten Unterstützung von in Drittländern tätigen EU-Unternehmen und die strikte Durchsetzung der Rechtsvorschriften zum geistigen Eigentum und der Bestimmungen von EU-Handelsabkommen weiter auszubauen, um diese Unternehmen vor Schutzrechtsverletzungen zu bewahren. |
1.12. |
Durch die derzeitige Gesundheitskrise ist deutlich geworden, dass systemrelevantes geistiges Eigentum in kritischen Situationen zugänglich sein muss. Rechte des geistigen Eigentums dürfen den Zugang zu und die Verfügbarkeit von Impfstoffen oder Therapien zur Bekämpfung von Pandemien nicht behindern: Wirksame Systeme für die Erteilung von Zwangslizenzen bieten in Notsituationen ein Sicherheitsnetz für die Gesellschaft und einen gerechten Ausgleich für Unternehmen. |
2. Allgemeine Bemerkungen
2.1. |
Der EWSA begrüßt den Aktionsplan der Europäischen Kommission für geistiges Eigentum als wichtigen Ansatz zur Modernisierung des Systems des geistigen Eigentums in der EU und zur Steigerung des enormen Innovationspotenzials von EU-Unternehmen, insbesondere von KMU und Kleinstunternehmen. Da Produkte des geistigen Eigentums wie Erfindungen, künstlerische und kulturelle Schöpfungen, Marken, Software, Know-how, Geschäftsprozesse und Daten in der EU eine immer größere wirtschaftliche Bedeutung erlangen, hält der EWSA einen optimierten, leicht zugänglichen rechtlichen und politischen Rahmen für unabdingbar. |
2.2. |
Viele Unternehmen, insbesondere KMU, die 99 % aller Unternehmen in der EU ausmachen, nutzen die Möglichkeiten zum Schutz des geistigen Eigentums nicht (in vollem Umfang). Die Förderung des Schutzes geistigen Eigentums in EU-Unternehmen, insbesondere in KMU und Kleinstunternehmen, muss im Zentrum des Aktionsplans für geistiges Eigentum stehen. Die erforderlichen Maßnahmen sind vielfältig und reichen von der Kostensenkung über die Vereinfachung von Verfahren, Sensibilisierung und Information, maßgeschneiderte Beratung und Unterstützung bis hin zur Modernisierung des Bildungssystems mit Blick auf das Wissen über Rechte des geistigen Eigentums. |
2.3. |
Das geistige Eigentum ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor — fast 45 % des europäischen BIP und 30 % der Arbeitsplätze entfallen auf Branchen im Bereich des geistigen Eigentums –, aber auch ein Schlüsselfaktor für die Bewältigung der wichtigsten Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht. Die COVID-19-Krise hat ganz klar die Abhängigkeit der EU von beruflicher Fachkompetenz vor Augen geführt und gezeigt, wie wichtig wirksame Regeln und Instrumente für geistiges Eigentum sind, um eine schnelle Bereitstellung kritischen geistigen Eigentums zu gewährleisten. Eine erfolgreiche Bekämpfung des Klimawandels wird auch in hohem Maße von der raschen Entwicklung und Einführung von Spitzentechnologien und wirksamen Instrumenten für faire Ansätze zum Austausch kritischer immaterieller Vermögenswerte und Daten abhängen. |
2.4. |
Die technologische Revolution ist eine Triebkraft für die Rechte des geistigen Eigentums, aber auch eine Herausforderung, die einen ausgewogenen Ansatz für innovationsorientierte Instrumente erfordert. Bei der Digitalisierung und den Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) sind viele Fragen des geistigen Eigentums zu berücksichtigen, wie Transparenz, Datenherkunft und Urheberrecht, Grad des menschlichen Eingreifens, ethische Grundsätze usw. Der EWSA unterstützt die Auffassung der Europäischen Kommission, dass KI-Systeme nicht wie Autoren oder Erfinder behandelt werden sollten. Generell hält der EWSA den europäischen Rahmen für geistiges Eigentum — mit ausgewogenen Änderungen und Aktualisierungen — für geeignet, um die Herausforderungen der Digitalisierung und der KI zu bewältigen. Da die EU bei der Zahl der Patente für digitale Produkte und Technologien nach wie vor deutlich hinter anderen Regionen zurückliegt, muss den Maßnahmen zur Verbesserung dieses wichtigen Marktes besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. |
3. Besondere Bemerkungen
3.1. Schutz geistigen Eigentums
3.1.1. |
Das einheitliche Patentsystem als zentrale Anlaufstelle für Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung, um die Kosten für Patente erheblich zu senken, die Lizenzierung zu erleichtern, die Transparenz zu erhöhen und die Zugangshindernisse für KMU zu überwinden. Die Einführung des einheitlichen Patentsystems und die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts werden den Schutz des geistigen Eigentums erheblich verbessern und müssen eine Priorität des Aktionsplans sein. Die Vereinfachung der Verfahren wird auch den Gesamtprozess beschleunigen und damit die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Patentinhaber erhöhen. Das Übereinkommen über das Einheitliche Patentgericht bildet eine wichtige Grundlage für ein effizientes, spezialisiertes und fachlich kompetentes Patentgerichtssystem, das Rechtssicherheit, Einfachheit und Effizienz verbessern kann. Die Umsetzungsschwierigkeiten zeigen jedoch, dass das Ziel darin bestehen sollte, das System in das Rechtssystem der EU zu überführen. In der Zwischenzeit müssen weitere Verzögerungen aufgrund von Verfahren in den Mitgliedstaaten und/oder des Rücktritts des Vereinigten Königreichs von dem Übereinkommen dringend angegangen werden. Auch die Tatsache, dass der Anteil der EU an weltweiten Patenten drastisch von 17,4 % im Jahr 2009 auf 11,3 % im Jahr 2019 zurückgegangen ist, zeigt deutlich, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind. |
3.1.2. |
Mit einem ergänzenden Schutzzertifikat (SPC) lässt sich der Patentschutz für ein Arznei- oder Pflanzenschutzmittel, die einer entsprechenden Marktzulassung unterliegen, verlängern. Dies ist daher ein wichtiges Instrument, um den Verlust des effektiven Patentschutzes auszugleichen, der auf die erforderliche Dauer von Tests, klinischen Studien bzw. Feldversuchen und zulassungsrechtlichen Abläufen zurückzuführen ist. Der EWSA hält ergänzende Schutzzertifikate für unabdingbar, um Innovationen durch neue Wirkstoffe wirksam zu fördern und Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in die EU zu bringen, wobei ausgewogene Ausnahmeregelungen zu SPC-Rechten die Erschwinglichkeit und eine ausreichende Versorgung mit Arzneimitteln gewährleisten müssen. Obwohl ergänzende Schutzzertifikate einfach und innovationsfördernd sind, ist das SPC-System nach wie vor fragmentiert, da der Schutz in jedem EU-Mitgliedstaat einzeln beantragt werden muss. Die Einführung eines einheitlichen SPC-Titels und die Einrichtung einer einzigen Behörde als zentrale Anlaufstelle für die Erteilung dieser Zertifikate im Rahmen einer neuen gesonderten EU-Verordnung würde ergänzende Schutzzertifikate für Patentinhaber attraktiver machen, Innovatoren einen besseren Schutz bieten und Rechtssicherheit für Dritte schaffen. Der EWSA unterstützt auch den Ansatz, die Anwendbarkeit eines optimierten SPC-Systems auf neue Sektoren, in denen Produkte wahrscheinlich eine Zulassung benötigen, zu prüfen. |
3.1.3. |
Ausgehend von den bei der Überarbeitung des EU-Markenrechts gesammelten Erfahrungen ist der EWSA überzeugt, dass die aktualisierten EU-Rechtsvorschriften zum Geschmacksmusterschutz erfolgreich umgesetzt werden können. Die positiven Erfahrungen mit der Regelung dieser Fragen durch EU-Rechtsvorschriften sollten die Kommission veranlassen, einen Vorschlag für eine neue, gesonderte Verordnung über ergänzende Schutzzertifikate für einheitliche Patente zu initiieren und langfristig das einheitliche Patentsystem in das Rechtssystem der EU aufzunehmen. |
3.1.4. |
Der EWSA weist darauf hin, dass die geografischen Angaben für die in der EU ansässigen Erzeuger ein einzigartiges und wertvolles Instrument auf dem immer stärker liberalisierten und von Wettbewerb geprägten Weltmarkt darstellen. Das EU-System für den Schutz geografischer Angaben hat im Agrarsektor hohen wirtschaftlichen Wert. Im Allgemeinen funktioniert das System sehr gut, aber der Schutz geografischer Angaben muss noch weiter durchgesetzt werden, beispielsweise durch ein harmonisiertes Kontrollsystem der Behörden und eine gemeinsame Definition des Lebensmittelbetrugs. Auch Handelsabkommen sollten schwerpunktmäßig solche spezifischen Schutzmaßnahmen vorsehen. Der EWSA weist auf das Potenzial hin, das in der Einführung eines harmonisierten Systems für den Schutz geografischer Angaben für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse liegt, die einen wichtigen Bestandteil der lokalen Identität darstellen. Dies würde lokalen Erzeugern helfen, ihre Qualitätserzeugnisse erfolgreicher zu präsentieren, und sich zusätzlich positiv auf weniger entwickelte Regionen auswirken. Darüber hinaus wäre eine Vereinfachung des Eintragungsverfahrens für die Erzeuger von Vorteil. |
3.1.5. |
Das gemeinschaftliche Sortenschutzsystem ist ein weiteres positives Beispiel für einen harmonisierten Ansatz zum Schutz geistigen Eigentums auf der Grundlage einer EU-Verordnung. Es bietet auch kleinen und mittleren Züchtern eine sichere Basis und enthält wichtige Ausnahmeregelungen für Landwirtschaft und Züchter. Die erklärten Ziele des Systems bilden eine gute Grundlage, auf der Züchter wirksam zu den Zielen des ökologischen Wandels beitragen können. |
3.1.6. |
Der EWSA betont die wesentliche Bedeutung des Schutzes von Urheberrechten, Geschmacksmustern und verwandten Rechten für die Kultur- und Kreativberufe, die erheblichen wirtschaftlichen Wohlstand generieren und, beispielsweise mit architektonischen und anderen kulturellen Werken, spürbar zur Identität, Kultur und den Werten Europas beitragen. Die in diesen Bereichen Tätigen verfügen aber häufig nicht über ausreichende Kenntnisse oder Finanzmittel, um geistiges Eigentum zu schützen und Innovationen in Produkte zu überführen. Eine Harmonisierung des Urheberrechts und der Verwaltung von Urheberrechtsdaten ist wichtig und muss mit zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen einhergehen. |
3.1.7. |
Arbeitnehmer, die kreativ tätig sind, und insbesondere Erfinder sind daher potenzielle Rechteinhaber. Daher ist es äußerst wichtig, einen sozialen Dialog auf europäischer, nationaler, sektoraler oder Unternehmensebene einzurichten, bei dem ergänzend zu den Rechtsvorschriften durch Tarifverhandlungen faire Regelungen für Rechte des geistigen Eigentums geklärt und definiert werden, um Urhebern und Erzeugern Anreize in Form der Anerkennung ihrer Schöpfungen und einer gerechten wirtschaftlichen Entschädigung zu bieten. Vereinbarungen über die Übertragung von Urheberrechten sollten nicht als Verpflichtung angesehen werden, das gesamte geistige Eigentum ohne angemessene Entschädigung auf den Arbeitgeber zu übertragen. |
3.1.8. |
Die Biotechnologie-Richtlinie bietet einen wichtigen Rahmen für den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Es geht darin um politisch und ethisch sensible Themen, weshalb sie das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung sehr kontroverser Interessen darstellt. Die rasche Entwicklung der Biotechnologie ist jedoch auch im Gesundheitswesen sowie für die Bekämpfung schwerer Epidemien und des Hungers in der Welt erforderlich. Daher ist es wichtig, Forschung und Innovation in diesen Bereichen weitreichend zu fördern, aber auch effizient zu verbreiten und zu lizenzieren. |
3.1.9. |
Geschäftsgeheimnisse sind immaterielle Vermögenswerte, welche die Rechte des geistigen Eigentums ergänzen. Sie werden im kreativen Prozess, der zu Innovationen und der Schaffung von Rechten des geistigen Eigentums führt, weithin genutzt, weshalb die Gewährleistung ihres wirksamen Schutzes unabdingbar ist. Nach Ansicht des EWSA ist es deshalb ein wichtiges Ziel, die mit der Richtlinie (EU) 2016/943 (1) gelegte Grundlage zu klären. |
3.2. Nutzung und Verbreitung von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere durch KMU
3.2.1. |
Der EWSA sieht in der verstärkten Nutzung des Potenzials für den Schutz geistigen Eigentums durch KMU eines der Hauptziele des Aktionsplans, das sich auf die verschiedenen Systeme zum Schutz des geistigen Eigentums auswirkt. Zwar gibt es in KMU und Kleinstunternehmen in der EU großes Innovationspotenzial, doch kann die überwiegende Mehrheit ihren immateriellen Vermögenswerten keinen Mehrwert verleihen. |
3.2.2. |
Der Kostenfaktor ist ein Grund dafür, dass nur 9 % der KMU in der EU eingetragene Rechte des geistigen Eigentums haben. Die Patentierungskosten sind derzeit in der EU erheblich höher als beispielsweise in den USA oder Japan und stellen eine enorme finanzielle Belastung für KMU und Kleinstunternehmen dar. Um den Zugang von KMU zum Schutz geistigen Eigentums zu verbessern, müssen die Kosten daher gesenkt werden. Durch die rasche Einführung des einheitlichen Patentsystems, durch das die Kosten für die Patenteintragung erheblich sinken werden, dürfte sich hier das Blatt für innovative KMU und Kleinstunternehmen wie freiberufliche Ingenieurbüros wenden. Zudem unterstreicht der EWSA, dass alle unterschiedlichen Ansätze für die finanzielle und fachliche Unterstützung von KMU wichtig sind: die Gutscheine des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum („IP-Voucher“), die Unterstützung von KMU bei der Nutzung ihres geistigen Eigentums für den Zugang zu Finanzmitteln, das IPA4KMU-Programm, mit dem bis zu 15 000 EUR für die Kofinanzierung von Diagnose und Schutzmaßnahmen im Bereich des geistigen Eigentums bereitgestellt werden, usw. Darüber hinaus weist der EWSA auf die wichtige Rolle von Patentanwälten in diesem Unterstützungssystem hin. |
3.2.3. |
Nach Ansicht des EWSA besteht eines der großen Probleme darin, dass die Unternehmen in der EU, insbesondere, aber nicht nur KMU und Kleinstunternehmen, viel zu wenig über die Strategien zur Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums wissen. Deshalb ist die Bereitstellung leicht zugänglicher allgemeiner und maßgeschneiderter Informationen, Unterstützung und Beratung für KMU und Kleinstunternehmen, wie sie über eine Vielzahl von Programmen und Initiativen wie den Europäischen Helpdesk für Fragen des geistigen Eigentums sowie über verschiedene Kanäle und Netzwerke erfolgt, von großer Bedeutung für die Bewältigung dieser Herausforderung und sollte weiter ausgebaut werden. Unternehmer müssen für das Potenzial der Rechte des geistigen Eigentums u. a. durch verschiedene, leicht zugängliche Schulungsprogramme sensibilisiert werden. Der EWSA schlägt vor, nach Wegen zu suchen, wie sich die Zahl qualifizierter Manager für Rechte des geistigen Eigentums in EU-Unternehmen erhöhen lässt. |
3.2.4. |
Darüber hinaus möchte der EWSA eine Diskussion darüber anstoßen, wie sich das Wissen über Rechte des geistigen Eigentums und deren Verwaltung im Rahmen der Bildungssysteme in der EU verbessern lassen: Grundkenntnisse auf diesem Gebiet und die entsprechende Sensibilisierung sollten in die Sekundar- und Hochschulbildung integriert und fundierte einschlägige Kenntnisse in die Lehr- und Studienpläne für wirtschaftswissenschaftliche, technische und zahlreiche andere Ausbildungs- und Studiengänge aufgenommen werden. Die Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums sollte in der Hochschulbildung auch als eigenständiges Fach angeboten werden. Der EWSA ist davon überzeugt, dass sich der Schutz des geistigen Eigentums durch Stärkung des verfügbaren Know-hows verbessern lässt. |
3.2.5. |
Es liegt auf der Hand, wie wichtig es ist, Forschungsergebnisse in Innovationen zu überführen; deshalb begrüßt der EWSA alle Maßnahmen, die den Wissenstransfer und ein besseres Management von geistigem Eigentum in der FuI-Gemeinschaft fördern. KMU und Kleinstunternehmen sind in Projektkonsortien häufig kleine Partner und benötigen in dieser Rolle eine bessere Unterstützung, um Rechte des geistigen Eigentums in Produkte zu überführen und ihre Rechte innerhalb solcher Konsortien zu schützen. Dies sollte ein besonderer Schwerpunkt von Förderprogrammen sein, die maßgeschneiderte Beratung und Unterstützung bieten. |
3.3. Zugang zu und gemeinsame Nutzung von durch Rechte des geistigen Eigentums geschützten Vermögenswerten
3.3.1. |
Durch die derzeitige Gesundheitskrise ist deutlich geworden, dass systemrelevantes geistiges Eigentum in kritischen Situationen zugänglich sein muss. Rechte des geistigen Eigentums dürfen den Zugang zu und die Verfügbarkeit von Impfstoffen oder Therapien zur Bekämpfung von Pandemien nicht behindern. Die Wirkung der mit europäischen öffentlichen Mitteln durchgeführten Forschung sollte maximiert werden, indem sichergestellt wird, dass das daraus resultierende Wissen und geistige Eigentum geteilt werden. Wirksame Systeme für die Erteilung von Zwangslizenzen in Notsituationen bilden ihrerseits ein Sicherheitsnetz für die Gesellschaft. Die einschlägigen Verfahren müssen auf einer sorgfältigen Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen beruhen, schnell sein und auf europäischer Ebene koordiniert werden, um den Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit bestmöglich gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang möchte der EWSA auch die Bedeutung der Verordnung (EG) Nr. 816/2006 über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von Arzneimitteln für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit (2) hervorheben. |
3.3.2. |
Mehr Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen und der Verwaltung von geistigem Eigentum ist eine Voraussetzung für die Erleichterung seiner Lizenzierung und Verbreitung. In diesem Zusammenhang möchte der EWSA zudem darauf hinweisen, dass das einheitliche Patentsystem rasch umgesetzt werden muss und es wichtig ist, die Urheberrechtsinfrastruktur in Bezug auf Informationen über Rechteinhaber, Nutzungsbedingungen und Lizenzoptionen, auch für Blockchain-Technologie, zu verbessern. |
3.3.3. |
Da es sich bei der Normung um einen Prozess mit zahlreichen unterschiedlichen Interessenträgern handelt, erfordern standardessenzielle Patente ein besonders hohes Maß an Transparenz und fairen Lizenzregelungen. Der EWSA unterstützt daher Ansätze für ein unabhängiges System zur Überprüfung der Wesentlichkeit durch Dritte sowie Maßnahmen zur Verringerung von Verstößen und Reibungspunkten. |
3.3.4. |
Der EWSA erkennt das wirtschaftliche Potenzial an, das die Förderung des Datenaustauschs und des Datenflusses innerhalb der EU in allen Sektoren birgt, betont jedoch, dass die Ermöglichung des Datenflusses und der umfassenden Nutzung von Daten auf einem ausgewogenen Ansatz beruhen muss, der Datenschutz, Sicherheit, ethische Standards und legitime Interessen beim Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet. Dies gilt es bei der Überarbeitung der Datenbankrichtlinie (3) im Jahr 2021 sicherzustellen. |
3.4. Schutzrechtsverletzungen
3.4.1. |
Eine wirksame Rechtsdurchsetzung und ein effektiver Rechtsschutz sind die Hauptkriterien für ein erfolgreiches System zum Schutz geistigen Eigentums und müssen daher erheblich gestärkt werden. Der EWSA unterstreicht, dass Patentrechte durch die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts künftig wesentlich besser durchgesetzt werden können und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums auch in anderen einschlägigen Systemen (z. B. Versicherungen) durch praktische und/oder rechtliche Maßnahmen erheblich gestärkt werden muss. Insbesondere KMU und Kleinstunternehmen verfügen häufig nicht über die Mittel, um ihre Rechte des geistigen Eigentums durchzusetzen. |
3.4.2. |
Die Digitalisierung hat zu neuen Formen von Schutzrechtsverletzungen wie Cyberdiebstahl von Geschäftsgeheimnissen, illegalem Streaming usw. geführt. Der EWSA befürwortet verbindliche Vorschriften, wie das Gesetz über digitale Dienste (4), die einen besseren Rechtsrahmen gewährleisten. |
3.4.3. |
Nachahmungen und Produktpiraterie führen zu enormen Umsatzeinbußen in der EU, sind aber auch eine Bedrohung für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher. Der EWSA begrüßt die Zusammenarbeit aller Interessenträger, die Schaffung eines EU-Instrumentariums und die Stärkung der Rolle des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung beim Vorgehen gegen Nachahmungen. |
3.5. Fairness auf globaler Ebene
3.5.1. |
Die EU ist im weltweiten Wettbewerb im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums nicht führend. Der Anteil Asiens an allen weltweiten Patentanmeldungen stieg 2019 auf 65 %, während der Anteil der EU drastisch von 17,4 % (2009) auf 11,3 % zurückging. Daher ist es äußerst wichtig, die Position der EU zu stärken. |
3.5.2. |
Der Schutz und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums stellen eine zusätzliche Herausforderung für EU-Unternehmen dar, die in Drittländern tätig sind. Deshalb spricht sich der EWSA für alle Maßnahmen der Kommission aus, die darauf abzielen, diese Situation zu verbessern. Die Aufnahme von Kapiteln über geistiges Eigentum mit einem hohen Schutzniveau bei den Verhandlungen über Freihandelsabkommen und im entsprechenden Dialog mit Handelspartnern sind ebenso wichtige langfristige Ansätze wie die Zusammenarbeit in globalen Organisationen, wie der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) und der WTO, und die Beteiligung an einschlägigen globalen Übereinkommen. |
3.5.3. |
Der EWSA betont, wie wichtig direkte Unterstützungsinstrumente sind, mit denen in Drittländern tätigen EU-Unternehmen Informationen zur Verfügung gestellt werden, wie etwa die Überprüfung ausländischer Investitionen, die Beobachtungsliste „Produkt- und Markenpiraterie“ und der Bericht über Drittländer. Maßnahmen wie KMU-Helpdesks im Bereich des geistigen Eigentums zur Unterstützung von KMU und Kleinstunternehmen haben besondere Bedeutung und sollten weiterentwickelt werden. |
Brüssel, den 27. April 2021
Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Christa SCHWENG
(1) ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1.
(2) ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 1.
(3) ABl. L 77 vom 27.3.1996, S. 20.
(4) COM(2020) 825 final.