Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52017IP0086

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. März 2017 zu Simbabwe, dem Fall des Pastors Evan Mawarire und anderen Fällen der Einschränkung der Meinungsfreiheit (2017/2608(RSP))

    ABl. C 263 vom 25.7.2018, p. 106–108 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.7.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 263/106


    P8_TA(2017)0086

    Zimbabwe, der Fall von Pastor Evan Mawarire

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. März 2017 zu Simbabwe, dem Fall des Pastors Evan Mawarire und anderen Fällen der Einschränkung der Meinungsfreiheit (2017/2608(RSP))

    (2018/C 263/14)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Simbabwe,

    unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene Erklärung der EU vom 30. Juni 2016 zur lokalen Verwaltung,

    unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene Erklärung der EU vom 12. Juli 2016 zu Gewalt,

    unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene gemeinsame Erklärung der EU vom 9. März 2017 zur Verschleppung von Itai Dzamara,

    unter Hinweis auf die Pressemitteilung der Menschenrechtskommission von Simbabwe zu öffentlichen Protesten und polizeilichem Vorgehen,

    unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2016/220 des Rates vom 15. Februar 2016 (1), mit dem die restriktiven Maßnahmen der EU gegen Simbabwe bis zum 20. Februar 2017 verlängert wurden,

    unter Hinweis auf die am 19. Februar 2014 im Namen der EU abgegebene Erklärung der Hohen Vertreterin zur Überprüfung der Beziehungen zwischen der EU und Simbabwe,

    unter Hinweis auf das 2008 von den drei größten Parteien — ZANU-PF, MDC-T und MDC — unterzeichnete umfassende politische Abkommen,

    unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates der Europäischen Union vom 23. Juli 2012 zu Simbabwe und den Durchführungsbeschluss 2012/124/GASP des Rates vom 27. Februar 2012 zur Durchführung des Beschlusses 2011/101/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Simbabwe (2),

    unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker vom Juni 1981, die von Simbabwe ratifiziert wurde,

    unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

    unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom Dezember 1948,

    unter Hinweis auf die Verfassung von Simbabwe,

    unter Hinweis auf das Cotonou-Abkommen,

    gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass die Bevölkerung Simbabwes seit vielen Jahren unter einem autoritären Regime unter Führung von Präsident Mugabe leidet, das sich durch Korruption, Gewalt, von Unregelmäßigkeiten geprägte Wahlen und einen brutalen Sicherheitsapparat an der Macht hält; in der Erwägung, dass die Bevölkerung Simbabwes seit Jahrzehnten keine wirkliche Freiheit erlebt hat und viele unter Dreißigjährige daher nur ein Leben in Armut und gewaltsamer Unterdrückung kennen;

    B.

    in der Erwägung, dass die von Evan Mawarire — einem Pastor und Menschenrechtsverteidiger aus Harare — in den sozialen Medien gegründete unabhängige Bewegung mit dem Namen #ThisFlag während der Proteste des vergangenen Jahres gegen die Untätigkeit der Regierung mit Blick auf Korruption, Straffreiheit und Armut den Missmut der Bürger gegenüber dem Mugabe-Regime befeuert hat; in der Erwägung, dass Pastor Mawarire die Regierung aufgefordert hat, sich um die im Niedergang befindliche Wirtschaft zu kümmern und die Menschenrechte zu achten; in der Erwägung, dass die #ThisFlag-Bewegung von Kirchen und dem Mittelstand, der sich bislang eher nicht an den Straßenprotesten beteiligt hatte, unterstützt wird;

    C.

    in der Erwägung, dass Pastor Evan Mawarire bereits einmal unter dem Vorwurf der Anstiftung zu öffentlicher Gewalt verhaftet wurde, im Juli 2016 wieder freikam und im selben Monat Simbabwe verließ, da er um die Sicherheit seiner selbst und seiner Familie fürchtete;

    D.

    in der Erwägung, dass Pastor Evan Mawarire am 1. Februar 2017 bei seiner Rückkehr nach Simbabwe am Flughafen von Harare festgenommen wurde; in der Erwägung, dass ihm ursprünglich der „Sturz einer verfassungsmäßigen Regierung“ nach Paragraf 22 des Strafgesetzbuches vorgeworfen wurde, bei dem es sich um einen Straftatbestand handelt, für den eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren verhängt werden kann; in der Erwägung, dass am 2. Februar 2017 ein weiterer Anklagepunkt hinzukam, nämlich die Verunglimpfung der Nationalflagge nach Paragraf 6 der Rechtsvorschriften über die simbabwische Nationalflagge; in der Erwägung, dass Pastor Mawarire nach neun Tagen in Gewahrsam nur gegen Kaution wieder freigelassen wurde;

    E.

    in der Erwägung, dass die Menschenrechtskommission Simbabwes in einer öffentlichen Erklärung ihre tiefe Besorgnis über die Brutalität und das gewaltsame Vorgehen der Polizei zum Ausdruck brachte, angab, die Grundrechte von Demonstranten wären missachtet worden, und die Staatsorgane Simbabwes aufforderte, Ermittlungen einzuleiten und die Verantwortlichen gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen;

    F.

    in der Erwägung, dass Itai Dzamara — ein Journalist und politischer Aktivist — am 9. März 2015 von fünf unbekannten Männern aus einem Friseurgeschäft in Harare verschleppt wurde; in der Erwägung, dass der Gerichtshof die Regierung anwies, nach Itai Dzamara zu suchen und so lange alle zwei Wochen über die Fortschritte zu informieren, bis der Aufenthaltsort von Itai Dzamara ermittelt ist; in der Erwägung, dass das Schicksal von Itai Dzamara nach wie vor ungeklärt ist;

    G.

    in der Erwägung, dass Promise Mkwananzi, der Anführer der sozialen Bewegung #Tajamuka, die am Streik im Juli 2016 beteiligt war, vor dem Aufruf zum für den 31. August 2016 geplanten „Streik 3.0“ unter dem Vorwurf der Anstiftung zu öffentlicher Gewalt festgenommen wurde und gegen Kaution wieder freikam; in der Erwägung, dass Linda Masarira — eine weitere #Tajamuka-Aktivistin, die zuvor im Mai 2015 festgenommen und ohne Kaution freigelassen worden war — während der Proteste im Juli 2016 erneut verhaftet wurde;

    H.

    in der Erwägung, dass die restriktiven Maßnahmen der EU gegen das Regime von Simbabwe im Februar 2017 bis zum 20. Februar 2018 verlängert wurden; in der Erwägung, dass die Vermögen von Präsident Mugabe, Grace Mugabe und dem Unternehmen „Zimbabwe Defence Industries“ eingefroren bleiben und weiterhin Reiseverbote in Kraft sind; in der Erwägung, dass das Waffenembargo bestehen bleibt; in der Erwägung, dass die EU Restriktionen gegen 78 natürliche und acht juristische Personen aufgehoben hat;

    I.

    in der Erwägung, dass Simbabwe das Cotonou-Abkommen unterzeichnet hat, in dessen Artikel 9 festgelegt ist, dass die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen den AKP-Staaten und der EU ist;

    J.

    in der Erwägung, dass dem Nationalen Richtprogramm (NRP) für Simbabwe im Rahmen des elften Europäischen Entwicklungsfonds 234 Mio. EUR für den Zeitraum 2014–2020 zugewiesen wurden, die in erster Linie für drei Bereiche (Gesundheitswesen, auf die Landwirtschaft gestützte wirtschaftliche Entwicklung sowie Staatsführung und Aufbau von Institutionen) bestimmt sind;

    1.

    bedauert die Festnahme von Pastor Evan Mawarire; betont, dass seine Freilassung gegen Kaution nicht ausreicht und dass die politisch motivierten Anklagepunkte gegen ihn vollständig fallen gelassen werden müssen;

    2.

    fordert die simbabwischen Behörden auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Strafgerichtsbarkeit nicht zur Ermittlung, Schikanierung und Einschüchterung von Menschenrechtsverteidigern wie Pastor Evan Mawarire missbraucht wird;

    3.

    ist der Ansicht, dass Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit wesentliche Bestandteile einer jeden Demokratie sind; betont, dass die gewaltfreie Äußerung einer Meinung ein in der Verfassung verankertes Recht aller Bürger Simbabwes ist, und erinnert die staatlichen Organe an ihre Verpflichtung, die Rechte sämtlicher Bürger zu schützen;

    4.

    ist zutiefst besorgt über die Berichte von Menschenrechtsorganisationen über politische Gewalt sowie restriktive Maßnahmen gegenüber und die Einschüchterung von Menschenrechtsverteidigern; bedauert, dass seit den letzten Wahlen und der Annahme der neuen Verfassung im Jahr 2013 im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit und insbesondere die Reform im Bereich der Menschenrechte kaum Fortschritte erzielt wurden;

    5.

    fordert die staatlichen Organe Simbabwes auf, den Aufenthaltsort von Itai Dzamara zu ermitteln und dafür zu sorgen, dass die für seine Verschleppung Verantwortlichen von der Justiz zur Rechenschaft gezogen werden; stellt fest, dass die gewaltfreie Äußerung einer Meinung ein in der Verfassung verankertes Recht aller Bürger Simbabwes ist und dass die Staatsorgane verpflichtet sind, die Rechte sämtlicher Bürger zu schützen;

    6.

    bekundet außerdem seine Besorgnis über den Fall Linda Masarira, die aufgrund von Anklagepunkten im Zusammenhang mit öffentlicher Gewalt im Anschluss an den landesweiten Streik vom 6. Juli 2016 verurteilt wurde; fordert die Regierung Simbabwes auf, Zurückhaltung zu üben und die Menschenrechte aller Bürger des Landes einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit zu achten; erinnert die Regierung an ihre Verantwortung mit Blick darauf, dass sie die Verfassung achten und befolgen muss und nicht unterhöhlen darf und dass sie unterschieds- und ausnahmslos allen Bürgern Simbabwes dienen muss;

    7.

    fordert die EU-Delegation in Harare auf, auch künftig Simbabwe Unterstützung anzubieten, damit die Menschenrechtslage verbessert wird, und die Möglichkeiten der Ausrichtung einer EU-Wahlbeobachtungsmission zu analysieren;

    8.

    betont erneut, dass die EU im Rahmen des Cotonou-Abkommens einen politischen Dialog mit den Staatsorganen Zimbabwes einleiten muss, und bekräftigt dadurch die Zusage der EU, die Bevölkerung vor Ort zu unterstützen;

    9.

    beharrt darauf, dass die EU dafür sorgen muss, dass die Simbabwe für sein Nationales Richtprogramm zugewiesene Finanzhilfe tatsächlich in den betreffenden Bereichen eingesetzt wird, und fordert die Regierung Simbabwes auf, der Kommission ungehinderten Zugang zu den von der EU finanzierten Projekten zu ermöglichen und sich technischer Unterstützung für gemeinsam vereinbarte Projekte und Programme gegenüber aufgeschlossener zu zeigen;

    10.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EAD, der Regierung und dem Parlament Simbabwes, den Regierungen der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika und der Afrikanischen Union zu übermitteln.

    (1)  ABl. L 40 vom 17.2.2016, S. 11.

    (2)  ABl. L 54 vom 28.2.2012, S. 20.


    Top