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Document 52015DP0235

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. Juni 2015 über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Udo Voigt (2015/2072(IMM))

ABl. C 407 vom 4.11.2016, p. 98–99 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

4.11.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 407/98


P8_TA(2015)0235

Antrag auf Aufhebung der Immunität von Udo Voigt

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. Juni 2015 über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Udo Voigt (2015/2072(IMM))

(2016/C 407/15)

Das Europäische Parlament,

befasst mit einem vom Vorsitzenden Richter am Kammergericht Berlin (Aktenzeichen (3) 161 Ss 189/14 (14/15)) am 9. Februar 2015 übermittelten und am 25. März 2015 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Udo Voigt,

nach Anhörung von Udo Voigt gemäß Artikel 9 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

gestützt auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union, sowie auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,

unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013 (1),

unter Hinweis auf Artikel 46 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland,

gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0192/2015),

A.

in der Erwägung, dass der Vorsitzende Richter am Kammergericht Berlin die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Udo Voigt im Zusammenhang mit einer Anklage wegen einer angeblichen Straftat beantragt hat;

B.

in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;

C.

in der Erwägung, dass Artikel 46 Absatz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vorsieht, dass wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden darf, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor;

D.

in der Erwägung, dass Udo Voigt wegen Volksverhetzung und Kollektivbeleidigung in einer von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands herausgegebenen Publikation während der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006, für die er als Parteivorsitzender verantwortlich war, angeklagt ist;

E.

in der Erwägung, dass die Anklage eindeutig keinen Zusammenhang mit dem Amt von Udo Voigt als Mitglied des Europäischen Parlaments aufweist und auf sein Amt als Vorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands zurückzuführen ist;

F.

in der Erwägung, dass die mutmaßlichen Handlungen keinen Zusammenhang mit einer in Ausübung des Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgten Äußerung oder Abstimmung im Sinne des Artikels 8 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union aufweisen, und unter Berücksichtigung dessen, dass die Anklage sich auf Handlungen bezieht, die 2006 stattgefunden haben sollen, also deutlich vor der Wahl von Udo Voigt zum Mitglied des Europäischen Parlaments im Jahr 2014;

G.

in der Erwägung, dass Udo Voigt vorträgt, die Länge des Verfahrens, das 2006 eröffnet worden sei, demonstriere den Wunsch, seine parlamentarische Arbeit zu behindern; in der Erwägung, dass der vorliegende Antrag auf Aufhebung der Immunität jedoch auf die Fortsetzung des Verfahrens zurückzuführen ist, die auf einem von Udo Voigt selbst eingelegten Rechtsmittel beruht, und auf diese Einrede daher der Grundsatz nemo auditur propriam turpitudinem allegans Anwendung findet;

H.

in der Erwägung, dass es in Bezug auf das Verfahren keinen Anhaltspunkt für den Versuch, die parlamentarische Arbeit von Udo Voigt zu behindern (fumus persecutionis), geben kann, da das Verfahren einige Jahre vor seiner Mitgliedschaft im Europäischen Parlament eingeleitet wurde;

1.

beschließt, die Immunität von Udo Voigt aufzuheben;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich dem Kammergericht Berlin und Udo Voigt zu übermitteln.


(1)  Urteil des Gerichtshofs vom 12. Mai 1964 in der Rechtssache 101/63, Wagner/Fohrmann und Krier, ECLI:EU:C:1964:28; Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 149/85, Wybot/Faure und andere, ECLI:EU:C:1986:310; Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008 in der Rechtssache T-345/05, Mote/Parlament, ECLI:EU:T:2008:440; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008 in den verbundenen Rechtssachen C-200/07 und C-201/07, Marra/De Gregorio und Clemente, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010 in der Rechtssache T-42/06, Gollnisch/Parlament, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011 in der Rechtssache Patriciello, C-163/10, ECLI: EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013 in den verbundenen Rechtssachen T-346/11 und T-347/11, Gollnisch/Parlament, ECLI:EU:T:2013:23.


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