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Document 52012AE1036

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Risikokapitalfonds“ COM(2011) 860 final — 2011/0417 (COD)

ABl. C 191 vom 29.6.2012, p. 72–75 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 191/72


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Risikokapitalfonds“

COM(2011) 860 final — 2011/0417 (COD)

2012/C 191/13

Berichterstatterin: Anna NIETYKSZA

Der Rat und das Europäische Parlament beschlossen am 20. Januar bzw. am 17. Januar 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Risikokapitalfonds

COM(2011) 860 final — 2011/0417 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 17. April 2012 an.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 480. Plenartagung am 25./26. April 2012 (Sitzung vom 26. April) mit 131 gegen 2 Stimmen bei 5 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds, in der die Einführung eines gesetzlichen europaweiten Investitionsinstruments unter Verwendung eines einheitlichen Emittentenpasses vorgeschlagen wird. Damit soll dazu beigetragen werden, dass europäische Risikokapitalfonds für internationale Anleger attraktiver werden und der Zugang innovativer kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu Finanzierungsmöglichkeiten erleichtert wird. In der Verordnung wird Folgendes festgelegt: einheitliche Vorschriften für die Kategorien von Anlegern, einheitliche Anforderungen an die Verwalter von Organismen für gemeinsame Anlagen, die die Bezeichnung „Europäischer Risikokapitalfonds“ verwenden, sowie Anforderungen im Hinblick auf das Anlageportfolio, die Anlagetechniken und die Unternehmen, die als Zielgruppe für einen qualifizierten Fonds in Frage kommen.

1.2   Die Initiative trägt den Zielen der übergreifenden Strategie Europa 2020 und der Binnenmarktakte Rechnung und soll gewährleisten, dass Risikokapitalfonds, die in einem Mitgliedstaat registriert sind, bis 2012 EU-weit ungehindert investieren und innovative EU-Unternehmen sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen nachhaltig finanzieren können.

1.3   Die Verordnung über europäische Risikokapitalfonds soll Investitionen in Risikokapitalfonds mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat für internationale Privatanleger, einschließlich Privatpersonen, attraktiver machen. Sie ist von großer Bedeutung, da der europäische Risikokapitalsektor sehr stark von öffentlichen Finanzmitteln abhängt. So sind mehr als 50 % der Mittel Beiträge der öffentlichen Hand. Der EWSA ist der Auffassung, dass sich die Behörden stattdessen auf die Schaffung eines stabilen Regelungsrahmens konzentrieren sollten.

1.4   In der Verordnung werden hinsichtlich der Kategorien von Anlegern, die in Europäische Risikokapitalfonds investieren dürfen, einheitliche Vorschriften vorgeschlagen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen flexibler sein und den Anforderungen internationaler Privatanleger Rechnung tragen, so dass sie grenzüberschreitende Anlagen tätigen können. Wenn das für europäische KMU verfügbare Kapital erhöht werden soll, müssen diese Maßnahmen nach Auffassung des EWSA sowohl nichteuropäische als auch europäische Anleger ansprechen.

1.5   Im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Vorschriften wie Basel III, CRD IV und Solvabilität ist der europäische Pass für Risikokapitalfonds mit Blick auf die Investitionen wichtiger privater Kapitalgeber in die Risikokapitalbranche von großer Bedeutung: Banken, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften, die nur begrenzt in innovative KMU investieren, die als hochriskante Anlagen gelten.

1.6   Der EWSA begrüßt insbesondere die vorgesehene Rolle der europäischen Risikokapitalfonds bei der Unterstützung der Schaffung von Arbeitsplätzen in europäischen innovativen High-Tech-KMU. Die Fonds, deren verwaltete Vermögenswerte insgesamt nicht über einen Schwellenwert von 500 Mio. EUR hinausgehen sollten, müssen mindestens 70 % des aggregierten eingebrachten Kapitals direkt für KMU vorsehen und Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Finanzinstrumente für KMU zur Verfügung stellen.

1.7   Der EWSA begrüßt ferner die einheitlichen Anforderungen für die Fondsregistrierung in ganz Europa sowie den europaweiten Verwaltungspass. Damit sollen grenzüberschreitende Investitionen und die Einhaltung der Anforderungen durch die Unternehmen sowie die organisatorischen und ethischen Anforderungen an europäische Fondsverwalter erleichtern werden.

1.8   Nichtsdestotrotz verweist der EWSA auf einige Schwächen, die die zu erwartende Wirkung mindern könnten, wie z.B. die Begrenzung des Anlagebereichs des qualifizierten Risikofonds, der ausschließlich auf Investitionen in Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente beschränkt wird, die direkt von einem Unternehmen emittiert werden (z.B. neu ausgegebene Anteile oder andere Formen der Beteiligung). Der EWSA schlägt vor, die Verordnung auch auf Anteile in anderen europäischen Risikokapitalfonds sowie Dachfonds auszuweiten, womit das gesamte Investitionskapital für KMU erhöht werden könnte.

1.9   Solche Beschränkungen des Geltungsbereichs der Verordnung haben zur Folge, dass ein sogenannter Dachfonds keinen Anspruch auf einen europaweiten Pass hat.

1.10   Der EWSA verweist darauf, dass das Problem der steuerlichen Transparenz von Investitionsinstrumenten (die ausschlaggebend ist, wenn Risikokapital- oder Private-Equity-Investitionen wirksam durchgeführt werden sollen), mit der Einführung des europäischen Passes nicht gelöst ist. Es wäre zweckmäßig, das Problem der grenzübergreifenden steuerlichen Hindernisse bei Risikokapitalanlagen zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen.

1.11   Der EWSA betont, dass sich ein wirksames Investitionsinstrument dadurch auszeichnet, dass es unterschiedlichen Anlegern die Möglichkeit gibt, gemeinsame Investitionen zu tätigen, und gleichzeitig eine steuerliche Optimierung gewährleistet, insbesondere was die Vermeidung der Doppelbesteuerung anbelangt (gemeint ist hier die Steuer auf Portfolio-Investitionen und die Steuer auf Ausschüttungen an die Fondsanleger).

1.12   Der EWSA spricht sich in Bezug auf die Umsetzung der Schwellenwertanforderungen für einen Übergangszeitraum aus, um den unterschiedlichen Einkommensniveaus in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

1.13   Nach Auffassung des EWSA sollten europäische Risikokapitalfonds eine geschlossene Struktur sein, die mindestens 70 % des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals in Vermögenswerte investiert, die qualifizierte Anlagen sind, um zu gewährleisten, dass die Anteile nicht in bar oder in Sicherheiten rückzahlbar sind, bis sie liquidiert werden. Darüber hinaus sollten europäische Risikokapitalfonds ihren Sitz in der Europäischen Union haben, um die Entstehung von Fonds zu verhindern, die von einem EU-Verwalter für die Zwecke der Steuerumgehung in Steueroasen verwaltet werden.

1.14   Der Anlegerschutz sollte gestärkt werden, indem ein Verwahrer ernannt wird, der für die Gewährleistung der sicheren Verwahrung der Vermögenswerte, der Überwachung des Cashflow und der Aufsichtsfunktionen zuständig ist. Die OGAW-Richtlinie schreibt die Benennung einer Verwahrstelle für gemeinsame Anlagen vor.

1.15   Der EWSA verweist auf die besondere Bedeutung des Einsatzes von EU-Fonds für den Risikokapitalmarkt sowie darauf, dass Unternehmen in der Gründungs- und Anfangsphase, in die angesichts der damit verbundenen Risiken kein Privatkapital fließt, über Finanzierungsmöglichkeiten verfügen müssen.

1.16   Die in der Verordnung vorgeschlagene Einführung eines europäischen Passes für Risikokapitalfonds ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dieser Vorschlag sollte jedoch ergänzt und ausgeweitet werden, um zu vermeiden, dass die Wirkung weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

2.   Der Risikokapital- und Private-Equity-Markt in Europa

2.1   Die vorgeschlagene Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates wurde auf der Grundlage einer spezifischen Bewertung erarbeitet. Im Dokument heißt es, dass der Risikokapitalmarkt in Europa im Vergleich zum amerikanischen Markt schwach ist. Der europäische Markt ist viel kleiner, in zahlreiche nationale Märkte zergliedert und nicht einheitlich geregelt. Nur einige Mitgliedstaaten verfügen über spezielle Regelungen für Risikokapitalfonds mit Bestimmungen zu Portfolio-Zusammensetzung, Anlagetechniken und zulässigen Anlageobjekten. Dies bedeutet, dass es für Kapitalgeber wie Einzelpersonen, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften schwierig und kostspielig ist, Finanzmittel in Risikokapital zu lenken.

2.2   Traditionell schneiden britische Fondsverwalter in Bezug auf die Beschaffung und die Anlage von europäischem Kapital auf dem Risiko- und Private-Equity-Markt am besten ab. Die Briten konnten systematisch rund 30 % der Fonds vom Markt für neue Investitionen beschaffen, im Jahr 2009 sogar 34 %. Im Spitzenjahr 2007 tätigten britische Fondsverwalter Investitionen in Höhe von 34 Mrd. EUR, was 46 % aller europäischen Investitionen entsprach. Im Krisenjahr 2009 waren es 9 Mrd. EUR – knapp 40 % des Marktes. Lediglich 52 % der investierten 9 Mrd. EUR flossen in britische Unternehmen, während der größte Teil des restlichen Kapitals in andere europäische Länder exportiert wurde.

2.3   Die anderen wichtigen Akteure am europäischen Markt sind die größten Wirtschaftsmächte des Kontinents: Frankreich, Deutschland und Italien. Ihre Position auf dem Markt ist stabil. 2009 konnten diese drei Länder rund 31 % des neuen Kapitals beschaffen und 6,7 Mrd. EUR investieren, was rund 29 % aller getätigten Investitionen entspricht. Die meisten Mittel stammen in diesen Ländern aus den nationalen Märkten und bleiben dem jeweiligen Land in Form von Investitionen erhalten, die – wie 2009 in Italien und Deutschland - wiederum durch importiertes Kapital ergänzt werden.

2.4   Auch die Struktur der Kapitalgeber hat sich beträchtlich geändert. 2008 waren Pensionsfonds die wichtigste Kapitalquelle (28 %), während die Bedeutung von Banken allmählich abnahm (22 % im Jahr 2000 gegenüber 7 % im Jahr 2008). 2009 drehte sich dieser Trend und der Anteil der Banken stieg auf 18 %. Dieser Wandel war das Ergebnis einer plötzlichen Aussetzung des Mittelflusses aus dem Pensionsfondssektor, der seine Anlagen in risikobehaftete Vermögenswerte zurückfahren wollte.

2.5   Von dem Ausmaß der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung zeugt u.a. die Zeit, die Fondsverwalter für das endgültige Closing eines Fonds benötigen (d.h. für die Zusammenstellung einer nominalen Investorengruppe). In den Jahren 2005 bis 2007 dauerte dieser Prozess im Durchschnitt nicht länger als ein Jahr. 2009 dauerte er bereits 18 Monate und im ersten Halbjahr 2010 betrug die Dauer 20 Monate.

2.6   Seit mehreren Jahren ist bei den Risikokapitalinvestitionen in Europa ein deutlicher Rückgang zu beobachten: 2009 betrugen die Risikokapitalinvestitionen 9 Mrd. EUR, wobei sich jedoch die Investitionen in Unternehmen in der Gründungs- und Anfangsphase auf lediglich 2 Mrd. EUR beliefen. In den ersten drei Quartalen 2010 wurden 7 Mrd. EUR investiert.

2.7   Als Ergebnis der geringeren Investitionen fiel der durchschnittliche Wert der Anlagen in ein Unternehmen von 8,8 Mio. EUR 2008 auf 4,7 Mio. EUR im Folgejahr. Aus den Daten vom ersten Halbjahr 2010 geht hervor, dass dieser Wert anschließend auf 7,9 Mio. EUR gestiegen ist.

2.8   Investiert wird schwerpunktmäßig in 5 Sektoren: 2009 und 2010 flossen 19 % der Investitionen in den Sektor für Waren und Dienstleistungen für Unternehmen, 13 % in die Bereiche Verbrauchsgüter, Einzelhandel und Telekommunikation und 15 % in die Biotechnologie. 65 % des Risikokapitals flossen in die Bereiche Biotechnologie, Informationstechnologien und Elektronik und Telekommunikation.

3.   Überblick über den Vorschlag der Europäischen Kommission

3.1   Infolge der Finanzkrise 2008/2009 und der neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen (Basel III, CRD IV und Solvabilität) werden von den Banken bedeutend weniger Kreditlinien für KMU bereitgestellt oder ausgeweitet. Somit benötigen KMU dringend alternative Finanzierungsquellen.

3.2   Daher besteht die Notwendigkeit, KMU alternative Finanzierungsquellen zu erschließen. In diesem Zusammenhang können Risikokapitalfonds eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, die Finanzierungslücke für innovative Investitionen zu schließen. Sie bieten Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Finanzierung für neugegründete Unternehmen und Kleinunternehmen mit einem zu erwartenden langfristigen Wachstumspotenzial, üblicherweise um ihre Etablierung auf dem Markt zu finanzieren. Im Gegensatz zu Private-Equity-Fonds (deren Schwerpunkt auf Übernahmen liegt) erfolgen die Investitionen von Risikokapitalfonds in Unternehmen langfristig und in Ergänzung zu Investitionen der Unternehmer.

3.3   Der europäischen Risikokapitalbranche fehlt ein einheitlicher Rahmen. Aus diesem Grund stehen Anleger Risikokapitalfonds außerordentlich zurückhaltend gegenüber. Aufgrund dieser unterschiedlichen rechtlichen Gegebenheiten ist es für potenzielle Risikokapitalinvestoren, wie vermögende Einzelpersonen, Pensionsfonds oder Versicherungsgesellschaften schwierig und kostspielig, einen Teil ihrer Gelder in Risikokapitalanlagen zu lenken.

3.4   Dass derzeit zu wenig Finanzmittel in Risikokapital gelenkt werden, ist der unmittelbare Grund für die suboptimale Größe des durchschnittlichen europäischen Risikokapitalfonds. Risikokapital spielt bei der KMU-Finanzierung derzeit nur eine untergeordnete Rolle. Durch das Fehlen eines effizienten Risikokapitalsektors bleiben innovative Einzelpersonen und Jungunternehmen in Europa weit hinter ihrem kommerziellen Potenzial zurück, was wiederum der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit Europas schadet.

3.5   Dies führt zu einer erheblichen Minderung des Investitionspotenzials (d.h. der Fonds) und zu einem Rückgang des Kapitalflusses in KMU, und insbesondere in innovative Unternehmen, wodurch KMU wiederum auf den Bankensektor angewiesen sind. Diese Situation ist für die KMU umso schwieriger, als die Banken angesichts der neuen aufsichtsrechtlichen Vorschriften viel weniger dazu geneigt sind, Kleinunternehmen in der Anfangsphase der Unternehmensentwicklung zu finanzieren, auch wenn es sich dabei um innovative Unternehmen handelt.

3.6   Ein florierender europäischer Markt für Risikokapital ist ein Ziel der Strategie Europa 2020. Die Europäische Kommission sagte in der Binnenmarktakte (1) zu, dass Risikokapitalfonds, die in einem Mitgliedstaat registriert sind, bis 2012 EU-weit Kapital aufnehmen und ungehindert investieren können.

3.7   In ihrem Dokument vom 7. Dezember 2011 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Risikokapitalfonds vor. Im Wesentlichen wird darin vorgeschlagen, dass Risikokapitalfonds im Europäischen Wirtschaftsraum den sogenannten europäischen Fondsstatus (Pass) erhalten können, sofern sie bestimmten regulatorischen Anforderungen genügen. Der Pass würde sie dazu ermächtigen, in den einzelnen Mitgliedstaaten ungehindert zu handeln und Kapital aufzunehmen. Er würde grundlegende Investitionssicherheit der Anleger gewährleisten und die regulatorischen Kosten der Verwaltungsgesellschaften für den Zugang zu den einzelnen Anlegerkategorien und Märkten senken.

3.8   All diese Probleme werden in der vorgeschlagenen Verordnung in Angriff genommen. Sie sieht insbesondere Folgendes vor:

Einführung einer eindeutigen Definition des Begriffs „Europäischer Risikokapitalfonds“, wozu folgende wesentliche Anforderungen gehören: (i) er investiert mindestens 70 % des insgesamt eingebrachten Kapitals in KMU; (ii) seine gesamten verwalteten Vermögenswerte gehen nicht über einen Schwellenwert von 500 Mio. EUR hinaus; (iii) er bietet diesen KMU Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Mittel (d.h. „frisches Kapital“); und (iv) er nutzt keine Hebeleffekte (d.h. der Fonds investiert nicht mehr Kapital als von den Investoren zugesagt wurde, er ist also nicht verschuldet). Eine kurzfristige Kreditaufnahme sollte nur erlaubt sein, um dem Fonds die Deckung des außergewöhnlichen Liquiditätsbedarfs zu ermöglichen;

Einführung einheitlicher Vorschriften hinsichtlich der Kategorien von Anlegern, die in Europäische Risikokapitalfonds investieren dürfen. Die qualifizierten Fonds dürfen nur an Anleger vertrieben werden, die in der Richtlinie 2004/39/EG als professionelle Anleger anerkannt werden, und bestimmte andere herkömmliche Risikokapitalanleger (zum Beispiel vermögende Privatpersonen oder „Business Angels“);

Einführung einheitlicher Registrierungsanforderungen und eines Europäischen Verwaltungspasses für alle Verwalter qualifizierter Risikokapitalfonds, was in Frage kommenden Anlegern EU-weiten Zugang verschaffen und dazu beitragen wird, auf dem Markt für Risikokapital gleiche Ausgangsbedingungen für alle zu schaffen.

Einführung von Mindestanforderungen hinsichtlich Transparenz, Organisation und Geschäftsführung, die von den Verwaltern eingehalten werden müssen.

4.   Allgemeine und besondere Bemerkungen

4.1   Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Risikokapitalfonds trägt zur Schaffung günstigerer Bedingungen für die Funktionsweise des Risikokapitalmarkts und zur Gewährleistung besserer Auswirkungen auf die KMU bei. Nach Auffassung des EWSA ist dies ein wichtiger erster Schritt hin zum Aufbau einer europäischen innovativen und nachhaltigen Industrie für moderne Technologien, die hoch qualifizierte und gut ausgebildete europäische Fachkräfte beschäftigt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze fördert.

4.2   Der EWSA betont, dass sich ein wirksames Investitionsinstrument dadurch auszeichnet, dass es unterschiedlichen Anlegern die Möglichkeit gibt, gemeinsame Investitionen zu tätigen, und gleichzeitig eine steuerliche Optimierung gewährleistet, insbesondere was die Vermeidung der Doppelbesteuerung anbelangt (gemeint ist hier die Steuer auf Portfolio-Investitionen und die Steuer auf die Ausschüttungen an die Fondsanleger). Dass das Problem der steuerlichen Transparenz in der Verordnung nicht angegangen wird, könnte bedeuten, dass sich das Interesse am Pass in Grenzen halten wird.

4.3   Die Förderung des Zugangs von institutionellen Investoren zum Risikokapitalmarkt ließe sich mithilfe von Dachfonds schneller und leichter realisieren, bei dem auf der Ebene der Portfolio-Investitionen eine beträchtliche Risikostreuung erreicht wird. Dachfonds bieten institutionellen Investoren mit geringen Risikokapitalzuweisungen oder institutionellen Investoren, die in Bezug auf direkte Fondsinvestitionen nicht über ausreichenden Sachverstand verfügen, eine gute Möglichkeit, in Risikokapital zu investieren. Aus den Daten der Europäischen Risikokapitalvereinigung EVCA geht hervor, dass 2009 etwa 13,5 % des neuen Kapitals, das in Risiko- und Private-Equity-Fonds floss, aus Dachfonds stammten, während sich der Anteil im Zeitraum 2005-2009 durchschnittlich auf 14,1 % belief (gleichzeitig waren Dachfonds nach den Pensionsfonds die zweitwichtigste Kapitalquelle).

4.4   Der EWSA spricht sich in Bezug auf die Umsetzung der Schwellenwertanforderungen für einen Übergangszeitraum aus, um den unterschiedlichen Einkommensniveaus in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

4.5   Nach Auffassung des EWSA sollten europäische Risikokapitalfonds eine geschlossene Struktur sein, die mindestens 70 % des aggregierten eingebrachten Kapitals und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals in Vermögenswerte investiert, die qualifizierte Anlagen sind, um zu gewährleisten, dass die Anteile nicht in bar oder in Sicherheiten rückzahlbar sind, bis sie liquidiert werden. Darüber hinaus sollten europäische Risikokapitalfonds ihren Sitz in der Europäischen Union haben, um die Entstehung von Fonds zu verhindern, die von einem EU-Verwalter für die Zwecke der Steuerumgehung in Steueroasen verwaltet werden.

4.6   Der Anlegerschutz sollte gestärkt werden, indem ein Verwahrer ernannt wird, der für die Gewährleistung der sicheren Verwahrung der Vermögenswerte, der Überwachung des Cashflow und der Aufsichtsfunktionen zuständig ist. Die OGAW-Richtlinie schreibt die Benennung einer Verwahrstelle für gemeinsame Anlagen vor. Dieser Grundsatz wurde auch in die AIFM-Richtlinie aufgenommen. Zur Gewährleistung der Kontinuität des Gemeinschaftsrahmens sollte auch für die europäischen Risikokapitalfonds eine Verwahrstelle vorgesehen werden.

4.7   Die neue Verordnung bietet keine Lösung für die nominale Schwäche des Risikokapitalmarkts bei. Zwei Aspekte bestimmen die Wirtschaftlichkeit von Investitionsfonds: Erstens führt das dynamische Wachstum des Pensionsfondssektors dazu, dass der Wert des Kapitals, das Anleger in (Risiko- bzw. Private-Equity-) Fonds investieren, systematisch steigt. Die Regeln für die Festlegung des Investitionsrisikos im Investitionsportfolio besagen, dass das optimale Risikokapitalfondsportfolio 8 bis 12 Unternehmen umfasst. Eine geringere Anzahl der Investitionen erhöht das Portfoliorisiko, während eine höhere Anzahl mit höheren Kosten für die Überwachung des Portfolios einhergeht. Die doppelte Wirkung der zunehmenden Kapitalbereitstellung und der Regel betreffend die Optimierung des Portfolios führt unweigerlich zu einer steten Zunahme des Fondsumfangs, was wiederum eine Steigerung des Wertes der einzelnen Investitionen in das Portfolio-Unternehmen erfordert. Schließlich haben die höheren Rentenersparnisse (langfristige Ersparnisse) eine Verlagerung der Investitionen weg vom Risikokapitalsektor hin zu Private-Equity bewirkt.

4.8   Der zweite Aspekt hängt mit der Vergütung der Fondsverwalter zusammen, die einen bestimmten Prozentsatz des Wertes des verwalteten Kapitals erhalten. Ein solches Vergütungssystems bedeutet: je größer der Fonds, desto höher der Vergütungsbetrag. Das heißt, dass für das jeweilige Gremium die Verwaltung eines (großen) Private-Equity-Fonds rentabler (!) ist als die eines (kleinen) Risikofonds, bei dem sowohl das Risiko als auch die Verwaltungskosten wesentlich höher sind. Aufgrund dieser beiden Aspekte wird der Risikokapitalmarkt verhältnismäßig schwächer (wächst langsamer), da das Kapital tendenziell in größere Fonds und Investitionen gelenkt wird, die gleichzeitig auch den Interessen opportunistischer Fondsverwalter besser gerecht werden.

4.9   Mit der vorgeschlagenen Verordnung lassen sich diese beiden Verhaltensmuster nicht unterbinden, weshalb der EWSA die Kommission dazu auffordert, in diesem Zusammenhang weitere Überlegungen anzustellen.

4.10   Investitionen der Geschäftsführer eines Risikokapitalfonds-Verwalters sollten möglich sein, wenn sie in den qualifizierten Risikokapitalfonds investieren, den sie verwalten, und ihre Beteiligung und Verantwortung nachgewiesen wird.

4.11   Der EWSA unterstützt Risikokapitalfonds, die in Technologien für die Informationsgesellschaft, Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger investieren, die zur Erreichung der Ziele der Europa-2020-Strategie beitragen können.

4.12   Der EWSA begrüßt den Vorschlag, der Kommission die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte zu übertragen, und fordert die Kommission auf, die Entwicklungen und Trends auf dem Risikokapitalmarkt weiterhin zu beobachten.

Brüssel, den 26. April 2012

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  http://ec.europa.eu/internal_market/smact/docs/20110413-communication_de.pdf, 13. April 2011.


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