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Document 52006AR0052

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der Beitrag der Kommission in der Zeit der Reflexion und danach: Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion und dem Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik

ABl. C 229 vom 22.9.2006, p. 67–71 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

22.9.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 229/67


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Der Beitrag der Kommission in der Zeit der Reflexion und danach: Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion“ und dem „Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik“

(2006/C 229/10)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Der Beitrag der Kommission in der Zeit der Reflexion und danach: Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion“, KOM(2005) 494 endg., und das „Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik“, KOM(2006) 35 endg.;

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2005, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 15. November 2005, die Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit der Ausarbeitung der diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf den Vertrag von Nizza (2001/C 80/01);

gestützt auf den von den Staats- und Regierungschefs am 29. Oktober 2004 unterzeichneten Vertrag über eine Verfassung für Europa (CIG 87/04 rev. 1, CIG 87/04 Add. 1 rev. 1, CIG 87/04 Add. 2 rev. 1);

gestützt auf die Erklärung der Staats- und Regierungschefs über die Ratifizierung des Vertrags über eine Verfassung für Europa (Europäischer Rat vom 16./17. Juni 2005);

gestützt auf die am 17. November 2005 unterzeichnete Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ausschuss der Regionen und der Europäischen Kommission (CdR 197/2005 Punkt 11);

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Reflexionsphase: Struktur, Themen und Kontext für eine Bewertung der Debatte über die Europäische Union (A6-0414/2005);

gestützt auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: „Der Beitrag der Kommission in der Zeit der Reflexion und danach: Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion“ (CESE 1390/2005 fin) (1);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 13. Oktober 2005 zu dem Thema „Phase des Nachdenkens: Struktur, Themen und Rahmen für eine Bewertung der Debatte über die Europäische Union“ (CdR 250/2005 fin) (2);

gestützt auf seine Stellungnahme vom 17. Dezember 2002 zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen: Eine Informations- und Kommunikationsstrategie für die Europäische Union“ (CdR 124/2002 fin (3));

gestützt auf den von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen, Regieren in Europa und für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts am 7. April 2006 angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 52/2006 rev. 1) (Berichterstatterin: Frau BRESSO, Präsidentin der Region Piemont (IT/SPE);

in Erwägung nachstehender Gründe:

1)

Die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen EU und den Unionsbürgern weisen auf ein Demokratiedefizit der EU hin. Die großen Entscheidungen, die das Leben der Unionsbürger beeinflussen, werden in komplexen Verhandlungen zwischen den Regierungen und Institutionen getroffen, die von den Bürgern großteils nur als passive und sporadische Zuschauer wahrgenommen werden.

2)

Solange nicht einerseits das Demokratiedefizit im Zuge institutioneller Reformen — die übrigens durch den Entwurf des Verfassungsvertrags in Gang gesetzt werden — beseitigt wird und andererseits die Rolle und die Arbeit der bereits bestehenden Einrichtungen demokratischer Vertretung auf Unionsebene endlich anerkannt wird, ist es die vordringliche Aufgabe der Institutionen der Europäischen Union, mit anderen Mitteln zur Überwindung des Demokratiedefizits beizutragen und den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich zur Zukunft des politischen Projekts Europa zu äußern.

3)

Es ist dringend notwendig, nicht nur wirksame Kommunikationsmittel auszuwählen, sondern vor allem auch Sinn und Zweck des Handelns zu bestimmen und öffentlich zu machen. Ebenso wichtig ist es, der Partizipation der Bürger mehr Raum zu geben und das Grundwissen über das europäische Einigungswerk in die schulischen Lehrpläne aufzunehmen. Zweck dieses Prozesses ist es, das Demokratiedefizit im Kern zu beseitigen und den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich zur Zukunft des politischen Projekts Europa — insbesondere zur institutionellen und politischen Beschaffenheit Europas — zu äußern: darüber, ob die Gemeinschaftspolitik ausgedehnt oder begrenzt werden soll, oder ob die wirtschaftliche und politische Integration vorangetrieben, beibehalten oder begrenzt werden soll.

4)

Die Kommunikationspolitik der Union muss auf die Entwicklung eines stärkeren europäischen Bewusstseins ausgerichtet sein. Dieses Bewusstsein kann nur dann entstehen, wenn unter den Bürgern eine tragfähige Akzeptanz der Zusammenarbeit in Europa geschaffen wird. Zu diesem Zweck muss bei den Themenbereichen und Dossiers angesetzt werden, die sich auf das tägliche Leben der Bürger auswirken und bei denen die europäische Zusammenarbeit einen spürbaren Mehrwert bietet. Dabei muss es allen Beteiligten klar sein, dass dies ein zeitaufwändiges Unterfangen ist.

5)

Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen in der Debatte über die Zukunft Europas eine grundlegende Rolle spielen, indem sie die Bürger für die ihnen nahe stehenden Fragen mobilisieren und strukturierte Debatten mit den Bürgern und den gewählten Volksvertretern lokaler und regionaler Einrichtungen sowie den Mitgliedern des Europäischen Parlaments veranstalten. Es wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass sowohl der Ausschuss der Regionen — als Vertretung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften –, als auch das Europäische Parlament als Ausdruck supranationaler Unionsbürgerschaft integrierender Bestandteil dieses Prozesses sein können, der Kennzeichen einer wirklichen Mehrebenen-Kommunikation ist.

verabschiedete auf seiner 65. Plenartagung am 14./15. Juni 2006 (Sitzung vom 15. Juni) einstimmig folgende Stellungnahme:

STANDPUNKTE UND EMPFEHLUNGEN DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN

1.   Der Ausschuss der Regionen in Bezug auf die Zeit der Reflexion und den Plan D

Der Ausschuss der Regionen

1.1

anerkennt, dass die Zeit der Reflexion eine Chance für die Wiederbelebung der Gemeinschaftsdynamik darstellt, und dass die gegenwärtige Krise des Regierens in Europa (Governance) nicht den Wert der europäischen Integration in Frage stellen darf. Alle kommunikationspolitischen Maßnahmen sind zur Wirkungslosigkeit verdammt, wenn sie nicht auf einer demokratischen Neuausrichtung des Projekts Europa basieren;

1.2

betont, dass die Union nicht zu einer Schicksalsgemeinschaft werden kann, wenn es nicht gelingt, ein Zugehörigkeitsgefühl der Unionsbürger zu einer in Vielfalt geeinten Identität zu vermitteln und zu verwurzeln; wenn den kommenden Generationen nicht die grundlegenden Werte der Union vermittelt werden können; wenn es die Union nicht schafft, diese Werte zum Ausdruck zu bringen und sie in den Beziehungen mit den Drittstaaten zu fördern; wenn es misslingt, den Unionsbürgern die elementaren Verfahren des Dialogs und der Interaktion mit den Institutionen nahe zu bringen und ihnen ein Grundwissen über die wesentlichen Aspekte der europäischen Integration auf wirtschaftlicher, politischer, historischer und sozialer Ebene zu vermitteln und sie vor allem in das europäische Aufbauwerk und die Beschlussfassung aktiv einzubeziehen;

1.3

bekräftigt, dass der verfassungsgebende Prozess nach wie vor zu seinen Zielen gehört; spricht sich deshalb dagegen aus, den Verfassungsvertrag zugunsten des Vertrags von Nizza aufzugeben und lehnt eine selektive Umsetzung „à la carte“ab; wünscht die Annahme eines Verfassungsvertrags, der den Aufbau eines politischen, wohlhabenden, starken und bürgernahen Europas konsolidiert; fordert, bis 2009 einen Verfassungsvertrag zu ratifizieren, der sowohl den in einigen Mitgliedstaaten aufgetretenen Schwierigkeiten als auch der Position derer, die den Vertrag bereits ratifiziert haben, Rechnung trägt; daher betont er die Notwendigkeit, die Zeit der Reflexion zu verlängern, während derer keinerlei Möglichkeit zur Erzielung von Fortschritten bei der europäischen Integration außer Acht gelassen werden darf, durch die das Ansehen Europas bei den Bürgern verbessert würde, sei es mit Hilfe von Teilvereinbarungen oder von Gesamtlösungen;

1.4

In diesem Zusammenhang weist der Ausschuss auf nationalistische und protektionistische Tendenzen hin, die in der Europäischen Union zu beobachten sind. Diese Tendenzen stellen eine Gefahr für die weitere Entwicklung der Union dar.

1.5

verweist darauf, dass die Zeit der Reflexion die Chance bietet, das System des Regierens auf mehreren Ebenen in Europa (multilevel governance) ins Zentrum der Debatte zu rücken, um dem Ideal des Projekts Europa gerecht zu werden, das sich mit dem Motto des Verfassungsvertrags „in Vielfalt geeint“ zusammenfassen lässt;

1.6

ist der Auffassung, dass die Gemeinschaftsmethode — eingedenk der Tatsache, dass sie in dieser Phase ein notwendiges Instrument zur Wiederannäherung der Bürger an die Europäische Union darstellt — den Grundsatz der Subsidiarität und der Bürgernähe im Geiste der Effizienz und der Legitimität umfassend ergänzen muss;

1.7

stellt fest, dass ein öffentlicher europäischer Raum nur dann entstehen kann, wenn Europa einer politischen Integration, die den Bürgern die Mobilisierung im Hinblick auf die Wahl eindeutiger politischer Entwicklungslinien für die Zukunft des Kontinents ermöglicht, neue Impulse vermittelt;

1.8

betont, dass die Entwicklung eines europäischen Gemeinsinns zur Förderung der umfassenden und bewussten Teilhabe der Bürger am europäischen Aufbauwerk nach Kräften unterstützt werden muss;

1.9

unterstreicht, dass alle Volksvertreter die Verantwortung haben, auf diese drängenden Fragen zu antworten; fordert die auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene gewählten Volksvertreter auf, sich gemeinsam zur Schaffung eines diesbezüglichen demokratischen Verbunds mit den Bürgern einzusetzen; wünscht eine Intensivierung der interinstitutionellen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und mit den anderen Institutionen zum Zweck der grundlegenden Stärkung der Anhörung der Bürger vor Ort in der Europäischen Union;

1.10

ist davon überzeugt, dass ein permanenter Dialog mit den Bürgern, den politischen Organisationen, den Gewerkschaften und den Verbänden auf der Grundlage eines Vertrauenspaktes aufgenommen werden muss und ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Zeit der Reflexion für eine Bestandsaufnahme der Anliegen der Bürger zu nutzen ist. Dies setzt eine Offenheit und Zugänglichkeit der EU-Institutionen voraus, die den Bürgern die Teilnahme an den Debatten und Diskussionen erleichtert. Zu diesem Zweck ist eine ständige strukturierte Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, die diese Bestandsaufnahme zu organisieren haben, erforderlich;

1.11

hält es für erforderlich, dass die EU und all ihre Organe und Institutionen systematisch der wichtigen Rolle Rechnung tragen, die der regionalen und lokalen Ebene in den Mitgliedstaaten im europäischen Einigungswerk zukommt. Die territoriale Dimension ist ein besonderes Merkmal des europäischen Einigungsprozesses, denn sie verleiht der gesamten Beschlussfassung auf EU-Ebene eine größere demokratische Legitimation. Und im Sinne einer weiteren Stärkung der demokratischen Legitimation der EU sollte den Stellungnahmen des AdR ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt werden;

1.12

betont, dass der AdR im Einklang mit dem Weißbuch „Europäisches Regieren“ sowie dem Entwurf eines Verfassungsvertrags über Instrumente verfügen sollte, die es ihm ermöglichen — zumindest in den Bereichen, in denen er anzuhören ist — die Durchführung der nach seiner Stellungnahme verabschiedeten Maßnahmen durch die Kommission zu verfolgen;

1.13

ist der Ansicht, dass im Rahmen der dezentralisierten Kommunikationsstrategien auf das demokratische Potenzial der AdR-Mitglieder und ihr europäisches Mandat zurückgegriffen werden muss. Das bedeutet, dass sie an den für Plan D vorgesehenen, z.T. schon in der Ausführung befindlichen, nationalen Aktionsplänen beteiligt werden, von den Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten als Beteiligte anerkannt werden und an den in Plan D vorgesehenen Gemeinschaftsinitiativen sowie an den vom Europäischen Parlament durchgeführten Maßnahmen teilnehmen. Dazu müssen seitens der Europäischen Union ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit dieser Plan nicht eine reine Absichtserklärung bleibt;

1.14

vertritt die Auffassung, dass die Zeit des Nachdenkens überwunden werden muss und dass sich die europäischen Institutionen und die Volksvertreter in einer strukturierten Debatte mit den Bürgern und ihren Verbänden gemäß der vom Konvent für den Verfassungsvertrag angewandten Methode engagieren müssen. Die Debatte hat von der Behandlung der konkreten Alltagsprobleme der Bürger wie z.B. Wohlstand, Beschäftigung, Umweltschutz oder Energie auszugehen und sollte sich, wie vom Europäischen Parlament vorgeschlagen, auf eine begrenzte Anzahl prioritärer Fragen zur Zukunft Europas beziehen:

i)

Was ist das Ziel der europäischen Integration?

ii)

Welche Rolle sollte Europa in der Welt spielen?

iii)

Wie sieht angesichts der Globalisierung die Zukunft des europäischen Sozial- und Wirtschaftsmodells aus?

iv)

Wie definieren wir die Grenzen der Europäischen Union?

v)

Wie stärken wir Freiheit, Sicherheit und Recht?

vi)

Wie soll die EU finanziert werden?

1.15

ist der Ansicht, dass größere Anstrengungen unternommen werden müssen, um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen; es reicht nicht aus, nur einen Dialog mit den Bürgern zu führen und ihre Wünsche zur Kenntnis zu nehmen. Die EU-Bürger müssen wissen, dass sie über ihre gewählten Vertreter letztlich selbst über die Zukunft der Union entscheiden. Die unter Ziffer 1.11 aufgeworfenen Fragen müssen aus diesem Grunde durch Darlegung ihrer nach Möglichkeit gemeinsamen politischen Standpunkte von allen lokalen, regionalen Gebietskörperschaften sowie den nationalen Regierungen beantwortet werden;

1.16

möchte anregen, dass die lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Mandatsträger neben ihrer Mitwirkung an Informations- und Kommunikationskampagnen darauf hinwirken, dass ihre jeweiligen Institutionen, Gebietskörperschaften oder Gremien als Teil ihrer täglichen Arbeit über die europäische Dimension ihrer Tätigkeiten informieren. In diesem Sinne betont der Ausschuss der Regionen, dass eine Veröffentlichung über die bewährten Praktiken mit Beispielen für konkrete Maßnahmen, die auf lokaler und regionaler Ebene im Zusammenhang mit der Umsetzung von Plan D (Demokratie, Dialog und Diskussion) durchgeführt wurden, als Folgemaßnahme für diese Stellungnahme gerade erarbeitet wird;

1.17

erachtet es für notwendig, den Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion um eine vierte Dimension — die Dezentralisierung — zu erweitern, die auf externe Kommunikationsträger wie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zurückgreifen kann. Diese haben aufgrund ihrer Zuständigkeiten in diesem Bereich mittels Foren, Initiativen und Diskussionen eine grundlegende Rolle zu spielen. An der Diskussion, die von diesen lokalen und regionalen Foren ausgehen muss, sollten auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene gewählte Volksvertreter sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und von Bürgervereinigungen beteiligt sein. Die von diesen Foren ausgehenden Diskussionsergebnisse sollen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament übermittelt werden.

2.   Der Ausschuss der Regionen und die Europäische Kommunikationspolitik

Der Ausschuss der Regionen

2.1

wünscht die Koordinierung mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, damit die von der EU proklamierte Mehrebenen-Governance auch eine Mehrebenen-Kommunikation einschließlich Maßnahmen zur gegenseitigen Anerkennung im Geiste des Subsidiaritätsprinzips ermöglichen kann; geht davon aus, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aktiv in die europäische Kommunikationspolitik einbezogen werden. Angesichts der Vielfalt innerhalb der EU und im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip sind die Behörden, die über den engsten Kontakt zum Bürger verfügen, die geeignetsten Akteure, den Bürgern das Projekt Europa zu vermitteln;

2.2

begrüßt in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung des Weißbuchs über eine europäische Kommunikationspolitik auf der Grundlage eines intensivierten Dialogs, der Bürgernähe und eines dezentralen Ansatzes; bedauert aber, dass dem Dokument eine politische Vision fehlt und es folglich nur instrumentalen Charakter hat; verweist insbesondere auf das Fehlen einer strategischen Vision für die Aufgaben der Europäischen Union bezüglich Schutz und Förderung der Interessen und Bedürfnisse der Unionsbürger in den kommenden Jahren;

2.3

ist darüber erfreut, dass die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und vor allem der lokalen und regionalen Medien für die Aufnahme eines Dialogs mit den Bürgern und zur aktiven Beteiligung der territorialen Gemeinschaften an den europäischen Themen im Weißbuch anerkannt wird; regt an, das umfangreiche Korrespondentennetzwerk der Medien in Brüssel über geeignete Maßnahmen (Workshops, Einladungen von Journalisten nach Brüssel) besser mit den Redaktionen vor Ort zu vernetzen; erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über entsprechende operative Mittel für ein effizientes Handeln verfügen müssen;

2.4

unterstreicht, dass die Europäische Union auch dank seines Beitrags — und dem der lokalen und regionalen Volksvertreter — über einen angemessenen demokratischen Rahmen verfügt, der die Wiederaufnahme des Dialogs mit den Bürgern, die Entwicklung eines europäischen Gemeinsinns und die Anpassung gemeinschaftlichen Handelns im Sinne der Bürgernähe ermöglicht; merkt an, dass die Lokal- und Regionalpresse ein Mittler von grundlegender Bedeutung für die Kommunikation mit den Bürgern ist;

2.5

beklagt die marginale, ihm im Weißbuch zugedachte Rolle, ist aber bereit, seine Verantwortung als Impulsgeber und Koordinator in Bezug auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die Lokal- und Regionalpresse zu übernehmen, und folglich im Rahmen der Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen in dieser Phase des Nachdenkens einen ausgesprochen aktiven Beitrag zu leisten; unterstreicht, dass die ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aufgestockt werden und die für einen Beitrag zur erneuerten Informations- und Kommunikationspolitik erforderlichen Mittel zugeteilt werden müssen;

2.6

begrüßt in diesem Zusammenhang die Aufnahme von Verhandlungen mit den zuständigen Dienststellen der Kommission über die Aufnahme eines die Informations- und Kommunikationspolitik betreffenden Nachtrags zu der Kooperationsvereinbarung zwischen dem AdR und der Kommission, die im November 2005 revidiert wurde;

2.7

wünscht, einen Beitrag zur Europäischen Charta für einen europäischen Verhaltenskodex zur Kommunikation zu leisten und fordert die Kommission auf, den Begriff, die Ziele und den Mehrwert dieses Dokuments zu präzisieren;

2.8

erachtet es für unerlässlich, die Kommunikationspolitik durch Ereignisse von großer Öffentlichkeitswirkung, durch Studien, Informationsmittel sowie Plattformen für Dialog und Reflexion mit der aktiven Bürgerschaft zu verbinden und sich dabei grenzüberschreitend an ein möglichst breites Publikum zu wenden sowie Themen zu behandeln, die den Bürger direkt angehen (z.B. Beschäftigung, Entwicklung von Stadt und Land, Sicherheit und Einwanderung, Umweltschutz und Energie) und bei denen die Aktionen auf europäischer Ebene einen echten Mehrwert bieten. Diese Themen haben auch einen großen Einfluss auf die Politik der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften;

2.9

stellt fest, dass ein besseres Verständnis der öffentlichen Meinung mittels Eurobarometer-Umfragen zu den Zielen des Weißbuchs gehört und empfiehlt, die Meinungsumfragen auf lokaler Ebene besser auszurichten und die Einrichtung Eurobarometer enger an den AdR und seine Mitglieder anzubinden; lokale und regionale Akteure in öffentlichen Stellen sind selbst die unmittelbarsten Antennen für das Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger;

2.10

regt die Aufnahme von Bildungseinheiten zur europäischen Staatsbürgerkunde in die schulischen Lehrpläne an. Diese sollen Aufschluss geben über das Projekt Europa, seine grundlegenden Werte, die Entstehung, die ursprünglichen Zielsetzungen und die künftigen Herausforderungen, wobei in den Lehrplänen der Schulen und Hochschulen entsprechende Stundenpläne und Lehrkräfte für diesen Stoff vorzusehen sind;

2.11

schlägt eine europäische Informationspolitik vor, die es der EU ermöglicht, über unabhängige Kommunikationsinstrumente zu verfügen; wünscht insbesondere die Entwicklung europapolitischer Kommunikationsinstrumente innerhalb regionaler Presseagenturen, den Start von Ausbildungsprogrammen im Bereich Kommunikation für Verwaltungsbeamte und den Ausbau von Europe by Satellite (EbS) von einem audiovisuellen Instrument zu einer regelrechten Europäischen Presseagentur;

2.12

schlägt vor, einfache dezentralisierte Finanzierungsmöglichkeiten zur Förderung kleinerer Nichtregierungsorganisationen mit dem Ziel auszubauen, deren EU-Informationsarbeit direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern, wie z.B. Dialog-Veranstaltungen, Lehrgänge, auf die regionalen Bedürfnisse abgestimmte Broschüren oder Brüsselbesuche zu unterstützen;

2.13

empfiehlt, diese Information durch die regionalen und lokalen Behörden zu rezipieren und dann zu verbreiten; möchte mit den anderen europäischen Institutionen eine dauerhafte Zusammenarbeit aufnehmen, um gemeinsam die vorgesehenen Kommunikations- und Informationspläne aufstellen zu können;

2.14

würde sich wünschen, dass die Information und Kommunikation über die Union endlich als logischer Bezugsrahmen begriffen wird, auf den sich die lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Gremien, Gebietskörperschaften und Institutionen sowie auch die Medien stützen müssen, um korrekte und vollständige Informationen verbreiten zu können.

Brüssel, den 15. Juni 2006

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Michel DELEBARRE


(1)  ABl. C 65 vom 17.3.2006, S. 92-93.

(2)  ABl. C 81 vom 4.4.2006, S. 32-36.

(3)  ABl. C 73 vom 26.3.2003, S. 46-52.


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