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Document 52004AE1651

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zur Förderung der sichereren Nutzung des Internet und neuer Online-Technologien“(KOM(2004) 91 endg. — 2004/0023 (COD))

    ABl. C 157 vom 28.6.2005, p. 136–140 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    28.6.2005   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 157/136


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zur Förderung der sichereren Nutzung des Internet und neuer Online-Technologien“

    (KOM(2004) 91 endg. — 2004/0023 (COD))

    (2005/C 157/24)

    Der Rat beschloss am 26. März 2004, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 153 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem obenerwähnten Vorschlag zu ersuchen:

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Oktober 2004 an. Berichterstatter war Herr RETUREAU, Mitberichterstatterin Frau DAVISON.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 413. Plenartagung am 15./16. Dezember (Sitzung vom 16. Dezember) mit 147 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:

    1.   Überblick über den Stellungnahmeentwurf

    1.1

    Die Kommission schlägt die Auflegung eines neuen Programms zur sichereren Nutzung des Internet vor, das in Anbetracht der rasanten Entwicklung der Informationsgesellschaft in Bezug auf die Kommunikationsnetze gegenüber seinem Vorläufer ausgeweitet wurde. Deswegen wurde es auch „Mehr Sicherheit im Internet“ (2005-2008) getauft.

    1.2

    Neben dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zur Förderung der sichereren Nutzung des Internet und neuer Online-Technologien“ (KOM(2004) 91 endg.) prüfte der Ausschuss auch die in einem Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (SEK(2004) 148) und in diesem Vorschlag enthaltene Ex-ante-Bewertung. Er befürwortet die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des neuen Aktionsplans und seine Ziele, die der raschen Entwicklung und der Diversifizierung der Internetzugangsmöglichkeiten und der rasanten Zunahme der Zahl an schnellen Internetverbindungen und Standleitungen Rechnung tragen. In seinen allgemeinen und besonderen Bemerkungen trägt der Ausschuss ergänzende Empfehlungen bezüglich der politischen Aktionen und Regulierungsmaßnahmen vor, u.a. betreffend:

    (verbindliche und freiwillige) technische und rechtliche Normen;

    die Medienerziehung und -kompetenz der Nutzer;

    die Verpflichtungen der Internet-Access- und Webspace-Provider sowie der übrigen Akteure (Kreditkartenunternehmen, Suchmaschinenbetreiber usw.);

    die Verantwortung und Haftung der Software-Programmierer und der Anbieter von Sicherheitstechnik;

    den Schutz verwundbarer Personen gegen Betrug oder zweifelhafte Informationen (verschiedene Betrügereien, „freier“ Verkauf von Arzneimitteln, medizinische Ratschläge und Behandlungsmethoden durch Personen ohne medizinische Qualifikation usw.).

    2.   Zusammenfassung der Kommissionsvorschläge

    2.1

    Mit dem vorgeschlagenen Programm soll eine sichere Nutzung des Internet und der Online-Technologien seitens der Endnutzer, insbesondere Kinder und Jugendlichen, zu Hause oder in der Schule, gefördert werden. Hierfür ist die Kofinanzierung von Projekten vorgesehen, die von Vereinen und anderen Einrichtungen (Forscherteams, Softwareentwickler, Bildungseinrichtungen usw.) zur Entwicklung von Schutzmechanismen wie Hotlines, Spam- und Virenfilter, „intelligente“ Navigationsfilter usw. konzipiert werden.

    2.2

    Der vorausgegangene Aktionsplan für die sichere Nutzung des Internet (1999-2002) war für den Zeitraum 2003-2004 verlängert worden.

    2.3

    Auf der Website der Kommission sind die Projekte aufgeführt, die im Rahmen des Programms zur sichereren Nutzung des Internet bis Ende 2003 durchgeführt wurden (1).

    2.4

    Der nun vorgelegte Vorschlag für den Zeitraum 2005-2008 erstreckt sich auch auf die neuen Online-Kommunikationsmittel. Im Zusammenhang mit diesen Mitteln soll die Bekämpfung illegaler und schädlicher Inhalte bis hin zu Computerviren und anderen schädigenden oder ungewünschten Inhalten (Spam) intensiviert werden.

    2.5

    Diese Intensivierung der Bekämpfungsmaßnahmen ist aus Sicht der europäischen Institutionen aus mehreren Gründen gerechtfertigt, und zwar vor allem aufgrund:

    des rasanten Anstiegs der Zahl an schnellen Interverbindungen, die von Privatpersonen, Unternehmen, Behörden und privaten Einrichtungen (NGO) für lange Onlineverbindungen oder in Form von Standleitungen genutzt werden;

    der Vielfalt an Möglichkeiten und Methoden des Zugangs zu Internet, zu neuen Online-Inhalten, die vielfach unerwünscht zugesandt werden (E-Mail, SMS), und zu attraktiveren Inhalten (Multimedia);

    der drastischen Zunahme unerwünscht zugesandter und potenziell gefährlicher und ungeeigneter Inhalte, die neue Gefahren für die breite Öffentlichkeit birgt (Viren: Befall der Speicher, Datenkorrumpierung oder -zerstörung, Missbrauch der Kommunikationsmittel des betroffenen Nutzers; Spam: Missbrauch von Bandbreite und Speicherplatz, Überflutung des E-Mail-Eingangsordners, was zu einer völligen Blockierung oder aber zumindest einer Behinderung des Internet- und E-Mail-Zugangs führt und umfassende Kosten für den Endnutzer, nicht jedoch für den Spam-Verursacher nach sich zieht, für einige wichtige Nutzerkategorien wie Kinder Nachrichten mit expliziten sexuellen oder sonstigen ungeeigneten Inhalten, Anfragen auf Treffen durch Pädophile in Chatrooms);

    der ungeeigneten, für Kinder wegen der nur sehr relativen Effizienz der den für die Kinder verantwortlichen Personen derzeit zur Verfügung stehenden Filtermöglichkeiten allerdings leicht zugänglichen Inhalte.

    2.6

    Hauptziel dieses Programms ist der Schutz der Kinder und die Unterstützung der für sie verantwortlichen Personen (Eltern, Lehrer, Erzieher usw.) sowie derjenigen, die für den Schutz ihrer moralischen Interessen und ihr Wohlbefinden eintreten. Somit betrifft das Programm auch NGO, die sich im Sozialwesen, für den Schutz der Kinderrechte, im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (2) und jedwede sonstige Form der Diskriminierung, für den Verbraucherschutz, den Schutz der Bürgerrechte usw. engagieren.

    2.7

    Dieses Programm betrifft außerdem die Regierungen, ihre Legislativ-, Justiz- und Exekutivorgane wie auch ihre Regulierungsbehörden. Das materielle wie auch das Verfahrensrecht müssen angepasst und eine ausreichende Zahl an Mitarbeitern entsprechend ausgebildet und ausgestattet werden.

    2.8

    Dieses Programm ist jedoch auch für die Industrie von Bedeutung, die ein sicheres Umfeld zur Stärkung des Verbrauchervertrauens benötigt.

    2.9

    Universitäten und Forschungseinrichtungen können Aufschluss über die Nutzung der neuen Medien durch Kinder geben. Der beste Weg, um den Nutzern Sicherheitshinweise zu vermitteln, besteht darin, die Methoden der Kriminellen publik zu machen, die sie zum Missbrauch dieser Medien einsetzen, neue technische Lösungen zu erforschen und einen unabhängigen Standpunkt zur Vereinbarkeit der von den Regulierungs- und Selbstregulierungsverfahren betroffenen Interessen zu liefern.

    2.10

    Das Programm umfasst zwei Aktionsfelder: Auf sozialer Ebene ist es auf die Bereiche ausgerichtet, in denen die Regulierungsmaßnahmen und das freie Spiel der Marktkräfte allein nicht ausreichen könnten, um die Sicherheit der Nutzer zu gewährleisten. Auf wirtschaftlicher Ebene gilt es, die sichere Nutzung des Internet und der Online-Technologien durch die Schaffung eines Klimas des Vertrauens zu fördern.

    2.11

    Zur Förderung der Entwicklung neuer technischer und rechtlicher Instrumente sowie von Softwareprogrammen und Informationskampagnen sind Mittel in Höhe von rund 50 Millionen Euro vorgesehen, um wirksamer gegen das unerlaubte Eindringen in Netze und Computer sowie deren Missbrauch durch Spam vorzugehen, die negative Folgen in moralischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich ziehen können.

    3.   Allgemeine Bemerkungen des Ausschusses

    3.1

    Der Ausschuss verweist auf seine bereits in früheren Stellungnahmen zum Thema „Kinderschutz im Internet“ und zum ersten Aktionsplan dargelegten Standpunkte (3). Er begrüßt den Vorschlag für einen neuen Aktionsplan zur Bekämpfung illegaler und schädlicher Inhalte in der Online-Kommunikation (siehe Ziffer 1 — Überblick über den Stellungnahmeentwurf) und unterstützt die Ziele und Prioritäten des Programms „Mehr Sicherheit im Internet“ als eines der Instrumente zur Verbesserung der Sicherheit im Internet. Der Ausschuss betont jedoch die Größenordnung des Problems und die Notwendigkeit internationaler Aktionen und Regulierungsmaßnahmen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.

    3.2

    Das Internet und die neuen Online-Technologien (wie Mobiltelefone und PDA mit Multimediafunktion und Web-Anschluss, die reißenden Absatz finden) sind nach Ansicht des Ausschusses grundlegende Mittel zur Förderung einer wissensbasierten Wirtschaft, des elektronischen Geschäftsverkehrs und der Online-Verwaltung. Sie sind vielfältig und sowohl für die Kommunikation zu kulturellen und Arbeitszwecken als auch in der Freizeit einsetzbar. Daher ist die Gewährleistung der Sicherheit und des reibungslosen Funktionierens der Kommunikationsnetze von größter Wichtigkeit, handelt es sich doch um eine wesentliche öffentliche Dienstleistung, die allen offen stehen und zugänglich sein muss. Die Nutzer müssen Vertrauen in diese Dienstleistung haben, damit ihre mannigfaltigen Funktionen unter den besten Bedingungen zur Geltung kommen können. Eine der unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt erfolgversprechendsten Möglichkeiten, eine Vielzahl von Nutzern zu erreichen, wäre die Aufnahme der Informationen über Internetsicherheitslösungen in die verschiedenen eEurope-Programme, insbesondere im Bereich Bildung.

    3.3

    Die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet wird durch die relativ geringen Kosten der Internetverbindungen — auch der schnellen Verbindungen — erleichtert, wodurch immer einfacher auf Multimedia-Inhalte zugegriffen werden kann. Nur einige Länder mit starkem Demokratiedefizit versuchen noch, den Kommunikationsfluss und die für ihre Bürger zugänglichen Inhalte um den Preis einer ständigen Einschränkung der Freiheiten zu kontrollieren. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass eine stärkere Sicherheit bei gleichzeitiger Wahrung und Förderung der Informations-, Kommunikations- und Meinungsfreiheit garantiert werden muss.

    3.4

    Dieser Raum der Meinungs- und Informationsfreiheit, den das Internet darstellt, wird jedoch noch stärker als andere Kommunikationsmittel zu illegalen Aktivitäten wie Pädophilie oder Rassismus und Fremdenfeindlichkeit missbraucht; einige Inhalte können sich auch für bestimmte Zielgruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, als schädlich erweisen wie Pornografie, Glücksspiele (deren Online-Verbreitung in einigen Ländern sogar verboten ist) und verschiedene Straftaten (Missbrauch der Bandbreite, Daten- und Servermissbrauch). Der Ausschuss begrüßt die Ausdehnung des neuen Aktionsplans auf alle elektronischen Kommunikationsmittel, die Gegenstand von unerwünschten oder schädlichen Zugriffen von außen sein können.

    3.5

    Die Regulierung dieses neuen, rasch expandierenden Raumes gestaltet sich sehr schwierig, handelt es sich doch um ein internationales offenes Netz, das für alle von jedem ans Netz angeschlossenen Server oder Computer aus von mehr oder weniger überall in der Welt zugänglich ist. In zahlreichen Ländern bestehen jedoch nach wie vor überhaupt keine oder nur unzureichende Rechtsvorschriften, wodurch Websites, die in der Europäischen Union verboten wurden, weiterhin betrieben werden können. Daher wäre es von größter Wichtigkeit, dass die Europäische Union sich für ein internationales Vorgehen insbesondere in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Ländern in Nordamerika und Asien, in denen Breitbandanschlüsse weit verbreitet sind, ausspricht und dieses fördert, um die verwundbarsten Gruppen zu schützen sowie unerwünschte Inhalte (Spam-Mails), die die Weiterentwicklung der E-Mail-Kommunikation gefährden, und die Verbreitung von Viren zu bekämpfen, die den elektronischen Geschäftsverkehr beeinträchtigen. Die in Bezug auf den EU-Raum erforderlichen Maßnahmen müssen jedoch auch Teil eines weltweiten Konzepts sein.

    3.6

    Da es keinerlei internationale Abkommen gibt, kann gegen das Verbot bestimmter Inhalte in einigen Ländern im Rahmen des TBT-Übereinkommens sogar Klage vor der WTO erhoben werden, wobei diese Frage in den laufenden Verhandlungen behandelt werden sollte. (4)

    3.7

    Die Ortsbezogenheit des Rechts und die unterschiedlichen einzelstaatlichen Vorschriften stellen ein nur schwer überwindbares Problem dar. Der Stand der Technik ermöglicht auch den direkten Austausch (mittels Peer-to-Peer-Anwendungen (P2P)) unterschiedlichster Dateien einschl. verschlüsselter Daten, deren Inhalt nicht kontrolliert werden kann. Jeder Rechner bzw. jedes Netz, das „online“ ist, kann für das Speichern und in der Folge die Verbreitung von immer komplexeren Inhalten eingesetzt werden. Ferner können Nutzer anonym und „spurlos“ auf jeden Server zugreifen und nur sehr schwer oder mitunter überhaupt nicht entschlüsselbare Kodierungssysteme verwenden.

    3.8

    Da immer mehr Nutzer ihre eigene Website aufbauen oder Weblogs führen, immer mehr Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr bzw. für elektronische Finanzdienstleistungen entwickelt und immer mehr Websites mit informativen, wissenschaftlichen, bildungsbezogenen und technischen Inhalten, aber auch Pornografie- und Glücksspielsites ins Netz gestellt werden, gibt es in der ganzen Welt Abermillionen Websites. Eine gewisse Kontrolle kann jedoch durch Überprüfung der in den Suchergebnissen angezeigten Schlüsselbegriffe erfolgen. Außerdem kann auch die Einrichtung von direkten Links und die automatisierte Weiterleitung von Inhalten in Form von Spam-Mails von den Internet-Access-Providern kontrolliert werden, wodurch auf diese Weise versendete Werbung und andere unerwünschte Inhalte im Allgemeinen (Missbrauch der Bandbreite, Viren) und im Besonderen für einige Nutzerkategorien wie Kinder (moralische und psychologische Beeinträchtigung) schädlich sein können.

    3.9

    Das Internet wird von mafiösen Gruppen, Fälschern, Virenprogrammierern, Computerpiraten, Industriespionen und anderen Kriminellen für ihre Zwecke missbraucht. Die Strafverfolgung in diesem Bereich ist sehr schwierig, auch wenn in zahlreichen Ländern Polizeisondereinheiten mit der Identifizierung und Lokalisierung derartiger Nutzer beschäftigt sind, um diese zu verfolgen und ihnen das Handwerk zu legen; hierfür ist jedoch ganz allgemein eine internationale Zusammenarbeit notwendig, die noch stärker als bislang gefördert werden muss.

    3.10

    Wie kann man gegen kriminelle Aktivitäten wie Websites mit pädophilen Inhalten vorgehen? Rechtlich gesehen ist ihr Verbot kein Problem, doch müssen erst Möglichkeiten geschaffen werden, um derartige Netze zu entdecken. Wie können Kinder vor pädophilen Tätern geschützt werden, die in bei Jugendlichen besonders beliebten Chatrooms direkt mit diesen Kontakt aufnehmen, um ein persönliches Treffen zu vereinbaren? Es geht nicht um die Rechtmäßigkeit des Verbots derartiger Websites oder der Strafverfolgung in diesen Sonderfällen, sondern um die Mittel, diese auch wirklich durchzusetzen.

    3.11

    Die Internet-Access- und Webspace-Provider können nicht alle Websites und Kommunikationen (die in den Bereich des privaten Schriftverkehrs fallen) überwachen und kontrollieren. Wenn sie jedoch von der Staatsanwaltschaft, der Polizei oder einer anerkannten Kinderschutzstelle dazu aufgefordert werden, müssen sie umgehend auf die Anträge oder Entscheidungen betreffend die Schließung derartiger Websites und die Identifizierung der Nutzer antworten. Dies bedeutet auch, dass Informationen über diese ins Netz gestellten Inhalte wie auch über die Nutzer, die diese Website besucht haben, für einen bestimmten Zeitraum gespeichert werden.

    3.12

    Kreditkartenunternehmen, Betreiber von Suchmaschinen und Internetprovider müssten beispielsweise stichprobenartig anhand bestimmter Indikatoren wie Schlüsselbegriffen oder geographischen Gebieten überprüfen, ob Websites pädophile Inhalte aufweisen und diese ggf. dann der Polizei melden. Die gleiche Vorgehensweise sollte angewendet werden, um „Kunden“ zu identifizieren, die mit ihrer Kreditkarte kinderpornografische und andere kriminelle Inhalte wie Snuff Movies (5) bestellen. Derartige stichprobenartige Untersuchungen sollten notfalls sogar per Gesetz verbindlich eingeführt werden. Betreiber von Suchmaschinen sollten ebenfalls alles daran setzen, die Möglichkeiten einzuschränken, durch bestimmte Suchbegriffe beim Internetsurfen auf kinderpornografische Inhalte zu stoßen.

    3.13

    Hierfür sind jedoch angemessene Mittel seitens der öffentlichen Behörden, qualifizierte Mitarbeiter, eine umfassende grenzüberschreitende Zusammenarbeit und ausgewogene Normen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene erforderlich, durch die jedoch die Freiheiten der Internetsurfer nicht eingeschränkt werden dürfen. Gleichzeitig muss jedoch auch die Möglichkeit gegeben sein, diejenigen Einzelpersonen und Gruppen, die das Internet für die Verbreitung von illegalen Inhalten nutzen, ausfindig zu machen und an ihrem Treiben zu hindern sowie den Eingang unpassender und schädlicher Inhalte willentlich zu blockieren.

    3.14

    Darüber hinaus müssen alle Internetnutzer direkt in die Bekämpfung derartiger Inhalte eingebunden werden, um diese wirksam zu gestalten. Die Internetnutzer müssen über die Vorkehrungen und Mittel aufgeklärt und informiert werden, mit denen sie sich gegen derartige gefährliche und unerwünschte Inhalte sowie den Missbrauch ihrer Website als Schnittstelle für die Weiterverbreitung solcher Inhalte schützen können. Dem Bereich „Sensibilisierung“ des Aktionsplanes muss nach Ansicht des Ausschusses Priorität bei der Mobilisierung der Nutzer eingeräumt werden, um ihr Verantwortungsbewusstsein sich selbst gegenüber aber auch gegenüber von ihnen abhängigen Personen zu stärken. So stellen beispielsweise die keinerlei Regulierung unterliegenden Gesundheits-Websites ein Problem dar. Zum eigenen Schutz müssen auch Unternehmen für die Schulung ihrer Mitarbeiter und die Sicherung ihrer für den elektronischen Geschäftsverkehr genutzten Netze und Websites Sorge tragen; Behörden sowie öffentliche und private Einrichtungen müssen ebenfalls Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und die absolute Vertraulichkeit der Daten, insbesondere personenbezogener Daten, sicherstellen. Neben der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins gilt es, Internetinhalte von hoher Qualität sowie „internetfreie“ Aktivitäten als Alternative zum stundenlangen Surfen und zu einigen Rollenspielen zu fördern, die auf lange Sicht gesehen Menschen mit einer noch nicht gefestigten Persönlichkeit schaden können.

    3.15

    Nutzer müssen die Möglichkeit haben, illegale Inhalte, die sie im Internet finden, ohne größeren Aufwand bei spezialisierten Hotlines, anerkannten Stellen oder Sondereinheiten der Polizei zu melden, um die Behörden zu alarmieren, damit diese gegebenenfalls wiederum entsprechende Maßnahmen ergreifen können. In den Ländern, in denen Kinder sehr häufig zu pornografischen Zwecken im Internet und auf anderen Datenträgern missbraucht werden (wie in den Ländern an der EU-Außengrenze), sollten Warnhinweise an die Eltern gerichtet werden. Diese Maßnahme könnte in einige Kooperationsprogramme mit diesen Ländern im Bereich Außenbeziehungen aufgenommen werden.

    3.16

    Der Ausschuss unterstützt die spezifischen Ziele dieses Programms wie Meldung von illegalen Inhalten durch die Nutzer (über Hotlines), Entwicklung von Filtertechnologie für ungewünschte Inhalte, Klassifizierung der Inhalte, Bekämpfung von Spam, Selbstregulierung der Industrie, Information über die sichere Nutzung der Technologien, empfiehlt in seinen besonderen Bemerkungen jedoch auch einige zusätzliche Ziele, die seines Erachtens in die Überlegungen einbezogen werden sollten.

    4.   Besondere Bemerkungen des Ausschusses

    4.1

    Der Ausschuss hat bereits in der Vergangenheit den Abbau des überzogenen bürokratischen Aufwands für die von der EU finanzierten Programme seitens der Europäischen Kommission gefordert, um insbesondere den Zugang zur Finanzierung für Kleinprojekte und lokale NGO zu erleichtern. Er spricht sich dafür aus, dass die Überwachung anhand der im Rahmen dieses Programms erzielten greifbaren Ergebnisse und die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Lösungen erfolgen soll. Die Verbreitung dieser Lösungen sollte weitaus offener erfolgen.

    4.2

    Normative Maßnahmen zur Förderung des Schutzes der Endnutzer sollten nach Möglichkeit im Rahmen dieses Programms oder andernfalls einer neuen Initiative der Kommission nach Meinung des Ausschusses in Erwägung gezogen werden.

    4.3

    Die Hersteller von Internetanschlussprogrammen, Betriebssystemen und von Software, die unerwünschtes Eindringen verhindert, sollten voll haftbar sein. Die Nutzer sollten die Gewähr haben, dass die Hersteller dieser Programme die beste verfügbare Technik auch tatsächlich einsetzen und ihre Produkte regelmäßig aktualisieren. Durch Selbstregulierung und gegebenenfalls eine Gemeinschaftsnorm sollten die Nutzer über noch mehr Garantien verfügen.

    4.4

    Internet-Access- und Webspace-Provider sollten auf ihren Websites einfache Möglichkeiten zur Virusbekämpfung vor dem Herunterladen von E-Mails bzw. Öffnen von Anhängen und Spam-Filter zur Vorauswahl der Nachrichten anbieten (wie sie dies oftmals auch bereits tun). Dies könnte den Internet-Access-Providern, die ernsthaft um den Schutz ihrer Kunden bemüht sind, im Gegenzug aber auch einen Wettbewerbsvorteil bringen. Da Kinder mit dem Internet häufig besser vertraut sind als ihre Eltern, müssen E-Mail-Filtersysteme sowie Programme zur Virenabwehr und zum Schutz vor ungewünschtem Eindringen sowie Software für elterliche Surf-Kontrolle, die für Erwachsene ohne besondere technische Vorkenntnisse einfach anzuwenden und zu überwachen sind, vorinstalliert sein.

    4.5

    Im Rahmen des Programms sollten auch die Forschung zur Entwicklung spezieller Softwareprogramme und anderer Möglichkeiten zur Überprüfung der „Undurchlässigkeit“ der Verschlüsselungscodes der verschiedenen Sicherheitssoftwareprogramme gefördert, Hersteller dazu angeregt oder vielleicht sogar verpflichtet werden, umgehend Patches (Korrekturen und Aktualisierungen) für alle erkannten und gemeldeten Sicherheitslücken, die unerwünschtes Eindringen nach sich ziehen könnten, anzubieten, die Wirksamkeit von Firewalls für Hard- und Software gestärkt und Methoden zur effizienten Filterung und Identifizierung von Inhalten entwickelt werden.

    4.6

    Der Ausschuss hätte eine stärkere Verbreitung der Bewertung der Effizienz des ersten Programms zur sichereren Nutzung des Internet und der in seinem Rahmen erzielten Ergebnisse mit einer Einteilung nach Problemkategorien, auf die die einzelnen Projekte abstellten, für wünschenswert erachtet. Es müsste sichergestellt werden, dass die Links zu den finanzierten Projekten aktiv bleiben und die Zielgruppe besser über diese unterrichtet ist. Auf der Website der Europäischen Kommission sollten auch Informationen über die Initiativen und Erfahrungen der Mitgliedstaaten und Drittländer enthalten sein, um das Wissen zu verbreiten und einen sinnvollen Erfahrungsaustausch bzw. Kooperationen zu fördern.

    4.7

    Es ist absolut möglich, rechtliche Maßnahmen zu treffen. Internet-Access-Provider, Kreditkartenunternehmen und Suchmaschinenbetreiber können allesamt einer Regulierung unterworfen werden; einige nehmen sogar schon eine Selbstregulierung vor. Die Strafen für Betreiber von Websites, auf denen Terrorismus oder Rassismus verherrlicht werden sowie zu Selbstmord aufgerufen und Kinderpornografie angepriesen wird, müssen drastisch sein und abschreckende Wirkung haben. Es bedarf umfangreicherer internationaler Bemühungen, um derartige Websites zu identifizieren und lokalisieren, um sie nach Möglichkeit zu schließen oder andernfalls diesbezügliche Verhandlungen mit dem Webspace-Provider aufzunehmen.

    5.   Schlussfolgerungen

    Der Ausschuss spricht sich zwar für die Weiterführung und Ausweitung des Programms „Mehr Sicherheit im Internet“ aus (hat er doch die Auflegung dieses Programms gefordert), vertritt jedoch die Ansicht, dass der Ernst und das Ausmaß der Gefahr des Missbrauchs in erster Linie von Kindern zusätzliche dringliche rechtliche und je nach Fall praktische Maßnahmen erforderlich machen, und zwar:

    eine allgemeine Verpflichtung aller betroffenen Akteure, die Kinder und ganz allgemein sämtliche Nutzer, vor allem die verwundbarsten Personen, zu schützen;

    eine automatische Installierung von Filtersystemen;

    klare Sicherheitshinweise auf allen Startseiten und Internetportalen von Chatrooms;

    Unterstützung von Vereinen, die Hotlines für die Meldung von Websites und Online-Aktivitäten einrichten, die dem Kindesmissbrauch Vorschub leisten;

    eine Unterbindung der Benutzung von Kreditkarten zur Bestellung von kinderpornografischen und anderen kriminellen Online-Inhalten sowie zur Geldwäsche;

    Warnhinweise und gezielte Maßnahmen für die Eltern, Erziehungsbeauftragten und Behörden in den Ländern, in denen Kinder häufig zu pornografischen Zwecken missbraucht werden;

    ein verstärktes Vorgehen in Bezug auf die Verbindung zwischen dem Kindesmissbrauch zu pornografischen Zwecken und dem organisierten Verbrechen;

    Systeme zur Identifizierung und Information im Zusammenhang mit illegalen Inhalten und zur Entfernung von rassistischen Inhalten, Verbreitung von Informationen über Online-Betrugsversuche und den Verkauf von gesundheitsschädlichen Substanzen zum Schutz verwundbarer und schlecht informierter Personen;

    die Förderung der Zusammenarbeit und Ausarbeitung gemeinsamer Regeln auf internationaler Ebene zur wirksameren Bekämpfung von Spam-Mails;

    die internationale Zusammenarbeit (Verbesserung des Frühwarnsystems) und Strafmaßnahmen mit abschreckender Wirkung für die Verbreitung von Viren und die illegale Nutzung von privaten und öffentlichen Netzen zu kriminellen Zwecken (Eindringen in Netze zur Industriespionage, Missbrauch von Bandbreite sowie andere Formen des Missbrauchs).

    Brüssel, den 16. Dezember 2004

    Die Präsidentin

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Anne-Marie SIGMUND


    (1)  http://europa.eu.int/information_society/programmes/iap/index_en.htm [nur auf EN]

    (2)  Diese Themen entsprechen einer früheren Forderung des Ausschusses.

    (3)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Ein Programm für den Schutz von Kindern im Internet“ (Berichterstatterin: Frau DAVISON), ABl. C 48 vom 21.2.2002; Stellungnahme des EWSA zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Sicherheit der Netze und Informationen: Vorschlag für einen europäischen Politikansatz“ (Berichterstatter: Herr RETUREAU), ABl. C 48 vom 21.2.2002, Stellungnahme des EWSA zu dem „Grünbuch über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und den Informationsdiensten“ (Berichterstatterin: Frau BARROW), ABl. C 287 vom 22.9.1997.

    (4)  „Technical Barriers to Trade = Technische Handelhemmnisse“. Übereinkommen über technische Handelshemmnisse für den Austausch und die Erbringung von Dienstleistungen. Vgl. beispielsweise die Streitsache USA gegen Antigua und Barbuda über Offshore-Glücksspiele („Measures Affecting the Cross-Border Supply of Gambling and Betting Services“), in der gegen die Panelentscheidung Rechtsmittel bei der WTO eingelegt wurden ( http://www.wto.org/french/tratop_f/dispu_f/distabase_wto_members1_f.htm) Doc. 03-4429 cote WT/DS285/3 du 26/08/2003. Noch anhängig.

    (5)  Filme, in denen reale Extremgewalt, Folterungen und Tötungen gezeigt werden.


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