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Dokument 62022CJ0755

Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 11. Januar 2024.
Nárokuj s.r.o. gegen EC Financial Services, a.s.
Vorabentscheidungsersuchen des Okresní soud Praha-západ.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2008/48/EG – Verbraucherkreditverträge – Art. 8 – Verpflichtung des Kreditgebers zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers – Heilung eines Verstoßes durch vollständige Erfüllung des Kreditvertrags – Art. 23 – Wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen – Nichtigkeit des Kreditvertrags und Verlust des Anspruchs des Kreditgebers auf Zahlung der vereinbarten Zinsen – Keine nachteiligen Folgen für den Verbraucher – Verantwortlichkeit der Kreditgeber und Verhinderung unverantwortlicher Praktiken bei der Vergabe von Krediten an Verbraucher.
Rechtssache C-755/22.

Euroopa kohtulahendite tunnus (ECLI): ECLI:EU:C:2024:10

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

11. Januar 2024 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2008/48/EG – Verbraucherkreditverträge – Art. 8 – Verpflichtung des Kreditgebers zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers – Heilung eines Verstoßes durch vollständige Erfüllung des Kreditvertrags – Art. 23 – Wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen – Nichtigkeit des Kreditvertrags und Verlust des Anspruchs des Kreditgebers auf Zahlung der vereinbarten Zinsen – Keine nachteiligen Folgen für den Verbraucher – Verantwortlichkeit der Kreditgeber und Verhinderung unverantwortlicher Praktiken bei der Vergabe von Krediten an Verbraucher“

In der Rechtssache C‑755/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Okresní soud Praha-západ (Bezirksgericht Prag-West, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 1. August 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Dezember 2022, in dem Verfahren

Nárokuj s.r.o.

gegen

EC Financial Services, a.s.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter N. Piçarra, M. Safjan (Berichterstatter), N. Jääskinen und M. Gavalec,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Nárokuj s.r.o., vertreten durch R. Pukl, Advokát,

der EC Financial Services, a.s., vertreten durch F. Petráš, Advokát,

der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, S. Šindelková und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Ondrůšek und I. Rubene als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nárokuj s.r.o. und der EC Financial Services, a.s., wegen der Rückzahlung von Beträgen im Zusammenhang mit einem Kredit, den EC Financial Services einem Verbraucher gewährt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 7, 9 und 26 der Richtlinie 2008/48 heißt es:

„(7)

Um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern, muss in einigen Schlüsselbereichen ein harmonisierter gemeinschaftsrechtlicher Rahmen geschaffen werden. …

(9)

Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. …

(26)

Die Mitgliedstaaten sollten unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Kreditmarkts in ihrem jeweiligen Land geeignete Maßnahmen zur Förderung verantwortungsvoller Verfahren in allen Phasen der Kreditvergabe ergreifen. Zu diesen Maßnahmen kann beispielsweise die Unterrichtung und Aufklärung der Verbraucher, einschließlich Warnungen vor dem Risiko des Zahlungsverzugs oder der Überschuldung, gehören. Insbesondere auf dem expandierenden Kreditmarkt ist es wichtig, dass Kreditgeber nicht verantwortungslos in der Kreditvergabe tätig werden oder Kredite ohne vorherige Beurteilung der Kreditwürdigkeit vergeben, und die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Kontrollen durchführen, um derartige Verhaltensweisen zu unterbinden und sie sollten die erforderlichen Sanktionsmittel für jene Kreditgeber bestimmen, die sich so verhalten. … Kreditgeber [sollten] dafür verantwortlich sein, in jedem Einzelfall die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen. Zu diesem Zweck sollten sie nicht nur die vom Verbraucher im Rahmen der Vorbereitung des betreffenden Kreditvertrags, sondern auch die während einer schon länger bestehenden Geschäftsbeziehung erteilten Auskünfte heranziehen dürfen. Die Behörden der Mitgliedstaaten könnten den Kreditgebern geeignete Anweisungen erteilen und Leitlinien vorgeben. Auch die Verbraucher sollten mit Umsicht vorgehen und ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen.“

4

Art. 8 („Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers“) der Richtlinie 2008/48 sieht vor:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass vor Abschluss des Kreditvertrages der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen bewertet, die er gegebenenfalls beim Verbraucher einholt und erforderlichenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank. Diejenigen Mitgliedstaaten, die die Kreditgeber gesetzlich dazu verpflichten, die Kreditwürdigkeit aufgrund der Abfrage einer entsprechenden Datenbank zu beurteilen, können diese Anforderung beibehalten.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass, sofern die Parteien übereinkommen, den Gesamtkreditbetrag nach Abschluss des Kreditvertrages zu ändern, der Kreditgeber die ihm zur Verfügung stehenden Finanzinformationen über den Verbraucher auf den neuen Stand bringt und die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vor jeder deutlichen Erhöhung des Gesamtkreditbetrags bewertet.“

5

Art. 23 („Sanktionen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

Tschechisches Recht

6

§ 86 des Zákon č. 257/2016 Sb., o spotřebitelském úvěru (Gesetz Nr. 257/2016 über Verbraucherkreditverträge) in der durch den Zákon č. 96/2022 Sb. (Gesetz Nr. 96/2022) geänderten Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 257/2016 über Verbraucherkreditverträge) lautet:

„(1)   Vor Abschluss des Verbraucherkreditvertrags bzw. vor der Änderung einer Verpflichtung aus einem solchen Vertrag, die mit einer erheblichen Erhöhung des Gesamtbetrags des Verbraucherkredits verbunden ist, bewertet der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand erforderlicher, verlässlicher, ausreichender und angemessener Informationen, die er vom Verbraucher einholt; erforderlichenfalls hat er auch Auskünfte aus einer Datenbank, die eine Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers ermöglicht, oder auch aus anderen Quellen einzuholen. Der Kreditgeber gewährt den Verbraucherkredit nur dann, wenn die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers keine begründeten Zweifel an der Fähigkeit des Verbrauchers ergibt, den Verbraucherkredit zurückzuzahlen.

(2)   Der Kreditgeber beurteilt bei seiner Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers insbesondere die Fähigkeit des Verbrauchers zur Zahlung der vereinbarten periodischen Tilgungsbeträge, indem er die Einnahmen und Ausgaben des Verbrauchers gegenüberstellt und die Art und Weise der bisherigen Schuldentilgungen berücksichtigt. Den Wert des Vermögens berücksichtigt er nur dann, wenn aus dem Verbraucherkreditvertrag hervorgeht, dass der Verbraucherkredit zum Teil oder zur Gänze durch den Erlös aus dem Verkauf von Vermögen des Verbrauchers und nicht durch periodische Rückzahlungen getilgt werden soll, oder wenn sich aus der finanziellen Situation des Verbrauchers ergibt, dass er unabhängig von seinen Einnahmen in der Lage sein wird, den Verbraucherkredit zurückzuzahlen.“

7

§ 87 Abs. 1 dieses Gesetzes lautet:

„Gewährt der Kreditgeber dem Verbraucher den Verbraucherkredit unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Satz 2, ist der Vertrag nichtig. Das Gericht hat die Nichtigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Verbraucher ist verpflichtet, den gewährten Betrag des Verbraucherkredits in einem ihm zumutbaren Zeitraum zurückzuzahlen.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

8

Ein Verbraucher nahm bei der JET Money s.r.o., deren Rechtsnachfolgerin EC Financial Services ist, einen Verbraucherkredit in Höhe von 50000 tschechischen Kronen (CZK) (ungefähr 2000 Euro) auf. Vor Abschluss dieses Vertrags machte der Verbraucher eine Reihe von Angaben zu seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation. In der Folge zahlte er für diesen Kredit einen Gesamtbetrag von 85000 CZK (ungefähr 3500 Euro) einschließlich der Nebenkosten des Kredits zurück. Er focht den genannten Vertrag während des Rückzahlungszeitraums des Kredits nicht an.

9

Nárokuj, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist eine Handelsgesellschaft, an die der Verbraucher die Forderungen abtrat, die er gegen den Kreditgeber aus dem Verbraucherkreditvertrag hätte geltend machen können. Vor dem Okresní soud Praha-západ (Bezirksgericht Prag-West, Tschechische Republik), dem vorlegenden Gericht, macht diese Gesellschaft die Nichtigkeit des Kreditvertrags geltend, da der Kreditgeber gegen seine Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verstoßen habe. Im Rahmen ihrer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage begehrt sie die Zahlung von 35000 CZK, der Differenz zwischen dem Darlehensbetrag und dem vom Verbraucher zurückgezahlten Betrag, zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen.

10

EC Financial Services, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, ist der Ansicht, dass die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers hinreichend bewertet worden sei und dass jedenfalls die Verbraucherschutzvorschriften keine Anwendung fänden, da die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Forderung nicht mehr einem Verbraucher, sondern einer Handelsgesellschaft zustehe.

11

In Anbetracht dieses Vorbringens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob nach der Richtlinie 2008/48 gegen einen Kreditgeber eine Sanktion verhängt werden kann, wenn der Verstoß gegen die Pflicht zur Bewertung der Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers vor Abschluss eines Kreditvertrags keine nachteiligen Folgen für den Verbraucher hatte. Hierzu führt es aus, zwar hätten einige nationale Gerichte diese Frage selbst dann bejaht, wenn der in Rede stehende Kredit vollständig und ohne Einwände des Verbrauchers zurückgezahlt worden sei, doch komme eine gegenteilige Auslegung in Betracht, die auf einer Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien beruhe und der Tatsache Rechnung trage, dass der Verbraucher ebenfalls für sein Verhalten verantwortlich sei.

12

Außerdem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass Art. 8 der Richtlinie 2008/48 verhindern solle, dass der Verbraucher bei der Rückzahlung des Kredits in finanzielle Schwierigkeiten gerate, so dass davon ausgegangen werden könne, dass die Verpflichtung des Kreditgebers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen, nicht das Hauptziel der Richtlinie sei, sondern ein Mittel zur Erreichung dieses Ziels.

13

Im Übrigen könne die Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers nicht isoliert allein auf der Grundlage der Angaben bewertet werden, die der Kreditgeber von ihm verlange, sondern müsse auch anhand der Art und Weise beurteilt werden, in der das Vertragsverhältnis im Hinblick auf das mit der Richtlinie 2008/48 verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes abgewickelt worden sei.

14

Schließlich seien insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und von Treu und Glauben zu berücksichtigen, da ein Kreditgeber, der einem Verbraucher einen Kredit gewährt habe, den dieser anschließend zurückgezahlt habe, darauf vertrauen können müsse, dass der Verbraucher mit seinen Zahlungen seine vertragliche Schuld erfüllt habe. Da der Verbraucher keine nachteiligen Folgen erlitten habe, sei es nicht erforderlich, zu rein präventiven Zwecken eine Sanktion zu verhängen.

15

Unter diesen Umständen hat der Okresní soud Praha-západ (Bezirksgericht Prag-West) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Bezweckt die Richtlinie 2008/48 eine Sanktion gegen den Kreditgeber wegen unvollständiger Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auch dann, wenn der Verbraucher den Kredit vollständig zurückgezahlt und den Vertrag während der Rückzahlung des Kredits nicht angefochten hat?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit

16

Die Europäische Kommission hält die Vorlagefrage für hypothetisch, da die ihr zugrunde liegende Prämisse – dass die Bewertung der Kreditwürdigkeit des betreffenden Verbrauchers nicht im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 oder den nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Vorschrift durchgeführt worden sei – falsch sei. Die Vorlageentscheidung enthalte nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bewertung tatsächlich unzureichend gewesen sei.

17

Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteile vom 14. Juli 2022, Volkswagen, C‑134/20, EU:C:2022:571, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 31. Januar 2023, Puig Gordi u. a., C‑158/21, EU:C:2023:57, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18

Infolgedessen spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht. Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn insbesondere die Auslegung des Unionsrechts, um die er ersucht wird, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 2022, Volkswagen, C‑134/20, EU:C:2022:571, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 31. Januar 2023, Puig Gordi u. a., C‑158/21, EU:C:2023:57, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19

Dies ist in der vorliegenden Rechtssache jedoch nicht der Fall.

20

Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich hervor, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts auf der von Nárokuj formulierten und von EC Financial Services bestrittenen Annahme beruhen, dass EC Financial Services gegen ihre Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nach § 86 des Gesetzes Nr. 257/2016 über Verbraucherkreditverträge verstoßen habe, insbesondere weil sie den tatsächlichen Betrag der Ausgaben des betreffenden Verbrauchers nicht zuverlässig geprüft habe.

21

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2008/48 nicht abschließend festlegt, anhand welcher Angaben der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 36).

22

Folglich geht es bei der Frage, ob der Kreditgeber unter den Umständen des Ausgangsverfahrens seiner Verpflichtung aus Art. 8 der Richtlinie 2008/48 nachgekommen ist, im Wesentlichen um eine Beurteilung der im nationalen Recht zu diesem Zweck vorgesehenen Anforderungen.

23

Der Gerichtshof ist jedoch nicht befugt, im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV darüber zu entscheiden, wie das nationale Recht auszulegen ist oder ob dessen Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist, da im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, jede Beurteilung des Sachverhalts und des nationalen Rechts in die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Gerichte fällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2023, Caixabank [Provision für die Bereitstellung des Darlehens], C‑565/21, EU:C:2023:212, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Mai 2023, Bundesrepublik Deutschland [Elektronisches Gerichtsfach], C‑60/22, EU:C:2023:373, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Unter diesen Umständen ist nicht offensichtlich, dass die erbetene Auslegung der Richtlinie 2008/48 in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht oder dass das aufgeworfene Problem hypothetischer Natur im Sinne der in Rn. 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist.

25

Daraus folgt, dass die Vorlagefrage zulässig ist, wobei das vorlegende Gericht zu prüfen haben wird, ob der Kreditgeber im Ausgangsverfahren tatsächlich gegen seine Verpflichtung aus Art. 8 der Richtlinie 2008/48 verstoßen hat.

Zur Beantwortung der Vorlagefrage

26

Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 8 und 23 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen sind, dass sie in einem Fall, in dem der Kreditgeber gegen seine Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verstoßen hat, der Verhängung einer Sanktion gegen den Kreditgeber nach nationalem Recht, bestehend in der Nichtigkeit des Verbraucherkreditvertrags und dem Verlust seines Anspruchs auf Zahlung der vereinbarten Zinsen, auch dann nicht entgegenstehen, wenn dieser Vertrag von den Parteien vollständig erfüllt wurde und der Verstoß für den Verbraucher keine nachteiligen Folgen hatte.

27

Zunächst ist festzustellen, dass der Umstand, dass sich im Ausgangsrechtsstreit nur Gewerbetreibende gegenüberstehen, der Anwendung der Richtlinie 2008/48 im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht entgegensteht. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, hängt der Geltungsbereich dieser Richtlinie nämlich nicht von der Identität der Parteien des in Rede stehenden Rechtsstreits ab, sondern von der Eigenschaft der Parteien des Kreditvertrags (Urteil vom 11. September 2019, Lexitor, C‑383/18, EU:C:2019:702, Rn. 20).

28

Aus der Vorlageentscheidung geht aber hervor, dass die Forderung, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, auf einer Verpflichtung zur Rückzahlung beruht, die durch die Auflösung des Verbraucherkreditvertrags zwischen einem Verbraucher und JET Money, deren Rechtsnachfolgerin EC Financial Services ist, entstand, und dass die Forderung von diesem Verbraucher nach Rückzahlung des Kredits an Nárokuj abgetreten wurde.

29

Nach dieser Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die Erwägungen des vorlegenden Gerichts so verstanden werden können, dass sie sich sowohl auf die etwaige Heilung eines gerügten Verstoßes gegen Art. 8 der Richtlinie 2008/48 aufgrund der vollständigen Erfüllung des Kreditvertrags als auch auf die Vereinbarkeit der im tschechischen Recht vorgesehenen Maßnahmen zur Ahndung eines solchen Verstoßes mit Art. 23 der Richtlinie beziehen. Um die Vorlagefrage sachdienlich zu beantworten, sind diese beiden Aspekte nacheinander zu erörtern.

30

Erstens ist zur etwaigen Heilung eines Verstoßes gegen Art. 8 der Richtlinie 2008/48 aufgrund der vollständigen Erfüllung des Kreditvertrags darauf hinzuweisen, dass bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen ist, sondern auch ihr Zusammenhang und insbesondere die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 geht hervor, dass der Kreditgeber verpflichtet ist, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vor Abschluss eines Kreditvertrags zu bewerten. Der Gerichtshof hat bereits auf den vorvertraglichen Charakter dieser Verpflichtung hingewiesen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 45).

32

Dieser Umstand allein erlaubt es jedoch nicht, festzustellen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die vollständige Erfüllung des Kreditvertrags einen Verstoß des Kreditgebers gegen seine Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers heilen kann, zumal die Richtlinie 2008/48 nicht festlegt, wie der Kreditgeber dieser Verpflichtung nachzukommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance,C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 36) oder welche Verpflichtungen sich für ihn aus dem Ergebnis der Bewertung ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2019, Schyns, C‑58/18, EU:C:2019:467, Rn. 42 und 43).

33

Was die Prüfung der mit der Richtlinie 2008/48 verfolgten Ziele betrifft, trägt nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 8 der Richtlinie vorgesehene Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers, da sie den Schutz der Verbraucher vor den Gefahren der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit bezweckt, zur Verwirklichung des Ziels der Richtlinie bei, das, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 7 und 9 ergibt, darin besteht, bei Verbraucherkrediten in einigen Schlüsselbereichen eine vollständige und obligatorische Harmonisierung vorzunehmen, die als notwendig erachtet wird, um allen Verbrauchern in der Europäischen Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts für Verbraucherkredite zu erleichtern (Urteile vom 27. März 2014, LCL Le Crédit Lyonnais, C‑565/12, EU:C:2014:190, Rn. 42, und vom 5. März 2020, OPR-Finance, C‑679/18, EU:C:2020:167, Rn. 21).

34

Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass diese Verpflichtung in Anbetracht des 26. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2008/48 auch die verantwortungsbewusste Vergabe von Krediten bezweckt und verhindern soll, dass an nicht zahlungsfähige Verbraucher Kredite vergeben werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 35, vom 5. März 2020, OPR-Finance, C‑679/18, EU:C:2020:167, Rn. 20, und vom 10. Juni 2021, Ultimo Portfolio Investment [Luxembourg], C‑303/20, EU:C:2021:479, Rn. 28).

35

Daraus folgt zum einen, dass die Verpflichtung des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers schlicht dazu dient, der Gefahr einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit infolge unzureichender Prüfung der Fähigkeit und Bereitschaft des Verbrauchers zur Rückzahlung des Kredits vorzubeugen. Solche finanziellen Folgen des Abschlusses eines Kreditvertrags für die Situation des Verbrauchers können sich aber auch nach der Rückzahlung des Kredits ergeben.

36

Zum anderen tragen die verantwortliche Vergabe von Krediten und die Verhinderung unverantwortlicher Praktiken bei ihrer Vergabe an Verbraucher wesentlich zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Verbraucherkreditmarkts bei. Da diese Ziele von der Situation oder dem Verhalten eines bestimmten Verbrauchers unabhängig sind, werden sie nicht allein durch die vollständige Erfüllung des von ihm geschlossenen Kreditvertrags erreicht. Jede andere Auslegung würde dazu führen, der Nichterfüllung der dem Kreditgeber nach Art. 8 der Richtlinie 2008/48 obliegenden Verpflichtung durch ihn Vorschub zu leisten, und könnte dieser Bestimmung ihre praktische Wirksamkeit nehmen.

37

Daraus folgt, dass eine Analyse anhand der Ziele von Art. 8 der Richtlinie 2008/48 den Schluss zulässt, dass ein Verstoß gegen die in dieser Bestimmung vorgesehene Verpflichtung des Kreditgebers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen, nicht allein aufgrund der vollständigen Erfüllung des Kreditvertrags geheilt werden kann. Es spielt keine Rolle, dass der Verbraucher den Vertrag während des Rückzahlungszeitraums des Kredits nicht angefochten hat.

38

Hinzuzufügen ist, dass die in der vorstehenden Randnummer getroffenen Feststellungen nicht durch Rn. 279 des Urteils vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a. (C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014), in Frage gestellt werden; dort hat der Gerichtshof entschieden, dass sich ein Verbraucher, da die Erfüllung eines Vertrags die natürliche Form des Erlöschens vertraglicher Verpflichtungen darstellt, mangels einschlägiger spezieller Bestimmungen nicht mehr auf das ihm nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 zustehende Widerrufsrecht berufen kann, sobald der Kreditvertrag von den Parteien vollständig erfüllt wurde und die gegenseitigen Verpflichtungen aus diesem Vertrag somit beendet sind.

39

Der Umstand, dass sich die Parteien des Kreditvertrags nach dessen vollständiger Erfüllung nicht mehr auf die gegenseitigen Verpflichtungen aus diesem Vertrag berufen können, hat nämlich keine Auswirkung auf das Bestehen einer auf einer Verpflichtung zur Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge beruhenden Forderung, die sich aus der Anwendung einer nationalen Regelung ergibt, mit der ein Verstoß gegen die in Art. 8 der Richtlinie 2008/48 vorgesehene Verpflichtung des Kreditgebers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen, im Einklang mit Art. 23 dieser Richtlinie geahndet wird.

40

Zweitens ist zur Ausgestaltung der Sanktionsregelung für Verstöße gegen die in Anwendung von Art. 8 der Richtlinie 2008/48 erlassenen innerstaatlichen Vorschriften darauf hinzuweisen, dass diese Sanktionen nach Art. 23 der Richtlinie wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juni 2021, Ultimo Portfolio Investment [Luxembourg], C‑303/20, EU:C:2021:479, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Zu diesem Zweck muss die Härte der Sanktionen der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entsprechen, indem sie eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleisten, aber nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit Art. 8 der Richtlinie 2008/48 verfolgten Ziele erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. März 2020, OPR-Finance, C‑679/18, EU:C:2020:167, Rn. 26, und vom 14. Oktober 2021, Landespolizeidirektion Steiermark [Glücksspielautomaten], C‑231/20, EU:C:2021:845, Rn. 45).

42

Auch wenn dem vorlegenden Gericht, das allein für die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zuständig ist, die Prüfung obliegt, ob die in Rede stehenden Sanktionen angesichts der gesamten Umstände des Ausgangsverfahrens den in der vorstehenden Randnummer dargelegten Anforderungen entsprechen, kann der Gerichtshof gleichwohl, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, Klarstellungen vornehmen, um dem vorlegenden Gericht eine Richtschnur für seine Würdigung zu geben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2020, OPR-Finance, C‑679/18, EU:C:2020:167, Rn. 27 und 28).

43

Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass nach tschechischem Recht der Verstoß gegen die in § 86 des Gesetzes Nr. 257/2016 über Verbraucherkreditverträge vorgesehene Pflicht des Kreditgebers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten, in § 87 Abs. 1 dieses Gesetzes mit der Nichtigkeit des Kreditvertrags geahndet wird, was dazu führt, dass der Kreditgeber den Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Zinsen verliert.

44

Das vorlegende Gericht sowie EC Financial Services und die Kommission sind im Wesentlichen der Ansicht, die Verhängung einer solchen Sanktion sei angesichts dessen, dass der Kreditvertrag vollständig erfüllt worden sei, ohne dass der Verbraucher nachteilige Folgen erlitten habe, unverhältnismäßig, da sie über das hinausgehe, was zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 2008/48 erforderlich sei.

45

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, bei der Festlegung einer geeigneten, bei einem Verstoß des Kreditgebers gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/48 anzuwendenden Sanktionsregelung das Ausmaß des Schadens, der dem Verbraucher durch das Verhalten des Kreditgebers entstanden ist, gebührend zu berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. April 2015, UPC Magyarország, C‑388/13, EU:C:2015:225, Rn. 58). Stehen mehrere gleichermaßen geeignete Maßnahmen zur Erreichung der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele zur Auswahl, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die am wenigsten belastende zu wählen, wobei in jedem Fall die durch die betreffende Maßnahme verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Februar 2022, Agenzia delle dogane e dei monopoli und Ministero dell’Economia e delle Finanze, C‑452/20, EU:C:2022:111, Rn. 37 und 38 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Insoweit zielt für den Fall, dass ein von einem Verbraucher geschlossener Kreditvertrag vollständig erfüllt wurde, ohne dass der Verbraucher während oder nach seiner Erfüllung nachteilige Folgen erlitten hat, die in Art. 8 der Richtlinie 2008/48 vorgesehene Verpflichtung – wie sich aus den Rn. 33 und 34 des vorliegenden Urteils ergibt – gleichwohl nicht nur darauf ab, die Verbraucher vor solchen Risiken zu schützen, sondern auch darauf, die Kreditgeber in die Verantwortung zu nehmen und die Gewährung von Krediten an nicht zahlungsfähige Verbraucher zu verhindern.

47

Im Licht dieser doppelten Zielsetzung hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in Anbetracht der wesentlichen Bedeutung, die dieser Verpflichtung im Kontext der Richtlinie 2008/48 zukommt, ein Verstoß gegen sie nach nationalem Recht mit dem Verlust des Zinsanspruchs des Kreditgebers geahndet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juni 2021, Ultimo Portfolio Investment [Luxembourg], C‑303/20, EU:C:2021:479, Rn. 39 und 40).

48

Überdies hat der Gerichtshof in einer Rechtssache, die ebenfalls die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung betraf, bereits entschieden, dass eine Sanktion, die bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zum Verlust des Anspruchs des Kreditgebers auf die vereinbarten Zinsen führt, der Schwere des mit ihr geahndeten Verstoßes angemessen erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2020, OPR-Finance, C‑679/18, EU:C:2020:167, Rn. 30).

49

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass einer Nichteinhaltung der Verpflichtung der Kreditgeber aus Art. 8 der Richtlinie 2008/48 Vorschub geleistet werden könnte, wenn die Anwendung einer Sanktion in Form der Nichtigkeit des Kreditvertrags und des Wegfalls des Anspruchs des Kreditgebers auf Zahlung der vereinbarten Zinsen davon abhängig gemacht würde, dass der Verbraucher eine nachteilige Folge erlitten hat. Die Kreditgeber könnten dadurch nämlich dazu veranlasst werden, keine systematische und umfassende Bewertung der Zahlungsfähigkeit aller Verbraucher vorzunehmen, denen sie Kredite gewähren, was im Widerspruch zu den Zielen stünde, die Kreditgeber in die Verantwortung zu nehmen und unverantwortliche Praktiken bei der Gewährung von Krediten an Verbraucher zu verhindern. Eine solche Auslegung könnte zudem den wirklich abschreckenden Charakter der vorgesehenen Sanktion beeinträchtigen.

50

Zum anderen kann die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sanktion, soweit sie zur Auflösung des Kreditvertrags führt, zwar zweifellos schwerwiegende Folgen für den Kreditgeber haben, doch bedeutet dies allein weder, dass er zwangsläufig Nachteile erleiden würde, die außer Verhältnis zu der mit Art. 8 der Richtlinie 2008/48 verfolgten doppelten Zielsetzung stünden, noch – wie EC Financial Services in ihren schriftlichen Erklärungen geltend macht –, dass die Gefahr, diesen Folgen auch nach Rückzahlung des Kredits ausgesetzt zu werden, eine Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit darstellen würde.

51

Daraus folgt, dass – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen – der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, den Verstoß gegen die nationalen Vorschriften, mit denen die Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 2008/48 sichergestellt wird, auch dann mit der Nichtigkeit des Kreditvertrags und dem Verlust des Anspruchs des Kreditgebers auf Zahlung der vereinbarten Zinsen zu ahnden, wenn der Verstoß für den Verbraucher keine nachteiligen Folgen hatte.

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Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 8 und 23 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen sind, dass sie in einem Fall, in dem der Kreditgeber gegen seine Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verstoßen hat, der Verhängung einer Sanktion gegen den Kreditgeber nach nationalem Recht, bestehend in der Nichtigkeit des Verbraucherkreditvertrags und dem Verlust seines Anspruchs auf Zahlung der vereinbarten Zinsen, auch dann nicht entgegenstehen, wenn dieser Vertrag von den Parteien vollständig erfüllt wurde und der Verstoß für den Verbraucher keine nachteiligen Folgen hatte.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Art. 8 und 23 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates

 

sind dahin auszulegen, dass

 

sie in einem Fall, in dem der Kreditgeber gegen seine Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers verstoßen hat, der Verhängung einer Sanktion gegen den Kreditgeber nach nationalem Recht, bestehend in der Nichtigkeit des Verbraucherkreditvertrags und dem Verlust seines Anspruchs auf Zahlung der vereinbarten Zinsen, auch dann nicht entgegenstehen, wenn dieser Vertrag von den Parteien vollständig erfüllt wurde und der Verstoß für den Verbraucher keine nachteiligen Folgen hatte.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Tschechisch.

Üles