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Document 62022CJ0173

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 30. November 2023.
    MG gegen Europäische Investitionsbank (EIB).
    Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Bedienstete der Europäischen Investitionsbank (EIB) – Verwaltungsvorschriften für das Personal der EIB – Dienstbezüge – Familienzulagen – Zahlung lediglich an den Elternteil, der das alleinige Sorgerecht für das Kind hat – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 41 Abs. 2 – Anspruch auf rechtliches Gehör – Einrede der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsvorschriften – Grundsatz der Gleichbehandlung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Aufhebungs- und Schadensersatzklage.
    Rechtssache C-173/22 P.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:932

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

    30. November 2023 ( *1 ) ( i )

    „Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Bedienstete der Europäischen Investitionsbank (EIB) – Verwaltungsvorschriften für das Personal der EIB – Dienstbezüge – Familienzulagen – Zahlung lediglich an den Elternteil, der das alleinige Sorgerecht für das Kind hat – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 41 Abs. 2 – Anspruch auf rechtliches Gehör – Einrede der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsvorschriften – Grundsatz der Gleichbehandlung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Aufhebungs- und Schadensersatzklage“

    In der Rechtssache C‑173/22 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. März 2022,

    MG, vertreten durch L. Levi, Avocate,

    Rechtsmittelführer,

    andere Partei des Verfahrens:

    Europäische Investitionsbank (EIB), vertreten durch K. Carr, G. Faedo und E. Manoukian als Bevollmächtigte im Beistand von A. Dal Ferro, Avvocato,

    Beklagte im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele (Berichterstatterin),

    Generalanwältin: T. Ćapeta,

    Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2023,

    nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Juli 2023

    folgendes

    Urteil

    1

    Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rechtsmittelführer die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 21. Dezember 2021, MG/EIB (T‑573/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:915), mit dem seine Klage nach Art. 270 AEUV und Art. 50a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Aufhebung der Schreiben der Europäischen Investitionsbank (EIB), auf deren Grundlage dem Rechtsmittelführer der Anspruch auf Familienzulagen und die abgeleiteten finanziellen Ansprüche entzogen wurden, und auf Ersatz des immateriellen Schadens, den der Rechtsmittelführer erlitten haben soll, abgewiesen wurde.

    Rechtlicher Rahmen

    Verordnung Nr. 260/68

    2

    Art. 3 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1968, L 56, S. 8) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1750/2002 des Rates vom 30. September 2002 (ABl. 2002, L 264, S. 15) (im Folgenden: Verordnung Nr. 260/68) geänderten Fassung bestimmt:

    „(3)   Die nachstehend aufgeführten Leistungen und Zulagen, die mit Rücksicht auf die Familie gewährt werden oder die sozialer Art sind, werden von der Besteuerungsgrundlage abgezogen:

    a)

    die Familienzulagen:

    die Haushaltszulage,

    die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder,

    die Erziehungszulage,

    die Geburtenzulage;

    (4)   Unbeschadet des Artikels 5 werden von dem nach den vorstehenden Bestimmungen errechneten Betrag 10 v. H. für Werbungskosten und persönliche Aufwendungen abgesetzt.

    Für jedes unterhaltsberechtigte Kind des Steuerpflichtigen sowie für jede Person, die im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften einem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellt ist, wird außerdem ein Betrag abgesetzt, der der doppelten Höhe der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder entspricht.“

    Personalordnung

    3

    Art. 41 der am 20. April 1960 vom Verwaltungsrat der EIB erlassenen Personalordnung der EIB in der im vorliegenden Fall geltenden Fassung (im Folgenden: Personalordnung) sah vor:

    „Für alle Rechtsstreitigkeiten zwischen der [EIB] und den Bankangehörigen, die sich auf das einzelne Rechtsverhältnis beziehen, ist der Gerichtshof [der Europäischen Union] zuständig.

    Unabhängig von der Klageerhebung vor dem Gerichtshof [der Europäischen Union] sind alle Streitfälle, sofern sie nicht die Disziplinarmaßnahmen des Artikels 38 betreffen, Gegenstand eines Güteverfahrens, das vor einem Schlichtungsausschuss der [EIB] durchgeführt wird.

    …“

    Verwaltungsvorschriften

    4

    Die Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften für das Personal der EIB (im Folgenden: Verwaltungsvorschriften) lauten:

    „2.2.1. Familienzulage

    Nachstehende Bedienstete haben Anspruch auf eine Familienzulage in Höhe von 5 % des monatlichen Grundgehalts:

    a)

    verheiratete Bedienstete;

    b)

    Bedienstete, die rechtlich getrennt leben oder geschieden sind und die durch ein Gerichtsurteil zur Zahlung von Regelunterhalt verpflichtet sind;

    c)

    unverheiratete, rechtlich getrennte, geschiedene oder verwitwete Bedienstete, wenn sie Anspruch auf die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder haben (siehe Nr. 2.2.3).

    Das Direktorium legt den Mindestbetrag der Zulage fest (siehe Anhang I).

    Sind zwei Ehegatten bei der Bank beschäftigt, so wird die Zulage dem Ehegatten mit dem höheren monatlichen Grundgehalt gezahlt. Ist einer der Ehegatten bei der Bank und der andere bei einer anderen internationalen Organisation beschäftigt, so erhält der bei der Bank beschäftigte Bedienstete die Zulage, sofern die andere Organisation seinem/ihrem Ehegatten keine ähnliche Zulage zahlt.

    Im Fall des Todes der einzigen Person, in Bezug auf die der Anspruch auf die Zulage besteht, wird die Zahlung mit Ablauf des sechsten Monats ab dem Todestag unterbrochen.

    Dies gilt entsprechend für Empfänger eines von der Bank gezahlten Ruhegehalts.

    2.2.2. Unterhaltsberechtigtes Kind

    Ein Kind, für dessen Unterhalt ein Bediensteter tatsächlich aufkommt und das sein eheliches, legitimiertes, anerkanntes leibliches oder adoptiertes Kind oder sein Stiefkind ist, gilt als unterhaltsberechtigtes Kind dieses Bediensteten, sofern die Bank oder ein anderes Organ der Europäischen Union das Kind nicht als unterhaltsberechtigtes Kind eines anderen Bediensteten, Beamten oder Angestellten ansieht und das Kind keine Erwerbstätigkeit ausübt.

    Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Bank auch ein Kind, das von einem Bediensteten in seinen Haushalt aufgenommen wurde, als unterhaltsberechtigtes Kind einstufen.

    Lebt das Kind in demselben Haushalt wie der Bedienstete oder trägt dieser zum Unterhalt des Kindes in einem Umfang bei, der mindestens 50 % über der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder liegt (siehe Anhang I), so wird davon ausgegangen, dass der Bedienstete tatsächlich für den Unterhalt des Kindes aufkommt.“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    5

    Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 25 des angefochtenen Urteils wie folgt dargelegt:

    „1

    Der Rechtsmittelführer, MG, ist seit dem 1. Februar 1998 bei der [EIB] beschäftigt.

    2

    Am 12. September 2003 heiratete der Rechtsmittelführer A, die seit 2002 ebenfalls bei der EIB beschäftigt ist. Sie haben fünf Kinder.

    3

    Am 22. August 2017 erhob A vor dem Tribunal d’arrondissement de Luxembourg (Bezirksgericht Luxemburg, Luxemburg) Scheidungsklage gegen den Rechtsmittelführer und beantragte die einstweilige Anordnung von getrennten Wohnorten, des Auszugs ihres Ehemanns aus der ehelichen Wohnung und der Erteilung des vorläufigen Sorgerechts für ihre fünf minderjährigen Kinder.

    4

    Am 14. November 2017 erließ das Tribunal d’arrondissement de Luxembourg (Bezirksgericht Luxemburg) einen Beschluss (im Folgenden: einstweilige Anordnung vom 14. November 2017), mit der A das vorläufige Sorgerecht für die Kinder zugesprochen wurde. Das luxemburgische Gericht verfügte auch, dass der Rechtsmittelführer die eheliche Wohnung innerhalb eines Monats nach Zustellung der einstweiligen Anordnung zu verlassen habe.

    5

    Der Rechtsmittelführer verließ im Dezember 2017 die eheliche Wohnung.

    6

    Mit Beschluss vom 20. Juli 2018 (im Folgenden: einstweilige Anordnung vom 20. Juli 2018), der dem Rechtsmittelführer am 7. März 2019 zugestellt wurde, verpflichtete das für den vorläufigen Rechtsschutz zuständige luxemburgische Gericht den Rechtsmittelführer zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von 1500 Euro monatlich (300 Euro für jedes der gemeinsamen Kinder) ohne Familienzulagen an A sowie zur Übernahme der Kosten für die Betreuung von drei Kindern im Early Childhood Centre … und der Hälfte aller außergewöhnlichen Kosten, die im Rahmen der Fürsorge für alle fünf gemeinsamen Kinder anfallen. Außerdem verpflichtete das Gericht die EIB zur Auszahlung der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder und der Erziehungszulage an A.

    7

    Am 9. Januar 2019 wies die Cour supérieure de justice (Oberster Gerichtshof, Luxemburg) als Berufungsgericht die Berufung des Rechtsmittelführers gegen die einstweilige Anordnung vom 14. November 2017 ab, soweit darin als Wohnsitz der minderjährigen Kinder die Adresse von A festgelegt worden war, gewährte ihm aber ein Besuchs- und Umgangsrecht an jedem zweiten Wochenende und während der Hälfte der Schulferien.

    8

    Am 21. März 2019 wurde die Ehe des Rechtsmittelführers mit A durch das Tribunal d’arrondissement de Luxembourg (Bezirksgericht Luxemburg) geschieden.

    9

    Am 10. Juli 2019 erging auf die Berufung gegen die einstweilige Anordnung vom 20. Juli 2018 ein Urteil der Cour supérieure de justice (Oberster Gerichtshof), in dem das Recht von A auf Unterhalt von dem Rechtsmittelführer in Höhe von 300 Euro pro Monat und Kind bestätigt wurde. Das Gericht änderte diese Anordnung jedoch dahin, dass es den Rechtsmittelführer von der Zahlung bestimmter, im Interesse der Kinder angefallener Kosten, insbesondere Kinderbetreuungskosten, freistellte, da es der Ansicht war, dass diese Kosten im Rahmen des Unterhalts berücksichtigt worden seien.

    10

    Am 24. November 2017 wurde dem Rechtsmittelführer von der EIB mitgeteilt, dass nach der einstweiligen Anordnung vom 14. November 2017 die Zulagen für unterhaltsberechtigte Kinder und die Erziehungszulagen an A gezahlt würden.

    11

    Am 28. Dezember 2017 stellte A einen Antrag auf Schlichtung nach Art. 41 der [Personalordnung] in ihrer auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung und beantragte, die fünf Kinder gemäß der einstweiligen Anordnung vom 14. November 2017 als unterhaltsberechtigt anzuerkennen und ihr den Anspruch auf Auszahlung der in dieser Personalordnung vorgesehenen Familienzulagen und abgeleiteten finanziellen Ansprüche zuzuerkennen.

    12

    Am 12. September 2018 entschied der Präsident der EIB, dass die Kinder des Rechtsmittelführers mit A ab Oktober 2018 als unterhaltsberechtigt gegenüber A anzusehen seien (im Folgenden: Entscheidung vom 12. September 2018) und bestätigte damit das Ergebnis eines weiteren Schlichtungsverfahrens, das er auf A erstreckte. Im Anschluss daran wurde A der Anspruch auf Auszahlung der Familienzulagen und der abgeleiteten finanziellen Ansprüche zuerkannt.

    13

    Mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 (im Folgenden: Schreiben vom 11. Oktober 2018) teilte die EIB dem Rechtsmittelführer mit, dass er ab Oktober 2018 keinen Anspruch mehr auf die Familienzulage, die Zulagen für unterhaltsberechtigte Kinder und die Erziehungszulagen (im Folgenden zusammen: Familienzulagen) sowie auf die abgeleiteten finanziellen Ansprüche habe, die auf der Grundlage der Verwaltungsvorschriften … gewährt worden seien, da diese mit der Entscheidung vom 12. September 2018 gegenüber A bewilligt worden seien.

    14

    Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 wandte sich der Rechtsmittelführer der EIB gegen die in dieser Entscheidung genannten Maßnahmen. Er erklärte ferner, dass sein Schreiben vom 29. Oktober 2018 als Antrag auf Schlichtung gemäß Art. 41 der Personalordnung … anzusehen sei.

    15

    Nachdem der Rechtsmittelführer von der EIB keine Antwort erhalten hatte, wiederholte er sein Anliegen mit Schreiben vom 10. Dezember 2018.

    16

    Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 wies die EIB das Begehren des Rechtsmittelführers zurück, ohne sich zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens zu äußern (im Folgenden: Schreiben vom 7. Januar 2019 …).

    17

    Mit E‑Mail vom 11. Januar 2019 stellte der Rechtsmittelführer einen Antrag auf Schlichtung gemäß Art. 41 der Personalordnung. Dieser Antrag richtete sich gegen das Schreiben vom 11. Oktober 2018 und, soweit erforderlich, gegen das Schreiben vom 7. Januar 2019.

    18

    Mit E‑Mail vom 14. Januar 2019 bestätigte die Personalabteilung der EIB den Eingang des Schlichtungsantrags des Rechtsmittelführers. Mit E‑Mail vom 15. Januar 2019 bestätigte auch der Präsident der EIB den Eingang des Schlichtungsantrags.

    19

    Mit E‑Mail vom 17. Januar 2019 benannte der Rechtsmittelführer B, Abteilungsleiter bei der EIB, als seinen Vertreter im Schlichtungsausschuss und ersuchte die EIB, ihm mitzuteilen, wer sie vertreten würde. Er wiederholte seinen Antrag mit Einschreiben vom 4. Februar 2019.

    20

    Mit Schreiben vom 17. April 2019 teilte die Personalabteilung der EIB dem Rechtsmittelführer mit, dass in Beantwortung seines Schreibens vom 11. Januar 2019 dem von ihm gestellten Schlichtungsantrag stattgegeben worden sei und daher ein Schlichtungsverfahren eröffnet worden sei. Die EIB wies darauf hin, dass C als Vertreterin der EIB im Rahmen dieses Verfahrens benannt worden sei.

    21

    Ab dem 24. April 2019 fand ein reger E‑Mail-Austausch zwischen B und C statt, um den Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses zu benennen. Man einigte sich auf die Benennung von D, eines pensionierten Bediensteten der EIB.

    22

    Der Schlichtungsausschuss tagte am 23. Juli und 2. August 2019 sowie am 5. und 9. März 2020.

    23

    Mit E‑Mail vom 12. Februar 2020 schlug die Personalabteilung der EIB dem Schlichtungsausschuss vor, wie in einem von ihr als „ähnlich“ bezeichneten Fall bestimmte Zulagen zur Hälfte an den Rechtsmittelführer und zur Hälfte an A zu zahlen, sofern der Rechtsmittelführer die für seine Kinder geleisteten Zahlungen nachweise. Der Rechtsmittelführer lehnte diesen Vorschlag ab.

    24

    Zwischen dem 9. März und dem 4. Juni 2020 erfolgte ein reger E‑Mail-Austausch zwischen den drei Mitgliedern des Schlichtungsausschusses über Anmerkungen und Ergänzungen zum Inhalt des Protokolls des Schlichtungsverfahrens. Mit E‑Mail vom 4. Juni 2020 übermittelte der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses dem Präsidenten der EIB dieses Protokoll, in dem er u. a. das Scheitern des Schlichtungsausschusses und die Unmöglichkeit feststellte, sich auf einen Bericht über den Abschluss dieses Verfahrens zu einigen.

    25

    Mit Schreiben vom 30. Juli 2020, das dem Rechtsmittelführer mit E‑Mail vom 31. Juli 2020 übermittelt wurde, teilte der Präsident der EIB ihm mit, dass er das Ergebnis des Schlichtungsausschusses erhalten habe und das Scheitern des Schlichtungsverfahrens zur Kenntnis nehme (im Folgenden: Schreiben vom 30. Juli 2020). Das Protokoll des Schlichtungsausschusses war diesem Schreiben beigefügt.“

    Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    6

    Mit Klageschrift, die am 14. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob der Rechtsmittelführer eine Klage nach Art. 270 AEUV und Art. 50a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Aufhebung der Schreiben der EIB vom 11. Oktober 2018, vom 7. Januar 2019 und vom 30. Juli 2020, auf deren Grundlage ihm der Anspruch auf Familienzulagen und die abgeleiteten finanziellen Ansprüche entzogen wurde, und auf Ersatz des immateriellen Schadens, den er erlitten habe.

    7

    Der Rechtsmittelführer stützte seinen Aufhebungsantrag auf sechs Klagegründe. Erstens rügte er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht, drittens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorschriften, viertens einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, fünftens einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) sowie eine Verletzung des Grundsatzes der guten Verwaltung und der Fürsorgepflicht und sechstens einen Verstoß gegen Art. 41 der Personalordnung und eine Verletzung des Grundsatzes der guten Verwaltung und der Fürsorgepflicht.

    8

    Im angefochtenen Urteil wies das Gericht sämtliche Klagegründe und damit den Antrag auf Aufhebung zurück.

    9

    Zur Stützung seines Antrags auf Schadensersatz machte der Rechtsmittelführer geltend, dass er aufgrund der Handlungen und Unterlassungen seiner Arbeitgeberin einen immateriellen Schaden erlitten habe; dieser ergebe sich erstens aus der plötzlichen und sehr erheblichen Kürzung seiner Dienstbezüge durch den Erlass einer rechtswidrigen Handlung, die Angst ausgelöst habe, zweitens aus der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an Dritte ohne seine Zustimmung, drittens aus der Stellungnahme der EIB zugunsten seiner früheren Ehefrau, die für den Ausgang des Gerichtsverfahrens vor den luxemburgischen Gerichten entscheidend gewesen sei, und viertens aus der ungerechtfertigten Verzögerung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens. Der Rechtsmittelführer bezifferte den Schaden nach billigem Ermessen auf 10000 Euro, wobei er sich verpflichtete, diesen Betrag im Fall der Gewährung an eine wohltätige Einrichtung zu spenden.

    10

    Im angefochtenen Urteil wies das Gericht die ersten drei Teile des im ersten Rechtszug gestellten Schadensersatzantrags zurück. Dagegen stellte es in Bezug auf den vierten Teil dieses Antrags fest, insbesondere im Hinblick darauf, dass sich die Antwort der EIB auf den Antrag von MG auf Eröffnung des Schlichtungsverfahrens im Anschluss an das Schreiben vom 7. Januar 2019 um mehr als drei Monate unangemessen verzögert habe und dass die EIB auf den ersten Antrag auf Schlichtung im Schreiben vom 29. Oktober 2018 nicht eingegangen sei, habe die EIB den Rechtsmittelführer durch diese ungerechtfertigte Verzögerung in einem Zustand längerer Ungewissheit gehalten und ihm damit einen immateriellen Schaden zugefügt. Daher verurteilte das Gericht die EIB, an den Rechtsmittelführer Schadensersatz zu zahlen, den es nach billigem Ermessen mit 500 Euro bezifferte.

    11

    Im Übrigen entschied das Gericht, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen habe.

    Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren

    12

    Der Rechtsmittelführer beantragt,

    das Rechtsmittel für zulässig und begründet zu erklären,

    das angefochtene Urteil aufzuheben, folglich den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben und daher die Entscheidung der EIB vom 11. Oktober 2018 aufzuheben, mit der dem Rechtsmittelführer die Familienzulagen (einschließlich insbesondere der von der EIB bis November 2019 unrechtmäßig von seinem Gehalt abgezogenen Kosten für die Kinderbetreuung und für das Early Childhood Centre) und die abgeleiteten finanziellen Ansprüche (einschließlich insbesondere Steuerfreibeträge und Erstattung der von dem Rechtsmittelführer getragenen Kosten der medizinischen Versorgung der Kinder) gestrichen wurden, sowie, falls erforderlich, die Entscheidung der EIB vom 7. Januar 2019 aufzuheben, mit der die Anträge des Rechtsmittelführers vollumfänglich abgelehnt wurden, sowie die Entscheidung der EIB vom 30. Juli 2020 aufzuheben, in der das Scheitern des Schlichtungsverfahrens festgestellt und mit der die Entscheidung vom 11. Oktober 2018 bestätigt wurde, dem Rechtsmittelführer den erlittenen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen und

    der EIB sämtliche Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

    13

    Die EIB beantragt,

    das Rechtsmittel zurückzuweisen und

    dem Rechtsmittelführer sämtliche Kosten aufzuerlegen.

    Zum Rechtsmittel

    14

    Zur Begründung seines Rechtsmittels stützt sich der Rechtsmittelführer auf fünf Gründe, mit denen er erstens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht, drittens eine Verfälschung der Tatsachen, offensichtliche Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, viertens einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 und fünftens eine Verfälschung des Akteninhalts, einen Verstoß gegen Art. 85 der Verfahrensordnung des Gerichts, eine fehlerhafte Einordnung des Sachverhalts und eine Verletzung der Begründungspflicht geltend macht.

    15

    Als Erstes ist der erste Rechtsmittelgrund und als Zweites der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zu prüfen.

    Zum ersten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    16

    Mit diesem Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht in den Rn. 73 und 74 des angefochtenen Urteils gegen den in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen habe.

    17

    Er habe in seiner Klage vor dem Gericht geltend gemacht, dass er vor Erlass des Schreibens vom 11. Oktober 2018 von der EIB nicht angehört worden sei. Dieses Schreiben sei im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens ergangen, das auf Antrag seiner früheren Ehefrau eingeleitet worden sei, ohne dass er davon unterrichtet worden wäre. Dieses Verfahren sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung der EIB in einem anderen Schlichtungsverfahren, das von einem anderen Bediensteten eingeleitet worden war und dessen tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte dem Rechtsmittelführer nicht bekannt seien, entsprechend anzuwenden sei. Er habe auch geltend gemacht, dass das Ergebnis des Verfahrens anders ausgefallen wäre, wenn er angehört worden wäre, da er zum einen seine Situation im Hinblick auf die vor dem nationalen Gericht anhängigen Gerichtsverfahren genau hätte erläutern können und zum anderen die EIB eine Aufteilung der Familienzulagen oder einiger von ihnen zwischen ihm und seiner früheren Ehefrau hätte vorschlagen können.

    18

    Im angefochtenen Urteil räume das Gericht ein, dass der Rechtsmittelführer im Rahmen des Verfahrens, das mit der ihm mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 mitgeteilten Entscheidung abgeschlossen worden sei, nicht angehört worden sei. Das Gericht sei jedoch zu Unrecht der Auffassung gewesen, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör allein deshalb gewahrt worden sei, weil er in seinen Schreiben vom 29. Oktober und 10. Dezember 2018 die Möglichkeit gehabt habe, sich zu der in der Entscheidung vom 11. Oktober 2018 dargelegten Begründung zu äußern, und weil sein Standpunkt von der EIB vor Erlass ihrer Stellungnahme in ihrem Schreiben vom 7. Januar 2019 berücksichtigt worden sei.

    19

    Die EIB erwidert, das Gericht habe zu Recht festgestellt, dass sie dem Rechtsmittelführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Schreiben vom 11. Oktober 2018 gegeben habe. Art. 41 Abs. 2 der Personalordnung sehe vor, dass das dort vorgesehene Güteverfahren nur individuell auf Initiative der betroffenen Partei eingeleitet werden könne, d. h. des Bediensteten der EIB, der sich durch eine Entscheidung oder ein Verhalten der Verwaltung für beeinträchtigt halte. Da die frühere Ehefrau des Rechtsmittelführers, ebenfalls Bedienstete der EIB, die Initiative ergriffen habe, auf ein solches Schlichtungsverfahren über die Zahlung der Familienzulagen und der abgeleiteten finanziellen Ansprüche zurückzugreifen, sei sie die einzige von diesem Verfahren Betroffene gewesen, ohne dass die EIB die Möglichkeit gehabt habe, das Verfahren auf den Rechtsmittelführer auszuweiten.

    20

    Insoweit habe die EIB die Ausübung des Anspruchs des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör auf die einzige Weise gestaltet, die mit dem Recht seiner früheren Ehefrau auf Inanspruchnahme des individuellen Schlichtungsverfahrens nach Art. 41 der Personalordnung vereinbar sei. So seien dem Rechtsmittelführer die Ergebnisse des Schlichtungsverfahrens, das seine frühere Ehefrau individuell betroffen habe, mitgeteilt worden, nachdem dieses Verfahren abgeschlossen gewesen sei und soweit die von der EIB zu ergreifenden Folgemaßnahmen Auswirkungen für ihn hätten haben können, und sei hierzu angehört worden. Jedenfalls habe der Rechtsmittelführer nicht dargetan, dass das Verfahren gegebenenfalls zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    21

    Nach Art. 41 Abs. 2 der Charta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung insbesondere das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

    22

    Diese Bestimmung ist, wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, allgemein anwendbar. Folglich muss das Recht auf Anhörung in allen Verfahren gewahrt werden, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können, auch wenn die anwendbare Regelung ein solches Verfahrensrecht nicht ausdrücklich vorsieht (Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    23

    Nach einer vom Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, verfolgt der Anspruch auf rechtliches Gehör ein doppeltes Ziel. Er dient zum einen der Zusammenstellung der Akten und einer möglichst genauen und zutreffenden Ermittlung des Sachverhalts und ermöglicht es zum anderen, einen wirksamen Schutz der betroffenen Person zu gewährleisten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll insbesondere gewährleisten, dass jede beschwerende Entscheidung in Kenntnis aller Umstände getroffen wird, und soll u. a. der zuständigen Behörde erlauben, einen Fehler zu berichtigen, und der betroffenen Person, individuelle Umstände vorzutragen, die für oder gegen den Erlass oder für oder gegen einen bestimmten Inhalt der Entscheidung sprechen (Urteil vom 4. Juni 2020, EAD/De Loecker, C‑187/19 P, EU:C:2020:444, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    24

    So garantiert das Recht, gehört zu werden, jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Rechte und berechtigten Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 67, und vom 21. Oktober 2021, Parlament/UZ,C‑894/19 P, EU:C:2021:863, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    25

    Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es in den Rn. 73 und 74 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör keine Verpflichtung der EIB bedinge, den Rechtsmittelführer vor Erlass des Schreibens vom 11. Oktober 2018 anzuhören.

    26

    Was erstens die Frage betrifft, ob das Schreiben vom 11. Oktober 2018 eine „nachteilige individuelle Maßnahme“ darstellte, die die Rechte und berechtigten Interessen des Rechtsmittelführers im Sinne von Art. 41 Abs. 2 der Charta beeinträchtigte, hat das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils auf dessen Rn. 35 verwiesen, aus der sich ergebe, dass die EIB dem Rechtsmittelführer mit diesem Schreiben mitgeteilt habe, dass ihm angesichts des Ergebnisses des von seiner früheren Ehefrau eingeleiteten Schlichtungsverfahrens keine Familienzulagen mehr gezahlt würden. In dieser Rn. 35 hat das Gericht ausgeführt, dass das Schreiben vom 11. Oktober 2018 die individuelle Situation des Rechtsmittelführers unmittelbar betroffen habe, da ihm die Möglichkeit genommen worden sei, diese Familienzulagen und die abgeleiteten finanziellen Ansprüche zu erhalten.

    27

    Indem das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils im Rahmen der Prüfung des vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Klagegrundes einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auf diese Feststellung Bezug genommen hat, ist es implizit, aber zwangsläufig davon ausgegangen – ohne dass dies im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels bestritten worden wäre –, dass das Schreiben vom 11. Oktober 2018 tatsächlich eine individuelle Maßnahme darstellt, die die Rechte und berechtigten Interessen des Rechtsmittelführers im Sinne von Art. 41 Abs. 2 der Charta „nachteilig“ beeinträchtigen kann, so dass der Rechtsmittelführer gemäß dieser Bestimmung vor Erlass dieser Maßnahme anzuhören war.

    28

    Zweitens steht fest, dass der Rechtsmittelführer von der EIB vor Erlass des Schreibens vom 11. Oktober 2018 nicht angehört wurde. Wie sich nämlich aus den Rn. 12 und 13 des angefochtenen Urteils ergibt, wurde dieses Schreiben dem Rechtsmittelführer im Anschluss an die Entscheidung der EIB vom 12. September 2018 zugestellt, die Familienzulagen im Rahmen eines von seiner früheren Ehefrau nach Art. 41 der Personalordnung eingeleiteten Güteverfahrens, an dem der Rechtsmittelführer nicht teilgenommen hat, wie sich aus Rn. 73 des angefochtenen Urteils ergibt, seiner früheren Ehefrau zu gewähren.

    29

    Zwar hat sich der Rechtsmittelführer zum einen, wie das Gericht in Rn. 74 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt hat, nach Erhalt des Schreibens vom 11. Oktober 2018 an die EIB gewandt, um die ihm zugestellte Entscheidung anzufechten. So hat er in einem Schreiben vom 29. Oktober 2018 insbesondere geltend gemacht, dass das Schreiben vom 11. Oktober 2018 unter Verstoß gegen seine Verfahrensrechte erlassen worden sei, dass der Inhalt dieses Schreibens unverständlich sei und dass dieses gegen die finanziellen Vereinbarungen innerhalb der Familie verstoße, insbesondere den Umstand, dass er einen wesentlichen Teil der Ausgaben der Familie trage.

    30

    Zum anderen hat die EIB mit ihrem Schreiben vom 7. Januar 2019 tatsächlich auf bestimmte Einwände des Rechtsmittelführers geantwortet, wie auch das Gericht in Rn. 74 des angefochtenen Urteils hervorgehoben hat.

    31

    Es ist jedoch festzustellen, dass diese Antwort auf die schriftlichen Einwände des Rechtsmittelführers, die mehrere Wochen nach Erlass des Schreibens vom 11. Oktober 2018 an seinen Anwalt gerichtet wurde, seine fehlende Anhörung vor Erlass dieser Entscheidung nicht heilen kann. Wie die Generalanwältin in Nr. 50 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, war dieses Schreiben nämlich keine vorbereitende Handlung für eine spätere Entscheidung. Es stellt die eigentliche Entscheidung dar, die durch das Schreiben vom 7. Januar 2019 bestätigt wird. Die Entscheidung, mit der dem Rechtsmittelführer der Anspruch auf Familienzulagen aberkannt wurde, war somit das Schreiben vom 11. Oktober 2018.

    32

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör voraussetzt, dass dem Betroffenen ermöglicht wurde, im Rahmen eines schriftlichen oder mündlichen Austauschs, der von dieser Behörde eingeleitet wurde und dessen Nachweis ihr obliegt, seinen Standpunkt zu dem Entscheidungsentwurf sachgerecht zur Kenntnis zu bringen. Insbesondere muss der Betroffene ausdrücklich von einem Entscheidungsentwurf in Kenntnis gesetzt und dazu aufgefordert worden sein, sich zu ihm zu äußern. Nur dann, wenn er sich der Folgen der beabsichtigten Entscheidung bewusst war, wurde ihm ermöglicht, den fraglichen Entscheidungsprozess zu beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2007, Marcuccio/Kommission, C‑59/06 P, EU:C:2007:756, Rn. 47 und 58).

    33

    Im vorliegenden Fall hat die EIB, wie sich aus den Rn. 28 und 31 des vorliegenden Urteils ergibt, dem Rechtsmittelführer keine Gelegenheit gegeben, rechtzeitig Stellung zu nehmen und damit den Entscheidungsprozess zu beeinflussen.

    34

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Gericht in Rn. 74 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen hat, indem es entschieden hat, dass der Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör im vorliegenden Fall nicht verletzt worden sei, weil er sich zu der von der EIB im Schreiben vom 11. Oktober 2018 dargelegten Begründung habe äußern und seinen Standpunkt zu den darin angeführten Gründen habe darlegen können, obwohl dies erst nach Erlass dieser Entscheidung möglich war und ihm daher nicht ermöglicht wurde, den Entscheidungsprozess zu beeinflussen.

    35

    Drittens ist allerdings ist zu beachten, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (Urteil vom 17. Januar 2023, Spanien/Kommission, C‑632/20 P, EU:C:2023:28, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    36

    Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung führt, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    37

    Damit die Verletzung des Anspruchs eines Betroffenen auf rechtliches Gehör zur Aufhebung einer für ihn möglicherweise nachteiligen Einzelfallentscheidung der Behörde führen kann, ist zu prüfen, ob diese Behörde bei Erlass der fraglichen Entscheidung über ein Ermessen verfügte. Ein Beamter hat nämlich kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung einer Entscheidung wegen Formmangels und insbesondere wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor jeder beschwerenden Entscheidung, wenn die Verwaltung über kein Ermessen verfügt und handeln muss, wie sie es getan hat. In einem solchen Fall einer gebundenen Entscheidung könnte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, sobald dieser Fehler behoben ist, nur zum Erlass einer Entscheidung führen, die inhaltlich mit der aufgehobenen Entscheidung übereinstimmt (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Juli 1983, Geist/Kommission, 117/81, EU:C:1983:191, Rn. 7).

    38

    Zum Nachweis der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die EIB macht der Rechtsmittelführer im Wesentlichen geltend, dass er, wenn er vor dem Schreiben vom 11. Oktober 2018 angehört worden wäre, seine persönlichen Umstände im Hinblick auf die vor dem nationalen Gericht anhängigen Gerichtsverfahren und insbesondere den Umstand hätte darlegen können, dass sein Beitrag zum Unterhalt seiner Kinder mindestens 50 % über der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder liege, so dass die EIB eine Aufteilung der Familienzulagen oder einiger von ihnen zwischen dem Rechtsmittelführer und seiner früheren Ehefrau hätte vorschlagen können.

    39

    Die EIB hat insbesondere in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen geltend gemacht, dass das Verfahren nicht zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, da Nr. 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften vorsehe, dass das Kind nur dann als unterhaltsberechtigtes Kind eines Bediensteten angesehen werden könne, wenn dieser für den Unterhalt dieses Kindes tatsächlich aufkomme, wofür zum einen nachzuweisen sei, dass das Kind in demselben Haushalt wie der Bedienstete lebe, und zum anderen, dass der Bedienstete zum Unterhalt des Kindes in einem Umfang beitrage, der mindestens 50 % über der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder liege. Wie die EIB im Schreiben vom 7. Januar 2019 ausgeführt habe, sei die erste dieser Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen, da das nationale Gericht das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder der früheren Ehefrau des Rechtsmittelführers übertragen habe.

    40

    Hierzu ist festzustellen, dass die Behauptung der EIB, eine unterschiedliche Aufteilung der Familienzulagen zwischen dem Rechtsmittelführer und seiner früheren Ehefrau sei in Anbetracht des Wortlauts der Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften nicht möglich gewesen, durch die von der EIB im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht bestrittene Tatsachenfeststellung in Rn. 23 des angefochtenen Urteils widerlegt wird, wonach die Personalabteilung der EIB dem Schlichtungsausschuss mit E‑Mail vom 12. Februar 2020 mit Verweis auf die Entscheidung in einem als „ähnlich“ bezeichneten Fall vorgeschlagen habe, bestimmte Zulagen zur Hälfte an den Rechtsmittelführer und zur Hälfte an seine frühere Ehefrau zu zahlen, sofern der Rechtsmittelführer die für seine Kinder geleisteten Zahlungen nachweise.

    41

    Unter diesen Umständen ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Generalanwältin in Nr. 66 ihrer Schlussanträge davon auszugehen, dass die EIB ihre eigenen Verwaltungsvorschriften auch anders hätte auslegen können. Die EIB verfügte somit über ein Ermessen im Sinne der in Rn. 37 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, so dass das in Rede stehende Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn dem Rechtsmittelführer ermöglicht worden wäre, vor Erlass des Schreibens vom 11. Oktober 2018 seinen Standpunkt vorzutragen.

    42

    Daher ist dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben.

    Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

    Vorbringen der Parteien

    43

    Mit dem zweiten Teil seines dritten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht in den Rn. 100, 101, 107 und 108 des angefochtenen Urteils die Einrede der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorschriften über die Familienzulagen zu Unrecht zurückgewiesen habe. Diese Bestimmungen verstießen gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung, da Eltern, die gemeinsam ihre Kinder unterhielten, nicht die gleichen abgeleiteten finanziellen Rechte zustünden, obwohl diese Rechte nach dem tatsächlichen Unterhalt der Kinder bestimmt würden. Der Umstand, dass ein Elternteil das Sorgerecht für ein Kind habe, unterscheide ihn im Hinblick auf die Gewährung von Familienzulagen nicht von dem anderen Elternteil ohne Sorgerecht für dieses Kind. Der Rechtsmittelführer habe rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass er hohe Kosten für den Unterhalt seiner Kinder trage, auch wenn diese Kinder zum größten Teil im Haushalt seiner früheren Ehefrau lebten.

    44

    Die EIB macht geltend, dass das Gericht nicht gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung bzw. der Gleichbehandlung verstoßen habe, da die Verwaltungsvorschriften es den Bediensteten ermöglichten, nachzuweisen, dass sie zum Unterhalt der Kinder beitrügen, und somit Familienzulagen zu erhalten. Außerdem würden diese Zulagen zugunsten der Kinder und nicht der Bediensteten gezahlt. Jedenfalls unterscheide sich die Lage des Elternteils, der das Sorgerecht für die Kinder habe, von derjenigen des Elternteils ohne das Sorgerecht, so dass eine unterschiedliche Behandlung der beiden Elternteile völlig gerechtfertigt sei.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    45

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung, wie er in Art. 20 der Charta verankert ist, einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Eine unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, d. h., wenn sie im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der betreffenden Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht (Urteile vom 16. Dezember 2008, Huber, C‑524/06, EU:C:2008:724, Rn. 75, und vom 4. Mai 2023, Glavna direktsia Pozharna bezopasnost i zashtita na naselenieto (Nachtarbeit),C‑529/21 bis C‑536/21 und C‑732/21 bis C‑738/21, EU:C:2023:374, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    46

    Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine unterschiedliche Behandlung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie kennzeichnen, vergleichbar sind. Die Merkmale unterschiedlicher Sachverhalte und somit deren Vergleichbarkeit sind u. a. im Licht des Ziels und des Zwecks der betreffenden Bestimmungen zu bestimmen und zu beurteilen, wobei die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen sind, dem die in Rede stehende Maßnahme unterfällt (Urteile vom 26. September 2013, IBV & Cie, C‑195/12, EU:C:2013:598, Rn. 51 und 52, sowie vom 14. Juni 2017, Compass Contract Services, C‑38/16, EU:C:2017:454, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    47

    Im vorliegenden Fall hat die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, wie das Gericht in Rn. 102 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, einen sozialen Zweck, der durch die Ausgaben gerechtfertigt ist, die sich aus einem aktuellen und konkreten Bedarf ergeben, der mit der Existenz des Kindes und seinem tatsächlichen Unterhalt einhergeht. Insoweit sind Zulagen wie die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder oder auch die Erziehungszulage und sogar die Pauschalzulagen für Kinder für Reisen zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und dem Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bediensteten zwar Bestandteil der Dienstbezüge; sie sind jedoch nicht für den Unterhalt des Beamten bestimmt, sondern ausschließlich für den des Kindes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 1988, Christianos/Gerichtshof,33/87, EU:C:1988:300, Rn. 15).

    48

    Daraus folgt, wie die Generalanwältin in Nr. 87 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dass im Hinblick auf dieses Ziel der jeweilige finanzielle Beitrag zum Unterhalt der Kinder das maßgebliche Kriterium für die Frage ist, ob sich der Elternteil, der das alleinige Sorgerecht für das Kind hat, in Bezug auf die Zahlung der Zulagen für unterhaltsberechtigte Kinder in einer Lage befindet, die mit der des Elternteils ohne das Sorgerecht vergleichbar ist.

    49

    Anders als das Gericht in Rn. 107 des angefochtenen Urteils entschieden hat, folgt daraus, dass sich Eltern, die beide tatsächlich zum Unterhalt ihres Kindes beitragen, im Hinblick auf die Zahlung der Zulagen für unterhaltsberechtigte Kinder in einer vergleichbaren Situation befinden und dass die Zahlung dieser Zulagen grundsätzlich nur an einen von ihnen eine Ungleichbehandlung darstellt, die objektiv gerechtfertigt sein muss.

    50

    Insoweit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass wenn einer der Elternteile tatsächlich das alleinige Sorgerecht für das Kind hat, das mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, dieser Elternteil tatsächlich zum Unterhalt dieses Kindes beiträgt.

    51

    Dies schließt jedoch keineswegs aus, dass der andere Elternteil, auch wenn er nicht das alleinige Sorgerecht für das Kind hat, ebenfalls tatsächlich zum Unterhalt des Kindes beiträgt, insbesondere im Hinblick auf den in Art. 24 Abs. 3 der Charta verankerten Anspruch des Kindes auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

    52

    In diesem Zusammenhang ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, der verlangt, wie das Gericht in Rn. 106 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen.

    53

    Im vorliegenden Fall geht eine Auslegung der Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften dahin, dass sie unabhängig vom tatsächlichen Beitrag der Eltern zum Unterhalt des Kindes die Zahlung von Familienzulagen durch die EIB allein an den Elternteil vorsehen, dem das alleinige Sorgerecht für das Kind übertragen wurde, über das hinaus, was zur Erreichung des mit der fraglichen Regelung verfolgten legitimen Ziels erforderlich ist. Denn diese erlaubt es nicht, im Interesse des Kindeswohls und unter Berücksichtigung seines in Rn. 51 des vorliegenden Urteils genannten Anspruchs auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen die bestehende Sachlage im Hinblick auf den tatsächlichen Beitrag jedes Elternteils zum Unterhalt des Kindes zu berücksichtigen, d. h. die tatsächliche Deckung aller oder eines Teils der Grundbedürfnisse des Kindes, insbesondere in Bezug auf Wohnung, Verpflegung, Kleidung, Erziehung, Pflege und Krankheitskosten.

    54

    Insoweit ist das Vorliegen einer von einem nationalen Gericht erlassenen Entscheidung über die Höhe der von einem geschiedenen Bediensteten für den Unterhalt des Kindes zu leistenden Beiträge zwar ein von dem Organ zu berücksichtigender Umstand, der aber das Organ nicht davon entbinden kann, sein eigenes Ermessen auszuüben, um festzustellen, ob der Bedienstete tatsächlich zum Unterhalt des Kindes beiträgt.

    55

    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen, soweit ihre Auslegung unter keinen Umständen die Feststellung zulässt, dass ein Elternteil, dem nicht das alleinige Sorgerecht für ein Kind übertragen wurde, tatsächlich zu dessen Unterhalt beiträgt.

    56

    Das Gericht hat daher einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 107 und 108 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Verwaltungsvorschriften nicht gegen diese Grundsätze verstießen.

    57

    Nach alledem ist auch dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes stattzugeben.

    Zum zweiten Rechtsmittelgrund, zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes sowie zum vierten und zum fünften Rechtsmittelgrund

    58

    Da der erste Rechtsmittelgrund und der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes durchgreifen und die Aufhebung des angefochtenen Urteils rechtfertigen, brauchen die übrigen Rechtsmittelgründe und Teile von Rechtsmittelgründen nicht geprüft werden, da diese zu keiner weiter gehenden Aufhebung des angefochtenen Urteils führen können.

    Zur Klage vor dem Gericht

    59

    Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann dieser im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit entweder selbst endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

    60

    Im vorliegenden Fall verfügt der Gerichtshof über die erforderlichen Angaben, um endgültig über die vom Rechtsmittelführer beim Gericht erhobene Klage auf Aufhebung der Schreiben der EIB vom 11. Oktober 2018 und, soweit erforderlich, der Schreiben vom 7. Januar 2019 und vom 30. Juli 2020 sowie über den im ersten Rechtszug gestellten Schadensersatzantrag zu entscheiden.

    Zum Antrag auf Aufhebung

    61

    Aus den Rn. 21 bis 57 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass der erste Klagegrund sowie der zweite Teil des dritten Klagegrundes begründet sind und dass die Schreiben vom 11. Oktober 2018, vom 7. Januar 2019 und vom 30. Juli 2020 wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie der Rechtswidrigkeit der Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 der Verwaltungsvorschriften aufzuheben sind, soweit ihre Auslegung unter keinen Umständen die Feststellung zulässt, dass ein Elternteil, dem nicht das alleinige Sorgerecht für ein Kind übertragen wurde, tatsächlich zu dessen Unterhalt beiträgt.

    Zum Antrag auf Schadensersatz

    62

    Zur Stützung seines im ersten Rechtszug gestellten, in Rn. 9 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Antrags auf Schadensersatz hat der Rechtsmittelführer geltend gemacht, dass er einen immateriellen Schaden erlitten habe; dieser ergebe sich erstens aus der abrupten und sehr erheblichen Kürzung seiner Dienstbezüge, die Angst ausgelöst habe, zweitens aus der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an Dritte ohne seine Zustimmung, drittens aus der Stellungnahme von Mitgliedern des Managements der EIB zugunsten seiner früheren Ehefrau im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vor den luxemburgischen Gerichten und viertens aus der ungerechtfertigten Verzögerung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens. Dies sei nur durch eine vorläufig nach billigem Ermessen auf 10000 Euro geschätzte Entschädigung wiedergutzumachen, wobei er sich wie bereits in erster Instanz verpflichtet hat, diesen Betrag im Fall der Gewährung an eine wohltätige Einrichtung zu spenden.

    63

    Das Gericht hat die ersten drei Teile dieses Schadensersatzantrags zurückgewiesen (siehe oben, Rn. 10), jedoch hinsichtlich des vierten Teils festgestellt, dass dem Rechtsmittelführer durch die ungerechtfertigte Verzögerung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens seitens der EIB ein immaterieller Schaden entstanden sei, und hat die EIB zur Zahlung von Schadensersatz an den Rechtsmittelführer verurteilt, den es nach billigem Ermessen auf 500 Euro beziffert hat.

    64

    Insoweit ist zum einen hinsichtlich des immateriellen Schadens, der durch die abrupte und sehr erhebliche Kürzung seiner Dienstbezüge entstanden sein soll, darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Aufhebung einer rechtswidrigen Handlung für sich genommen bereits einen angemessenen und grundsätzlich hinreichenden Ersatz für den gesamten immateriellen Schaden darstellen kann, den diese Handlung verursacht haben kann (Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB,C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 80), es sei denn, dass der Kläger nachweist, dass er einen von der Rechtswidrigkeit, auf der die Aufhebung beruht, abtrennbaren immateriellen Schaden erlitten hat, der durch die Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann. Einen solchen Nachweis erbringt der Rechtsmittelführer jedoch nicht.

    65

    Was zum anderen den immateriellen Schaden betrifft, der durch die Weitergabe der personenbezogenen Daten des Rechtsmittelführers ohne seine Zustimmung an Dritte entstanden sein soll, oder durch die Stellungnahme von Mitgliedern des Managements der EIB zugunsten seiner früheren Ehefrau im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vor den luxemburgischen Gerichten, hat der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines tatsächlichen und sicheren Schadens im Zusammenhang mit den behaupteten Verstößen im Sinne der in Rn. 148 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung nicht nachgewiesen, so dass die in Rn. 145 jenes Urteils genannten Voraussetzungen für die Haftung der EIB nicht erfüllt sind.

    66

    Unter diesen Umständen ist dem Schadensersatzantrag des Rechtsmittelführers nicht stattzugeben.

    Kosten

    67

    Gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

    68

    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

    69

    Da der Rechtsmittelführer beantragt hat, der EIB die Kosten aufzuerlegen, und diese unterlegen ist, sind ihr sowohl die durch das Verfahren im ersten Rechtszug in der Rechtssache T‑573/20 als auch die durch das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 21. Dezember 2021, MG/EIB (T‑573/20, EU:T:2021:915), wird aufgehoben.

     

    2.

    Die Entscheidungen der Europäischen Investitionsbank (EIB), die dem Rechtsmittelführer mit Schreiben vom 11. Oktober 2018, 7. Januar 2019 und 30. Juli 2020 mitgeteilt wurden, werden aufgehoben.

     

    3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

     

    4.

    Die Europäische Investitionsbank (EIB) trägt neben ihren eigenen Kosten die MG entstandenen Kosten sowohl für das Verfahren im ersten Rechtszug als auch für das Rechtsmittelverfahren.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

    ( i ) Die vorliegende Sprachfassung ist in den Schlagwörtern gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.

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