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Document 62022CC0425

    Schlussanträge des Generalanwalts N. Emiliou vom 8. Februar 2024.
    MOL Magyar Olaj- és Gázipari Nyrt. gegen Mercedes-Benz Group AG.
    Vorabentscheidungsersuchen der Kúria.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen – Gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Art. 7 Nr. 2 – Zuständigkeit für Verfahren, die eine unerlaubte Handlung, eine ihr gleichgestellte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben – Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs – Für unvereinbar mit Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erklärtes Kartell – In verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Tochtergesellschaften – Unmittelbarer Schaden, der ausschließlich bei den Tochtergesellschaften eingetreten ist – Schadensersatzklage der Muttergesellschaft – Begriff ‚wirtschaftliche Einheit‘.
    Rechtssache C-425/22.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:131

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    NICHOLAS EMILIOU

    vom 8. Februar 2024 ( 1 )

    Rechtssache C‑425/22

    MOL Magyar Olaj- és Gázipari Nyrt.

    gegen

    Mercedes-Benz Group AG

    (Vorabentscheidungsersuchen der Kúria [Oberstes Gericht, Ungarn])

    „Ersuchen um Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Zuständigkeit für Verfahren, die eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben – Schadensersatzklage wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht – Bei Tochtergesellschaften eingetretener Schaden – Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist – Sitz der Muttergesellschaft – Wirtschaftliche Einheit“

    I. Einleitung

    1.

    Im Jahr 2016 erließ die Europäische Kommission einen Beschluss, in dem sie zu dem Ergebnis kam, dass verschiedene Unternehmen, darunter die Mercedes-Benz Group AG (im Folgenden: Beklagte), die Höhe der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen miteinander abgestimmt und dadurch gegen das u. a. in Art. 101 AEUV verankerte Verbot verstoßen hätten ( 2 ). Dieser Beschluss zog eine Reihe von Schadensersatzklagen nach sich, von denen einige zu Vorabentscheidungsersuchen führten, in denen der Gerichtshof darum gebeten wurde, sich zur korrekten Auslegung der Zuständigkeitsregeln der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 ( 3 ) in Bezug darauf zu äußern, vor welchen Gerichten solche Klagen erhoben werden können ( 4 ).

    2.

    Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen fügt sich in einen ähnlichen Kontext ein und zielt im Wesentlichen auf die Auslegung dieser Verordnung in Bezug auf die Frage ab, ob sich eine Muttergesellschaft auf den wettbewerbsrechtlichen Begriff der wirtschaftlichen Einheit berufen kann, um die Zuständigkeit der Gerichte an ihrem Sitz für eine Klage auf Ersatz des ihren Tochtergesellschaften entstandenen Schadens zu begründen.

    3.

    Genauer gesagt hält die in Ungarn ansässige MOL Magyar Olaj- és Gázipari Nyrt. (im Folgenden: Klägerin) eine Mehrheitsbeteiligung an den zur MOL-Gruppe gehörenden, in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften. Diese Tochtergesellschaften kauften von der Beklagten mittelbar Lastkraftwagen zu Preisen, die durch die im oben genannten Beschluss der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verfälscht worden sein sollen. Im Ausgangsverfahren beantragt die Klägerin bei den ungarischen Gerichten, die in Deutschland ansässige Beklagte zum Ersatz des Schadens in Höhe des wegen der Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften zu viel gezahlten Betrags zu verurteilen.

    4.

    Nach der Verordnung Nr. 1215/2012 richtet sich die Zuständigkeit im Allgemeinen nach dem Wohnsitz des Beklagten ( 5 ). Von dieser Regel gibt es mehrere Ausnahmen, u. a. für Klagen aus unerlaubter Handlung (wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende), wonach auch die Gerichte des Ortes zuständig sein können, an dem der geltend gemachte Schaden eingetreten sein soll ( 6 ).

    5.

    Sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzliche Gericht waren jedoch der Ansicht, dass diese besondere Zuständigkeitsregel im Ausgangsverfahren nicht angewandt werden könne und dass den ungarischen Gerichten daher die internationale Zuständigkeit für die Entscheidung über die von der Klägerin erhobene Klage fehle. Zusammengefasst lag das daran, dass die in Rede stehenden Lastkraftwagen nicht von der Klägerin, sondern von ihren Tochtergesellschaften gekauft worden waren (so dass de facto sie den Schaden durch die künstlich erhöhten Preise erlitten hatten). Unter diesen Umständen fragt die Kúria (Oberstes Gericht, Ungarn) nunmehr, ob die Zuständigkeit dadurch begründet werden kann, dass sich der Sitz der Klägerin in Ungarn befindet. Sie möchte zudem wissen, ob es dabei eine Rolle spielt, dass einige der betreffenden Tochtergesellschaften noch nicht zur Gruppe der Klägerin gehörten, als die in Rede stehenden Lastkraftwagen gekauft wurden.

    6.

    Das Ersuchen des vorlegenden Gerichts scheint auf dem Vorbringen der Klägerin zu beruhen, dass der Schaden letztlich am Ort ihres Sitzes eingetreten sei, da sie und die betroffenen Tochtergesellschaften zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehörten.

    7.

    Wie ich in den vorliegenden Schlussanträgen näher erläutern werde, ist dieser Begriff im Wettbewerbsrecht entwickelt worden, um u. a. dessen Durchsetzung zu verbessern. Er ist insbesondere herangezogen worden, um eine Zurechnung der Verantwortlichkeit zu ermöglichen, wenn die Zuwiderhandlung tatsächlich nicht von der Beklagten, sondern von einer anderen (juristischen) Person begangen wurde, beide Gesellschaften aber zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehören. Vor diesem Hintergrund besteht die Kernfrage im vorliegenden Fall darin, ob dieser Begriff auch zur Begründung der Zuständigkeit für eine Schadensersatzklage herangezogen werden kann, unabhängig davon, ob die Klägerin die (juristische) Person ist, die den zugrunde liegenden Schaden ursprünglich erlitten hat.

    II. Rechtlicher Rahmen

    8.

    Im 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 wird ausgeführt: „Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. …“

    9.

    Im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es: „Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten sollte durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind. Das Erfordernis der engen Verbindung soll Rechtssicherheit schaffen und verhindern, dass die Gegenpartei vor einem Gericht eines Mitgliedstaats verklagt werden kann, mit dem sie vernünftigerweise nicht rechnen konnte. …“

    10.

    Kapitel II der Verordnung Nr. 1215/2012 enthält Zuständigkeitsvorschriften. In Abschnitt 1 dieses Kapitels finden sich allgemeine Bestimmungen, zu denen Art. 4 Abs. 1 gehört, der lautet: „Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

    11.

    Im selben Abschnitt sieht Art. 5 Abs. 1 vor: „Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 [des Kapitels II] verklagt werden.“

    12.

    Abschnitt 2 von Kapitel II der Verordnung Nr. 1215/2012 betrifft „Besondere Zuständigkeiten“. Er enthält u. a. Art. 7 Nr. 2, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden kann, „wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, [und zwar] vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“.

    III. Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    13.

    In ihrem Beschluss vom 19. Juli 2016 stellte die Kommission fest, dass die in Deutschland ansässige Beklagte zusammen mit anderen Unternehmen in der Zeit vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 an einem Kartell in Form einer Abstimmung der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) beteiligt gewesen sei und damit eine fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen das Verbot in Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum begangen habe ( 7 ). Die Kommission kam zu dem Schluss, dass sich die Zuwiderhandlung auf den gesamten EWR erstreckt habe.

    14.

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit Sitz in Ungarn. Sie hält eine Mehrheitsbeteiligung an Gesellschaften, die zur MOL-Gruppe gehören. Sie ist entweder Mehrheitseigentümerin oder übt in anderer Weise die alleinige Kontrolle über verschiedene Gesellschaften aus, zu denen MOLTRANS mit Sitz in Ungarn, INA mit Sitz in Kroatien, Panta und Nelsa mit Sitz in Italien, ROTH mit Sitz in Österreich und SLOVNAFT mit Sitz in der Slowakei gehören. Während des im Beschluss der Kommission angegebenen Zeitraums der Zuwiderhandlung kauften oder leasten diese Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedstaaten mittelbar 71 Lastkraftwagen von der Beklagten.

    15.

    Die Klägerin erhob beim Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtisches Stuhlgericht, Ungarn) (im Folgenden: erstinstanzliches Gericht) Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 530851 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten mit der Begründung, diesen Betrag hätten ihre Tochtergesellschaften wegen des im Beschluss der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Verhaltens zu viel gezahlt. Gestützt auf den Begriff der wirtschaftlichen Einheit mache sie Schadensersatzansprüche ihrer Tochtergesellschaften gegen die Beklagte geltend. Die ungarischen Gerichte seien aufgrund von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 zuständig, da an ihrem Sitz als dem Mittelpunkt der wirtschaftlichen und finanziellen Interessen der Unternehmensgruppe das schädigende Ereignis im Sinne dieser Bestimmung letztlich eingetreten sei.

    16.

    Die Beklagte erhob die Einrede der Unzuständigkeit der ungarischen Gerichte.

    17.

    Das erstinstanzliche Gericht erachtete diese Einrede als begründet und führte aus, die besondere Zuständigkeitsregel in Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 sei eng auszulegen und könne nur angewandt werden, wenn eine besonders enge Beziehung zwischen dem angerufenen Gericht und dem Gegenstand des Rechtsstreits bestehe. Nicht die Klägerin habe die künstlich erhöhten Preise gezahlt, sondern ihre Tochtergesellschaften (die damit die Geschädigten der in Rede stehenden Wettbewerbsverzerrung seien). Die Klägerin habe hingegen einen rein finanziellen Schaden erlitten, so dass ihr Sitz nicht als der Ort angesehen werden könne, an dem das schädigende Ereignis im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 eingetreten sei; demnach seien die ungarischen Gerichte nicht zuständig.

    18.

    Diese Auffassung wurde in der Berufungsinstanz durch Beschluss des Fővárosi Ítélőtábla (Hauptstädtisches Tafelgericht, Ungarn) (im Folgenden: zweitinstanzliches Gericht) bestätigt. Dieses Gericht führte aus, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gelte die Theorie der wirtschaftlichen Einheit nur für die Begründung der Verantwortlichkeit für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht, nicht aber für den Geschädigten zur Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit. Wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache CDC Hydrogen Peroxide ( 8 ) ergebe, sei für die Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 darauf abzustellen, wo die geschädigte Gesellschaft ihren Sitz habe, und nicht auf den Sitz ihrer Muttergesellschaft.

    19.

    Die Klägerin legte bei der Kúria (Oberstes Gericht), dem vorlegenden Gericht, Revision ein. Sie beantragte, den Beschluss des zweitinstanzlichen Gerichts aufzuheben und die Sache an die zuvor angerufenen Gerichte zurückzuverweisen. Sie machte im Wesentlichen geltend, die Theorie der wirtschaftlichen Einheit sei im vorliegenden Kontext im Rahmen der Begründung der Zuständigkeit zu berücksichtigen, und als einzige beherrschende Gesellschaft der Unternehmensgruppe sei sie von den gewinn- oder verlustbringenden Transaktionen der zur Gruppe gehörenden Gesellschaften unmittelbar betroffen.

    20.

    Die Beklagte hielt dem entgegen, die Klägerin habe keinen der vom Kartell betroffenen Lastkraftwagen gekauft und folglich keinen Schaden erlitten. Außerdem sei die Theorie der wirtschaftlichen Einheit im Kontext einer Begründung der Zuständigkeit nicht anwendbar; ein solcher Ansatz finde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Stütze.

    21.

    Unter diesen Umständen hat die Kúria (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Begründet der Ort des Sitzes der Muttergesellschaft als Ort des schädigenden Ereignisses im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 die gerichtliche Zuständigkeit, wenn eine Muttergesellschaft mit einer Klage auf Schadensersatz wegen des wettbewerbswidrigen Verhaltens eines Unternehmens ausschließlich den Ersatz von Schäden begehrt, die ihren Tochtergesellschaften aufgrund dieses Verhaltens entstanden sind?

    2.

    Ist es im Rahmen der Anwendung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 von Bedeutung, dass zum Zeitpunkt der verschiedenen streitgegenständlichen Erwerbe nicht alle Tochtergesellschaften zur Unternehmensgruppe der Muttergesellschaft gehörten?

    22.

    Die Klägerin, die Beklagte, die tschechische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

    IV. Würdigung

    23.

    Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen möchte das vorlegende Gericht erstens wissen, ob die Zuständigkeit eines Gerichts für eine Schadensersatzklage, mit der eine Muttergesellschaft den Ersatz von Schäden begehrt, die ausschließlich ihren Tochtergesellschaften wegen kollusiver (d. h. gegen Art. 101 AEUV verstoßender) ( 9 ) Absprachen über Preise und Preiserhöhungen entstanden sind, damit begründet werden kann, dass der Sitz der Muttergesellschaft als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 anzusehen ist. Zweitens fragt das vorlegende Gericht, ob es für die Antwort auf diese Frage eine Rolle spielt, dass einige Tochtergesellschaften, als sie die betreffenden Waren kauften, noch nicht zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörten.

    24.

    Bevor ich auf diese Fragen eingehe (C), werde ich einige einleitende Bemerkungen zu der in Rede stehenden besonderen Zuständigkeitsregel und insbesondere zu der Art des Schadens machen, der zu ihrer Anwendung führen kann (A). Ich werde ferner auf die vom Gerichtshof vorgenommene Präzisierung der Anknüpfungspunkte eingehen, nach denen sich richtet, welches Gericht im spezifischen Kontext von Schadensersatzklagen wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV (wie der beim vorlegenden Gericht anhängigen Klage) angerufen werden muss (B).

    A.   In Rede stehende Zuständigkeitsregel und Art des Schadens

    25.

    Innerhalb der Sphäre des Unionsrechts ist die Frage, welches Gericht für eine Rechtssache mit grenzüberschreitendem Bezug international zuständig ist, anhand der Vorschriften der Verordnung Nr. 1215/2012 zu beantworten. Wie bereits kurz erwähnt, verweist die in dieser Verordnung festgelegte Grundregel auf den Ort des Wohnsitzes des Beklagten ( 10 ).

    26.

    Von dieser Regel gibt es mehrere Ausnahmen in Form besonderer und ausschließlicher Zuständigkeitsregeln, die beschreiben, in welchen Fällen der Beklagte vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats verklagt werden kann oder muss.

    27.

    Der vorliegende Fall betrifft eine der besonderen Zuständigkeitsregeln, und zwar die Regel in Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012, die eine (alternative, optionale) Zuständigkeit vorsieht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor „dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“.

    28.

    Beginnend mit dem Urteil in der Rechtssache Bier hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung unter die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, zwei Kategorien gefasst: erstens den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (den Ort des Ereignisses, das zu dem Schaden geführt hat) und zweitens den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (den Ort, an dem sich der Schaden manifestiert hat) ( 11 ). Infolgedessen kann der Beklagte nach Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 vor den Gerichten dieser beiden Orte verklagt werden; der Kläger hat insoweit die Wahl ( 12 ).

    29.

    Diese Zuständigkeitsregel beruht auf der „insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme“ ( 13 ) besonders engen Beziehung zwischen dem Rechtsstreit und dem zur Entscheidung über ihn berufenen Gericht, da es im Rahmen von Klagen auf Haftung aus unerlaubter Handlung wichtig ist, den Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Schaden und seiner Ursache nachzuweisen ( 14 ).

    30.

    Zugleich weicht diese Regel von der Grundregel ab, dass sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Beklagten richtet. Sie ist daher eng auszulegen ( 15 ).

    31.

    Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, zwar auch den Ort umfassen kann, an dem das schädigende Ereignis konkrete Folgen hatte (siehe oben, Nr. 28); die Zuständigkeit eines Gerichts kann aber nicht allein dadurch begründet werden, dass der Geschädigte innerhalb des Zuständigkeitsbereichs dieses Gerichts nachteilige Folgen eines Ereignisses zu spüren bekommt, das bereits an einem anderen Ort einen Schaden verursacht hat ( 16 ).

    32.

    Da solche nachteiligen Folgen letztlich zwangsläufig immer am Wohnsitz des Klägers spürbar sein werden, liefe die gegenteilige Lösung dem Erfordernis einer engen Beziehung zwischen dem angerufenen Gericht und dem Gegenstand des Rechtsstreits zuwider, da es keinen Grund für die Annahme gibt, dass der Wohnsitz des Klägers per se der am besten geeignete Ort für ein Gerichtsverfahren ist, weil dort Beweise für das Vorliegen und den Umfang des Schadens leicht verfügbar wären. Außerdem würde dies dem Kläger in vielen Fällen ermöglichen, vor den Gerichten seines Wohnsitzes gegen den Beklagten zu klagen, was darauf hinausliefe, dass der Kläger nach seinem Belieben die Grundregel des Wohnsitzes des Beklagten ins Gegenteil verkehren könnte ( 17 ).

    33.

    Aus den gleichen Gründen (die im Wesentlichen verlangen, dass sich das nach Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 angerufene Gericht am Ort des Erstschadens befindet) hat der Gerichtshof entschieden, dass der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, im Sinne dieser Bestimmung nicht den Ort umfasst, an dem das Vermögen eines mittelbar Betroffenen beeinträchtigt wird ( 18 ).

    34.

    Zu diesem Ergebnis ist der Gerichtshof in einer Rechtssache gekommen, in der zwei französische Gesellschaften mit Sitz in Paris (Frankreich) Tochtergesellschaften in Deutschland gegründet hatten, um ein Immobilienprojekt durchzuführen. Die deutschen Banken zogen jedoch ihre Finanzierung zurück, was zur Insolvenz dieser Tochtergesellschaften führte. Die französischen Muttergesellschaften wollten die deutschen Banken in Paris verklagen und machten geltend, dies sei der Ort, an dem sie den daraus resultierenden finanziellen Schaden erlitten hätten.

    35.

    Die Antwort, die der Gerichtshof in jenem Urteil gegeben hat, ist meines Erachtens für die vorliegende Rechtssache unmittelbar relevant. Ganz ähnlich wie in dem Sachverhalt, der dem Urteil Dumez zugrunde lag, ergibt sich aus der Akte, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nicht unmittelbar bei ihr selbst eingetreten ist, sondern ursprünglich bei ihren Tochtergesellschaften, und dass sie selbst nur „mittelbar Geschädigte“ ( 19 ) ist. Es ist nämlich unstreitig, dass die Klägerin weder (unmittelbar oder mittelbar) Lastkraftwagen von der Beklagten erworben hat noch aufgrund einer Abtretung der in Rede stehenden Ansprüche oder in anderer Weise in die Rechte der betroffenen Tochtergesellschaften eingetreten ist ( 20 ).

    36.

    Zwar hat der Gerichtshof, wie die Klägerin ausführt, im Urteil Tibor-Trans (das ebenfalls das im Beschluss der Kommission festgestellte kollusive Verhalten betraf) den Sachverhalt anders beurteilt als den des Urteils Dumez. Die Besonderheit des Sachverhalts im Urteil Tibor-Trans bestand darin, dass die Klägerin dort als Endnutzerin der Lastkraftwagen die Fahrzeuge nicht unmittelbar von der Beklagten, sondern über einen Vertragshändler gekauft hatte. Gleichwohl kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Forderung der Klägerin in dieser Rechtssache einen unmittelbaren Schaden betraf, da dieser Schaden angesichts dessen, dass der sich aus der Kartellabsprache ergebende Preisaufschlag von den Händlern an die Klägerin weitergegeben wurde, als unmittelbare Folge einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV anzusehen war ( 21 ).

    37.

    Eine solche Weitergabe kann in einer Lieferkette auftreten, wenn der mutmaßlich Geschädigte Waren (oder Dienstleistungen) erwirbt, die Gegenstand eines Kartells sind ( 22 ). Im Ausgangsverfahren wird jedoch nicht vorgetragen, dass das der Fall gewesen sei. Vielmehr scheint die Klägerin den ursprünglichen, bei ihren Tochtergesellschaften eingetretenen Schaden als eigenen geltend zu machen.

    38.

    Diese Erwägungen deuten darauf hin, dass die Klägerin, wie bereits ausgeführt, als mittelbar Betroffene handelt. Sie begehrt den Ersatz eines Verlusts, den bereits zuvor und zuerst eine andere juristische Person erlitten hat. Vor diesem Hintergrund verstehe ich die erste Frage des vorlegenden Gerichts so, dass es wissen möchte, ob gleichwohl anhand des Anknüpfungspunkts des Sitzes der Klägerin die Zuständigkeit begründet werden kann, weil die Klägerin und die betroffenen Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilden.

    39.

    Bevor ich auf diese Frage eingehe, sollte erläutert werden, warum der Sitz der Klägerin überhaupt als anwendbarer Anknüpfungspunkt herangezogen wird. Dazu bedarf wiederum der Erläuterung, welche Anknüpfungspunkte der Gerichtshof im spezifischen Kontext von Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV als relevant für die Anwendung der in Rede stehenden Zuständigkeitsregel angesehen hat.

    B.   Anknüpfungspunkte im Kontext von Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV

    40.

    Im vorliegenden Abschnitt werde ich zunächst die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen (1), bevor ich darauf eingehen werde, dass die Kommission den Gerichtshof ersucht, einen konkreten Aspekt dieser Rechtsprechung klarzustellen (2).

    1. Einschlägige Rechtsprechung

    41.

    Was die beiden Kategorien von Orten angeht, die als „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 angesehen werden können (siehe oben, Nr. 28), hat der Gerichtshof in Bezug auf die erste Kategorie (für den Schaden ursächliches Geschehen) im Wesentlichen entschieden, dass das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem das Kartell definitiv errichtet wurde ( 23 ).

    42.

    In Bezug auf die zweite Kategorie, d. h. den Ort, an dem sich der Schadenserfolg verwirklicht hat (an dem sich der Schaden konkret zeigt), ist die anwendbare Regel komplexer.

    43.

    Der Gerichtshof hat erstmals im Urteil CDC Hydrogen Peroxide entschieden, dass ein solcher Ort der Sitz des Geschädigten ist. Er hat diesen Ansatz damit begründet, dass die erforderliche Prüfung von den spezifischen Gegebenheiten der Situation des Klägers (des mutmaßlich Geschädigten) abhängt ( 24 ).

    44.

    Diese Lösung begegnete einiger Kritik. Erstens wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof offenbar den Ort des Vermögensschadens als zulässigen Anknüpfungspunkt angesehen habe ( 25 ). Zweitens wurde angeführt, dass der Sitz des Geschädigten als Anknüpfungspunkt nur schwer mit dem Erfordernis der Nähe zwischen dem angerufenen Gericht und dem Gegenstand des Rechtsstreits vereinbar sei. Insbesondere könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte Beweise am Sitz des Geschädigten verfügbar sein könnten, aber der im fraglichen Kontext erlittene Schaden werde im Allgemeinen durch einen Vergleich der Kartellpreise mit den hypothetischen Marktpreisen ermittelt, die üblicherweise anhand wirtschaftlicher Daten zum betroffenen Markt festgestellt werden könnten ( 26 ).

    45.

    Dessen ungeachtet hat sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs weiterentwickelt. Im Rahmen dieser Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung hat der Gerichtshof den Zusammenhang zwischen dem vom wettbewerbswidrigen Verhalten betroffenen Markt und dem Ort, an dem den Klägern ein Schaden entstanden sein soll, hervorgehoben. Diese Entwicklung ist insbesondere von Generalanwalt Richard de la Tour in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Volvo ( 27 ) eingehend analysiert worden. Für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache genügt der Hinweis, dass sich einerseits aus dem Urteil Tibor-Trans ableiten lassen könnte, dass der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs der von dem in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhalten betroffene Markt ist (ohne nähere Konkretisierung) ( 28 ). Andererseits hat der Gerichtshof im Urteil Volvo (dem jüngsten einschlägigen Urteil) klargestellt, dass im Kontext einer Schadensersatzklage, die auf eine Absprache über Preise und Preiserhöhungen gestützt wird, der „Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs“ der Ort innerhalb des betroffenen Marktes ist, an dem die Waren, die Gegenstand des Kartells waren, gekauft wurden ( 29 ). Dieser Anknüpfungspunkt scheint also auf den Ort innerhalb des von der in Rede stehenden Wettbewerbsverzerrung betroffenen größeren Gebiets hinzudeuten, von dem die Klägerin geltend macht, dass ihr dort der konkrete Schaden entstanden sei ( 30 ).

    46.

    Zugleich hat der Gerichtshof in diesem Urteil bestätigt, dass der Sitz des mutmaßlich Geschädigten weiterhin relevant ist, wenn mehrere Käufe an unterschiedlichen Orten erfolgt sind ( 31 ). Daraus folgt meines Erachtens, dass der Anknüpfungspunkt des Sitzes des Geschädigten subsidiär anzuwenden ist, wenn die Vielzahl der an verschiedenen Orten getätigten Käufe es nicht ermöglicht, das zuständige Gericht anhand des Hauptanknüpfungspunkts eines (einzigen) Ortes des Kaufs (oder der Käufe) zu bestimmen ( 32 ).

    47.

    Die Kommission ist der Auffassung, dass der Ort des Sitzes zwar innerhalb des betroffenen Marktes liegen könne (wie in der Rechtssache Volvo), die bisherige Rechtsprechung aber Zweifel daran bestehen lasse, ob dieser Anknüpfungspunkt auch dann Anwendung finden könne, wenn sich der Sitz des Geschädigten außerhalb des betroffenen Marktes befinde. Dies würde ihres Erachtens gegen die Grundsätze der Nähe zum Streitgegenstand, der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands und der Kohärenz zwischen Gerichtsstand und anzuwendendem Recht verstoßen. Daher solle der Gerichtshof die Gelegenheit nutzen, um diese Fallkonstellation auszuschließen und zu bestätigen, dass der Hauptanknüpfungspunkt – nach meinem Verständnis des Vorbringens der Kommission – der des betroffenen Marktes sei.

    48.

    Ich werde mich im Folgenden mit dieser Frage befassen.

    2. Sitz des mutmaßlich Geschädigten und betroffener Markt

    49.

    Erstens hat der Gerichtshof, wie bereits ausgeführt, im Urteil Volvo klargestellt, dass der betroffene Markt nicht unbedingt einen hinreichend konkreten Anknüpfungspunkt bietet, um die gerichtliche Zuständigkeit zu begründen. Wenn die kollusive Absprache sich nämlich im gesamten Gebiet der Europäischen Union ausgewirkt hat, gestattet Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 es nicht, eine Schadensersatzklage überall in der Union zu erheben ( 33 ). Das zuständige Gericht muss vielmehr anhand einer konkreteren Verbindung (in erster Linie anhand des Ortes des Kaufs) ermittelt werden.

    50.

    Zweitens lagen in der Rechtssache Volvo sowohl der Ort der Käufe als auch der Sitz des Geschädigten nicht nur im selben Mitgliedstaat, sondern auch am selben Ort im betreffenden Mitgliedstaat. Der Sitz des Geschädigten befand sich nämlich in Córdoba (Spanien), und das war zugleich der Ort, an dem er die vom Kartell betroffenen Lastkraftwagen kaufte. Darüber hinaus war Spanien nach den Feststellungen des Gerichtshofs (notwendigerweise) Teil des (weiter gefassten) betroffenen Marktes (der sich auf den gesamten EWR erstreckte), wie er im betreffenden Beschluss der Kommission ( 34 ) bestimmt worden war.

    51.

    Mit anderen Worten führten die beiden konkreten Anknüpfungspunkte (Ort des Kaufs und Sitz des Geschädigten) jedenfalls zu demselben betroffenen Markt (und denselben lokalen und nationalen Segmenten dieses Marktes). Daher scheint der Gerichtshof zu seinem Ergebnis ausgehend von der Prämisse gekommen zu sein (oder zumindest könnte man es so verstehen), dass beide Kategorien von Anknüpfungspunkten vor diesem tatsächlichen Hintergrund in Erwägung gezogen wurden ( 35 ).

    52.

    Das lässt die Frage offen, ob bei einem anderen Sachverhalt, bei dem sich der Sitz des Klägers außerhalb des betroffenen Marktes befindet ( 36 ) (und dieser Markt sich nicht auf das gesamte Gebiet der Europäischen Union erstreckt), eine gegenteilige Lösung gefunden werden könnte.

    53.

    Auf den ersten Blick stimme ich mit der Kommission darin überein, dass die Begründung der Zuständigkeit eines Gerichts außerhalb des Marktes, der von einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen ist, für eine Klage auf Ersatz der Schäden, die aufgrund dieses Verhaltens entstanden sein sollen, nicht recht mit der oben dargestellten Entwicklung in Einklang zu bringen wäre, in deren Rahmen der Gerichtshof begonnen hat, den Zusammenhang zwischen dem betroffenen Markt und dem Ort, an dem der Schaden eingetreten sein soll, hervorzuheben. Auf derselben Linie hat Generalanwalt Bobek in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache flyLAL ausgeführt, er halte es „für ausgeschlossen, dass sich aus [der betreffenden Zuständigkeitsregel] und dem ‚Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs‘ eine Zuständigkeit von Gerichten außerhalb der vom Verstoß betroffenen Märkte ergäbe“ ( 37 ).

    54.

    Dies vorausgeschickt möchte ich auf das Ersuchen der Kommission entgegnen, dass der absolute Ausschluss der Relevanz eines bestimmten Gesichtspunkts ohne konkrete tatsächliche Umstände ein schwieriges Unterfangen ist, das behutsam angegangen werden sollte, zumal im Licht der jüngsten Rechtsprechung.

    55.

    Die Fallkonstellation, die die Kommission ausschließen möchte, kann meines Erachtens im Anschluss an das Urteil Volvo eintreten, wenn mehrere Käufe an verschiedenen Orten im Mitgliedstaat A von einem Kläger mit Sitz im Mitgliedstaat B getätigt wurden, wobei der Mitgliedstaat B außerhalb des Marktes liegt, der von dem in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen ist. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, müsste die Anwendung der im Urteil Volvo entwickelten Lösung auf einen solchen grenzüberschreitenden Kontext ausgeschlossen werden ( 38 ).

    56.

    Ein weiteres Beispiel, an das man denken könnte, ist der Fall mittelbarer Abnehmer, die geltend machen, dass ein aus einer kollusiven Vereinbarung resultierender Preisaufschlag an sie weitergegeben worden sei. Wie bereits erwähnt, hat der Gerichtshof im Urteil Tibor-Trans entschieden, dass ein solcher Schaden für die Zwecke der Anwendung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 als unmittelbarer Schaden anzusehen ist ( 39 ). Angesichts dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der betreffende Anknüpfungspunkt unter den speziellen Umständen einer komplexen Lieferkette auf ein Gebiet außerhalb des Marktes verweisen könnte, der von dem wettbewerbswidrigen Verhalten, das den Schaden verursacht haben soll, betroffen ist ( 40 ).

    57.

    Diese Frage ist allerdings als solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits vor dem vorlegenden Gericht, wie die Kommission einräumt. Auch wenn diese Ausführungen in gewissem Maß erklären, weshalb die Klägerin die Zuständigkeit der ungarischen Gerichte an ihren Sitz knüpft, beruft sie sich darauf in einem Kontext, der erheblich von dem der oben genannten Rechtssachen abweicht. Sie möchte die Anwendung dieses Anknüpfungspunkts ausdehnen, um die gerichtliche Zuständigkeit für ihre Klage zu begründen, mit der sie den Ersatz eines Schadens beansprucht, den ausschließlich andere zu ihrer wirtschaftlichen Einheit gehörende Unternehmen erlitten haben.

    58.

    Vor diesem Hintergrund möchte ich daran erinnern, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob der Begriff der wirtschaftlichen Einheit zu einem anderen Zweck als dem, einen bestimmten Beklagten für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht haftbar zu machen (wozu, wie ich nachfolgend darlegen werde, dieser Begriff herkömmlich gedient hat), herangezogen werden kann, und zwar dazu, eine gerichtliche Zuständigkeit zu begründen, unabhängig davon, welche (juristische) Person den geltend gemachten Schaden ursprünglich erlitten hat.

    59.

    Ich werde mich nunmehr mit diesem Punkt befassen.

    C.   Von einer Tochtergesellschaft erlittener Schaden: Kann der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, der Sitz der Muttergesellschaft sein?

    60.

    Um die Frage des vorlegenden Gerichts zu beantworten, werde ich zunächst auf den Begriff der wirtschaftlichen Einheit eingehen (1) und darlegen, warum die erste Vorlagefrage zu verneinen ist (2). Obwohl nach der von mir vorgeschlagenen Antwort die zweite Vorlagefrage nicht beantwortet zu werden braucht, werde ich der Vollständigkeit halber kurz auf sie eingehen (3).

    1. Begriff der wirtschaftlichen Einheit

    61.

    Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelt, um im Wesentlichen den Begriff „Unternehmen“ im Sinne der Art. 101 und 102 AEUV zu beschreiben. Er wird für den Bereich des Wettbewerbsrechts als „entscheidend“ ( 41 ) angesehen, weil es nicht für juristische und natürliche Personen gilt, sondern für „Unternehmen“ ( 42 ). In diesem Kontext kann ein Unternehmen bisweilen aus einer natürlichen oder juristischen Person bestehen, in anderen Fällen aber auch mehrere solche Personen umfassen ( 43 ).

    62.

    Für den vorliegenden Fall relevant ist die allgemeine Annahme, dass eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft im Wesentlichen dann eine wirtschaftliche Einheit bilden, wenn die Tochtergesellschaft einem bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft unterliegt und nicht selbständig handelt ( 44 ). In einem solchen Fall wird die gesamte Gruppe als ein „Unternehmen“ angesehen, an das sich die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften richten, die von der gesamten Gruppe eingehalten werden müssen, was zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führt ( 45 ).

    63.

    Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Anwendung bestimmter materiell-rechtlicher Vorschriften des Wettbewerbsrechts und auf die Zurechnung der Verantwortlichkeit für Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht.

    64.

    Was erstens den Aspekt des materiellen Rechts anbelangt, fallen – um ein Beispiel zu nennen – Vereinbarungen zwischen Personen, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, nicht unter Art. 101 AEUV ( 46 ); dies liegt im Wesentlichen daran, dass die Koordinierung innerhalb der Unternehmensgruppe den Wettbewerb nicht beeinträchtigen kann, weil innerhalb der wirtschaftlichen Einheit von vornherein kein Wettbewerb besteht.

    65.

    Zweitens wirkt sich der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bei der Durchsetzung grundlegend auf die Logik der Zurechnung der Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht aus. Insbesondere verschafft er der Kommission (oder einer nationalen Wettbewerbsbehörde) die Möglichkeit, eine Muttergesellschaft grundsätzlich für eine solche Zuwiderhandlung zur Verantwortung zu ziehen, obwohl sie von der Tochtergesellschaft begangen wurde ( 47 ). Außerdem hat der Gerichtshof klargestellt, dass in einem Fall, in dem eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden und nur die Muttergesellschaft im Beschluss der Kommission genannt und wegen einer wettbewerbswidrigen Praxis mit einer Sanktion belegt wurde, unter bestimmten Voraussetzungen gegen jede der beiden Gesellschaften eine Schadensersatzklage erhoben werden kann ( 48 ). Der Gerichtshof hat im Wesentlichen erläutert, dass der Begriff „Unternehmen“ im Sinne von Art. 101 AEUV im Kontext der privaten Durchsetzung des Wettbewerbsrechts keine andere Bedeutung haben kann als im Rahmen seiner öffentlichen Durchsetzung ( 49 ).

    66.

    Insoweit macht die Klägerin geltend, da die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht die gesamtschuldnerische Haftung der gesamten wirtschaftlichen Einheit auslöse, was bedeute, dass ein Mitglied für die Handlungen eines anderen Mitglieds haften könne, müsse dieser Grundsatz – so verstehe ich ihr Vorbringen – spiegelbildlich (oder umgekehrt) auch für die Durchsetzung von Ansprüchen wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht gelten, von der ein Mitglied der wirtschaftlichen Einheit betroffen sei. Die Klägerin (die offenbar an die vorstehend wiedergegebenen Feststellungen des Gerichtshofs anknüpft) führt aus, die Bedeutung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit könne nicht davon abhängen, ob das betreffende Unternehmen als Kläger oder als Beklagter auftrete. Im Kontext der vorliegenden Rechtssache würde dies bedeuten, dass die Forderung, um die es im Ausgangsverfahren geht, von der Muttergesellschaft geltend gemacht werden kann, unabhängig davon, dass der Schaden ihren Tochtergesellschaften entstanden ist. Infolgedessen wäre, führt man die Argumentation der Klägerin fort, der Sitz der Muttergesellschaft als der „Ort, an dem der Schaden eingetreten ist“, für die Zwecke der Anwendung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 anzusehen.

    67.

    Ich bin der Ansicht, dass der Gerichtshof allgemeiner betrachtet (unabhängig von Zuständigkeitsfragen) den Gedanken einer „umgekehrten Anwendung“ des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit verworfen hat, als er entschied, dass dieser Begriff in dem (offensichtlich anderen) Kontext einer Schadensersatzklage wegen außervertraglicher Haftung der Europäischen Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV keine Anwendung findet. Im Urteil Guardian Europe/Europäische Union hatte das Gericht im Wesentlichen den Anspruch einer Muttergesellschaft auf entgangenen Gewinn aufgrund der Zahlung einer von der Kommission verhängten und später teilweise für nichtig erklärten Geldbuße verneint, da die Geldbuße in Wirklichkeit ihren Tochtergesellschaften auferlegt worden war. Der Gerichtshof bestätigte im Rechtsmittelverfahren die Ablehnung eines „umgekehrten“ Verständnisses des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit durch das Gericht und führte aus, dass eine Klage, mit der die außervertragliche Haftung der Europäischen Union geltend gemacht wird, „den allgemeinen Verfahrensvorschriften unterliegt, … die … unabhängig von der Systematik der Haftung im Hinblick auf das Kartellrecht“ sind ( 50 ).

    68.

    Unabhängig davon, ob im Kontext einer privaten Schadensersatzklage in der Sache eine andere Lösung gefunden werden könnte ( 51 ), weise ich darauf hin, dass Generalanwalt Szpunar jüngst ein ähnliches Argument zurückgewiesen und überzeugend dargelegt hat, dass der Begriff der wirtschaftlichen Einheit keine Auswirkungen auf die Auslegung der Vorschriften über die Zustellung von Schriftstücken innerhalb der Union ( 52 ) haben kann und es nicht gestattet, eine Schadensersatzklage, die sich gegen eine Muttergesellschaft richtet, einer ihrer Tochtergesellschaften zuzustellen ( 53 ).

    69.

    Vor dem Hintergrund dieser allgemeineren Erwägungen bleibt zu prüfen, ob der Begriff der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen der Anwendung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 letztlich dazu dienen kann, einem mutmaßlich durch ein gegen Art. 101 AEUV verstoßendes Verhalten Geschädigten ein forum actoris zu verschaffen.

    2. Kann sich der Begriff der wirtschaftlichen Einheit auf den Anwendungsbereich des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs auswirken?

    70.

    Wie die Beklagte, die tschechische Regierung und die Kommission bin ich der Ansicht, dass diese Frage zu verneinen ist.

    71.

    Erstens ergibt sich aus den vorstehenden Abschnitten dieser Schlussanträge, dass die gegenteilige Auffassung der Klägerin schlicht keine Stütze in der Rechtsprechung des Gerichtshofs findet.

    72.

    Zweitens liefe diese Auffassung den Grundsätzen zuwider, auf denen die in Rede stehende Zuständigkeitsregel beruht. Der Grundgedanke der Nähe zum Streitgegenstand und das damit verbundene Erfordernis einer individuellen Beurteilung der Anknüpfungspunkte würden untergraben (a). Unter den Umständen des vorliegenden Falles würde diese Auffassung auch dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands und dem Ziel der Kohärenz von Gerichtsstand und anzuwendendem Recht zuwiderlaufen (b).

    73.

    Abschließend werde ich, um auf die Bedenken der Klägerin einzugehen, darlegen, dass dieses Ergebnis die wirksame Durchsetzung der bei einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht bestehenden Rechte nicht beeinträchtigt (c).

    a) Erfordernis der Nähe zum Streitgegenstand und einer individuellen Beurteilung

    74.

    Wie ich oben ausgeführt habe, wird davon ausgegangen, dass die Gerichte, deren Zuständigkeit auf der Grundlage von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 begründet werden kann, „insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme“ ( 54 ) am besten in der Lage sind, den Rechtsstreit zu entscheiden.

    75.

    Aus diesem Blickwinkel erkenne ich durchaus an, dass die Beweiserhebung bei grenzüberschreitenden Schadensersatzklagen komplex ist ( 55 ), auch im Kontext von Ansprüchen (oder Einwendungen), in deren Rahmen vorgetragen wird, dass der aus einer kollusiven Vereinbarung resultierende Preisaufschlag weitergegeben worden sei ( 56 ).

    76.

    Dies vorausgeschickt, besteht zum Ort des Sitzes der Muttergesellschaft nicht ohne Weiteres eine signifikante Verbindung, aus der sich ergibt, warum dieser Ort für den in Rede stehenden Zweck besser geeignet sein soll als (insbesondere) der Ort des Kaufs ( 57 ).

    77.

    Insoweit wäre die von der Klägerin vertretene Lösung mit dem Erfordernis unvereinbar, dass die Anknüpfungspunkte bei jedem Geschädigten individuell zu beurteilen sind. Das kommt im Urteil CDC Hydrogen Peroxide, in dem es um eine Klage wegen verschiedener Ansprüche ging, die an eine einzige Gesellschaft abgetreten worden waren, eindeutig zum Ausdruck ( 58 ).

    78.

    Zwar verwendet der Gerichtshof, wie die Klägerin ausführt, im Urteil Volvo den Begriff „Unternehmen“ zur Bezeichnung der dortigen Klägerin, also der mutmaßlich durch die in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Praktiken Geschädigten. Ich glaube jedoch nicht, dass diese Bezeichnung zur Ergänzung der oben erörterten Entwicklungen gewählt wurde, bei denen der Gerichtshof die Definition des „Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs“ präzisiert hat, um der Besonderheit von Rechtsstreitigkeiten in Wettbewerbssachen Rechnung zu tragen (indem er die Definition des „Klägers“ in diesem Kontext erweitert).

    79.

    Erstens verwendet der Gerichtshof den Begriff „Unternehmen“ im oben beschriebenen Sinne bereits im Urteil CDC Hydrogen Peroxide, das diesen Entwicklungen vorausging. Noch wichtiger ist das von der Kommission und der Tschechischen Republik vorgebrachte Argument, dass dieser Begriff bei genauerer Betrachtung der Urteile CDC Hydrogen Peroxide und Volvo nicht im spezifischen Sinne des Wettbewerbsrechts verwendet wird, sondern im allgemeinen Sinne als Synonym für „Gesellschaft“ oder „juristische Person“ ( 59 ). Käme man zu einem anderen Schluss, stünde dies auch in unmittelbarem Widerspruch zum Erfordernis einer individuellen Beurteilung, das zu den wesentlichen Erkenntnissen im Urteil CDC Hydrogen Peroxide gehört, auf die später im Urteil Volvo verwiesen wurde ( 60 ).

    80.

    Überdies hat der Unionsgesetzgeber, wie die Beklagte, die tschechische Regierung und die Kommission ausführen, im Rahmen der Richtlinie 2014/104 ( 61 ) denselben „individuellen Ansatz“ in Bezug auf die Definition des mutmaßlich Geschädigten eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gewählt. Der Erlass dieses Rechtsinstruments ist im Wesentlichen als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer wirksameren privaten Rechtsdurchsetzung in Fällen von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht angesehen worden ( 62 ). Zu diesem Zweck enthält die Richtlinie Koordinierungsregeln u. a. für die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln im Rahmen von Schadensersatzklagen, damit jeder, der einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, das Recht, von dem verantwortlichen Unternehmen den vollständigen Ersatz dieses Schadens zu verlangen, wirksam geltend machen kann ( 63 ).

    81.

    Insoweit ist von Bedeutung, dass der Unionsgesetzgeber es nicht für angebracht gehalten hat, die Definition des Begriffs „Geschädigter“ ( 64 ) weiter zu fassen, damit nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar Geschädigte darunterfallen ( 65 ). Wenn dies im Kontext eines Instruments, mit dem speziell die private Durchsetzung des Wettbewerbsrechts verbessert werden sollte, nicht für erforderlich gehalten wurde, sehe ich keinen Grund, einem solchen Ansatz im Kontext der Verordnung Nr. 1215/2012 zu folgen, die, wie die Klägerin selbst im Wesentlichen ausführt, ein Rechtsakt mit allgemeiner Geltung für alle Arten von Rechtsstreitigkeiten ist, die in seinen Anwendungsbereich fallen (insbesondere, wenn ein solcher Ansatz die soeben angesprochenen ebenso wie die nachstehend erörterten Aspekte der Funktionsweise der in Rede stehenden Zuständigkeitsregel beeinträchtigen würde).

    b) Ziel der Kohärenz von Gerichtsstand und anzuwendendem Recht und Erfordernis, dass der Gerichtsstand in hohem Maß vorhersehbar ist

    82.

    In der oben angeführten Rechtsprechung hat der Gerichtshof einerseits die Bedeutung der Kohärenz von zuständigem Gericht und anzuwendendem Recht und andererseits das Erfordernis der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands hervorgehoben.

    83.

    Zum ersten Punkt hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Bestimmung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs innerhalb des betroffenen Marktes dem im siebten Erwägungsgrund der Rom‑II-Verordnung zum Ausdruck gebrachten Ziel der Kohärenz von anzuwendendem Recht und zuständigem Gericht entspricht, da nach dieser Verordnung auf Schadensersatzklagen wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht das Recht des Staates anzuwenden ist, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird ( 66 ).

    84.

    Zum zweiten Punkt hat der Gerichtshof im Urteil Volvo den (subsidiären) Anknüpfungspunkt des Sitzes des Geschädigten damit begründet, dass „den Beklagten, die Mitglieder des Kartells sind, nicht unbekannt sein kann, dass die Käufer der fraglichen Gegenstände im von den Kartellpraktiken betroffenen Markt ansässig sind“ ( 67 ).

    85.

    Über die im vorangegangenen Unterabschnitt aufgeworfenen Fragen in Bezug auf die Nähe zum Streitgegenstand und die individuelle Beurteilung hinaus dürfte die Heranziehung des Sitzes der Muttergesellschaft unter den Umständen des vorliegenden Falles keiner dieser beiden Vorgaben genügen.

    86.

    Zwar befindet sich der Sitz der Klägerin innerhalb des im Beschluss der Kommission definierten betroffenen Marktes (was die natürliche Folge der gesamteuropäischen Dimension des fraglichen Kartells ist). Wie bereits erläutert, ist nach dem Urteil Volvo jedoch ein spezifischerer Anknüpfungspunkt (wie der Ort des Kaufs oder der Sitz des unmittelbar Geschädigten) heranzuziehen.

    87.

    Aus den Akten geht hervor, dass die jeweiligen Käufe von den verschiedenen Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedstaaten (u. a., aber nicht nur in Ungarn) ( 68 ) getätigt wurden, deren Recht somit gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der Rom‑II-Verordnung anwendbar ist. Unter diesen Umständen kann das Ziel, Kohärenz mit dem anwendbaren Recht sicherzustellen, nicht erreicht werden (sofern über die Ansprüche, die außerhalb von Ungarn entstandene Schäden betreffen, die ungarischen Gerichte entscheiden sollen).

    88.

    Was die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands angeht, bestünde, wenn sich die Zuständigkeit nach dem Ort des Sitzes der Muttergesellschaft richten würde, überdies die Gefahr, dass der daraus resultierende Gerichtsstand zu einem beweglichen Ziel würde. Bei jedem Rechtsgeschäft, mit dem sich ändert, wer die Kontrolle über eine bestimmte Tochtergesellschaft ausübt, würde nämlich das im vorliegenden Kontext zuständige Gericht wechseln, je nach dem Sitz der neuen Muttergesellschaft ( 69 ). Die zweite Vorlagefrage veranschaulicht dieses Risiko recht gut, da sie zeigt, dass einige der betroffenen Tochtergesellschaften nicht zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörten, als die Käufe getätigt wurden. Insoweit könnte man sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass bei der Bestimmung des Ortes, „an dem der Schaden eingetreten ist“, (im Kontext eines gesamteuropäischen Kartells) das Streben nach Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands bis zu einem gewissen Grad illusorisch wird, doch rechtfertigt dies keine vollständige Aufgabe dieses Strebens oder die Einbeziehung eines zusätzlichen Unsicherheitsfaktors.

    89.

    Nach dieser Klarstellung möchte ich noch auf das Vorbringen der Klägerin eingehen, dass die Möglichkeit der durch ein wettbewerbswidriges Verhalten Geschädigten, ihre Rechte durchzusetzen, erheblich beeinträchtigt würde, wenn die Anwendung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit unter den vorliegenden Umständen ausgeschlossen wäre.

    c) Wirksame Durchsetzung von Rechten

    90.

    Die Klägerin erläutert ausführlich die Schwierigkeiten, die ihrer Ansicht nach für den durch ein wettbewerbswidriges Verhalten Geschädigten im Rahmen der grenzüberschreitenden Durchsetzung sich daraus ergebender Rechte bestehen. So behinderten die Rechtsverletzer diese Durchsetzung systematisch, indem sie insbesondere die internationale Zuständigkeit der angerufenen Gerichte in Abrede stellten. Diese Schwierigkeiten könnten (im konkreten Fall des in Rede stehenden Lkw-Kartells) vermieden werden, wenn die Zuständigkeit für sämtliche Schäden, die verschiedenen Mitgliedern einer wirtschaftlichen Einheit an verschiedenen Orten entstanden seien, am Sitz der Muttergesellschaft zentralisiert würde. Die derzeitige Situation beeinträchtige die wirksame Durchsetzung der zugrunde liegenden Rechte, da ein Geschädigter, der in verschiedenen Mitgliedstaaten geschäftlich tätig sei (wie sie selbst, wenn ich das Argument recht verstehe), in fünf verschiedenen Mitgliedstaaten Klage erheben müsste, nur weil die Lastkraftwagen von Tochtergesellschaften erworben worden seien. Überdies seien mit einer derartigen Zersplitterung des Verfahrens höhere Kosten verbunden, und die aktuellen Vorschriften führten, weil die meisten Rechtsverletzer in den Gründungsmitgliedstaaten (oder in den „zuerst“ beigetretenen Mitgliedstaaten) ansässig seien, dazu, dass die Geschädigten in diesen Staaten Klage erheben müssten, auch wenn sich ihr eigener Sitz möglicherweise in einem anderen Mitgliedstaat befinde.

    91.

    Was erstens die letztgenannte Bemerkung betrifft, scheint mir die Klägerin, wenn ich sie richtig verstehe, im Wesentlichen die Grundregel des Wohnsitzes des Beklagten zu kritisieren, die sich aus der Verordnung Nr. 1215/2012 ergibt. Diese Regel benachteiligt nämlich die Kläger (und zwar jeden Kläger), weil der Kläger an den Wohnsitz des Beklagten „reisen“ und die dort geltenden Verfahrensvorschriften beachten muss (und nicht umgekehrt). Dies ist jedoch der in der Verordnung Nr. 1215/2012 (im Einklang mit einer seit Langem in vielen nationalen Rechtsordnungen bestehenden Regel) gewählte Ansatz ( 70 ).

    92.

    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass in der Verordnung Nr. 1215/2012 diese Grundregel bei bestimmten, als schwächere Parteien angesehenen Kategorien von Klägern umgekehrt wird, um ihnen stärkeren Schutz in Form der Möglichkeit zu bieten, an ihrem Wohnsitz (oder ihrem Arbeitsort) zu klagen ( 71 ). Die mutmaßlichen Opfer wettbewerbswidrigen Verhaltens gehören als solche nicht zu diesen Kategorien (es sei denn, sie handeln im konkreten Fall als Verbraucher). Dieser Status quo gilt unabhängig davon, dass ein öffentliches Interesse an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts besteht und dass der Unionsgesetzgeber zur Förderung dieses Interesses beschlossen hat, im Bereich der privaten Durchsetzung des Wettbewerbsrechts bestimmte gemeinsame Regeln zu erlassen ( 72 ). Für den vorliegenden Fall ist relevant, dass dies in den derzeit in der Verordnung Nr. 1215/2012 enthaltenen „schützenden“ Zuständigkeitsregeln keine Entsprechung hat.

    93.

    Drittens beruht die hier in Rede stehende Zuständigkeitsregel, wie oben ausgeführt, im Gegensatz zu solchen Schutzvorschriften auf einer grundlegend anderen Logik. Daraus folgt, dass die jeweiligen Interessen der Kläger und der Beklagten als gleichwertig anzusehen sind. Außerdem ist diese Regel als Ausnahme von der Grundregel eng auszulegen.

    94.

    Viertens ist der Gerichtshof im Urteil CDC Hydrogen Peroxide trotzdem so weit gegangen, ein forum actoris für den (unmittelbar) Geschädigten eines Preiskartells zu schaffen, und dieses forum actoris wurde als subsidiäre Möglichkeit im Urteil Volvo bestätigt. Wie die Kommission anmerkt, hat der Gerichtshof im Urteil CDC Hydrogen Peroxide ferner entschieden, dass das Gericht am Sitz des Geschädigten über den gesamten geltend gemachten Schaden entscheiden kann ( 73 ) (was die logische Folge der Wahl des Sitzes des Geschädigten als Anknüpfungspunkt sein dürfte).

    95.

    Fünftens kann der Geschädigte, wie bereits dargelegt und von der Kommission hervorgehoben, unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur gegen die Muttergesellschaft, an die sich der jeweilige Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wurde, richtet, sondern auch gegen eine Tochtergesellschaft klagen, die zur wirtschaftlichen Einheit dieser Muttergesellschaft gehört ( 74 ). Das eröffnet möglicherweise (je nach Sitz der Tochtergesellschaft) einen zusätzlichen Gerichtsstand und kann daher die Rechtsdurchsetzung weiter erleichtern.

    96.

    Schließlich gibt es, wenn ein Kläger der Ansicht ist, dass die Konzentration der Zuständigkeit seine oberste Priorität ist, als universellen Ansatz stets die Klage vor den Gerichten am Sitz des Beklagten. Diese Wahl bringt zwar die mit „Reisen“ verbundenen Unannehmlichkeiten mit sich, ist aber nicht dem Einwand ausgesetzt, dass sie zu einer Zersplitterung des Verfahrens führt.

    97.

    Unter diesen Umständen vermag ich nicht zu erkennen, inwiefern die derzeitigen Zuständigkeitsvorschriften die mutmaßlichen Opfer wettbewerbswidrigen Verhaltens in grundlegender Weise daran hindern, ihre Rechte geltend zu machen, oder worin der Fehler der aktuellen Regelung in der Verordnung Nr. 1215/2012 bestehen soll, der eine „umgekehrte“ Anwendung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit erforderlich machen würde, um die Tragweite der Wendung „Ort, an dem der Schaden eingetreten ist“, im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 (und konkreter des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs) auszudehnen.

    98.

    Im Licht der vorstehenden Erwägungen komme ich zu dem Ergebnis, dass die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 nicht den Sitz der Muttergesellschaft umfasst, wenn sie eine Klage auf Ersatz von Schäden erhebt, die ausschließlich ihren Tochtergesellschaften durch das wettbewerbswidrige Verhalten eines Dritten entstanden sind, wobei geltend gemacht wird, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaften Teil derselben wirtschaftlichen Einheit seien.

    3. Zweite Vorlagefrage: Bedeutung des Zeitpunkts der Käufe (und des Zeitpunkts des Erwerbs der Tochtergesellschaften)

    99.

    In Anbetracht meiner obigen Schlussfolgerung ist es nicht erforderlich, auf die zweite Vorlagefrage einzugehen, mit der das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Möglichkeit einer Muttergesellschaft, sich zur Begründung der Zuständigkeit auf ihren Sitz – und den Begriff der wirtschaftlichen Einheit – zu berufen, dadurch berührt wird, dass die Klägerin einige der betroffenen Tochtergesellschaften erst erworben hat, nachdem diese die künstlich erhöhten Preise gezahlt und den entsprechenden Verlust erlitten hatten.

    100.

    Angesichts dessen kann diese Frage meines Erachtens recht kurz abgehandelt werden. Insoweit stimme ich der Klägerin zu, dass sie die Begründetheit der Klage betrifft und daher im Stadium der Ermittlung der Zuständigkeit keine Rolle spielt ( 75 ).

    101.

    Ginge man davon aus, dass der Sitz der Klägerin mittels des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit zu einem zulässigen Anknüpfungspunkt für die Zwecke von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 würde, beträfe das mit der zweiten Frage aufgeworfene Problem nämlich den Umfang des Schadensersatzes, den die Klägerin verlangen könnte (und zwar ginge es darum, ob sie einen solchen Schaden auch für den Verlust, den die Tochtergesellschaften vor ihrem Erwerb durch die Klägerin erlitten haben, mit Erfolg geltend machen kann). Dieser Aspekt betrifft somit die Prüfung in der Sache und nicht die Frage der Zuständigkeit.

    V. Ergebnis

    102.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die von der Kúria (Oberstes Gericht, Ungarn) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

    Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

    ist dahin auszulegen, dass die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, nicht den Sitz der Muttergesellschaft umfasst, wenn sie eine Klage auf Ersatz von Schäden erhebt, die ausschließlich ihren Tochtergesellschaften durch das wettbewerbswidrige Verhalten eines Dritten entstanden sind, wobei geltend gemacht wird, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaften Teil derselben wirtschaftlichen Einheit seien.


    ( 1 ) Originalsprache: Englisch.

    ( 2 ) Beschluss vom 19. Juli 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lkw) (C[2016] 4673 final) (ABl. 2017, C 108, S. 6, im Folgenden: Beschluss der Kommission).

    ( 3 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

    ( 4 ) Urteile vom 15. Juli 2021, Volvo u. a. (C‑30/20, EU:C:2021:604, im Folgenden: Urteil Volvo), und vom 29. Juli 2019, Tibor-Trans (C‑451/18, EU:C:2019:635, im Folgenden: Urteil Tibor-Trans).

    ( 5 ) Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 sieht vor: „Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

    ( 6 ) Gemäß Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, „wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, [und zwar] vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“. Vgl. auch z. B. Urteil Volvo, Rn. 29.

    ( 7 ) Dieser Beschluss war u. a. an die Daimler AG gerichtet; wie die Klägerin im Wesentlichen vorträgt, trug die Beklagte früher diesen Namen.

    ( 8 ) Urteil vom 21. Mai 2015, CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, im Folgenden: Urteil CDC Hydrogen Peroxide).

    ( 9 ) Nach Art. 101 Abs. 1 AEUV sind u. a. Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2023, International Skating Union/Kommission (C‑124/21 P, EU:C:2023:1012, Rn. 97).

    ( 10 ) Siehe oben, Fn. 5, und den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012.

    ( 11 ) Urteil vom 30. November 1976, Bier (21/76, EU:C:1976:166, im Folgenden: Urteil Bier). Die beiden Alternativen der „Bier-Formel“ werden im Allgemeinen in umgekehrter Reihenfolge dargestellt, aber für die Zwecke der vorliegenden Schlussanträge ist es praktischer, sie in der hier gewählten Reihenfolge anzuführen. Das Urteil Bier betraf die entsprechende Vorschrift des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1978, L 304, S. 36), das später durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) ersetzt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung gilt, „da die Verordnung Nr. 1215/2012 … die Verordnung Nr. 44/2001 aufhebt und ersetzt, die ihrerseits das Brüsseler Übereinkommen von 1968 ersetzt hat, die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung der Bestimmungen der letztgenannten Rechtsinstrumente … auch für die Verordnung Nr. 1215/2012 …, soweit die betreffenden Bestimmungen als ‚gleichwertig‘ angesehen werden können“. Vgl. z. B. Urteil vom 10. März 2022, BMA Nederland (C‑498/20, EU:C:2022:173, im Folgenden: Urteil BMA Nederland, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 12 ) Vgl. z. B. Urteile CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 38, Volvo, Rn. 29, oder vom 6. Oktober 2021, Sumal (C‑882/19, EU:C:2021:800, im Folgenden: Urteil Sumal, Rn. 65).

    ( 13 ) Urteil BMA Nederland, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung.

    ( 14 ) Wie der Gerichtshof im Urteil Bier (Rn. 17 in Verbindung mit den Rn. 15 und 16) ausgeführt hat.

    ( 15 ) Vgl. z. B. Urteile CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, oder vom 5. Juli 2018, flyLAL-Lithuanian Airlines (C‑27/17, EU:C:2018:533, im Folgenden: Urteil flyLAL, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 16 ) Vgl. Urteile vom 19. September 1995, Marinari (C‑364/93, EU:C:1995:289, Rn. 14 und 15), vom 10. Juni 2004, Kronhofer (C‑168/02, EU:C:2004:364, Rn. 19 bis 21), oder Tibor-Trans, Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung.

    ( 17 ) Dagegen „ist eine solche Zuständigkeitszuweisung gerechtfertigt, soweit der Wohnsitz des Klägers tatsächlich der Ort des ursächlichen Geschehens oder der Verwirklichung des Schadenserfolgs ist“. Urteil vom 12. September 2018, Löber (C‑304/17, EU:C:2018:701, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.

    ( 18 ) Urteil vom 11. Januar 1990, Dumez France und Tracoba (C‑220/88, EU:C:1990:8, im Folgenden: Urteil Dumez, Rn. 20 und 22).

    ( 19 ) Generalanwalt Darmon verwendet in seinen in französischer Sprache verfassten Schlussanträgen in der Rechtssache Dumez France und Tracoba den Begriff par ricochet (C‑220/88, EU:C:1989:595, z. B. in Nr. 14 und den Nrn. 31 bis 47). Vgl. Urteil BMA Nederland, Rn. 35, in dem das Urteil Dumez entsprechend herangezogen wurde, oder die Urteile Tibor-Trans, Rn. 29 bis 31, und vom 9. Juli 2020, Verein für Konsumenteninformation, (C‑343/19, EU:C:2020:534, Rn. 27 bis 31), in denen die dort in Rede stehenden Sachverhalte anders beurteilt wurden als der Sachverhalt im Urteil Dumez.

    ( 20 ) Siehe auch die Darstellung oben in Nr. 14. Wie erwähnt, betrifft die erste Frage den Ersatz von Schäden, die ausschließlich den Tochtergesellschaften der Klägerin entstanden sind. Wie die tschechische Regierung im Wesentlichen ausführt, verlangt die Klägerin den Schadensersatz nicht in ihrer Eigenschaft als Anteilseignerin der betroffenen Tochtergesellschaften (oder aus einem anderen Grund); ihr Anspruch entspricht nach meinem Verständnis vielmehr den Ansprüchen, die von den betroffenen Tochtergesellschaften geltend gemacht werden könnten.

    ( 21 ) Urteil Tibor-Trans, Rn. 12 bis 15 und 29 bis 31.

    ( 22 ) Vgl. auch den 41. Erwägungsgrund und Art. 12 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1).

    ( 23 ) Urteile CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 44 und 56, oder flyLAL, Rn. 49. Kann dieser Ort nicht bestimmt werden, gab es aber „eine spezifische Absprache unter jenen Absprachen, durch die in ihrer Gesamtheit das fragliche rechtswidrige Kartell gegründet wurde, [die] für sich allein das ursächliche Geschehen für den einem Käufer angeblich verursachten Schaden bildete“, so „wäre das Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich die Absprache getroffen worden ist, dann für die Entscheidung über den diesem Käufer verursachten Schaden zuständig“. Urteil CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 46.

    ( 24 ) Urteil CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 52 und 53.

    ( 25 ) Generalanwalt Bobek äußert in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache flyLAL-Lithuanian Airlines (C‑27/17, EU:C:2018:136, im Folgenden: Schlussanträge in der Rechtssache flyLAL, Nr. 75) „starke Vorbehalte gegen diesen bestimmten Aspekt im Urteil CDC“ und führt aus, es erscheine „ohne Weiteres möglich, dass sich der Gerichtshof zu gegebener Zeit erneut mit dem Problem zu befassen haben wird“. Vgl. auch Fn. 44 dieser Schlussanträge.

    ( 26 ) Vgl. Wurmnest, W., „International jurisdiction in competition damages cases under the Brussels I Regulation: CDC Hydrogen Peroxide – Case C‑352/13, Cartel Damage Claims (CDC) Hydrogen Peroxide SA v. Akzo Nobel NV, Solvay SA/NV, Kemira Oyj, FMC Foret SA, Judgment of the Court (Fourth Chamber) of 21 May 2015, EU:C:2015:335.“, Common Market Law Review, Bd. 53, Kluwer Law International, 2016, Nr. 1, S. 225 bis 248, speziell S. 243; Hartley, T. C., „Jurisdiction in tort claims for non-physical harm under Brussels 2012, Article 7(2)“, International and Comparative Law Quarterly, Bd. 67, Nr. 4, Cambridge University Press, 2018, S. 987 bis 1003, speziell S. 996; Nourissat, C., „Action indemnitaire en droit de la concurrence: quand la Cour de justice instaure un nouveau forum actoris au bénéfice des victimes“, Procédures, Nr. 7, 2015, S. 19 und 20.

    ( 27 ) Schlussanträge in der Rechtssache Volvo u. a. (C‑30/20, EU:C:2021:322, im Folgenden: Schlussanträge in der Rechtssache Volvo). Diese Entwicklung begann mit dem Urteil flyLAL, Rn. 40, und wurde in den Urteilen Tibor-Trans, Rn. 33, und vom 24. November 2020, Wikingerhof (C‑59/19, EU:C:2020:950, Rn. 37), fortgeführt.

    ( 28 ) Urteil Tibor-Trans, Rn. 32 und 33, unter Bezugnahme auf das Urteil flyLAL, in dem der betroffene Markt jedoch dem litauischen Markt entsprach (genauer gesagt, dem Markt für Flüge vom und zum Flughafen Vilnius, Urteil flyLAL, Rn. 38 bis 40). Vgl. Schlussanträge in der Rechtssache Volvo, Nrn. 77 und 78. Vgl. auch Nuyts, A., „Droit international privé européen“, Journal de droit européen, 2021, S. 74 bis 95, speziell S. 80, Rn. 10.

    ( 29 ) Urteil Volvo, Rn. 39, 40 und 43.

    ( 30 ) Zur Unterscheidung zwischen dem allgemeinen Schadensbegriff und dem besonderen Begriff des Schadens für die Zuständigkeitsbegründung vgl. Schlussanträge in der Rechtssache flyLAL, Nrn. 31 bis 35.

    ( 31 ) Urteil Volvo, Rn. 41 bis 43.

    ( 32 ) Urteil Volvo, Rn. 40 und 43.

    ( 33 ) Vgl. auch Schlussanträge in der Rechtssache flyLAL, Nrn. 54 und 55, wo ausgeführt wird, dass diese Folge nur schwer damit in Einklang zu bringen sein dürfte, dass die in Rede stehende Zuständigkeitsregel eng auszulegen ist.

    ( 34 ) Dort ging es wie gesagt um denselben Beschluss wie hier. Urteil Volvo, Rn. 31.

    ( 35 ) Urteil Volvo, Rn. 27 und 43.

    ( 36 ) Vgl. dazu auch Lutzi, T., „Art. 7 Nr. 2 EuGVVO als Regelung der internationalen und örtlichen Zuständigkeit für Kartellschadensersatzklagen: zu EuGH, 15.7.2021, Rs. C‑30/20, RH./. AB Volvo u. a.“, Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (2023), Bd. 20, Nr. 1, S. 20 bis 24, speziell S. 20.

    ( 37 ) Schlussanträge in der Rechtssache flyLAL, Nr. 51. Wie in diesen Schlussanträgen dargelegt, ging es dort allerdings um eine Wettbewerbsbeschränkung, die „verdrängende Wirkung (Umsatzausfall und Marktmarginalisierung) [hatte], statt ausbeuterischer Natur zu sein (Kunden werden überhöhte Kartellpreise berechnet)“. Ebd., Nr. 76. Die vorliegende Rechtssache weicht davon ab, weil sie die zweite Fallgruppe betrifft.

    ( 38 ) Für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache halte ich es nicht für erforderlich, die Frage zu erörtern, ob die Beibehaltung des Anknüpfungspunkts des Sitzes des Geschädigten, sei es auch nur subsidiär, vollkommen überzeugend ist. Man könnte nämlich auch eine entsprechende Anwendung der im Urteil vom 3. Mai 2007, Color Drack (C‑386/05, EU:C:2007:262, Rn. 40 bis 42), im Kontext einer Vielzahl von Erfüllungsorten einer vertraglichen Verpflichtung (Lieferung von Waren) innerhalb eines Mitgliedstaats entwickelten Lösung in Betracht ziehen. In diesem Zusammenhang ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass das zuständige Gericht das Gericht des Ortes der Hauptlieferung ist oder, wenn es an einer solchen Hauptlieferung fehlt, das Gericht des Ortes (unter den verschiedenen Lieferorten), das der Kläger wählt. Vgl. in diesem Sinne Lehmann, M., „Jurisdiction in suits for cartel damages: the CJEU draws a new distinction. Case Comment“, European Competition Law Review, Bd. 43, 2022, Nr. 3, S. 150 und 151, speziell S. 151. Generalanwalt Richard de la Tour führt allerdings in den Nrn. 98 bis 110 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Volvo Argumente dafür an, dem Anknüpfungspunkt des Sitzes des Geschädigten erneut Aufmerksamkeit zu widmen.

    ( 39 ) Urteil Tibor-Trans, Rn. 30 und 31. Siehe oben, Nr. 36.

    ( 40 ) Solche Lieferketten könnten nicht nur eine „einfache“ Fallkonstellation („Rechtsverletzer – Zwischenhändler – mittelbarer Abnehmer“) umfassen, sondern auch komplexere, bei denen weitere mittelbare Abnehmer auf den nachgelagerten Märkten beteiligt sind. Vgl. zu einem Beispiel für die nationale polnische Praxis Study to support the preparation of a report on the application of Regulation (EU) No 1215/2012 on jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments in civil and commercial matters (Brussels Ia Regulation), Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2023, S. 434.

    ( 41 ) Whish, R., Bailey, D., Competition Law, Oxford University Press, 10. Aufl., Oxford 2021, 1184 S., S. 84; Van Bael & Bellis, Competition Law of the European Union, Wolters Kluwer, 6. Aufl., lv‑1771 S., 2021, S. 25; Urraca Caviedes, C., „Concept of Undertaking and Allocation of Liability for Antitrust Fines“, in Dekeyser, K., Gauer, C., Laitenberger, J., Wahl, N., Wils, W., Prete, L., Regulation 1/2003 and EU Antitrust Enforcement. A systematic Guide, Wolters Kluwer, lxiii‑1060 S., 2023, S. 539 bis 546, speziell S. 540.

    ( 42 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, Europäische Union/Guardian Europe und Guardian Europe/Europäische Union (C‑447/17 P und C‑479/17 P, EU:C:2019:672, im Folgenden: Urteil Europäische Union/Guardian Europe, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 43 ) Vgl. auch Urteil Sumal, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, oder Urteil vom 14. März 2019, Skanska Industrial Solutions u. a. (C‑724/17, EU:C:2019:204, im Folgenden: Urteil Skanska, Rn. 37).

    ( 44 ) Der Gerichtshof beschreibt diese Fallgestaltung wie folgt: „[D]ie Tochtergesellschaft [bestimmt] trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht selbständig …, sondern [befolgt] im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft …, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Beziehungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden.“ Urteil vom 27. April 2017, Akzo Nobel u. a./Kommission (C‑516/15 P, EU:C:2017:314, im Folgenden: Urteil Akzo Nobel, Rn. 52 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), und aus jüngerer Zeit Urteil Sumal, Rn. 43.

    ( 45 ) Urteil Sumal, Rn. 39 bis 44 und die dort angeführte Rechtsprechung.

    ( 46 ) Vgl. z. B. Urteil vom 17. Mai 2018, Specializuotas transportas (C‑531/16, EU:C:2018:324, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 47 ) Urteil Akzo Nobel, Rn. 52 und 53.

    ( 48 ) Urteil Sumal, Rn. 48 und 51.

    ( 49 ) Urteile Sumal, Rn. 38, und Skanska, Rn. 47.

    ( 50 ) Urteile Europäische Union/Guardian Europe, Rn. 106, und vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union (T‑673/15, EU:T:2017:377, Rn. 99 bis 103 und 153).

    ( 51 ) Speziell zur Vorgängerbestimmung von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 hat der Gerichtshof entschieden, dass „das angerufene Gericht im Stadium der Prüfung der internationalen Zuständigkeit weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit der Klage nach den Vorschriften des nationalen Rechts prüft, sondern nur die Anknüpfungspunkte mit dem Staat des Gerichtsstands ermittelt, die seine Zuständigkeit nach dieser Bestimmung rechtfertigen“. Urteil vom 16. Juni 2016, Universal Music International Holding (C‑12/15, EU:C:2016:449, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt Szpunar in der Rechtssache AB und AB-CD (Dokument über das Eigentumsrecht an Kunstwerken) (C‑265/21, EU:C:2022:476, Nrn. 78 und 80).

    ( 52 ) Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. 2007, L 324, S. 79).

    ( 53 ) Schlussanträge von Generalanwalt Szpunar in der Rechtssache Volvo (Zustellung einer Aufforderung zur Einlassung am Geschäftssitz einer Tochtergesellschaft der Beklagten) (C‑632/22, EU:C:2024:31, speziell Nrn. 50, 51 und 60). Diese Rechtssache, die noch beim Gerichtshof anhängig ist, betrifft eine Schadensersatzklage im Kontext des Kartells bei Lastkraftwagen, um das es auch in der vorliegenden Rechtssache geht.

    ( 54 ) Siehe oben, Nr. 29.

    ( 55 ) Vgl. zur Komplexität und zu den Grenzen der Beurteilung die Mitteilung der Kommission zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen wegen Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2013, C 167, S. 19), Rn. 9; Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen – Praktischer Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (SWD[2013] 205), 11.6.2013, Rn. 16 bis 20.

    ( 56 ) Dies wird durch die insoweit an die nationalen Gerichte gerichteten Leitlinien belegt, die 193 Randnummern umfassen: Mitteilung der Kommission – Leitlinien für die nationalen Gerichte zur Schätzung des Teils des auf den mittelbaren Abnehmer abgewälzten Preisaufschlags (ABl. 2019, C 267, S. 4). Dieser Aspekt kann nämlich sowohl als „Schwert“ als auch als „Schutzschild“ eingesetzt werden (ebd., Rn. 4 und Rn. 17 bis 19). Das bedeutet, dass einerseits der Kläger in der Lage sein muss, das Vorliegen eines Schadens darzulegen, wenn er zwar nicht der unmittelbare Käufer ist, aber nachweisen kann, dass der betreffende Preisaufschlag an ihn weitergegeben wurde. Andererseits kann der Beklagte dies widerlegen, indem er nachweist, dass der Kläger den Preisaufschlag an einen Dritten weitergegeben hat. Vgl. Kapitel IV der Richtlinie 2014/104 („Abwälzung des Preisaufschlags“).

    ( 57 ) Dies gilt selbstverständlich unbeschadet der Rolle des Sitzes des Beklagten, aber dieser Fall steht hier nicht zur Diskussion. Vgl. die Bestimmungen in Kapitel II der Richtlinie 2014/104 über die Offenlegung von Beweismitteln. Vgl. auch ihre Erwägungsgründe 15 und 16.

    ( 58 ) Urteil CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 52 und 55.

    ( 59 ) Vgl. Urteil CDC Hydrogen Peroxide, z. B. Rn. 35 oder Rn. 53 bis 55 (oder Rn. 9 und 10 im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Gesellschaft CDC, der Klägerin, bei der die Begriffe „Gesellschaft“ und „Unternehmen“ synonym verwendet werden). In der französischen Sprachfassung dieses Urteils wird in den Rn. 9 und 10 der Begriff „société“ (Gesellschaft) verwendet. Vgl. auch Urteil Volvo, Rn. 42.

    ( 60 ) Urteile CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 52, und Volvo, Rn. 41.

    ( 61 ) Siehe oben, Fn. 22.

    ( 62 ) Vgl. z. B. Biondi, A., Muscolo, G., Nazzini, R., After the Damages Directive: Policy and Practice in the EU Member States and the United Kingdom, Wolters Kluwer Law International, Alphen aan den Rijn 2022, xl‑626 S., speziell S. 6; Kirst, P., The impact of the damages directive on the enforcement of EU competition law: a law and economics analysis, Edward Elgar Publishing, Cheltenham, Northampton 2021, 416 S., speziell S. 31; Rodger, B., Sousa Ferro, M., Marcos, F., The EU Antitrust Damages Directive: Transposition in the Member States, Oxford University Press, Oxford 2018, 560 S. speziell S. 55.

    ( 63 ) Vgl. Art. 1 Abs. 2 bzw. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2014/104.

    ( 64 ) Definiert als „Person, die einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat“ in Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 2014/104. Dagegen wird „Rechtsverletzer“ in Art. 2 Nr. 2 dieser Richtlinie definiert als „das Unternehmen oder die Unternehmensvereinigung, das bzw. die die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht begangen hat“. Ferner heißt es in Art. 3 Abs. 1, dass „[d]ie Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jede natürliche oder juristische Person, die einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, den vollständigen Ersatz dieses Schadens verlangen und erwirken kann“. Hervorhebung nur hier. Auf derselben Linie heißt es im 13. Erwägungsgrund: „Das Recht auf Schadensersatz ist für jede natürliche oder juristische Person – Verbraucher, Unternehmen wie Behörden – anerkannt“. Auch hier wird mit dem Begriff „Unternehmen“ eine andere Art juristischer Personen als Behörden bezeichnet.

    ( 65 ) Unbeschadet der Fallkonstellation, dass ein Preisaufschlag auf mittelbare Abnehmer abgewälzt wurde. Vgl. Kapitel IV der Richtlinie 2014/104 und oben, Nrn. 36 und 37.

    ( 66 ) Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. 2007, L 199, S. 40) (im Folgenden: Rom‑II-Verordnung). In ihrem siebten Erwägungsgrund heißt es, dass „[d]er materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung … mit der Verordnung [Nr. 1215/2012] … in Einklang stehen [sollten]“. Vgl. Urteile flyLAL, Rn. 41, Tibor-Trans, Rn. 35, und Volvo, Rn. 32.

    ( 67 ) Urteil Volvo, Rn. 42; vgl. auch Urteile flyLAL, Rn. 40, und Tibor-Trans, Rn. 34.

    ( 68 ) Die Klägerin gibt an, dass solche Käufe in Ungarn, Kroatien, Italien, Österreich und der Slowakei erfolgt seien.

    ( 69 ) Darüber hinaus kann, wie die Beklagte vorbringt, nicht ausgeschlossen werden, dass ein künftiger Anspruchsteller im Vorgriff auf künftige Rechtsstreitigkeiten eine Holdinggesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat errichten könnte und damit de facto den Gerichtsstand für seinen Anspruch wählen würde.

    ( 70 ) Vgl. z. B. Lazić, V., Mankowski, P., The Brussels I-bis regulation: a handbook and practical guide, Edward Elgar Publishing, Northampton 2023, 602 S., Rn. 1.187 mit weiteren Nachweisen.

    ( 71 ) Dies ist der Fall bei den Zuständigkeitsvorschriften in den Abschnitten 3 bis 5 des Kapitels II der Verordnung Nr. 1215/2012, die Versicherte, Verbraucher und Arbeitnehmer betreffen und ihnen die Möglichkeit einräumen, am Ort ihres Wohnsitzes oder an dem Ort, an dem sie im Wesentlichen ihre Arbeit verrichten, Klage zu erheben. Urteile vom 25. Oktober 2012, Folien Fischer und Fofitec (C‑133/11, EU:C:2012:664, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 17. Oktober 2017, Bolagsupplysningen und Ilsjan (C‑194/16, EU:C:2017:766, Rn. 39).

    ( 72 ) Diese Regeln gelten nicht nur für Folgeklagen wie die hier in Rede stehende (die sich auf eine vorangegangene Verwaltungsentscheidung stützen, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wurde), sondern auch für eigenständige Klagen, bei denen die Zuwiderhandlung erst dargetan werden muss.

    ( 73 ) Urteil CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 54. Vgl. dazu Hartley, T. C., oben in Fn. 26 angeführt, S. 997, und Wurmnest, W., oben in Fn. 26 angeführt, S. 242. Vgl. auch die Schlussanträge in der Rechtssache Volvo, Nr. 101 und Fn. 118.

    ( 74 ) Siehe oben, Nr. 65.

    ( 75 ) Siehe die Fundstellen oben in Fn. 51.

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