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Document 62022CC0336

    Schlussanträge des Generalanwalts A. Rantos vom 28. September 2023.
    f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG gegen Hauptzollamt Bielefeld.
    Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Allgemeines Verbrauchsteuersystem – Richtlinie 2008/118/EG – Art. 1 Abs. 2 – Andere indirekte Steuern auf verbrauchsteuerpflichtige Waren – Voraussetzungen für die Erhebung – Mit der Steuer verfolgter besonderer Zweck – Verbrauchsteuern auf Tabakwaren – Richtlinie 2011/64/EU – Art. 14 – Besteuerungsvorschriften – Einhaltung dieser Vorschriften durch die anderen indirekten Steuern auf verbrauchsteuerpflichtige Waren – Erhitzter Tabak – Nationale Regelung, die für diesen Tabak eine andere Steuerstruktur und einen anderen Steuersatz vorsieht als für die Kategorie ‚anderer Rauchtabak‘.
    Rechtssache C-336/22.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2023:718

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    ATHANASIOS RANTOS

    vom 28. September 2023 ( 1 )

    Rechtssache C‑336/22

    f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG

    gegen

    Hauptzollamt Bielefeld

    (Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Düsseldorf [Deutschland])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerwesen – Richtlinie 2008/118/EG – Allgemeines Verbrauchsteuersystem – Art. 1 – Richtlinie 2011/64/EU – Struktur und Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren – Art. 14 – Tabakbesteuerung – Erhitzter Tabak – Nationale Regelung, die für erhitzten Tabak eine andere Struktur und einen anderen Steuersatz vorsieht als für anderen Rauchtabak“

    I. Einleitung

    1.

    Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen wird der Gerichtshof aufgefordert, sich zur Vereinbarkeit einer Zusatzsteuer auf neuartige Tabakerzeugnisse mit den unionsrechtlichen Bestimmungen über die Verbrauchsteuern zu äußern.

    2.

    Das Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich im Einzelnen auf die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118/EG ( 2 ) sowie von Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2011/64/EU ( 3 ).

    3.

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der f6 Cigarettenfabrik GmbH & Co. KG (im Folgenden: Klägerin) und dem Hauptzollamt Bielefeld (Deutschland) (im Folgenden: Beklagter) über dessen Entscheidung, die Klägerin zusätzlich zur Verbrauchsteuer auf Rauchtabak einer Zusatzsteuer auf die von ihr hergestellten zu erhitzenden Tabakstränge (im Folgenden: streitige Steuer) zu unterwerfen.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A.   Unionsrecht

    1. Richtlinie 2008/118

    4.

    Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/118 lautet: „Auf verbrauchsteuerpflichtige Waren können für besondere Zwecke andere indirekte Steuern erhoben werden. Um die Wirksamkeit der Gemeinschaftsregelungen im Bereich der indirekten Steuern in solchen Fällen nicht zu gefährden, sollten die Mitgliedstaaten bestimmte wesentliche Kernpunkte dieser Regelungen berücksichtigen.“

    5.

    In Art. 1 dieser Richtlinie heißt es:

    „(1)   Diese Richtlinie legt ein allgemeines System für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch folgender Waren (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren‘ genannt) erhoben werden:

    c) Tabakwaren gemäß [der Richtlinie 2011/64].

    (2)   Die Mitgliedstaaten können für besondere Zwecke auf verbrauchsteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern erheben, sofern diese Steuern in Bezug auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage, die Berechnung der Steuer, die Entstehung des Steueranspruchs und die steuerliche Überwachung mit den gemeinschaftlichen Vorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sind, wobei die Bestimmungen über die Steuerbefreiungen ausgenommen sind.

    (3)   Die Mitgliedstaaten können Steuern erheben auf:

    a)

    andere als verbrauchsteuerpflichtige Waren;

    …“

    2. Richtlinie 2011/64

    6.

    In den Erwägungsgründen 2, 4, 8 und 9 der Richtlinie 2011/64 heißt es:

    „(2)

    Die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren sollten das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau … gewährleisten …

    (4)

    Die verschiedenen Tabakwarensorten, die sich voneinander durch ihre Merkmale und durch ihren Verwendungszweck unterscheiden, sollten definiert werden.

    (8)

    Im Interesse einer einheitlichen und gerechten Besteuerung ist eine Definition von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und anderem Rauchtabak jeweils dahin gehend festzulegen, dass Tabakstränge, die aufgrund ihrer Länge als zwei Zigaretten oder mehr gelten können, verbrauchsteuerrechtlich als zwei Zigaretten oder mehr behandelt werden, dass eine bestimmte Art von Zigarren, die in vielerlei Hinsicht einer Zigarette ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Zigarette behandelt wird, dass Rauchtabak, der in vielerlei Hinsicht Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Feinschnitttabak behandelt wird, und dass Tabakabfälle eindeutig definiert sind. …

    (9)

    Die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern muss insbesondere dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird …“

    7.

    Art. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

    „Die vorliegende Richtlinie bestimmt allgemeine Grundsätze für die Harmonisierung der Struktur und der Sätze der Verbrauchsteuern, denen die Tabakwaren in den Mitgliedstaaten unterliegen.“

    8.

    Art. 2 der genannten Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

    „(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Tabakwaren‘:

    a)

    Zigaretten;

    b)

    Zigarren und Zigarillos;

    c)

    Rauchtabak:

    i)

    Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten;

    ii)

    anderen Rauchtabak.

    (2)   Zigaretten und Rauchtabak gleichgestellt sind Erzeugnisse, die ausschließlich oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber den übrigen Kriterien des Artikels 3 oder des Artikels 5 Absatz 1 entsprechen.

    …“

    9.

    Art. 3 Abs. 1 derselben Richtlinie bestimmt:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Zigaretten‘:

    a)

    Tabakstränge, dich sich unmittelbar zum Rauchen eignen und nicht Zigarren oder Zigarillos … sind;

    b)

    Tabakstränge, die durch einen einfachen nichtindustriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden;

    …“

    10.

    In Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64 heißt es:

    „Für die Zwecke dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Rauchtabak‘:

    a)

    geschnittenen oder anders zerkleinerten, gesponnenen oder in Platten gepressten Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet;

    b)

    zum Einzelverkauf aufgemachte und zum Rauchen geeignete Tabakabfälle, die nicht unter Artikel 3 und Artikel 4 Absatz 1 fallen …“

    11.

    Art. 13 dieser Richtlinie sieht vor:

    „Die nachstehenden Gruppen von in der Union hergestellten oder aus Drittländern eingeführten Tabakwaren unterliegen in jedem Mitgliedstaat einer in Artikel 14 festgesetzten Mindestverbrauchsteuer:

    a)

    Zigarren und Zigarillos;

    b)

    Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten;

    c)

    anderer Rauchtabak.“

    12.

    Art. 14 der genannten Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten wenden eine Verbrauchsteuer an, bei der es sich handeln kann

    a)

    entweder um eine Ad-Valorem-Verbrauchsteuer, die nach den Kleinverkaufshöchstpreisen des jeweiligen Erzeugnisses berechnet wird, … oder

    b)

    um eine spezifische Verbrauchsteuer, die in Form eines bestimmten Betrags je kg … oder – bei Zigarren und Zigarillos – alternativ je Stückzahl ausgedrückt wird oder

    c)

    um eine gemischte Verbrauchsteuer mit einem Ad-Valorem-Anteil und einem spezifischen Anteil.

    Im Falle der Ad-Valorem-Steuer oder der gemischten Verbrauchsteuer können die Mitgliedstaaten auch einen Mindestbetrag der Verbrauchsteuer festlegen.

    (2)   Die als Prozentsatz, in Form eines bestimmten Betrags je kg oder je Stückzahl ausgedrückte globale Verbrauchsteuer (spezifische Verbrauchsteuer und/oder Ad-Valorem-Verbrauchsteuer ohne Mehrwertsteuer) beträgt mindestens soviel wie die Sätze oder Mindestbeträge für:

    a)

    Zigarren und Zigarillos: 5 % des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern oder 12 [Euro] je 1000 Stück oder je kg;

    b)

    Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten: 40 % des gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreises für Feinschnitttabak für selbstgedrehte in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt[e] Zigaretten oder 40 [Euro] je kg;

    c)

    anderen Rauchtabak: 20 % des Kleinverkaufspreises einschließlich sämtlicher Steuern oder 22 [Euro] je kg.

    (3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Sätze bzw. Beträge gelten für sämtliche Erzeugnisse der betreffenden Gruppe von Tabakwaren ohne Unterscheidung innerhalb dieser Gruppe nach Qualität, Aufmachung, Herkunft der Erzeugnisse, verwendetem Material, Charakteristiken der beteiligten Unternehmen oder anderen Kriterien.

    …“

    B.   Deutsches Recht

    13.

    Das Tabaksteuergesetz vom 15. Juli 2009 (BGBl. 2009 I S. 1870) in der durch das Gesetz vom 10. August 2021 (BGBl. 2021 I S. 3411) geänderten Fassung (im Folgenden: TabStG) sieht in seinem § 1 vor:

    „(1)   Tabakwaren, erhitzter Tabak und Wasserpfeifentabak unterliegen … der Tabaksteuer[, die] eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung [ist].

    (2)   Tabakwaren sind

    1.

    Zigarren oder Zigarillos …

    2.

    Zigaretten …

    3.

    Rauchtabak (Feinschnitt und Pfeifentabak): geschnittener oder anders zerkleinerter oder gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet.

    (2a)   Erhitzter Tabak im Sinne dieses Gesetzes ist stückweise und einzeln portionierter Rauchtabak, der dazu geeignet ist, durch Inhalation eines in einer Vorrichtung erzeugten Aerosols oder Rauches konsumiert zu werden.

    …“

    14.

    § 1a („Erhitzter Tabak; Wasserpfeifentabak“) TabStG sieht vor: „Soweit nicht anders bestimmt, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes für Rauchtabak sowie die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen auch für erhitzten Tabak und Wasserpfeifentabak.“

    15.

    § 2 dieses Gesetzes bestimmt:

    „(1)   Die Steuer beträgt:

    1. für Zigaretten

    b)

    für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 10,88 Cent je Stück und 19,84 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 22,276 Cent je Stück abzüglich der Umsatzsteuer des Kleinverkaufspreises der zu versteuernden Zigarette;

    4.   für Pfeifentabak

    b)

    für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 15,66 Euro je Kilogramm und 13,13 Prozent des Kleinverkaufspreises, mindestens jedoch 24,00 Euro je Kilogramm;

    5.   für erhitzten Tabak die Steuer nach Nummer 4 zuzüglich einer Zusatzsteuer, die sich bemisst aus 80 Prozent des Steuerbetrags nach Nummer 1 abzüglich des Steuerbetrags nach Nummer 4. Für die Berechnung nach Nummer 1 entspricht hierbei der jeweils stückweise und einzeln portionierte Rauchtabak einer Zigarette;

    …“

    III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

    16.

    Die Klägerin stellt zu erhitzende, in ein colaminiertes Papier mit einer Aluminiumbeschichtung eingewickelte Tabakstränge her, die dazu bestimmt sind, in ein batteriebetriebenes Heizgerät eingeführt zu werden, in dem sie unterhalb der Verbrennungstemperatur erhitzt werden. Dadurch entsteht ein nikotinhaltiges Aerosol, das die Konsumenten über ein Mundstück inhalieren können.

    17.

    Nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden nationalen Regelung wurde der Betrag der auf erhitzten Tabak geschuldeten Steuer auf der Grundlage der für Pfeifentabak geltenden Berechnung ermittelt. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch vorgesehen, dass dieser Betrag seit dem 1. Januar 2022 um einen Betrag erhöht wird, den er ausdrücklich als „Zusatzsteuer“ (im Folgenden: Zusatzsteuer) bezeichnet. Nach der ab dem letztgenannten Datum geltenden nationalen Regelung setzt sich die auf erhitzten Tabak geschuldete Steuer nämlich aus einem Betrag, der auf der Grundlage der für Pfeifentabak geltenden Berechnung ermittelt wird, und dieser Zusatzsteuer zusammen. Die Zusatzsteuer entspricht 80 % des Betrags, der sich aus der Anwendung des Steuersatzes für Zigaretten auf die betreffenden Tabakstränge ergibt, abzüglich des Betrags, der auf der Grundlage der Berechnung für Pfeifentabak ermittelt worden ist.

    18.

    In diesem Zusammenhang erhob die Klägerin beim Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, eine Klage, mit der sie die Rechtmäßigkeit der Zusatzsteuer, die ab dem 1. Januar 2022 auf zu erhitzende Tabakstränge erhoben wird, im Hinblick auf die Richtlinie 2008/118 in Frage stellte.

    19.

    Mit ihrer Klage in der Ausgangsrechtssache trug die Klägerin vor:

    Die Erhebung der Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak verstoße gegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118, weil diese Steuer eine unzulässige Verbrauchsteuer darstelle;

    die Zusatzsteuer werde auch nicht für besondere Zwecke erhoben, weil die Einnahmen aus dieser Steuer nicht zur Deckung gesundheitsschutzbezogener Ausgaben verwendet würden;

    die Erhebung einer solchen Zusatzsteuer verstoße gegen Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64, weil Tabakwaren innerhalb der Gruppe des anderen Rauchtabaks nicht unterschiedlich behandelt werden dürften.

    20.

    Das beklagte Hauptzollamt wiederum trat der Klage entgegen und stellte fest:

    Die Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak stelle eine nationale, nicht harmonisierte Verbrauchsteuer dar, deren Erhebung nicht gegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 verstoße;

    die Erhebung der Zusatzsteuer verfolge den besonderen Zweck der Verringerung des Konsums gesundheitsschädlichen Nikotins, indem erhitzter Tabak im Ergebnis analog zu Zigaretten besteuert werde. Dieser Lenkungszweck der Zusatzsteuer reiche als besonderer Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 aus;

    da es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zusatzsteuer nicht um eine harmonisierte Steuer handle, müsse sie gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 nicht den Vorgaben von Art. 14 der Richtlinie 2011/64 genügen.

    21.

    Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Düsseldorf beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Tabaksteuer für erhitzten Tabak entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 Prozent des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt?

    2.

    Falls es sich bei der Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak nicht um eine andere indirekte Steuer zu besonderen Zwecken auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 handeln sollte: Ist Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung über die Erhebung der Tabaksteuer für erhitzten Tabak entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 Prozent des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt?

    3.

    Falls es sich bei der Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak nicht um eine andere indirekte Steuer zu besonderen Zwecken auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 handeln sollte: Ist Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung über die Erhebung der Tabaksteuer für erhitzten Tabak entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass diese nach einem Ad-Valorem-Steuersatz sowie einem spezifischen Steuersatz, der sich nach dem Gewicht und der Stückzahl der Tabakstränge richtet, zu ermitteln ist?

    22.

    Die Klägerin, die deutsche Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2023 haben diese Parteien darüber hinaus mündlich Stellung genommen.

    IV. Würdigung

    A.   Erste Vorlagefrage

    23.

    Die erste Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 es einem Mitgliedstaat erlaubt, auf Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu erhitzenden Tabakstränge neben der weiterhin anwendbaren Verbrauchsteuer auf Pfeifentabak eine Zusatzsteuer in Höhe von 80 % des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak zu erheben.

    24.

    Diese Frage besteht in Wirklichkeit aus zwei Unterfragen, die sorgfältig unterschieden werden müssen.

    25.

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht nämlich offenbar in einem ersten Schritt im Wesentlichen wissen, ob die Zusatzsteuer als „Verbrauchsteuer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118 oder aber als „andere indirekte Steuer“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels einzustufen ist.

    26.

    Für den Fall, dass die fragliche Steuer als „andere indirekte Steuer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 eingestuft wird und somit unter diese Vorschrift fällt, möchte das vorlegende Gericht in einem zweiten Schritt wissen, ob die Steuer die darin gestellten Anforderungen erfüllt, so dass sie nach dem Unionsrecht zulässig ist.

    27.

    Da Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 die Voraussetzungen regelt, unter denen die Mitgliedstaaten andere indirekte Steuern auf „verbrauchsteuerpflichtige Waren“ erheben können, muss vorab sichergestellt werden, dass erhitzter Tabak in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.

    1. Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/64

    28.

    Zunächst ist festzustellen, dass die Richtlinie 2011/64 nicht ausdrücklich auf Erzeugnisse wie die von der Klägerin hergestellten abstellt. Im Einzelnen: Abgesehen davon, dass die Richtlinie den Begriff „erhitzter Tabak“ nicht definiert, gehört dieses Erzeugnis zu keiner der gesonderten Kategorien von Tabakwaren, die in ihrem Art. 2 Abs. 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Wie aus den verschiedenen Berichten der Kommission und des Rates zur Richtlinie 2011/64 hervorgeht, gab es eine Reihe „neuartiger“ Tabakerzeugnisse, darunter auch das in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende, zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieser Richtlinie noch nicht; sie kamen erst nach deren Inkrafttreten auf den Markt ( 4 ). Im Übrigen ist die Richtlinie 2011/64 – im Gegensatz zu anderen Bereichen des Unionsrechts, wie z. B. der Kombinierten Nomenklatur, die für die zolltarifliche Einreihung im Zollrecht maßgeblich ist und inzwischen angepasst wurde, um dem Auftreten dieser neuartigen Erzeugnisse Rechnung zu tragen ( 5 ) – insoweit unverändert geblieben ( 6 ).

    29.

    Ungeachtet der vorstehenden Feststellungen bin ich der Ansicht, dass „erhitzter Tabak“ in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie einbezogen werden sollte.

    30.

    Als Erstes ergibt sich aus dem Wortlaut der Richtlinie selbst, dass der Unionsgesetzgeber mit der Einführung einer Restkategorie „anderer Rauchtabak“ nicht beabsichtigte, den Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/64 in Bezug auf verbrauchsteuerpflichtige Tabakwaren einzuschränken, sondern auch andere vorhandene, zum Rauchen bestimmte Tabakwaren als die ausdrücklich bezeichneten der Verbrauchsteuer unterwerfen wollte ( 7 ).

    31.

    Darüber hinaus entspräche eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie dahin gehend, dass als „anderer Rauchtabak“ alle vergleichbaren Tabakerzeugnisse einbezogen werden, die mit den ausdrücklich genannten Erzeugnissen im Wettbewerb stehen, den Zielen, sowohl das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ( 8 ) als auch ein hohes Gesundheitsschutzniveau ( 9 ) zu gewährleisten. Insoweit ist zu beachten, dass der Begriff „Rauchtabak“ in Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 2011/64, wie der Gerichtshof entschieden hat, gerade angesichts der Ziele dieser Richtlinie nicht eng ausgelegt werden darf ( 10 ).

    32.

    Was als Zweites konkret die Definition des Begriffs „Rauchtabak“ angeht, so müssen nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/64, wie der Gerichtshof entschieden hat, zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein; zum einen muss der Tabak geschnitten oder anders zerkleinert, gesponnen oder in Platten gepresst sein, und zum anderen muss er sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignen ( 11 ).

    33.

    Sowohl aus der Beschreibung im Vorlagebeschluss als auch aus den Antworten der Parteien in der mündlichen Verhandlung scheint sich zu ergeben, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tabakerzeugnisse geeignet sind, diese beiden Voraussetzungen zu erfüllen.

    34.

    In Bezug auf die erste Voraussetzung geht aus dem Vorlagebeschluss eindeutig hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tabakstränge aus komprimiertem Tabak bestehen, der aus Tabakstaub hergestellt wird. In Bezug auf die zweite Voraussetzung geht aus demselben Beschluss hervor, dass, auch wenn der Tabak nicht verbrannt, sondern nur erhitzt wird, dieser Vorgang mit dem Rauchen von Zigaretten oder anderen Tabakerzeugnissen vergleichbar ist, was das Erzeugnis zum Rauchen geeignet machen könnte ( 12 ). Der Gerichtshof hat insoweit bereits anerkannt, dass ein Erzeugnis, das lediglich erhitzt wird, auch dann als Rauchtabak angesehen werden kann, wenn es nicht verbrannt wird ( 13 ).

    35.

    Als Drittes ist festzustellen, dass alle Tabakerzeugnisse, die unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaften, ihrer gesundheitsschädlichen Wirkungen und des bestehenden Wettbewerbsverhältnisses zu anderen von der Richtlinie 2011/64 ausdrücklich erfassten Erzeugnissen mit diesen vergleichbar sind, in Anbetracht der in Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge in Erinnerung gerufenen Ziele der Richtlinie unter den Begriff „Rauchtabak“ zu subsumieren und damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen sind. Auf der Grundlage der vom vorlegenden Gericht getroffenen Feststellungen zur Art seines Konsums als Substitut für „herkömmliche“ Tabakerzeugnisse scheint erhitzter Tabak mit den anderen von der Richtlinie 2011/64 erfassten Tabakerzeugnissen hinreichend vergleichbar zu sein, so dass er folglich als „anderer Rauchtabak“ im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden kann.

    36.

    Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass erhitzter Tabak eine Tabakware im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/118 ist und daher als „anderer Rauchtabak“ (im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2011/64) in den Anwendungsbereich der letztgenannten Richtlinie fällt.

    2. Einstufung der streitigen Steuer als „andere indirekte“ Steuer

    37.

    Nachdem festgestellt worden ist, dass das fragliche Erzeugnis in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/118 fällt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die streitige Steuer als „andere indirekte Steuer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie angesehen werden kann, wie die deutsche Regierung und die Kommission vortragen, oder ob es sich vielmehr um eine Verbrauchsteuer handelt, wie die Klägerin geltend macht.

    38.

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2011/64 die Besteuerung von Tabakerzeugnissen nicht in harmonisierter und erschöpfender Weise regelt und ausdrücklich die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vorsieht, andere indirekte Steuern auf verbrauchsteuerpflichtige Waren zu erheben ( 14 ).

    39.

    Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 können diese indirekten Steuern, die sich von den Verbrauchsteuern unterscheiden, jedoch nur unter zwei Voraussetzungen auf verbrauchsteuerpflichtige Waren erhoben werden. Zum einen müssen solche Steuern für besondere Zwecke erhoben werden, und zum anderen müssen diese Steuern in Bezug auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage sowie die Berechnung der Steuer, die Entstehung des Steueranspruchs und die steuerliche Überwachung mit den Unionsvorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sein. Bei diesen beiden Voraussetzungen, durch die verhindert werden soll, dass der Handelsverkehr durch zusätzliche indirekte Steuern übermäßig behindert wird, handelt es sich, wie bereits aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 hervorgeht, um kumulative Voraussetzungen ( 15 ).

    a) Vorliegen eines „besonderen Zwecks“, der kein Haushaltszweck ist

    40.

    Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass unter einem besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 ein anderer als ein reiner Haushaltszweck zu verstehen ist ( 16 ). Allerdings hat jede Steuer notwendigerweise einen Haushaltszweck, weshalb der bloße Umstand, dass eine Steuer ein budgetäres Ziel verfolgt, als solcher nicht genügen kann, um die Annahme auszuschließen, dass diese Steuer auch einen besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 hat, denn andernfalls würde dieser Bestimmung jede praktische Wirksamkeit genommen ( 17 ).

    41.

    Darüber hinaus kann der Umstand, dass die Einnahmen aus einer Steuer im Voraus dafür bestimmt werden, dass Behörden eines Mitgliedstaats die Ausübung auf sie übertragener Zuständigkeiten finanzieren, zwar einen Gesichtspunkt darstellen, der für die Feststellung, ob ein besonderer Zweck vorliegt, zu berücksichtigen ist. Eine derartige Zweckbestimmung, die sich aus einer bloßen internen Organisationsvorschrift für den Haushalt eines Mitgliedstaats ergibt, kann aber als solche nicht genügen, da jeder Mitgliedstaat unabhängig von der Zielsetzung die Verwendung der Einnahmen aus einer Steuer zur Finanzierung bestimmter Ausgaben vorschreiben kann. Andernfalls könnte jeder Zweck als besonders im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 angesehen werden, was der durch diese Richtlinie eingeführten harmonisierten Verbrauchsteuer jede praktische Wirksamkeit nähme und gegen den Grundsatz verstieße, dass eine Ausnahmebestimmung wie Art. 1 Abs. 2 eng ausgelegt werden muss ( 18 ).

    42.

    Ohne einen solchen Mechanismus der im Voraus vorgenommenen Festlegung der Verwendung der Einnahmen kann bei einer Abgabe auf verbrauchsteuerpflichtige Waren schließlich nur dann davon ausgegangen werden, dass sie einen besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 verfolgt, wenn diese Abgabe hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Abgabengegenstands und des Abgabensatzes, derart gestaltet ist, dass sie das Verhalten der Abgabenpflichtigen mit Blick auf die Erreichung des beanspruchten besonderen Zwecks beeinflusst, etwa dadurch, dass die betroffenen Waren hoch besteuert werden, um ihren Konsum unattraktiv zu machen ( 19 ), oder dass zur Verwendung anderer Erzeugnisse angehalten wird, deren Auswirkungen im Hinblick auf das verfolgte Ziel weniger schädlich sind ( 20 ).

    43.

    Nachdem diese Klarstellungen zur Rechtsprechung des Gerichtshofs vorgenommen worden sind, muss nun die fragliche steuerliche Maßnahme analysiert werden, um festzustellen, ob sie einen „besonderen Zweck“ verfolgt ( 21 ).

    44.

    Zunächst ist zu bemerken, dass die betreffenden nationalen Rechtsvorschriften, wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, keinen Mechanismus einer im Voraus festgelegten Verwendung der Einnahmen aus der Zusatzabgabe für Zwecke im Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz vorsehen ( 22 ).

    45.

    In Ermangelung einer solchen im Voraus festgelegten Verwendung ist daher sodann zu prüfen, ob diese Abgabe so ausgestaltet ist, dass sie das Verhalten der Abgabenpflichtigen im Sinne der in Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung mit Blick auf die Erreichung des beanspruchten besonderen Zwecks beeinflusst.

    46.

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel des deutschen Gesetzgebers darin besteht, die Gesundheit zu schützen, genauer gesagt den Nikotinkonsum zu verringern, indem erhitzter Tabak analog zu Zigaretten besteuert wird.

    47.

    Das vorlegende Gericht äußert Zweifel an den „besonderen Zwecken“ des deutschen Gesetzes, da das Gesundheitsschutzziel dieses Gesetzes auch mit den Bestimmungen der Richtlinie 2011/64 verfolgt werde ( 23 ). Auch die Klägerin trägt ihrerseits vor, die mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften verfolgten Ziele stimmten mit denen der Verbrauchsteuer überein, weshalb das Gesetz nicht so ausgelegt werden könne, dass es einen „besonderen Zweck“ verfolge.

    48.

    Zu der vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Problematik ist nach meinem Dafürhalten Folgendes anzumerken.

    49.

    Als Erstes ist festzustellen, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 den Mitgliedstaaten zwar erlaubt, eine andere indirekte Steuer auf verbrauchsteuerpflichtige Waren zu erheben, diese Bestimmung aber gleichwohl eine Ausnahmeregelung darstellt und daher eng auszulegen ist. Der Begriff „andere indirekte Steuern“ im Sinne dieser Bestimmung bezeichnet nämlich indirekte Steuern auf den Verbrauch der in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie aufgezählten Erzeugnisse, die keine „Verbrauchsteuern“ im Sinne dieser Bestimmung sind und zu besonderen Zwecken erhoben werden ( 24 ). Dürfte ein Mitgliedstaat die mit der harmonisierten Tabaksteuer bereits verfolgten Zwecke auch als „besondere Zwecke“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 vorbringen, würden die harmonisierten Bestimmungen dieser Richtlinie ihres Sinns entleert. Eine solche Auslegung würde im Übrigen die Bemühungen zur Harmonisierung des Verbrauchsteuerrechts zunichtemachen und zu einer zusätzlichen Verbrauchsteuer führen, die dem Kernanliegen dieser Richtlinie, die verbleibenden Schranken auf dem Binnenmarkt zu beseitigen, zuwiderliefe ( 25 ).

    50.

    Ungeachtet des begrenzten Spielraums, über den die Mitgliedstaaten bei der Verfolgung besonderer Zielsetzungen verfügen, liefe es, wenn dieser Ausnahmeregelung die von der Klägerin vorgeschlagene Tragweite zuerkannt würde, im Wesentlichen jedoch darauf hinaus, den Mitgliedstaaten jegliche Initiativbefugnis zu entziehen, wodurch die Regelung ihre Daseinsberechtigung verlöre. Sie existiert aber gerade, weil der Unionsgesetzgeber keine vollständige Harmonisierung des Besteuerungssystems für die betreffenden verbrauchsteuerpflichtigen Waren vornehmen wollte, um den unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften innerhalb der Union Rechnung zu tragen ( 26 ). Wie der Gerichtshof im Übrigen entschieden hat, zielt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 darauf ab, den unterschiedlichen steuerlichen Traditionen der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet und dem häufigen Rückgriff auf indirekte Steuern für die Zwecke nicht auf den Haushalt bezogener Politiken Rechnung zu tragen, und erlaubt den Mitgliedstaaten, zusätzlich zu der Mindestverbrauchsteuer andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung einzuführen ( 27 ).

    51.

    In diesem Zusammenhang trägt das Kriterium der „besonderen Zielsetzung“ meines Erachtens dazu bei, die Möglichkeit der Mitgliedstaaten einzugrenzen, eine zusätzliche Steuer einzuführen, indem deren Wirkungen auf das Notwendige beschränkt werden, um das durch die Richtlinien 2008/118 und 2011/64 geschaffene Verbrauchsteuersystem nicht vollständig in Frage zu stellen.

    52.

    Was als Zweites das Ziel des Gesundheitsschutzes betrifft, so ist anzumerken, dass dieses zwar tatsächlich zu den im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/64 genannten Zielen gehört, die Richtlinie 2011/64 aber auf der Grundlage von Art. 113 AEUV erlassen worden ist und in erster Linie darauf abzielt, die Verbrauchsteuern (und andere indirekte Steuern) zu harmonisieren, um die Errichtung und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ferner hervorgeht, lässt sich durch den Umstand, dass der Schutz der Gesundheit ein allgemeines Ziel der Richtlinie 2011/64 darstellt, nicht von vornherein ausschließen, dass eine Zusatzsteuer, die ebenfalls dem Schutz der Gesundheit dient, eine „besondere Zielsetzung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 verfolgen kann ( 28 ).

    53.

    Als Drittes ergibt sich aus der in Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine steuerliche Maßnahme geeignet ist, die Erreichung einer „besonderen Zielsetzung“ zu gewährleisten, wenn sie aufgrund einer höheren Besteuerung vom Verbrauch bestimmter Waren abhalten kann.

    54.

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren zur Feststellung, ob eine von einem Mitgliedstaat eingeführte Besteuerung einen besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 verfolgt, Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es bestimmen kann, ob diese Besteuerung tatsächlich eine solche Zielsetzung hat, nicht aber, diese Beurteilung selbst vorzunehmen, zumal der Gerichtshof nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt ( 29 ). Es ist letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, dem es obliegt, alle relevanten Tatsachen zu ermitteln, zu bestimmen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zusatzsteuer tatsächlich so verstanden werden kann, dass sie einen „besonderen Zweck“ im oben beschriebenen Sinne verfolgt ( 30 ).

    55.

    Abgesehen davon bin ich wie die deutsche Regierung und die Kommission der Ansicht, dass die streitige Steuer eine „besondere Zielsetzung“ verfolgt.

    56.

    Aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ergibt sich nämlich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zusatzsteuer nicht nur allgemein das Ziel eines hohen Gesundheitsschutzes verfolgt, sondern vor allem das spezifische Ziel hat, Konsumenten mit Nikotinabhängigkeit davon abzuhalten, von Zigaretten auf zu erhitzende Tabakstränge umzusteigen. Durch die Anpassung des Steuersystems für erhitzten Tabak und seine „Annäherung“ an das Steuersystem für Zigaretten wird mit den fraglichen deutschen Rechtsvorschriften nämlich ein besonderer Lenkungszweck bzw. Abschreckungszweck verfolgt, der den Wechsel von einer Tabakkategorie zu einer anderen, weniger stark besteuerten verhindern soll.

    57.

    Als Viertes und Letztes sei darauf hingewiesen, dass eine indirekte Steuer zwar grundsätzlich, wie in Nr. 49 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt worden ist, keine ähnlichen Ziele wie die Verbrauchsteuer verfolgen sollte, da sonst die harmonisierten Bestimmungen der Richtlinie 2008/118 ihres Sinns entleert würden, dies aber nicht dazu führen darf, dass es den Mitgliedstaaten untersagt wird, ihre Steuervorschriften anzupassen, um den Besonderheiten neu in Verkehr gebrachter Tabakerzeugnisse Rechnung zu tragen und so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, die beide Ziele dieser Richtlinie darstellen ( 31 ). Durch die „Annäherung“ des Steuersystems für erhitzten Tabak an das für Zigaretten zielen die deutschen Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall neben dem Gesundheitsschutz jedoch auch darauf ab, eine ähnliche steuerliche Behandlung von Erzeugnissen sicherzustellen, die in den Augen der Konsumenten austauschbar erscheinen dürften.

    b) Vereinbarkeit der Berechnungsmodalitäten für die Zusatzsteuer mit Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 und Art. 14 der Richtlinie 2011/64

    58.

    Nachdem festgestellt worden ist, dass die erste Voraussetzung – die Besonderheit der Steuer – erfüllt ist, muss nun geprüft werden, ob die fragliche Maßnahme auch die zweite in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 aufgeführte Voraussetzung erfüllt. Damit eine solche Zusatzsteuer als unionsrechtskonform angesehen werden kann, muss sie nämlich mit den gemeinschaftlichen Vorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sein, insbesondere was die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage und die Berechnung dieser Steuer betrifft. Die Vorschrift nimmt somit einen Verweis auf die Richtlinie 2011/64 und insbesondere auf deren Art. 14 vor, in dem die Modalitäten für die Berechnung der zusätzlichen Steuern auf verbrauchsteuerpflichtige Tabakwaren festgelegt sind.

    59.

    Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung, wonach der Betrag der auf erhitzten Tabak geschuldeten Verbrauchsteuer anhand der Verbrauchsteuer auf Pfeifentabak und einer Zusatzsteuer bestimmt wird, die 80 % der Verbrauchsteuer auf Zigaretten abzüglich des Betrags der Verbrauchsteuer auf Pfeifentabak entspricht, mit Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64 vereinbar ist. Seiner Ansicht nach geht es um die Frage, ob die nationale Regelung eine Unterscheidung innerhalb der zur selben Gruppe von Tabakwaren gehörenden Erzeugnisse einführt, die nach dem betreffenden Art. 14 Abs. 3 verboten ist.

    60.

    Das vorlegende Gericht zweifelt auch daran, dass eine nationale Regelung, die vorsieht, dass sich die Steuer auf erhitzten Tabak aus zwei Beträgen zusammensetzt, von denen der eine anhand eines Ad-Valorem-Steuersatzes und der andere anhand eines spezifischen Steuersatzes bestimmt wird, der sich nach dem Gewicht und der Anzahl der zu erhitzenden Tabakstränge richtet, mit Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/64 vereinbar ist. Es stellt fest, dass diese Vorschriften eine solche Besteuerungsformel nicht vorsähen.

    61.

    Zunächst ist festzustellen, dass die Modalitäten für die Berechnung der Zusatzsteuer, die als Prozentsatz des Betrags der Verbrauchsteuer auf Zigaretten abzüglich des Betrags der Verbrauchsteuer auf anderen Rauchtabak ausgedrückt wird, zu den in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64 vorgesehenen Modalitäten gehören.

    62.

    Die Steuer scheint jedoch gegen die in Art. 14 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2011/64 festgelegten Grundsätze zu verstoßen, da Steuerbemessungsgrundlage für die Zusatzsteuer wie bei Zigaretten die Stückzahl und nicht wie bei „anderem Rauchtabak“ das Gewicht ist ( 32 ). Außerdem unterscheiden sich die Berechnungsmodalitäten für die Zusatzsteuer von denen für die Verbrauchsteuer, die auf die anderen Erzeugnisse innerhalb der Gruppe „anderer Rauchtabak“ und insbesondere auf Pfeifentabak anwendbar sind. Folglich weichen sie von Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie ab, der vorsieht, dass die in Art. 14 Abs. 1 und 2 genannten Sätze oder Beträge für sämtliche Erzeugnisse der betreffenden Tabakgruppe gelten, ohne dass innerhalb der einzelnen Gruppen von Tabakwaren unterschieden wird.

    63.

    Ich bin gleichwohl der Ansicht, dass die festgestellte Abweichung zwischen der in der Richtlinie 2011/64 vorgesehenen Berechnungsmethode einerseits und den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften andererseits nicht automatisch zur Unvereinbarkeit der streitigen Steuer mit dieser Richtlinie führen dürfte.

    64.

    Als Erstes geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 von den Mitgliedstaaten nicht die Beachtung des gesamten für die Verbrauchsteuern oder die Mehrwertsteuer geltenden Steuerrechts in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage, die Berechnung und die Entstehung der Steuer sowie die steuerliche Überwachung verlangt. Es reicht aus, wenn die indirekten Steuern mit besonderer Zielsetzung unter diesen Aspekten einer dieser beiden Besteuerungstechniken strukturell entsprechen ( 33 ).

    65.

    Als Zweites ist zu beachten, dass der Unionsgesetzgeber, indem er in Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64 vorgesehen hat, dass Tabakwaren innerhalb derselben Gruppe nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, in erster Linie sicherstellen will, dass es keine diskriminierende steuerliche Behandlung von Erzeugnissen gibt, die bezogen auf ihre wesentlichen Merkmale und die Art ihres Konsums wenn schon nicht identisch, so doch zumindest vergleichbar sind.

    66.

    Wie in den Nrn. 30 und 31 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, ist die dritte in der Richtlinie 2011/64 festgelegte Kategorie „anderer Rauchtabak“ als Restkategorie, die verschiedene Arten von Tabak umfassen soll, die nicht unter die in dieser Richtlinie festgelegten spezifischen Kategorien fallen, weit auszulegen. Folglich umfasst diese Kategorie per Definition heterogene Tabakerzeugnisse, die in Bezug auf ihre Herstellungsmerkmale und die Art ihres Konsums variieren und vielfältiger sind als die in den beiden anderen Kategorien, in denen die Erzeugnisse ausdrücklich aufgeführt sind, nämlich „Zigaretten“ sowie „Zigarren und Zigarillos“ ( 34 ). Würde im Voraus verlangt, sämtliche Erzeugnisse der letztgenannten Kategorie unabhängig von ihren Merkmalen und ungeachtet etwaiger Unterschiede hinsichtlich der Art ihres Konsums steuerlich gleich zu behandeln, könnte das zu einer Diskriminierung zwischen diesen Erzeugnissen führen und den Wettbewerb zwischen Tabakerzeugnissen derselben Gruppe verfälschen, was den Zielen der Richtlinie 2011/64 zuwiderliefe ( 35 ).

    67.

    Als Drittes ist daran zu erinnern, dass die Einführung der streitigen Steuer durch den deutschen Gesetzgeber darauf abzielte, die Konsumenten davon abzuhalten, von einer Kategorie von Tabakwaren, nämlich Zigaretten, auf eine andere – die in der Ausgangsrechtssache in Rede stehenden Erzeugnisse, die ursprünglich niedriger besteuert wurden – umzusteigen. Vorbehaltlich der Prüfung durch das vorlegende Gericht ist offenbar die einzig mögliche Methode zur Erreichung einer Annäherung des Gesamtsteuerbetrags für erhitzten Tabak an den Betrag der Gesamtverbrauchsteuer für Zigaretten diejenige, für die sich die deutsche Regierung entschieden hat. Diese Erzeugnisse scheinen in Anbetracht ihrer Eigenschaften und der Art ihres Konsums nämlich Zigarettenersatz zu sein und ähneln damit eher Zigaretten als anderen Tabakwaren, die als „anderer Rauchtabak“ der Verbrauchsteuer unterliegen, was es rechtfertigen würde, als Besteuerungskriterium die Stückzahl und nicht das Gewicht heranzuziehen ( 36 ).

    68.

    Demnach bin ich der Ansicht, dass es Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 die praktische Wirksamkeit nehmen könnte, wenn eine vollkommene Übereinstimmung zwischen den nationalen Regelungen sowie den Bestimmungen der Richtlinien über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf die verschiedenen Unterkategorien verbrauchsteuerpflichtiger Waren verlangt würde ( 37 ).

    69.

    Aufgrund des Vorstehenden schlage ich vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung über die Erhebung einer Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak nicht entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 % des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt.

    B.   Zweite und dritte Vorlagefrage

    70.

    Die zweite und die dritte Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts werden für den Fall gestellt, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Zusatzsteuer keine andere indirekte Steuer ist, die im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 für besondere Zwecke auf verbrauchsteuerpflichtige Waren erhoben wird. Diese Fragen sind daher nur relevant, soweit die streitige Zusatzsteuer eine Verbrauchsteuer darstellen würde.

    71.

    In Anbetracht der vorstehenden Würdigung und der vorgeschlagenen Antwort auf die erste Vorlagefrage erübrigt sich die Beantwortung der zweiten und der dritten Vorlagefrage.

    V. Ergebnis

    72.

    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Finanzgerichts Düsseldorf (Deutschland) wie folgt zu beantworten:

    Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren

    ist dahin auszulegen, dass

    er einer nationalen Regelung über die Erhebung einer Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak nicht entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 % des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) Richtlinie des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12).

    ( 3 ) Richtlinie des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. 2011, L 176, S. 24).

    ( 4 ) Vgl. hierzu Evaluierungsbericht vom 10. Februar 2020 zur Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (SWD[2020] 33 final, S. 15) sowie Schlussfolgerungen des Rates zur Struktur und zu den Sätzen der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (Dokument Nr. 8483/20 vom 2. Juni 2020).

    ( 5 ) So unterscheidet die Kombinierte Nomenklatur in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission vom 12. Oktober 2021 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 2021, L 385, S. 1) seit dem 1. Januar 2022 zwischen „Rauchtabak“ und „Erzeugnissen, die zur Inhalation ohne Verbrennung bestimmt sind“. Erhitzter Tabak als Erzeugnis, das Tabak enthält und zur Inhalation ohne herkömmliche Verbrennung bestimmt ist, gehört nunmehr zur Unterposition 2404.

    ( 6 ) Vgl. auch die Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl. 2014, L 127, S. 1), die ebenfalls eine Unterscheidung zwischen „Rauchtabakerzeugnissen“ und „rauchlosen Tabakerzeugnissen“ vornimmt.

    ( 7 ) Dies geht auch aus Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2011/64 hervor, der vorsieht, dass andere Erzeugnisse, die ausschließlich oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, Zigaretten und Rauchtabak gleichgestellt sind.

    ( 8 ) So heißt es im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/64, dass die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern dazu führen muss, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird und dass es zur Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten kommt. Das Ziel, einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten, wird auch im achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/64 hervorgehoben, in dem es im Wesentlichen heißt, dass Erzeugnisse, die denen einer Kategorie ähnlich sind, für Verbrauchsteuerzwecke so behandelt werden sollten, als gehörten sie zu dieser Kategorie.

    ( 9 ) Vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/64 und Urteil vom 16. September 2020, Skonis ir kvapas (C‑674/19, EU:C:2020:710, Rn. 31 und 32).

    ( 10 ) Urteil vom 6. April 2017, Eko-Tabak (C‑638/15, EU:C:2017:277, Rn. 24).

    ( 11 ) Urteile vom 6. April 2017, Eko-Tabak (C‑638/15, EU:C:2017:277, Rn. 25), und vom 16. September 2020, Skonis ir kvapas (C‑674/19, EU:C:2020:710, Rn. 36).

    ( 12 ) Das vorlegende Gericht stellt hierzu fest, dass die von der Klägerin hergestellten Erzeugnisse beim Erhitzen ein nikotinhaltiges Aerosol freisetzen, das wie herkömmlicher Tabakrauch vom Konsumenten über ein Mundstück inhaliert wird.

    ( 13 ) Urteil vom 16. September 2020, Skonis ir kvapas (C‑674/19, EU:C:2020:710, Rn. 45).

    ( 14 ) Vgl. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118.

    ( 15 ) Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic (C‑460/21, EU:C:2022:83, Rn. 21 und 22).

    ( 16 ) Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic (C‑460/21, EU:C:2022:83, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 17 ) Urteil vom 22. Juni 2023, Endesa Generación (C‑833/21, EU:C:2023:516, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 18 ) Urteil vom 22. Juni 2023, Endesa Generación (C‑833/21, EU:C:2023:516, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 19 ) Urteil vom 22. Juni 2023, Endesa Generación (C‑833/21, EU:C:2023:516, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 20 ) Urteil vom 27. Februar 2014, Transportes Jordi Besora (C‑82/12, EU:C:2014:108), und Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Transportes Jordi Besora (C‑82/12, EU:C:2013:694, Nrn. 17 bis 32).

    ( 21 ) Vgl. auch Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 22 ) Diese Feststellung wird von der deutschen Regierung im Übrigen nicht bestritten.

    ( 23 ) Vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/64.

    ( 24 ) Urteil vom 3. März 2021, Promociones Oliva Park (C‑220/19, EU:C:2021:163, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 25 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Transportes Jordi Besora (C‑82/12, EU:C:2013:694, Nr. 22).

    ( 26 ) Insoweit sei darauf hingewiesen, dass die Kommission die von der Richtlinie 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten (ABl. 1992, L 316, S. 10) erfassten Erzeugnisse, wie aus den Vorarbeiten zur Annahme dieser Richtlinie hervorgeht, ursprünglich keiner anderen Besteuerung als der Verbrauchsteuer und der Mehrwertsteuer unterwerfen wollte – ein Ansatz, der vom Rat, der die Möglichkeit der Mitgliedstaaten beibehalten wollte, auf das Instrument der indirekten Besteuerung zurückzugreifen, abgelehnt worden ist. Vgl. in diesem Sinne Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das allgemeine Verbrauchsteuersystem sowie über den Besitz und die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (KOM[90] 431 endg.), S. 3.

    ( 27 ) Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic (C‑460/21, EU:C:2022:83, Rn. 20).

    ( 28 ) Urteil vom 24. Februar 2000, Kommission/Frankreich (C‑434/97, EU:C:2000:98), und Schlussanträge des Generalanwalts Saggio in der Rechtssache Kommission/Frankreich (C‑434/97, EU:C:1999:341, Nr. 13). Vgl. auch entsprechend im Umweltbereich Urteile vom 22. Juni 2023, Endesa Generación (C‑833/21, EU:C:2023:516, Rn. 45), und vom 27. Februar 2014, Transportes Jordi Besora (C‑82/12, EU:C:2014:108, Rn. 32), sowie Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Transportes Jordi Besora (C‑82/12, EU:C:2013:694, Nr. 22).

    ( 29 ) Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic (C‑460/21, EU:C:2022:83, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 30 ) Insoweit ist klarzustellen, dass der Gerichtshof weder dafür zuständig ist, die Frage zu prüfen, ob zu erhitzende Tabakstränge im Vergleich zu (herkömmlichen) Zigaretten mehr oder weniger schädlich sind, noch dafür, sich zu den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation hinsichtlich der Schädlichkeit erhitzten Tabaks zu äußern.

    ( 31 ) Vgl. Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 32 ) Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuer würde nämlich dazu führen, dass hinsichtlich der Gesamtsteuerlast auf einem Erzeugnis, die aus einer Kombination der Verbrauchsteuer und der Zusatzsteuer auf dieselben Erzeugnisse besteht, unterschiedliche Methoden u. a. zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage und zur Berechnung der Steuer angewandt werden. Genauer gesagt weichen die Berechnungsmodalitäten für die Zusatzsteuer von denen für die Gruppe „anderer Rauchtabak“ ab, da der Gesamtbetrag der Zusatzsteuer als Prozentsatz des Kleinverkaufspreises und je Stückzahl festgelegt wird und nicht als Prozentsatz des Kleinverkaufspreises und/oder je kg, wie in Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2011/64 für „anderen Rauchtabak“ definiert.

    ( 33 ) Urteil vom 9. März 2000, EKW und Wein & Co (C‑437/97, EU:C:2000:110, Rn. 47).

    ( 34 ) Vgl. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2011/64.

    ( 35 ) Vgl. die Erwägungsgründe 8 und 9 dieser Richtlinie.

    ( 36 ) Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten Erzeugnis in Wirklichkeit um Tabak in Einzelstücken handelt, der ähnlich wie Zigaretten konsumiert wird. Diese Feststellung wird auch untermauert durch den Wortlaut der deutschen Rechtsvorschriften, mit denen die streitige Steuer eingeführt worden ist und die – in § 1 Abs. 2a TabStG – erhitzten Tabak als „stückweise und einzeln portionierten Rauchtabak“ definieren, wobei in § 2 Abs. 1 Nr. 5 TabStG darüber hinaus klargestellt wird, dass „der jeweils stückweise und einzeln portionierte Rauchtabak einer Zigarette [entspricht]“. Außerdem entsprechen Ziel und Dauer des Konsums erhitzten Tabaks den schriftlichen Erklärungen der deutschen Regierung zufolge denen des Konsums von Zigaretten und nicht denen von Erzeugnissen, die unter andere Kategorien von Tabakwaren fallen – eine Feststellung, die von der Klägerin im Übrigen nicht bestritten worden ist.

    ( 37 ) Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Saggio in der Rechtssache Kommission/Frankreich (C‑434/97, EU:C:1999:341, Nr. 14).

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