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Document 62020CC0725

Schlussanträge der Generalanwältin J. Kokott vom 11. Januar 2024.


ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:32

 SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 11. Januar 2024 ( 1 )

Rechtssachen C‑725/20 P, C‑198/21 P und C‑391/21 P

Maria Teresa Coppo Gavazzi

u. a. (C‑725/20 P),

Giacomo Santini

u. a. (C‑198/21 P)

und

Enrico Falqui (C‑391/21 P)

gegen

Europäisches Parlament

„Rechtsmittel – Institutionelles Recht – Einheitliches Statut des Europaabgeordneten – In Italien gewählte Europaabgeordnete – Erlass des Ruhegehälter betreffenden Beschlusses Nr. 14/2018 durch das Ufficio di Presidenza della Camera dei deputati (Präsidium der Abgeordnetenkammer, Italien) – Änderung der Höhe der Ruhegehälter der nationalen Abgeordneten – Entsprechende Änderung der Höhe der Ruhegehälter bestimmter ehemaliger, in Italien gewählter Europaabgeordneter durch das Europäische Parlament – Ersetzung der streitigen Beschlüsse des Europäischen Parlaments im Laufe des Verfahrens vor dem Gerichtshof – Wegfall des Streitgegenstands und des Rechtsschutzinteresses der Rechtsmittelführer“

Inhaltsverzeichnis

 

I. Einleitung

 

II. Rechtsrahmen

 

A. Unionsrecht

 

B. Italienisches Recht

 

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

A. Neuberechnung der Altersruhegehälter bzw. Hinterbliebenenrenten der Rechtsmittelführer durch das Parlament

 

B. Verfahren vor dem Gericht

 

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof, Anträge der Parteien und weitere Entwicklungen nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens

 

V. Würdigung

 

A. Fortbestand des Streitgegenstands und des Rechtsschutzinteresses trotz der Ersetzung der streitigen Beschlüsse?

 

B. Zu den Rechtsmitteln

 

1. Zur Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Beschlüsse und zur Unterscheidung des Anspruchs dem Grunde nach und der Höhe nach

 

2. Zur Vereinbarkeit der Umsetzung des Beschlusses Nr. 14/2018 durch das Parlament mit höherrangigen Normen und Grundsätzen des Unionsrechts

 

a) Zu den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie dem Recht auf Eigentum

 

b) Zur Verhältnismäßigkeit

 

3. Zur Zuständigkeit des Urhebers der streitigen Beschlüsse

 

4. Zur Begründung der streitigen Beschlüsse

 

5. Zur erstinstanzlichen Klage von Frau Panusa

 

6. Zwischenergebnis

 

C. Zu den Klagen vor dem Gericht

 

D. Zwischenergebnis

 

VI. Kosten

 

A. Zu den Kosten der Rechtsmittelverfahren

 

B. Zu den Kosten der erstinstanzlichen Verfahren

 

VII. Ergebnis

I. Einleitung

1.

Vor der Schaffung eines einheitlichen Altersversorgungssystems für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments konnten diese, sofern ihr nationales System keine Altersversorgung vorsah oder die Höhe und/oder die Modalitäten der vorgesehenen Versorgung nicht mit denen übereinstimmten, die für die Mitglieder des nationalen Parlaments ihres Mitgliedstaats galten, ein Altersruhegehalt aus dem Unionsbudget erhalten, dessen Höhe und Bedingungen identisch mit denjenigen des Altersruhegehalts der Mitglieder der Abgeordnetenkammer ihres Mitgliedstaats waren.

2.

Den vorliegenden Rechtsmitteln liegt die Situation ehemaliger, in Italien gewählter Abgeordneter des Parlaments bzw. deren Hinterbliebener zugrunde, deren Altersruhegehälter bzw. Hinterbliebenenrenten (im Folgenden: Ruhegehälter) gemäß dieser Regelung, vom Gericht als „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ bezeichnet, an die Höhe und Bedingungen des Ruhegehalts der ehemaligen italienischen Abgeordneten gekoppelt sind.

3.

Die vorliegenden Rechtsmittelverfahren drehen sich um die Frage, ob das Parlament in Anwendung dieser „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ zu Recht die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer, die diese bereits bezogen, gekürzt hat, nachdem das Präsidium der italienischen Abgeordnetenkammer seinerseits die Kürzung der Ruhegehälter der ehemaligen italienischen Abgeordneten verfügt hatte.

4.

Neben der Frage, ob das Gericht die Klagen der Rechtsmittelführer gegen die entsprechenden Beschlüsse des Parlaments zu Recht abgewiesen hat, stellt sich die Frage, ob die vorliegenden Verfahren ihren Streitgegenstand und die Rechtsmittelführer ihr Rechtsschutzinteresse behalten. Die streitigen Beschlüsse des Parlaments sind nämlich zwischenzeitlich, in Folge einer erneuten Änderung der italienischen Rechtslage, durch neue Beschlüsse ersetzt worden.

5.

Die Prüfung der vorliegenden Rechtsmittel wird zeigen, dass diese beiden Fragen untrennbar miteinander verbunden sind. Denn die Rechtsfehler, die die Rechtsmittelführer geltend machen, erweisen sich als entscheidend sowohl für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Urteile und streitigen Beschlüsse als auch für die Frage des Wegfalls des Streitgegenstands der vorliegenden Verfahren.

II. Rechtsrahmen

A.   Unionsrecht

6.

Die Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (im Folgenden: KVR) in ihrer bis zum 14. Juli 2009 geltenden Fassung ( 2 ) sah in ihrer Anlage III u. a. vor:

„Artikel 1

1.   Alle Mitglieder des Parlaments haben Anspruch auf ein Altersruhegehalt.

2.   Bis zur Einführung eines endgültigen gemeinschaftlichen Altersversorgungssystems für alle Mitglieder des Europäischen Parlaments wird – sofern das nationale System keine Altersversorgung vorsieht oder die Höhe und/oder die Modalitäten der vorgesehenen Versorgung nicht mit denen übereinstimmen, die für die Mitglieder des nationalen Parlaments des Mitgliedstaates gelten, in dem das betreffende Mitglied des Parlaments gewählt wurde – aus dem Haushaltsplan der Europäischen Union, Einzelplan Parlament, auf Antrag des betreffenden Mitglieds ein vorläufiges Altersruhegehalt gezahlt.

Artikel 2

1.   Höhe und Bedingungen des vorläufigen Altersruhegehalts sind identisch mit Höhe und Bedingungen des Altersruhegehalts für Mitglieder der Abgeordnetenkammer des Mitgliedstaates, in dem das Mitglied des Parlaments gewählt wurde.

2.   Ein gemäß Artikel 1 Absatz 2 anspruchsberechtigtes Mitglied hat beim Beitritt zu dieser Regelung einen Beitrag zugunsten des Haushalts der Europäischen Union zu leisten, der so berechnet ist, dass seine Zahlungen insgesamt dem Beitrag entsprechen, den ein Mitglied der Abgeordnetenkammer des Mitgliedstaates, in dem das Mitglied gewählt wurde, nach den nationalen Bestimmungen zu entrichten hat.

Artikel 3

1.   Der Antrag auf Beitritt zu dieser vorläufigen Ruhegehaltsregelung muss binnen zwölf Monaten nach Beginn des Mandats des Betroffenen gestellt werden.

Nach Ablauf dieser Frist wird der Beitritt zur Ruhegehaltsregelung am ersten Kalendertag des Monats wirksam, in dem der Antrag eingegangen ist.

2.   Der Antrag auf Auszahlung des Ruhegehalts muss binnen sechs Monaten nach Entstehen des Anspruchs gestellt werden.

Nach Ablauf dieser Frist wird der Ruhegehaltsanspruch am ersten Kalendertag des Monats wirksam, in dem der Antrag eingegangen ist.

[…]“

7.

Das Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments ist mit dem Beschluss 2005/684/EG, Euratom des Parlaments vom 28. September 2005 zur Annahme des Abgeordnetenstatuts des Parlaments (im Folgenden: Abgeordnetenstatut) ( 3 ) angenommen worden und am 14. Juli 2009, dem ersten Tag der siebten Wahlperiode, in Kraft getreten.

8.

Mit Beschluss vom 19. Mai und vom 9. Juli 2008 hat das Präsidium des Parlaments die Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut ( 4 ) erlassen. Gemäß ihrem Art. 73 sind die Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut am Tag des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts, nämlich am 14. Juli 2009, in Kraft getreten.

9.

In Art. 74 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut heißt es, dass die KVR vorbehaltlich der in Titel IV dieser Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Übergangsbestimmungen, insbesondere von Art. 75, am Tag des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts ungültig wird.

10.

Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut, der sich u. a. auf die Ruhegehälter bezieht, bestimmt in seiner durch den Beschluss des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2010 zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut ( 5 ) geänderten Fassung:

„(1)   Die Hinterbliebenenversorgung, das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit, das für die unterhaltsberechtigten Kinder gewährte zusätzliche Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit und das Ruhegehalt gemäß den Anlagen I, II und III der KVR für die Mitglieder werden gemäß diesen Anlagen auch weiterhin den Personen gezahlt, die diese Leistungen bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Statuts erhalten haben.

Falls ein ehemaliger Abgeordneter, der das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit bezieht, nach dem 14. Juli 2009 verstirbt, werden die Hinterbliebenenbezüge nach den Bedingungen gemäß Anlage I der KVR an seinen Ehegatten, seinen festen Lebenspartner oder seine unterhaltsberechtigten Kinder gezahlt.

(2)   Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Statuts gemäß Anlage III erworbenen Ruhegehaltsansprüche bleiben bestehen. Die Personen, die im Rahmen dieser Ruhegehaltsregelung Ansprüche erworben haben, erhalten ein Ruhegehalt, das auf der Grundlage ihrer gemäß der oben genannten Anlage III erworbenen Ansprüche berechnet wird, sofern sie die in den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates vorgesehenen Bedingungen erfüllen und den Antrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der genannten Anlage III gestellt haben.“

11.

Dem siebten Erwägungsgrund der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut zufolge soll „in den Übergangsbestimmungen gewährleistet werden, dass die Personen, die auf der Grundlage der KVR bestimmte Leistungen erhalten, diese auch nach der Aufhebung dieser Regelung gemäß dem Grundsatz des Vertrauensschutzes weiterhin in Anspruch nehmen können. Ferner soll die Einhaltung der Ruhegehaltsansprüche gewährleistet sein, die auf der Grundlage der KVR vor Inkrafttreten des Statuts erworben wurden. […]“

B.   Italienisches Recht

12.

Am 12. Juli 2018 erließ das Ufficio di Presidenza della Camera dei deputati (Präsidium der Abgeordnetenkammer, Italien) den Beschluss Nr. 14/2018, der eine Neufestsetzung der Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge und des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen sowie der Hinterbliebenenleistungen für die bis zum 31. Dezember 2011 zurückgelegte Amtszeit zum Gegenstand hat (im Folgenden: Beschluss Nr. 14/2018).

13.

Art. 1 des Beschlusses Nr. 14/2018 sieht vor:

„(1)   Mit Wirkung vom 1. Januar 2019 wird die Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) sowie des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen), deren Ansprüche auf der Grundlage der am 31. Dezember 2011 geltenden Regelung erworben worden sind, nach den neuen in diesem Beschluss vorgesehenen Modalitäten berechnet.

(2)   Die Neuberechnung im Sinne des vorstehenden Absatzes erfolgt durch Multiplikation der Höhe des individuellen Beitrags mit dem Verarbeitungskoeffizienten, der sich auf das Alter des Abgeordneten zum Zeitpunkt des Erwerbs des Anspruchs auf lebenslange Versorgungsbezüge oder auf die anteilige Vorsorgeleistung bezieht.

(3)   Die Verarbeitungskoeffizienten in der dem vorliegenden Beschluss als Anhang beigefügten Tabelle 1 werden angewandt.

(4)   Die Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) sowie des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen), die gemäß dem vorliegenden Beschluss neu berechnet worden sind, darf keinesfalls die Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- oder Hinterbliebenenleistung) oder des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) übersteigen, die in der zum Zeitpunkt des Beginns des parlamentarischen Mandats geltenden Regelung für jeden Abgeordneten vorgesehen sind.

(5)   Die Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) sowie des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen), die gemäß dem vorliegenden Beschluss neu berechnet worden sind, darf keinesfalls geringer ausfallen als der Betrag, der durch Multiplikation der individuellen Beiträge eines Abgeordneten, der das Parlamentsmandat lediglich während der XVII. Wahlperiode ausgeübt hat, mit dem am 31. Dezember 2018 geltenden Verarbeitungskoeffizienten, der dem Alter von 65 Jahren entspricht, berechnet und gemäß nachstehendem Artikel 2 neu bewertet worden ist.

(6)   Fällt die neue Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) sowie des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) nach der Neuberechnung im Sinne des vorliegenden Beschlusses in Relation zur Höhe der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- oder Hinterbliebenenleistung) oder des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen), die in der zum Zeitpunkt des Beginns des parlamentarischen Mandats geltenden Regelung für jeden Abgeordneten vorgesehen ist, um mehr als 50 % niedriger aus, wird der gemäß Absatz 5 ermittelte Mindestbetrag um die Hälfte erhöht.

(7)   Das Präsidium kann den Betrag der lebenslangen Versorgungsbezüge (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen) sowie des den Versorgungsbezügen entsprechenden Teiles der Vorsorgeleistungen (Direkt- und Hinterbliebenenleistungen), die gemäß dem vorliegenden Beschluss neu berechnet worden sind, auf Vorschlag des Kollegiums der Abgeordneten-Quästoren um bis zu 50 % zugunsten von Personen erhöhen, die dies beantragen und folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)

Sie beziehen keine anderen jährlichen Einkünfte, die über dem jährlichen Betrag der Sozialhilfe liegen, ausgenommen solche, die gegebenenfalls aus einer als Erstwohnung dienenden Immobilie stammen;

b)

sie leiden an schweren Krankheiten, die die Anwendung lebenswichtiger Therapien erforderlich machen und durch geeignete Dokumente öffentlicher Gesundheitseinrichtungen belegt sind, oder an Erkrankungen, die zu einer Invalidität von 100 % führen, die von den zuständigen Behörden anerkannt worden ist.

(8)   Die Dokumentation, die belegt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 7 erfüllt sind, ist vom Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung, spätestens aber am 31. Dezember eines jeden Jahres vorzulegen.“

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

A.   Neuberechnung der Altersruhegehälter bzw. Hinterbliebenenrenten der Rechtsmittelführer durch das Parlament

14.

Die Rechtsmittelführer sind allesamt ehemalige, in Italien gewählte Mitglieder des Parlaments oder deren Hinterbliebene, die auf der Grundlage der Art. 1 und 2 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut Ruhegehälter beziehen.

15.

Die Höhe dieser Ruhegehälter wird gemäß Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR angelehnt an die Regeln zur Berechnung der Ruhegehälter der ehemaligen italienischen Abgeordneten berechnet. Diese Bestimmung sieht vor, dass „Höhe und Bedingungen des vorläufigen Altersruhegehalts […] identisch mit Höhe und Bedingungen des Altersruhegehalts für Mitglieder der Abgeordnetenkammer des Mitgliedstaates [sind], in dem das Mitglied des Parlaments gewählt wurde“.

16.

Nach den Angaben des Parlaments im Verfahren vor dem Gericht wurde die Höhe der Ruhegehälter der italienischen Abgeordneten bis zum Jahr 2012 auf der Grundlage der Dauer und nicht der Höhe der Beitragszahlungen berechnet. Dieses System wurde ab dem 1. Januar 2012 zugunsten einer beitragsabhängigen Berechnung geändert. Da diese Änderung jedoch nur Rentenansprüche betraf, die nach dem 1. Januar 2012 erworben wurden, wirkte sie sich nicht auf die Situation der ehemaligen italienischen Mitglieder des Parlaments aus. Denn da die KVR mit Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts am 14. Juli 2009 aufgehoben worden war, konnten danach keine Rentenansprüche mehr auf Grundlage von deren Anlage III erworben werden.

17.

Wie das Parlament im Verfahren vor dem Gericht weiter vorgetragen hat, beschloss das Präsidium der italienischen Abgeordnetenkammer mit Erlass des Beschlusses Nr. 14/2018 jedoch, auch die Höhe der Ruhegehälter der ehemaligen italienischen Abgeordneten in Bezug auf die Zeit vor dem 31. Dezember 2011 aufgrund eines beitragsabhängigen Systems neu zu berechnen. Auf dieser Grundlage hat die zuständige italienische Stelle die Ruhegehälter einer Vielzahl ehemaliger italienischer Abgeordneter ab dem 1. Januar 2019 deutlich herabgesetzt.

18.

Am 16. Oktober 2018 erließ das Ufficio di Presidenza del Senato (Präsidium des Senats, Italien) mit dem Beschluss Nr. 6/2018 eine ähnliche Neuregelung.

19.

In der Folge fochten zahlreiche Betroffene den Beschluss Nr. 14/2018 vor dem Consiglio di giurisdizione della Camera dei deputati (Schlichtungsrat der Abgeordnetenkammer, Italien) und den Beschluss Nr. 6/2018 vor dem zuständigen Gremium des italienischen Senats an.

20.

Die Rechtsmittelführer in den Rechtssachen C‑198/21 P und C‑391/21 P sowie ein Teil der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑725/20 P bezogen ihre Ruhegehälter schon vor Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts am 14. Juli 2009; einige weitere Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑725/20 P bezogen ihre Ruhegehälter erst ab einem Zeitpunkt nach dessen Inkrafttreten. Sämtliche Ruhegehälter, auf die sich die vorliegenden Rechtsmittel beziehen, wurden jedoch bei Erlass des Beschlusses Nr. 14/2018 durch das Präsidium der italienischen Abgeordnetenkammer bereits von ihren Bezugsberechtigten bezogen.

21.

Durch Hinzufügung einer Anmerkung zu den Ruhegehaltsabrechnungen für den Monat Januar 2019 teilte das Parlament den Rechtsmittelführern mit, dass die Höhe ihres Ruhegehalts gemäß den kürzlich ergangenen Beschlüssen der Präsidien der italienischen Abgeordnetenkammer und des Senats überprüft würde und diese Neuberechnung gegebenenfalls zu einer Rückforderung der zu Unrecht geleisteten Zahlungen führen könne.

22.

Mit undatierter Mitteilung des Leiters des Referats „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ der Generaldirektion (GD) Finanzen des Parlaments, die den Ruhegehaltsabrechnungen der Rechtsmittelführer für den Monat Februar 2019 als Anhang beigefügt war, setzte das Parlament die Rechtsmittelführer darüber in Kenntnis, dass sein Juristischer Dienst die automatische Anwendbarkeit des Beschlusses Nr. 14/2018 auf ihre Situation bestätigt habe. In dieser Mitteilung hieß es weiter, dass das Parlament, sobald es die erforderlichen Informationen seitens der Camera dei deputati (Abgeordnetenkammer, Italien) erhalten habe, den Rechtsmittelführern die Neufestsetzung der Höhe ihres Ruhegehalts mitteilen und eine etwaige Differenz in den folgenden zwölf Monaten zurückfordern werde. Schließlich wurden die Rechtsmittelführer darüber informiert, dass die endgültige Festsetzung der Höhe ihres Ruhegehalts durch einen formellen Rechtsakt erfolgen werde, gegen den auf der Grundlage von Art. 72 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut Beschwerde eingelegt oder gemäß Art. 263 AEUV Nichtigkeitsklage erhoben werden könne.

23.

Mit Mitteilungen vom April 2019 informierte der Leiter des Referats „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ der GD Finanzen des Parlaments die Rechtsmittelführer darüber, dass die Höhe ihres Ruhegehalts, wie er in seiner Mitteilung vom Februar 2019 angekündigt habe, in Anwendung von Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut gemäß dem Beschluss Nr. 14/2018 angepasst werde. In diesen Mitteilungen hieß es weiter, dass die Höhe der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer nach Maßgabe der im Anhang der Schreiben übermittelten Entwürfe zur Festsetzung der neuen Höhe der Ruhegehälter ab April 2019 (rückwirkend zum 1. Januar 2019) angepasst werde (im Folgenden: erste Neuberechnung). Schließlich wurde den Rechtsmittelführern in denselben Mitteilungen eine Frist zur Stellungnahme von 30 Tagen ab Eingang gewährt. In Ermangelung einer solchen Stellungnahme würden die Wirkungen dieser Mitteilungen als endgültig betrachtet und führten u. a. zur Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge für die Monate Januar bis März 2019.

24.

Am 23. Mai 2019 übermittelte Herr Falqui, der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑391/21 P, dem Parlament eine Stellungnahme. Mit Schreiben vom 8. Juli 2019 teilte der Leiter des Referats „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ der GD Finanzen des Parlaments Herrn Falqui mit, dass seine Stellungnahme nicht zu einer Änderung der Position des Parlaments führe und die Neuberechnung seines Ruhegehalts aus der Mitteilung vom April 2019 somit bestandskräftig werde.

B.   Verfahren vor dem Gericht

25.

Die Rechtsmittelführer haben Klagen vor dem Gericht eingereicht und insbesondere beantragt, die in Nr. 23 dieser Schlussanträge erwähnten Mitteilungen bzw., was Herrn Falqui angeht, das in Nr. 24 dieser Schlussanträge erwähnte Schreiben des Parlaments (im Folgenden: streitige Beschlüsse) für inexistent oder nichtig zu erklären.

26.

Das Parlament hat insbesondere beantragt, die Klagen als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abzuweisen.

27.

Ferner hat das Parlament das Gericht ersucht, die Klagen bis zur Entscheidung des über die Gültigkeit des Beschlusses Nr. 14/2018 befindenden Schlichtungsrats der Abgeordnetenkammer auszusetzen.

28.

Das Gericht gab diesem Ersuchen nicht statt, wies die Klagen mit Urteilen vom 15. Oktober 2020, Coppo Gavazzi u. a./Parlament (T‑389/19 bis T‑394/19, T‑397/19, T‑398/19, T‑403/19, T‑404/19, T‑406/19, T‑407/19, T‑409/19 bis T‑414/19, T‑416/19 bis T‑418/19, T‑420/19 bis T‑422/19, T‑425/19 bis T‑427/19, T‑429/19 bis T‑432/19, T‑435/19, T‑436/19, T‑438/19 bis T‑442/19, T‑444/19 bis T‑446/19, T‑448/19, T‑450/19 bis T‑454/19, T‑463/19 und T‑465/19, EU:T:2020:494) (im Folgenden: Urteil Coppo Gavazzi), vom 10. Februar 2021, Santini u. a./Parlament (T‑345/19, T‑346/19, T‑364/19 bis T‑366/19, T‑372/19 bis T‑375/19 und T‑385/19, EU:T:2021:78) (im Folgenden: Urteil Santini), und vom 5. Mai 2021, Falqui/Parlament (T‑695/19, EU:T:2021:242) (im Folgenden: Urteil Falqui) (im Folgenden gemeinsam: angefochtene Urteile), ab und verurteilte die Kläger in erster Instanz zur Tragung der Kosten.

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof, Anträge der Parteien und weitere Entwicklungen nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens

29.

Mit Schriftsätzen vom 28. Dezember 2020 (Rechtssache C‑725/20 P), vom 29. März 2021 (Rechtssache C‑198/21 P) und vom 24. Juni 2021 (Rechtssache C‑391/21 P) haben die Rechtsmittelführer Rechtsmittel gegen die angefochtenen Urteile eingelegt.

30.

Die 34 im Anhang der vorliegenden Schlussanträge ( 6 ) aufgeführten Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑725/20 P wenden sich gegen das Urteil Coppo Gavazzi, soweit dieses Urteil sie jeweils betrifft. Dieses Urteil ist in 49 verbundenen Rechtssachen ergangen; soweit die 15 nicht im Anhang aufgeführten Rechtssachen betroffen sind, ist es nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens.

31.

Die Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑725/20 P beantragen,

das Urteil Coppo Gavazzi aufzuheben;

die Rechtssache T‑453/19, Panusa/Parlament, zur Prüfung in der Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

die streitigen Beschlüsse hinsichtlich der anderen Rechtsmittelführer für nichtig zu erklären;

dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

32.

Die Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑198/21 P beantragen,

das Urteil Santini aufzuheben;

folglich alle streitigen Rechtsakte, Mitteilungen und/oder Beschlüsse für nichtig zu erklären und den Anträgen in erster Instanz stattzugeben;

dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

33.

Der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑391/21 P beantragt,

das Urteil Falqui aufzuheben und infolgedessen den streitigen Beschluss (und, soweit erforderlich, den Entwurf für einen Beschluss und die Stellungnahme des Juristischen Dienstes, auf den sich der Beschluss stützt) für nichtig zu erklären, woraus die Verpflichtung des Parlaments folgt, die unrechtmäßig einbehaltenen Beträge seines Ruhegehalts zu erstatten und dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

34.

Das Parlament beantragt in allen drei Rechtssachen, die Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.

35.

Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens in den vorliegenden Rechtsmittelverfahren haben die Parteien dem Gerichtshof Dokumente zum weiteren Verlauf der Verfahren zur Neuberechnung der Ruhegehälter der ehemaligen Abgeordneten bzw. ihrer Hinterbliebenen auf italienischer Ebene sowie auf Ebene des Parlaments vorgelegt.

36.

Hierbei handelt es sich zunächst um die Entscheidungen der Gremien der italienischen Abgeordnetenkammer und des italienischen Senats, vor denen die Beschlüsse Nrn. 14/2018 und 6/2018 angefochten worden waren (siehe oben, Nr. 19), nämlich den Beschluss Nr. 4/2021 des Schlichtungsrats der Abgeordnetenkammer vom 23. Dezember 2021 sowie den Beschluss Nr. 253/2021 des Consiglio di Garanzia del Senato (Garantierat des Senats, Italien) vom 12. Januar 2022.

37.

Der Schlichtungsrat der Abgeordnetenkammer hat in seinem nicht endgültigen Beschluss Nr. 4/2021 vom 23. Dezember 2021 den Beschluss Nr. 14/2018 teilweise für rechtswidrig erklärt. Diese teilweise Rechtswidrigkeitserklärung betraf bestimmte Modalitäten der Neuberechnung der Ruhegehälter der Betroffenen. In Bezug auf weitere, von den Klägern aufgeworfene Rechtsfragen wurde die Entscheidung dagegen vorbehalten.

38.

Des Weiteren haben die Parteien den Gerichtshof über den Beschluss Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer vom 3. März 2022 informiert, mit dem die Ruhegehälter der ehemaligen italienischen Abgeordneten, die von dem Beschluss Nr. 14/2018 betroffen waren, infolge des Beschlusses Nr. 4/2021 des Schlichtungsrats der Abgeordnetenkammer mit Wirkung zum 1. Januar 2019 rückwirkend ein weiteres Mal neu berechnet wurden.

39.

Schließlich haben die Parteien dem Gerichtshof mitgeteilt, dass das Parlament die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer infolge des Beschlusses Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer mit Wirkung zum 1. Januar 2019 mit Beschlüssen aus den Monaten September bis November 2022 ebenfalls rückwirkend ein weiteres Mal neu berechnet hat (im Folgenden: zweite Neuberechnung).

40.

Diese zweite Neuberechnung hatte zur Folge, dass die Ruhegehälter mancher Rechtsmittelführer wieder vollständig auf ihre ursprüngliche Höhe vor der ersten Neuberechnung heraufgesetzt wurden. Für andere Rechtsmittelführer blieben die Beträge dagegen nach wie vor niedriger als vor der ersten Neuberechnung.

41.

Ein Teil der Rechtsmittelführer focht die Beschlüsse des Parlaments zur zweiten Neuberechnung ihrer Ruhegehälter infolge des Beschlusses Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer vor dem Gericht an ( 7 ). Die entsprechenden Verfahren sind zurzeit bis zur Entscheidung über die vorliegenden Rechtsmittelverfahren ausgesetzt.

42.

Der Gerichtshof hat die vorliegenden Rechtsmittelverfahren bis zur zweiten Neuberechnung der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer durch das Parlament infolge des Beschlusses Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer ausgesetzt und sie anschließend wieder aufgenommen.

43.

Des Weiteren hat er die Parteien dazu befragt, ob die vorliegenden Rechtsmittelverfahren angesichts der Ersetzung der streitigen Beschlüsse durch die in den vorstehenden Nrn. 39 bis 42 genannten Beschlüsse des Parlaments zur zweiten Neuberechnung der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer gegenstandslos geworden sein könnten. Dies ist nach Ansicht sämtlicher Parteien der vorliegenden Rechtsmittelverfahren nicht der Fall.

44.

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung verzichtet.

V. Würdigung

45.

Wie eingangs dargelegt werfen die vorliegenden Rechtsmittelverfahren die Frage auf, ob das Gericht zu Recht bestätigt hat, dass das Parlament zu Recht in Anwendung der „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ gemäß den Art. 1 und 2 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer, die diese bereits bezogen, ab dem 1. Januar 2019 gekürzt hat, nachdem das Präsidium der italienischen Abgeordnetenkammer seinerseits mit dem Beschluss Nr. 14/2018 die Kürzung der Ruhegehälter der ehemaligen italienischen Abgeordneten ab dem 1. Januar 2019 verfügt hatte.

46.

Wie eingangs ebenfalls erwähnt stellt sich darüber hinaus die Frage, ob die vorliegenden Rechtsmittel ihren Streitgegenstand und die Rechtsmittelführer ihr Rechtsschutzinteresse behalten, obgleich die streitigen Beschlüsse zwischenzeitlich durch die oben in den Nrn. 39 bis 42 genannten Beschlüsse des Parlaments zur zweiten Neuberechnung der Bezüge der Rechtsmittelführer ersetzt wurden.

47.

Die Ersetzung der streitigen Beschlüsse allein führt nicht automatisch zum Wegfall des Streitgegenstands der vorliegenden Verfahren und des Rechtsschutzinteresses der Rechtsmittelführer.

48.

Ob diese bestehen bleiben, hängt vielmehr davon ab, ob es möglich ist, im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel abschließend zu klären, ob Änderungen der nationalen Rechtslage gemäß Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut automatisch zur Änderung der Altersruhegehälter der ehemaligen Mitglieder des Parlaments führen, die von diesen Regeln betroffen sind (A).

49.

Um dies herauszufinden, ist es angebracht, zunächst anhand der geltend gemachten Rechtsmittelgründe die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Urteile zu prüfen. Hierbei wird sich herausstellen, dass das Gericht mehrere Rechtsfehler begangen hat, insbesondere, als es die Vereinbarkeit der Kürzung der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer mit höherrangigen Normen und Grundsätzen des Unionsrechts bestätigte (B).

50.

Bei der anschließenden Prüfung der erstinstanzlichen Klagen wird dann zu untersuchen sein, ob es möglich ist, eine solche Vereinbarkeit unabhängig vom jeweiligen Inhalt des nationalen Beschlusses zu prüfen, der vom Parlament im Rahmen der „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ umgesetzt werden soll. Sollte dies nicht der Fall sein, hätten sich die vorliegend betroffenen Klagen vor dem Gericht aufgrund der Ersetzung der streitigen Beschlüsse erledigt (C).

A.   Fortbestand des Streitgegenstands und des Rechtsschutzinteresses trotz der Ersetzung der streitigen Beschlüsse?

51.

Sowohl die Rechtsmittelführer als auch das Parlament sind der Ansicht, dass die vorliegenden Rechtsmittel trotz der Ersetzung der streitigen Beschlüsse ihren Gegenstand und die Rechtsmittelführer ihr Rechtsschutzinteresse behalten. Die neuen Beschlüsse des Parlaments hätten nämlich im Vergleich zu den streitigen Beschlüssen die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer lediglich der Höhe nach abgeändert. Dem Grunde nach beruhten sie jedoch auf derselben Rechtsauffassung, nach der das Parlament zu Recht zunächst aufgrund des Beschlusses Nr. 14/2018 sowie sodann aufgrund des Beschlusses Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer (oben, Nr. 38) die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer neu berechnet habe. Daher hätten diese ein Interesse daran, dass der Gerichtshof im Rahmen der vorliegenden Verfahren klarstellt, ob diese dynamische Anwendung der „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ rechtmäßig ist.

52.

Das Rechtsschutzinteresse wie auch der Streitgegenstand müssen nicht nur bei Klageerhebung gegeben sein, sondern auch bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen, da sich sonst der Rechtsstreit erledigt. Dies setzt voraus, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann ( 8 ).

53.

Der Gerichtshof hat schon in verschiedenen Fallgestaltungen anerkannt, dass das Rechtsschutzinteresse eines Klägers nicht zwangsläufig entfällt, weil der von ihm angefochtene Rechtsakt im Lauf des Verfahrens aufgehört hat, Wirkungen zu zeitigen ( 9 ). So kann ein Rechtsschutzinteresse insbesondere weiter bestehen, um das Risiko zu vermeiden, dass sich die Rechtswidrigkeit, die der angefochtenen Handlung anhaften soll, wiederholt ( 10 ). Der Fortbestand eines solchen Rechtsschutzinteresses ist hinsichtlich der Umstände des jeweiligen Falls zu beurteilen ( 11 ). Insbesondere in Bezug auf die Wiederholungsgefahr muss dabei eindeutig und konkret belegt sein, dass eine Gefahr der Wiederholung der behaupteten Rechtswidrigkeit besteht ( 12 ).

54.

Dies ist vorliegend zwar auf den ersten Blick der Fall. Denn das Parlament vertritt die Auffassung, an Änderungen der italienischen Versorgungsregeln gebunden zu sein, und wird daher voraussichtlich auch zukünftige Änderungen umsetzen und damit die behauptete Rechtswidrigkeit wiederholen. Wie in Nr. 37 dargelegt, ist der Beschluss Nr. 4/2021 des Schlichtungsrats der Abgeordnetenkammer, mit dem der Beschluss Nr. 14/2018 teilweise für rechtswidrig erklärt wurde, noch nicht endgültig. Somit kann es durchaus sein, dass auf italienischer Ebene eine erneute Änderung der Rechtslage erfolgt, welche das Parlament dann wiederum umsetzt, wodurch die Wiederholung geschieht.

55.

Darüber hinaus zeichnet sich die vorliegende Situation dadurch aus, dass das Parlament die Höhe der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer in Umsetzung des Beschlusses Nr. 150/2022 des Präsidiums der italienischen Abgeordnetenkammer (oben, Nr. 38) im Vergleich zu den ursprünglichen streitigen Beschlüssen schon ein zweites Mal neu berechnet und damit die Rechtswidrigkeit, die die Rechtsmittelführer geltend machen, schon einmal wiederholt hat. Wie in Nr. 41 dargelegt, hat ein Teil der Rechtsmittelführer die in diesem Zuge erlassenen neuen Beschlüsse des Parlaments vor dem Gericht angefochten und dieses hat die betreffenden Verfahren in Erwartung der Entscheidungen über die vorliegenden Rechtsmittel ausgesetzt.

56.

Damit würde es auch dem Grundsatz der Prozessökonomie entsprechen, die grundsätzliche Frage, ob das Parlament die Ruhegehälter der Rechtsmittelführer in Anwendung des Beschlusses Nr. 14/2018 sowie des darauf folgenden Beschlusses Nr. 150/2022 neu berechnen durfte, im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel so weit wie möglich zu klären. Denn dann könnte das Gericht die Lösung des Gerichtshofs im Rahmen der Klagen gegen die Beschlüsse berücksichtigen, durch die die streitigen Beschlüsse ersetzt wurden.

57.

Dies setzt allerdings voraus, dass es möglich ist, diese Grundsatzfrage im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittelverfahren zu klären. Ob dies möglich ist, hängt davon ab, ob sich die Frage, ob der Verweis auf das italienische Recht dynamisch ist, unabhängig vom konkreten Inhalt der jeweiligen italienischen Regelungen und Beschlüsse des Parlaments im Einzelfall klären lässt. Die nachstehende Prüfung wird zeigen, dass dies nicht der Fall ist.

58.

Dessen ungeachtet wird diese Prüfung zeigen, wie das Gericht bei der Prüfung der nunmehr anhängigen Klagen gegen die Beschlüsse, durch die die streitigen Beschlüsse ersetzt wurden, und das Parlament bei der erneuten Prüfung der Anwendbarkeit nationaler Beschlüsse im Rahmen der „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ vorgehen müssen, um im Einklang mit dem Unionsrecht zu handeln.

B.   Zu den Rechtsmitteln

59.

Den Rechtsmittelführern zufolge hat das Gericht eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, als es in den angefochtenen Urteilen die Rechtmäßigkeit der streitigen Beschlüsse bestätigte.

60.

Zunächst habe es verkannt, dass die KVR ab dem Moment des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts keine Rechtsgrundlage mehr für den Erlass neuer Entscheidungen geliefert habe ( 13 ), und rechtsfehlerhaft eine Unterscheidung zwischen dem Pensionsanspruch dem Grunde nach einerseits und der Höhe nach andererseits angenommen ( 14 ) (1). Sodann habe es zu Unrecht bestätigt, dass die Kürzung der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer durch die streitigen Beschlüsse nicht gegen höherrangige Grundsätze des Unionsrechts verstoße ( 15 ) (2). Schließlich habe es rechtsfehlerhaft entschieden, dass die streitigen Beschlüsse von der zuständigen Stelle innerhalb des Parlaments erlassen worden (3) und hinreichend begründet gewesen seien ( 16 ) (4). In der Rechtssache C‑725/20 P machen die Rechtsmittelführer zudem geltend, das Gericht habe die Klage von Frau Panusa zu Unrecht als unzulässig betrachtet ( 17 ) (5).

1. Zur Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Beschlüsse und zur Unterscheidung des Anspruchs dem Grunde nach und der Höhe nach

61.

Die Rechtsmittelführer machen geltend, das Gericht habe verkannt, dass die KVR ab dem Moment des Inkrafttretens des Abgeordnetenstatuts keine Rechtsgrundlage mehr für den Erlass neuer Entscheidungen geliefert habe. Mit anderen Worten sei der Verweis auf das italienische Recht ab diesem Moment nicht mehr dynamisch gewesen. Darüber hinaus sind sie der Ansicht, das Gericht habe einen Fehler begangen, als es zwischen dem Erwerb des Pensionsanspruchs dem Grunde nach und der Höhe nach unterschied.

62.

Diese Einwände sind zurückzuweisen.

63.

Das Gericht hat nämlich zutreffend festgestellt, dass die KVR zwar gemäß Art. 74 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut am Tag des Inkrafttretens dieses Statuts, dem 14. Juli 2009, ungültig geworden ist, die in Anlage III der KVR vorgesehene „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ gemäß Art. 74 in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen jedoch übergangsweise bestehen blieb.

64.

Des Weiteren hat das Gericht richtig erkannt, dass sowohl Art. 75 Abs. 1 als auch Art. 75 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut den Betroffenen die weitere Zahlung des Ruhegehalts (für diejenigen, die das Ruhegehalt schon vor Inkrafttreten des Statuts bezogen) bzw. den Bestand der entsprechenden Ansprüche (für diejenigen, die das Ruhegehalt erst ab einem Zeitpunkt nach Inkrafttreten des Statuts bezogen) „gemäß Anlage III der KVR“ garantieren. Nach Art. 2 Abs. 1 dieser Anlage sind, wie schon erwähnt, „Höhe und Bedingungen des vorläufigen Altersruhegehalts […] identisch mit Höhe und Bedingungen des Altersruhegehalts für Mitglieder der Abgeordnetenkammer des Mitgliedstaates, in dem das Mitglied des Parlaments gewählt wurde“.

65.

Ausgehend hiervon hat das Gericht rechtsfehlerfrei entschieden, dass Höhe und Bedingungen der Ruhegehälter der Betroffenen auch nach Inkrafttreten des Abgeordnetenstatuts grundsätzlich weiterhin an Höhe und Bedingungen der Ruhegehälter der Mitglieder der Abgeordnetenkammer des Mitgliedstaats gekoppelt sind, in dem die Betroffenen gewählt wurden ( 18 ).

66.

Mithin ist der Verweis auf das nationale Regime in Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut insofern grundsätzlich dynamisch, als diese Regelung den betroffenen Mitgliedern des Parlaments lediglich einen Anspruch auf ein Ruhegehalt in Höhe dessen gewährt, was die ehemaligen nationalen Abgeordneten erhalten. Dagegen garantiert dieses Regelwerk für sich genommen kein Ruhegehalt bzw. keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt in einer bestimmten Höhe oder in Höhe dessen, was die Betroffenen zu einem bestimmten Zeitpunkt bekommen haben, z. B. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Ansprüche, wie die Rechtsmittelführer hilfsweise geltend machen.

67.

Insofern ist es zunächst folgerichtig, davon auszugehen, dass Änderungen des nationalen Regimes sich gegebenenfalls auch in einer Änderung der Bezüge der betroffenen ehemaligen Abgeordneten des Parlaments niederschlagen. Wie das Gericht unter Verweis auf die zwingende Formulierung der Vorschrift in Art. 2 der Anlage III der KVR zutreffend festgestellt hat, verbleibt dem Parlament nämlich grundsätzlich kein Spielraum für eine eigenständige Berechnungsmethode der Altersruhegehälter der Betroffenen.

2. Zur Vereinbarkeit der Umsetzung des Beschlusses Nr. 14/2018 durch das Parlament mit höherrangigen Normen und Grundsätzen des Unionsrechts

68.

Wie das Gericht selbst erkannt hat, gilt dies allerdings nur vorbehaltlich der Einhaltung höherrangiger Normen des Unionsrechts einschließlich der allgemeinen Rechtsgrundsätze und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Denn wie das Gericht klargestellt hat, ist das Parlament als Unionsorgan bei der Durchführung von Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut gemäß Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verpflichtet, deren Bestimmungen einzuhalten ( 19 ). Darüber hinaus wird das Regime der ehemaligen italienischen Abgeordneten durch den Verweis in dieser Anlage zum Zweck seiner Anwendung auf die ehemaligen Abgeordneten des Parlaments ins Unionsrecht inkorporiert und muss daher mit dessen höherrangigen Normen im Einklang stehen. Diese Inkorporierung führt dazu, dass das Parlament eine nationale Regel, die einen Eingriff in wohlerworbene Rechte begründen kann, nicht einfach automatisch anwenden darf. Vielmehr muss es im Einzelfall prüfen, ob es eine Kürzung umsetzen darf, die einen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen kann, oder ob eine solche Kürzung gegen höherrangige Normen und Grundsätze des Unionsrechts verstößt.

69.

Die Rechtsmittelführer werfen dem Parlament jedoch vor, vor der Umsetzung des Beschlusses Nr. 14/2018 keine solche Prüfung durchgeführt und durch die automatische Anwendung dieses Beschlusses einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre wohlerworbenen Rechte vorgenommen und dabei die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie das Recht auf Eigentum (a) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (b) verletzt zu haben. Dies habe das Gericht rechtsfehlerhaft verkannt.

a) Zu den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie dem Recht auf Eigentum

70.

Grundsätzlich finden die Gesetze zur Änderung einer gesetzlichen Bestimmung, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die künftigen Folgen eines Sachverhalts Anwendung, der unter der Geltung des alten Rechts entstanden ist. Etwas anderes gilt nur für unter der Geltung der früheren Vorschrift entstandene und abgeschlossene Sachverhalte, die wohlerworbene Rechte begründen ( 20 ).

71.

Ein Recht gilt als wohlerworben, wenn der Tatbestand, der dieses Recht begründet, vor der Gesetzesänderung erfüllt ist. Nicht als wohlerworbenes Recht, sondern lediglich als Anwartschaft gilt dagegen ein Recht, bei dem der diesem zugrunde liegende Tatbestand nicht unter der Geltung der Rechtsvorschriften, die geändert wurden, erfüllt wurde ( 21 ).

72.

Bei den hier betroffenen Ruhegehältern der Rechtsmittelführer, die gekürzt wurden, handelt es sich demnach nicht mehr um Anwartschaften, sondern um wohlerworbene Rechte. Denn der Tatbestand für die Begründung der Rechte der Rechtsmittelführer auf diese Bezüge, nämlich die Erfüllung der Voraussetzungen für den Pensionseintritt und die Auszahlung der Pension, war bei den Rechtsmittelführern bei Erlass des Beschlusses Nr. 14/2018 schon erfüllt, da sie ihre Ruhegehälter zu diesem Zeitpunkt schon bezogen (siehe oben, Nr. 20) ( 22 ).

73.

Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, gibt es zwar kein unionsrechtliches Prinzip, nach dem wohlerworbene Rechte unter keinen Umständen geändert oder reduziert werden könnten. Allerdings ist es nur möglich, solche Rechte unter bestimmten Bedingungen abzuändern, sofern die auf dem Spiel stehenden Interessen hinreichend gegeneinander abgewogen werden ( 23 ), d. h., der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird ( 24 ).

74.

Auch das Eigentumsrecht, welches gesetzlich gesicherte Sozialleistungen umfasst, garantiert zwar keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt in bestimmter Höhe, kann aber ebenfalls nur eingeschränkt werden, sofern dies gerechtfertigt und für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist ( 25 ).

b) Zur Verhältnismäßigkeit

75.

Die Rechtsmittelführer machen jedoch geltend, das Gericht habe vorliegend die Vereinbarkeit der streitigen Beschlüsse mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die sie schon in erster Instanz in Frage gestellt haben, zu Unrecht bestätigt. Die weitreichenden Einschränkungen ihrer Rechte seien im Hinblick auf die verfolgten Ziele exzessiv und die italienische Maßnahme inkohärent, da sie sich speziell gegen die ehemaligen nationalen Abgeordneten richte und diesen im Vergleich zu anderen Rentenempfängern unverhältnismäßige Opfer abverlange.

76.

Der Beschluss Nr. 14/2018 führe nämlich keine prozentuale Kürzung der betroffenen Ruhegehälter oder Solidaritätsabgabe ein. Vielmehr verfüge er eine komplette rückwirkende Neuberechnung dieser Ruhegehälter auf der Grundlage einer völlig neuen Berechnungsmethode und neuer Kriterien. Diese beruhten nicht mehr auf den Bezügen während der Mandatsdauer, sondern auf den geleisteten Beiträgen, trügen diesen aber auch nicht hinreichend Rechnung.

77.

Diese Neuberechnung belaste die ehemaligen Abgeordneten im Vergleich zu anderen Rentenempfängern in unverhältnismäßiger Weise. So sei ein beitragsabhängiges Regime in Italien zum ersten Mal 1995 und auch hier nur pro rata eingeführt und erst ab 2012 auf die Mehrheit der Arbeitnehmer angewandt worden. Durch den Beschluss Nr. 14/2018 sei dieses System für die ehemaligen Abgeordneten dagegen rückwirkend auf viel frühere Perioden (im Fall der ehemaligen Abgeordneten des Parlaments ab 1979) angewandt worden. In diesem Zusammenhang hatten die Rechtsmittelführer in erster Instanz explizit vorgetragen, der Beschluss Nr. 14/2018 sei eine rein symbolische, politisch motivierte Maßnahme, die sich nur gegen die ehemaligen Abgeordneten richte und darauf abziele, diese „abzustrafen“, deren Einsparpotenzial im Vergleich zum italienischen Haushaltsdefizit aber zu vernachlässigen sei.

78.

Den Rechtsmittelführern zufolge hätte das Parlament diese Elemente prüfen müssen, bevor es den Beschluss Nr. 14/2018 auf sie anwandte. In Ermangelung einer solchen Prüfung sei es unmöglich, die Vereinbarkeit der Anwendung dieses Beschlusses mit den höherrangigen Grundsätzen des Unionsrechts und insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu prüfen sowie zu untersuchen, ob die vorgenommenen Kürzungen die wohlerworbenen Rechte der Rechtsmittelführer in ihrem Wesensgehalt antasteten.

79.

Das Parlament habe eine solche Prüfung jedoch unterlassen und sich damit begnügt, die „automatische“ Anwendbarkeit des Beschlusses Nr. 14/2018 auf die Rechtsmittelführer zu bestätigen (vgl. oben, Nr. 22). Indem es dies gebilligt habe, habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen.

80.

Der Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑391/21 P trägt darüber hinaus vor, es gebe keine hinreichende Verbindung zwischen den Kürzungen der Bezüge der Rechtsmittelführer, die aus dem Unionsbudget gezahlt werden, einerseits und dem verfolgten Ziel der Umsetzung von Sparmaßnahmen zugunsten des italienischen Haushalts andererseits.

81.

Letzteres Argument ist für sich allein genommen zurückzuweisen. Denn die Regelung in den Art. 1 und 2 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut sieht, wie in den Nrn. 66 und 67 dargelegt, den Gleichlauf der Bezüge der von diesem Regime betroffenen ehemaligen Abgeordneten des Parlaments mit denjenigen der ehemaligen nationalen Abgeordneten vor. Daher muss prinzipiell auch ein Ziel, das im Hinblick auf das nationale Recht legitim ist, im Hinblick auf die „Regelung über ein identisches Ruhegehalt“ als legitimes Ziel gelten können.

82.

Wie der Gerichtshof bereits in anderem Zusammenhang gezeigt hat, ist die Frage, ob eine mitgliedstaatliche Kürzungsmaßnahme mit dem Unionsrecht vereinbar und insbesondere verhältnismäßig ist, jedoch im Rahmen einer umfassenden Prüfung des konkreten Inhalts dieser Maßnahme, ihrer Systematik sowie ihres Kontexts zu beantworten.

83.

So hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, festgestellt, dass die diesem Urteil zugrunde liegenden nationalen Maßnahmen zur Kürzung der dort betroffenen Bezüge eine begrenzte Absenkung dieser Bezüge um einen von ihrer Höhe abhängigen Prozentsatz vorsahen. Darüber hinaus betrafen diese Maßnahmen nicht nur die Kläger im Ausgangsverfahren, sondern eine ganze Reihe von Inhabern öffentlicher Ämter und von Personen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, darunter die Repräsentanten der gesetzgebenden, der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt. Daraus hat der Gerichtshof geschlossen, dass diese Maßnahmen sich nicht speziell gegen die Kläger im Ausgangsverfahren richteten, sondern es sich vielmehr um allgemeine Maßnahmen handelte, mit denen dem gesamten nationalen öffentlichen Dienst ein Beitrag zu den Einsparungen abverlangt wurde, die zum Abbau des übermäßigen mitgliedstaatlichen Haushaltsdefizits erforderlich waren. Und schließlich hat der Gerichtshof festgestellt, dass es sich bei den betroffenen Kürzungen um vorübergehende Maßnahmen handelte ( 26 ).

84.

Eine Prüfung, die diesem Maßstab genügt, ist vorliegend weder durch das Parlament noch durch das Gericht erfolgt.

85.

So hat das Gericht zwar zunächst zutreffend festgestellt, dass es nicht für eine Prüfung der Übereinstimmung des Beschlusses Nr. 14/2018 mit dem italienischen Recht zuständig sei, sondern dafür, festzustellen, ob das Parlament durch die Anwendung der Vorschriften dieses Beschlusses gegen das Unionsrecht verstoßen hat ( 27 ). Dies bedeute, zu untersuchen, ob die in Rede stehende Einschränkung insbesondere den Wesensgehalt des Eigentumsrechts der Kläger achtet, einer dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entspricht und hierfür erforderlich ist ( 28 ).

86.

Sodann vertrat das Gericht jedoch die Ansicht, die Tatsache, dass das Parlament diese Prüfung nicht vorgenommen habe, sei für die vorliegenden Rechtssachen ohne Belang. Eine solche Prüfung stelle nämlich keine obligatorische Verfahrensformalität dar, zu der das Parlament vor dem Erlass der streitigen Entscheidungen verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr käme es allein darauf an, dass die konkreten Folgen dieser Entscheidungen das Eigentumsrecht der Rechtsmittelführer nicht in seinem Wesensgehalt antasten ( 29 ).

87.

Dies sei indes nicht der Fall, da die Kürzungen das legitime Ziel verfolgten, die öffentlichen Ausgaben des italienischen Haushalts zu senken, der Beschluss Nr. 14/2018 zwei Härtefallklauseln enthalte, von denen eine auf mehrere der Rechtsmittelführer angewandt worden sei, und auch die neuen Beträge der Ruhegehälter sowie deren Berechnungsmethode in Relation zu den individuellen Beiträgen und Amtszeiten der Rechtsmittelführer stünden ( 30 ). Auf diese in Bezug auf das Eigentumsrecht durchgeführte Prüfung hat das Gericht auch im Rahmen seiner Prüfung der Verhältnismäßigkeit der streitigen Beschlüsse verwiesen ( 31 ) bzw. sie hier durchgeführt ( 32 ).

88.

Die Rechtsmittelführer machen zu Recht geltend, dass diese Argumentation des Gerichts mit mehreren Rechtsfehlern behaftet ist.

89.

So ist zunächst die Ansicht des Gerichts unzutreffend, es sei unerheblich, dass das Parlament nicht geprüft hat, ob die Anwendung des Beschlusses Nr. 14/2018 auf die Rechtsmittelführer gegen höherrangige Grundsätze des Unionsrechts verstößt, es komme lediglich darauf an, ob dies im Ergebnis der Fall sei, was das Gericht schlicht selbst prüfen könne. Diese Ansicht verkennt, dass der Gesetzgeber dem Parlament wie in Nr. 68 dargelegt durch den Verweis auf das nationale Recht in Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR eine eigenständige Prüfungspflicht auferlegt hat. Demnach muss das Parlament im Rahmen dieses Regelwerks vor der Anwendung einer nationalen Regelung, die einen Eingriff in wohlerworbene Rechte begründen kann, prüfen, ob dieser Eingriff mit höherrangigen Normen und Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar ist.

90.

Zwar ist die Aussage des Gerichts, das Parlament habe keine solche Prüfung vorgenommen, in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Denn der Juristische Dienst des Parlaments hat eine summarische Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Beschlusses Nr. 14/2018 durchgeführt. Dies geht aus Rn. 13 des Gutachtens dieses Dienstes hervor, das die Rechtsmittelführer dem Gericht vorgelegt haben.

91.

Allerdings hat das Parlament den Rechtsmittelführern dieses Gutachten nicht zur Verfügung gestellt, und das Gericht hat es daher zu Unrecht in die Begründung der streitigen Beschlüsse miteinbezogen (siehe hierzu nachstehend, Nrn. 107 bis 109). Daher kann besagtes Gutachten nicht als Nachweis für die Prüfung der Vereinbarkeit der Anwendung des Beschlusses Nr. 14/2018 mit dem Unionsrecht durch das Parlament herangezogen werden. Darüber hinaus ist die Prüfung der Verhältnismäßigkeit dieses Beschlusses durch den Juristischen Dienst jedenfalls unzureichend. Denn dieser hat sich damit begnügt, in einer Randnummer darauf hinzuweisen, dass selbiger Beschluss einen Mindestbetrag für die Ruhegehälter sowie zwei Härtefallklauseln vorsieht. Eine solche summarische Prüfung genügt nicht, um die Unionsrechtskonformität der Umsetzung dieser nationalen Regelung festzustellen, wie das in Nr. 83 erläuterte Beispiel zeigt. Vielmehr muss zu diesem Zweck in einer umfassenden Begutachtung der nationalen Regelung geprüft werden, ob diese nicht willkürlich sowie nachvollziehbar und kohärent ist.

92.

Vor allem aber verkennt die in Rede stehende Ansicht des Gerichts dessen eigene Zuständigkeit. Die Unionsgerichte dürfen nämlich auf keinen Fall die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch ihre eigene ersetzen ( 33 ).

93.

Das vorliegende Vorgehen des Gerichts läuft aber genau auf eine solche Ersetzung der Begründung hinaus. Das Gericht hat sich nämlich bei der Zurückweisung der erstinstanzlichen Klagegründe auf eine Beurteilung gestützt, die in der Begründung der streitigen Beschlüsse nicht enthalten ist und somit eine darin vorhandene Lücke schließt. Damit hat das Gericht die Grenzen seiner Kontrolle überschritten ( 34 ).

94.

Und schließlich ist die Prüfung der Vereinbarkeit der streitigen Beschlüsse mit dem Unionsrecht, insbesondere in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der durch diese Beschlüsse umzusetzenden nationalen Maßnahme, die das Gericht selbständig durchgeführt hat, ohne sich auf eine entsprechende Begründung des Parlaments zu beziehen, gemessen an dem oben in Nr. 83 erläuterten Maßstab jedenfalls unzureichend. Denn wie das dort angeführte Beispiel zeigt und wie schon in Nr. 91 erläutert, verlangt eine solche Prüfung eine präzise und umfassende Betrachtung der umzusetzenden nationalen Maßnahme in ihrem Kontext und ihren konkreten Auswirkungen, um festzustellen, ob diese nicht willkürlich sowie nachvollziehbar und kohärent ist. Die allgemeine Feststellung allein, dass die Maßnahme dem Ziel der sparsamen Haushaltsführung dient und Härtefallklauseln vorsieht, genügt diesem Maßstab nicht.

95.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Gericht mehrere Rechtsfehler begangen hat, als es die Vereinbarkeit der streitigen Beschlüsse mit den höherrangigen Normen und Grundsätzen des Unionsrechts bestätigte. Die hierauf gestützten Rechtsmittelgründe greifen somit durch.

96.

In Anbetracht der zentralen Bedeutung der Vereinbarkeit der streitigen Beschlüsse mit dem Unionsrecht zieht die Begründetheit dieser Rechtsmittelgründe allein schon die Aufhebung der angefochtenen Urteile nach sich. Gleichwohl ist es, insbesondere im Hinblick auf die vor dem Gericht anhängigen Klagen gegen die Beschlüsse, durch die die streitigen Beschlüsse ersetzt wurden (oben, Nr. 41), zweckmäßig, hilfsweise auch die übrigen von den Rechtsmittelführern vorgebrachten Rechtsmittelgründe zu prüfen.

3. Zur Zuständigkeit des Urhebers der streitigen Beschlüsse

97.

Den Rechtsmittelführern in den Rechtssachen C‑725/20 P und C‑198/21 P zufolge hat das Gericht einen weiteren Rechtsfehler begangen, als es die Zuständigkeit des Leiters des Referats „Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder“ der Generaldirektion (GD) Finanzen des Parlaments für den Erlass der streitigen Beschlüsse bestätigte. Die Rechtsmittelführer hatten in erster Instanz geltend gemacht, diese Beschlüsse hätten vielmehr vom Präsidium des Parlaments erlassen werden müssen.

98.

Das Gericht hat seine Zurückweisung dieser Rüge auf die folgende Begründung gestützt:

„In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat das Parlament – unter Vorlage von Beweisen – darauf hingewiesen, dass der Leiter des Referats ‚Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder‘ der GD Finanzen dieses Organs durch die Entscheidung FINS/2019‑01 des Generaldirektors für Finanzen des Parlaments vom 23. November 2018 zum nachgeordnet bevollmächtigten Anweisungsbefugten für die Haushaltslinie 1030, die sich auf die in Anlage III der KVR aufgeführten Ruhegehälter bezieht, ernannt worden sei. Zudem wird in der Entscheidung FINS/2019‑01 gemäß Art. 73 Abs. 3 der Verordnung 2018/1046 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Weiterübertragung von Befugnissen es dem Leiter des Referats ‚Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder‘ der GD Finanzen des Parlaments u. a. gestattet, rechtliche Verpflichtungen einzugehen, Mittelbindungen vorzunehmen, Ausgaben abzurechnen und Zahlungen anzuordnen, aber auch Forderungsvorausschätzungen zu erstellen, Forderungen festzustellen und Einziehungsanordnungen zu erteilen.“ ( 35 )

99.

Im Licht dieser Erwägungen hat das Gericht festgestellt, „[e]ntgegen dem Vorbringen der Kläger [sei] der Leiter des Referats ‚Entschädigung und soziale Rechte der Mitglieder‘ der GD Finanzen des Parlaments somit für den Erlass der angefochtenen Entscheidungen zuständig [gewesen]“ ( 36 ).

100.

Aus der in Nr. 98 wiedergegebenen Begründung des Gerichts, die lediglich den Inhalt der Entscheidung FINS/2019‑01 wiederholt, ergibt sich jedoch nicht, warum der Referatsleiter nach Ansicht des Gerichts für den Erlass der streitigen Beschlüsse zuständig war. Insbesondere ergibt sich hieraus nicht, weshalb die Kompetenzübertragung durch die Entscheidung FINS/2019‑01 nach Meinung des Gerichts die Zuständigkeit dafür umfasst, die Vereinbarkeit der Umsetzung einer nationalen Kürzungsmaßnahme mit dem Unionsrecht zu prüfen, die einen Eingriff in wohlerworbene Rechte der ehemaligen Abgeordneten des Parlaments begründet. Die Antwort auf diese Frage erschließt sich auch nicht aus der schlichten Lektüre der Entscheidung FINS/2019‑01. Die Begründung des Gerichts ermöglicht es dem Gerichtshof daher nicht, zu überprüfen, ob das Gericht die Zuständigkeit des betreffenden Referatsleiters für den Erlass der streitigen Beschlüsse zu Recht bestätigt hat. Sie lässt nämlich nicht die Gründe erkennen, auf die das Gericht diese Ansicht gestützt hat.

101.

Hieraus folgt, dass das angefochtene Urteil mit einem Begründungsmangel behaftet ist. Eine solche unzureichende Begründung ist von Amts wegen zu prüfen ( 37 ). Demnach ist das Vorbringen der Rechtsmittelführer insofern begründet, als sie zu Recht geltend machen, dass das Gericht ihr Vorbringen in Bezug auf die Zuständigkeit des Urhebers der streitigen Beschlüsse in rechtsfehlerhafter Weise zurückgewiesen hat ( 38 ).

102.

Der Gerichtshof könnte die Aufhebung der angefochtenen Urteile allerdings nur auf diesen von Amts wegen festgestellten Begründungsmangel stützen, wenn er die Parteien zuvor dazu angehört hätte ( 39 ). Da die angefochtenen Urteile wie in Nr. 96 festgestellt jedoch bereits aus anderen Gründen aufzuheben sind, ist eine solche Anhörung vorliegend nicht notwendig.

4. Zur Begründung der streitigen Beschlüsse

103.

Die Rechtsmittelführer in den Rechtssachen C‑725/20 P und C‑198/21 P machen weiter geltend, das Gericht habe zu Unrecht befunden, die streitigen Beschlüsse enthielten eine hinreichende Begründung. Diese Beschlüsse seien im Gegenteil mit einem Begründungsmangel behaftet, weil das Parlament darin keine Prüfung der Vereinbarkeit der Umsetzung des Beschlusses Nr. 14/2018 mit dem Unionsrecht dokumentiert habe.

104.

Das Gericht hat seine Ansicht, die streitigen Beschlüsse seien hinreichend begründet, im Wesentlichen darauf gestützt, dass diese Beschlüsse ihre Rechtsgrundlage sowie die Ansicht des Parlaments erkennen ließen, wonach der Beschluss Nr. 14/2018 aufgrund von Art. 2 Abs. 1 der Anlage III der KVR in Verbindung mit Art. 75 der Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut auf die Rechtsmittelführer anzuwenden sei ( 40 ).

105.

Diese Analyse des Gerichts stützt sich auf die Annahme, das Parlament habe keine weitere Prüfung der Vereinbarkeit der Anwendung des Beschlusses Nr. 14/2018 auf die Rechtsmittelführer mit dem Unionsrecht vornehmen müssen. Wie in Nr. 89 dargelegt, ist diese Annahme jedoch unzutreffend.

106.

Vielmehr hätte das Parlament vor dem Erlass der streitigen Beschlüsse prüfen und darin begründen müssen, warum seiner Meinung nach diese Beschlüsse mit dem höherrangigen Unionsrecht, insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, im Einklang standen. Mangels entsprechender Angaben, die dem Gericht eine dahin gehende Rechtmäßigkeitskontrolle erlaubt hätten, ohne seine eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Parlaments zu setzen (oben, Nr. 93), war die Begründung der streitigen Beschlüsse unzureichend.

107.

Dies ist umso mehr der Fall, als die Rechtsmittelführer zu Recht geltend machen, dass das Gericht das Gutachten des Juristischen Dienstes des Parlaments, in dem die Verhältnismäßigkeit des Beschlusses Nr. 14/2018, wenn auch in unzureichender Weise, so doch zumindest summarisch behandelt wurde (oben, Nrn. 90 und 91), zu Unrecht in die Beurteilung der Begründung der streitigen Beschlüsse miteinbezogen hat ( 41 ). Denn dieses Gutachten war diesen Beschlüssen nicht beigefügt und wurde den Rechtsmittelführern vom Parlament nicht zur Verfügung gestellt. Es wurde ihnen gegenüber nur indirekt erwähnt. So enthielt die Mitteilung, die ihren Ruhegehaltsabrechnungen für den Monat Februar 2019 als Anhang beigefügt war (oben, Nr. 22) und auf die die streitigen Beschlüsse verwiesen, lediglich den Hinweis, dass der Juristische Dienst des Parlaments die automatische Anwendbarkeit des Beschlusses Nr. 14/2018 auf die Rechtsmittelführer bestätigt habe. Diese Mitteilung enthielt jedoch weder einen direkten Hinweis auf das Gutachten des Juristischen Dienstes noch einen Hinweis darauf, dass und wo es einsehbar war ( 42 ).

108.

Es trifft zwar zu, dass die Begründung eines Rechtsakts nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand ihres Kontexts zu beurteilen ist ( 43 ). Ein Dokument, dessen Existenz die Adressaten einer Entscheidung „erraten“ und das sie sich selbst beschaffen müssen, kann aber nicht als Teil des bekannten Kontexts dieser Entscheidung eingestuft werden. Dies muss selbst dann gelten, wenn die Adressaten das fragliche Dokument im Verfahren vor den Unionsgerichten vorlegen. Denn selbst wenn dieser Umstand beweist, dass sie es sich nachträglich beschafft haben, kann er nicht als Beweis dafür herhalten, dass die ursprüngliche Entscheidung zum für den Beginn der Klagefrist maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Zustellung an die Adressaten hinreichend begründet war.

109.

Der Unionsrichter kann bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Nachgang von deren Autor gelieferte nähere Angaben nur berücksichtigen, wenn diese eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen ( 44 ). Im vorliegenden Fall war die ursprüngliche Begründung aber wie soeben dargelegt gerade nicht ausreichend.

110.

Alles in allem ist die Ablehnung eines Begründungsmangels der streitigen Beschlüsse durch das Gericht daher mit einem Rechtsfehler behaftet.

5. Zur erstinstanzlichen Klage von Frau Panusa

111.

Die Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑725/20 P machen schließlich noch geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es die erstinstanzliche Klage von Frau Panusa in der Rechtssache T‑453/19 wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückwies, weil der streitige Beschluss bei Frau Panusa zu keiner Verringerung der Höhe ihrer Hinterbliebenenrente geführt habe ( 45 ).

112.

Den Rechtsmittelführern zufolge habe Frau Panusa jedoch ein Interesse an der Klärung der in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht aufgeworfenen Frage, ob ihre Hinterbliebenenrente anstatt wie bisher auf der Grundlage von Anlage III der KVR auf der Grundlage von Anlage I der KVR zu berechnen sei. Sollte Letzteres zutreffen, könne ihre Hinterbliebenenrente nämlich höher ausfallen.

113.

Wie das Parlament zutreffend erwidert, enthält das Urteil Coppo Gavazzi jedoch keinen Hinweis darauf, dass Frau Panusa in erster Instanz vorgetragen habe, ihre Hinterbliebenenrente habe auf der Grundlage von Anlage I der KVR berechnet werden müssen. Soweit ersichtlich ist auch kein entsprechender Klagegrund in der erstinstanzlichen Klageschrift von Frau Panusa enthalten. Was den Hinweis von Frau Panusa auf die mündliche Verhandlung vor dem Gericht angeht, ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 84 der Verfahrensordnung des Gerichts das Vorbringen neuer Klagegründe im Laufe des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Frau Panusa macht jedoch keine solchen Gesichtspunkte geltend.

114.

Damit ist das Vorbringen von Frau Panusa im vorliegenden Rechtsmittelverfahren als unzulässig zurückzuweisen, da das Vorbringen neuer Angriffsmittel, die nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren, im Rechtsmittelverfahren unzulässig ist ( 46 ).

6. Zwischenergebnis

115.

Aus alledem folgt, dass sämtliche angefochtenen Urteile in sämtlichen verbundenen Rechtssachen, die Gegenstand dieser Urteile und der vorliegenden Rechtsmittelverfahren waren, mit Rechtsfehlern behaftet und daher aufzuheben sind, mit Ausnahme des Urteils Coppo Gavazzi, insoweit es die Rechtssache T‑453/19, Panusa/Parlament, betrifft.

C.   Zu den Klagen vor dem Gericht

116.

Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

117.

Das ist vorliegend der Fall.

118.

Dies ergibt sich insbesondere aus der Prüfung des Rechtsmittelgrundes, wonach das Gericht zu Unrecht bestätigt hat, dass die Kürzung der Ruhegehälter der Rechtsmittelführer durch die streitigen Beschlüsse nicht gegen höherrangige Grundsätze des Unionsrechts und insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße (oben, Nrn. 75 bis 95).

119.

Wie die Prüfung dieses Rechtsmittelgrundes ergeben hat, hat das Gericht zu Unrecht entschieden, es sei unerheblich, dass das Parlament keine Prüfung der Vereinbarkeit der Anwendung des Beschlusses Nr. 14/2018 mit dem Unionsrecht durchgeführt hat (oben, Nr. 89). Vielmehr ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Unionsrechtskonformität einer mitgliedstaatlichen Kürzungsmaßnahme im Rahmen einer eingehenden Untersuchung des konkreten Inhalts dieser Maßnahme sowie ihrer Systematik und ihres Kontexts geprüft werden muss (oben, Nrn. 82 und 83).

120.

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich notwendigerweise aber auch, dass eine solche Prüfung jeweils im Einzelfall im Hinblick auf die konkrete betroffene Maßnahme durchzuführen ist.

121.

Wie schon erläutert ist der Beschluss Nr. 14/2018, der in den streitigen Beschlüssen umgesetzt wurde, jedoch mittlerweile auf nationaler Ebene abgeändert, und die streitigen Beschlüsse sind durch neue Beschlüsse des Parlaments ersetzt worden (oben, Nrn. 35 bis 41). Daher kann die Prüfung der Unionsrechtskonformität der streitigen Beschlüsse den Rechtsmittelführern keinen Vorteil mehr verschaffen. Die erstinstanzlichen Klagen gegen diese Beschlüsse haben sich somit in der Hauptsache erledigt.

122.

Das Gericht wird vielmehr im Rahmen der Klagen gegen die neuen Beschlüsse des Parlaments (oben, Nr. 41) zu prüfen haben, ob das Parlament vor Erlass dieser Beschlüsse eine hinreichende Prüfung der Unionsrechtskonformität der in diesen Beschlüssen umgesetzten neuen italienischen Regeln vorgenommen hat. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste es die betroffenen Beschlüsse des Parlaments für nichtig erklären. Das Parlament könnte in der Folge die erforderliche Prüfung durchführen und, sollte es die Unionsrechtskonformität der Umsetzung der nationalen Regeln bestätigen, erneute Beschlüsse zur Umsetzung dieser Regeln gegenüber den betroffenen ehemaligen Abgeordneten erlassen, die dann wiederum Gegenstand einer Kontrolle durch das Gericht sein könnten.

123.

Wie in Nr. 41 erläutert, hat nur ein Teil der Rechtsmittelführer die neuen Beschlüsse des Parlaments zur zweiten Neuberechnung ihrer Bezüge angefochten. Sollte die Prüfung der entsprechenden Klagen ergeben, dass diese Beschlüsse für nichtig zu erklären sind, müsste das Parlament die Unionsrechtskonformität der zweiten Neuberechnung jedoch nicht nur für diejenigen ehemaligen Abgeordneten prüfen, die gegen diese zweite Neuberechnung geklagt haben. Vielmehr müsste das Parlament im Einklang mit Art. 266 AEUV die Unionrechtskonformität der Umsetzung der neuen italienischen Regeln für alle betroffenen Abgeordneten prüfen und gegebenenfalls sämtliche diese betreffenden Beschlüsse entsprechend abändern. Denn es wäre rechtswidrig, wenn das Parlament ehemaligen Abgeordneten jedenfalls für die Zukunft weiterhin gekürzte Bezüge auszahlt, obgleich die Rechtswidrigkeit der entsprechenden Kürzungen durch den Unionsrichter festgestellt wurde, wenn auch im Hinblick auf andere ehemalige Abgeordnete.

D.   Zwischenergebnis

124.

Aus alledem folgt, dass sich die Klagen der Rechtsmittelführer vor dem Gericht, mit Ausnahme der Klage in der Rechtssache T‑453/19, erledigt haben.

VI. Kosten

A.   Zu den Kosten der Rechtsmittelverfahren

125.

Gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn es begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet, über die Kosten. Im Einklang mit Art. 138 Abs. 1, der gemäß Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

126.

Da das Parlament gegenüber den Rechtsmittelführern, mit Ausnahme von Frau Panusa, unterlegen ist, ist es wie von diesen beantragt zur Tragung seiner eigenen Kosten sowie der Kosten der Rechtsmittelführer, mit Ausnahme von Frau Panusa, im Rechtsmittelverfahren zu verurteilen. Frau Panusa ist dagegen zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten des Parlaments im Rechtsmittelverfahren zu verurteilen, die dem Parlament anteilig im Hinblick auf das Rechtsmittelverfahren von Frau Panusa entstanden sind.

B.   Zu den Kosten der erstinstanzlichen Verfahren

127.

Da die angefochtenen Urteile aufzuheben sind, hat der Gerichtshof auch über die Verteilung der Kosten der erstinstanzlichen Verfahren zu entscheiden, mit Ausnahme des Verfahrens in der Rechtssache T‑453/19, Panusa/Parlament, für die die erstinstanzliche Kostenentscheidung bestehen bleibt.

128.

Art. 149 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 190 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, bestimmt, dass der Gerichtshof über die Kosten entscheidet, wenn er feststellt, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist. Gemäß Art. 142 der Verfahrensordnung, der im Einklang mit Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, entscheidet der Gerichtshof nach freiem Ermessen über die Kosten, wenn er die Hauptsache für erledigt erklärt.

129.

Die vorliegende Untersuchung hat zwar ergeben, dass sich die erstinstanzlichen Rechtssachen erledigt haben, aber auch, dass das Gericht die Rechtmäßigkeit der streitigen Beschlüsse zu Unrecht bestätigt hat, obgleich das Parlament keine Prüfung der Vereinbarkeit dieser Beschlüsse mit dem Unionsrecht durchgeführt hatte. In Anbetracht dessen ist es angemessen, das Parlament zur Tragung seiner eigenen Kosten sowie der Kosten der Rechtsmittelführer, mit Ausnahme von Frau Panusa, in den erstinstanzlichen Verfahren zu verurteilen.

VII. Ergebnis

130.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, in der Rechtssache C‑725/20 P wie folgt zu entscheiden:

1.

Die Nrn. 2 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 15. Oktober 2020, Coppo Gavazzi u. a./Parlament (T‑389/19 u. a., EU:T:2020:494), werden aufgehoben, soweit sie sämtliche im Anhang dieser Schlussanträge aufgeführte Rechtsmittelführer mit Ausnahme von Frau Panusa betreffen.

2.

Der Rechtsstreit, der den erstinstanzlichen Klagen in den im Anhang dieser Schlussanträge aufgeführten Rechtssachen, mit Ausnahme der Rechtssache T‑453/19, zugrunde liegt, ist in der Hauptsache erledigt.

3.

Das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑725/20 P wird zurückgewiesen, soweit es Frau Panusa betrifft.

4.

Das Parlament trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Rechtsmittelführer in beiden Rechtszügen, mit Ausnahme der Kosten von Frau Panusa sowie der Kosten, die ihm anteilig im Hinblick auf das Rechtsmittelverfahren von Frau Panusa entstanden sind.

5.

Frau Panusa trägt ihre eigenen Kosten im Rechtsmittelverfahren sowie die Kosten, die dem Parlament anteilig im Hinblick auf das Rechtsmittelverfahren von Frau Panusa entstanden sind.

131.

Des Weiteren schlage ich dem Gerichtshof vor, in der Rechtssache C‑198/21 P wie folgt zu entscheiden:

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 10. Februar 2021, Santini u. a./Parlament (T‑345/19, T‑346/19, T‑364/19 bis T‑366/19, T‑372/19 bis T‑375/19 und T‑385/19, EU:T:2021:78), wird aufgehoben.

2.

Der den erstinstanzlichen Klagen in den Rechtssachen T‑345/19, T‑346/19, T‑364/19 bis T‑366/19, T‑372/19 bis T‑375/19 und T‑385/19 zugrunde liegende Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

3.

Das Parlament trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Rechtsmittelführer in beiden Rechtszügen.

132.

Und schließlich schlage ich dem Gerichtshof vor, in der Rechtssache C‑391/21 P wie folgt zu entscheiden:

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Mai 2021, Falqui/Parlament (T‑695/19, EU:T:2021:242), wird aufgehoben.

2.

Der der erstinstanzlichen Klage in der Rechtssache T‑695/19 zugrunde liegende Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

3.

Das Parlament trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten des Rechtsmittelführers in beiden Rechtszügen.


( 1 ) Originalsprache: Deutsch.

( 2 ) Doc. PE 113.116/BUR./rev.XXV/01-2009.

( 3 ) ABl. 2005, L 262, S. 1.

( 4 ) ABl. 2009, C 159, S. 1.

( 5 ) ABl. 2010, C 340, S. 6.

( 6 ) Dieser Anhang ist nur der den Parteien zugestellten Fassung beigefügt.

( 7 ) Soweit ersichtlich handelt es sich hierbei um die Rechtssachen T‑735/22, Falqui/Parlament, T‑751/22, Avitabile/Parlament, T‑752/22, Ceravolo/Parlament, T‑761/22, Sboarina/Parlament, T‑804/22, Gemelli/Parlament, T‑807/22, Lombardo/Parlament, T‑808/22, Mantovani/Parlament, T‑809/22, Napoletano/Parlament, T‑810/22, Nobilia/Parlament, T‑812/22, Viola/Parlament, T‑815/22, Aita/Parlament, T‑817/22, Bonsignore/Parlament, T‑818/22, Carollo/Parlament, T‑819/22, Catasta/Parlament, T‑820/22, Coppo Gavazzi/Parlament, T‑821/22, Di Meo/Parlament, T‑823/22, Dupuis/Parlament, T‑824/22, Filippi/Parlament, T‑825/22, Cucurnia/Parlament, T‑826/22, Gallenzi/Parlament, und T‑375/23, Di Prinzio/Parlament.

( 8 ) Vgl. Urteile vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission (C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 42), vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission (C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 61), und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission (C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43).

( 9 ) Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission (C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 62).

( 10 ) Urteile vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission (92/78, EU:C:1979:53, Rn. 32), vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission (C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 50), und vom 6. September 2018, Bank Mellat/Rat (C‑430/16 P, EU:C:2018:668, Rn. 64).

( 11 ) Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission (C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 65).

( 12 ) Urteil vom 6. September 2018, Bank Mellat/Rat (C‑430/16 P, EU:C:2018:668, Rn. 65).

( 13 ) Erster Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑725/20 P, zweiter und vierter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑198/21 P, erster Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑391/21 P.

( 14 ) Erster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑725/20 P, erster Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑198/21 P, erster Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑391/21 P.

( 15 ) Zweiter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑725/20 P, dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑198/21 P, zweiter und dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑391/21 P.

( 16 ) Zweiter und dritter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑725/20 P, fünfter und sechster Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑198/21 P.

( 17 ) Dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑725/20 P.

( 18 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 126, 136, 137, 138 und 141), Urteil Santini (Rn. 81, 84, 85, 86 und 89), Urteil Falqui (Rn. 49, 52, 53, 54 und 57).

( 19 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 138, 141 und 180), Urteil Santini (Rn. 86 und 89), Urteil Falqui (Rn. 54 und 57).

( 20 ) Vgl. Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission (C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 61 und 62 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 9. März 2023, Grossetête/Parlament (C‑714/21 P, EU:C:2023:187, Rn. 84).

( 21 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission (C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 63), und vom 9. März 2023, Grossetête/Parlament (C‑714/21 P, EU:C:2023:187, Rn. 84). Siehe auch Urteil vom 18. Oktober 2011, Purvis/Parlament (T‑439/09, EU:T:2011:600, Rn. 44).

( 22 ) Vgl. a contrario Urteile vom 9. März 2023, Grossetête/Parlament (C‑714/21 P, EU:C:2023:187, Rn. 84 bis 87), und Galeote und Watson/Parlament (C‑715/21 P und C‑716/21 P, EU:C:2023:190, Rn. 79 bis 82). Siehe auch Urteile vom 18. Oktober 2011, Purvis/Parlament (T‑439/09, EU:T:2011:600, Rn. 46), und vom 13. März 2013, Inglewood u. a./Parlament (T‑229/11 und T‑276/11, EU:T:2013:127, Rn. 50).

( 23 ) Vgl. Urteile vom 9. März 2023, Grossetête/Parlament (C‑714/21 P, EU:C:2023:187, Rn. 88 und 89), und Galeote und Watson/Parlament (C‑715/21 P und C‑716/21 P, EU:C:2023:190, Rn. 83 und 84).

( 24 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 19. Dezember 2019, Pensions-Sicherungs-Verein (C‑168/18, EU:C:2019:1128, Rn. 39).

( 25 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2017, Florescu u. a. (C‑258/14, EU:C:2017:448, Rn. 50 und 51). Dies gilt insbesondere für die Altersversorgung der Abgeordneten, die den Zweck der Gewährleistung der Unabhängigkeit, einschließlich der finanziellen Unabhängigkeit, der Abgeordneten als Volksvertreter verfolgt, die dem allgemeinen Interesse des Volkes dienen sollen; vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2011, Purvis/Parlament (T‑439/09, EU:T:2011:600, Rn. 59).

( 26 ) C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 46 bis 50.

( 27 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 215), Urteil Santini (Rn. 58, 155 und 220), Urteil Falqui (Rn. 45).

( 28 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 220), Urteil Santini (Rn. 164).

( 29 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 221), Urteil Santini (Rn. 165); im Urteil Falqui hat das Gericht diese Aussage soweit ersichtlich nicht explizit getätigt, die entsprechende Annahme liegt diesem Urteil aber ebenfalls zugrunde.

( 30 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 229 bis 235), Urteil Santini (Rn. 173 bis 179).

( 31 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 239), Urteil Santini (Rn. 222).

( 32 ) Urteil Falqui (Rn. 104 bis 110).

( 33 ) Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort zitierte Rechtsprechung).

( 34 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 88).

( 35 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 90), Urteil Santini (Rn. 71).

( 36 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 92), Urteil Santini (Rn. 73).

( 37 ) Urteil vom 20. Dezember 2017, EUIPO/European Dynamics Luxembourg u. a. (C‑677/15 P, EU:C:2017:998, Rn. 36 und die dort zitierte Rechtsprechung).

( 38 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. April 2013, Mindo/Kommission (C‑652/11 P, EU:C:2013:229, Rn. 54).

( 39 ) Vgl. Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a. (C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 54 bis 61).

( 40 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 103 bis 105), Urteil Santini (Rn. 184 bis 186).

( 41 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 110 bis 116), Urteil Santini (Rn. 188).

( 42 ) Hiervon gibt es zwei Ausnahmen, nämlich Herrn Falqui, Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑391/21 P, sowie Herrn Florio, Kläger in der Rechtssache T‑465/19, die Gegenstand des Urteils Coppo Gavazzi war, aber nicht mehr Gegenstand der vorliegenden Rechtsmittelverfahren ist, da Herr Florio sich nicht mehr hieran beteiligt. Herr Falqui und Herr Florio übermittelten dem Parlament jeweils Stellungnahmen, auf die das Parlament in Schreiben antwortete, die einen Internetlink zu dem Gutachten des Juristischen Dienstes enthielten (vgl. Nr. 24 dieser Schlussanträge sowie Rn. 108 und 115 des Urteils Coppo Gavazzi). Da Herr Falqui jedoch keinen Begründungsmangel rügt und Herr Florio sich nicht an den vorliegenden Rechtsmittelverfahren beteiligt, kann dahinstehen, ob ein solcher Verweis ausreicht, um ein Dokument als Teil der Begründung einer Entscheidung einzustufen.

( 43 ) Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink's France (C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63).

( 44 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2000, Finnboard/Kommission (C‑298/98 P, EU:C:2000:634, Rn. 46).

( 45 ) Urteil Coppo Gavazzi (Rn. 66 bis 70).

( 46 ) Vgl. Urteil vom 9. Juni 2016, Repsol Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission (C‑617/13 P, EU:C:2016:416, Rn. 58 und 59 und die dort zitierte Rechtsprechung).

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