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Document 62020CC0633

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Szpunar vom 24. März 2022.


    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:220

     SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MACIEJ SZPUNAR

    vom 24. März 2022 ( 1 )

    Rechtssache C‑633/20

    Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.

    gegen

    TC Medical Air Ambulance Agency GmbH

    (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Personen- und Dienstleistungsverkehr – Niederlassungsfreiheit – Dienstleistungsfreiheit – Begriff der Versicherungsvermittlung – Gruppenversicherungen – Gewährleistung der Möglichkeit des Beitritts zu einer Gruppenversicherung für Verbraucher“

    I. Einleitung

    1.

    Das nationale Gericht ersucht den Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache um die Auslegung mehrerer Begriffe, die in den Richtlinien 2002/92/EG ( 2 ) und (EU) 2016/97 ( 3 ) verwendet werden. Die Antwort des Gerichtshofs soll ihm die Entscheidung ermöglichen, ob es sich bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens um einen „Versicherungsvermittler“ im Sinne dieser beiden Richtlinien handelt.

    2.

    Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, sich mit einer spezifischen Rechtskonstruktion zu befassen, die ein Produkt der Praxis ist. Es geht um die Gruppenversicherung. Diese Konstruktion hat einen nicht ganz offensichtlichen und – manchen Quellen zufolge – auch einen unrühmlichen Ursprung. Ihre Ursprünge reichten ins 19. Jahrhundert zurück und seien in Verträgen zu sehen, die Sklavenhändler abgeschlossen hätten, um ihre finanziellen Interessen zu sichern. Durch diese Verträge habe sich der Versicherer verpflichtet, im Fall des Todes eines Sklaven einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen ( 4 ).

    3.

    In einem vor einem Monat ergangenen Urteil hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein „als Versicherungsnehmer handelndes Unternehmen“, das einen fondsgebundenen Gruppenlebensversicherungsvertrag abgeschlossen hat, ein „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinie 2002/92 ist, weil es gegen Entgelt eine Tätigkeit ausübt, die darin besteht, Verbrauchern anzubieten, dieser Versicherung beizutreten und auf diese Weise einen Lebensversicherungsvertrag mit dem Versicherer abzuschließen, sowie eine Finanzberatung in Bezug auf die Anlage des Kapitals zu erbringen, das durch die Versicherungsprämien gebildet wird ( 5 ).

    4.

    Allerdings ist dieses Urteil in einem Kontext ergangen, der von dem Hintergrund abweicht, vor dem die Vorlagefrage in der vorliegenden Rechtssache gestellt wird. Darüber hinaus scheint es nicht alle Zweifel an der spezifischen Rechtskonstruktion der Gruppenversicherungen auszuräumen und beantwortet jedenfalls nicht die Frage, wo die Grenze liegt zwischen der Bereitstellung von Versicherungsschutz durch die Gruppenversicherung, die eine „Versicherungsvermittlung“ ist, und der Bereitstellung eines solchen Versicherungsschutzes, die keine „Versicherungsvermittlung“ darstellt. Es bezieht sich auch nicht ausdrücklich auf die Rechtsfragen, die den Zweifeln des vorlegenden Gerichts im vorliegenden Fall zugrunde liegen.

    5.

    Die Zweifel des vorlegenden Gerichts gehen nämlich auf zwei Rechtsfragen zurück, die eben mit der rechtlichen Konstruktion der Gruppenversicherung, wie sie im heutigen Wirtschaftsverkehr funktioniert, im Zusammenhang stehen. Sie betreffen zum einen die Frage, ob der „Beitritt zu einer Gruppenversicherung“ unter Umständen wie denen im Ausgangsverfahren mit dem „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ gleichgesetzt werden kann, und zum anderen, ob ein „Versicherungsvermittler“ unter ebendiesen Umständen gleichzeitig „Versicherungsnehmer“ sein kann.

    II. Rechtlicher Rahmen

    A. Unionsrecht

    1.   Richtlinie über Versicherungsvermittlung

    6.

    Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 bestimmt:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

    3.

    ‚Versicherungsvermittlung‘ das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall.

    Diese Tätigkeiten gelten nicht als Versicherungsvermittlung, wenn sie von einem Versicherungsunternehmen oder einem Angestellten eines Versicherungsunternehmens, der unter der Verantwortung des Versicherungsunternehmens tätig wird, ausgeübt werden.

    Die beiläufige Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit, sofern diese Tätigkeit nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrags zu unterstützen, oder die berufsmäßige Verwaltung der Schadensfälle eines Versicherungsunternehmens oder die Schadensregulierung und Sachverständigenarbeit im Zusammenhang mit Schadensfällen gelten ebenfalls nicht als Versicherungsvermittlung.

    5.

    ‚Versicherungsvermittler‘ jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt.“

    2.   Richtlinie über Versicherungsvertrieb

    7.

    Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 bestimmt:

    „(1)   Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

    1.

    ‚Versicherungsvertrieb‘ die Beratung, das Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen, das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, einschließlich der Bereitstellung von Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge aufgrund von Kriterien, die ein Kunde über eine Website oder andere Medien wählt, sowie die Erstellung einer Rangliste von Versicherungsprodukten, einschließlich eines Preis- und Produktvergleichs, oder ein Rabatt auf den Preis eines Versicherungsvertrags, wenn der Kunde einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt über eine Website oder ein anderes Medium abschließen kann.

    3.

    ‚Versicherungsvermittler‘ jede natürliche oder juristische Person, die kein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder ihre Angestellten und kein Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit ist und die die Versicherungsvertriebstätigkeit gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt;

    8.

    ‚Versicherungsvertreiber‘ einen Versicherungsvermittler, einen Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit oder ein Versicherungsunternehmen.“

    B. Deutsches Recht

    8.

    Die Versicherungsvermittlung ist in § 34d der Gewerbeordnung (im Folgenden: GewO) geregelt. Diese Bestimmung wurde im für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens relevanten Zeitraum mehrfach geändert. Mit den seit dem 23. Februar 2018 geltenden Änderungen sollte das deutsche Recht mit der Richtlinie 2016/97 in Einklang gebracht werden.

    9.

    Ungeachtet dieser Änderungen bedarf nach dieser Bestimmung jedermann, der sich gewerbsmäßig als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter beim Abschluss von Versicherungsverträgen betätigen will („Versicherungsvermittler“), einer Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer. Wer eine solche Erlaubnis erhält, ist verpflichtet, sich in das entsprechende Register eintragen zu lassen.

    III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, Verfahren vor dem Gerichtshof und Vorlagefrage

    10.

    Die Beklagte des Ausgangsverfahrens beauftragt Werbeunternehmen, im Wege der Haustürwerbung Verbrauchern gegen Entgelt den Beitritt zu einer „TC Medical Air Ambulance Agency GmbH Mitgliedergemeinschaft“ anzubieten. Die Mitgliedschaft berechtigt zur Inanspruchnahme verschiedener Leistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland. Hierzu zählen die Erstattung der Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen und Krankentransporte, die Organisation und die Durchführung entsprechender Transporte sowie der Zugang zu einer telefonisch erreichbaren „Alarmzentrale“.

    11.

    Die Leistungen, zu denen die Mitgliedschaft berechtigt, werden grundsätzlich, wie das vorlegende Gericht ausführt, entweder unmittelbar aus dem Vermögen der Beklagten des Ausgangsverfahrens oder über von der Beklagten an ihre Kunden abgetretene Ansprüche aus einer Gruppenversicherung erbracht.

    12.

    Die Beklagte ist nämlich mit einer Gesellschaft vertraglich verbunden, die mit ihrem medizinischen Personal und ihrem Fluggerät für die Beklagte einen Teil der Leistungen (die das vorlegende Gericht als „Versicherungsleistungen“ bezeichnet) erbringt sowie die Organisation der rund um die Uhr besetzten Alarmzentrale sicherstellt. Hierfür zahlt ihr die Beklagte eine Vergütung.

    13.

    Darüber hinaus schloss die Beklagte als Versicherungsnehmerin eine Gruppenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen ab, kraft deren für die Kunden der Beklagten Versicherungsschutz im Rahmen einer Kranken- und Unfallversicherung bei Auslandsreisen sowie einer Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung gewährt wird. Die Beklagte zahlt die dem Versicherer geschuldeten Prämien, während die Gruppenmitglieder ihr die Vergütung für den Versicherungsschutz entrichten.

    14.

    Weder die Beklagte noch die Werbeunternehmen verfügen über eine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung.

    15.

    Der klägerische Verbraucherschutzverband hält die Tätigkeit der Beklagten für wettbewerbswidrig. Er ist insbesondere der Ansicht, die Beklagte betreibe eine erlaubnispflichtige Versicherungsvermittlung. Die Tätigkeit der Beklagten sei jedenfalls so organisiert, dass der Eindruck erweckt werde, die Beklagte selbst erbringe die Versicherungsleistungen, auf die ihre Kunden Anspruch hätten. Der Verband beantragte deswegen beim nationalen Gericht, die Beklagte nach dem Hauptantrag zu verurteilen, es zu unterlassen, Verbrauchern Verträge über den Beitritt in eine Versichertengemeinschaft anzubieten bzw. anbieten zu lassen, ohne über die zur Versicherungsvermittlung erforderliche Erlaubnis zu verfügen.

    16.

    Das erstinstanzliche Gericht gab dieser Klage statt. Das mit der Sache befasste Gericht zweiter Instanz indes wies diese Klage auf die Berufung der Beklagten ab. Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, dass Versicherungsvermittler nur ein Wirtschaftsteilnehmer sein könne, der selbst weder Versicherungsnehmer noch Versicherer sei. Die Beklagte habe den Gruppenversicherungsvertrag aber als Versicherungsnehmerin im eigenen Namen für fremde Rechnung abgeschlossen.

    17.

    Derzeit ist dieser Rechtsstreit beim vorlegenden Gericht, dem Bundesgerichtshof (Deutschland), als Revisionsinstanz anhängig. Nach Ansicht dieses Gerichts hängt die Begründetheit der Klage davon ab, ob die Beklagte nach deutschem Recht eine Erlaubnis besitzen muss, um gegen Entgelt den Beitritt von Verbrauchern zu einer Gruppenversicherung vermitteln zu dürfen. Die Antwort auf diese Frage hänge indes von der Auslegung von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 (Definitionen der Begriffe „Versicherungsvermittlung“ und „Versicherungsvermittler“) sowie von Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 (Definitionen der Begriffe „Versicherungsvertrieb“, „Versicherungsvermittler“ und „Versicherungsvertreiber“) ab.

    18.

    Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Beschluss vom 15. Oktober 2020, der am 25. November 2020 beim Gerichtshof eingegangen ist, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Ist ein Unternehmen, das als Versicherungsnehmer eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für seine Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber Verbrauchern Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, Versicherungsvermittler im Sinne von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97?

    19.

    Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die deutsche, die italienische und die tschechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die deutsche Regierung und die Kommission waren in der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2021 vertreten.

    IV. Würdigung

    20.

    Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 sowie Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 dahin auszulegen sind, dass eine natürliche oder juristische Person, die als Versicherungsnehmerin eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für ihre Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber diesen Personen ( 6 ) Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, „Versicherungsvermittler“ im Sinne dieser Richtlinie ist.

    21.

    Bevor ich auf die Vorlagefrage näher eingehe, möchte ich auf ein paar terminologische Besonderheiten hinweisen, die für das richtige Verständnis dieser Frage relevant sein können.

    22.

    Es ist richtig, dass die Vorlagefrage – wie sie durch das vorlegende Gericht formuliert wurde – auch in der Weise verstanden werden kann, dass sie darauf abzielt, festzustellen, ob die Beklagte des Ausgangsverfahrens „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinie 2002/92 und „Versicherungsvertreiberin“ im Sinne der Richtlinie 2016/97 ist.

    23.

    Durch die Richtlinie 2016/97 wurden nämlich die Definitionen in Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 abgeändert.

    24.

    Eine der Änderungen, die der Erlass der Richtlinie 2016/97 mit sich gebracht hat, ist die Erweiterung des Kreises der Wirtschaftsteilnehmer, die (wenn auch teilweise in unterschiedlichem Maße) den Pflichten unterliegen, die nach der Richtlinie 2002/92 grundsätzlich nur Personen betrafen, die im Bereich der klassischen „Versicherungsvermittlung“ tätig waren.

    25.

    Diese Änderung kommt in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2016/97 und in ihrem normativen Teil zum Tragen.

    26.

    Nach dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 „[können] Versicherungsprodukte von verschiedenen Kategorien von Personen oder Einrichtungen wie Versicherungsagenten, Versicherungsmaklern und ‚Allfinanzunternehmen‘ vertrieben werden“. Im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97 werden zu den Personen, die Versicherungsprodukte vertreiben dürfen, neben Versicherungsagenten, Versicherungsmaklern und „Allfinanzunternehmen“ auch „Versicherungsunternehmen, Reisebüros und Autovermietungsfirmen“ gezählt. Darüber hinaus ging es auch darum, diejenigen Wirtschaftsteilnehmer dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen zu lassen, die Versicherungsprodukte unter Verwendung neuer Technologien und der dadurch geschaffenen Vertriebskanäle vertreiben ( 7 ).

    27.

    Was den normativen Teil der Richtlinien anbelangt, soweit dieser für die Beantwortung der Vorlagefrage von Bedeutung sein kann, ist anzumerken, dass die Richtlinie 2002/92 den Begriff „Versicherungsvermittlung“ (sowie „Versicherungsvermittler“, der als eine Person definiert wurde, die sich mit der Versicherungsvermittlung befasst) verwendet hat, während in der Richtlinie 2016/97 stattdessen vom „Versicherungsvertrieb“ die Rede ist. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich dieses Begriffs ist weiter.

    28.

    Der Begriff „Versicherungsvertrieb“ umfasst neben dem Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen, dem Abschließen von Versicherungsverträgen oder dem Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, von denen auch in der Definition der „Versicherungsvermittlung“ in der Richtlinie 2002/92 die Rede ist, auch ausdrücklich die „Beratung“ ( 8 ).

    29.

    Die kohärente Gesetzgebungstechnik kommt durch die Einführung einer Definition des Begriffs „Versicherungsvertreiber“ zum Ausdruck.

    30.

    Die Einführung eines neuen begrifflichen Schemas bedeutet jedoch nicht, dass der Begriff „Versicherungsvermittler“ nicht mehr verwendet wird.

    31.

    Der Begriff „Versicherungsvertreiber“ ist nämlich weiter und umfasst alle „Versicherungsvermittler“, „Versicherungsunternehmen“ ( 9 ) sowie „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ ( 10 ).

    32.

    Die Richtlinie 2016/97 definiert jeden dieser Begriffe, wobei „Versicherungsvermittler“ grundsätzlich wie bisher „jede natürliche oder juristische Person [ist], … die die Versicherungsvertriebstätigkeit [früher: Vermittlungstätigkeit] gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt“. Der Begriff „Versicherungsvermittler“ umfasst natürlich weder „Versicherungsunternehmen“ noch „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“, die ebenfalls „Versicherungsvertreiber“ sind.

    33.

    In der vorliegenden Rechtssache wird nicht einmal in Erwägung gezogen, die Beklagte als „Versicherungsunternehmen“ anzusehen.

    34.

    Die Vorlagefrage betrifft hingegen u. a. die Auslegung der Begriffe „Versicherungsvertrieb“ und „Versicherungsvertreiber“ in Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 8 der Richtlinie 2016/97. Der letztgenannte Begriff umfasst auch den „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“.

    35.

    Es stellt sich die Frage, ob zur Erteilung einer für das vorlegende Gericht sachdienlichen Antwort erörtert werden muss, ob die Beklagte ein „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ ist, was sie auch zu einem „Versicherungsvertreiber“ machen würde.

    36.

    Zwar deutet nichts darauf hin, dass nach deutschem Recht diese Kategorie von Vermittlern automatisch von der Erlaubnispflicht befreit wäre, um die es im Ausgangsverfahren geht ( 11 ). Des Weiteren führt das vorlegende Gericht aus, dass eine Person, der die zuständige Industrie- und Handelskammer eine Erlaubnis erteilt hat, ins Register einzutragen ist. Ergänzend geht das vorlegende Gericht auf die Änderungen der bisherigen Rechtslage durch die Richtlinie 2016/97 ein und stellt fest, dass diese Richtlinie auch „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ der Registrierungspflicht unterworfen habe.

    37.

    Die Beklagte des Ausgangsverfahrens verweist auf ihr „Geschäftsmodell“ und argumentiert dahin, dass sie gerade als „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ angesehen werden müsse. Mit diesem Vorbringen soll zum Ausdruck gebracht werden, dass auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt seien, die es erlaubten, von der Anwendung der Richtlinie auf die Beklagte abzusehen. Auf diese Frage werde ich im weiteren Verlauf der vorliegenden Schlussanträge noch zurückkommen ( 12 ).

    38.

    Ein „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ ist „jede natürliche oder juristische Person, … die die Versicherungsvertriebstätigkeit als Nebentätigkeit gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt, wenn sämtliche [in der Definition genannten] Bedingungen erfüllt sind“ (Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2016/97).

    39.

    Was den vorliegenden Rechtsstreit angehe, so zieht erstens das nationale Gericht nicht einmal in Erwägung, die Beklagte des Ausgangsverfahrens als „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ einzustufen, und begehrt mit seiner Vorlagefrage nicht die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2016/97. Im Übrigen wird im Vorabentscheidungsersuchen nicht einmal angedeutet, dass es sich bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens um eine Versicherungsvermittlerin in Nebentätigkeit handeln könnte. Zweitens betreffen die Zweifel des vorlegenden Gerichts nicht die Frage, ob ein Teil der „Leistungen“, die an die Kunden der Beklagten des Ausgangsverfahrens erbracht werden, als Nebentätigkeit gegenüber den übrigen Leistungen eingestuft werden kann, sondern die Frage, ob ihrer Anerkennung als „Versicherungsvermittler“ der Umstand entgegensteht, dass sie eine Tätigkeit ausübt, die das Anbieten des Beitritts zu einer Gruppenversicherung zum Gegenstand hat (und nicht den „Abschluss von Versicherungsverträgen“), so dass sie nach Ansicht dieses Gerichts selbst als „Versicherungsnehmer“ anzusehen ist ( 13 ).

    40.

    Bevor ich mit der eigentlichen Prüfung der Vorlagefrage beginne, muss noch erörtert werden, ob und welche der Richtlinien unter Berücksichtigung ihres jeweiligen zeitlichen und sachlichen Geltungsbereichs auf die Beklagte Anwendung findet.

    A. Zum zeitlichen Anwendungsbereich der Richtlinien

    41.

    Die Vorlagefrage des nationalen Gerichts bezieht sich sowohl auf die Richtlinie 2002/92 als auch auf die Richtlinie 2016/97.

    42.

    Grundsätzlich wurden die Bestimmungen der erstgenannten Richtlinie zum 23. Februar 2018 durch Art. 44 der Richtlinie 2016/97 aufgehoben. Die Mitgliedstaaten waren nach Art. 42 dieser zweitgenannten Richtlinie verpflichtet, ihre Bestimmungen bis zu diesem Tag umzusetzen. Seit dem 23. Februar 2018 sind auch die deutschen Rechtsvorschriften in Kraft, die diese letztgenannte Richtlinie umsetzen ( 14 ).

    43.

    Die Klage, die der klägerische Verband beim nationalen Gericht erhoben hat, bezieht sich auf den Zeitraum September 2017, als noch die deutschen Rechtsvorschriften in Kraft waren, die der Umsetzung der Richtlinie 2002/92 dienten. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass dem vom klägerischen Verband geltend gemachten Anspruch stattgegeben werden könne, wenn das Verhalten der Beklagten zum Zeitpunkt der Tathandlung (d. h. im September 2017) rechtswidrig gewesen sei und – im Licht der nationalen Rechtsprechung – zum Zeitpunkt der diesbezüglichen Entscheidung durch das vorlegende Gericht weiterhin gegen das Recht verstoße. Aus diesem Grund hat das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Bestimmungen der beiden Richtlinien ersucht. Dies hat auch zur Folge, dass der Gerichtshof die Vorlagefrage sowohl in Bezug auf die Richtlinie 2002/92 als auch in Bezug auf die Richtlinie 2016/97 beantworten muss.

    B. Zum sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinien

    44.

    Des Weiteren muss geprüft werden, ob die Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 fällt.

    45.

    Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist der Ansicht, dass sie nicht als „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Bestimmungen angesehen werden könne, auf die sich das Vorabentscheidungsersuchen beziehe. In Anbetracht ihres „Geschäftsmodells“ könne sie höchstens als „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ eingestuft werden (Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2016/97). Der Versicherungsschutz, der den Kunden der Beklagten zustehe, stelle nur eine der von ihr angebotenen Leistungen dar. Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 finde die Richtlinie nämlich keine Anwendung auf „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“. Die Beklagte stützt dieses Vorbringen auch auf den zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 und den 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97.

    46.

    Die Frage des vorlegenden Gerichts bezieht sich weder auf Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2016/97 noch Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 dieser Richtlinie. Wie ich bereits in Nr. 39 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, deutet nichts darauf hin, dass das vorlegende Gericht die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, die Beklagte des Ausgangsverfahrens als „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ im Sinne der letztgenannten Bestimmung einzustufen.

    47.

    Ich schlage jedoch vor, auch auf die Argumentation der Beklagten des Ausgangsverfahrens einzugehen. Das Vorbringen der Beklagten bezieht sich genau genommen auf zwei voneinander unabhängige Gründe, die die Anwendung der Richtlinien ausschließen. Diese Ausschlussgründe knüpfen an den „ergänzenden“ Charakter der Versicherungsverträge und den „gelegentlichen“ Charakter der Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens selbst an.

    48.

    Zum einen taucht der Begriff „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ in der Richtlinie 2002/92 nicht auf. Es stimmt, dass in manchen Fällen beide Richtlinien keine Anwendung auf Personen finden, die sich mit der Vermittlung (dem Vertrieb) von Versicherungsverträgen befassen, wenn diese Tätigkeit nur „ergänzenden“ Charakter hat (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2002/92 und Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2016/97).

    49.

    Entgegen dem Vorbringen der Beklagten müssen jedoch noch weitere Kriterien erfüllt sein, um die Anwendbarkeit der Richtlinien verneinen zu können.

    50.

    Ohne auf die anderen in den Bestimmungen der beiden Richtlinien vorgesehenen Voraussetzungen einzugehen, geht es hierbei um Versicherungen, die die Dienstleistung des Anbieters ergänzen und u. a. gegen die Gefahr der Nichtinanspruchnahme einer anderen Dienstleistung oder die Risiken im Zusammenhang mit einer gebuchten Reise schützen sollen ( 15 ). Es kann kaum von der Gefahr der Nichtinanspruchnahme einer anderen „geplanten“ Dienstleistung oder Reise die Rede sein, wenn es um eine Versicherung geht, die auf die Erstattung der Behandlungs- und der Transportkosten der versicherten Person gerichtet ist, bei denen es sich naturgemäß um unvorhersehbare Kosten handelt.

    51.

    Zum anderen umfasste der Begriff „Versicherungsvermittlung“ im Sinne von Art. 2 Nr. 3 Satz 3 der Richtlinie 2002/92 nicht die „beiläufige Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit, sofern diese Tätigkeit nicht zum Ziel hat[te], den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrags zu unterstützen“. Auch der zwölfte Erwägungsgrund dieser Richtlinie verwies auf diesen Ausschlussgrund. Im 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97 sowie in ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a im normativen Teil wird ebenfalls auf diesen Ausschlussgrund verwiesen.

    52.

    Nichts deutet jedoch darauf hin, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens nur „beiläufig“ und gelegentlich in einer anderen beruflichen Tätigkeit Auskünfte zu Versicherungsverträgen erteilt. Selbst in der Beschreibung ihres „Geschäftsmodells“ führt die Beklagte aus, dass die streitigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gruppenversicherung zu ihren regulären Leistungen an die Kunden gehörten, es sich dabei jedoch um bloß „ergänzende“ Maßnahmen handele. Sie behauptet im Übrigen auch nicht, dass diese Tätigkeit sich in der Erteilung „allgemeiner Auskünfte“ zu den Versicherungsprodukten erschöpft.

    53.

    Im Ergebnis spricht nichts für die Annahme, dass der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 in Bezug auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens a priori nicht eröffnet wäre, und zwar unabhängig davon, ob die Behauptung zutrifft, der Versicherungsschutz für die Kunden der Beklagten habe nur „ergänzenden“ Charakter.

    C. Zur Sache

    54.

    Kann die Beklagte als „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 angesehen werden?

    55.

    Die Zweifel des vorlegenden Gerichts daran, dass die so gestellte Frage bejaht werden kann, scheinen auf zwei rechtlichen Aspekten zu beruhen, die im Grunde genommen die spezifische rechtliche Konstruktion der Gruppenversicherungen betreffen. Die diesbezüglichen Zweifel des vorlegenden Gerichts scheinen sich im Wesentlichen auf die folgenden Punkte zu beziehen:

    erstens, kann der „Beitritt zu einem Gruppenversicherungsvertrag“ mit dem „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ gleichgesetzt werden, wenn es um die Feststellung geht, ob wir es mit einer „Versicherungsvermittlung“ im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2002/92 und einem „Versicherungsvertrieb“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2016/97 zu tun haben, und

    zweitens, muss es sich bei dem „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinien um einen externen Wirtschaftsteilnehmer handeln, der an dem Rechtsverhältnis nicht beteiligt ist, das der Versicherungsvertrag (u. a. auch der Gruppenversicherungsvertrag) begründet?

    56.

    Das vorlegende Gericht begründet seine Zweifel an der Einordnung des „Versicherungsvermittlers“ außerhalb des Versicherungsverhältnisses mit dem Umstand, dass im Verlauf der Gesetzgebungsarbeiten zur Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2002/92 ins deutsche Recht Versicherungsvermittler als Personen definiert worden seien, die selbst weder Versicherungsnehmer noch Versicherer seien. Diese Einordnung habe auf der nationalen Rechtsprechung beruht, die im Wesentlichen von der Prämisse auszugehen schien, dass ein Versicherungsvermittler ein externer Wirtschaftsteilnehmer sei, der außerhalb des Versicherungsverhältnisses stehe, auch wenn er sich traditionell um den Schutz des Versicherungsnehmers als der schwächeren Partei des Versicherungsverhältnisses bemühen solle.

    57.

    Was die konkrete Problematik der Gruppenversicherung anbelange, gehe aus diesen Gesetzgebungsarbeiten ferner hervor, dass Versicherungsnehmer keine Versicherungsvermittler seien, wenn sie dafür sorgten, dass einem engen und von vornherein begrenzten Personenkreis („Gruppe“) Versicherungsschutz gewährt werde.

    58.

    Darüber hinaus sei im Rahmen der Arbeiten an den Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 2016/97 ins deutsche Recht in Erwägung gezogen worden, ob die gegen Entgelt erbrachte Tätigkeit der Sicherstellung des Versicherungsschutzes nicht ausdrücklich als eine Form der Versicherungsvermittlung eingestuft werden sollte, für die es einer Erlaubnis der zuständigen Industrie- und Handelskammer bedürfe. Letztendlich sei den Bestimmungen der Gewerbeordnung jedoch keine Antwort auf diese Frage zu entnehmen. In gesonderten Vorschriften habe der deutsche Gesetzgeber Personen, die Gruppenversicherungsverträge abschlössen, zur Beratung der Personen verpflichtet, die einer solchen Versicherung beiträten, sowie gewisse Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Versicherungsprämie auferlegt. Daraus folge jedoch nicht, dass der deutsche Gesetzgeber auf diese Weise die Stellung dieser Personen mit der von Versicherungsvermittlern gleichgesetzt habe.

    59.

    In der Rechtsprechung und im Schrifttum überwiege deshalb die Auffassung, dass „der Versicherungsnehmer …, der Mitgliedschaften in dieser Gruppenversicherung gegen Entgelt vertreibt, weder als Versicherungsvermittler anzusehen ist … noch eine vermittlerähnliche Stellung innehat“.

    60.

    Von manchen Rechtsgelehrten werde jedoch auch die Ansicht vertreten, dass eine Vermittlerstellung der Person, die eine Gruppenversicherung abschließe („Versicherungsnehmer des Gruppenversicherungsvertrags“), dann in Betracht komme, wenn der Versicherungsnehmer die Gruppenversicherung nicht (nur) im Interesse der Versicherten ( 16 ), sondern (auch) im eigenen wirtschaftlichen Interesse abschließe; dadurch werde angedeutet, dass ein solcher Vertrag als ein Rahmenvertrag anzusehen sei ( 17 ).

    61.

    Darüber hinaus verweist das vorlegende Gericht auf die in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach die Pflicht zur Einholung einer Erlaubnis von der zuständigen Industrie- und Handelskammer auch unter dem Gesichtspunkt der rechtsmissbräuchlichen Umgehung der Erlaubnispflicht betrachtet werden müsse.

    62.

    Da die Zweifel des vorlegenden Gerichts mit den Besonderheiten der Gruppenversicherungsverträge im Zusammenhang stehen, müssen beide Richtlinien einer Prüfung unterzogen werden, um festzustellen, ob der Unionsgesetzgeber diesen Besonderheiten irgendeine rechtliche Bedeutung beimisst (Abschnitt 1). Diese Vorgehensweise wird es anschließend ermöglichen, die Zweifel des vorlegenden Gerichts daran auszuräumen, ob der Beitritt zu einem Gruppenversicherungsvertrag mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags gleichgesetzt werden kann (Abschnitt 2) und was die Einordnung des „Versicherungsvermittlers“ außerhalb des Versicherungsverhältnisses angeht (Abschnitt 3).

    1.   Gruppenversicherungsverträge im Licht der Richtlinien 2002/92 und 2016/97

    a)   Allgemeine Anmerkungen

    63.

    Es ist zwar richtig, dass wir im normativen Teil der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 keinen ausdrücklichen Hinweis auf den Gruppenversicherungsvertrag finden.

    64.

    Im Verlauf der Gesetzgebungsarbeiten an der Richtlinie 2016/97 wurde jedoch zusammen mit dem Vorschlag der Einführung des Begriffs „Versicherungsvertrieb“ (und im Anschluss daran „Versicherungsvertreiber“) ( 18 ) auch angeregt, den 49. Erwägungsgrund hinzuzufügen, der dann mit unverändertem Inhalt in die Richtlinie Eingang gefunden hat. Diese Ergänzung wurde zwar nicht besonders erläutert, doch geht aus dem betreffenden Erwägungsgrund hervor, dass „[i]m Falle einer Gruppenversicherung der Begriff ‚Kunde‘ den Vertreter einer Gruppe von Mitgliedern bezeichnen [sollte], der einen Versicherungsvertrag im Namen der Gruppe von Mitgliedern abschließt, bei der das einzelne Mitglied keine individuelle Entscheidung über den Beitritt treffen kann, wie etwa ein Pflichtsystem der betrieblichen Altersversorgung“ ( 19 ).

    65.

    In der Richtlinie 2016/97 wird der Begriff „Kunde“ als solcher nicht definiert ( 20 ). Dieser Begriff taucht jedoch in einer Vielzahl ihrer Bestimmungen auf. Generell ergibt sich aus dieser Richtlinie, dass sie darauf abzielt, „Kunden“ zu schützen, und es sich dabei um Personen handelt, die Versicherungsprodukte nutzen oder an der Nutzung dieser Produkte interessiert sind („sich versichern will“, vgl. 51. Erwägungsgrund der Richtlinie), wobei Vertriebskanäle in Anspruch genommen werden sollen, an denen „Versicherungsvertreiber“ beteiligt sind.

    66.

    Aus dem zweiten Satz dieses Erwägungsgrundes geht zudem hervor, dass ein Gruppenversicherungsvertrag, bei dem keine individuelle Entscheidung über den Beitritt getroffen wird, durch den „Kunden“ unter Beteiligung des „Vertreibers“ abgeschlossen wird (in der Praxis – abgeschlossen werden kann) ( 21 ), wobei der Unionsgesetzgeber an dieser Stelle sicherlich einen Versicherungsvertreiber gemeint hat. Dies scheint darauf hinzudeuten, dass im Fall der Gruppenversicherungen, von denen im 49. Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97 die Rede ist, der „Kunde“ selbst grundsätzlich kein „Versicherungsvertreiber“ ist.

    67.

    In Anlehnung an den 49. Erwägungsgrund kann ein noch weitergehender Schluss gezogen werden, nämlich, dass es andere „Gruppenversicherungen“ gibt, bei denen der Beitritt zum Vertrag nicht automatisch erfolgt, sondern es dazu vielmehr einer Entscheidung der Gruppenmitglieder bedarf. Es stellt sich die Frage, ob wir es in solchen Fällen mit einem „Vertreter einer Gruppe von Mitgliedern“ zu tun haben, der kein „Kunde“ ist, was es zumindest a priori gestatten würde, ihn potenziell als einen „Versicherungsvertreiber“ anzusehen.

    68.

    Einer solchen Schlussfolgerung im Wege einer Auslegung a contrario zu einem Erwägungsgrund der Richtlinie muss eine eingehende Prüfung vorangehen. In Ermangelung irgendeines Hinweises auf Gruppenversicherungen mit einem freiwilligen Beitritt im Erwägungsgrund der Richtlinie kann diese Beurteilung der rechtlichen Zuordnung der Beteiligten des Versicherungsverhältnisses zweifelhaft erscheinen. Dies gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass die Richtlinie selbst den Begriff „Gruppenversicherung“ nicht definiert und ebenso wenig in ihrem normativen Teil erläutert, was unter einer Versicherung zu verstehen ist, „bei der das einzelne Mitglied keine individuelle Entscheidung über den Beitritt treffen kann“.

    b)   Konstruktion der Gruppenversicherung im Recht der Mitgliedstaaten

    69.

    Eine Unterscheidung zwischen Gruppenversicherungsverträgen, bei denen eine Beitrittspflicht besteht (der Beitritt erfolgt automatisch aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, weil bestimmte Umstände eintreten oder weil die betreffende Person ausgewählte Merkmale besitzt, die sich für gewöhnlich daraus ergeben oder darauf hinweisen, dass eine bestimmte Verbindung zu der Person besteht, die tätig geworden ist, um anderen Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes zu eröffnen) ( 22 ), und Gruppenversicherungsverträgen, denen freiwillig beigetreten werden kann – wie sie der 49. Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97 vorzugeben scheint –, ist der Versicherungsrechtslehre und den nationalen Rechtsordnungen nicht fremd, auch wenn es zutrifft, dass mit ihr zahlreiche Zweifel einhergehen ( 23 ).

    70.

    Darüber hinaus wurde ähnlich wie im Fall des Entwurfs eines gemeinsamen Referenzrahmens für das Europäische Privatrecht (Draft Common Frame of Reference [DCFR]) ( 24 ) im Wege einer rechtsvergleichenden Analyse ein Entwurf der Grundregeln des Europäischen Versicherungsrechts (Principles of European Insurance Contract Law [PEICL]) ( 25 ) erstellt. In diesem Entwurf wird die Person, die den Vertrag mit dem Versicherer in der Weise abschließt, dass anschließend andere Wirtschaftsteilnehmer den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen können, als „Gruppenleiter“ bezeichnet. Durch die Verwendung dieses Begriffs werden terminologische Schwierigkeiten vermieden und steht a priori fest, dass der so verstandene „Gruppenleiter“„Versicherungsnehmer“ im Sinne der Bestimmungen des Versicherungsrechts bzw. „Kunde“ im Sinne der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 ( 26 ) ist. Ich werde daher im weiteren Verlauf dieser Schlussanträge den Begriff „Gruppenleiter“ verwenden.

    71.

    Außerdem wird auch im Rahmen des PEICL zwischen dem „nicht-akzessorischen Gruppenversicherungsvertrag“ (die Gruppenmitglieder gehören der Gruppe wegen besonderer Merkmale oder Umstände automatisch an, ohne auf den Versicherungsschutz verzichten zu können) und dem „akzessorischen Gruppenversicherungsvertrag“ (die Gruppenmitglieder sind vom vertraglich vereinbarten Versicherungsschutz umfasst, weil sie die entsprechende Erklärung abgegeben haben oder auf den Versicherungsschutz nicht verzichtet haben) unterschieden.

    72.

    Die in den nationalen Rechtsordnungen getroffene Unterscheidung zwischen Gruppenversicherungen, bei denen eine Pflichtmitgliedschaft besteht, und Gruppenversicherungen, denen freiwillig beigetreten werden kann, kann sich auch auf die Beurteilung der Rechtsverhältnisse auswirken, die diesen Versicherungen zugrunde liegen. Wenn der Versicherungsbeitritt obligatorisch ist, beruht der Versicherungsschutz, den die Gruppenmitglieder genießen, auf dem Versicherungsvertrag zwischen dem Gruppenleiter und dem Versicherer. Dieser Gruppenleiter kann dann als Versicherungsnehmer angesehen werden. Wenn der Beitritt zur Versicherung jedoch freiwillig ist, schließt der Gruppenleiter mit dem Versicherer einen Rahmenvertrag ab, der die Bedingungen festlegt, unter denen anschließend der Versicherungsschutz entsteht, wenn die beitretenden Personen selbst die Versicherungsverträge abschließen. Sie sind dann Versicherungsnehmer, die zugleich als Versicherte Versicherungsschutz genießen ( 27 ). Es geht hierbei natürlich um eine Einordnung, die im Licht und zu Zwecken der nationalen Versicherungsvorschriften vorgenommen wird. Die Frage, wer Versicherungsnehmer ist, richtet sich grundsätzlich nach diesen Vorschriften.

    73.

    Es muss hervorgehoben werden, dass trotz zahlreicher Ähnlichkeiten die Gruppenversicherung insofern gegenüber einem Bündel von Einzelversicherungen, die durch jedes Gruppenmitglied für sich selbst (oder durch eine andere Person für jedes Gruppenmitglied einzeln) abgeschlossen werden könnten, vorteilhafter ist, als sie eine „Zentralisierung“ der Verhandlungen über die Bedingungen des Versicherungsschutzes (die im Fall von Einzelversicherungen grundsätzlich nicht stattfinden, der Abschluss hat für gewöhnlich den Charakter eines Beitritts) ermöglicht und die Beteiligten zugleich Versicherungsschutz für eine niedrigere Prämie erlangen können.

    c)   Gruppenversicherungen mit obligatorischer bzw. freiwilliger Mitgliedschaft im Licht der Richtlinien 2002/92 und 2016/97

    74.

    Für die Beantwortung des Vorlageersuchens ist die Frage von wesentlicher Bedeutung, ob in Bezug auf die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 die vorstehend dargelegte Unterscheidung zwischen Gruppenversicherungen mit obligatorischer und mit freiwilliger Mitgliedschaft herangezogen werden kann, wobei im Fall der erstgenannten die Gruppenleiter als „Kunden“ gelten, während im Fall der zweitgenannten als „Kunden“ die Personen angesehen werden, die Versicherungsschutz genießen (Gruppenmitglieder), was – im Fall dieser zweitgenannten Gruppenversicherungsart – den Weg für die Annahme eröffnen würde, dass der Gruppenleiter „Versicherungsvermittler“ ist.

    75.

    Genau das folgt nämlich aus dem 49. Erwägungsgrund dieser zweiten Richtlinie und dem Umkehrschluss dazu.

    76.

    Dieser Ansatz findet sich auch in den Ausführungen des vorlegenden Gerichts wieder, das bei der Erörterung der von einem Teil der Lehre vertretenen Ansicht zum Verständnis des Begriffs „Versicherungsvermittler“ u. a. rechtliche Konstruktionen erwähnt, bei denen ein „Rahmenvertrag“ geschlossen werde ( 28 ).

    77.

    Bei der Beurteilung dieser Frage müssen die Zweifel des vorlegenden Gerichts berücksichtigt werden, die – zur Erinnerung – erstens die Möglichkeit, den Beitritt zu einem Gruppenversicherungsvertrag mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags gleichzusetzen, und zweitens die Stellung des „Versicherungsvermittlers“ außerhalb des Versicherungsverhältnisses betreffen.

    2.   Beitritt zu einer Gruppenversicherung

    78.

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass nach den Feststellungen des Gerichts zweiter Instanz, die im Revisionsverfahren nicht in Frage gestellt worden seien, die Tätigkeit der Beklagten nicht auf den „Abschluss von Versicherungsverträgen“ gerichtet sei, sondern auf die Vermittlung des Beitritts zur Gruppe und die Eröffnung der Möglichkeit, den Versicherungsschutz in Anspruch zu nehmen.

    79.

    Des Weiteren weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Wortlaut der deutschen Rechtsvorschriften, die die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 in deutsches Recht umsetzten, sich ausschließlich auf den Abschluss von Versicherungsverträgen beziehe. Die Bedenken dagegen, die Beklagte als „Versicherungsvermittler“ einzustufen, scheinen zumindest teilweise auf der Annahme zu beruhen, dass der Beitritt zu einer Gruppenversicherung nicht mit dem „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ gleichgesetzt (auch nicht bezüglich der Wirkungen) werden könne. Dieser Ansatz wird auch in den schriftlichen Erklärungen der tschechischen Regierung deutlich, die hinzufügt, dass der Beitritt sich auf den Versicherungsvertrag beziehe, der zuvor durch den Gruppenleiter mit dem Versicherer geschlossen worden sei.

    a)   Wortlautauslegung

    80.

    Die Zweifel des vorlegenden Gerichts scheinen auf der Annahme zu beruhen, dass die Definitionen der Begriffe „Versicherungsvermittlung“ in der Richtlinie 2002/92 und „Versicherungsvertrieb“ in der Richtlinie 2016/97 in ihrem Kern eine Tätigkeit zum Gegenstand haben, die auf den „Abschluss von Versicherungsverträgen“ gerichtet ist.

    81.

    Es stimmt, dass die „Tätigkeiten“ der Versicherungsvermittlung (des „Versicherungsvertriebs“) grundsätzlich zumindest der Wortlautauslegung nach auf die Vermittlung beim „Abschluss von Versicherungsverträgen“ gerichtet sind. Zwar führt dies für sich genommen noch nicht zwingend zu der Feststellung, dass der „Beitritt zu einer Gruppenversicherung“ mit dem „Abschluss von Versicherungsverträgen“ gleichzusetzen ist, doch hat der Gerichtshof bereits ausgeführt, dass „Tätigkeiten“, die zur „Versicherungsvermittlung“ gehören, folglich auch der „Versicherungsvertrieb“ im Sinne der Richtlinie 2016/97, weit gefasst sind ( 29 ).

    82.

    Bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind jedoch nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden ( 30 ).

    b)   Systematische Auslegung

    83.

    Was den Kontext angeht, so darf bei der Beantwortung der Vorlagefrage nicht außer Acht gelassen werden, dass die Einstufung eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers als „Versicherungsvermittler“ nicht nur die Pflicht begründen kann, eine bestimmte Erlaubnis einzuholen (die nach nationalem Recht erforderlich ist, die Richtlinien selbst beschränken sich auf eine Registrierungspflicht; vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2002/92 und Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2016/97), sondern für diesen Wirtschaftsteilnehmer auch mit einigen weiteren Verpflichtungen verbunden ist.

    84.

    Versicherungsvermittler unterliegen Informationspflichten (Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/92 sowie Art. 17 ff. der Richtlinie 2016/97) und – auch wenn sie sich nur im Fall der letztgenannten Richtlinie ausdrücklich aus der Definition des „Versicherungsvertriebs“ ergeben – auch Beratungspflichten (Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92 und Art. 20 der Richtlinie 2016/97). Daher müssen sie über angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen (Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/92 und Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2016/97). Sie sind ferner verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten. Es handelt sich dabei um keine bloße Formalität, da der Garantiebetrag für jeden gemeldeten Schadenfall nicht unter 1 Mio. Euro liegen darf (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92; vgl. auch Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2016/97). Die ihnen von den Kunden gezahlten Prämien sind geschützt (vgl. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2002/92 und Art. 10 Abs. 6 der Richtlinie 2016/97). Die Vermittler sind ferner verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass Interessenkonflikte vermieden werden ( 31 ).

    85.

    Betrachtet man die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 aus einem breiteren Blickwinkel, so stellt man fest, dass sie dem „Versicherungsvermittler“ bestimmte Pflichten auferlegen, die Personen zugutekommen, die am Abschluss eines Versicherungsvertrags interessiert sind und Versicherungsschutz in Anspruch nehmen wollen, bzw. Personen, die bereits diesen Schutz genießen ( 32 ). Mit anderen Worten, es geht hierbei, wenn wir bei der Terminologie der Richtlinien bleiben wollen, um Pflichten, die den „Kunden“ zugutekommen sollen ( 33 ).

    86.

    Die Informations- und Beratungspflichten in den Richtlinien scheinen vor allem darauf abzuzielen, den „Kunden“ die Entscheidung über den Abschluss eines Versicherungsvertrags mittels eines Vertriebskanals für solche Versicherungsprodukte zu ermöglichen, die die Beteiligung eines Versicherungsvermittlers voraussetzen. Darauf deuten die Bestimmungen der Richtlinien hin, wonach die Versicherungsvermittler den Kunden bestimmte Informationen grundsätzlich „rechtzeitig vor Abschluss eines Versicherungsvertrags“ übermitteln müssen (Art. 18 Buchst. a und Art. 19 der Richtlinie 2016/97).

    87.

    Die Erteilung dieser Informationen dient der Offenlegung, dass es sich bei der betreffenden Person um einen Versicherungsvermittler handelt (mit allen sich daraus ergebenden Folgen, d. h. insbesondere der Verpflichtung dieser Person, über die Kenntnisse und Fähigkeiten zu verfügen, die erforderlich sind, um ihren Informations- und Beratungsobliegenheiten redlich nachzukommen), und der Bestätigung, dass kein Interessenkonflikt aufgrund ihrer Verbindungen zum Versicherer oder der Art und Weise ihrer Vergütung vorliegt. Ähnlich verhält es sich mit dem Schutz der Prämien, der verhindern soll, dass die Einbindung eines Dritten (des Versicherungsvermittlers) die Personen, die die Prämie finanzieren und den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen, der Gefahr aussetzt, diesen Schutz wegen einer Unterlassung dieses Dritten zu verlieren.

    88.

    Dies führt zu dem Schluss, dass die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 nach ihrer systematischen Auslegung vor allem auf die Regelung dreier Aspekte abzielen, die für das Verhältnis zwischen dem Versicherungsvermittler und den Personen charakteristisch sind, die den Versicherungsschutz unter Inanspruchnahme von Vertriebskanälen erlangen möchten, an denen solche Vermittler beteiligt sind, d. h. der Informationspflichten, des Prämienschutzes und der Gewährleistung des Versicherungsschutzes für diese Personen.

    1) Informationspflichten

    89.

    Personen, die sich individuell und freiwillig dazu entschließen, einer Gruppenversicherung unter entgeltlicher Beteiligung eines Gruppenleiters beizutreten, und die Versicherungsprämie mittelbar finanzieren, sind grundsätzlich den gleichen Gefahren ausgesetzt wie Personen, die einen individuellen Versicherungsvertrag unter Inanspruchnahme von Vertriebskanälen abschließen, die die Beteiligung eines Versicherungsvermittlers voraussetzen. Nach ihrer systematischen Auslegung zielen die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 darauf ab, die auf den Versicherungsvermittlern lastenden Anforderungen und Pflichten auch gegenüber dieser erstgenannten Kategorie von Personen zu regeln. Dies spricht für eine Auslegung dieser Richtlinien, wonach diese Art des Beitritts zu einer Gruppenversicherung als „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ im Sinne der Definitionen der Begriffe „Versicherungsvermittlung“ und „Versicherungsvertrieb“ eingestuft werden kann.

    90.

    Im Fall derjenigen Gruppenversicherungen, die einen obligatorischen Beitritt vorsehen, treten hingegen keine vergleichbaren Gefahren auf, oder sie tun es zumindest in weit geringerem Maße. Dies spricht dagegen, den bloßen Erwerb des Versicherungsschutzes im Rahmen einer Gruppenversicherung, der obligatorisch und automatisch erfolgt, mit dem „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ gleichzusetzen.

    91.

    Es ist selbstverständlich denkbar, dass der Beitritt zur Versicherung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, weil bestimmte Umstände eintreten oder weil die betreffende Person ausgewählte Merkmale besitzt, obligatorisch ist und automatisch erfolgt. Gleichzeitig kann es jedoch vorkommen, dass den Gruppenmitgliedern die Möglichkeit offensteht, bestimmte Optionen wahrzunehmen und den Umfang des Versicherungsschutzes zu erweitern oder einzuschränken. In einer solchen Situation kommen die bereits erwähnten Gefahren zum Tragen, und man kann nicht ausschließen, dass es zum „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ gekommen ist ( 34 ). Das ist hier aber nicht der Fall.

    2) Versicherungsprämie

    92.

    Ebenso wenig dürften Zweifel daran bestehen, dass auch die Kunden der Beklagten des Ausgangsverfahrens im Gegenzug für den Schutz vor ihren Risiken mittelbar die Versicherungsprämie finanzieren.

    93.

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Tätigkeit der Beklagten des Ausgangsverfahrens darin bestehe, den Beitritt zur Gruppe zu vermitteln und die Möglichkeit zu gewährleisten, den Versicherungsschutz in Anspruch zu nehmen. Es ist die Beklagte, die die dem Versicherer geschuldeten Prämien zahlt. Die Gruppenmitglieder zahlen ihr die Vergütung für den gewährten Versicherungsschutz.

    94.

    Dies legt den Schluss nahe, dass die Gruppenmitglieder die Versicherungsprämie finanzieren. Es kann nämlich kaum davon ausgegangen werden, dass der ihnen gewährte Versicherungsschutz unentgeltlich erfolgt oder selbständig finanziert wird, ohne dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens Vorteile davon hätte. Die Gruppenmitglieder tun dies jedoch mittelbar unter Zuhilfenahme des Gruppenleiters, was im Übrigen der durch die Richtlinien vorgesehenen Rolle des „Versicherungsvermittlers“ entspricht. Die Richtlinien verpflichten die Mitgliedstaaten nämlich dazu, Schutzmaßnahmen für die Kunden im Zusammenhang mit der Weiterleitung der Versicherungsprämien durch die Versicherungsvermittler zu ergreifen ( 35 ).

    3) Versichertes Risiko

    95.

    In der vorliegenden Rechtssache ist es nicht ganz eindeutig, wessen Risiko durch den Versicherungsschutz aus der Gruppenversicherung gedeckt ist. Dies wirft die Frage auf, ob die Personen, an die die Beklagte des Ausgangsverfahrens ihr Angebot richtet, tatsächlich der Gruppenversicherung beitreten, die für sie gilt („einen Versicherungsvertrag abschließen“). Fraglich ist mit anderen Worten, ob sich dieses Risiko unmittelbar auf die Gruppenmitglieder bezieht und die Tragung der notwendigen Heilbehandlungs- und Transportkosten betrifft oder ob es sich um ein Risiko der Beklagten des Ausgangsverfahrens selbst handelt, weil sie zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist.

    96.

    Es handelt sich dabei jedoch um keine außergewöhnliche Fragestellung, sondern eher um ein Phänomen, das gelegentlich im Kontext von Gruppenversicherungen wegen ihrer Besonderheiten zutage tritt.

    97.

    Jedenfalls weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass nach der Gruppenversicherung die „Kunden der Beklagten des Ausgangsverfahrens“ Versicherungsschutz in Bezug auf die Risiken genössen, die sie beträfen ( 36 ).

    98.

    Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat die in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage nach der Natur der Gruppenversicherung in der vorliegenden Rechtssache und dem Gegenstand des versicherten Risikos dahin beantwortet, dass die Gruppenmitglieder („Versicherte“) Leistungen vom Versicherer erhielten. Zwar sei die Beklagte des Ausgangsverfahrens an der Schadensregulierung beteiligt, doch würden alle Versicherungsleistungen an die Gruppenmitglieder erbracht, was aus dem Gruppenversicherungsvertrag und der dort vorgesehenen Abtretung zugunsten dieser Mitglieder hervorgehe. Unabhängig von der Frage, wessen Risiko im rechtstechnischen Sinne dieses Begriffs vom Versicherungsschutz umfasst sei, werde den Gruppenmitgliedern funktionaler Schutz in einer Weise gewährt, als ob sich die Versicherung auf Risiken bezöge, die sie unmittelbar beträfen. Anders ausgedrückt, als ob sie im Wege des Beitritts zur Gruppenversicherung einen Versicherungsvertrag gegen diese Risiken abgeschlossen hätten.

    4) Zwischenergebnis der systematischen Auslegung

    99.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus funktionaler Sicht der individuelle und freiwillige Beitritt zu einer Gruppenversicherung, der mit der Pflicht zur mittelbaren Finanzierung der Versicherungsprämie einhergeht, sich von einem traditionell verstandenen Abschluss eines Versicherungsvertrags nicht so sehr zu unterscheiden scheint, dass man die Personen, die dieser Versicherung beitreten, vom Kreis der Wirtschaftsteilnehmer ausschließen könnte, denen der Schutz nach den Richtlinien 2002/92 und 2016/97 zukommt. Nach ihrer systematischen Auslegung zielen diese Richtlinien darauf ab, die Anforderungen und Pflichten zu regeln, die den Versicherungsvermittlern auch in Bezug auf Personen obliegen, die einer solchen Gruppenversicherung beitreten.

    100.

    Die Erkenntnisse, die sich aus der systematischen Auslegung der beiden Richtlinien ergeben, sprechen für eine Auslegung ihrer Bestimmungen, wonach die Aufnahme einer Tätigkeit, die darin besteht, Dritten die Erlangung von Versicherungsschutz infolge des individuellen und freiwilligen Beitritts zu einer Gruppenversicherung zu ermöglichen, während diese Personen mittelbar die Versicherungsprämie finanzieren, unter die Begriffe „Versicherungsvermittlung“ und „Versicherungsvertrieb“ fällt.

    101.

    Zu denselben Ergebnissen führt die teleologische Auslegung der Begriffe, auf die sich die Vorlagefrage bezieht.

    c)   Teleologische Auslegung

    102.

    Der Gerichtshof nimmt in seiner Rechtsprechung an, dass der Begriff „Versicherungsvermittlung“ in der Richtlinie 2002/92 (und damit auch der Begriff „Versicherungsvertrieb“ in der Richtlinie 2016/97) – sowie die Begriffe, die ihren persönlichen Anwendungsbereich bestimmen – so auszulegen sind, dass die Ziele dieser Richtlinie nicht unterlaufen werden ( 37 ). Es geht hierbei erstens um die Schaffung eines einheitlichen Versicherungsmarkts durch die Beseitigung von Hindernissen für die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr, zweitens um die Sicherstellung der Gleichbehandlung aller Kategorien von Versicherungsvermittlern ( 38 ) und drittens um eine solche Verbesserung des Verbraucherschutzes ( 39 ), dass dieser ein „hohes Niveau“ erreicht ( 40 ).

    103.

    Was die ersten beiden der vorgenannten Ziele angeht, so muss die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungsvermittlung in Bezug auf die gleiche Art von Versicherungsverträgen den gleichen rechtlichen Regelungen unterliegen. Dadurch werden nicht nur die Voraussetzungen für die Errichtung und das ordnungsgemäße Funktionieren eines einheitlichen Marktes der Versicherungsdienstleistungen geschaffen, sondern zusätzlich das Ziel der Sicherstellung der im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 und im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97 geforderten Gleichbehandlung aller Kategorien von Versicherungsvermittlern verwirklicht ( 41 ).

    104.

    Mangels hinreichend ausgeprägter funktionaler Unterschiede zwischen dem Abschluss eines individuellen Versicherungsvertrags und dem Beitritt zu einer Gruppenversicherung, der individuell und freiwillig erfolgt ( 42 ), spricht nichts für die Annahme, dass Dritte, die am Abschluss dieser erstgenannten Verträge beteiligt sind, Versicherungsvermittler sind, wohingegen Personen, die an der Organisation des Beitritts zu den zweitgenannten Verträgen beteiligt sind, nicht als derartige Vermittler anzusehen sind. De facto handelt es sich dabei nämlich – aus der Sicht der Personen, die den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen – um konkurrierende Versicherungsprodukte.

    105.

    Was das Ziel der Verbesserung des Verbraucherschutzes anbelangt, so erfordert die Verwirklichung dieses Ziels unter Beachtung der Gefahren, denen Personen ausgesetzt sind, die freiwillig einer Gruppenversicherung beitreten oder beitreten wollen, und die sich nicht von den traditionellen Gefahren beim Abschluss eines individuellen Versicherungsvertrags unterscheiden, dass der Gruppenleiter, der den Vertrag mit dem Versicherer abschließt, zumindest wie ein „Versicherungsvermittler“ behandelt werden kann. Diese Möglichkeit wird durch die Zugrundelegung einer teleologischen Auslegung eröffnet, wonach eine Tätigkeit, die darin besteht, einen individuellen und freiwilligen Beitritt zu einer Gruppenversicherung zu ermöglichen, als „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ im Sinne der Definitionen der Begriffe „Versicherungsvermittlung“ in der Richtlinie 2002/92 und „Versicherungsvertrieb“ in der Richtlinie 2016/97 angesehen werden kann.

    106.

    Die eindeutigen Ergebnisse der systematischen ( 43 ) und der teleologischen Auslegung ( 44 ) erlauben mithin die Annahme, dass auch der individuelle und freiwillige Beitritt zu einer Gruppenversicherung unter Zuhilfenahme eines Gruppenleiters durch die Person, die die Versicherungsprämie mittelbar finanziert, als „Abschluss eines Versicherungsvertrags“ im Sinne der Definitionen der Begriffe „Versicherungsvermittlung“ und „Versicherungsvertrieb“ anzusehen ist.

    107.

    Es bleibt noch zu prüfen, ob der Einstufung eines solchen Gruppenleiters als „Versicherungsvermittler“ nicht entgegenstehen kann, dass er nach dem nationalen Versicherungsrecht als ein Wirtschaftsteilnehmer angesehen wird, der als „Versicherungsnehmer“ auftritt.

    3.   Der Vermittler als ein Wirtschaftsteilnehmer, der außerhalb des versicherungsvertraglichen Rechtsverhältnisses steht

    108.

    Unter Bezugnahme auf die im Revisionsverfahren unbestrittenen Feststellungen des Gerichts zweiter Instanz führt das vorlegende Gericht aus, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens „Versicherungsnehmer“ sei. Sie zahle die dem Versicherer geschuldeten Prämien. Die Vergütung für den gewährten Versicherungsschutz werde ihr von den Gruppenmitgliedern gezahlt.

    109.

    Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Richtlinien 2002/92 und 2016/97 verlangen, dass der „Versicherungsvermittler“ in Bezug auf das Rechtsverhältnis, aus dem der Versicherungsschutz erwächst, Dritter ist. In der vorliegenden Rechtssache stellt sich im Wesentlichen die Frage, ob im Fall einer Gruppenversicherung die Annahme, dass der Gruppenleiter „Versicherungsnehmer“ im Sinne der anwendbaren nationalen versicherungsrechtlichen Vorschriften ist, die Möglichkeit ausschließt, diesen Gruppenleiter als „Versicherungsvermittler“ im Sinne der beiden Richtlinien anzusehen.

    110.

    Wie bereits dargelegt, scheint aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts hervorzugehen, dass dies die herrschende Meinung in der deutschen Rechtsprechung und dem Schrifttum ist ( 45 ), wobei dieses Gericht jedoch auch auf eine gegenteilige Ansicht in der Lehre verweist, wonach der Gruppenleiter einer Gruppenversicherung mit freiwilligem Beitritt als „Versicherungsvermittler“ angesehen werden könne ( 46 ).

    111.

    Der klägerische Verband, die deutsche und die italienische Regierung sowie die Europäische Kommission scheinen sich dieser zweitgenannten Lehrmeinung anzuschließen und vertreten im Wesentlichen die Ansicht, dass der Gruppenleiter einer Gruppenversicherung mit freiwilliger Mitgliedschaft, der gegen eine Vergütung tätig werde, als „Versicherungsvermittler“ angesehen werden könne.

    112.

    Die tschechische Regierung hingegen weist ausdrücklich darauf hin ( 47 ), dass der „Versicherungsvermittler“ im Hinblick auf den Versicherungsvertrag ein externer Wirtschaftsteilnehmer („Dritter“) sein müsse. Der bloße Umstand, dass die Beklagte des Ausgangsverfahrens durch ihre Kunden bezahlt werde, bedeute noch nicht, dass sie „gegen eine Vergütung“ tätig werde.

    113.

    In diesem Sinne äußert sich auch die Beklagte des Ausgangsverfahrens. Für diese Auslegung spreche der jeweils elfte Erwägungsgrund der Richtlinien 2002/92 und 2016/97, wonach „[d]iese Richtlinie[n] … Personen betreffen [sollten], deren Tätigkeit darin besteht, für Dritte Versicherungsvermittlungsdienstleistungen [Vertriebsdienstleistungen] … zu erbringen“.

    114.

    Meines Erachtens reicht der bloße Wortlaut dieser Erwägungsgründe nicht aus, um die Zweifel des vorlegenden Gerichts auszuräumen. Sie gehören nicht zum normativen Teil der Richtlinien. Das Wort „Vermittlung“ selbst scheint allerdings tatsächlich eine Tätigkeit zu umschreiben, die insbesondere darin besteht, die rechtliche Verbindung von mindestens zwei Wirtschaftsteilnehmern zu knüpfen, die eine „externe“ Stellung gegenüber der Person des Vermittlers einnehmen.

    115.

    Im Kontext der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 geht es jedoch darum, „Kunden“ und „Versicherungsunternehmen“ ( 48 ) zusammenzuführen.

    116.

    Zugleich scheint es nicht erforderlich zu sein, die Begriffe „Kunde“ und „Versicherungsnehmer“ automatisch gleichzusetzen und auf dieser Grundlage eine Person, die nach nationalem Versicherungsrecht als „Versicherungsnehmer“ gilt, stets vom Kreis der möglichen „Versicherungsvermittler“ auszuschließen.

    117.

    Es ist erstens kein Zufall, dass der Unionsgesetzgeber den Begriff „Kunde“ in beiden Richtlinien verwendet, ohne insoweit ausdrücklich auf das nationale Recht oder die darin vorgenommene rechtliche Einordnung zu verweisen.

    118.

    Zweitens hat der Gerichtshof in einem kürzlich ergangenen Urteil bereits entschieden, dass in einem fondsgebundenen Gruppenlebensversicherungsvertrag das auf dem „als Versicherungsnehmer handelnden Unternehmen“, das – um die in den vorliegenden Schlussanträgen verwendete Terminologie zu benutzen – Gruppenleiter ist, bestimmte Pflichten lasten, die sich daraus ergeben, dass es als „Versicherungsvermittler“ im Sinne der Richtlinie 2002/92 angesehen wird ( 49 ).

    119.

    Drittens mag es zwar a priori den Anschein haben, dass der Begriff „Kunde“ eine gewisse Verbindung zum Begriff „Versicherungsnehmer“ aufweist.

    120.

    Nach den Richtlinien 2002/92 und 2016/97 muss der Begriff „Kunde“ jedoch auch Personen umfassen, die erst daran interessiert sind, „Versicherungsnehmer“ zu werden. Nach den Definitionen der „Versicherungsvermittlung“ und des „Versicherungsvertriebs“ umfassen diese Begriffe schließlich auch Tätigkeiten, die vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrags stattfinden. Damit wird offenbar, dass die angebliche Verknüpfung zwischen den Begriffen „Kunde“ und „Versicherungsnehmer“ nicht besteht. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass der Begriff „Versicherungsnehmer“, der in der Richtlinie 2002/92 überhaupt nicht vorkommt, in der Richtlinie 2016/97 grundsätzlich nur und nicht einmal konsequent in einem bestimmten Kontext verwendet wird, und zwar, wenn es um „potenzielle Versicherungsnehmer“ geht (Art. 2 Abs. 2 Buchst. c und b). Mit ebenso wenig Konsequenz taucht er im Anhang dieser Richtlinie im Rahmen der Mindestanforderungen an die von Versicherungsvermittlern geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten auf.

    121.

    Viertens trifft es zwar zu, dass der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache EEAE u. a. ( 50 ) festgestellt hat, dass die Richtlinie 2002/92 (und damit a fortiori auch die Richtlinie 2016/97) die „Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus auf dem Versicherungsmarkt, d. h. … [für die] Versicherungsnehmer“, ermöglichen soll. Doch hat der Gerichtshof dabei den Begriff „Verbraucher“ und nicht „Kunde“ verwendet. Aus dieser Feststellung des Gerichtshofs ergibt sich keineswegs, dass die Richtlinie nicht darauf abzielt, andere Personen als „Versicherungsnehmer“ zu schützen. Im Übrigen hat der Gerichtshof im Urteil Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a. ( 51 ), das ebenfalls im Kontext der Richtlinie 2002/92 erlassen wurde, im Rahmen der Definition des „Versicherungsvertrags“, auf die sich die Tätigkeit des „Versicherungsvermittlers“ im Sinne dieser Richtlinie bezieht, den Begriff „Versicherungsumsatz“ verwendet, der seinem Wesen nach „eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, d. h. dem Versicherten“, voraussetzt.

    122.

    Die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt daher, dass die persönlichen Konstellationen im Rahmen von Versicherungen nicht selten komplex und durch das Auftreten einer Vielzahl von Wirtschaftsteilnehmern gekennzeichnet sind, deren rechtliche Lage durch diese Versicherungen berührt wird. Daher könnte manchmal die Annahme, dass ein bestimmter Begriff des Unionsrechts, der Gegenstand der Harmonisierung mit Hilfe der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 ist, dem Begriff des Versicherungsrechts entsprechen muss – das insoweit nicht immer von der Harmonisierung oder zumindest nicht von der Harmonisierung mit Hilfe dieser Richtlinie erfasst ist – zu Ergebnissen führen, die mit den Zielen dieser Richtlinien kaum zu vereinbaren wären.

    123.

    Fünftens muss die These vom Bestehen einer engen Verknüpfung zwischen der Einstufung als „Versicherungsnehmer“ nach den Vorschriften des nationalen Versicherungsrechts, die keine Umsetzung der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 darstellen, einerseits und als „Kunde“ nach diesen Richtlinien andererseits im Kontext von Gruppenversicherungen noch zweifelhafter erscheinen. Wie aus den Ausführungen in den Nrn. 60 und 69 der vorliegenden Schlussanträge hervorgeht, ist die Einstufung der Wirtschaftsteilnehmer, die an den Rechtsverhältnissen im Rahmen von Gruppenversicherungen beteiligt sind, schon für sich problematisch und weckt zahlreiche Zweifel sowohl in Bezug auf die rechtliche Konstruktion als solche als auch in terminologischer Hinsicht. Es ist nicht ausdrücklich geregelt, dass im Rahmen der Gruppenversicherung mit Pflichtmitgliedschaft die Gruppenmitglieder als „Versicherungsnehmer“ behandelt werden und nicht der Gruppenleiter. Ebenso wenig eindeutig ist die Einstufung des Vertrags, der durch den Gruppenleiter mit dem Versicherer geschlossen wird. Die Unterscheidung zwischen Gruppenversicherungen mit freiwilliger Mitgliedschaft und Gruppenversicherungen mit Pflichtmitgliedschaft ist eher als ein Versuch anzusehen, eine rechtliche Konstruktion zu entwerfen, die die Funktionsweise von Gruppenversicherungen, die ein Produkt der Praxis sind, so regelt, dass auch die Wirtschaftsteilnehmer geschützt sind, die den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen.

    124.

    Die Einstufung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer, die an Gruppenversicherungsverhältnissen beteiligt sind („Versicherungsnehmer“, „Gruppenmitglied“ usw.), darf folglich kein Hindernis dafür darstellen, dass die Bestimmungen der Richtlinien so angewendet werden, wie dies ihre systematische und teleologische Auslegung in Bezug auf die Begriffe „Versicherungsvermittler“ oder „Kunde“ erfordert.

    125.

    Sechstens ist in der vorliegenden Rechtssache nicht auszuschließen, dass bei all der Komplexität der Personenkonstellationen, die im Rahmen von Gruppenversicherungen entstehen, die Einstufung der Beklagten des Ausgangsverfahrens durch das vorlegende Gericht als „Versicherungsnehmer“ zum Teil darauf beruht, dass es im Revisionsverfahren durch die unstreitigen Feststellungen des Gerichts zweiter Instanz gebunden ist.

    126.

    Der Umstand, dass das vorlegende Gericht die Möglichkeit in Erwägung zieht, die Vorlagefrage so zu beantworten, wie es die Mindermeinung in der Lehre vorgibt, kann aber bedeuten, dass die Annahme, wonach die Beklagte nach dem nationalen Versicherungsrecht „Versicherungsnehmer“ ist, dem nicht entgegensteht, die Beklagte nicht als „Kunde“ im Sinne der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 anzusehen, sondern als „Versicherungsvermittler“. In ihrer in der Verhandlung vorgelegten Replik hat die Beklagte des Ausgangsverfahrens im Übrigen dargelegt, dass sie keine „Verbraucherin des Versicherungsvertrags“ sei, auch wenn sie diesen Vertrag unterzeichnet habe und gegenüber dem Versicherer als Versicherungsnehmerin auftrete.

    127.

    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sind die Bestimmungen der Richtlinien 2002/92 und 2016/97 dahin auszulegen, dass ein Gruppenleiter, der nach nationalen Vorschriften des Versicherungsrechts, die keine Umsetzung dieser Richtlinien darstellen, als „Versicherungsnehmer“ gilt, als „Versicherungsvermittler“ im Sinne dieser Richtlinien angesehen werden kann, wenn er sich „gegen Vergütung“ auf dem Gebiet der „Versicherungsvermittlung“ und des „Versicherungsvertriebs“ betätigt.

    128.

    Was die in dieser Hinsicht von der tschechischen Regierung geltend gemachten Zweifel angeht, so genügt der Hinweis, dass der Begriff „Vergütung“ in beiden Richtlinien weit aufgefasst wird ( 52 ). Zu bedenken ist jedoch, dass eine Person, die eine Tätigkeit ausübt, die den Definitionen der „Versicherungsvermittlung“ und des „Versicherungsvertriebs“ in vollem Umfang entspricht, nicht als „Versicherungsvermittler“ angesehen werden kann und ihr keine damit einhergehenden Pflichten auferlegt werden können, wenn sie dieser Tätigkeit nicht „gegen Vergütung“ nachgeht.

    129.

    Unter Beachtung der Ergebnisse der Würdigung sowohl der Zweifel des vorlegenden Gerichts, die sich auf den „Beitritt zur Gruppenversicherung“ ( 53 ) beziehen, als auch der Zweifel bezüglich der Stellung des Vermittlers außerhalb des Versicherungsverhältnisses ( 54 ) schlage ich dem Gerichtshof vor, die Frage des vorlegenden Gerichts in der Weise zu beantworten, dass Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92 sowie Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie 2016/97 dahin auszulegen sind, dass eine natürliche oder juristische Person, die eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für ihre Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber Verbrauchern Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern, die mittelbar die Versicherungsprämie finanzieren, eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, „Versicherungsvermittler“ im Sinne dieser Richtlinien ist. Dieser Einstufung steht nicht entgegen, dass diese Person nach den nationalen versicherungsrechtlichen Vorschriften als „Versicherungsnehmer“ gilt.

    V. Ergebnis

    130.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs (Deutschland) wie folgt zu beantworten:

    Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung sowie Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb sind dahin auszulegen, dass eine natürliche oder juristische Person, die eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Auslands- und Inlands-Rückholkosten-Versicherung als Gruppenversicherung für ihre Kunden bei einem Versicherungsunternehmen unterhält, gegenüber Verbrauchern Mitgliedschaften vertreibt, die zur Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigen, und von den geworbenen Mitgliedern, die mittelbar die Versicherungsprämie finanzieren, eine Vergütung für den erworbenen Versicherungsschutz erhält, „Versicherungsvermittler“ im Sinne dieser Richtlinien ist. Dieser Einstufung steht nicht entgegen, dass diese Person nach den nationalen versicherungsrechtlichen Vorschriften als „Versicherungsnehmer“ gilt.


    ( 1 ) Originalsprache: Polnisch.

    ( 2 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003, L 9, S. 3).

    ( 3 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung) (ABl. 2016, L 26, S. 19).

    ( 4 ) Vgl. Jerry, R. H., Richmond, D. R., Understanding Insurance Law, LexisNexis, New Providence, 2018, S. 791, Fn. 1.

    ( 5 ) Vgl. Urteil vom 24. Februar 2022, A u. a. (Unit-Linked-Versicherungsverträge) (C‑143/20 und C‑213/20, EU:C:2022:118, Rn. 87 und 88).

    ( 6 ) Es stimmt, dass das nationale Gericht in der Vorlagefrage die Begriffe „Kunden“ und „Verbraucher“ verwendet. Im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens geht es jedoch um die gleichen Personen.

    ( 7 ) Vgl. zwölfter Erwägungsgrund der Richtlinie 2016/97.

    ( 8 ) Es ist allerdings zu beachten, dass schon nach der Richtlinie 2002/92 die „Tätigkeiten“, die zur Versicherungsvermittlung gehörten, weit gefasst waren (vgl. Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a., C‑542/16, EU:C:2018:369, Rn. 53), während die Richtlinie selbst ebenfalls eine Beratungspflicht in vereinfachter Form vorsah (Art. 12 Abs. 3).

    ( 9 ) Auch diesen Begriff gab es schon, als die Richtlinie 2002/92 in Kraft war. Nach dieser Richtlinie umfasste der Begriff „Versicherungsvermittlung“ jedoch nicht die Tätigkeit eines „Versicherungsunternehmen[s] oder eine[s] Angestellten eines Versicherungsunternehmens, der unter der Verantwortung des Versicherungsunternehmens tätig wird“ (Art. 2 Nr. 3 Satz 2 der Richtlinie). Was die Reichweite dieses Ausschlusses angeht, vgl. Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668).

    ( 10 ) Dieser Begriff tauchte in der Richtlinie 2002/92 nicht auf, doch gab es dort einen Ausschluss, der an den „ergänzenden“ Charakter von Versicherungsverträgen anknüpfte. Vgl. Nr. 48 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 11 ) Im Gegenteil: Zwar bezieht sich das vorlegende Gericht nicht ausdrücklich auf diese Bestimmung, doch scheint aus § 34d Abs. 8 GewO hervorzugehen, dass von der Erlaubnispflicht nur ein „Versicherungsvermittler in Nebentätigkeit“ befreit ist, der die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2016/97 genannten Voraussetzungen erfüllt. Vgl. Nrn. 48 bis 50 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 12 ) Vgl. Nr. 44 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 13 ) Vgl. Nr. 55 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 14 ) Vgl. Nrn. 8 und 9 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 15 ) Vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2002/92 und Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2016/97.

    ( 16 ) Das vorlegende Gericht weist zwar darauf hin, dass es um den Abschluss von Verträgen „nicht im Interesse der Versicherten“, sondern im Interesse der Person gehe, die diesen Vertrag abschließe. Es erläutert jedoch anhand der angeführten Beispiele, dass damit u. a. der Abschluss eines Gruppenversicherungsvertrags „nicht nur im Interesse [der Versicherten]“ gemeint sei.

    ( 17 ) Die Befürworter der vom vorlegenden Gericht beschriebenen Auffassung argumentieren dahin, dass wir es mit einer Tätigkeit im eigenen wirtschaftlichen Interesse zu tun hätten, wenn der „Versicherungsnehmer“ für jeden Beitritt zur Gruppenversicherung (zum „Rahmenvertrag“) eine Vergütung erhalte; er habe nämlich ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, neue Personen zum Beitritt zur Versicherung zu bewegen. Eine solche Situation liege im Fall eines „Rahmenvertrags“ vor, der von den Banken angeboten werde und der die Risiken der Nichtrückzahlung eines Kredits wegen des Todes oder der Invalidität abdecke. Kein Abschluss eines Gruppenversicherungsvertrags im wirtschaftlichen Interesse des „Versicherungsnehmers“ liege hingegen vor, wenn eine Kranken- oder Rentenversicherung der Verbandsmitglieder oder der Beschäftigten des betreffenden Arbeitgebers abgeschlossen werden solle. Es gehe dann nämlich nicht darum, einen Gewinn zu erzielen, indem diese Personen der Versicherung zugeführt würden, sondern um die Aushandlung möglichst günstiger Bedingungen für diesen Schutz zum Vorteil dieser Personen.

    ( 18 ) Vgl. Anhang zur Informationsnote des Generalsekretariats des Rates vom 27. November 2015, 2021/0175 (COD).

    ( 19 ) Satz 2 des 49. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2016/97 bestimmt des Weiteren zur Ergänzung, dass „[d]er Vertreter der Gruppe unverzüglich nach der Aufnahme des Mitglieds in die Gruppenversicherung gegebenenfalls das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten und die Wohlverhaltensinformationen des Vertreibers vorlegen [sollte]“.

    ( 20 ) Ebenso Weinberger, M. D., „Scope of Protection: Is there a Ground for a Single Criterion?“, European Financial Regulation: Levelling the Cross-Sectoral Playing Field, Colaert, V., Busch, D., Incalza, T. (Hrsg.), Hart Publishing, Oxford – London – New York – New Delhi – Sydney, 2019, S. 299.

    ( 21 ) Vgl. Fn. 19 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 22 ) Um den Zweifeln entgegenzutreten, die der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens aufkommen lassen kann und die dahin gehen könnten, den künstlichen Charakter der Unterscheidung zwischen Gruppenversicherungen mit Pflichtmitgliedschaft und solchen mit freiwilliger Mitgliedschaft aufzuzeigen: Eine auf das „Geschäftsmodell“ der Beklagten des Ausgangsverfahrens gestützte Argumentation, wonach der Beitritt zur Gruppenversicherung obligatorisch sei, da er für alle Kunden „verpflichtend“ sei, die mit ihr den Vertrag geschlossen hätten, aus dem sich die Leistungen ergäben, die keine Versicherungsleistungen seien (Zurverfügungstellung der Alarmzentrale usw.), ist nicht überzeugend. Dieser Argumentation müsste die Annahme zugrunde liegen, dass der Abschluss eines Vertrags mit der Beklagten u. a. gerade mit dem Ziel, Versicherungsschutz zu erlangen, einen Umstand oder ein Merkmal darstellt, das allen Personen gemeinsam ist, die den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen wollen. Eigentlich wäre dann der „obligatorische“ Beitritt eine Folge der freiwilligen Entscheidung über den Abschluss eines Vertrags zu dem Zweck, diesen Schutz zu erlangen. Daher ist die vorstehend dargelegte Auffassung, die an das „Geschäftsmodell“ der Beklagten anknüpft, kaum haltbar.

    ( 23 ) Es stimmt, worauf auch die italienische Regierung hinweist, dass die Gruppenversicherungsverträge keine einheitliche Kategorie darstellen. Der Gruppenversicherungsvertrag ist im Kern ein Produkt der Praxis und nimmt verschiedene Gestalten an. Die vorstehend beschriebene Einteilung mit geringeren oder größeren Nuancen scheint indes in vielen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten gängig zu sein, z. B. in Deutschland (vgl. Herdter, F., Der Gruppenversicherungsvertrag: Grundlagen und ausgewählte Problemfelder, VVW GmbH, Karlsruhe 2010, S. 14), Frankreich (Bigot, J., in: Bigot, J. (Hrsg.), Traité de Droit des assurances. Le contrat d’assurance. Tome 3, LGDJ, Issy-les-Moulineaux Cedex, S. 6 und dort angeführtes Schrifttum) und Polen (vgl. Fras, M., Umowa ubezpieczenia grupowego. Aspekty prawne [Gruppenversicherungsvertrag. Rechtliche Aspekte], Wolters Kluwer, Warschau 2015, S. 136 ff.; vgl. auch Urteil des Sąd Najwyższy [Oberstes Gericht] vom 12. Januar 2018, II CSK 222/17, LEX Nr. 2446838).

    ( 24 ) Vgl. Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law. Draft Common Frame of Reference (DCFR). Outline Edition, Von Bar, C., Clive, E., Schulte-Nölke, H., u. a. (Hrsg.), Sellier European Law Publishers, München, 2009, S. 7.

    ( 25 ) Principles of European Insurance Contract Law (PEICL), Basedow, J., Birds, J., Clarke, M, Cousy, H., Heiss, H., Loacker, L. (Hrsg.), Verlag Dr. Otto Schmidt, 2016, S. 57 ff. Was diesen Entwurf und seine Bedeutung für die nationalen Vorschriften über Versicherungsverträge angeht, vgl. insbesondere Fuchs, D., „Consistency of the European project PEICL with the Polish Civil Code in view of art. 807“, Acta Iuris Stetinensis, 2019, Nr. 4, S. 90 ff.

    ( 26 ) Dieser Wirtschaftsteilnehmer kann entsprechend auch als „Anbieter“ des Versicherungsvertrags bezeichnet werden.

    ( 27 ) Vgl. auch die in der Fn. 23 angeführte Literatur.

    ( 28 ) Vgl. Nr. 60 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 29 ) Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a. (C‑542/16, EU:C:2018:369, Rn. 53).

    ( 30 ) So in Bezug auf den Begriff „Versicherungsvermittlung“ in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2002/92, vgl. Urteile vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 21), und vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a. (C‑542/16, EU:C:2018:369, Rn. 39).

    ( 31 ) Es geht dabei um die Vermeidung von Konflikten zwischen dem Vermittler und dem Versicherer, wenn Verbindungen zwischen diesen beiden Wirtschaftsteilnehmern bestehen. Bis zu einem gewissen Grad lässt die Richtlinie 2016/97 diese selbst zu, wenn „Versicherungsvertreiber“ auch ein Versicherungsunternehmen sein kann.

    ( 32 ) Was das deutsche Recht angeht, wurden, wie im Schrifttum ausgeführt, die Pflichten der Versicherungsvermittler (im weiten Sinne, d. h. Personen, die sich mit der Versicherungsvermittlung befassen) in Bezug auf die Versicherungsnehmer und die Versicherer außerhalb der GewO geregelt Vgl. Koch, R., Insurance Law in Germany, Wolters Kluwer, Alphen aan den Rijn, 2018, S. 269.

    ( 33 ) Vgl. auch Nr. 65 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 34 ) Dies könnte zu dem Schluss verleiten, dass wir es in einem solchen Fall mit einer Tätigkeit zu tun haben, die als „Versicherungsvermittlung“ und „Versicherungsvertrieb“ anzusehen ist. Jedenfalls würde dies allein aber nicht genügen, um einer Person, die diese Tätigkeit betreibt, alle Pflichten aufzuerlegen, die die Richtlinien vorsehen. Diese werden „Versicherungsvermittlern“ auferlegt, die eine solche Tätigkeit „gegen Vergütung“ ausüben. Vgl. Nr. 128 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 35 ) Vgl. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2002/92 und Art. 10 Abs. 6 der Richtlinie 2016/97.

    ( 36 ) Vgl. Nr. 13 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 37 ) Vgl. Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 28). Vgl. auch Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a. (C‑542/16, EU:C:2018:369, Rn. 42).

    ( 38 ) Vgl. Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 29).

    ( 39 ) Vgl. Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 27).

    ( 40 ) Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 30).

    ( 41 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 29).

    ( 42 ) Vgl. Nrn. 89 und 99 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 43 ) Vgl. Nr. 100 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 44 ) Vgl. Nrn. 103 und 105 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 45 ) Vgl. Nrn. 56 bis 59 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 46 ) Vgl. Nr. 60 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 47 ) Vgl. auch Nr. 79 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 48 ) Dieser Schluss folgt im Übrigen schon aus der Definition der Begriffe, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersucht. Art. 2 Nr. 3 Satz 3 der Richtlinie 2002/92 kann nämlich entnommen werden, dass es sich bei der „Versicherungsvermittlung“ um eine Tätigkeit handelt, die dazu dient, „den Kunden … zu unterstützen“. Nach dieser Bestimmung gilt „[d]ie beiläufige Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit, sofern diese Tätigkeit nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrags zu unterstützen, … nicht als Versicherungsvermittlung“. Hervorhebung nur hier. Ein ähnlicher Schluss folgt aus der Definition des „Versicherungsvertriebs“ in der Richtlinie 2016/97.

    ( 49 ) Vgl. Urteil vom 24. Februar 2022, A u. a. (Unit-Linked-Versicherungsverträge) (C‑143/20 und C‑213/20, EU:C:2022:118, Rn. 87 und 91).

    ( 50 ) Urteil vom 17. Oktober 2013, EEAE u. a. (C‑555/11, EU:C:2013:668, Rn. 30).

    ( 51 ) Urteil vom 31. Mai 2018, Länsförsäkringar Sak Försäkringsaktiebolag u. a. (C‑542/16, EU:C:2018:369, Rn. 50).

    ( 52 ) Vgl. elfter Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/92 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der Richtlinie 2016/97.

    ( 53 ) Vgl. Nr. 106 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 54 ) Vgl. Nr. 127 der vorliegenden Schlussanträge.

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