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Document 62013CJ0340

    Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 11. Februar 2015.
    bpost SA gegen Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT).
    Vorabentscheidungsersuchen der Cour d'appel de Bruxelles.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Postdienste – Richtlinie 97/67/EG – Art. 12 – Anbieter von Universaldienstleistungen – Mengenrabatte – Anwendung auf Konsolidierer von Postsendungen – Diskriminierungsverbot.
    Rechtssache C-340/13.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:77

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

    11. Februar 2015 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Postdienste — Richtlinie 97/67/EG — Art. 12 — Anbieter von Universaldienstleistungen — Mengenrabatte — Anwendung auf Konsolidierer von Postsendungen — Diskriminierungsverbot“

    In der Rechtssache C‑340/13

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d’appel de Bruxelles (Belgien) mit Entscheidung vom 12. Juni 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Juni 2013, in dem Verfahren

    bpost SA

    gegen

    Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT)

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

    unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter),

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 2014,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der bpost SA, vertreten durch H. Gilliams, J. Bocken und T. Baumé, avocats,

    der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von S. Depré und P. Vernet, avocats,

    der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und F. Gloaguen als Bevollmächtigte,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

    der schwedischen Regierung, vertreten durch E. Karlsson und A. Falk als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und F. W. Bulst als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Oktober 2014

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. L 52, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/67).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der bpost SA (im Folgenden: bpost), einem Anbieter postalischer Universaldienstleistungen in Belgien, und dem Institut belge des services postaux et des télécommunications (IBPT) wegen einer Entscheidung dieser Behörde, bpost die Zahlung einer Geldbuße aufzuerlegen, weil sie mit der Einführung der Vertragstarife für das Jahr 2010 gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen habe.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    Mit ihren sukzessiven Änderungen durch die Richtlinien 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 (ABl. L 176, S. 21) und 2008/6 verfolgt die Richtlinie 97/67 den 1998 eingeleiteten Prozess einer schrittweisen Liberalisierung des Marktes für Postdienste.

    4

    Der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 97/67 lautet:

    „Maßnahmen zur schrittweisen und kontrollierten Liberalisierung des Marktes und zur Wahrung eines angemessenen Gleichgewichts bei deren Durchführung sind notwendig, um gemeinschaftsweit das freie Angebot von Diensten im Postsektor unter Beachtung der Pflichten und Rechte der Anbieter von Universaldienstleistungen zu gewährleisten.“

    5

    Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

    1.

    ‚Postdienste‘ die Dienste im Zusammenhang mit der Abholung, dem Sortieren, dem Transport und der Zustellung von Postsendungen;

    16.

    ‚Absender‘ die natürliche oder juristische Person, die Urheber von Postsendungen ist;

    …“

    6

    Art. 12 der Richtlinie lautet:

    „Die Mitgliedstaaten unternehmen Schritte, um zu gewährleisten, dass die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen folgenden Grundsätzen entsprechen:

    Die Preise müssen erschwinglich sein und es ungeachtet der geografischen Lage und unter Berücksichtigung der landesspezifischen Bedingungen ermöglichen, dass alle Nutzer Zugang zu den angebotenen Diensten haben. Die Mitgliedstaaten können kostenlose Postdienstleistungen für Blinde und Sehbehinderte aufrechterhalten oder einführen;

    die Preise müssen kostenorientiert sein und Anreize zur Erbringung einer effizienten Universaldienstleistung geben. In Fällen, in denen es aus Gründen des öffentlichen Interesses erforderlich ist, können die Mitgliedstaaten beschließen, dass in ihrem Hoheitsgebiet und/oder grenzüberschreitend für Dienste, die zu einem Einzelsendungstarif angeboten werden, sowie für andere Postsendungen ein Einheitstarif angewandt wird;

    die Anwendung eines Einheitstarifs schließt nicht das Recht des (der) Universaldienstanbieter(s) aus, mit Kunden individuelle Preisvereinbarungen zu treffen;

    die Tarife müssen transparent und nichtdiskriminierend sein;

    wenden Anbieter von Universaldienstleistungen Sondertarife an, beispielsweise für Dienste für Geschäftskunden, Massenversender oder Konsolidierer verschiedener Nutzer, so gelten die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung sowohl für die Tarife als auch für die entsprechenden Bedingungen. Die Tarife gelten, ebenso wie die entsprechenden Bedingungen, sowohl zwischen verschiedenen Dritten als auch zwischen Dritten und Universaldiensteanbietern, die gleichwertige Dienste anbieten. Alle derartigen Tarife werden auch allen anderen Nutzern gewährt, insbesondere Privatkunden und kleinen und mittleren Unternehmen, die Sendungen unter vergleichbaren Bedingungen einliefern.“

    7

    Nach Art. 2 der Richtlinie 2008/6 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um dieser Richtlinie bis spätestens 31. Dezember 2010 nachzukommen.

    Belgisches Recht

    8

    Art. 12 der Richtlinie 97/67 in ihrer durch die Richtlinie 2002/39 geänderten Fassung ist durch Art. 144ter des Gesetzes vom 21. März 1991 über die Reform bestimmter öffentlicher Wirtschaftsunternehmen (Moniteur belge vom 27. März 1991, S. 6155), geändert durch den Königlichen Erlass vom 7. Oktober 2002 (Moniteur belge vom 25. Oktober 2002, S. 49053) und durch das Gesetz vom 13. Dezember 2010 (Moniteur belge vom 31. Dezember 2010, S. 83267), in belgisches Recht umgesetzt worden.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    9

    In Belgien ist bpost der etablierte Postdiensteanbieter, dessen Aufgabe im Wesentlichen in der Postzustellung besteht, die u. a. die Abholung, das Sortieren, den Transport und die Zustellung von Postsendungen an die Empfänger umfasst.

    10

    Postzustelldienste bietet bpost nicht nur der breiten Öffentlichkeit an, sondern auch zwei besonderen Kategorien von Kunden, nämlich Massenversendern (im Folgenden: Absender) und Konsolidierern.

    11

    Die Absender sind Endverbraucher von Postzustelldiensten. Sie definieren die Botschaft, die Gegenstand einer Sendung sein soll, und sind die Urheber von Postsendungen. Die Konsolidierer ihrerseits erbringen vor dem Postzustelldienst Postvorbereitungsdienste. Diese Dienste können die Aufbereitung der Post vor der Übergabe an bpost (Sortieren, Druck, Kuvertierung, Etikettierung, Adressierung und Frankierung) sowie die Einlieferung der Sendungen (Sammlung beim Absender, Bündelung und Verpackung in Postsäcke, Transport und Einlieferung an den Orten, die der Postbetreiber bezeichnet) umfassen.

    12

    bpost wendet verschiedene Tarife an, darunter Vertragstarife, die im Verhältnis zu den von der breiten Öffentlichkeit gezahlten Standardtarifen Sondertarife sind. Diese Sondertarife beruhen auf einer Vereinbarung zwischen bpost und den betreffenden Kunden, in der Nachlässe für bestimmte Kunden vorgesehen sein können, die einen für den Betreiber profitablen festgelegten Umsatz erzeugen. Die häufigsten vertraglichen Nachlässe sind Mengenrabatte, die entsprechend der in einem Bezugszeitraum erzeugten Menge an Postsendungen gewährt werden, und operative Rabatte, mit denen bestimmte Vorbereitungshandlungen abgegolten werden und die die Gegenleistung für von bpost eingesparte Kosten darstellen.

    13

    Das IBPT ist die nationale Regulierungsbehörde für den Sektor der Postdienste gemäß der Richtlinie 97/67.

    14

    Für das Jahr 2010 unterrichtete bpost das IBPT über eine Änderung ihres Nachlasssystems für Vertragstarife über Zustelldienste für namentlich adressierte Werbesendungen und Verwaltungssendungen. Diese Sendungen stellten etwa 20 % des Umsatzes von bpost im Postsektor dar.

    15

    Dieses neue Nachlasssystem umfasste einen auf der Grundlage der eingelieferten Sendungsmenge berechneten Mengenrabatt, der sowohl Absendern als auch Konsolidierern gewährt wurde. Der Nachlass für Konsolidierer wurde jedoch nicht mehr auf der Grundlage der Gesamtmenge der Sendungen aller Absender, denen sie ihre Dienste erbrachten, berechnet, sondern auf der Grundlage der Sendungsmenge, die individuell von jedem Einzelnen ihrer Kunden erzeugt wurde (im Folgenden: Mengenrabatt je Absender).

    16

    Neben dem Mengenrabatt je Absender umfasste das neue System auch einen als „Indirect Channel Rebate“ bezeichneten operativen Nachlass. Dieser Nachlass entsprach der Gegenleistung für Kosten, die bpost durch die Wirkung einsparte, die die Übernahme bestimmter Leistungen des Postzustelldiensts durch die Konsolidierer hatte.

    17

    Mit Entscheidung vom 20. Juli 2011 befand das IBPT, dass bpost hinsichtlich der Mengenrabatte der Vertragstarife für das Jahr 2010 u. a. gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe.

    18

    In dieser Entscheidung warf das IBPT bpost vor, den Konsolidierern die höchsten Ermäßigungen auf die Mengen eingelieferter Sendungen vorzuenthalten, obwohl sie konsolidierte Sendungsmengen einlieferten, die den von den größten Absendern eingelieferten Mengen vergleichbar seien. Dementsprechend führe dieses System zu einer Diskriminierung zulasten der Konsolidierer.

    19

    Am 23. September 2011 erhob bpost bei der Cour d’appel de Bruxelles Klage auf Aufhebung der Entscheidung des IBPT.

    20

    Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Parteien des Ausgangsverfahrens zur Tragweite von Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 und zur Auslegung dieser Bestimmung durch den Gerichtshof im Urteil Deutsche Post u. a. (C‑287/06 bis C‑292/06, EU:C:2008:141) unterschiedliche Auffassungen vertreten.

    21

    Obschon das vorlegende Gericht einräumt, dass sich die Tragweite von Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 nach ihrer Änderung durch die Richtlinie 2008/6 offenbar nicht geändert hat, hegt es doch Zweifel daran, ob diese Bestimmung unterschiedslos operative Rabatte und Mengenrabatte betrifft oder ob ihr Anwendungsbereich nicht vielmehr Mengenrabatte ausschließt.

    22

    Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Bruxelles beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen, dass er ein Diskriminierungsverbot insbesondere im Verhältnis zwischen dem Universaldienstanbieter und Konsolidierern hinsichtlich der von dem Anbieter gewährten operativen Rabatte normiert, während reine Mengenrabatte weiter unter Art. 12 vierter Gedankenstrich der Richtlinie fallen?

    2.

    Falls die erste Frage bejaht wird: Genügt ein reiner Mengenrabatt dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 vierter Gedankenstrich der Richtlinie, wenn die damit eingeführte Preisstaffelung in Anbetracht des räumlich und den Dienstleistungen nach relevanten Marktes auf einem objektiven Faktor beruht und keine Ausschlusswirkung oder die Kundentreue fördernde Wirkung hat?

    3.

    Falls die erste Frage verneint wird: Verstößt der dem Konsolidierer gewährte Mengenrabatt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 12 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie, wenn er nicht ebenso hoch ist wie der Rabatt, der einem Absender gewährt wird, der eine gleiche Menge von Sendungen einliefert, sondern so hoch wie die Gesamtheit der Rabatte, die allen Absendern nach der Menge von Sendungen jedes einzelnen dieser Absender gewährt werden, deren Sendungen er zusammengefasst hat?

    Zu den Vorlagefragen

    23

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens eine von bpost erhobene Klage auf Aufhebung der Entscheidung betrifft, mit der das IBPT ihr eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung dafür auferlegt hat, dass sie einen Mengenrabatt je Absender eingeführt hat.

    24

    Die Frage, ob dieser Rabatt in den Anwendungsbereich von Art. 12 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 oder eher in den von Art. 12 fünfter Gedankenstrich fällt, ist für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die das vorlegende Gericht durchzuführen hat, nicht ausschlaggebend.

    25

    Wie sich nämlich aus Art. 12 der Richtlinie 97/67 ergibt, müssen die Tarife für die einzelnen Universaldienstleistungen, und zwar sowohl die „Tarife“ (vierter Gedankenstrich) als auch die „Sondertarife“ (fünfter Gedankenstrich), u. a. dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung entsprechen.

    26

    Demnach spielt es für die Beurteilung des angeblich diskriminierenden Charakters der von bpost im Jahr 2010 angewandten Mengenrabatte keine Rolle, ob diese Rabatte eher unter den vierten Gedankenstrich als unter den fünften Gedankenstrich von Art. 12 der Richtlinie 97/67 fallen oder umgekehrt.

    27

    Im Rahmen dieser Beurteilung ist allein zu prüfen, ob die in Rede stehende Praxis die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs beachtet, wonach der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz, der zu den Grundprinzipien des Unionsrechts gehört, verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteile Ruckdeschel u. a., 117/76 und 16/77, EU:C:1977:160, Rn. 7, und Almer Beheer und Daedalus Holding, C‑441/12, EU:C:2014:2226, Rn. 47).

    28

    Unter diesen Umständen sind die Vorlagefragen zusammengenommen dahin zu verstehen, dass im Wesentlichen danach gefragt wird, ob der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Bezug auf die Posttarife gemäß Art. 12 der Richtlinie 97/67 in dem Sinne auszulegen ist, dass er einem System von Mengenrabatten je Versender wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht.

    29

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Mengenrabatte tarifliche Ermäßigungen sind, deren Satz entsprechend der in einem Bezugszeitraum erzeugten Postsendungsmenge steigt.

    30

    bpost führt aus, dass der Mengenrabatt je Absender in ihre Vertragstarife für das Jahr 2010 eingeführt worden sei, um die Praxis einer begrenzten Zahl von Konsolidierern abzustellen, die die Sendungen mehrerer Absender lediglich gesammelt hätten, um in den Genuss der höchsten Mengennachlässe zu gelangen, ohne dabei irgendeine operative Tätigkeit auszuüben.

    31

    Wie in Rn. 18 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ergibt sich aus der Entscheidung des IBPT vom 20. Juli 2011, dass diese Behörde davon ausgegangen ist, dass der Mengenrabatt je Absender eine Diskriminierung zwischen zum einen Massenversendern, die in den Genuss höherer Ermäßigungen für an bpost übergebene Sendungsmengen gelangen, und zum anderen Konsolidierern darstellt, die ihr vergleichbare Sendungsmengen übergeben, dies jedoch dadurch bewirke, dass sie die Sendungen verschiedener Unternehmen oder Verwaltungen bündeln.

    32

    Da die Mengenrabatte auf der Grundlage des von jedem einzelnen Absender individuell erzeugten Umsatzes berechnet werden, steht fest, dass ein Absender, der bpost eine erhebliche Sendungsmenge übergibt, in den Genuss eines Nachlasses kommt, der höher ist als der, den ein Konsolidierer erhält, der bei ihr eine entsprechende, sich aus der Zusammenfassung von Sendungen mehrerer Absender ergebende Sendungsmenge einliefert.

    33

    Auch wenn diese Feststellung den Schluss zulässt, dass der Mengenrabatt je Absender eine Ungleichbehandlung von Absendern und Konsolidierern einführt, stellt diese Ungleichbehandlung gemäß der in Rn. 27 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Rechtsprechung des Gerichtshofs gleichwohl nur dann eine von Art. 12 der Richtlinie 97/67 verbotene Diskriminierung dar, wenn sich zum einen die Absender und die Konsolidierer auf dem Postzustellungsmarkt in einer vergleichbaren Situation befinden und sich diese Ungleichbehandlung zum anderen nicht durch ein legitimes Ziel rechtfertigen lässt.

    34

    Zur Ermittlung der Grundlage, auf der der Vergleich der jeweiligen Situation der Absender und der Konsolidierer zu erfolgen hat, ist zu berücksichtigen, dass das von bpost für das Jahr 2010 eingeführte System Mengenrabatte und zugleich operative Rabatte umfasste.

    35

    Um nun aber eine etwaige Diskriminierung zum Nachteil der Konsolidierer im Rahmen der Gewährung des Mengenrabatts je Absender festzustellen, ist der Vergleich der Situation der Absender auf die der Konsolidierer zu beschränken, wenn Letztere lediglich Sendungen bei einer bestimmten Anzahl von Absendern bündeln und ihnen die von bpost erbrachte Postzustellungsdienstleistung weiterberechnen, und somit Postvorbereitungsdienste, die ihnen die Inanspruchnahme operativer Rabatte ermöglichen, außer Acht gelassen werden.

    36

    In ihren Erklärungen weisen bpost und die französische Regierung darauf hin, dass das Ziel der Mengenrabatte darin bestehe, die Nachfrage auf dem Gebiet der Postdienste, die sich gegenwärtig einem wachsenden Angebot an konkurrierenden Versendungswegen, insbesondere dem der E-Mail, gegenübersähen, zu stimulieren.

    37

    Hierzu ist festzustellen, dass allein die Absender in der Lage sind, diese Nachfrage zu erhöhen, da sie „Urheber von Postsendungen“ sind, wie die Definition des Begriffs „Absender“ in Art. 2 Nr. 16 der Richtlinie 97/67 klarstellt.

    38

    Wenn die Konsolidierer Post an bpost übergeben, die sie zuvor bei verschiedenen Absendern gesammelt haben, führt dies jedoch nicht dazu, das Gesamtvolumen der Post zugunsten von bpost zu erhöhen. Daraus folgt, dass, abgesehen von dem geringen Maß, in dem die Konsolidierer selbst Absender sind, ihre Tätigkeit nicht als solche dazu beiträgt, das Volumen der bpost übergebenen Post zu erhöhen.

    39

    Außerdem könnte die Anwendung der Mengenrabattregelung, die vor dem Jahr 2010 in Kraft war, wonach der einem Konsolidierer gewährte Nachlass auf der Grundlage der Gesamtmenge der Sendungen aller Absender, denen er Leistungen erbrachte, berechnet wurde, das Ziel der Erhöhung der Nachfrage nach Postdiensten beeinträchtigen.

    40

    Wie die Generalanwältin in den Nrn. 69 und 72 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, wird ein Absender, dessen Postaufkommen nicht hoch genug ist, um in den Genuss eines Mengenrabatts zu gelangen, nämlich keinen Nachlass gemäß dem Mengenrabatt je Absender erhalten, und zwar gleichviel, ob er sich dafür entscheidet, seine Sendungen selbst bei bpost einzuliefern oder einen Konsolidierer damit zu beauftragen. Im Rahmen der Mengenrabattregelung, die vor dem Jahr 2010 galt, konnte derselbe Absender dagegen indirekt einen derartigen Rabatt für dieselbe Postmenge erhalten, wenn er sich dafür entschied, die Dienste eines Konsolidierers in Anspruch zu nehmen, da seine Postmenge dann mit der anderer Absender, die die Dienste desselben Konsolidierers nutzten, zusammengefasst wurde.

    41

    In diesem letzteren Fall kam der betreffende Absender indirekt in den Genuss eines Nachlasses, ohne sein Postaufkommen erhöht zu haben, was bei ihm keinen Anreiz dafür setzen konnte, künftig mehr Post zu erzeugen. Eine solche Situation, die eindeutig dem von bpost mit der Einführung einer Mengenrabattregelung verfolgten Ziel zuwiderliefe, könnte den Betreiber dazu veranlassen, diese Regelung einzuschränken oder sogar abzuschaffen, um sein finanzielles Gleichgewicht zu wahren. Diese Entscheidung hätte ihrerseits natürlich eine negative Wirkung auf die Nachfrage nach Postdiensten im Allgemeinen und mithin auf das finanzielle Gleichgewicht von bpost.

    42

    Im Urteil Deutsche Post u. a. (EU:C:2008:141, Rn. 44) hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass Art. 12 der Richtlinie 97/67 dem entgegensteht, dass Konsolidierern, die Postsendungen mehrerer Absender zusammenfassen, Sondertarife verweigert werden, die der nationale Anbieter von Universalpostdienstleistungen den Absendern selbst anbietet.

    43

    Im Rahmen der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen hat der Gerichtshof aber insbesondere das Argument der Deutsche Post AG und der deutschen Regierung zurückgewiesen, dass es das finanzielle Gleichgewicht der Deutsche Post AG gefährden würde, wenn den Konsolidierern Zugang zu bestimmten Rabatten gewährt würde (Urteil Deutsche Post u. a., EU:C:2008:141, Rn. 36).

    44

    Entgegen dem Vorbringen der belgischen, der italienischen und der schwedischen Regierung sowie der Europäischen Kommission ist diese Rechtsprechung jedoch auf die Rechtssache des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar.

    45

    Die Rechtssache, in der das Urteil Deutsche Post u. a. (EU:C:2008:141) ergangen ist, betraf nämlich keine Mengenrabatte, sondern operative Rabatte. Hierzu hat der Gerichtshof in Rn. 37 jenes Urteils ausgeführt, dass Sondertarife, da sie den im Vergleich zu dem allumfassenden Standarddienst eingesparten Kosten Rechnung tragen, in der Weise ausgestaltet werden können, dass sie sich von normalen Tarifen nur dadurch unterscheiden, dass die vom Betreiber tatsächlich eingesparten Kosten von den letztgenannten Tarifen abgezogen werden, so dass die Gewährung von Sondertarifen anderer Konsolidierer das finanzielle Gleichgewicht der Deutsche Post AG als Anbieter von Universalpostdienstleistungen nicht beeinträchtigen konnte.

    46

    Der Gerichtshof hat daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass, sollte sich herausstellen, dass die Gewährung der seinerzeit nur den Geschäftskunden der Deutsche Post AG eingeräumten Rabatte an die Konsolidierer zur Folge hatte, dass diese Rabatte im Verhältnis zu den eingesparten Kosten übermäßig waren, es dieser Gesellschaft freigestanden hätte, diese Rabatte für alle, die sie erhalten, in dem erforderlichen Maß herabzusetzen (Urteil Deutsche Post u. a., EU:C:2008:141, Rn. 38).

    47

    Daher konnten sich zwar, wie dem Urteil Deutsche Post u. a. (EU:C:2008:141) zu entnehmen ist, Absender und Konsolidierer im Hinblick auf operative Rabatte in einer vergleichbaren Situation befinden, doch ist dies im Hinblick auf Mengenrabatte wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht notwendigerweise der Fall. Die Mengenrabatte je Absender sind nämlich geeignet, bei diesen einen Anreiz dafür zu setzen, bpost mehr Post zu übergeben und ihr dadurch die Erzielung größenbedingter Kostenersparnisse zu ermöglichen. Dagegen trägt, wie in Rn. 38 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, die Tätigkeit der Konsolidierer als solche nicht zu einer Erhöhung der bpost übergebenen Post und somit nicht dazu bei, dass Letztere Einsparungen erzielt.

    48

    Aus alldem folgt, dass sich die Absender und die Konsolidierer in Bezug auf das von der Mengenrabattregelung je Absender verfolgte Ziel, nämlich die Nachfrage auf dem Gebiet der Postdienste zu stimulieren, nicht in einer vergleichbaren Situation befinden, da nur bei den Absendern durch die Wirkung dieser Regelung ein Anreiz dafür gesetzt werden kann, ihre bpost übergebenen Postmengen und somit den Umsatz dieses Betreibers zu erhöhen. Folglich stellt die Ungleichbehandlung zwischen diesen beiden Kategorien von Kunden, die sich aus der Anwendung der Mengenrabattregelung je Absender ergibt, keine von Art. 12 der Richtlinie 97/67 verbotene Diskriminierung dar.

    49

    Auf die vorgelegte Frage ist daher zu antworten, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Bezug auf die Tarife gemäß Art. 12 der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass er einem System von Mengenrabatten je Absender wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht.

    Kosten

    50

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

     

    Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Bezug auf die Tarife gemäß Art. 12 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einem System von Mengenrabatten je Absender wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht.

     

    Unterschriften


    ( *1 )   Verfahrenssprache: Französisch.

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