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Document 62004TJ0305
Judgment of the General Court (Third Chamber) of 27 October 2005.#Eden SARL v European Union Intellectual Property Office.#Case T-305/04.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 27. Oktober 2005.
Eden SARL gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Rechtssache T-305/04.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 27. Oktober 2005.
Eden SARL gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Rechtssache T-305/04.
Sammlung der Rechtsprechung 2005 II-04705
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2005:380
Rechtssache T-305/04
Eden SARL
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)
„Gemeinschaftsmarke – Riechmarke Odeur de fraise mûre – Absolutes Eintragungshindernis – Nicht grafisch darstellbares Zeichen – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 40/94“
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 27. Oktober 2005
Leitsätze des Urteils
1. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Markenfähige Zeichen – Nicht visuell wahrnehmbare Zeichen – Einbeziehung – Voraussetzung – Zeichen, die sich grafisch darstellen lassen – Riechzeichen
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 4)
2. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Nicht markenfähige Zeichen – Riechzeichen – Odeur de fraise mûre
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 4 und 7 Absatz 1 Buchstabe a)
1. Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ist dahin auszulegen, dass ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, eine Marke sein kann, sofern es insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen grafisch dargestellt werden kann und die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die grafische Darstellung des Zeichens muss dessen genaue Identifizierung ermöglichen, um die Funktionsfähigkeit des Systems der Eintragung der Marken zu gewährleisten. Folglich dürfen die Anforderungen an die Gültigkeit einer grafischen Darstellung weder geändert noch gelockert werden, um die Eintragung von Zeichen zu erleichtern, bei denen es ihrer Art nach schwieriger ist, sie grafisch darzustellen.
Was Riechzeichen angeht, so ist nicht völlig auszuschließen, dass ein solches Zeichen Gegenstand einer Beschreibung sein kann, die alle Voraussetzungen des Artikels 4 der Verordnung Nr. 40/94 erfüllt.
(vgl. Randnrn. 24-25, 28, 39)
2. Eine visuell nicht wahrnehmbare Riechmarke, die mit den Worten „odeur de fraise mûre“ [Duft einer reifen Erdbeere] beschrieben wird und der die Farbabbildung einer reifen Erdbeere beigefügt ist, kann mangels grafischer Darstellung keine Gemeinschaftsmarke im Sinne der Artikel 4 und 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 40/94 sein.
Die Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“ ist nämlich, da sie sich auf mehrere Erdbeersorten und demnach mehrere verschiedene Düfte beziehen kann, weder eindeutig noch präzise, und sie ermöglicht es nicht, alle subjektiven Elemente bei der Erkennung und Wahrnehmung des angemeldeten Zeichens auszuschließen.
Außerdem stellt die Abbildung einer Erdbeere nur die Frucht dar, die einen angeblich mit dem fraglichen Riechzeichen identischen Duft verströmt, und nicht den beanspruchten Duft und ist deshalb keine grafische Darstellung des Riechzeichens. Da Erdbeeren oder zumindest einige von ihnen je nach Sorte unterschiedlich duften, ermöglicht es zudem die Abbildung einer Erdbeere, bei der die Sorte nicht angegeben ist, nicht, klar und eindeutig das beanspruchte Riechzeichen zu identifizieren.
Schließlich kann die Kombination von Darstellungsformen, die nicht geeignet sind, als solche den Anforderungen an die grafische Darstellung zu genügen, diesen Anforderungen nicht entsprechen, und mindestens einer der Bestandteile der grafischen Darstellung muss alle Voraussetzungen erfüllen. Da die sprachliche Beschreibung und die Abbildung einer reifen Erdbeere nicht den Anforderungen an die grafische Darstellung genügen, handelt es sich folglich bei ihrer Kombination nicht um eine gültige grafische Darstellung.
(vgl. Randnrn. 33, 40-41, 45)
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
27. Oktober 2005(*)
„Gemeinschaftsmarke – Riechmarke Odeur de fraise mûre – Absolutes Eintragungshindernis – Nicht grafisch darstellbares Zeichen – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 40/94“
In der Rechtssache T‑305/04
Eden SARL mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Antoine‑Lalance,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,
Beklagter,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 24. Mai 2004 (Sache R 591/2003‑1) über die Anmeldung des Riechzeichens Odeur de fraise mûre als Gemeinschaftsmarke
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Jaeger, der Richterin V. Tiili und des Richters O. Czúcz,
Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,
aufgrund der am 26. Juli 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 25. Oktober 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2005
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Am 26. März 1999 meldete die Laboratoires France Parfum SA (im Folgenden: LFP) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung eine Gemeinschaftsmarke an.
2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um eine visuell nicht wahrnehmbare Riechmarke, die mit den Worten „odeur de fraise mûre“ [Duft einer reifen Erdbeere] beschrieben wird und der die folgende Farbabbildung beigefügt ist:
3 Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 3, 16, 18 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung angemeldet:
– Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen, desodorierende Seifen, Parfümeriewaren, Eau de Toilette, Duftwasser, ätherische Öle, Öle für die Körper- und Schönheitspflege, Mandelöle und Mandelmilch für kosmetische Zwecke, Reinigungsmilch für die Körper- und Schönheitspflege, Färbemittel für Toilettezwecke, Antitranspirantien (schweißhemmende Toilettemittel), Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Lippenstifte, Watte für kosmetische Zwecke, Schminkpuder, kosmetische Hautpflegemittel, kosmetische Badezusätze, Wattestäbchen für kosmetische Zwecke, kosmetische Hautcremes, Kosmetikstifte, Abschminkmittel, Schminke, Papierschablonen zum Schminken der Augen, Nagellack für kosmetische Zwecke, Pomaden für kosmetische Zwecke, kosmetische Mittel zur Hautbräunung, Shampoos, Haarwässer, Farbstoffe für die Kosmetik, Rasiermittel, After-Shave-Lotionen, Zahnputzmittel, Mundpflegemittel (nicht für medizinische Zwecke), Talkumpuder für Toilettezwecke, Enthaarungsmittel, Haarwässer, Cremes für Haarkuren, Öle für Haarkuren, Parfümeriewaren, Glättsteine, Poliersteine, Bimsstein;
– Klasse 16: Papier- und Schreibwaren, Füllfederhalter, Bleistifte, Bleistifthalter, Radiergummis, Blätter (Papier- und Schreibwaren), Schreibhefte, Löschpapier, Blöcke (Papier- und Schreibwaren); Druckereierzeugnisse, Bücher, Magazine, Zeitungen, Zeitschriften, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Spielkarten;
– Klasse 18: Feinlederwaren aus Leder oder Kunstleder (ausgenommen Etuis mit spezieller Zweckbestimmung, Handschuhe und Gürtel), Brieftaschen, Schlüsselanhänger, Geldbörsen, Handtaschen, Reisetaschen, Schulranzen, Sattel- und Zaumzeug für Tiere, Reise- und Handkoffer, anpassbare Taschen für Zweiradfahrzeuge, Felldecken; Regenschirme, Wanderstöcke; Bekleidungsstücke, insbesondere Hosen, Hemden und Hemdblusen, Röcke und Kleider, Unterbekleidung, Blousons und Überzieher; Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Sportbekleidung aller Art, Lederbekleidung;
– Klasse 25: Bekleidungsstücke, Unterbekleidung, Schlüpfer, Unterhosen, Slips, T‑Shirts, Kombinationen (Bekleidung und Unterbekleidung), Leibwäsche, Anzüge, Krawatten, Hemden, Hemdblusen, Schals, Röcke, Unterröcke, Büstenhalter, Mäntel, Hosen, Bademäntel, Jacken, Badeanzüge, Strandanzüge, Kleider, Morgenmäntel, Socken, Hosenstege; Schuhwaren, Stiefel, Sandalen, Sportschuhe; Kopfbedeckungen, Mützen, Wollmützen.
4 Mit Entscheidung vom 7. August 2003 wies der Prüfer die Anmeldung gemäß Artikel 38 der Verordnung Nr. 40/94 zurück, weil sich die Riechmarke nicht grafisch darstellen lasse und ihr deshalb Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung entgegenstehe und weil sie für einige der beanspruchten Waren im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b derselben Verordnung keine Unterscheidungskraft habe.
5 Am 6. Oktober 2003 legte LFP nach den Artikeln 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 gegen die Entscheidung des Prüfers beim HABM Beschwerde ein.
6 Mit Entscheidung vom 24. Mai 2004 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück, weil sich das Zeichen nicht im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 grafisch darstellen lasse und ihm deshalb das in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene absolute Eintragungshindernis entgegenstehe.
7 Mit Urkunde vom 21. Dezember 2000 wurde LFP an die Klägerin veräußert. Am 9. Juli 2004 wurde diese Veräußerung dem HABM mitgeteilt, das mit Bescheid vom 20. Juli 2004 bekannt gab, dass es den Übergang der betreffenden Markenanmeldung auf die Klägerin eingetragen habe.
Anträge der Parteien
8 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
9 Das HABM beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
10 Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, und zwar einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 40/94.
Vorbringen der Parteien
11 Die Klägerin trägt vor, der Gerichtshof habe im Urteil vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C‑273/00 (Sieckmann, Slg. 2002, I‑11737) entschieden, dass Zeichen, die als solche nicht visuell wahrnehmbar seien, wie Klänge oder Düfte, Marken sein könnten, sofern sie grafisch darstellbar seien. In dem betreffenden Urteil habe der Gerichtshof festgestellt, dass ein Duft mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen grafisch dargestellt werden könne und dass die Darstellung „klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv“ sein müsse (Urteil Sieckmann, Randnr. 55). Was insbesondere Riechzeichen angehe, so habe der Gerichtshof entschieden, dass „den Anforderungen an die grafische Darstellung weder durch eine chemische Formel noch durch eine Beschreibung in Worten, die Hinterlegung einer Probe des Geruchs oder die Kombination dieser Elemente genügt“ werde (Urteil Sieckmann, Randnr. 73).
12 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, sie habe diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall übertragen, ohne den Besonderheiten der streitigen Anmeldung Rechnung zu tragen.
13 Erstens enthalte die vorliegende Anmeldung anders als die, um die es im Urteil Sieckmann gegangen sei, weder eine Probe noch eine chemische Formel. Die Beschwerdekammer hätte prüfen müssen, ob die in der Anmeldung enthaltene grafische Darstellung, bestehend aus einer sprachlichen Beschreibung und der Farbabbildung einer reifen Erdbeere, die in Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Voraussetzung erfülle.
14 Zweitens habe die Beschwerdekammer die grafischen Bestandteile der Anmeldung falsch gedeutet.
15 Was zunächst die sprachliche Darstellung anbelangt, so entgegnet die Klägerin auf den Einwand, die Beschreibung der Marke in der Anmeldung könne subjektiv ausgelegt werden, dass diese Bemerkung unerheblich sei, da jedes Zeichen von jedem Individuum anders wahrgenommen werden könne. Ein Zeichen müsse lediglich geeignet sein, die von ihm bezeichneten Waren zu unterscheiden, damit eine Marke ihre Funktion erfülle, und es genüge, dass die Marke von einem Mensch als solche wahrgenommen werde. Bei jedem Zeichen assoziiere der Verbraucher gedanklich die von ihm wahrgenommene Form und das betreffende Zeichen je nach seiner Bildung und seinen sinnlichen Erfahrungen.
16 Unter Bezugnahme auf das Urteil Sieckmann macht die Klägerin geltend, es genüge, dass die grafische Darstellung „unzweideutig“ sei, und es brauche nicht nachgeforscht zu werden, ob diese Darstellung vom Verbraucher mehr oder weniger subjektiv wahrgenommen werde. So gebe es für die anderen Arten von Zeichen kein Objektivitätskriterium, und daher dürfe es auch nicht von den Riechzeichen verlangt werden.
17 Die Behauptung der Beschwerdekammer, dass ein Missverhältnis zwischen der Beschreibung und dem Duft existiere, weil es eine große Zahl von Erdbeersorten gebe, die nach ihrem Duft unterschieden werden könnten, sei falsch. Die vorgelegten Beweise zeigten, dass sich Erdbeersorten nicht in ihrem Duft, sondern nur in ihrem Geschmack unterschieden. Folglich sei der Duft einer reifen Erdbeere stabil und dauerhaft.
18 Der angemeldete Duft sei auch eindeutig, da es sich nicht um irgendeinen Erdbeerduft handele, sondern um den einer reifen Erdbeere. Außerdem sei dieser Duft dem Verbraucher, der sich seit seiner Kindheit an ihn erinnere, gut bekannt.
19 Was sodann die grafische Darstellung angeht, macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutere, warum die Kombination einer sprachlichen Beschreibung und einer Abbildung nicht eindeutig und klar genug sei. Die Abbildung einer reifen Erdbeere könne weder von den angesprochenen Verkehrskreisen noch von den zuständigen Behörden isoliert wahrgenommen werden, sondern werde mit den anderen Angaben der Anmeldung in Verbindung gebracht, nämlich der Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“ und „Riechmarke“. Die Marke in der angemeldeten Form bilde somit ein Ganzes, das die Behörden und die angesprochenen Verkehrskreise als solches wahrnähmen.
20 Was schließlich die Kombination der beiden grafischen Elemente, Beschreibung und Abbildung, betrifft, so bestreitet die Klägerin die Behauptung der Beschwerdekammer, dass, „wenn die Beschreibung des Duftes einer reifen Erdbeere in Worten oder die einfache bildliche Wiedergabe einer Erdbeere nicht geeignet sind, für sich genommen die Anforderungen an eine grafische Darstellung zu erfüllen, … auch deren Kombination diesen Anforderungen, insbesondere denen der Klarheit und Eindeutigkeit, nicht genügen“ kann. Die Beschwerdekammer habe sich darauf beschränkt, die Formel des Urteils Sieckmann zu übernehmen, obwohl zur Darstellung der fraglichen Marke andere Elemente verwendet worden seien als zur Darstellung der Marke, um die es in dem betreffenden Urteil gegangen sei. Sie habe in der angefochtenen Entscheidung die sprachliche Beschreibung und die Abbildung getrennt geprüft, anstatt die gesamte Darstellung der Marke zu untersuchen.
21 Folglich genüge die grafische Darstellung den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen. Die sprachliche Beschreibung sei klar, eindeutig, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv, und aufgrund der Abbildung sei das Zeichen in sich abgeschlossen. Da die Kombination dieser beiden Elemente die in Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Voraussetzung der grafischen Darstellung erfülle, müsse die Anmeldung zugelassen werden.
22 Das HABM schließt sich den Ausführungen der Beschwerdekammer an.
Würdigung durch das Gericht
23 Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 40/94 sind Zeichen, die nicht unter Artikel 4 dieser Verordnung fallen, von der Eintragung ausgeschlossen. Artikel 4 bestimmt: „Gemeinschaftsmarken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
24 Was speziell die Eintragung von Riechmarken angeht, so hat der Gerichtshof zu Artikel 2 der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1), der den gleichen Wortlaut wie Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 hat, entschieden, „dass ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, eine Marke sein kann, sofern es insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen grafisch dargestellt werden kann und die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist“ (Urteil Sieckmann).
25 Vorab ist festzustellen, dass zwar, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, das Gedächtnis für Gerüche wahrscheinlich das zuverlässigste ist, über das der Mensch verfügt, und die Wirtschaftsteilnehmer folglich ein offensichtliches Interesse daran haben, Riechzeichen für die Kennzeichnung ihrer Waren zu verwenden, dass aber die grafische Darstellung des Zeichens gleichwohl dessen genaue Identifizierung ermöglichen muss, um die Funktionsfähigkeit des Systems der Eintragung der Marken zu gewährleisten (Urteile des Gerichtshofes Sieckmann, Randnrn. 46 und 47, vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache C‑104/01, Libertel, Slg. 2004, I‑3793, Randnr. 28, und vom 24. Juni 2004 in der Rechtssache C‑49/02, Heidelberger Bauchemie, Slg. 2004, I‑6129, Randnrn. 25 und 26). Folglich dürfen die Anforderungen an die Gültigkeit einer grafischen Darstellung weder geändert noch gelockert werden, um die Eintragung von Zeichen zu erleichtern, bei denen es ihrer Art nach schwieriger ist, sie grafisch darzustellen.
26 Im vorliegenden Fall ist der angemeldeten Riechmarke die Kombination aus einem Bildbestandteil, der oben in Randnummer 2 wiedergegebenen Abbildung, und einer sprachlichen Beschreibung, „Duft einer reifen Erdbeere“, beigefügt worden. Die Beschwerdekammer vertrat die Auffassung, dass diese Darstellung keine gültige grafische Darstellung im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung sei, und wies die Markenanmeldung aufgrund des in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Eintragungshindernisses ab.
27 Was erstens den Wortbestandteil angeht, stellte die Beschwerdekammer fest, dass die betreffende Beschreibung mit subjektiven Faktoren durchsetzt sei und daher subjektiv ausgelegt werden könne und dass es schwierig sei, das fragliche Zeichen hinreichend klar, präzise und eindeutig zu beschreiben. Da sich der Duft von Erdbeeren je nach Sorte unterscheide, bestehe nämlich zwangsläufig ein Missverhältnis zwischen der Beschreibung als solcher und dem tatsächlichen Duft. Folglich könne eine Beschreibung keine grafische Darstellung des Duftes sein, dessen schriftlicher Ausdruck sie zu sein vorgebe.
28 Hierzu stellt das Gericht fest, dass sich, wie aus dem Urteil Sieckmann hervorgeht, mit einer Beschreibung zwar keine Riechzeichen grafisch darstellen lassen, für die zahlreiche Beschreibungen in Frage kommen, dass aber nicht völlig auszuschließen ist, dass ein Riechzeichen Gegenstand einer Beschreibung sein kann, die alle Voraussetzungen des Artikels 4 der Verordnung Nr. 40/94 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung erfüllt.
29 Hier macht die Klägerin geltend, dass sich der Duft einer reifen Erdbeere nicht je nach Sorte unterscheide und folglich die Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“ eindeutig, präzise und objektiv sei. Sie stützt diese Ansicht auf zwei Studien, die ihrer Klageschrift beigefügt sind.
30 Was zunächst die vom Institut pour la protection des fragrances (Institut zum Schutz von Düften) erstellte Studie angeht, so kann sie, da sie der Beschwerdekammer nicht vorgelegt wurde, nicht berücksichtigt werden. Da die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM im Sinne von Artikel 63 der Verordnung Nr. 40/94 gerichtet ist, ist es nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, die tatsächlichen Umstände im Licht der erstmals ihm vorgelegten Beweise zu überprüfen (Urteile des Gerichts vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache T‑129/01, Alejandro/HABM – Anheuser-Busch [BUDMEN], Slg. 2003, II‑2251, Randnr. 67, und vom 1. Februar 2005 in der Rechtssache T‑57/03, SPAG/HABM – Dann und Backer [HOOLIGAN], Slg. 2005, II‑0000, Randnr. 20).
31 Was sodann die von COST (Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung) erarbeitete Studie betrifft, so bestätigt sie nicht die Behauptung der Klägerin, dass alle Erdbeersorten denselben Duft hätten. Denn den Tabellen 4, 5 und 6 dieser Studie ist zu entnehmen, dass Verkoster eines sensorischen Panels die Erbeersorten von fünf der neun Ernten, die in der Studie untersucht wurden, an ihrem Duft erkennen konnten (im Einzelnen der Ernten vom 9. Juli 1997, vom 3. und 10. Juni 1998, vom 15. Juli 1998 und vom 2. Juni 1999), und das mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 5 % oder weniger, was nach den Erläuterungen zu diesen Tabellen bedeutet, dass die verschiedenen Erdbeersorten erhebliche Abweichungen in Bezug auf ihren Duft aufweisen. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit für das beschreibende Merkmal „Erdbeerduft“ bei einigen Ernten derjenigen für andere beschreibende Merkmale, wie z. B. „Erdbeergeschmack (Aroma)“ oder „Süße“ entpricht, die in der Studie als sehr aussagekräftig für die Unterscheidung von Erdbeersorten angesehen werden.
32 Aus den betreffenden Tabellen geht zwar hervor, dass die Erbeersorten nicht in allen Ernten deutlich am Duft unterschieden werden konnten. Ob das Vorbringen der Klägerin, dass der Duft einer reifen Erdbeere bei allen Sorten ohne Unterschied derselbe sei, begründet ist, hängt jedoch nicht davon ab, ob die Sorten systematisch erhebliche Unterschiede in Bezug auf ihren Duft aufweisen. Denn schon die Feststellung, dass die Sorten in fünf der neun in der Studie untersuchten Ernten nach ihrem Duft unterschieden werden konnten, genügt für den Nachweis, dass es nicht nur einen einzigen Erdbeerduft gibt.
33 Somit belegen die der Beschwerdekammer vorgelegten Beweise, dass sich der Duft von Erdbeeren je nach Sorte unterscheidet. Folglich ist die Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“, da sie sich auf mehrere Sorten und demnach mehrere verschiedene Düfte beziehen kann, weder eindeutig noch präzise, und sie ermöglicht es nicht, alle subjektiven Elemente bei der Erkennung und Wahrnehmung des angemeldeten Zeichens auszuschließen.
34 Ferner steht fest, dass es gegenwärtig keine allgemein anerkannte internationale Klassifikation von Düften gibt, die, wie bei den internationalen Farbcodes oder der Notenschrift, die objektive und präzise Erkennung eines Riechzeichens dank der Zuteilung präziser Bezeichnungen oder Codes für jeden Duft erlauben würde.
35 Nach alledem hat die Klägerin nicht bewiesen, dass die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass die Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“ weder objektiv noch klar und eindeutig sei, einen Fehler begangen hat.
36 Was zweitens den Bildbestandteil angeht, so ist nach Ansicht der Beschwerdekammer eine „solche Darstellung noch ungenauer als eine wörtliche Beschreibung“, weil „weder die zuständigen Behörden noch die angesprochenen Verkehrskreise feststellen können, ob es sich bei dem zu schützenden Zeichen um die Abbildung der reifen Erdbeere selbst oder um deren Duft handelt“, und die Abbildung der Erdbeere „gedanklich durch ihr sprachliches Äquivalent ‚rote Erdbeere‘ oder ‚reife Erdbeere‘ ersetzt wird, was darauf hinausläuft, dass der Duft erneut in Worten definiert wird, obwohl eine solche Definition bereits als zu ungenau betrachtet wurde“.
37 Hierzu ist erstens festzustellen, dass es, wie die Klägerin vorträgt, keinen Grund für die Annahme gibt, dass die Behörden und die angesprochenen Verkehrskreise nicht feststellen können, ob das geschützte Zeichen ein Bildzeichen ist, das in einer Erdbeere besteht, oder ein Riechzeichen, das angeblich denselben Duft hat wie eine reife Erdbeere. Da in der Anmeldung angegeben ist, dass es sich um eine Riechmarke handelt, kann nämlich kein Zweifel an der Art des angemeldeten Zeichens herrschen, genauso wie die Behörden und die angesprochenen Verkehrskreise feststellen können, ob ein Notensystem ein Bildzeichen darstellt, das aus Linien und Zeichen besteht, oder die Melodie, deren Transkription das Notensystem sein soll.
38 Zweitens ist die Tatsache, dass die Abbildung der Erdbeere gedanklich möglicherweise durch den Ausdruck „rote Erdbeere“ ersetzt wird, unerheblich. Denn jede bildliche Darstellung welcher Markenform auch immer kann sprachlich beschrieben werden und wird gedanklich immer dann durch eine Beschreibung ersetzt werden, wenn diese Beschreibung einfacher zu behalten ist als die bildliche Darstellung selbst. So wird insbesondere das Notensystem eines Klangzeichens, das in einer sehr bekannten Melodie besteht, sehr wahrscheinlich gedanklich durch den Namen dieser Melodie ersetzt werden.
39 Der Gerichtshof hat jedoch in seinem Urteil Sieckmann (Randnr. 69) entschieden, dass die grafische Darstellung einer Riechmarke, um zugelassen zu werden, den Duft darstellen muss, dessen Eintragung beantragt wird, und nicht die Ware, die ihn verströmt. Er hat daher festgestellt, dass die chemische Formel der den fraglichen Duft abgebenden Substanz nicht als gültige grafische Darstellung angesehen werden kann.
40 Das Gericht kann daher nur feststellen, dass die in der Anmeldung enthaltene Abbildung einer Erdbeere nur die Frucht darstellt, die einen angeblich mit dem fraglichen Riechzeichen identischen Duft verströmt, und nicht den beanspruchten Duft und deshalb keine grafische Darstellung des Riechzeichens ist.
41 Ferner bestehen gegen diese Abbildung dieselben Einwände wie gegen die Beschreibung „Duft einer reifen Erdbeere“. Angesichts der Feststellung, dass Erdbeeren oder zumindest einige von ihnen je nach Sorte unterschiedlich duften, ermöglicht es die Abbildung einer Erdbeere, bei der die Sorte nicht angegeben ist, nicht, klar und eindeutig das beanspruchte Riechzeichen zu identifizieren.
42 Foglich ist den Feststellungen der Beschwerdekammer zur Abbildung der roten Erdbeere ebenfalls zuzustimmen.
43 Was drittens die Kombination aus der sprachlichen Beschreibung und der Abbildung angeht, so hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, da die beiden Bestandteile keine gültigen grafischen Darstellungen seien, könne auch ihre Kombination nicht als eine zulässige grafische Darstellung betrachtet werden.
44 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, sie habe die beiden Bestandteile der Darstellung getrennt geprüft, anstatt sie als eine einzige Darstellung zu untersuchen, und macht geltend, dass die Abbildung die Beschreibung insofern vervollständige, als sie den Reifezustand wiedergebe, in dem die Erdbeeren den fraglichen Duft abgäben, und dadurch die grafische Darstellung in sich abgeschlossen mache.
45 Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kombination von Darstellungsformen, die nicht geeignet sind, als solche den Anforderungen an die grafische Darstellung zu genügen, diesen Anforderungen nicht entsprechen kann und dass mindestens einer der Bestandteile der grafischen Darstellung alle Voraussetzungen erfüllen muss (Urteile Sieckmann, Randnr. 72, und Libertel, Randnr. 36). Da zu der betreffenden sprachlichen Beschreibung und der oben in Randnummer 2 wiedergegebenen Abbildung der reifen Erdbeere festgestellt worden ist, dass sie nicht den Anforderungen an die grafische Darstellung genügen, handelt es sich folglich bei ihrer Kombination nicht um eine gültige grafische Darstellung.
46 Ferner enthält die Abbildung entgegen der Behauptung der Klägerin keine Zusatzinformation im Vergleich zur sprachlichen Beschreibung. Denn die angebliche Zusatzinformation, nämlich der Reifezustand, in dem eine Erdbeere den betreffenden Duft verströmt, ist bereits in der von der Klägerin gegebenen Beschreibung enthalten, in der es heißt, dass es sich um den Duft einer „reifen“ Erdbeere handele. Da beide Bestandteile somit die gleiche Information vermitteln, kann ihre Kombination nicht mehr aussagen als die Summe der beiden Teile und die Einwände, die gegen jeden von ihnen als solchen vorgebracht werden, nicht entkräften.
47 Nach alledem konnte die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten, dass für das fragliche Riechzeichen keine grafische Darstellung im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung vorliegt.
48 Da der einzige angeführte Klagegrund unbegründet ist, ist die Klage somit abzuweisen.
Kosten
49 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Jaeger |
Tiili |
Czúcz |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Oktober 2005.
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
M. Jaeger |
* Verfahrenssprache: Französisch.