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Document 62004TJ0233
Judgment of the Court of First Instance (Fifth Chamber, extended composition) of 10 April 2008. # Kingdom of the Netherlands v Commission of the European Communities. # State aid - Directive 2001/81/EC - National measure establishing an emission trading scheme for nitrogen oxides - Decision finding the aid compatible with the common market - Admissibility - Advantage - Measure lacking selective character. # Case T-233/04.
Urteil des Gerichts Erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 10. April 2008.
Königreich der Niederlande gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen - Richtlinie 2001/81/EG - Nationale Maßnahme, mit der ein System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide eingeführt wird - Entscheidung, mit der die Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird - Zulässigkeit - Vorteil - Fehlende Selektivität der Maßnahme.
Rechtssache T-233/04.
Urteil des Gerichts Erster Instanz (Fünfte erweiterte Kammer) vom 10. April 2008.
Königreich der Niederlande gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen - Richtlinie 2001/81/EG - Nationale Maßnahme, mit der ein System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide eingeführt wird - Entscheidung, mit der die Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird - Zulässigkeit - Vorteil - Fehlende Selektivität der Maßnahme.
Rechtssache T-233/04.
Sammlung der Rechtsprechung 2008 II-00591
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2008:102
Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In der Rechtssache T‑233/04
Königreich der Niederlande, vertreten durch H. Sevenster, J. van Bakel und M. de Grave als Bevollmächtigte,
Kläger,
unterstützt durch
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.‑D. Plessing und M. Lumma als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. van Vliet und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (2003) 1761 final der Kommission vom 24. Juni 2003 über die staatliche Beihilfe N 35/2003 betreffend das vom Königreich der Niederlande angemeldete System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras, der Richterin M. E. Martins Ribeiro, der Richter F. Dehousse und D. Šváby sowie der Richterin K. Jürimäe,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2006
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1. Art. 6 EG bestimmt:
„Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der in Artikel 3 genannten Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.“
2. Art. 87 EG sieht vor:
„(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
…
(3) Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;
b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
e) sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.“
3. Im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 2001, C 37, S. 3) heißt es:
„69. Das Ziel der Reduzierung von Treibhausgasen kann von den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft als Vertragsparteien einerseits mit Hilfe von gemeinschaftsweiten gemeinsamen und koordinierten Politiken und Maßnahmen … – zu denen auch Wirtschaftsinstrumente gehören – und andererseits durch Rückgriff auf die im Kyoto-Protokoll eingeführten Instrumente, nämlich marktfähige Emissionsgenehmigungen, die gemeinsame Erfüllung von Verpflichtungen und den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung, verwirklicht werden.
70. Da ein einschlägiger Gemeinschaftstext fehlt, ist es – unbeschadet des Initiativrechts der Kommission, einen derartigen Text vorzuschlagen – Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, die Politiken, Maßnahmen und Instrumente zu bestimmen, mit denen sie die im Rahmen des Kyoto-Protokolls festgeschriebenen Ziele erreichen wollen.
71. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass manche von den Mitgliedstaaten gewählte Modalitäten zur Verwirklichung der Ziele dieses Protokolls staatliche Beihilfen darstellen könnten, dass es aber verfrüht wäre, die Voraussetzungen für die Genehmigung derartiger etwaiger Beihilfen festzulegen.“
4. Der 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. L 309, S. 22) lautet:
„Die Festlegung nationaler Höchstmengen für Emissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen und Ammoniak für die einzelnen Mitgliedstaaten stellt einen kosteneffizienten Weg zur Verwirklichung der Umweltzwischenziele dar. Solche Emissionshöchstmengen bieten der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten Flexibilität bei der Festlegung der Strategien zu ihrer Einhaltung.“
5. Art. 4 („Nationale Emissionshöchstmengen“) der Richtlinie 2001/81 sieht in Abs. 1 vor:
„Bis spätestens 2010 begrenzen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Emissionen an Schwefeldioxid (SO 2 ), Stickstoffoxiden (NO x ), flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) und Ammoniak (NH 3 ) auf die in Anhang I festgelegten Emissionshöchstmengen unter Berücksichtigung der etwaigen Änderungen, die aufgrund von Maßnahmen der Gemeinschaft erfolgt sind, die im Anschluss an die Berichte nach Artikel 9 angenommen wurden.“
6. In Anhang I der Richtlinie 2001/81 ist die Höchstmenge der Emissionen von Stickstoffoxiden (NO x ), die vom Königreich der Niederlande bis 2010 erreicht werden muss, auf 260 Kilotonnen festgesetzt.
7. Die Mitgliedstaaten hatten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie 2001/81 vor dem 27. November 2002 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen.
Sachverhalt
8. Mit Schreiben vom 23. Januar 2003 meldeten die niederländischen Behörden gemäß Art. 88 Abs. 3 EG ein System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide (im Folgenden: fragliche Maßnahme) bei der Kommission an. Sie ersuchten diese gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) um Erlass einer Entscheidung, mit der das Nichtvorliegen einer Beihilfe festgestellt werde.
9. Am 24. Juni 2003 erließ die Kommission die Entscheidung C (2003) 1761 final über die staatliche Beihilfe N 35/2003 betreffend die fragliche Maßnahme (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
10. In Nr. 1 der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission die fragliche Maßnahme zunächst. Danach haben die niederländischen Behörden im Rahmen der in der Richtlinie 2001/81 für die Niederlande festgesetzten nationalen Höchstmenge der NO x -Emissionen für das Jahr 2010 ein Ziel von 55 Kilotonnen NO x -Emissionen für ihre industriellen Großanlagen, d. h. etwa 250 Unternehmen, festgelegt.
11. Zur Funktionsweise dieses Systems legt die Kommission in Nr. 1.2 der angefochtenen Entscheidung dar, dass ein innerstaatliches Gesetz für jede industrielle Anlage ein von dieser einzuhaltendes Emissionsniveau für NO x festlege. Das Unternehmen kann das ihm vorgeschriebene Emissionsniveau dadurch einhalten, dass es Maßnahmen zur Verringerung der NO x -Emissionen in seiner eigenen Anlage trifft, dass es Emissionsrechte von anderen Unternehmen käuflich erwirbt oder dass es beide Möglichkeiten miteinander kombiniert. Emissionsreduktionen in Form von NO x -Gutschriften werden auf dem Markt des Emissionsrechtehandels von den Anlagen angeboten, deren Emissionen unterhalb des Emissionsniveaus bleiben.
12. Die NO x -Jahresemission einer Anlage, berichtigt durch etwaige ge- oder verkaufte NO x -Gutschriften, muss insgesamt dem für die betreffende Anlage zugelassenen Emissionsniveau entsprechen. Die zulässige Jahresemission – in absoluten Zahlen – wird anhand der – relativen – Emissionsnorm und der von der betreffenden Anlage verwendeten Energiemenge berechnet.
13. Am Ende jedes Jahres prüfen die niederländischen Behörden, ob die Anlagen das vorgeschriebene Emissionsniveau eingehalten haben. Jedes Jahr können NO x -Gutschriften für künftige Zeiträume gekauft, eingespart oder darlehensweise zur Verfügung gestellt werden. Überschreitet eine Anlage das vorgeschriebene Emissionsniveau, muss sie die überschießende Menge im folgenden Jahr wieder ausgleichen. Außerdem wird dieser auszugleichende Überschuss um 25 % erhöht, um von einer weiteren Überschreitung abzuschrecken. Hält eine Anlage das für sie geltende Emissionsniveau nicht ein, so haben die niederländischen Behörden gegen sie eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Geldbuße zu verhängen.
14. Die Unternehmen brauchen schließlich im Rahmen der fraglichen Maßnahme keine Emissionsrechte zu erwerben, um produzieren zu dürfen. Sie müssen nur das Emissionsniveau einhalten.
15. In Nr. 1.3 der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission die Methode zur Berechnung des Emissionsniveaus, sodann in Nr. 1.4 die Unterschiede, die zwischen dem „Cap-and-trade“-System und dem „Dynamic cap“-System, das der fraglichen Maßnahme zugrunde liege, bestünden. Sie legt dar, nach Ansicht der niederländischen Behörden unterscheide sich die fragliche Maßnahme von der anderen Variante des Emissionshandelssystems, dem „Cap-and-trade“-System, bei dem den Unternehmen Emissionsquoten zugeteilt würden. Danach müssten neue Unternehmen oder Unternehmen, die expandieren wollten, zunächst die erforderliche Quotenmenge erwerben. Bei der fraglichen Maßnahme seien die Unternehmen hierzu nicht verpflichtet, sondern müssten nur das für sie geltende Emissionsniveau einhalten, das von ihrem Energieverbrauch abhänge und danach angepasst werde.
16. In den Nrn. 1.5 und 1.6 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission weiter aus, die fragliche Maßnahme sei auf alle Industrieunternehmen anwendbar, deren Leistungsbedarf parallel zur Gemeinschaftsregelung höher als 20 Megawatt thermisch (MWth) sei. Die niederländischen Behörden hielten die in den verschiedenen geltenden Gemeinschaftsrichtlinien festgesetzten Emissionsgrenzwerte weiterhin ein.
17. Im Rahmen ihrer Beurteilung der fraglichen Maßnahme (Nr. 3 der angefochtenen Entscheidung) weist die Kommission zunächst auf ihre Entscheidungspraxis hinsichtlich der Regelungen über den Handel mit Emissionsrechten hin und unterscheidet dabei zwei Arten von Systemen:
„1. Systeme, bei denen die handelbaren Emissions- bzw. Verschmutzungsberechtigungen als immaterielle Vermögensgegenstände mit einem bestimmten Marktwert angesehen werden, die vom Staat auch hätten verkauft oder versteigert werden können, was zu Einnahmeausfällen (oder zum Verlust staatlicher Mittel) führt, so dass es sich um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG handelt;
2. Systeme, bei denen handelbare Emissions- bzw. Verschmutzungsberechtigungen als amtlicher Beleg dafür angesehen werden, dass eine bestimmte Emissionsmenge nicht an den Berechtigungsinhaber verkauft oder versteigert werden kann, so dass von Einnahmeausfällen – und damit von staatlichen Mitteln – nicht gesprochen werden kann, was wiederum bedeutet, dass keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG vorliegt.“
18. Anschließend legt die Kommission die Gründe dar, aus denen sie zu dem Schluss gelangt ist, dass bei der fraglichen Maßnahme eine staatliche Beihilfe vorliege, nämlich im Wesentlichen eine unentgeltliche Gewährung von NO x -Gutschriften durch den Staat an eine bestimmte Gruppe von Unternehmen, die Handel zwischen Mitgliedstaaten treibe. Der angefochtenen Entscheidung zufolge hätte der niederländische Staat auch Emissionsrechte verkaufen oder versteigern können. Indem der Mitgliedstaat NO x -Gutschriften als immaterielle Vermögensgegenstände unentgeltlich vergebe, entstehe ihm somit ein Einnahmeausfall. Diese Regelung impliziere daher staatliche Mittel im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG. Durch die Stärkung der Stellung der betreffenden Unternehmen werde der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
19. In Nr. 3.3 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission schließlich die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt.
20. Als Ergebnis stellt die Kommission in Nr. 4 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die fragliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG enthalte, wobei sie allerdings hinzufügt, dass diese Beihilfe nach Art. 87 Abs. 3 EG und Art. 61 Abs. 3 Buchst. c des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Die Kommission fordert die niederländischen Behörden auf, ihr jährlich einen Bericht über die Durchführung der fraglichen Maßnahme zu übermitteln und ihr jede Anpassung der Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe anzumelden.
Verfahren
21. Mit Klageschrift, die am 5. September 2003 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Königreich der Niederlande gegen die angefochtene Entscheidung Klage erhoben (Rechtssache C‑388/03).
22. Mit Beschluss vom 17. Februar 2004 hat der Präsident des Gerichtshofs die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Königreichs der Niederlande zugelassen.
23. Mit Beschluss vom 8. Juni 2004 hat der Gerichtshof die Rechtssache gemäß dem Beschluss 2004/407/EG, Euratom des Rates vom 26. April 2004 zur Änderung der Art. 51 und 54 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs (ABl. L 132, S. 5) an das Gericht verwiesen.
24. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 hat das Gericht das Königreich der Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, zu den aus dem Beschluss des Gerichtshofs vom 28. Januar 2004, Niederlande/Kommission (C‑164/02, Slg. 2004, I‑1177), zu ziehenden Schlussfolgerungen für die Zulässigkeit der Klage Stellung zu nehmen. Der Kläger und die Streithelferin haben ihre Stellungnahme am 14. bzw. 12. Januar 2005 eingereicht.
Anträge der Parteien
25. Das Königreich der Niederlande, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin davon ausgeht, dass die fragliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG enthält;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
26. Die Kommission beantragt,
– die Klage für unzulässig zu erklären, hilfsweise, sie abzuweisen;
– die Kosten dem Königreich der Niederlande aufzuerlegen.
Zur Zulässigkeit
Vorbringen der Parteien
27. Die Kommission hat Bedenken, ob die Klage zulässig ist, erhebt jedoch keine Einrede der Unzulässigkeit. Sie macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei eine zustimmende Entscheidung, die keine Rechtswirkungen erzeuge, die die Interessen des Königreichs der Niederlande beeinträchtigen könnten. Diese Entscheidung könne daher dessen Rechtsstellung nicht ändern und es nicht beschweren. Nach der Rechtsprechung könne daher gegen die angefochtene Entscheidung keine Klage erhoben werden.
28. Insoweit verweist die Kommission auf den Beschluss des Gerichtshofs vom 27. November 2001, Portugal/Kommission (C‑208/99, Slg. 2001, I‑9183), sowie auf die Urteile des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, Deutschland/Kommission (C‑242/00, Slg. 2002, I‑5603), und des Gerichts vom 30. Januar 2002, Nuove Industrie Molisane/Kommission (T‑212/00, Slg. 2002, II‑347). Diese Rechtsprechung sei vor Kurzem durch den oben in Randnr. 24 angeführten Beschluss Niederlande/Kommission in einer ähnlichen Rechtssache wie der vorliegenden bestätigt worden.
29. Nach Ansicht der Kommission vertritt das Königreich der Niederlande einen zu weiten Zulässigkeitsbegriff. Eine Berufung auf die Möglichkeit, dass künftige Interessen berührt sein könnten, genüge nicht. Eine Nichtigkeitsklage sei vielmehr nur dann zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung tatsächliche, bestehende Interessen in qualifizierter Weise negativ beeinflusse. Das sei hier aber nicht der Fall. Dass sich Dritte eines Tages im Rahmen nationaler Gerichtsverfahren auf die angefochtene Entscheidung berufen könnten, um geltend zu machen, dass mit der fraglichen Maßnahme vergleichbare Regelungen staatliche Beihilfen darstellten, bedeute nicht, dass die angefochtene Entscheidung die Stellung des Königreichs der Niederlande erheblich nachteilig ändere.
30. Außerdem sei Art. 230 EG im Licht des Art. 233 EG auszulegen. Die Möglichkeit einer Klageerhebung nach Art. 230 EG sei auf die Fälle zu beschränken, in denen bei einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung das Organ verpflichtet sei, bestimmte Maßnahmen zur Durchführung des Urteils zu treffen, die tatsächlich und konkret die Rechtsstellung des Königreichs der Niederlande änderten. Im vorliegenden Fall sei jedoch für die Kommission bei einer Nichtigerklärung nichts zu tun, was die Rechtsstellung des Königreichs der Niederlande ändern würde.
31. Das Königreich der Niederlande sieht seine Klage als zulässig an. Es macht geltend, für eine Zulässigkeit von Klagen der Mitgliedstaaten genüge es, dass die angefochtene Maßnahme Rechtswirkungen erzeuge, die geeignet seien, ihre Interessen zu beeinträchtigen. Es sei also nicht erforderlich, dass die Interessen der Niederlande zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage tatsächlich beeinträchtigt gewesen seien. Eine Klage könne auch im Hinblick auf künftige und potenzielle Rechtswirkungen erhoben werden.
32. Das Königreich der Niederlande weist darauf hin, dass die Qualifikation als staatliche Beihilfe zur Anwendung der Art. 17 bis 19 der Verordnung Nr. 659/1999 führe. Damit könne die Kommission in Zukunft jede Art zweckdienlicher Maßnahmen vorschreiben, womit die Kontinuität und die Rechtssicherheit bei der fraglichen Maßnahme gefährdet würden. Auch seien Änderungen der fraglichen Maßnahme bei der Kommission anzumelden, und das Königreich der Niederlande habe jährlich einen Bericht über die Durchführung der fraglichen Maßnahme zu erstellen. Die Bundesrepublik Deutschland weist außerdem darauf hin, dass die angefochtene Entscheidung gegenüber dem Königreich der Niederlande insoweit Rechtswirkungen erzeuge, als sie die inhaltlichen und die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über staatliche Beihilfen auf die fragliche Maßnahme anwendbar mache.
33. Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande könnte überdies die mit der fraglichen Maßnahme angeblich gewährte Beihilfe eine Entscheidung rechtfertigen, nach der eine neue Beihilfe gemäß den Kumulierungsvorschriften, die in den von der Kommission festgelegten Gemeinschaftsrahmen vorgesehen seien, unzulässig wäre. Bei der angefochtenen Entscheidung handele es sich außerdem um einen Präzedenzfall, der die Mitgliedstaaten in Zukunft zur Anmeldung vergleichbarer Systeme bei der Kommission zwingen würde. Darüber hinaus könnten sich Dritte vor nationalen Gerichten auf die angefochtene Entscheidung berufen.
34. Zu den Schlüssen, die aus dem Beschluss Niederlande/Kommission (oben, Randnr. 24) zu ziehen sind, macht das Königreich der Niederlande, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere geltend, Ziel seiner Klage im Rahmen dieser Rechtssache sei es gewesen, die Nichtigerklärung einer in den Gründen der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellung zu erwirken. Im Gegensatz dazu sei im vorliegenden Fall die Klage gegen den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung und nicht gegen einen ihrer Gründe gerichtet.
35. Das Königreich der Niederlande, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, führt aus, es habe bei der Kommission den Erlass einer Entscheidung beantragt, die bestätige, dass die fragliche Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstelle. Indem die Kommission aber das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt habe, habe sie seinen Antrag abgelehnt. Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet sich auch darin der vorliegende Fall von demjenigen, der dem Beschluss Niederlande/Kommission (oben in Randnr. 24 angeführt) zugrunde lag.
36. Das Königreich der Niederlande trägt schließlich vor, die in Art. 233 EG vorgesehenen Durchführungsmaßnahmen gehörten nicht zu den Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen. Außerdem könne die Kommission nach einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung eine neue Entscheidung erlassen, mit der sie das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe feststelle.
Würdigung durch das Gericht
37. Art. 230 EG unterscheidet deutlich zwischen dem Klagerecht der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten einerseits und demjenigen natürlicher und juristischer Personen andererseits, wobei sein Abs. 2 u. a. den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Kommission mit einer Nichtigkeitsklage anzufechten, ohne dass die Ausübung dieses Rechts von der Darlegung eines Rechtsschutzinteresses abhängt. Ein Mitgliedstaat muss daher für die Zulässigkeit seiner Klage nicht dartun, dass ein von ihm angefochtener Rechtsakt der Kommission ihm gegenüber rechtliche Wirkungen erzeugt. Ein Rechtsakt der Kommission kann jedoch nur dann mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden, wenn er Rechtswirkungen erzeugen soll (vgl. Beschluss Portugal/Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnrn. 22 bis 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38. Im vorliegenden Fall hat die Kommission nach Anmeldung der fraglichen Maßnahme durch das Königreich der Niederlande und nach dessen Antrag auf Feststellung gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999, dass die fragliche Maßnahme keine Beihilfe ist, in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass dieses System eine Beihilfe enthalte, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.
39. Dazu ist zunächst zu sagen, dass der Gerichtshof bei einem ähnlichen Sachverhalt die Klage eines Mitgliedstaats als zulässig angesehen hat (Urteil des Gerichtshofs vom 26. September 1996, Frankreich/Kommission, C‑241/94, Slg. 1996, I‑4551). Zwar hatte die Kommission in jener Rechtssache die Zulässigkeit der Klage nicht in Abrede gestellt, jedoch ist die Zulässigkeit eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung, die vom Gemeinschaftsrichter jederzeit von Amts wegen geprüft werden kann. Dass die Kommission in dieser Rechtssache keine Einrede der Unzulässigkeit der Klage erhoben hatte, bedeutet somit nicht, dass der Gerichtshof auf eine Prüfung dieser Frage verzichtet hätte.
40. Sodann hat die Kommission, als sie die fragliche Maßnahme als staatliche Beihilfe qualifiziert hat, anders als im Kontext des oben in Randnr. 28 angeführten Urteils Deutschland/Kommission, auf das sie sich beruft, dem Antrag des Königreichs der Niederlande nicht stattgegeben.
41. Diese Qualifikation hat es der Kommission ermöglicht, die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt im Rahmen der angefochtenen Entscheidung zu prüfen. Sie führt zudem zur Durchführung des Verfahrens für bestehende Beihilferegelungen nach der Verordnung Nr. 659/1999, insbesondere deren Art. 17 bis 19 und Art. 21, der den betreffenden Mitgliedstaat zur Übermittlung von Jahresberichten über alle bestehenden Beihilferegelungen verpflichtet. Auch kann sich diese Qualifikation als staatliche Beihilfe nach den in Nr. 74 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen enthaltenen Regeln über die Kumulierung von Beihilfen verschiedener Herkunft auf die Gewährung einer neuen Beihilfe auswirken.
42. Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung mit Sicherheit verbindliche rechtliche Wirkungen entfaltet. Die Klage des Königreichs der Niederlande ist somit zulässig.
43. Dem steht auch weder die angeführte Rechtsprechung noch das Vorbringen der Kommission entgegen.
44. Anders als bei den dem Urteil des Gerichts vom 17. September 1992, NBV und NVB/Kommission (T‑138/89, Slg. 1992, II‑2181), zugrunde liegenden Gegebenheiten erzeugt die angefochtene Entscheidung rechtliche Wirkungen, die das Königreich der Niederlande beschweren (siehe oben, Randnr. 42). Dessen Rechtsstellung im Hinblick auf Art. 230 EG ist auch nicht mit derjenigen der Klägerin in jener Rechtssache (vgl. oben, Randnr. 37) vergleichbar, bei der es sich um ein Unternehmen handelte, das ein Rechtsschutzinteresse dartun musste (vgl. oben, Randnr. 37).
45. Außerdem hat der Gerichtshof in dem oben in Randnr. 28 angeführten Beschluss Portugal/Kommission seine Entscheidung, die Klage für unzulässig zu erklären, darauf gestützt, dass die Portugiesische Republik die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen nur insoweit beantragt hatte, als sie darin als Adressatin bezeichnet wurde; diese Bezeichnung hat der Gerichtshof als überflüssig und als keine eigenständige rechtliche Wirkung erzeugend angesehen (Randnrn. 25 und 28). Im vorliegenden Fall wendet sich das Königreich der Niederlande jedoch gegen die Qualifikation als staatliche Beihilfe, die nicht als überflüssig und nicht als keine eigenständige rechtliche Wirkung erzeugend angesehen werden kann.
46. In dem oben in Randnr. 28 angeführten Urteil Nuove Industrie Molisane/Kommission hat das Gericht die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig abgewiesen, nachdem es festgestellt hatte, dass die Klägerin nicht den verfügenden Teil der Entscheidung angefochten hatte, und nachdem es geprüft hatte, ob die von der Klägerin beanstandete Beurteilung verbindliche Rechtswirkungen erzeugte, die ihre Interessen beeinträchtigten (Randnrn. 34 und 38). Im vorliegenden Fall braucht das Königreich der Niederlande jedoch kein Rechtsschutzinteresse darzutun (vgl. oben, Randnr. 37), und zudem ficht es den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung an, der die von ihm gerügte Qualifikation als staatliche Beihilfe enthält.
47. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von demjenigen, um den es in dem oben in Randnr. 24 angeführten Beschluss Niederlande/Kommission ging. In jener Rechtssache hatte das Königreich der Niederlande in seiner Klageschrift die Nichtigerklärung der betreffenden Entscheidung beantragt, „soweit die Kommission darin zu dem Ergebnis kommt, dass die den Hafenbehörden … gewährten Beiträge staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellen“ (Randnr. 9). Dieses „Ergebnis“ war aber im verfügenden Teil dieser Entscheidung nicht enthalten.
48. Zum Vortrag der Kommission schließlich, die Klage nach Art. 230 EG sei bei dessen Auslegung in Verbindung mit Art. 233 EG nur dann zulässig, wenn die in Art. 233 EG vorgesehenen Durchführungsmaßnahmen getroffen werden müssten, ist festzustellen, dass diese Auslegung der Systematik des EG-Vertrags nicht zu entnehmen ist. Nach Art. 233 EG haben das oder die Organe, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt oder deren Untätigkeit als vertragswidrig erklärt worden ist, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Dieser Artikel will somit eindeutig die Durchführung der Urteile sicherstellen, mit denen eine Handlung auf der Grundlage von Art. 230 EG für nichtig erklärt wurde. Dagegen knüpft Art. 230 EG seine Anwendung keineswegs an diejenige des Art. 233 EG. Er setzt für die Erhebung einer Klage nicht voraus, dass von dem Organ, dem die angefochtene Handlung zur Last fällt, im Fall ihrer Nichtigerklärung weitere Maßnahmen getroffen werden können.
49. Die Klage ist deshalb für zulässig zu erklären.
Zur Begründetheit
50. Das Königreich der Niederlande macht zwei Klagegründe geltend, die es auf eine Verletzung des Art. 87 EG und der Begründungspflicht stützt.
51. Im Rahmen des ersten Klagegrundes trägt es, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, vor, die fragliche Maßnahme stelle keinen aus staatlichen Mitteln finanzierten Vorteil dar, hilfsweise, die Voraussetzung der Selektivität sei nicht erfüllt.
Zum Fehlen eines aus staatlichen Mitteln finanzierten Vorteils
Vorbringen der Parteien
52. Das Königreich der Niederlande hält die Argumentation der Kommission für falsch, da sie auf die Zuteilung von Emissionsrechten abstelle, während Grundlage der fraglichen Maßnahme in Wirklichkeit die Vorschrift einer auf einem Gesetz beruhenden Umweltnorm sei. Diese einheitliche Norm finde auf alle Industrieunternehmen Anwendung, deren gesamter Leistungsbedarf höher als 20 MWth sei. Sie stelle für die Unternehmen eine Belastung und keinen Vorteil dar. Das System sei dadurch gekennzeichnet, dass die Unternehmen wählen könnten, ob sie die Norm durch Herabsetzung ihrer eigenen Emissionen oder durch Ankauf ungenutzter Emissionsgutschriften anderer Unternehmen erfüllen wollten. Zu Unrecht gehe die Kommission von dem Grundsatz aus, dass die Emissionsgutschriften von den niederländischen Behörden geschaffen würden. Diese gewährten keine Emissionsrechte, weshalb sie solche auch nicht versteigern oder verkaufen könnten.
53. Das Königreich der Niederlande weist hierzu darauf hin, dass von einer staatlichen Beihilfe nur im Fall der Übertragung staatlicher Mittel gesprochen werden könne. Zur Stützung dieser Auffassung führt es verschiedene Urteile an, darunter das Urteil vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099), in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass eine gesetzlich vorgeschriebene Abnahmeverpflichtung und die daraus folgende Aufteilung der finanziellen Belastungen zwischen den privaten Unternehmen keine unmittelbare oder mittelbare Übertragung staatlicher Mittel darstelle. Die fragliche Maßnahme weise Ähnlichkeiten mit der in der Rechtssache PreussenElektra geprüften Maßnahme auf.
54. Die fragliche Maßnahme sei auch nicht mit dem dänischen oder dem britischen System vergleichbar, in denen die Emissionsrechte, deren Zahl im Voraus festgelegt werde, von den Behörden unentgeltlich verteilt würden. Bei diesen Systemen würde die Versteigerung oder der Verkauf unbestreitbar eine denkbare Alternative darstellen. Die fragliche Maßnahme sei eher dem belgischen System ähnlich, in dem die handelbare Emissions- oder Verschmutzungsberechtigung für den Inhaber in seinen Beziehungen zum Staat wertlos sei und nur als Beweis für eine bestimmte Produktion oder Emission diene. Jedenfalls führten die Versuche der Kommission, die fragliche Maßnahme in eine der beiden von ihr selbst geschaffenen Kategorien zu pressen, nur zu einer Verschleierung der Debatte.
55. Das Königreich der Niederlande hält schließlich die Auslegung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen durch die Kommission für falsch, nach der die Erteilung von Emissionsberechtigungen in bestimmten Fällen als staatliche Beihilfe angesehen werde. Es treffe auch nicht zu, dass in der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275, S. 32) an mehreren Stellen hervorgehoben werde, dass Art. 87 EG auf die Zuteilung von Emissionsrechten anwendbar sei.
56. Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland fehlt es an einem Vorteil für die Unternehmen. Auch wenn man im vorliegenden Fall von der Zuteilung von Emissionsrechten ausgehe, stellten sich diese doch nur als „Verbriefung“ der Pflicht zur Einhaltung des festgesetzten Emissionsniveaus dar. Im Vergleich zu früher habe sich die Situation der Unternehmen verschlechtert. Handelbare Rechte könnten die Unternehmen im Übrigen allein durch eigene Anstrengungen zur Verringerung ihrer Emissionen erhalten. Dieser wirtschaftliche Vorteil könne dem Mitgliedstaat nicht zugerechnet werden. Auch irre die Kommission, wenn sie auf den vorliegenden Fall das Kriterium des Verzichts auf staatliche Einnahmen anwende, da dieses Kriterium für die beihilferechtliche Beurteilung der unentgeltlichen Zuteilung von Emissionsrechten inadäquat sei. Diese Zuteilung stelle sich als Ausfluss des Rechts der Mitgliedstaaten dar, über die Einführung von Belastungen frei zu entscheiden, und könne beihilferechtlich nicht der Veräußerung von Gütern durch die öffentliche Hand gleichgestellt werden. Der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmers sei nicht anwendbar, da der Staat den Wirtschaftsteilnehmern einen zwingenden Handlungsrahmen anbiete, ohne selbst Marktteilnehmer zu sein.
57. Die Kommission führt aus, die fragliche Maßnahme stelle eine staatliche Beihilfe dar, da den betreffenden Unternehmen jedes Jahr vom Königreich der Niederlande unentgeltlich Emissionsrechte eingeräumt würden. Der Staat schaffe damit einen handelbaren immateriellen Vermögensgegenstand, den er diesen Unternehmen unentgeltlich zur Verfügung stelle, indem er die Lasten verringere, die sie sonst zu tragen hätten.
58. Der Wert dieser Emissionsrechte bestehe vor allem darin, dass ein Unternehmen, das mit einer Überschreitung seines Emissionsniveaus rechne, durch Ankauf der benötigten Rechte die Verhängung einer Geldbuße durch die niederländischen Behörden verhindern könne. Diese Rechte seien schon zu Beginn eines Jahres handelbar, so dass ein Unternehmen mit Liquiditätsproblemen sie verkaufen könne. Den wirtschaftlichen Wert dieser Emissionsrechte bestreite das Königreich der Niederlande nicht.
59. Im vorliegenden Fall liege eine Übertragung staatlicher Mittel in Form des Ausfalls staatlicher Einnahmen vor. Das Königreich der Niederlande richte sein Augenmerk nur auf die zweite Phase des Systems, in der die Unternehmen mit den Emissionsberechtigungen untereinander Handel trieben. Die staatliche Beihilfe werde jedoch in der ersten Phase gewährt, in der das Königreich der Niederlande den betreffenden Unternehmen unentgeltlich Emissionsberechtigungen erteile, die sie dann verkaufen könnten. Dass die niederländischen Stellen handelbare Rechte begründeten und diese sodann unentgeltlich an die genannten Unternehmen vergäben, anstatt sie ihnen zu verkaufen, führe zu einem Einnahmeausfall für den Staat.
60. Das Königreich der Niederlande könnte der Kommission zufolge sein System anders gestalten und Emissionsrechte jedes Jahr verkaufen. Auch innerhalb des vom niederländischen Staat gewählten Systems bestünde für die niederländischen Behörden die Möglichkeit, von Unternehmen, deren Emissionen unterhalb des Emissionsniveaus lägen, die nicht genutzten Emissionsrechte zurückzukaufen. Anschließend könnte der Staat diese Rechte zum Verkehrswert an Unternehmen verkaufen, die sie benötigten. Hinsichtlich der Wirkungen auf die Umwelt wäre das Ergebnis vergleichbar, jedoch wären es hier die niederländischen Stellen, die den Preis für die nicht genutzten Gutschriften praktisch in vollem Umfang erhielten. Im Gegensatz dazu erhielten bei der fraglichen Maßnahme die Unternehmen, die über die NO x -Gutschriften verfügten und sie verkauften, den vollständigen Marktpreis.
61. Zum Vergleich der fraglichen Maßnahme mit dem dänischen und dem britischen System führt die Kommission aus, die Tatsache, dass bei dieser Maßnahme nicht von vornherein genau feststehe, über wie viele Emissionsrechte ein bestimmtes Unternehmen verfüge, bedeute nicht, dass sie sich so sehr vom britischen und dänischen System unterscheide, dass keine Übertragung staatlicher Mittel im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG mehr vorliege.
62. Die fragliche Maßnahme sei mit dem belgischen System nicht vergleichbar; das oben in Randnr. 53 angeführte Urteil PreussenElektra sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Würdigung durch das Gericht
63. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Qualifizierung als Beihilfe, dass alle in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Merkmale erfüllt sind. Diese Bestimmung definiert als grundsätzlich mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen solche staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2003, GEMO, C‑126/01, Slg. 2003, I‑13769, Randnrn. 21 und 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
64. Jedoch können Vorteile nur dann als Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG eingestuft werden, wenn sie zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sind (Urteil GEMO, oben in Randnr. 63 angeführt, Randnr. 24).
65. Der Begriff der Beihilfe erfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen, Darlehen oder Beteiligungen am Kapital von Unternehmen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Lasten verringern, die ein Unternehmen sonst zu tragen hätte, und die somit, ohne Subventionen im strengen Sinne des Wortes darzustellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl. Urteil GEMO, oben in Randnr. 63 angeführt, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
66. Folglich kann eine staatliche Beihilfe auch eine Maßnahme sein, mit der bestimmten Unternehmen ein Vorteil gewährt wird, der eine zusätzliche Belastung der öffentlichen Hand in Form eines tatsächlichen Verzichts auf öffentliche Forderungen oder eines Erlasses von Geldbußen oder anderen Zwangsgeldern bewirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Piaggio, C‑295/97, Slg. 1999, I‑3735, Randnrn. 42 und 43).
67. Nach diesen Grundsätzen ist zu prüfen, ob denjenigen, denen die fragliche Maßnahme zugutekommt, mit dieser ein aus staatlichen Mitteln finanzierter Vorteil gewährt wird.
68. Das Königreich der Niederlande macht geltend, dass es den betreffenden Unternehmen keine Emissionsrechte gewähre.
69. Dazu ist festzustellen, dass die fragliche Maßnahme im Gegensatz zu anderen Systemen nicht auf vom Staat unmittelbar zugeteilten Emissionsrechten beruht. Das räumt die Kommission in Nr. 3.2 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung selbst ein.
70. Zwar gewährt das Königreich der Niederlande den betroffenen Unternehmen nicht unmittelbar Emissionsrechte, doch beschränkt es sich auch nicht darauf, für sie ein Emissionsniveau festzulegen, das sie einzuhalten haben. Es gestattet vielmehr den einem Emissionsniveau unterliegenden Unternehmen, mit den mittelbar aus diesem Niveau fließenden Emissionsrechten im Rahmen der für jedes von ihnen geltenden Höchstmenge untereinander Handel zu treiben. Indem das Königreich der Niederlande diese Rechte aber handelbar macht, weist es ihnen einen Marktwert zu. Jedes dieser Regelung unterliegende Unternehmen kann diese Rechte jederzeit verkaufen.
71. In diesem Zusammenhang hat das Königreich der Niederlande in seiner Antwort auf Fragen des Gerichts ausgeführt, dass für jeden Inhaber einer Emissionsberechtigung ein Konto im Register für NO x -Emissionen angelegt werde und der Betreffende alle Rechte verkaufen könne, die sich auf die Jahre bezögen, für die ein Niveau festgelegt worden sei, einschließlich künftiger Jahre. Daraus folge, dass alle Rechte handelbar seien und nicht nur die am Jahresende von den Unternehmen, die weniger NO x als nach dem festgesetzten Niveau vorgesehen emittiert hätten, nicht genutzten Gutschriften, wobei diese die positive Differenz zwischen der erlaubten und der festgestellten NO x -Emission darstellten.
72. Zwar stellen, wie das Königreich der Niederlande ausführt, die Emissionsgutschriften, über die möglicherweise bestimmte Unternehmen am Jahresende verfügen, das Ergebnis ihrer Anstrengungen und den Beweis für diese Anstrengungen dar. Diese Gutschriften wären jedoch auf dem Markt wertlos, wäre nicht im System die Möglichkeit vorgesehen, mit ihnen Handel zu treiben. Die Unternehmen könnten sonst nämlich nicht durch ihren Verkauf die ihnen bei der Verringerung ihrer NO x -Emissionen entstandenen Aufwendungen, und sei es auch nur teilweise, wieder zurückerlangen.
73. Den Unternehmen, deren NO x -Emission das festgelegte Emissionsniveau überschreitet und deren Ergebnis daher am Ende des Jahres negativ ist, ermöglicht die fragliche Maßnahme, einer Geldbuße dadurch zu entgehen, dass sie Emissionsrechte von den Unternehmen kaufen, die über überschüssige Rechte verfügen.
74. Daraus folgt, dass die im Rahmen der fraglichen Maßnahme vorgesehene Handelsbarkeit der Emissionsrechte für die Unternehmen, die dem festgelegten NO x -Emissionsniveau unterworfen sind, einen Vorteil darstellt.
75. Außerdem hat das Königreich der Niederlande mit der Einführung einer Regelung, die die Möglichkeit des Handels mit NO x -Emissionsrechten auf dem Markt vorsieht, diese Rechte zu immateriellen Vermögensgegenständen gemacht, die frei verkäuflich sind, auch wenn sie an eine für das betreffende Unternehmen geltende Obergrenze gebunden sind. Diese Vermögensgegenstände sind den betreffenden Unternehmen aber unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, obwohl sie auch hätten verkauft oder versteigert werden können. Damit hat das Königreich der Niederlande auf staatliche Einnahmen verzichtet.
76. Zu Unrecht beruft sich das Königreich der Niederlande insoweit auf die Ähnlichkeit der fraglichen Maßnahme mit dem belgischen System. In ihrer Entscheidung vom 25. Juli 2001 über die Beihilfe N 550/2000 – Belgien – „Grüner Strom“-Zertifikate (ABl. C 330, S. 3) hat die Kommission nämlich festgestellt, dass diese Zertifikate nur einen amtlichen Beweis für die Erzeugung des „grünen Stroms“ darstellten und der Staat daher mit ihrer unentgeltlichen Erteilung an die Erzeuger keinen Einnahmeausfall akzeptiert habe.
77. Ebenfalls zu Unrecht beruft sich das Königreich der Niederlande auf die Ähnlichkeit der fraglichen Maßnahme mit der Maßnahme, um die es in dem oben in Randnr. 53 angeführten Urteil PreussenElektra ging. Denn mit dieser Regelung wurde für die Wirtschaftsteilnehmer eine Verpflichtung zur gegenseitigen Stromabnahme eingeführt. Diese Verpflichtung beruhte auch nicht auf Emissions- oder Verschmutzungsberechtigungen.
78. Infolgedessen stellt die fragliche Maßnahme nach der oben in den Randnrn. 63 bis 66 angeführten Rechtsprechung einen den betreffenden Unternehmen aus staatlichen Mitteln gewährten Vorteil dar.
Zur fehlenden Selektivität
Vorbringen der Parteien
79. Das Königreich der Niederlande, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, hält die Voraussetzung der Selektivität im vorliegenden Fall für nicht erfüllt. Die fragliche Maßnahme sei für etwa 250 industrielle Großunternehmen zwingend, die keinem bestimmten Produktionszweig angehörten. Da alle Großanlagen dieselbe Norm einhalten müssten, sei diese Gruppe von Unternehmen nicht begünstigt.
80. Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande, das insoweit von der Bundesrepublik Deutschland unterstützt wird, ist dem Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, Slg. 2001, I‑8365, Randnr. 41), zu entnehmen, dass ein Vergleich mit anderen Unternehmen erfolgen müsse, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden.
81. Das Königreich der Niederlande hebt hervor, die Kommission gebe nicht an, im Verhältnis zu welchen Unternehmen die genannten industriellen Großanlagen begünstigt sein sollten. Die Bundesrepublik Deutschland meint, diese Anlagen befänden sich nicht in einer Situation, die mit derjenigen der anderen Unternehmen vergleichbar sei, da Letztere gerade nicht zur Einhaltung des jeweiligen Emissionsniveaus verpflichtet seien.
82. Die Kommission vertritt die Auffassung, während für alle Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden Emissionsniveaus gälten, betreffe die fragliche Maßnahme nur eine ganz beschränkte Gruppe niederländischer Unternehmen, deren Leistungsbedarf höher als 20 MWth sei. Nur diese Unternehmen erhielten von den niederländischen Behörden unentgeltlich Emissionsrechte. Auch wenn nicht alle diese Unternehmen das gleiche Erzeugnis herstellten, sei doch die Selektivitätsvoraussetzung des Art. 87 Abs. 1 EG erfüllt.
83. Unter Berufung auf das oben in Randnr. 80 angeführte Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke macht die Kommission geltend, die Tatsache, dass die begünstigten Unternehmen verschiedenen Branchen angehörten, bedeute nicht, dass die fragliche Maßnahme eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme sei.
Würdigung durch das Gericht
84. Wie aus dem Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 EG hervorgeht, hat ein von einem Mitgliedstaat gewährter wirtschaftlicher Vorteil nur dann Beihilfecharakter, wenn er, gekennzeichnet durch eine gewisse Selektivität, geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige zu begünstigen (Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 34).
85. Demzufolge kann eine staatliche Maßnahme, die unterschiedslos allen Unternehmen im Inland zugutekommt, keine staatliche Beihilfe darstellen (Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 35).
86. Für die Anwendung des Art. 87 EG kommt es nicht darauf an, ob sich die Situation des durch die Maßnahme angeblich Begünstigten im Vergleich zur vorherigen Rechtslage verbessert oder verschlechtert hat oder ob sie im Gegenteil unverändert geblieben ist. Es ist lediglich festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte … Unternehmen oder Produktionszweige“ im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen (vgl. Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
87. Nach Nr. 1.5 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung ist die fragliche Maßnahme auf alle Industrieanlagen mit einem Leistungsbedarf von mehr als 20 MWth anwendbar. In Nr. 3.3 der angefochtenen Entscheidung heißt es außerdem, die fragliche Maßnahme sei an eine heterogene Gruppe industrieller Großunternehmen gerichtet und daher multisektoral ausgelegt.
88. Somit ist zum einen festzustellen, dass alle industriellen Großanlagen dem mit der fraglichen Maßnahme festgesetzten Emissionsniveau für NO x unterliegen und den Vorteil in Anspruch nehmen können, der durch die Handelbarkeit der Emissionsrechte im Rahmen dieses Emissionsniveaus geboten wird. Die Anwendbarkeit der fraglichen Maßnahme richtet sich somit nach einem objektiven Kriterium, ohne dass es auf geografische oder sektorale Erwägungen ankäme. Da die fragliche Maßnahme auf die Unternehmen abzielt, die die meisten Schadstoffe ausstoßen, entspricht dieses objektive Kriterium auch dem verfolgten Zweck, die Umwelt zu schützen, sowie der inneren Logik des Systems.
89. Zum anderen wird nach der angefochtenen Entscheidung nur den unter diese Regelung fallenden Unternehmen eine strenge, bis 2010 stufenweise herabgesetzte Emissionsnorm oder Performance Standard Rate (PSR) unter Androhung einer Geldbuße bei Zuwiderhandlungen auferlegt.
90. Daher ist sowohl im Hinblick auf den verfolgten Zweck als auch im Hinblick auf die den industriellen Großanlagen im Rahmen der fraglichen Maßnahme auferlegten spezifischen Verpflichtungen festzustellen, dass die tatsächliche und rechtliche Situation der einem entsprechenden Emissionsniveau für NO x unterworfenen Unternehmen nicht mit der von Unternehmen vergleichbar ist, für die kein solches Emissionsniveau gilt.
91. Insoweit hat die Kommission zwar auf in den Niederlanden bestehende Gesetze über einerseits Umweltmanagement und andererseits Luftverschmutzung verwiesen, die nicht mit einem System des Tauschs von Emissionsrechten verbunden seien und nach denen alle Unternehmen den gleichen Verpflichtungen hinsichtlich der Verringerung der NO x -Emissionen unterlägen. Diese Ausführungen stehen jedoch in Widerspruch zur Beschreibung der fraglichen Maßnahme in Nr. 1 der angefochtenen Entscheidung. Danach betreffen nämlich die Berechnung des mit der fraglichen Maßnahme eingeführten Emissionsniveaus und die bei Zuwiderhandlungen gegen dieses Emissionsniveau verhängten Geldbußen nur die Anlagen, auf die sich diese Regelung bezieht (siehe oben, Randnrn. 10 bis 16).
92. Außerdem hat die Kommission nichts Substantiiertes zum Nachweis dafür vorgetragen, dass Unternehmen, die unter die von ihr angeführten Gesetze fallen, Verpflichtungen gleicher Art unterliegen, wie sie für Unternehmen gelten, die von der fraglichen Maßnahme betroffen sind, und dass gegen die erstgenannten Unternehmen im Fall der Verletzung ihrer Verpflichtungen eine Geldbuße verhängt wird.
93. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass sich Unternehmen mit einem Leistungsbedarf von weniger als 20 MWth in einer Situation befänden, die mit derjenigen der von der fraglichen Maßnahme betroffenen Unternehmen vergleichbar wäre. Insbesondere hat die Kommission nichts zum Nachweis dafür vorgetragen, dass diese Unternehmen der PSR unterlägen.
94. Die Kommission hat folglich nicht das Bestehen einer allgemeinen Regelung nachgewiesen, der Unternehmen unterworfen wären, die sich in einer mit der Lage der Anlagen, die der fraglichen Maßnahme unterliegen, vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, die aber nicht den Vorteil böte, der in der Handelbarkeit der NO x -Emissionsrechte besteht. Die fragliche Maßnahme weicht daher nicht von einer allgemeinen Regelung ab.
95. Auch die Tatsache, dass die Zahl der betreffenden Unternehmen möglicherweise auf etwa 250 beschränkt ist, reicht als solche nicht zum Nachweis der Selektivität der Maßnahme aus. Diese Gruppe von Unternehmen entspricht nämlich, auch wenn man sie als beschränkt betrachtet, allen jenen Unternehmen, die sich in einer bestimmten tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, die unter Berücksichtigung des verfolgten Zwecks nicht mit der Situation vergleichbar ist, in der sich Unternehmen befinden, die ihr nicht angehören.
96. Insgesamt begünstigt somit die fragliche Maßnahme nicht bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG.
97. Selbst wenn man aber annähme, dass die fragliche Maßnahme eine Differenzierung zwischen Unternehmen vornimmt und damit a priori selektiv ist, würde diese Differenzierung im vorliegenden Fall jedenfalls aus der Natur oder dem inneren Aufbau der Regelung folgen, mit der sie in Zusammenhang steht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, Slg. 2006, I‑7115, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
98. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist diese Voraussetzung der Selektivität bei einer Maßnahme nicht gegeben, die zwar einen Vorteil für den Begünstigten darstellt, aber durch das Wesen oder die allgemeinen Zwecke des Systems, zu dem sie gehört, gerechtfertigt ist (Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 42).
99. Im vorliegenden Fall ist die Bestimmung der begünstigten Unternehmen nämlich durch das Wesen und die allgemeinen Zwecke des Systems gerechtfertigt, da sie aufgrund ihrer erheblichen NO x -Emissionen und der auf ihnen lastenden spezifischen Verringerungsnorm erfolgt. Umweltschutzerwägungen rechtfertigen es, zwischen Unternehmen mit hohem NO x -Ausstoß und den übrigen Unternehmen zu differenzieren (vgl. in diesem Sinne Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnrn. 49 und 52). Bei der Durchführung dieser Grundsätze ist Art. 6 EG in Verbindung mit Art. 87 EG zu berücksichtigen.
100. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen kann die fragliche Maßnahme also nicht als staatliche Beihilfe qualifiziert werden.
101. Unter diesen Umständen ist, ohne dass über den zweiten vom Königreich der Niederlande geltend gemachten Klagegrund zu entscheiden wäre, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit mit ihr festgestellt wird, dass die fragliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG enthält.
Kosten
102. Nach Art. 87 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Königreichs der Niederlande die Kosten aufzuerlegen.
103. Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher ihre eigenen Kosten zu tragen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung C (2003) 1761 final der Kommission vom 24. Juni 2003 über die staatliche Beihilfe N 35/2003 betreffend das vom Königreich der Niederlande angemeldete System des Handels mit Emissionsrechten für Stickstoffoxide wird für nichtig erklärt.
2. Die Kommission trägt die Kosten.
3. Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.