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Document 62002TJ0256

Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 14. Oktober 2004.
I gegen Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.
Beamte - Schadensersatzklage - Asbestbelastung - Berufskrankheit - Schaden.
Rechtssache T-256/02.

Sammlung der Rechtsprechung – Öffentlicher Dienst 2004 I-A-00289; II-01307

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2004:306

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

14. Oktober 2004

Rechtssache T‑256/02

I

gegen

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

„Beamte – Schadensersatzklage – Asbestbelastung – Berufskrankheit – Schaden“

Vollständiger Wortlaut in französischer Sprache II - 0000

Gegenstand:         Klage auf Ersatz des dem Kläger angeblich entstandenen körperlichen, immateriellen, beruflichen und finanziellen Schadens.

Entscheidung:         Die Klage wird abgewiesen. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Leitsätze

1.     Beamte – Klage – Schadensersatzklage – Antrag auf Aufhebung der im Vorverfahren getroffenen ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Schadensersatz – Kein selbständiger Antrag im Verhältnis zum Schadensersatzantrag

(Beamtenstatut, Artikel 90 und 91)

2.     Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Voraussetzungen – Amtsfehler der Verwaltung – Schaden – Kausalzusammenhang – Kumulative Voraussetzungen

3.     Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Pauschale Entschädigung nach dem System des Statuts – Antrag auf ergänzende Entschädigung nach dem allgemeinen Recht – Zulässigkeit – Voraussetzungen

(Beamtenstatut, Artikel 73)

4.     Beamte – Soziale Sicherheit – Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten – Invalidität – Begriff – Unvermögen, ein normales Erwerbsleben zu führen – Unvermögen im affektiven Bereich – Einbeziehung

(Beamtenstatut, Artikel 73)

5.     Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe

(Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 44 § 1)

6.     Beamte – Klage – Klagegründe – Ermessensmissbrauch – Begriff

1.     Die Entscheidung eines Organs, mit der ein Schadensersatzantrag abgelehnt wird, ist wesentlicher Bestandteil des Verwaltungsverfahrens, das der beim Gericht erhobenen Haftungsklage vorausgeht; daher kann der Antrag auf Aufhebung dieser Entscheidung im Verhältnis zum Schadensersatzantrag nicht selbständig beurteilt werden. Denn die Maßnahme, die die Stellungnahme des Organs in der vorprozessualen Phase enthält, bewirkt nur, dass die Partei, der angeblich ein Schaden entstanden ist, beim Gericht eine Schadensersatzklage erheben kann.

(Randnr. 47)

Vgl. Gericht, 18. Dezember 1997, Gill/Kommission, T‑90/95, Slg. ÖD 1997, I‑A‑471 und II‑231, Randnr. 45; Gericht, 6. März 2001, Ojha/Kommission, T‑77/99, Slg. ÖD 2001, I‑A‑61 und II‑293, Randnr. 68; Gericht, 5. Dezember 2002, Hoyer/Kommission, T‑209/99, Slg. ÖD 2002, I‑A‑243 und II‑1211, Randnr. 32

2.     Bei Schadensersatzanträgen von Beamten ist die Auslösung der Haftung der Gemeinschaft an das Vorliegen mehrerer Voraussetzungen geknüpft, die die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, den tatsächlichen Eintritt des behaupteten Schadens und das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden betreffen, wobei der Kläger das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu beweisen hat. Diese drei Voraussetzungen für die Auslösung der Haftung der Gemeinschaft müssen kumulativ vorliegen, so dass die Haftung der Gemeinschaft nicht ausgelöst wird, wenn eine von ihnen nicht erfüllt ist.

(Randnrn. 49 und 50)

Vgl. Gerichtshof, 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 42; Gerichtshof, 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, Slg. 1999, I‑5251, Randnr. 14; Gericht, 26. Mai 1998, Bieber/Parlament, T‑205/96, Slg. ÖD 1998, I‑A‑231 und II‑723, Randnr. 48; Gericht, 14. Mai 1998, Lucaccioni/Kommission, T‑165/95, Slg. ÖD 1998, I‑A‑203 und II‑627, Randnr. 57

3.     Die Beamten haben einen Anspruch auf eine die Leistungen nach Artikel 73 des Statuts ergänzende Entschädigung, wenn das Organ für den Unfall oder die Berufskrankheit nach dem allgemeinen Recht haftet und die statutarischen Leistungen nicht ausreichen, um den vollen Ersatz des entstandenen Schadens zu gewährleisten. Die pauschale Entschädigung darf jedoch nicht zu einem doppelten Ersatz des entstandenen Schadens führen. Insofern sind die beiden Entschädigungssysteme nicht unabhängig voneinander.

(Randnr. 53)

Vgl. Gerichtshof, 8. Oktober 1986, Leussink u. a./Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnrn. 10 bis 14; Gerichtshof, 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, Randnrn. 19 bis 22

4.     Der in Artikel 73 des Statuts enthaltene Begriff der Invalidität bezieht sich auf das Unvermögen, ein normales Erwerbsleben zu führen, und schließt auch den affektiven Bereich ein. Daraus folgt, dass der von dem Organ benannte Arzt oder ein Ärzteausschuss im Verfahren über die Anerkennung einer Berufskrankheit durch nichts daran gehindert ist, den immateriellen Schaden zu berücksichtigen, den ein Beamter bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit erlitten hat, wenn er wegen dieses Schadens unfähig ist, ein normales Erwerbsleben zu führen.

(Randnr. 84)

5.     Gemäß Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung nicht den Erfordernissen der Verfahrensordnung entspricht.

(Randnr. 112)

Vgl. Gericht, 12. Januar 1995, Viho/Kommission, T‑102/92, Slg. 1995, II‑17, Randnr. 68; Gericht, 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 333

6.     Der Begriff des Ermessensmissbrauchs hat eine ganz genaue Bedeutung und betrifft den Fall, dass eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck als demjenigen ausgeübt hat, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Eine Entscheidung ist nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde.

(Randnr. 115)

Vgl. Gerichtshof, 5. Juni 2003, O’Hannrachain/Parlament, C‑121/01 P, Slg. 2003, I‑5553, Randnr. 46; Gericht, 12. Juni 1997, Krämer/Kommission, T‑104/96, Slg. ÖD 1997, I‑A‑151 und II‑463, Randnr. 67

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