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Document 61995CC0368

Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 13. März 1997.
Vereinigte Familiapress Zeitungsverlags- und vertriebs GmbH gegen Heinrich Bauer Verlag.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Handelsgericht Wien - Österreich.
Maßnahme gleicher Wirkung - Vertrieb periodischer Druckschriften - Preisausschreiben - Nationales Verbot.
Rechtssache C-368/95.

Sammlung der Rechtsprechung 1997 I-03689

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1997:150

61995C0368

Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 13. März 1997. - Vereinigte Familiapress Zeitungsverlags- und vertriebs GmbH gegen Heinrich Bauer Verlag. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Handelsgericht Wien - Österreich. - Maßnahme gleicher Wirkung - Vertrieb periodischer Druckschriften - Preisausschreiben - Nationales Verbot. - Rechtssache C-368/95.

Sammlung der Rechtsprechung 1997 Seite I-03689


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Ein Kreuzworträtsel, ein Rebus oder ein anderes Rätsel zu lösen (oder zumindest zu versuchen, es zu lösen), gehört zum Alltag der Liebhaber dieses Bereichs, dem bereits eine umfangreiche Spezial-"Literatur" gewidmet ist; es ist jedoch auch eine Art und Weise, sich zu zerstreuen, der Langeweile oder der Einsamkeit zu entfliehen. Dies erklärt das Vorkommen verschiedener Spiele und Rätsel auch in nicht spezialisierten periodischen Druckschriften, in einigen Fällen sogar in Tageszeitungen. Die Möglichkeit, einen Preis zu gewinnen, die immer häufiger mit der richtigen Lösung der betreffenden Spiele verbunden ist, stellt daher unzweifelhaft einen zusätzlichen (und nicht geringen) Anreiz dar, seine Fähigkeit in diesem Bereich zu beweisen, und, noch zuvor, periodische Druckschriften zu erwerben, die Gewinnspiele dieser Art enthalten.

Zu Beginn des vorliegenden Verfahrens steht gerade die Möglichkeit, einen Preis zu gewinnen, die eine deutsche, auch in Österreich vertriebene Wochenzeitschrift den Lesern bietet, die die in dieser Zeitschrift enthaltenen Ratespiele richtig lösen. Da diese Möglichkeit nach dem österreichischen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verboten ist, hat das Handelsgericht Wien, bei dem das Ausgangsverfahren anhängig ist, dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Artikel 30 des Vertrages der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften wie der österreichischen entgegensteht, die zu einem vollständigen Verbot des Vertriebs periodischer Druckschriften führen, die Gewinnspiele und/oder Preisrätsel enthalten, selbst wenn diese in anderen Mitgliedstaaten rechtmässig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind.

Die Möglichkeit, Kreuzworträtsel zu lösen und weiterhin vom Gewinn eines Preises zu träumen, hängt daher in Fällen wie dem söben dargestellten von der Auslegung der Bestimmungen über den freien Warenverkehr ab, die der Gerichtshof im vorliegenden Verfahren vornehmen wird.

Rechtlicher Rahmen, Sachverhalt und Vorlagefrage

2 Durch Gesetz von 1992(1) bewirkte der österreichische Gesetzgeber eine tiefgreifende Liberalisierung des Wettbewerbs dadurch, daß u. a. das Verbot der Zuwendung von Prämien oder sonstigen Zugaben an die Verbraucher aufgehoben wurde. Gleichzeitig wurde jedoch in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (im folgenden: UWG) ein § 9a eingefügt, der in der 1993 geänderten Fassung(2) neben dem allgemeinen Verbot, Verbrauchern ausser Waren und Leistungen unentgeltliche Zugaben zu gewähren, das spezielle Verbot aufstellt, Verbrauchern periodischer Druckwerke unentgeltliche Zugaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren (§ 9a Absatz 1 Nr. 1).

Hinzugefügt sei, daß gemäß § 9 a Absatz 2 Nr. 8 das Verbot der Gewährung von Zugaben nicht anzuwenden ist, wenn die Zugabe in der Einräumung der Möglichkeit der Teilnahme an einem Preisausschreiben besteht, bei dem der Gesamtwert der ausgespielten Preise einen bestimmten Betrag nicht übersteigt; diese Vorschrift ist jedoch nach ihrem Wortlaut nicht auf die Möglichkeit anwendbar, an einem in periodischen Druckwerken ausgeschriebenen Gewinnspiel teilzunehmen(3). Somit verstösst ein Druckwerk, das Gewinnspiele und/oder Preisausschreiben enthält, gegen die österreichischen Rechtsvorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb.

3 Wir kommen nun zum Sachverhalt. Der Heinrich Bauer Verlag (im folgenden: der Beklagte), ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, ist Herausgeber u. a. der in Deutschland hergestellten Wochenzeitschrift "Laura", die auch in Österreich vertrieben wird. Diese Zeitschrift enthält Preisrätsel, die es demjenigen, der sie richtig löst, ermöglichen, an einer Ziehung teilzunehmen, die die durch Los ermittelten Gewinner mit Geldpreisen zwischen 500 DM und 5 000 DM bereichert. Beispielsweise enthält die Ausgabe der Zeitschrift, auf die sich das vorlegende Gericht bezieht(4), ein erstes Kreuzworträtsel, das es zwei durch Los ermittelten Gewinnern ermöglicht, 500 DM zu gewinnen, ein zweites Kreuzworträtsel, bei dem ein einziger Preis von 1 000 DM ausgesetzt ist, und schließlich ein drittes Rätsel, das dem durch Los ermittelten Gewinner einen Preis von 5 000 DM verspricht.

Die Vereinigte Familiapreß Zeitungsverlags- und -vertriebs GmbH (im folgenden: die Klägerin), ein in Österreich ansässiges Unternehmen, das die Wochenzeitschrift "Die Ganze Woche" und die Tageszeitung "täglich Alles" vertreibt, erhob, gestützt auf § 9a UWG, Klage beim Handelsgericht Wien mit dem Antrag, dem Beklagten aufzugeben, im österreichischen Hoheitsgebiet den Verkauf von Druckschriften wie der Zeitschrift "Laura" zu unterlassen, in denen den Lesern die Möglichkeit der Teilnahme an Gewinnspielen eingeräumt wird.

4 Das Handelsgericht hat darauf hingewiesen, daß das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb keine inhaltlich mit § 9a UWG identische Norm enthalte(5) und daß das Verbot des Vertriebs periodischer Druckschriften, das sich aus den in Rede stehenden Vorschriften ergebe, geeignet sei, den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr zu beeinträchtigen; das Gericht hat es als erforderlich erachtet, für die Zwecke seiner Entscheidung dem Gerichtshof folgende Frage vorzulegen:

Ist Artikel 30 EWG-Vertrag dahin auszulegen, daß er der Anwendung der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats A entgegensteht, die es einem im Mitgliedstaat B ansässigen Unternehmen untersagt, die dort hergestellte periodisch erscheinende Zeitschrift auch im Mitgliedstaat A zu vertreiben, wenn darin Preisrätsel oder Gewinnspiele enthalten sind, die im Mitgliedstaat B rechtmässig veranstaltet werden?

Zur Anwendbarkeit von Artikel 30 des Vertrages

5 Der Gerichtshof hat daher darüber zu befinden, ob das Verbot des Vertriebs einer Zeitschrift, die Preisrätsel enthält, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 des Vertrages darstellt. Zu diesem Zweck ist vor allem zu prüfen, ob die in Rede stehende nationale Regelung den Tatbestand einer Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmässige Beschränkungen dadurch erfuellt, daß sie im Sinne der wohlbekannten Dassonville-Formel geeignet ist, "den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern"(6).

Berücksichtigt man, daß die in Rede stehende Maßnahme zwar unterschiedslos auf inländische und eingeführte Erzeugnisse anwendbar ist, jedoch im Herkunftsmitgliedstaat rechtmässig hergestellten und in den Verkehr gebrachten Zeitschriften den Zugang zum österreichischen Markt verwehrt, scheint es bereits auf den ersten Blick so zu sein, daß es sich um eine Maßnahme handelt, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern, und daher von der Dassonville-Formel erfasst wird.

6 Die österreichische Regierung macht jedoch geltend, daß die Möglichkeit der Teilnahme an einem Preisrätsel, die eine Zeitschrift ihren Lesern bietet, nichts anderes als eine Methode zur Verkaufsförderung und somit eine Maßnahme sei, die die Verkaufsmodalitäten und nicht die Eigenschaften des Erzeugnisses betreffe. Unter diesen Umständen handele es sich um eine Maßnahme, die - entsprechend der Neuorientierung auf diesem Gebiet, wie sie der Gerichtshof im Urteil Keck(7) bestätigt habe - gar nicht in den Geltungsbereich von Artikel 30 des Vertrages falle.

Die Kommission, die deutsche Regierung und der Beklagte vertreten hingegen die Ansicht, daß die in Rede stehenden Gewinnspiele Bestandteil des Inhalts der Zeitschrift seien und daß daher das Verbot des Vertriebs periodischer Druckschriften mit solchen Eigenschaften, wie es sich aus der fraglichen nationalen Regelung ergebe, unmittelbar das Erzeugnis und nicht die Modalitäten seines Verkaufs beträfen. Die Rechtsprechung im Urteil Keck sei daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

7 An dieser Stelle ist es angebracht, daran zu erinnern, daß im Urteil Keck vor allem die Rechtsprechung im Urteil Cassis de Dijon(8) bestätigt worden ist, indem bekräftigt wurde, daß in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften Artikel 30 des Vertrages die Hemmnisse für den freien Warenverkehr verbietet, die sich daraus ergeben, daß Waren, die im Ursprungsmitgliedstaat rechtmässig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen, die beispielsweise die Aufmachung, Etikettierung oder Verpackung der Waren betreffen, und zwar auch dann, wenn sie unterschiedslos für einheimische und eingeführte Erzeugnisse gelten. In solchen Fällen lassen sich daher die fraglichen nationalen Maßnahmen nur durch einen Zweck rechtfertigen, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht.

Im selben Urteil hat der Gerichtshof jedoch klargestellt, daß "die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet [ist], den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Urteils Dassonville ... unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren"(9).

8 Im Lichte dieser Unterscheidung ist daher zu untersuchen, ob das in Rede stehende Verbot des österreichischen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eine Maßnahme darstellt, die die Eigenschaften des Erzeugnisses betrifft, oder vielmehr eine solche, die die Modalitäten des Verkaufs des Erzeugnisses betrifft. Zwar kann die Aufnahme von Gewinnspielen in eine Zeitschrift sehr wohl, wie die österreichische Regierung vorträgt, eine Methode zur Förderung des Verkaufes der betreffenden Zeitschrift darstellen. Jedoch bilden die in Rede stehenden Spiele und mit ihnen die ausgesetzten Preise einen Teil des Inhalts der Zeitschrift und beziehen sich daher unmittelbar auf das Erzeugnis. Das fragliche Verbot kann daher, obwohl es allgemein und nicht diskriminierend ist, nicht als "Verkaufsmodalität" in dem im Urteil Keck klargestellten Sinn betrachtet werden.

Zu diesem Punkt möchte ich im übrigen darauf hinweisen, daß der Gerichtshof, als er - nach dem Urteil Keck - sich zum Verbot einer bestimmten Form der Werbung auf der Verpackung des Erzeugnisses äussern musste, folgendes ausgeführt hat: "Ein Verbot ..., das sich gegen das Inverkehrbringen von Erzeugnissen in einem Mitgliedstaat richtet, die die gleichen Werbeaufdrucke tragen wie diejenigen, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmässig verwendet werden, ist, auch wenn es unterschiedslos für alle Erzeugnisse gilt, geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Es kann nämlich den Importeur dazu zwingen, die Ausstattung seiner Erzeugnisse je nach dem Ort des Inverkehrbringens unterschiedlich zu gestalten und demgemäß die zusätzlichen Verpackungs- und Werbungskosten zu tragen."(10)

9 Der Fall, mit dem wir befasst sind, ist sicherlich mit demjenigen, den ich söben dargestellt habe, vergleichbar, und erklärt meines Erachtens gut, weshalb der Gerichtshof - ohne allerdings genauere Anhaltspunkte anzugeben - in die neue einschlägige Orientierung der Rechtsprechung "bestimmte" und nicht alle Verkaufsmodalitäten aufgenommen hat(11). Im übrigen ist es nicht überfluessig, hier darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof ebenfalls im Urteil Keck ausgeführt hat, daß, wenn diese Voraussetzungen erfuellt sind(12), "die Anwendung derartiger Regelungen [die die Verkaufsmodalitäten betreffen] auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bestimmungen entsprechen, nicht geeignet [ist], den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut"(13).

Im vorliegenden Fall versperrt - dies braucht kaum hervorgehoben zu werden - die fragliche Maßnahme den Marktzugang für Zeitschriften, die die Eigenschaften der Wochenzeitschrift "Laura" besitzen. Selbst wenn man die Maßnahme als Verkaufsmodalität einstufen wollte, handelt es sich doch um eine Maßnahme, die, indem sie den Marktzugang für das betreffende Erzeugnis versperrt, nicht vom Anwendungsbereich des Urteils Keck erfasst wird. Eine Bestätigung in diesem Sinne ergibt sich aus dem Urteil Alpine Investments, in dem der Gerichtshof, vor die Möglichkeit gestellt, die im Urteil Keck angewandten Kriterien entsprechend auch auf den Dienstleistungsbereich anzuwenden, den Akzent auf den Umstand gesetzt hat, daß im Unterschied zur Rechtssache Keck das in diesem Fall in Rede stehende Verbot "unmittelbar den Zugang zum Dienstleistungsmarkt in den anderen Mitgliedstaaten beeinflusst. Es ist daher geeignet, den innergemeinschaftlichen Dienstleistungsverkehr zu behindern."(14)

10 Als signifikant erweist sich in dieser Hinsicht eine Untersuchung der Maßnahmen, die der Gerichtshof bisher als "Verkaufsmodalitäten" betrachtet hat, die nicht vom Geltungsbereich des Artikels 30 erfasst werden. Neben dem Verbot des Verkaufs unter den Selbstkosten im Urteil Keck wurden in vergleichbarer Weise behandelt das Verbot des Verkaufs mit sehr niedriger Gewinnspanne(15), Regelungen der Öffnungszeiten von Ladengeschäften(16) und von Tankstellen(17), das Verbot, Milch für Säuglinge ausserhalb von Apotheken zu verkaufen(18), die Regelung für den Einzelhandel mit Tabakwaren(19), das Verbot für Apotheker, Werbung für parapharmazeutische Erzeugnisse ausserhalb von Apotheken zu betreiben(20), und das Verbot der Fernsehwerbung zugunsten von Vertriebsunternehmen(21). Die söben angeführten Maßnahmen sind, wie sich leicht feststellen lässt, nicht von der Art, daß sie den "unmittelbaren Zugang zum Markt" für das fragliche Erzeugnis "beeinflussen".

Ganz allgemein könnte es im übrigen nützlich sein, sich vor Augen zu halten, daß vom Geltungsbereich des Artikels 30 nur Maßnahmen völlig allgemeinen Charakters ausgenommen sind, die natürlich unterschiedslos anwendbar sind, die Einfuhren nicht behindern und die nur als Folge eines möglichen allgemeinen Rückgangs der Verkäufe zu einem (angenommenen etwaigen) Rückgang der Einfuhren führen können. Im übrigen hat der Gerichtshof nicht verfehlt, hervorzuheben - oder besser, zur Voraussetzung einer solchen Orientierung der Rechtsprechung gemacht -, daß "der Umstand, daß nationale Rechtsvorschriften ganz allgemein das Absatzvolumen und damit das Volumen des Absatzes von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten beschränken können, nicht aus[reicht], um diese Rechtsvorschriften als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung anzusehen"(22).

11 Um auf die im vorliegenden Fall in Rede stehende Maßnahme zurückzukommen, stelle ich daher fest, daß diese zwar unterschiedslos anwendbar ist, jedoch unmittelbar den Vertrieb des betreffenden Erzeugnisses beeinflusst und den betroffenen Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet, die Aufmachung und den Inhalt dieses Erzeugnisses zu prüfen. Im Unterschied zum Sachverhalt des Urteils Keck und der späteren Fälle, die der Gerichtshof in gleicher Weise entschieden hat, handelt es sich somit um ein Verbot, das überhaupt nichts mit einem etwaigen Rückgang der Einfuhren aufgrund eines allgemeinen Rückgangs der Verkäufe zu tun hat.

Letztlich führt die fragliche Maßnahme durch das Verbot der Einfuhr einer Zeitschrift, die in einer bestimmten Weise aufgemacht ist und bestimmte Eigenschaften aufweist, zu einem vollständigen Verbot der Einfuhr eines bestimmten Erzeugnisses, dem daher ganz einfach der Marktzugang versperrt wird, solange es diese Aufmachung und diesen Inhalt beibehält. Diese Maßnahme ist daher geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern und wird somit sicherlich zumindest grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Artikels 30 erfasst.

Zu den Gründen, die zur Rechtfertigung des Verbotes angeführt werden

12 Nachdem festgestellt worden ist, daß die in Rede stehende Maßnahme zwar unterschiedslos gilt, jedoch geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handelsverkehrs zu behindern, ist nunmehr zu prüfen, ob die im Laufe des Verfahrens geltend gemachten Rechtfertigungsgründe dafür, diese Maßnahme dem Verbot des Artikels 30 zu entziehen, als gegenüber den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorrangig angesehen werden können.

Nach ständiger einschlägiger Rechtsprechung des Gerichtshofes(23) werden vom System etwaige Hindernisse für den Handelsverkehr - die, wie im vorliegenden Fall, auf den Unterschieden zwischen den nationalen Rechtsvorschriften beruhen - hingenommen, wenn die "zwingenden Erfordernisse", die in Anspruch genommen werden, um die entsprechende nationale Maßnahme zu rechtfertigen, die drei folgenden Voraussetzungen erfuellen: a) Sie müssen aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts schutzwürdig erscheinen, b) sie müssen dazu geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen, und c) sie müssen angemessen und notwendig sein, um dieses Ziel zu erreichen, was dann der Fall ist, wenn keine anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, die den Handelsverkehr weniger beschränken.

13 Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß es im vorliegenden Fall sicherlich nicht an Rechtfertigungen mangelt; im Verfahren wurden nämlich mehr als eine angesprochen und geltend gemacht, vielleicht sogar zu viele. Neben dem Verbraucherschutz, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und der Garantie der Pressevielfalt wurden nämlich Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, wie die Bekämpfung der Kriminalität und der Steuerumgehungen, Gründe des Gesundheitsschutzes unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung der Spielsucht und der Schutz der öffentlichen Moral, vorgebracht.

Es handelt sich um zwingende Erfordernisse, die bereits von der Rechtsprechung als solche anerkannt worden sind und die daher, wie kaum erwähnt zu werden braucht, sicherlich aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts schutzwürdig sind. Ich möchte allerdings feststellen, daß mehr als berechtigte Zweifel an der Eignung einiger dieser Erfordernisse für die Erreichung des verfolgten Zieles unter Berücksichtigung der Art der nationalen Maßnahme entstehen müssen, die hier gerechtfertigt werden soll. Daher halte ich es zunächst für angebracht, das Feld aller in dieser Hinsicht im Laufe des Verfahrens aufgetauchten Zweifel abzugrenzen und durch Prüfung ihrer Voraussetzungen die Palette der Möglichkeiten zu beschränken, die im vorliegenden Fall berücksichtigt werden können.

14 Unter diesem Gesichtspunkt ist es sicherlich nicht überfluessig, die Gründe ins Gedächtnis zu rufen, die dem Verbot des Inverkehrbringens periodischer Druckwerke, die Preisrätsel und/oder Preisausschreiben enthalten, zugrunde liegen, wie sie in den erläuternden Bemerkungen zu dem entsprechenden nationalen Gesetz ausdrücklich angegeben werden. Das Verbot wird wie folgt begründet: "Im Zusammenhang mit periodischen Druckwerken wäre nämlich darauf Bedacht zu nehmen, daß ein intensiver Wettbewerb durch Gewährung von Zugaben, zu denen auch die Einräumung von Teilnahmemöglichkeiten an Preisausschreiben gehört, angesichts der relativ grossen Zahl der täglich, wöchentlich usw. verkauften Zeitungen und Zeitschriften eine enorme wirtschaftliche Belastung für kleinere Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmer mit sich bringt und zu einem ruinösen Wettbewerb führen könnte. Dies sollte aber im Interesse der Medienvielfalt verhindert werden ... [Es besteht] die Gefahr, daß der eingeräumten Gewinnchance grössere Bedeutung für den Kaufentschluß zukommt als der Qualität des Druckwerkes und somit in den Warenvertrieb ein unsolides Element hineingetragen wird, indem das Bestreben, durch Zufall zu gewinnen, zum Antrieb für die Deckung des Bedarfs gemacht wird."

Daher scheint das Verbot des Verkaufs periodischer Druckwerke, die Preisrätsel und/oder Preisausschreiben enthalten, auf den ersten Blick die Aufrechterhaltung der Medienvielfalt zum Hauptziel zu haben(24) und, in geringerem Umfang, den Verbraucherschutz und die Lauterkeit des Handelsverkehrs. Dies sind somit die zwingenden Erfordernisse, die das in Rede stehende Verbot möglicherweise rechtfertigen können; dies sind auch die einzigen Rechtfertigungsgründe, die die österreichische Regierung für die Rechtmässigkeit des Verbotes im Lichte der Regelung des freien Warenverkehrs im Vertrag angeführt hat.

15 Im Verfahren haben, wie bereits ausgeführt worden ist, einige der anderen beteiligten Staaten geltend gemacht, daß das in Rede stehende Verbot, da es Glücksspiele betreffe, zudem mit Gründen des Schutzes der öffentlichen Sicherheit, des Gesundheitsschutzes und des Schutzes der öffenlichen Sittlichkeit gerechtfertigt werden könne. Zur Bestätigung dieser Ansicht wird das Urteil Schindler(25) angeführt, in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß die Bestimmungen des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr Rechtsvorschriften, die Lotterien verbieten, unter Berücksichtigung der Anliegen der Sozialpolitik und der Betrugsbekämpfung, die diese Vorschriften rechtfertigen, nicht entgegenstehen. Der Gerichtshof hat nämlich festgestellt, daß "die Lotterien angesichts der Höhe der Beträge, die durch sie eingenommen werden können, und der Höhe der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, vor allem wenn sie in grösserem Rahmen veranstaltet werden, die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten erhöhen. Ausserdem verleiten sie zu Ausgaben, die schädliche persönliche und soziale Folgen haben können."(26)

Ich meine nicht, daß diese Art Wertung auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann. Die beiden Fälle - Lotterie im grossen Maßstab auf der einen Seite, Gewinnspiele und Preisausschreiben auf der anderen Seite - sind meines Erachtens nur schwer miteinander vergleichbar, da es sich im zweiten Fall um Rätsel im kleinen Maßstab handelt, bei denen geringwertige Preise ausgesetzt werden und die gleichwohl Bestandteil des Inhalts des betreffenden Druckerzeugnisses sind(27). Die Anliegen der Sozialpolitik und der Verhinderung der Steuerumgehung, die dem Urteil Schindler zugrunde lagen, kommen daher nicht in Betracht, da kein Zusammenhang zwischen ihnen und dem fraglichen Verbot besteht. Das Schweigen des österreichischen Gesetzgebers hierzu ist im übrigen bezeichnend, und daher ist auszuschließen, daß "Erfordernisse" zu würdigen sind, die nicht zur Begründung dieses Verbotes gehören, wie sie ausdrücklich in dem entsprechenden Gesetz dargelegt ist.

Auf alle Fälle bleibt schwer verständlich, daß die blosse Möglichkeit, einen Preis von 500 DM zu gewinnen, die im Zusammenhang mit der richtigen Lösung eines Kreuzworträtsels steht, das Verbot des Inverkehrbringens der Zeitschrift, die dieses Rätsel enthält, im Namen der Kriminalitätsbekämpfung gebieten soll. Auch die Rechtfertigungsgründe in bezug auf den Gesundheitsschutz unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung der "Spielsucht" oder in bezug auf die öffentliche Sittlichkeit, da es sich um ein gesellschaftlich zu tadelndes Laster handele, können nicht als glaubhaft angesehen werden. Ganz zu schweigen von allem anderen, kennen die Staaten, die solche "sozialen Katastrophen" anführen, neben den Lotterien in grossem Maßstab auch "Rubbellotterien" o. ä., und es ist nicht ersichtlich, daß sie in bezug auf solche Spiele ebenso um die Bekämpfung der "Spielleidenschaft" besorgt wären(28).

16 Zu dem Einfluß des Urteils Schindler auf den vorliegenden Fall ist eine weitere Bemerkung erforderlich. Die Besonderheiten der Lotterien und, noch allgemeiner, der Glücksspiele, haben den Gerichtshof zu der Feststellung veranlasst, daß "die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezueglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung der Frage zu, ob eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese Beschränkungen nicht diskriminierend sind."(29) Mit anderen Worten, der Gerichtshof hat zwar berücksichtigt, daß das in Rede stehende Verbot geeignet ist, die verfolgten Ziele zu erreichen, er hat jedoch festgestellt, daß es die Besonderheit der Glücksspiele rechtfertigt, den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen auf diesem Gebiet einzuräumen, mit der Folge, daß es nicht mehr erforderlich ist - sofern es sich um nichtdiskriminierende Maßnahmen handelt -, ihre Verhältnismässigkeit unter dem Gesichtspunkt des Vorhandenseins von Maßnahmen, die den Handel weniger einschränken und zur Erreichung derselben Ziele geeignet sind, zu prüfen. Der Gerichtshof hat daher keine strenge Verhältnismässigkeitsprüfung vorgenommen.

Unter Berücksichtigung der bereits erwähnten Unterschiede zwischen den grossen Lotterien und den Preisausschreiben, die mit der Lösung eines Kreuzworträtsels verbunden und Bestandteil eines periodischen Druckwerks sind, bin ich der Ansicht, daß in bezug auf einen Sachverhalt, wie er heute zur Untersuchung vorliegt, dem nationalen Gesetzgeber kein solches Ermessen eingeräumt werden kann. Ferner bin ich davon überzeugt, daß es angebracht ist, die im Urteil Schindler gewählte Lösung auf die Besonderheiten jenes Falles zu beschränken. Wäre dem nämlich nicht so und müsste davon ausgegangen werden, daß diese Lösung für jedes Spiel gilt, das als Glücksspiel betrachtet werden kann - wobei dieser Ausdruck so zu verstehen ist, daß er jede Auslosung eines Preises bedeutet, unabhängig von seinem Umfang und dem Rahmen des Spieles selbst -, also auch für den vorliegenden Fall, so würde damit eine gefährliche Bresche geschlagen, die in Anbetracht der Ausübung der vom Vertrag garantierten Grundfreiheiten überhaupt nicht gerechtfertigt wäre. Etwaige Beschränkungen dieser Freiheiten - daran brauche ich kaum zu erinnern - stellen nämlich Ausnahmen dar, die als solche eng auszulegen und daher einer strengen Verhältnismässigkeitsprüfung zu unterziehen sind.

17 Alles dies vorausgeschickt, gehe ich nun zur Untersuchung der Verhältnismässigkeit der in Rede stehenden Maßnahme in bezug auf die einschlägigen "zwingenden Erfordernisse" über, die ihrem Erlaß ausdrücklich zugrunde gelegt wurden, nämlich den Schutz der Verbraucher und die Lauterkeit des Handelsverkehrs sowie die Aufrechterhaltung der Medienvielfalt.

- Schutz des Verbrauchers und Lauterkeit des Handelsverkehrs

18 Es ist von einer Seite vorgetragen worden, daß der Verbraucher mehr vom Spiel und von der damit verbundenen Gewinnhoffnung angezogen werden könnte als von der Qualität der Zeitschrift und daß hierdurch die Wettbewerbsbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Lauterkeit des Handelsverkehrs verfälscht werden könnten. Im übrigen könne der Verbraucher in bezug auf den tatsächlichen Preis des Erzeugnisses irregeführt werden. Mit anderen Worten, die Möglichkeit, einen Preis zu gewinnen, lenke die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ab und führe zu einer Verfälschung der Bedingungen eines auf der Leistung beruhenden Wettbewerbs, der eng mit der Qualität und dem Wert des Erzeugnisses verbunden sein müse.

Die Rechtmässigkeit von Handelsbeschränkungen durch Regelungen wie die in Rede stehende hat im übrigen die Zustimmung des Gerichtshofes bereits im Urteil Oosthök(30) erhalten, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, daß "das Angebot von Zugaben als Mittel der Absatzförderung bei den Verbrauchern einen Irrtum über die tatsächlichen Preise der Erzeugnisse bewirken und die Bedingungen eines auf Leistung beruhenden Wettbewerbs verfälschen kann. Eine Regelung, die derartige Handelspraktiken aus diesem Grund beschränkt oder sogar verbietet, ist daher geeignet, zum Verbraucherschutz und zur Lauterkeit des Handelsverkehrs beizutragen."

19 Zunächst sei bemerkt, daß die Bezugnahme auf das Urteil Oosthök nur teilweise stichhaltig ist. In jenem Fall ging es nämlich um ein allgemeines Verbot von Zugaben; im vorliegenden Fall handelt es sich hingegen um ein Verbot, das nur für periodische Druckschriften gilt und nicht andere Arten von an das Publikum gerichteten Veröffentlichungen oder Mitteilungen betrifft. Gewinnspiele und/oder Preisausschreiben sind nämlich unter bestimmten Voraussetzungen zulässig(31), wenn sie im Zusammenhang mit anderen Erzeugnissen als periodischen Druckschriften veranstaltet werden. Dieser Umstand ist bereits für sich geeignet, das Erfordernis, das dieser Art Rechtfertigung zugrunde liegt, weniger "zwingend" zu gestalten, als geltend gemacht worden ist, da es in Ermangelung besonderer Unterschiede nicht zugelassen werden kann, daß der Verbraucher nur beim Erwerb periodischer Druckschriften und nicht beim Erwerb anderer Erzeugnisse geschützt wird.

Zwar könnte das Angebot einer Zugabe zu dem Schluß veranlassen, daß diese völlig kostenlos sei, und somit einen Irrtum über den tatsächlichen Preis des Erzeugnisses, das erworben werden soll, bewirken, jedoch kann in bezug auf den Erwerb einer periodischen Druckschrift, die Kreuzworträtsel enthält, nicht das gleiche gelten. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis angebracht, daß der Verbraucher, auf den die Rechtsprechung des Gerichtshofes abstellt, um ihm angemessenen Schutz gegen Verhaltensweisen zu gewähren, die ihn irreführen oder ihm in sonstiger Weise schaden könnten, der durchschnittliche Verbraucher, d. h. ein "verständiger Verbraucher"(32) ist. Dieser Verbraucher kann meines Erachtens nur schwer dadurch, daß eine periodische Druckschrift Gewinnspiele enthält, über den tatsächlichen Preis dieser Druckschrift getäuscht werden, zumal wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine Unterhaltungswochenzeitschrift handelt, die sich daher im wesentlichen als Mittel zur Zerstreuung und zum Vergnügen präsentiert.

20 Tatsächlich besteht der Sinn des in Rede stehenden Verbotes, wie sich seiner Begründung entnehmen lässt, darin, zu verhindern, daß sich der Verbraucher beim Erwerb periodischer Druckschriften von der Möglichkeit bestimmen lässt, einen Preis zu gewinnen, da eine solche Haltung nachteilige Folgen für die kleineren Verleger hätte, die üblicherweise nicht in der Lage sind, die gleiche Möglichkeit zu bieten. Unter diesen Umständen muß eingeräumt werden, daß sowohl der Verbraucherschutz als auch die Lauterkeit des Handelsverkehrs keine Ziele von selbständiger Bedeutung darstellen, sondern vielmehr im Zusammenhang mit dem Ziel der Erhaltung der Medienvielfalt stehen.

- Erhaltung der Medienvielfalt

21 Nachdem der Gerichtshof den Schutz der Vielfalt in die Gründe des Allgemeininteresses einbezogen hat, die geeignet sind, Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen(33), versteht es sich unter Berücksichtigung insbesondere der Parallelität des Waren- und des Dienstleistungsverkehrs von selbst, daß es sich um ein auch im Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhalt schutzwürdiges Erfordernis handelt.

Es bleibt zu prüfen, ob das fragliche Gebot tatsächlich geeignet ist, die Medienvielfalt zu gewährleisten, und ob zur Erreichung dieses Zieles Maßnahmen zur Verfügung stehen, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken.

22 Lassen Sie mich sogleich feststellen, daß ohne weiteres in dem Sinne zu entscheiden wäre, daß die fragliche Maßnahme erforderlich ist, um die Vielfalt zu gewährleisten, wenn die Präsenz periodischer Druckschriften wie der Wochenzeitschrift "Laura" auf dem österreichischen Markt tatsächlich geeignet wäre, wegen der darin enthaltenen Ratespiele eine Hinwendung der Verbraucher zu solchen Zeitschriften zu bewirken, und dies den kleineren österreichischen Verlegern zum Nachteil gereichen würde.

Hingegen müsste festgestellt werden, daß eine solche Maßnahme nicht erforderlich wäre, wenn sich zeigte, daß die Gewinnspiele keinen Kaufanreiz darstellen, der eine Hinwendung der Verbraucher zu dieser Art periodischer Druckschriften bestimmt, und/oder diese Spiele wegen des Publikums, an das sie sich wenden, und der verschiedenen Bedürfnisse, denen sie entsprechen, den Absatz inländischer periodischer Druckschriften, die von kleineren Verlegern hergestellt werden, nicht beeinflussen. Wenn nämlich das Ziel der in Rede stehenden Maßnahme darin besteht, wie in der bereits erwähnten Begründung ausgeführt wird, zu verhindern, daß die kleineren Zeitungs- und Zeitschriftenunternehmer einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt werden, der geeignet ist, die Medienvielfalt zu bedrohen, versteht es sich von selbst, daß dieses Ziel sicherlich nicht dadurch erreicht werden kann, daß den Verlegern anderer Mitgliedstaaten vorgeschrieben wird, im österreichischen Hoheitsgebiet keine periodischen Druckschriften in den Verkehr zu bringen, die, selbst wenn sie Gewinnspiele enthalten, offensichtlich nicht im Wettbewerb mit den Erzeugnissen der kleineren inländischen Verleger stehen, also wenn für diese keine Gefahr besteht, vom Markt verdrängt oder in ihrem Marktanteil erheblich beschnitten zu werden.

23 Unter diesen Umständen kann die Eignung der in Rede stehenden Ausnahme zur Erreichung des angestrebten Zieles nicht von vornherein festgestellt werden, sondern bedarf einer konkreten Prüfung anhand der Angaben in bezug auf den Pressemarkt in Österreich. Insbesondere sind die Marktanteile der einzelnen Verleger oder Gruppen von Verlegern und ihre Entwicklung, der Markt für das betreffende Erzeugnis und somit die Austauschbarkeit für den Verbraucher von Zeitschriften, die auf den ersten Blick völlig unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechen(34), und schließlich die Folgen für die Kleinunternehmen zu berücksichtigen, die sich aus dem Verkauf von periodischen Druckschriften wie der Wochenzeitschrift "Laura" in Österreich ergeben.

Es ist nicht die Aufgabe des Gerichtshofes, diese Prüfung vorzunehmen, da er im übrigen in diesem Zusammenhang nicht über hinreichende Angaben verfügt(35). Es ist daher Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die erwähnten periodischen Druckschriften tatsächlich aufgrund der in ihnen enthaltenen Gewinnspiele einen solchen Kaufanreiz bieten, daß die Wahl der Verbraucher durch sie gelenkt wird(36), und ob sie im Wettbewerb mit den von den kleinen inländischen Unternehmen produzierten oder mit vergleichbaren "Unterhaltungs"-Zeitschriften grosser Verlagsgruppen stehen. Im letzteren Fall ist sicher, daß die in Rede stehende Maßnahme nicht als erforderlich für die Aufrechterhaltung der Vielfalt der österreichischen Presse erachtet werden kann.

24 Für den Fall, daß diese Maßnahme doch als notwendig zur Verwirklichung der fraglichen Anforderungen erachtet werden sollte, füge ich hinzu, daß sie auch verhältnismässig ist, da keine den Handel weniger beschränkenden Mittel zur Verfügung stehen, die geeignet sind, das gleiche Ergebnis herbeizuführen. In diesem Zusammenhang halte ich nämlich die im Verfahren vorgetragene Ansicht für unerheblich, daß die Maßnahme unverhältnismässig sei, da der deutsche Verleger vorsehen könnte, daß sich die in der betreffenden Zeitschrift enthaltenen Spiele nicht unmittelbar an die in Österreich oder allgemeiner in denjenigen Staaten, in denen sie verboten sind, ansässigen Personen richten: Dies soll mittels eines entsprechenden "Hinweises" auf der betreffenden Zeitschrift und somit ohne zusätzliche Kosten oder die Notwendigkeit einer je nach dem Staat, in dem die Zeitschrift in den Verkehr gebracht werden soll, unterschiedlichen Herstellung geschehen.

Tatsächlich berührt die auf diese Weise vorgeschlagene Lösung, die wohl eine Entscheidung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers oder besser eine seiner möglichen Reaktionen - zum Zweck der Fortsetzung des Vertriebs der Zeitschrift "Laura" in Österreich - auf eine Entscheidung des Gerichtshofes darstellen könnte, die die Rechtmässigkeit der betreffenden Maßnahme in Ansehung des Warenverkehrs feststellen würde, nicht die Verhältnismässigkeit der Maßnahme selbst. Diese Maßnahme, dies braucht kaum hervorgehoben zu werden, verbietet den Vertrieb periodischer Druckschriften, die Gewinnspiele enthalten, gerade weil sie die Möglichkeit bieten, einen Preis zu gewinnen, und nicht, weil sie Spiele enthalten. Alles in allem brauchte der Gerichtshof über das fragliche Verbot nicht zu entscheiden, wenn die Zeitschrift "Laura" diese Möglichkeit nicht auch in Österreich ansässigen Personen böte.

25 Eine letzte Bemerkung. Im Verfahren ist wiederholt der Umstand erwähnt worden, daß diese österreichischen periodischen Druckschriften tatsächlich die Möglichkeit böten, Preise zu gewinnen(37). Nach dem Vorbringen der Kommission lässt sich dieser Sachverhalt der Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofes entnehmen, wonach das in Rede stehende Verbot nur dann anwendbar ist, wenn die Möglichkeit der Teilnahme an einem Gewinnspiel ein Lockmittel zum Kauf und einen unwiderstehlichen Anreiz für den Verbraucher darstellt(38).

Da es meiner Ansicht nach gleichwohl notwendig ist, daß das nationale Gericht zum Zweck der Entscheidung über die Erforderlichkeit der betreffenden Maßnahme prüft, ob das Vorhandensein von Gewinnspielen tatsächlich ein Lockmittel zum Kauf darstellt, brauche ich dem nichts hinzuzufügen. Trotzdem muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß die Anwendung des § 9a UWG sowohl auf inländische als auch auf eingeführte periodische Druckschriften gleichermassen erfolgen muß. Anderenfalls wäre nämlich die fragliche Maßnahme oder, besser, ihre Anwendung in der Praxis diskriminierend und könnte daher in keiner Weise mit dem geltend gemachten Erfordernis einer Erhaltung der Medienvielfalt gerechtfertigt werden.

Mit anderen Worten, falls das nationale Gericht feststellen müsste, daß es bei österreichischen periodischen Druckschriften freistuende, rechtmässig dem Publikum anzubieten, was bei den periodischen Druckschriften anderer Mitgliedstaaten verboten wäre, wäre das Problem bereits gelöst, da es sich um ein diskriminierendes Handelshemmnis handeln würde, das als solches weder mit zwingenden Erfordernissen im Sinne des Urteils "Cassis de Dijon" noch gemäß Artikel 36 des Vertrages gerechtfertigt werden könnte, da die dort erschöpfend aufgeführten Voraussetzungen nicht erfuellt sind.

Zu Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention

26 Auch wenn das vorlegende Gericht nicht eigens danach gefragt hat, verdient das Problem der Vereinbarkeit der betreffenden nationalen Regelung mit Artikel 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im folgenden: die Konvention), das im Verfahren aufgeworfen worden ist, eine Antwort durch den Gerichtshof. Dies gilt selbstverständlich für den Fall, daß der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, daß die fragliche Regelung durch die söben geprüften zwingenden Erfordernisse gerechtfertigt werden kann.

Die einschlägige Rechtsprechung hat tatsächlich unzweifelhaft klargestellt, daß die Kontrolle des Gerichtshofes der Gemeinschaft neben den Handlungen der Gemeinschaftsorgane bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und den Handlungen der Mitgliedstaaten zur Durchführung einer Gemeinschaftsmaßnahme und/oder anderweitigen Verhaltensweisen nationaler Behörden auch die Rechtfertigungsgründe betreffen kann, die ein Mitgliedstaat für eine sonst mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare Maßnahme anführt(39). Der Umstand, daß die Wahrung der Grundrechte notwendigerweise zu den Voraussetzungen gehören muß, auf die sich der Mitgliedstaat beruft, um die betreffende nationale Maßnahme zu rechtfertigen, lässt sich im übrigen leicht erklären: Wäre dem nicht so, könnte eine Ermächtigung zur Verletzung dieser Rechte durch das Gemeinschaftsrecht mit der Zustimmung des Gerichtshofes erlangt werden.

27 Der Gerichtshof hat bereits unter Hinweis auf das schutzwürdige Allgemeininteresse die Wahrung der Vielfalt auf dem Gebiet der audiovisuellen Kommunikationsmittel anerkannt, und zwar gerade in bezug auf einen Wert, der im Zusammenhang mit dem Recht der freien Meinungsäusserung des Artikels 10 der Konvention steht(40). Auf den ersten Blick könnte daher die Vereinbarkeit der geltend gemachten Rechtfertigung mit Artikel 10 der Konvention nur allzu offensichtlich erscheinen(41).

Sicherlich sind im vorliegenden Fall zwei von dieser Norm in gleicher Weise geschützte Rechte erheblich: einmal das grundsätzlich jedem Wirtschaftsteilnehmer des betreffenden Sektors zuzubilligende Recht der Pressefreiheit sowie die andere und wichtigste Seite derselben Medaille, die Freiheit der Öffentlichkeit, jede Art von Nachrichten oder Ideen zu empfangen; zum anderen die Aufrechterhaltung der Vielfalt der Medien in einer demokratischen Gesellschaft. Unter diesen Umständen erfordert die Wahrung des Artikels 10 der Konvention, daß im Rahmen des Möglichen zwei gleichermassen grundlegende Belange wie die Pressefreiheit und die Erhaltung der Vielfalt miteinander in Einklang gebracht werden, die, das ist nur zu offensichtlich, von einer übermässigen Konzentration der Medien in wenigen Händen bedroht werden könnte(42).

28 Dies vorausgeschickt, möchte ich daran erinnern, daß die Pressefreiheit nur als "zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis"(43) verstanden werden kann, das als solches auf eines der in Artikel 10 Absatz 2 der Konvention selbst erschöpfend genannten Bedürfnisse zurückgeführt werden kann(44). Hinzugefügt sei, daß die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in dem Sinne nur allzu klar ist, daß auch die "kommerzielle Nachricht" oder, wenn man diese Formulierung vorzieht, die gewerbliche Nutzung des Rechts der freien Meinungsäusserung durch Artikel 10 garantiert ist(45). In diesem Fall nimmt der Gerichtshof jedoch eine weniger strenge Verhältnismässigkeitsprüfung vor und stellt fest, daß die Staaten in diesem Bereich über ein weiteres Ermessen verfügen(46).

Zur Wahrung der Informationsvielfalt hat der Gerichtshof in Straßburg festgestellt, daß zwar ein solches Erfordernis in Artikel 10 Absatz 2 der Konvention nicht ausdrücklich als Ausnahme von der Freiheit der Meinungsäusserung vorgesehen sei, es sich jedoch um einen an sich berechtigten Zweck handelte, der daher geeignet sei, einen staatlichen Eingriff zu ermöglichen, sofern er nur durch Gesetz erfolgt und in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich sei(47). Mit anderen Worten, das Erfordernis der Informationsvielfalt ermöglicht bestimmte Beschränkungen des individuellen Anspruchs auf freie Meinungsäusserung, vorausgesetzt, daß sie notwendig sind und im Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.

29 All dies vorausgeschickt, insbesondere, was die vom Gerichtshof in Straßburg anerkannte Wertigkeit der beiden in Rede stehenden Rechte angeht, sehe ich mich veranlasst, festzustellen, daß das Verbot des Inverkehrbringens periodischer Druckschriften, die Gewinnspiele enthalten, nicht im Widerspruch zu der Verpflichtung zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit und daher im Einklang mit Artikel 10 der Konvention steht, jedoch nur in den Grenzen, in denen es tatsächlich erforderlich ist und im Verhältnis zu dem verfolgten Zweck der Erhaltung der Medienvielfalt steht. Diese Grenzen, dies muß ich betonen, sind die restriktiven Grenzen, die ich bei der Prüfung der Geeignetheit und der Verhältnismässigkeit der fraglichen Maßnahme anhand des betreffenden zwingenden Erfordernisses gezogen habe(48).

Schlußfolgerung

30 Im Lichte der vorstehenden Erwägungen schlage ich vor, die Frage des Handelsgerichts Wien wie folgt zu beantworten:

Artikel 30 EG-Vertrag ist so auszulegen, daß er der Anwendung einer nationalen Regelung, die die Einfuhr in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig hergestellter und in den Verkehr gebrachter periodischer Zeitschriften verbietet, weil sie Preisrätsel und/oder Gewinnspiele enthalten, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung notwendig ist, um zwingenden Erfordernissen, im vorliegenden Fall der Wahrung der Medienvielfalt, zu genügen, und im Verhältnis zu diesem Zweck steht. Dazu ist es Sache des nationalen Gerichts, anhand der Angaben zum inländischen Pressemarkt zu prüfen, ob eine periodisch erscheinende Druckschrift, die diese Merkmale aufweist, im Wettbewerb mit vergleichbaren Unterhaltungszeitschriften steht, die von grossen Verlagsgruppen herausgegeben werden, oder mit solchen, die von kleineren Verlegern hergestellt werden, und ob im letztgenannten Fall ein Kaufanreiz geschaffen wird, der sich zum Nachteil der kleineren Verleger auswirkt.

(1) - Es handelt sich um das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz (BGBl. Nr. 147/1992).

(2) - § 9a, wie er in das UWG mit dem bereits zitierten Gesetz BGBl. Nr. 147/1992 eingefügt und tatsächlich ein Jahr später durch das Gesetz BGBl. Nr. 227/1993 gerade dahin geändert wurde, daß jede Möglichkeit der Gewährung unentgeltlicher Zugaben bzw. der Veranstaltung von Preisausschreiben und/oder Gewinnspielen im Zusammenhang mit dem Verkauf periodischer Druckwerke ausgeschlossen wurde.

(3) - Genauer gesagt, findet § 9a Absatz 1 keine Anwendung, wenn die Zugabe "in der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Preisausschreiben (Gewinnspiel) [besteht], bei dem der sich aus dem Gesamtwert der ausgespielten Preise im Verhältnis zur Zahl der ausgegebenen Teilnahmekarten (Lose) ergebende Wert der einzelnen Teilnahmekarte 5 S und der Gesamtwert der ausgespielten Preise 300 000 S nicht überschreitet". Gewinnspiele und/oder Preisausschreiben können daher innerhalb der dargelegten Grenzen sowohl beim Verkauf von Dienstleistungen als auch beim Verkauf von Erzeugnissen, die keine periodischen Druckschriften sind, zulässig sein.

(4) - Es handelt sich um die Ausgabe Nr. 9 vom 22. Februar 1995. In völlig gleicher Weise sowohl in bezug auf die Art der Spiele als auch der ausgesetzten Preise sind die folgenden Ausgaben der Zeitschrift gestaltet.

(5) - Gemäß § 1 des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist der Vertrieb Gewinnspiele enthaltender Druckwerke tatsächlich nur dann verboten, wenn er im konkreten Fall aus bestimmten Gründen gegen die guten Sitten verstösst. Hingegen sind solche Gewinnspiele zulässig, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, Bestandteil des Unterhaltungsteils der Zeitschrift sind.

(6) - Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74 (Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5).

(7) - Urteil vom 24. November 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097). Im gleichen Sinn zuletzt Urteil vom 20. Juni 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-418/93, C-419/93, C-420/93, C-421/93, C-460/93, C-461/93, C-462/93, C-464/93, C-9/94, C-10/94, C-11/94, C-14/94, C-15/94, C-23/94, C-24/94 und C-332/94 (Casa Uno u. a., Slg. 1996, I-2975).

(8) - Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe-Zentral, Slg. 1979, 649).

(9) - Urteil Keck, zitiert in Fußnote 7, Randnr. 16; Hervorhebung von mir.

(10) - Urteil vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93 (Mars, Slg. 1995, I-1923, Randnr. 13).

(11) - In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Hünermund habe ich im übrigen ausgeführt, daß von den Maßnahmen, die die Verkaufsmodalitäten betreffen, diejenigen in bezug auf die Verkaufsmethoden oder die Absatzförderung unter bestimmten Voraussetzungen eine besondere Beurteilung verdienen können, da sie sich unter bestimmten Umständen charakteristischer und spezieller auf die Einfuhren auswirken und somit letztlich ein Hindernis für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr darstellen können (Rechtssache C-292/92, Slg. 1993, I-6800, Nrn. 16-18 und insb. Nr. 22).

(12) - Gemeint sind die Voraussetzungen dafür, daß eine nationale Regelung der Verkaufsmodalitäten nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 30 fällt, die in der bereits angeführten Randnr. 16 des Urteils Keck (s. o., Nr. 8) erwähnt sind.

(13) - Urteil Keck, zitiert in Fußnote 7, Randnr. 17; Hervorhebung von mir.

(14) - Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93 (Slg. 1995, I-1141, Randnr. 38). Im gleichen Sinne ist das Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C-415/93 (Bosman, Slg. 1995, I-4921, Randnrn. 92-104) zu verstehen. Ich erinnere daran, daß der Gerichtshof in diesem Urteil Regeln wie diejenigen, die den Transfer von einem Verband zum anderen betreffen, die "den Zugang der Spieler zum Arbeitsmarkt in den anderen Mitgliedstaaten unmittelbar beeinflussen" (Randnr. 103), als Verstoß gegen den Grundsatz der Freizuegigkeit angesehen hat.

(15) - Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-63/94 (Belgapom, Slg. 1995, I-2467, Randnrn. 12 und 15).

(16) - Urteil vom 2. Juni 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-69/93 und C-258/93 (Punto Casa und PPV, Slg. 1994, I-2355, Randnrn. 12 und 15) sowie Urteil vom 20. Juni 1996 (zitiert in Fußnote 7, Randnrn. 12 und 13).

(17) - Urteil vom 2. Juni 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (Tankstation, Slg. 1994, I-2199, Randnrn. 12, 15 und 18).

(18) - Urteil vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache C-391/92 (Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I-1621, Randnrn. 13-18).

(19) - Urteil vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-387/93 (Banchero, Slg. 1995, I-4663, Randnrn. 36 und 37).

(20) - Urteil vom 15. Dezember 1993 in der Rechtssache C-292/92 (Hünermund, Slg. 1993, I-6787, Randnrn. 20-23).

(21) - Urteil vom 9. Februar 1995 in der Rechtssache C-412/93 (Leclerc-Siplec, Slg. 1995, I-179, Randnrn. 21-24).

(22) - Urteil Casa Uno u. a., zitiert in Fußnote 7, Randnr. 24. Im gleichen Sinne vgl. Urteil Keck, zitiert in Fußnote 7, Randnr. 13.

(23) - Insbesondere Urteil Cassis de Dijon, zitiert in Fußnote 8, Randnr. 8, und zuletzt Urteil vom 26. November 1996 in der Rechtssache C-313/94 (Fratelli Graffione, Slg. 1996, I-0000, Randnr. 17).

(24) - Ich möchte im übrigen daran erinnern, daß der österreichische Verfassungsgerichtshof selbst § 9a UWG gerade mit der Begründung für verfassungsmässig erachtet hat, daß das in dieser Bestimmung enthaltene Verbot für die Aufrechterhaltung der Medienvielfalt erforderlich sei (Urteil vom 11. März 1994, ÖBl. 1994, S. 151).

(25) - Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 (Slg. 1994, I-1039).

(26) - Der Gerichtshof hat hinzugefügt: "Schließlich ist, ohne daß dies allein als sachliche Rechtfertigung angesehen werden könnte, nicht ohne Bedeutung, daß Lotterien in erheblichem Masse zur Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten wie sozialer oder karitativer Werke, des Sports oder der Kultur beitragen können" (Randnr. 60; Hervorhebung von mir).

(27) - Anders läge der Fall, wenn die Druckschrift auf Lotterieprinzipien aufbaute und auf diese Weise als Vorwand für die Veranstaltung einer Lotterie in grossem Maßstab und grossen Umfangs insbesondere in bezug auf die ausgesetzten Geldbeträge diente. Offensichtlich ist dies hier nicht der Fall.

(28) - Selbst wenn man der Ansicht wäre, daß das Spiel, wie der grosse Philosoph Benedetto Croce behauptet, "eine Steuer auf die Dummheit" darstellt, könnte meines Erachtens die zweifellos vorhandene Nützlichkeit einer solchen "Steuer" für den Staat es nicht rechtfertigen, daß diese bekämpft würde, wenn der Gewinn daraus nicht dem Staat zukäme, dem der Spieler angehört, sondern einem anderen Staat oder, wie im vorliegenden Fall, einem anderen Empfänger.

(29) - Urteil Schindler, zitiert in Fußnote 25, Randnr. 61.

(30) - Urteil vom 15. Dezember 1982 in der Rechtssache 286/81 (Slg. 1982, 4575, Randnr. 18).

(31) - Siehe oben, Nr. 2, insbesondere Fußnote 3.

(32) - Dies ist beispielsweise der Ausdruck, der in dem in Fußnote 10 zitierten Urteil Mars (Randnr. 24) verwendet wird. Unter diesem Gesichtspunkt meine ich daher nicht, daß die Ansicht der portugiesischen Regierung, wonach der Verbraucher dazu veranlasst werden könnte, hundert Exemplare der gleichen Zeitschrift zu erwerben, um die Wahrscheinlichkeit, daß er der vom Los bestimmte Gewinner sein könnte, zu erhöhen. Eine Person, die hundert Exemplare ein und derselben Zeitschrift kauft und hundertmal das gleiche Kreuzworträtsel löst, bedarf, darin wird man mir zustimmen, einer ganz anderen Art von Schutz. Ganz abgesehen davon könnte dieselbe Person sehr wohl hundert Lose ein und derselben Lotterie erwerben oder täglich mehr "Rubbel"-Lose oder ähnliche Gewinnspiele, die jedoch tatsächlich nicht verboten wären.

(33) - Vgl. z. B. Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-353/89 (Komission/Niederlande, Slg. 1991, I-4069), in dem der Gerichtshof festgestellt hat: "Die Aufrechterhaltung eines pluralistischen Rundfunkwesens ... steht nämlich in einem Zusammenhang mit der durch Artikel 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Meinungsfreiheit, die zu den von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten gehört" (Randnr. 30). Im gleichen Sinne bereits Urteil vom 14. Mai 1974 in der Rechtssache 4/73 (Nold, Slg. 1974, 491, Randnr. 13).

(34) - In diesem Zusammenhang sei hervorgehoben, daß zwar, wie die Kommission ausführt, nicht zwischen Informations- und Unterhaltungsblättern unterschieden werden kann und daß die Vielfalt nicht nur im Zusammenhang mit den ersteren geschützt werden muß, daß jedoch ein Wochenblatt wie "Laura" in erster Linie im Wettbewerb mit Druckschriften der gleichen Art und sicherlich nicht mit der Lokalpresse, den Informations- oder den Sportzeitungen stehen kann.

(35) - In der Tat hat die österreichische Regierung in der mündlichen Verhandlung lediglich behauptet, daß in Österreich ein Problem der Pressekonzentration auf wenige Wirtschaftsteilnehmer bestehe und daß Anfang der neunziger Jahre die grösste österreichische Verlagsgruppe einen Marktanteil von 50 % gehabt habe, der dann auf 40 % gesunken sei. Es ist keineswegs klar, ob diese Verringerung auf einen Anstieg des Anteils der kleinen inländischen Unternehmen oder vielmehr gerade auf das Vorhandensein von periodischen Druckschriften aus anderen Mitgliedstaaten zurückzuführen ist.

(36) - Es geht also um die Entscheidung, ob sich das Vorhandensein von Gewinnspielen als ausschlaggebend beim Erwerb einer bestimmten periodischen Druckschrift unabhängig von den Eigenschaften dieser Druckschrift im vorliegenden Fall als einer "Unterhaltungs"-Zeitschrift darstellt. Mit anderen Worten, würde der Verbraucher, der beschließt, eine Wochenzeitschrift wie "Laura" zu kaufen, unterschiedslos, weil die Möglichkeit des Gewinns eines Preises geboten wird, auch eine Sportzeitung, eine eine literarische oder eine wissenschaftliche Zeitung kaufen? Oder würde er gleichwohl eine "Unterhaltungs"-Zeitung erwerben und dabei die Wahl zwischen ihnen nach seinen Neigungen treffen, die allerdings vom Vorhandensein von Gewinnspielen, jedoch auch von einem besonders attraktiven Titelbild oder etwas anderem beeinflusst werden könnte.

(37) - Beispielsweise bietet die von der Klägerin herausgegebene Zeitschrift "Täglich Alles" demjenigen, der einen Filmtitel errät, die Möglichkeit, CDs zu gewinnen (Ausgabe vom 25. Januar 1996). Die Zeitschrift "News" veröffentlicht die Möglichkeit, sich an Verlosungen zu beteiligen, die es gestatten, nach dem Ausfuellen und der Einsendung eines in ihr enthaltenen Teilnahmescheins ein Nissan-Auto zu gewinnen (z. B. Nr. 1 vom 4. Januar 1996).

(38) - Vgl. z. B. Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 9. Mai 1995, "Gratis Flugreisen" (WBl. 1995, S. 466) und vom 22. März 1994, "Gratis- S. 166).

(39) - Siehe hierzu Urteil vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89 (ERT, Slg. 1991, I-2925). In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich folgendes festgestellt: "[W]enn ein Mitgliedstaat sich auf Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 56 beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, ist diese im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Lichte der allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere der Grundrechte auszulegen. Die in Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 56 vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat" (Randnr. 43). Der Gerichtshof hat deshalb entschieden: "In einem solchen Fall hat folglich das vorlegende Gericht und gegebenenfalls der Gerichtshof die Anwendung dieser Vorschriften unter Berücksichtigung aller Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zu beurteilen, einschließlich der in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgten Meinungsfreiheit als eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dessen Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat" (Randnr. 44). Die gleichen Überlegungen gelten offensichtlich auch für Anforderungen, die gestellt werden, um nationale Maßnahmen, die den Warenverkehr behindern, zu rechtfertigen.

(40) - Vgl. oben, Fußnote 33.

(41) - In diesem Sinne vgl. im übrigen das bereits angeführte Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (angeführt in Fußnote 24), in dem ausgeführt wird, daß die Informationsmedien nicht nur eine Ware, sondern gleichzeitig ein wesentliches Element der Meinungsbildung sind. Ein Gesetzgeber, der durch Maßnahmen, zu denen auch das Verbot bestimmter Formen der Werbung gehören kann, der Gefährdung der Existenz kleinerer Medienunternehmen entgegenzuwirken versucht, unterstützt jene Ziele, die nicht nur durch die österreichische Verfassung, sondern auch durch Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert werden.

(42) - In diesem Sinne der Bericht der Europäischen Menschenrechtskommission in der Sache De Geïllustreerde Pers NV/Niederlande, DR 8, S. 5.

(43) - Urteile Sunday Times I (26. April 1979, A Nr. 30), Barthold/Bundesrepublik Deutschland (25. März 1985, A Nr. 90) und Lingens/Österreich (8. Juli 1986, A Nr. 103).

(44) - Diese Norm sieht nämlich, hierauf braucht kaum verwiesen zu werden, vor, daß die Ausübung der von ihr garantierten Freiheiten "bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafandrohungen unterworfen werden [kann], wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind".

(45) - In diesem Sinne z. B. Urteil vom 28. März 1990, Groppera Radio AG/Schweiz, A Nr. 173. Der Gerichtshof in Straßburg hat zu der Argumentation der beklagten Regierung, die Zweifel hatte an der Möglichkeit der Berufung auf Artikel 10 in bezug auf Programme, die im wesentlichen aus leichter Musik und Werbespots bestanden, ausgeführt, daß Artikel 10 Absatz 1 anwendbar ist, ohne daß "Unterscheidungen nach dem Inhalt der Programme zu treffen sind" (insbesondere Abschnitte 54 und 55). Im gleichen Sinne auch Urteil vom 20. November 1989, Markt Int. Verlag und Klaus Beermann/Bundesrepublik Deutschland, in dem der Gerichtshof den Grundsatz zurückgewiesen hat, wonach sich der Anwendungsbereich des Artikels 10 auf Äusserungen künstlerischer, religiöser, wissenschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Art und nicht auf "wirtschaftliche Erklärungen oder Haltungen, die auf die Förderung der wirtschaftlichen Belange gerichtet sind", erstrecke.

(46) - Urteil Markt Int. Verlag und Klaus Beermann/Bundesrepublik Deutschland, zitiert in der vorhergehenden Fußnote.

(47) - In diesem Sinne Urteil vom 24. November 1993, Lentia u. a./Österreich, A Nr. 276. In diesem Urteil hat der Gerichtshof festgestellt, daß die Informationsvielfalt einen grundlegenden Wert in einer demokratischen Gesellschaft darstellt und daher zu einer Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäusserung führen kann. Er ist jedoch nicht dem Vorbringen der beklagten Regierung gefolgt, wonach das Fernsehmonopol ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Gewährleistung der Vielfalt, insbesondere der Qualität und der Ausgewogenheit der Programme und der Meinungen, sei. Er hat vielmehr hervorgehoben, daß die Informationsvielfalt gewöhnlich durch den Wettbewerb gewährleistet wird und daß ein so starres Monopol wie das in diesem Fall in Rede stehende nicht zulässig sei.

(48) - Siehe oben, Nummern 21 bis 25.

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