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Document 61994TJ0266

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte erweiterte Kammer) vom 22. Oktober 1996.
    Foreningen af Jernskibs- og Maskinbyggerier i Danmark, Skibsværftsforeningen, Assens Skibsværft A/S, Burmeister & Wain Skibsværft A/S, Danyard A/S, Fredericia Skibsværft A/S, Odense Staalskibsværft A/S, Svendborg Værft A/S, Ørskov Christensens Staalskibsværft A/S und Aarhus Flydedok A/S gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Staatliche Beihilfen - Schiffbau - Ausnahmeregelung - Werften in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.
    Rechtssache T-266/94.

    Sammlung der Rechtsprechung 1996 II-01399

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:1996:153

    URTEIL DES GERICHTS (DRITTE ERWEITERTE KAMMER)

    22. Oktober 1996 ( *1 )

    In der Rechtssache T-266/94

    Foreningen af Jernskibs- og Maskinbyggerier i Danmark, Skibsværftsforeningen, Vereinigung dänischen Rechts, Sitz: Kopenhagen, handelnd im eigenen Namen und als Bevollmächtigte von:

    Assens Skibsværft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Assens (Dänemark),

    Burmeister & Wain Skibsværft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Kopenhagen,

    Danyard A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Frederikshavn (Dänemark),

    Fredericia Skibsværft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Fredericia (Dänemark),

    Odense Staalskibsværft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Odense (Dänemark),

    Svendborg Værft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Svendborg (Dänemark),

    Ørskov Christensens Staalskibsværft A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Frederikshavn (Dänemark),

    Aarhus Flydedok A/S, Gesellschaft dänischen Rechts, Sitz: Århus (Dänemark),

    vertreten durch Rechtsanwalt Jan-Erik Svensson, Kopenhagen, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Philippe Dupont, 8—10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

    Klägerinnen,

    unterstützt durch

    Königreich Dänemark, vertreten durch Peter Biering, Abteilungsleiter im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Dänische Botschaft, 4, boulevard Royal, Luxemburg,

    Streithelfer,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Anders Christian Jessen und Ben Smulders, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst der Kommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

    Beklagte,

    unterstützt durch

    Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder und Oberregierungsrat Bernd Kloke, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigte, in der mündlichen Verhandlung unterstützt durch Rechtsanwalt Michael Schütte, Brüssel,

    und

    MTW Schiffswerft GmbH (vormals Meerestechnik Werft), Gesellschaft deutschen Rechts, Sitz: Wismar, vertreten durch Rechtsanwälte Hans-Jürgen Rabe und Georg M. Berrisch, Hamburg, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts François Turk, 13 B, avenue Guillaume, Luxemburg,

    Streithelferinnen,

    wegen vollständiger oder teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 11. Mai 1994 über die Auszahlung der zweiten Tranche einer staatlichen Beihilfe für die MTW Schiffswerft GmbH, vormals Meerestechnik Werft,

    erläßt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte erweiterte Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten C. P. Brët, des Richters B. Vesterdorf, der Richterin P. Lindh, der Richter A. Potocki und J. L. Cooke,

    Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 1996,

    folgendes

    Urteil

    Rechtlicher Rahmen

    1

    Gestützt auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe d EWG-Vertrag (jetzt Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe e EG-Vertrag) und Artikel 113 EWG-Vertrag erließ der Rat besondere Bestimmungen, die die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen auf dem Sektor des Schiffbaus mit dem Gemeinsamen Markt betreffen. Diese Bestimmungen sind enthalten in der Richtlinie 90/684/EWG des Rates vom 21. Dezember 1990 über Beihilfen für den Schiffbau (ABl. L 380, S. 27; im folgenden: Siebte Richtlinie) in der durch die Richtlinie 92/68/EWG des Rates vom 20. Juli 1992 (ABl. L 219, S. 54), die Richtlinie 93/115/EG des Rates vom 16. Dezember 1993 (ABl. L 326, S. 62) und die Richtlinie 94/73/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 (ABl. L 351, S. 10) geänderten Fassung. Die Siebte Richtlinie führt eine Unterscheidung ein zwischen Produktionsbeihilfen, den sogenannten Betriebsbeihilfen, für die eine Höchstgrenze gilt, einerseits und Umstrukturierungsbeihilfen zur Unterstützung der erwünschten strukturellen Veränderungen im europäischen Schiffbausektor andererseits.

    2

    Am 25. Mai 1992 legte die Kommission dem Rat den Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung von Sonder- und Übergangsbestimmungen für die Werften der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vor. Gemeinsam mit dem Vorschlag wurde eine Mitteilung vorgelegt, in der die Notwendigkeit untersucht wurde, ausnahmsweise Betriebsbeihilfen zu genehmigen, die die gewöhnliche Höchstgrenze überstiegen, um die notwendigen Umstrukturierungen auf dem Sektor des ostdeutschen Schiffbaus zu erleichtern (SEK[92] 991 endg.; im folgenden: Mitteilung vom 25. Mai 1992). Am 20. Juli 1992 erließ der Rat die Richtlinie 92/68.

    3

    Diese Richtlinie fügte in Kapitel IV der Siebten Richtlinie einen Artikel 10a ein, der wie folgt lautet:

    „(1)

    Kapitel II gilt bis auf Artikel 4 Absätze 6 und 7 nicht für das Neubau- und Umbaugeschäft der Werften, die am 1. Juli 1990 im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestanden.

    (2)

    Bis zum 31. Dezember 1993 können Betriebsbeihilfen für das Neubau- und Umbaugeschäft der in Absatz 1 genannten Werften als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, sofern

    a)

    die Beihilfen, die für die Aufrechterhaltung des Werftbetriebs in dieser Zeit gewährt werden, bei keiner dieser Werften die Höchstgrenze von 36 % des Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums von drei Jahren im Neu- und Umbaugeschäft nach Abschluß der Umstrukturierung übersteigen; diese Beihilfen sind bis zum 31. Dezember 1993 zu zahlen;

    b)

    für zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1993 unterzeichnete Verträge keine anderen Produktionsbeihilfen gezahlt werden,

    c)

    sich die deutsche Regierung bereiterklärt, nach einem Terminplan, der der Zustimmung der Kommission bedarf, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 1995, eine echte, irreversible Stillegung von Schiffbaukapazitäten von 40 % netto, bezogen auf die am 1. Juli 1990 vorhandene Schiffbaukapazität von 545000 cgt, zu veranlassen;

    d)

    die deutsche Regierung gegenüber der Kommission mit Jahresberichten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers belegt, daß die Beihilfezahlungen ausschließlich den Werften im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zugute kommen. Der erste Jahresbericht ist der Kommission bis Ende Februar 1993 vorzulegen.

    (3)

    Die Kommission achtet darauf, daß die in diesem Artikel genannten Beihilfen den Handelsverkehr nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft.“

    Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt

    4

    Die MTW Schiffswerft GmbH (im folgenden: MTW GmbH), eine Gesellschaft mit Sitz in Wismar, betreibt eine Werft im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Diese Werft wurde durch Verkauf an die Bremer Vulkan AG am 11. August 1992 privatisiert. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1992 meldete die deutsche Regierung bei der Kommission ein Beihilfevorhaben für diese Werft an.

    5

    Nach den Angaben der Kommission belief sich das Vorhaben einer Betriebsbeihilfe auf 597,2 Millionen DM (80,7 Millionen DM zur Deckung von 40 % der Altschulden, 57,7 Millionen DM Kapitalzuschuß und 458,8 Millionen DM zur Dekkung von Verlusten während der Umstrukturierung.

    6

    Mit Schreiben vom 30. Oktober 1992 ersuchte die Kommission die deutschen Stellen um zusätzliche Auskünfte. Diese wurden mündlich in einer Sitzung am 2. Dezember 1992, sodann schriftlich am 4. Dezember 1992 erteilt.

    7

    Inzwischen beauftragte die Kommission die Beratungsfirma A & P Appledore International (im folgenden: Appledore) mit einer Untersuchung der mitgeteilten Investitionsvorhaben zugunsten der MTW GmbH und anderer ostdeutscher Werften sowie der Berechnung ihrer Auswirkungen auf die Kapazität. In einem ersten Bericht, der der Kommission am 4. Dezember 1992 übermittelt wurde, gelangte Appledore zu dem Ergebnis, daß die für die MTW GmbH festgesetzte Grenze von 100000 cgt (compensated gross tonnage; gewichtete Bruttoraumzahl) eingehalten sei.

    8

    In einer Sitzung am 23. September 1992 beschloß die Kommission, die Zahlung einer ersten Betriebsbeihilfetranche in Höhe von 191,2 Millionen DM an die MTW GmbH zu genehmigen. Mit Schreiben vom 6. Januar 1993 wurde die Entscheidung (im folgenden: erste Entscheidung oder Entscheidung vom 23. Dezember 1992) der deutschen Regierung notifiziert.

    9

    Am 1. April 1993 legte die Kommission ihren zweiten Bericht über die Kontrolle der Privatisierung in den neuen deutschen Bundesländern vor. Aus diesem Bericht geht insbesondere hervor, daß die deutsche Regierung im Rahmen der Ausnahme eine echte, irreversible Stillegung von 40% der 1990 bestehenden Schiffbaukapazität von 545000 cgt vor Ende 1995 zugesagt hatte. Die deutsche Regierung gab die folgende Aufteilung der künftigen Baukapazität für Seeschiffe in den Werften der neuen Länder bekannt.

     

    Kapazität 1990 (cgt)

    Künftige Kapazität (cgt)

    Entwicklung

    MTW

    87 275

    100 000

    +12 725

    WW

    133 804

    85 000

    -48 804

    PW

    0

    35 000

    +35 000

    VW

    183 030

    85 000

    -98 030

    EWB

    38 228

    22 000

    -16 228

    NW

    97 042

    0

    -97 042

    RSW

    5 662

    0

    -5 662

    Gesamt

    545 041

    327 000

    - 218 041

    10

    Aus dem Bericht vom 1. April 1993 geht auch hervor, daß Appledore auf der Grundlage der Investitionsvorhaben die Kapazität der drei privatisierten Werften MTW, WW und PW bewertet hatte. Nach den Ausführungen von Appledore bestand keine Gefahr, daß die vereinbarten Beihilfehöchstgrenzen (siehe die vorstehende Tabelle) bei diesen drei Werften in Zukunft überschritten würden, da in den Produktionsanlagen bestimmte technische Engpässe festgestellt worden seien.

    11

    Den Angaben der Kommission zufolge übersandten ihr die deutschen Stellen im März 1993 den ersten in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie vorgesehenen Bericht (im folgenden: Spill-over-Bericht), der von der C & L Treuarbeit Deutsche Revision erstellt worden war und sich auf die Zeit vom 1. November 1992 bis zum 28. Februar 1993 bezog.

    12

    Weitere Spill-over-Berichte wurden der Kommission am 11. Oktober 1993, am 14. Dezember 1993 und am 2. Februar 1994 übersandt. Der Spill-over-Bericht für das Jahr 1993 wurde der Kommission am 16. März 1994 vorgelegt.

    13

    Anfang August 1993 teilten die deutschen Stellen der Kommission mit, daß die MTW GmbH an einem Vorhaben zur Verlegung der Werft arbeite, da die Natur des Bodens an der bestehenden Betriebsstätte den Bau einer Werft der im Privatisierungsvertrag vorgesehenen Art sehr wahrscheinlich unmöglich mache. Um die möglichen Folgen der beabsichtigen Verlegung zu erörtern, hielt die Kommission Sitzungen sowohl am 19. August 1993 mit den deutschen Stellen als auch am 18. Oktober 1993 mit Vertretern des dänischen Industrieministeriums und den Klägerinnen ab.

    14

    Am 27. Oktober 1993 ersuchte sie die deutschen Stellen, das Vorhaben einer Verlegung der Werft offiziell mitzuteilen. Die Notifizierung erfolgte mit Schreiben vom 5. November 1993. Das Verlegungsvorhaben wurde sodann mit den Mitgliedstaaten in einer multilateralen Sitzung am 3. Dezember 1993 erörtert.

    15

    Mit Schreiben vom 15. Dezember 1993 teilte die Kommission der deutschen Regierung mit, sie könne vor dem 31. Dezember 1993 keine Entscheidung über die zweite Beihilfetranche treffen.

    16

    Die Gespräche über die Folgen der Verlegung der Werft wurden in den ersten Monaten des Jahres 1994 fortgesetzt, und am 7. Februar 1994 fand eine weitere multilaterale Sitzung mit den Mitgliedstaaten statt. Am 29. April 1994 teilten die deutschen Stellen mit, daß das Vorhaben einer Verlegung der Werft aufgegeben worden sei. In einer Sitzung der Kommission vom 11. Mai 1994 entschied diese, die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche in Höhe von 406 Millionen DM, davon 220,8 Millionen DM in bar, zu genehmigen, da die in Artikel 10a der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien.

    17

    Über die Entscheidung vom 11. Mai 1994 (im folgenden: streitige Entscheidung) wurde am selben Tag eine Pressemitteilung herausgegeben. Mit Schreiben vom 18. Mai 1994 übermittelte die Kommission ihre Entscheidung der deutschen Regierung als deren Adressatin.

    Verfahren und Anträge der Parteien

    18

    Daraufhin haben die Klägerinnen mit Klageschrift, die am 20. Juli 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

    19

    Mit Schriftsatz, der am 4. Oktober 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen beantragt, Englisch anstelle von Dänisch zur Verfahrenssprache zuzulassen. Das Gericht hat die Parteien mit Beschluß vom 8. November 1994 ermächtigt, das Verfahren in englischer Sprache fortzusetzen.

    20

    Die MTW GmbH hat mit Schriftsatz, der am 8. Dezember 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer hat mit Beschluß vom 10. März 1995 diesen Streitbeitritt zugelassen.

    21

    Mit Schriftsatz, der am 16. Dezember 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer hat diesen Streitbeitritt mit Beschluß vom 10. März 1995 zugelassen.

    22

    Das Königreich Dänemark hat mit Schriftsatz, der am 20. Dezember 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, seine Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen beantragt. Der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer hat diesen Streitbeitritt mit Beschluß vom 10. März 1995 zugelassen.

    23

    Die Klägerinnen haben mit gesondertem Schriftsatz, der am 17. Februar 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß den Artikeln 70 und 114 der Verfahrensordnung beantragt, der Kommission aufzugeben, bestimmte Schriftstücke vorzulegen, die sie für wesentlich und erforderlich halte, um den Sachverhalt der Rechtssache zu klären, und die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen anzuordnen, um die von der Kommission zur Prüfung der Kapazitätsreduzierung gemäß Artikel 10a der Siebten Richtlinie angewandten Methoden zu untersuchen. Sie haben die Vorlage folgender Schriftstücke beantragt: 1) des Anmeldungsschreibens der deutschen Stellen vom 2. Oktober 1992 und des Schreibens vom 4. Dezember 1992, mit dem diese zusätzliche Angaben zu der Anmeldung gemacht haben, 2) der Spill-over-Berichte im Sinne von Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie, 3) der Unterlagen über die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche, insbesondere des Schreibens der deutschen Stellen vom 2. Februar 1994, 4) des Schreibens der deutschen Regierung vom 24. Juli 1992, mit dem diese die Zusage einer echten, irreversiblen Stillegung von Kapazitäten von 40 % innerhalb der gesetzten Frist gemäß Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie bestätigte, und schließlich 5) des Schreibens der Kommission vom 15. Dezember 1993 an die deutsche Regierung.

    24

    Die Kommission hat mit Schriftsatz, der am 11. April 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, die Beweisanträge der Klägerinnen außer in bezug auf die Vorlage des Schreibens der Kommission vom 15. Dezember 1992, das sie diesem Schriftsatz als Anlage beigefügt hat, zurückzuweisen.

    25

    Das Gericht hat die Kommission mit Schreiben vom 30. Mai 1995 aufgefordert, das Schreiben der deutschen Stellen vom 2. Februar 1994, das die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche betraf, vorzulegen. Die Kommission hat dieses Schreiben am 27. Juni 1995 vorgelegt.

    26

    Mit Entscheidung des Gerichts vom 19. September 1995 ist der Berichterstatter der Dritten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der die Rechtssache daraufhin zugewiesen worden ist.

    27

    Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch mit Schreiben vom 18. März 1996 die Parteien aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen und bestimmte Fragen schriftlich und in der mündlichen Verhandlung zu beantworten. Die Klägerinnen haben die Fragen des Gerichts mit Schreiben, das am 1. April 1996 bei der Kanzlei eingegangen ist, beantwortet. Die Kommission hat mit Schreiben, das am 23. April 1996 bei der Kanzlei eingegangen ist, die Fragen beantwortet und die verlangten Unterlagen vorgelegt.

    28

    Die Parteien haben in der Sitzung vom 14. Mai 1996 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

    29

    Die Klägerinnen beantragen,

    die Entscheidung der Kommission vom 11. Mai 1994 über die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche an die MTW GmbH ganz oder teilweise für nichtig zu erklären;

    der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

    die Streithelferin MTW GmbH zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.

    30

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

    31

    Der Streithelfer Königreich Dänemark beantragt, die Entscheidung der Kommission vom 11. Mai 1994 über die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche an die MTW GmbH für nichtig zu erklären.

    32

    Die Streithelferin Bundesrepublik Deutschland beantragt, die Klage abzuweisen.

    33

    Die Streithelferin MTW GmbH beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    den Klägerinnen die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

    Zur Zulässigkeit

    Vorbringen der Parteien

    34

    Die Streithelferin MTW GmbH wirft die Frage auf, ob die acht in der Klageschrift aufgeführten dänischen Werften als Klägerinnen in der vorliegenden Rechtssache betrachtet werden können. Da die Klagepartei in der Klageschrift nicht eindeutig bezeichnet sei, ergebe sich aus Artikel 44 § 6 der Verfahrensordnung im Gegenschluß, daß die Klage, zumindest was diese Werften angehe, als unzulässig abzuweisen sei.

    35

    Falls das Gericht der Ansicht sei, daß die Klage von der Vereinigung und den acht Werften gemeinsam eingereicht worden sei, müsse deren Klage gesondert für unzulässig erklärt werden, da sie nicht nachgewiesen hätten, daß sie am Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen seien (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391). Zudem hätten die dänischen Werften nichts konkretes zu den Auswirkungen vorgetragen, die die in Rede stehende staatliche Beihilfe auf ihre Marktstellung haben könnten.

    36

    Die Klägerinnen führen zunächst aus, aus der dänischen Fassung der Klageschrift gehe klar hervor, daß Klagepartei die Vereinigung der dänischen Werften in ihrem eigenen Namen und im Namen der in der Klageschrift aufgeführten Werften sei. Die MTW GmbH sei als Streithelferin nicht befugt, gemäß Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung und den Artikeln 37 Absatz 3 sowie 46 der EG-Satzung des Gerichtshofes eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, da die Beklagte die Zulässigkeit der Klagen nicht bestritten habe (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 20 bis 22, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203).

    37

    Das Gericht dürfe die Klage nicht von Amts wegen für unzulässig erklären, da die MTW GmbH die Frage der Unzulässigkeit in einer sehr späten Phase des Verfahrens aufgeworfen habe. Auf alle Fälle sei die Einrede der teilweisen Unzulässigkeit zurückzuweisen, da die Zulässigkeit der Klage der Vereinigung nicht bestritten sei und es sich um ein und dieselbe Klage handele (Urteil CIRFS u. a./Kommission, a. a. O.). Im übrigen seien die dänischen Werften Wettbewerber der MTW GmbH, und die staatliche Beihilfe beeinträchtige ihre Marktposition hinreichend, wie dies in der Klageschrift klar und eindeutig ausgeführt worden sei. Die Klägerinnen erfüllten daher die Voraussetzungen für die Klageberechtigung (Urteile Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., und Matra/Kommission, a. a. O.).

    Würdigung durch das Gericht

    38

    Was die Frage angeht, ob die MTW GmbH als Streithelferin befugt ist, eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, können nach Artikel 37 Absatz 3 der Satzung des Gerichtshofes, die nach ihrem Artikel 46 Absatz 1 auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Ferner muß nach Artikel 116 §3 der Verfahrensordnung der Streithelfer den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet.

    39

    Somit ist die MTW GmbH nicht befugt, eine Einrede der teilweisen Unzulässigkeit zu erheben, und das Gericht ist nicht verpflichtet, auf die von ihr vorgebrachten Gründe für diese Einrede einzugehen (vgl. Urteil CIRFS u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 22).

    40

    Das Gericht kann jedoch, da es sich um eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung handelt, gemäß Artikel 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen, ob die Klage zulässig ist.

    41

    Ausweislich der Klageschrift und der Antwort auf die Fragen des Gerichts ist Klagepartei die Forening af Jernskibs- og Maskinbyggerier i Danmark, Skibsværftsforeningen (Vereinigung der dänischen Schiffswerften; im folgenden: Skibsværftsforeningen) in ihrem eigenen Namen und ihrer Eigenschaft als Bevollmächtigter folgender dänischer Schiffswerften: Assens Skibsværft A/S, Burmeister & Wain Skibsværft A/S, Danyard A/S, Fredericia Skibsværft A/S, Odense Staalskibsværft A/S, Svenborg Værft A/S, Ørskov Christensens Staalskibsværft A/S und Aarhus Flydedok A/S. Nach ihrer Satzung hat die Skibsværftsforeningen insbesondere die Aufgabe, den Schiffbausektor in Dänemark und im Ausland zu vertreten.

    42

    Entgegen der Ansicht der MTW GmbH entspricht die Klage insoweit Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung.

    43

    Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag erlaubt natürlichen oder juristischen Personen, gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage zu erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen. Im vorliegenden Fall geht es um eine an die deutsche Regierung gerichtete Entscheidung.

    44

    Nach ständiger Rechtsprechung können Personen, die nicht Adressat einer Entscheidung sind, nur dann geltend machen, im Sinne von Artikel 173 des Vertrages individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 238, und des Gerichts vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-435/93, ASPEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1281, Randnr. 62, sowie vom 5. Juni 1996 in der Rechtssache T-398/94, Kahn Scheepvaart/Kommission, Slg. 1996, II-477, Randnr. 37).

    45

    Die Kommission hat die angefochtene Entscheidung im Rahmen des Vorverfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Verfahrens erlassen. Da jedoch die Klägerinnen die Nichtigerklärung nicht mit der Begründung begehren, daß die Kommission ihre Verpflichtung zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 verletzt habe oder daß die in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahrensgarantien verletzt worden seien (Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, und Matra/Kommission, a. a. O.), macht nicht schon der Umstand, daß die Klägerinnen als „Beteiligte“ im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 betrachtet werden könnten, die Klage zulässig. Daher ist zu prüfen, ob die Klägerinnen im Sinne des Urteils Plaumann durch die Entscheidung wegen anderer Umstände betroffen und daher in ähnlicher Weise individualisiert werden wie der Adressat.

    46

    In diesem Zusammenhang geht aus den Akten hervor, daß zumindest zwei der zu den klagenden Unternehmen gehörende dänische Werften, die Danyard A/S und die Odense Staalskibsværft A/S, beim Abschluß der Umstrukturierungen der MTW GmbH in unmittelbarem Wettbewerb zu dieser stehen oder stehen werden. Die MTW GmbH hat selbst eingeräumt, daß sie gegenwärtig ein unmittelbarer Wettbewerber dieser beiden Werften ist und dies nach Vollendung des neuen Trockendocks erst recht sein wird. Wie die Danyard A/S baut die Streithelferin MTW GmbH gegenwärtig Tankschiffe mittlerer Größe, Schiffe für den Transport von Schüttgut („bulk carriers“) und Containerschiffe, deren Tonnage sich auf bis zu 40000 Tragfähigkeitstonnen (tdw) belaufen kann. Nach ihren eigenen Angaben wird die MTW GmbH mit ihren neuen Anlagen in der Lage sein, sehr große Rohöltankschiffe (im folgenden: E-3-Tanker oder-Schiffe) einer Tonnage von bis zu 300000 tdw und Containerschiffe zu bauen. Mit dieser Produktpalette wird sich die MTW GmbH nach ihren Angaben in den gleichen Marktsegmenten wie die Odense Staalskibsværft A/S bewegen. Aus den Akten geht auch hervor, daß es in der Gemeinschaft nur sehr wenige Werften gibt, die gegenwärtig E-3-Tanker bauen oder bauen können; zu diesen gehört insbesondere die Odense Staalskibsværft. Im übrigen wurden die Anlagen dieser Werft im Verwaltungsvcrfahren mehrfach bei der Schätzung der künftigen Kapazität der MTW GmbH mit deren Anlagen verglichen.

    47

    Zwar rechtfertigt es die Tatsache allein, daß eine Maßnahme geeignet ist, die auf dem betroffenen Markt bestehenden Wettbewerbsverhältnisse zu beeinflussen, noch nicht, jeden Wirtschaftsteilnehmer, der in irgendeiner Wettbewerbsbeziehung zum Adressaten der Maßnahme steht, als durch diese unmittelbar und individuell betroffen anzusehen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1969 in den Rechtssachen C-10/68 und C-18/68, Eridania/Kommission, Slg. 1969, 459, Randnr. 7), jedoch ist durch die bei den Akten befindlichen Unterlagen (siehe die vorstehende Randnr.) nachgewiesen, daß die Marktstellung der klagenden Unternehmen Danyard A/S und Odense Staalskibsværft A/S durch die Gewährung der streitigen staatlichen Beihilfe spürbar beeinträchtigt werden könnte. Sie befinden sich daher in einer besonderen Wettbewerbssituation, die sie somit im Hinblick auf die staatliche Beihilfe aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer heraushebt (vgl. Urteil ASPEC u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 70).

    48

    Unter diesen Umständen sind die Danyard A/S und die Odense Staalskibsværft A/S als von der streitigen Entscheidung individuell betroffen anzusehen.

    49

    Für die Frage, ob diese beiden Werften von der streitigen Entscheidung auch unmittelbar betroffen sind, gilt zwar, daß diese ihre Belange nicht beeinträchtigen kann, sofern nicht Durchführungsmaßnahmen von der deutschen Regierung erlassen werden. Das Gericht stellt jedoch fest, daß der Baranteil der zweiten Tranche der streitigen Beihilfe bereits am 30. Dezember 1993 von der deutschen Regierung in Erwartung der Genehmigung der Kommission auf Sperrkonten bei der Commerzbank und der Dresdner Bank überwiesen wurde. Daher besteht am Willen der deutschen Stellen, die in Rede stehende Beihilfe zu gewähren, kein Zweifel. Somit sind die beiden genannten Werften von der streitigen Entscheidung unmittelbar betroffen (vgl. in diesem Sinn Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82, Piraiki-Patraiki/Kommission, Slg. 1985, 207).

    50

    Da eine von der Danyard A/S oder Odense Staalskibsværft A/S eingereichte Klage zulässig gewesen wäre, ist eine Klage der Skibsværftsforeningen als Bevollmächtigte dieser beiden Werften ebenfalls für zulässig zu erklären (Urteil vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC u. a., Slg. 1995, II-1971, Randnrn. 59 bis 62).

    51

    Da es sich um eine gemeinsame Klage handelt, braucht die Klageberechtigung der anderen in der Klageschrift aufgeführten Werften und der Vereinigung der dänischen Werften in eigenem Namen nicht geprüft zu werden (vgl. Urteil CIRFS u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 31).

    52

    Nach allem ist die Klage zulässig.

    Zur Begründetheit

    53

    Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf drei Gründe, und zwar zeitliche Unzuständigkeit der Kommission für die Genehmigung der zweiten Beihilfetranche, einen Verstoß gegen die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen und eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften. Die dänische Regierung rügt eine Verletzung des „Grundsatzes der Transparenz“.

    Zum Klagegrund zeitlicher Unzuständigkeit

    Zur Zulässigkeit des Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    54

    Die Streithelferin MTW hält diesen Klagegrund für unzulässig. Gerügt wurde die Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift, nämlich der am 31. Dezember 1993 ablaufenden Frist, innerhalb deren die Kommission gemäß Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie ihre Entscheidung hätte treffen müssen. Nach der Rechtsprechung sei dieser Klagegrund aber nur dann zulässig, wenn das Verfahren ohne diese Fehler zu einem anderen Ergebnis geführt hätte oder wenn die angeblich verletzte Bestimmung dem Schutz der berechtigten Interessen der Klägerinnen diente (Urteile des Gerichtshofes vom 15. März 1973 in der Rechtssache 37/72, Marcato/Kommission, Slg. 1973, 361, Randnr. 6; vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 30/78, Distillers Company/Kommission, Slg. 1980, 2229, Randnr. 26, und Cofaz u. a./Kommission, a. a. O., Randnrn. 23 ff.). Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargetan, daß dies der Fall sei.

    55

    Die Klägerinnen wenden sich gegen dieses Vorbringen. Zum einen hätte die Entscheidung der Kommission wahrscheinlich anders gelautet, wenn nicht gegen die Verfahrensregeln verstoßen worden wäre. Zum anderen hätten die Klägerinnen jedenfalls ein berechtigtes Interesse daran, daß das Gericht dieses Vorbringen prüfe. Die bloße Möglichkeit einer Zurückweisung des Vorbringens einer Partei stelle keinen Unzulässigkeitsgrund dar.

    — Würdigung durch das Gericht

    56

    Die Klägerinnen rügen die Unzuständigkeit der Kommission. Wäre diese Rüge begründet, würde sie gemäß Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen.

    57

    Bei den Klägerinnen handelt es sich um die dänische Vereinigung der wichtigsten dänischen Schiffswerften und acht Firmen, die Schiffswerften betreiben, von denen zwei in unmittelbarem Wettbewerb zur Empfängerin der streitigen Beihilfe stehen. Die MTW GmbH kann diesen Klägerinnen nicht das Interesse an der Erhebung der Rüge und an einer gerichtlichen Kontrolle des Umfangs der Zuständigkeit der Kommission absprechen.

    58

    Daher ist dieser Klagegrund zulässig.

    Zur Begründetheit des Klagegrundes

    — Vorbringen der Parteien

    59

    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe eine staatliche Beihilfe zu einem Zeitpunkt genehmigt, zu dem sie hierfür nicht zuständig gewesen sei, da die streitige Entscheidung nach Ablauf der Frist des 31. Dezember 1993 in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie und auch nach Ablauf der gleichen Frist für die Zahlung der Beihilfe gemäß Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie erlassen worden sei. Damit habe die Kommission außerhalb ihrer zeitlichen Zuständigkeit gehandelt.

    60

    Es gebe keine andere Bestimmung, die die Kommission dazu ermächtigt hätte, nach dem 31. Dezember 1993 eine Entscheidung über die Genehmigung der Zahlung der Beihilfe zu erlassen, selbst wenn diese Beihilfe rechtzeitig mitgeteilt worden wäre und selbst wenn davon ausgegangen werde, daß die Zahlung der Beihilfe vor diesem Zeitpunkt stattgefunden habe. Die in Rede stehenden Richtlinien beschränkten die Befugnisse der Kommission strikt (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Mai 1993 in den Rechtssachen C-356/90 und C-180/91, Belgien/Kommission, Slg. 1993, I-2323).

    61

    In diesem Zusammenhang gehe aus dem Vorschlag für die Richtlinie 92/68 hervor, daß die genehmigten Beihilfen zugunsten der ostdeutschen Schiffswerften spätestens am 31. Dezember 1993 hätten ausgezahlt werden müssen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe somit beabsichtigt, einen Zeitpunkt festzusetzen, zu dem die Umstrukturierungen der Schiffbauindustrie der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik dank der von der deutschen Regierung gezahlten genehmigten Beihilfen hätten abgeschlossen sein sollen. Nach dem 31. Dezember. 1993 şei nur der Rat gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe e des Vertrages für eine Entscheidung zur Genehmigung der in Rede stehenden zweiten Beihilfetranche zuständig gewesen.

    62

    Obwohl das Ende der Geltungsdauer der Siebten Richtlinie durch die Richtlinie 93/115 vom 31. Dezember 1993 auf den 31. Dezember 1994 verschoben worden sei, sei die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie festgesetzte Frist für die Zahlung der staatlichen Beihilfe für die ostdeutschen Schiffswerften als solche nicht geändert worden.

    63

    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Ansicht der Kommission, die durch Artikel 10a festgesetzte Frist sei keine zwingende Frist. Die Angelegenheit sei nämlich im Rat erörtert worden, und die Richtlinie 93/115 sei am 16. Dezember 1993 erlassen worden, d. h. am Tag nachdem die Kommission die deutsche Regierung von ihren Schwierigkeiten unterrichtet habe, ihre Entscheidung vor dem 31. Dezember 1993 zutreffen.

    64

    In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen ausgeführt, daß die Kommission in einem anderen Zusammenhang, in dem es um Beihilfen für die Stahlindustrie gegangen sei, die Ansicht vertreten habe, nach Ablauf einer durch Artikel 5 der Entscheidung Nr. 3855/91/EGKS der Kommission vom 27. November 1991 (ABl. L 362, S. 57) — eine zu der im vorliegenden Fall in Rede stehenden vergleichbaren Bestimmung — festgesetzten Frist verfüge sie nicht mehr über die ihr von diesem Artikel verliehene Zuständigkeit (vgl. die Mitteilung der Kommission vom 31. Oktober 1995, ABl. L 289, S. 11).

    65

    Sodann machen sie geltend, daß die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission berufe (Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-354/90, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon, Sig. 1991, I-5505; im folgenden: Urteil FNCE), auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei.

    66

    Im Unterschied zu dieser Rechtssache, in der eine Beihilfe gemäß den Bestimmungen des Vertrages gewährt worden sei, der keine besondere Frist vorsehe, handele es sich im vorliegenden Fall um die nicht fristgemäße Genehmigung einer aufgrund einer besonderen Übergangsregelung, die am 31. Dezember 1993 ausgelaufen sei, gezahlten Beihilfe. Aus dem Urteil FNCE ergebe sich, daß weder die Kommission noch der Gerichtshof die Ungültigkeit einer unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 des Vertrages gezahlten Beihilfe beseitigen oder nachträglich heilen könnten. Folgte man der Ansicht der Kommission, sie könne selbst unter diesen Umständen die in Rede stehende Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, so würde letztlich die rechtliche Position der deutschen Stellen und der MTW GmbH dadurch verbessert, daß eine rechtswidrige Auszahlung geduldet und gleichzeitig die Befugnisse der Kommission über die vom Rat festgesetzte Frist hinaus erweitert würden.

    67

    Erst mit dem Erhalt der Klagebeantwortung seien sie davon unterrichtet worden, daß die zweite Tranche der streitigen Beihilfe vor dem 31. Dezember 1993 auf Sperrkonten überwiesen worden sei, während die Pressemitteilung vom 11. Mai 1994 den Eindruck erweckt habe, die Tranche werde nach dem Erlaß der streitigen Entscheidung ausgezahlt.

    68

    Aus der Rechtsprechung lasse sich ableiten, daß die Nichtbeachtung einer Frist der in der Richtlinie 92/68 vorgesehenen Art einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstelle (Urteil des Gerichtshofes vom 8. Februar 1973 in der Rechtssache 30/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, 161). Im vorliegenden Fall lasse sich der Verstoß der Kommission gegen die Siebte Richtlinie nicht rechtfertigen, denn die Verzögerung bei der Behandlung des Vorgangs sei nur der MTW GmbH zuzurechnen. Abgesehen davon, daß die Beihilfe erst nach der Genehmigung durch die Kommission hätte gezahlt werden dürfen, hätte sie auch vor dem 31. Dezember 1993 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein müssen. Nachdem die streitige Entscheidung im Mai 1994 getroffen worden sei, hätte sie auf völlig andere Tatsachen gestützt werden müssen, als sie zu dem Zeitpunkt vorgelegen hätten, da die Beihilfe als bezahlt gegolten habe, nämlich zu einem Zeitpunkt nach der Verlegung der Werft. Diese zuletzt genannten Umstände machten die Zahlung rechtswidrig (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 104/76, Jansen, Slg. 1977, 829).

    69

    Die Klägerinnen bestreiten die Behauptung der MTW GmbH, die Zahlung der zweiten Beihilfetranche sei in der Sache genehmigt worden, als die Kommission am 23. Dezember 1992 entschieden habe, die erste Beihilfetranche zu genehmigen. Diese Behauptung werde durch die von der Kommission in der Klagebeantwortung gegebene Aufzählung der Voraussetzungen widerlegt, die erfüllt sein müßten, bevor die zweite Beihilfetranche für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne.

    70

    Schließlich weisen die Klägerinnen die Ansicht der Kommission zurück, sie hätten kein berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, da diese Entscheidung sie individuell und unmittelbar betreffe. Im übrigen ergebe sich aus der Rechtsprechung, daß das Handeln der Kommission einem bestimmten Formalismus unterliege (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache C-137/92P, Kommission/BASF, „PVC“, Slg. 1994, I-2555; Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache T-32/91, Solvay/Kommission, Slg. 1995, II-1825, zur Zeit Gegenstand eines Rechtsmittels beim Gerichtshof unter der Nr. C-288/95 P, und in der Rechtssache T-37/91, ICI/Kommission, Slg. 1995, II-1901, zur Zeit Gegenstand eines Rechtsmittels beim Gerichtshof unter der Nr. C-286/95 P). Die Verletzung von Formvorschriften stelle für sich einen Verstoß dar, der zur Nichtigerklärung einer Entscheidung führe, unabhängig davon, ob sie sich auf die streitige Entscheidung auswirke oder nicht.

    71

    Die dänische Regierung schließt sich dem Vorbringen der Klägerinnen an, daß die Kommission im Mai 1994 nicht für den Erlaß der streitigen Entscheidung zuständig gewesen sei. Die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie festgesetzte Frist sei keine förmliche Verfahrensvorschrift, sondern stelle eine der Voraussetzungen der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt dar. Entgegen der Ansicht der Kommission sei die Unterscheidung zwischen einer rechtswidrigen Beihilfe und einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe für die Beurteilung staatlicher Beihilfen aufgrund der besonderen Übergangsregelung, die für die Werften der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik durch die Richtlinie 92/68 geschaffen worden sei, unerheblich.

    72

    Die dänische Regierung wendet sich gegen die Ansicht der Kommission, die Übergangsbestimmungen seien nur aufgrund eines Mißverständnisses beim Erlaß der Richtlinie 93/115 nicht ausdrücklich verlängert worden. Die Frage sei im Rat bei der Prüfung des Vorschlags der genannten Richtlinie erörtert worden. Der Rat habe einstimmig die Ansicht vertreten, daß die Geltung der Sondervorschriften für die Werften der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nicht verlängert werden dürfe. Im übrigen sei die genannte Frist gesetzt worden, um es den Mitgliedstaaten und den übrigen Beteiligten zu ermöglichen, geschäftlich zu disponieren. Diese hätten die rechtlich geschützte Gewißheit haben müssen, im Vertrauen auf die Regeln der Richtlinie entsprechend der geltenden Frist handeln zu können. Die Kommission habe die entscheidende Bedeutung dieser Frist in ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage Nr. 2792/92 des Europäischen Parlaments selbst eingeräumt (ABl. 1993, C 195, S. 18).

    73

    Im übrigen habe die Kommission die Auszahlung der zweiten Beihilfetranche durch die streitige Entscheidung auf einer falschen Grundlage genehmigt. Denn als die deutsche Regierung am 17. März 1994 die Kommission von der Zahlung der streitigen Beihilfe unterrichtet habe, sei die Beihilfe für eine verlegte Werft bestimmt gewesen. Die Kommission sei jedoch in der streitigen Entscheidung davon ausgegangen, daß die MTW GmbH am ursprünglich vorgesehenen Standort bleiben würde.

    74

    Zur Überweisung eines Teils der zweiten Beihilfetranche auf Sperrkonten bis zur Genehmigung der Kommission vertritt die dänische Regierung die Ansicht, wenn diese Überweisung die Zahlung bedeute, sei sie rechtswidrig gewesen, weil die Genehmigung durch die Kommission noch nicht vorgelegen habe. Gelte die Überweisung hingegen nicht als Zahlung, so sei diese erst bei der Aufhebung der Sperrung 1994 erfolgt. Sie sei in diesem Fall rechtswidrig, weil die Kommission die Genehmigung zu einem Zeitpunkt erteilt habe, zu dem sie hierfür nicht mehr zuständig gewesen sei, und weil die Zahlung nach dem 31. Dezember 1993 nicht mehr rechtmäßig habe erfolgen dürfen. Insoweit gehe aus der streitigen Entscheidung nicht deutlich hervor, ob die Zahlung 1993 oder erst 1994 erfolgt sei.

    75

    Die Kommission macht geltend, nach der Rechtsprechung sei zwischen einer ungültigen (oder rechtswidrigen) und einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfe zu unterscheiden (Urteil FNCE, a. a. O., Randnrn. 9 bis 11).

    76

    Im vorliegenden Fall hätten die deutschen Stellen die Beihilfe vor der Genehmigung durch die Kommission gezahlt. Indessen habe die Ungültigkeit dieser Beihilfe nach der angeführten Rechtsprechung die Kommission nicht daran gehindert, sie für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, da sie vor Ablauf der in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie festgesetzten Frist gewährt worden sei und da im übrigen alle anderen in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Die Rolle der Kommission sei daher auf die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe beschränkt gewesen, obwohl diese vor ihrer Genehmigung ausgezahlt worden sei.

    77

    Zur zweiten Beihilfetranche behauptet die Kommission, aus dem Schreiben der deutschen Stellen vom 2. Februar 1994 gehe hervor, daß 220,8 Millionen DM in bar am 30. Dezember 1993 bis zur Genehmigung durch die Kommission zugunsten der MTW GmbH auf Sperrkonten überwiesen worden seien. In diesem Zusammenhang bestreitet die Kommission die Behauptung der Klägerinnen, sie seien von dieser Zahlung nicht vor Klageerhebung unterrichtet worden. Die Zahlung der streitigen Beihilfe sei in den Sitzungen vom 3. Februar 1994, 7. Februar 1994 und 21. März 1994 erörtert worden, an denen auch die Klägerinnen teilgenommen hätten. Artikel 48 der Verfahrensordnung hindere die Klägerinnen daran, sich in der Phase der Erwiderung auf diese falsche Behauptung zu stützen.

    78

    Unter Hinweis auf die Gründe für den Aufschub der Entscheidung, nämlich die Vorlage eines mit rein objektiven Gründen gerechtfertigten Verlegungsvorhabens und die zahlreichen Unterredungen, die nach der Vorlage dieses Vorhabens namentlich mit den Klägerinnen stattgefunden hätten, weist die Kommission die Ansicht zurück, sie sei zeitlich unzuständig gewesen.

    79

    Hierzu hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß Artikel 10a der Siebten Richtlinie die Zahlung von Betriebsbeihilfen für zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1993 unterzeichnete Verträge erlaube. Sie sei daher auch nach dem zuletzt genannten Datum für die Genehmigung der Beihilfen zuständig gewesen, sofern sie in Verbindung mit diesen Verträgen gezahlt worden seien. Die Frist des Artikels 10a sei daher nicht die Frist für die Entscheidung über die Vereinbarkeit.

    80

    Zwar sehe Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 1 als Endtermin den 31. Dezember 1993 vor, die entsprechende Frist sei jedoch keine „zwingende Frist“. Sie sei in die Richtlinie 92/68 nur eingefügt worden, um deren Geltungsdauer derjenigen der Siebten Richtlinie anzupassen. Beim Erlaß der Richtlinie 92/68 am 20. Juli 1992 habe man nämlich noch nicht gewußt, daß am 16. Dezember 1993 die Geltung der Siebten Richtlinie durch die Richtlinie 93/115 bis zum 31. Dezember 1994 verlängert werden würde. Obwohl es bedauerlich sei, daß diese zuletzt genannte Richtlinie die Frist des Artikels 10a Absatz 2 nicht ausdrücklich verlängert habe, sei es außerordentlich formalistisch, nur auf dieser Grundlage zu folgern, daß die Kommission nicht dafür zuständig gewesen sei, nach dem 31. Dezember 1993 die zweite Beihilfetranche zu genehmigen.

    81

    Schließlich sei die Vereinbarkeit einer Beihilfe anhand ihrer Auswirkungen auf den Markt zum Zeitpunkt ihrer Gewährung, d. h. vor dem 31. Dezember 1993, zu beurteilen, was im vorliegenden Fall geschehen sei. Der Umstand, daß die Kommission ihre Entscheidung nach dem 31. Dezember 1993 getroffen habe, habe keine nachteiligen Auswirkungen auf die Wettbewerbsstellung der Klägerinnen gehabt. Daher hätten sie kein berechtigtes Interesse daran, die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu verlangen.

    82

    Die Streithelferin MTW GmbH schließt sich dem Vorbringen der Kommission zu den Folgen an, die aus dem Ablauf der in Artikel 10a Absatz 2 vorgesehenen Frist zu ziehen seien. Insbesondere ergebe sich aus der Rechtsprechung, daß die bloße Verletzung des Artikels 93 Absatz 3 Satz 3 durch die Zahlung der in Rede stehenden Beihilfe vor dem 31. Dezember 1993 nicht zur Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt führe, da die Kommission nicht befugt sei, die Beihilfen allein wegen einer Verletzung dieser Vorschrift für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären (vgl. Urteil FNCE, a. a. O., Randnrn. 13 und 14; Schlußanträge des Generalanwalts Jacobs in dieser Rechtssache, Randnr. 21).

    83

    Die fragliche Beihilfe sei in der Sache bereits durch die Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 1992 über die erste Beihilfetranche genehmigt worden. Die beiden Entscheidungen der Kommission genehmigten nicht zwei verschiedene staatliche Beihilfen, sondern eine erste und eine zweite Tranche ein und derselben Beihilfe. Mit ihrer Entscheidung vom 23. Dezember 1992 habe die Kommission erklärt, sie sei unter Berücksichtigung der von der deutschen Regierung am 2. und 4. Dezember 1990 gelieferten Angaben in der Lage, die Beihilfe zu beurteilen. Die Auszahlung der zweiten Tranche sei nur von der Vorlage einer Erklärung über die gesamte Stillegung von Schiffbaukapazitäten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Werften, und der „Spill-over“-Berichte durch die deutsche Regierung abhängig gemacht worden. Unter diesen Umständen sei die Kommission für die Genehmigung der Aufhebung der Sperre der zweiten Tranche 1994 zuständig gewesen, da diese nur von der Erfüllung der erwähnten formalen Voraussetzungen abhängig gewesen sei.

    84

    Da die in Rede stehende Frist eine reine Verfahrensregel gewesen sei, greife schließlich der vorliegende Klagegrund nur durch, wenn die Klägerinnen nachwiesen, daß die Kommission die Genehmigung der Aufhebung der Sperre der zweiten Beihilfetranche verweigert hätte, wenn sie ihre Entscheidung vor Ende 1993 getroffen hätte, oder daß die in Rede stehenden Bestimmungen den Schutz ihrer Interessen bezweckten (vgl. Urteile Distillers Company/Kommission und Marcato/Kommission, a. a. O.). Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

    — Würdigung durch das Gericht

    85

    Die Richtlinie 92/68, die in die Siebte Richtlinie den Artikel 10a eingefügt hat, war eine besondere abweichende Übergangsregelung für staatliche Beihilfen. So geht aus ihrer zweiten Begründungserwägung hervor, daß eine Umstrukturierung des ostdeutschen Schiffbausektors erforderlich gewesen sei, um diesen wettbewerbsfähig zu machen, und daß „eine eigene Übergangsregelung getroffen werden [müßte], damit der Schiffbau [der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik] während der schrittweisen Umstrukturierung weiterarbeiten kann, die ihn in die Lage versetzen soll, den in der gesamten Gemeinschaft geltenden Regeln für staatliche Beihilfe zu genügen“.

    86

    Die Richtlinie 93/115 hat zwar Artikel 13 der Siebten Richtlinie durch Verlängerung seiner Geltungsdauer bis Ende 1994 geändert, nicht jedoch die in Artikel 10a festgesetzten Fristen. Hätte nämlich die neue, durch die Richtlinie 93/115 gesetzte Frist auch für die Sonderregelung zugunsten der ostdeutschen Schiffswerften gelten sollen, so hätte die Richtlinie 93/115 die in Artikel 10a gesetzte Frist ausdrücklich verlängern müssen.

    87

    Zur Frage, ob die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a a. E. aufgestellte Voraussetzung, daß die Beihilfen bis zum 31. Dezember 1993 zu zahlen waren, im vorliegenden Fall erfüllt ist, ergibt sich aus den Antworten der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts — ohne daß dies von den Klägerinnen bestritten wurde —, daß der in bar gezahlte Teil der zweiten Tranche der Beihilfe am 30. Dezember 1993 zugunsten der MTW GmbH auf Sperrkonten bei der Commerzbank und der Dresdner Bank überwiesen wurde. Die Freigabe dieser Gelder wurde von der Genehmigung eines von der deutschen Regierung und eines von der Empfängerin benannten Verwalters abhängig gemacht.

    88

    Es ist zu prüfen, ob diese Überweisung einer Zahlung im Sinne von Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a a. E. gleichzusetzen ist. Entgegen der Ansicht der Kommission hindert Artikel 48 der Verfahrensordnung die Klägerinnen nicht, eine eventuelle Unregelmäßigkeit bei der Zahlung der zweiten Beihilfetranche zu rügen, da dieser Artikel die Geltendmachung eines neuen Arguments zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes nicht ausschließt.

    89

    Nach Artikel 11 der Siebten Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission einzelne Entscheidungen über die Anwendung der durch Artikel 10a eingeführten Sonderregelung im voraus mitteilen und dürfen sie nicht ohne deren Genehmigung durchführen.

    90

    Nachdem die deutsche Regierung mit Schreiben vom 15. Dezember 1993 davon unterrichtet worden war, daß die Kommission vor Ende 1993 keine abschließende Entscheidung erlassen könne (siehe oben, Randnr. 15), war sie, wenn sie dennoch der MTW GmbH eine Betriebsbeihilfe gewähren wollte, gezwungen, den Baranteil der zweiten Tranche auf Sperrkonten zu überweisen, um die Voraussetzungen des Artikels 10a einzuhalten. Zum einen war sie nach Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie verpflichtet, die Beihilfe vor dem 31. Dezember 1993 an den Empfänger zu zahlen. Zum anderen war Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie zu beachten, wonach die Beihilfe ohne Genehmigung der Kommission „nicht ... durchgeführt“ werden darf.

    91

    In diesem ganz besonderen Kontext des vorliegenden Falles war die deutsche Regierung, die der MTW GmbH immer noch die zweite Beihilfetranche gewähren wollte, gezwungen, den Baranteil der zweiten Tranche auf Sperrkonten zu überweisen, um die Voraussetzungen des Artikels 10a zu erfüllen. Die Voraussetzung in bezug auf die Zahlung der Beihilfe durch diese Überweisung zugunsten der MTW GmbH vor dem 31. Dezember 1993 war damit erfüllt. Für diese Beurteilung spricht auch der Umstand, daß nach den Angaben der Kommission in der mündlichen Verhandlung, die von den Klägerinnen nicht bestritten worden sind, die Zinsen für die gesperrten Guthaben der MTW GmbH zustanden.

    92

    Was die Frage angeht, ob die Kommission im Mai 1994 dafür zuständig war, die zweite Tranche der Beihilfe für die MTW GmbH für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, so wird die Zuständigkeit der Kommission für die Erklärung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen im Bereich des Schiffbaus mit dem Gemeinsamen Markt durch die geltenden Richtlinien eingegrenzt (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 18. Mai 1993, Belgien/Kommission, a. a. O., Randnrn. 24 bis 33, und vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-400/92, Deutschland/Kommission, Slg. 1994, I-4701, Randnrn. 13 bis 16).

    93

    Aus dem Aufbau sowie aus der Systematik des Artikels 92 des Vertrages ergibt sich nämlich, daß dessen Absatz 3 die Möglichkeit einführt, in besonderen Fällen vom Verbot von Beihilfen, die andernfalls unvereinbar wären, abzuweichen. Ferner ermächtigt Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe e den Rat, die Palette der Beihilfekategorien zu erweitern, die neben den in den Buchstaben a, b, c und d aufgeführten Kategorien als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden können. Durch den Erlaß der Siebten Richtlinie hat der Rat also, ausgehend von der Feststellung der Unvereinbarkeit der Beihilfen für den Schiffbau und entsprechend der Ratio des Artikels 92 Absatz 3, angesichts einer Reihe wirtschaftlicher und sozialer Erfordernisse von der im Vertrag vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, diese Beihilfen dennoch als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen, sofern die dafür in der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Kommission, a. a. O., Randnr. 15).

    94

    Zur Zeit des streitigen Sachverhalts ermächtigte die Siebte Richtlinie die Kommission, Betriebsbeihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, sofern die einzelne für einen Auftrag gewährte Beihilfe eine auf 9 % des Vertragswertes vor Beihilfe festgesetzte Höchstgrenze nicht überschritt. Um jedoch die Umstrukturierung in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu erleichtern, entschied der Rat abweichend von dieser Regelung in Artikel 10a der Siebten Richtlinie, daß besondere Betriebsbeihilfen, die diese Höchstgrenze überstiegen, „bis zum 31. Dezember 1993 ... als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden“ konnten, sofern bestimmte, in Artikel 10a Absätze 2 und 3 aufgeführte Voraussetzungen erfüllt waren.

    95

    Eine der Voraussetzungen für die Genehmigung der Zahlung dieser besonderen Betriebsbeihilfen war, daß „für zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1993 unterzeichnete Verträge keine anderen Produktionsbeihilfen gezahlt werden“ (Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe b der Siebten Richtlinie). Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß die Kommission befugt und verpflichtet war, die Notwendigkeit und somit die Vereinbarkeit der Beihilfen zu prüfen, die für im gesamten Referenzzeitraum, also auch noch am letzten Tag, dem 31. Dezember 1993, unterzeichnete Verträge gewährt wurden.

    96

    Da die Prüfung der Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfen in der Regel mit einer komplexen wirtschaftlichen und technischen Beurteilung verbunden ist, die gewisse Zeit benötigt, ist davon auszugehen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber beim Erlaß der Richtlinie 92/68 der Kommission die Befugnis eingeräumt hat, in bestimmten Fällen ihre Entscheidung über die Vereinbarkeit auch nach dem 31. Dezember 1993 zu treffen. Der Wortlaut des Artikels 10a selbst verlangt nicht ausdrücklich, daß die Kommission ihre Entscheidung vor dem 31. Dezember 1993 zu treffen hatte. Im übrigen ist bei Betriebsbeihilfen, d.h. insbesondere Produktionsbeihilfen im Zusammenhang mit besonderen Verträgen, für die Beurteilung der Auswirkungen der Beihilfen im Bereich des Wettbewerbs nur der Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Verträge maßgebend und nicht der Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt erlassen wird.

    97

    Nach alledem war die Kommission im Mai 1994 dafür zuständig, in der streitigen Entscheidung über die Vereinbarkeit der zweiten Tranche der streitigen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu befinden.

    98

    Der Umstand, daß der Baranteil dieser zweiten Beihilfetranche vor dem Erlaß der Entscheidung auf Sperrkonten überwiesen worden war, wobei die Überweisung als Zahlung im Sinne von Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a a. E. der Siebten Richtlinie anzusehen ist, kann diese Beurteilung nicht ändern. Wie der Gerichtshof nämlich im Urteil FNCE entschieden hat, ist die Kommission verpflichtet, die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt selbst dann zu prüfen, wenn der Mitgliedstaat das Verbot der Durchführung der Beihilfemaßnahmen verletzt, bevor die Kommission ihre Entscheidung erlassen hat.

    99

    Zwar trifft es zu, daß die Kommission, wie die Klägerinnen und die dänische Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, im Zusammenhang mit den Beihilfen für die Stahlindustrie die Ansicht vertreten hat, aus Artikel 5 der Entscheidung Nr. 3855/91 der Kommission, wonach „regionale Investitionsbeihilfen ... bis zum 31. Dezember 1994 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gelten [können]“, gehe hervor, daß sie nach Ablauf dieser Frist nicht mehr über die ihr durch diesen Artikel verliehene Zuständigkeit verfüge; eine solche Beurteilung kann jedoch — selbst wenn ihre Richtigkeit unterstellt würde — das Gericht nicht binden. Jedenfalls ist aber im vorliegenden Fall schon deshalb keine vergleichbare Beurteilung geboten, weil Artikel 10a der Siebten Richtlinie im Unterschied zu der angeführten Entscheidung, deren Artikel 6 Absatz 1 die rechtzeitige Anmeldung von Beihilfevorhaben — in diesem Fall sechs Monate vor dem Endtermin — vorsah, damit die Kommission das Verfahren davor einleiten und abschließen kann, keine Frist für die Anmeldung vorschreibt.

    100

    Der Erlaß der streitigen Entscheidung nach dem 31. Dezember 1993 war auch durch objektive Gründe gerechtfertigt. Die Stadt Wismar wollte einen neuen Standort für die Werft finden, so daß die MTW GmbH die Möglichkeiten einer Verlegung auf neue Grundstücke prüfte, die bis dahin von sowjetischen Truppen belegt gewesen waren. Die Prüfung wurde jedoch durch den Zustand verzögert, in dem die sowjetische Armee diese Grundstücke zurückgelassen hatte. Daher konnte die deutsche Regierung die Kommission von dem Verlegungsvorhaben erst im August 1993 unterrichten. Nachdem das Verlegungsvorhaben am 29. April 1994 fallengelassen worden war, erließ die Kommission kurze Zeit später die streitige Entscheidung. Zudem ergibt sich daraus, daß das Beihilfevorhaben bereits 1992 angemeldet und die erste Beihilfetranche von der Kommission im Dezember 1992 genehmigt worden war, daß die deutsche Regierung nicht versucht hat, die in Rede stehenden Bestimmungen zu umgehen.

    101

    Schließlich konnte die Entscheidung von 1994 über die Vereinbarkeit der zweiten Tranche die Marktteilnehmer nicht überraschen. Diese Frage der Vereinbarkeit war nämlich Gegenstand mehrerer multilateraler Sitzungen während des Jahres 1993 und Anfang 1994. Insbesondere hatten die Klägerinnen eine eingehende Kenntnis der Daten des Falles. Sie hatten Kenntnis von der Entscheidung vom 23. Dezember 1992, mit der die erste Tranche der Beihilfe genehmigt wurde, und nahmen im Laufe des Verwaltungsverfahrens an mehreren Sitzungen teil. Schließlich hatten sie Zugang zu einer Reihe von Unterlagen des Vorgangs. Auch wenn man berücksichtigt, daß die Frist für den Erlaß der Entscheidung festgesetzt wurde, um es den Mitgliedstaaten und anderen Beteiligten zu ermöglichen, geschäftlich zu disponieren, waren somit die Klägerinnen tatsächlich aufgrund ihrer Beteiligung am Verwaltungsverfahren und insbesondere ihrer Kenntnis von der Verzögerung, die dabei eingetreten war, selbst in der Lage, die entsprechenden geschäftlichen Dispositionen zu treffen.

    102

    Nach allem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

    Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen

    103

    Der Klagegrund besteht aus drei Teilen. Zunächst rügen die Klägerinnen, daß die Kommission eine Beihilfe genehmigt habe, die die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebte Richtlinie festgesetzte Höchstgrenze von 36 % übersteige. Ferner habe die Kommission sich nicht davon überzeugt, daß die deutsche Regierung vor dem 31. Dezember 1995 eine tatsächliche und irreversible Stillegung von 40 % der am 1. Juli 1990 bestehenden Kapazität vorgenommen habe. Schließlich hätte die Kommission nicht die Möglichkeit einräumen dürfen, die Kapazität nach fünf oder zehn Jahren zu erhöhen.

    Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebten Richtlinie

    — Vorbringen der Parteien

    104

    Die Klägerinnen machen geltend, die genehmigte Beihilfe übersteige die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebten Richtlinie festgelegte Höchstgrenze von „36 % des Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums von drei Jahren im Um- und Neubaugeschäft nach Abschluß der Umstrukturierung“. Gemäß der Mitteilung vom 25. Mai 1992 sei dieser Jahresumsatz durch die Multiplikation der vorgesehenen Beschäftigtenzahl zum Ende der Umstrukturierungsperiode mit einem Durchschnittsproduktionswert je Beschäftigter von 240000 DM zu errechnen. Da für 1995 1790 Beschäftigte auf der Schiffswerft vorgesehen seien, betrage die Höchstgrenze der Beihilfe 464 Millionen DM.

    105

    In der Erwiderung haben die Klägerinnen die Höchstgrenze mit 486 Millionen DM angegeben und sich dabei auf die Umsätze 1992 und 1993 gestützt, die sich auf ungefähr 450 Millionen DM belaufen hätten und die der Kommission bei Erlaß der streitigen Entscheidung bekannt gewesen seien. In jedem Fall übersteige die Gesamtbeihilfe von 597,2 Millionen DM (eine erste Tranche von 191,2 Millionen DM und eine zweite von 406 Millionen DM) die genehmigte Höchstgrenze.

    106

    Die Kommission bestreitet, daß die genehmigte Beihilfe die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebten Richtlinie festgesetzte Höchstgrenze überstiegen habe. Aus den vorbereitenden Arbeiten, insbesondere der Mitteilung vom 25. Mai 1992, gehe hervor, daß eine Betriebsbeihilfe in Höhe von 714,6 Millionen DM zugunsten der MTW GmbH vorgesehen gewesen sei. Die Höchstgrenze von 36 % sei auf dieser Grundlage berechnet worden, um die Gewährung einer Beihilfe in dieser Höhe zu erlauben. Der Rat sei sich dieser Daten beim Erlaß der Richtlinie 92/68 völlig bewußt gewesen. Da sich die tatsächlich gezahlte Beihilfe nur auf insgesamt 597,2 Millionen DM belaufen habe, stelle sie somit keinen Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebten Richtlinie dar.

    107

    Daneben macht die Kommission geltend, daß die Klägerinnen zu Unrecht tatsächliche Umsatzzahlen von 1992 und 1993 benutzten. Nach der fraglichen Bestimmung sei die Höchstgrenze anhand „des Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums ... nach Abschluß der Umstrukturierung“ festzusetzen. Die Verwendung des tatsächlichen Umsatzes für die beiden Wirtschaftsjahre, bevor noch der Umstrukturierungsprozeß abgeschlossen gewesen sei, verstoße daher gegen den Wortlaut der Bestimmung und laufe den Absichten des Rates, wie sie sich aus den vorbereitenden Arbeiten ergäben, zuwider.

    108

    Die deutsche Regierung meint, daß die Intensität der der MTW GmbH schließlich gewährten Beihilfe von 597,2 Millionen DM nur 31,7 % betrage.

    109

    Die MTW GmbH schließt sich im wesentlichen dem Vorbringen der Kommission an.

    — Würdigung durch das Gericht

    110

    Gemäß Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a der Siebten Richtlinie können Betriebsbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, sofern sie „[nicht] die Höchstgrenze von 36 % des Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums von drei Jahren im Neu- und Umbaugeschäft nach Abschluß der Umstrukturierung übersteigen“.

    111

    Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, daß die Berechnungsweise der Klägerinnen, die sie in ihrer Erwiderung anwenden und die sich auf die tatsächlichen Umsatzzahlen von 1992 und 1993 stützt, unzutreffend ist. Die angeführte Bestimmung sieht nämlich ausdrücklich als Berechnungsgrundlage den Jahresumsatz eines Bezugszeitraums „nach Abschluß“ der beabsichtigten Umstrukturierung, d.h. nach dem Jahr 1995 vor, bis zu dessen Ende die Umstrukturierung bestimmungsgemäß dauern sollte.

    112

    Der Ansicht, die die Klägerinnen in ihrer Klageschrift vertreten haben (siehe oben, Randnr. 104), kann ebenfalls nicht gefolgt werden.

    113

    Die Richtlinie 92/68 enthält nämlich keine Definition des Begriffes „Jahresumsatz eines Bezugszeitraums“. Eine solche Definition findet sich jedoch in der Mitteilung vom 25. Mai 1992. Der Jahresumsatz eines Bezugszeitraums nach Umstrukturierung ergibt sich nach dieser Mitteilung „aus der Multiplizierung der Beschäftigtenzahl zum Ende der Umstrukturierungsperiode mit einem Durchschnittsproduktionswert/Beschäftigter von 240000 DM“.

    114

    Somit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber als Berechnungsgrundlage einen hypothetischen Umsatz eingeführt, da die Umstrukturierung bis 1995 vorgesehen war, während die mit der Richtlinie 92/68 genehmigten Beihilfen dazu bestimmt waren, die Fortsetzung des Betriebs der ostdeutschen Schiffswerften während der Zeit dieser fortschreitenden Umstrukturierung zu erleichtern.

    115

    Nach der Mitteilung vom 25. Mai 1992 hatten alle ostdeutschen Werften noch bis 1993 Arbeiten aufgrund von vor dem 1. Juli 1990 abgeschlossenen Verträgen auszuführen, für die Beihilfen nicht als Betriebsbeihilfen im Sinne der Siebten Richtlinie gelten konnten. Aus diesem Grund erwies es sich als erforderlich, einen hypothetischen Umsatz einzuführen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber konnte nämlich weder eine als Prozentsatz des Vertragswertes vor Beihilfe ausgedrückte Höchstgrenze (Artikel 4 der Siebten Richtlinie) noch eine als Prozentsatz des Jahresumsatzes des beihilfebegünstigten Unternehmens ausgedrückte Beihilfehöchstgrenze (Artikel 5 der Siebten Richtlinie) anwenden.

    116

    Unstreitig konnte die Zahl der Beschäftigten gemäß den Schätzungen der Kommission in ihrer Mitteilung vom 25. Mai 1992 mit 1790 am Ende der Umstrukturierungsperiode veranschlagt werden. Somit belief sich der Betrag des „Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums von drei Jahren im Neu- und Umbaugeschäft“ der MTW GmbH nach der erwähnten Definition auf 1288,8 Millionen DM (1790 x 3 x 240000 DM).

    117

    Aus den vorbereitenden Arbeiten für die Richtlinie 92/68, insbesondere Abschnitt V.8 der Mitteilung vom 25. Mai 1992 geht hervor, daß zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie die Gewährung einer Betriebsbeihilfe an die MTW GmbH in Höhe von 714,6 Millionen DM vorgesehen war. Um eine Beihilfe dieser Höhe zu erlauben, berechnete die Kommission in ihrer Mitteilung „umgekehrt“ eine Beihilfehöchstgrenze nach einem Prozentsatz „des Jahresumsatzes eines Bezugszeitraums von drei Jahren im Neu- und Umbaugeschäft nach Abschluß der Umstrukturierung“; dieser Umsatz wurde auf 1288,8 Millionen DM festgesetzt.

    118

    Ohne daß dies ausdrücklich aus ihrem Vorschlag hervorgeht, muß die Kommission in bezug auf die MTW GmbH den Prozentsatz von 35,7 % nach folgender Formel berechnet haben:

    Formula

    119

    Das Gericht ist der Ansicht, daß diese Berechnungsmethode, die der in Artikel 4 Absatz 1 der Siebten Richtlinie verwendeten entspricht (siehe auch die Definition in Artikel 1 Buchstabe e der Siebten Richtlinie) und die mit der Absicht zu erklären ist, die der Werft unmittelbar gewährte Beihilfe ebenso wie die mittelbar durch einen Reeder gewährte Beihilfe zu behandeln, stillschweigend vom Rat gebilligt wurde. Sie ist nämlich die einzige Formel, mit der sich ausgehend von der ausdrücklich vorgesehenen Beihilfe von 714,6 Millionen DM und der in Randnummer 116 dargestellten Berechnung des Umsatzes die in der Richtlinie 92/68 gewählte Höchstgrenze von 36 % erklären läßt.

    120

    Nach allem erlaubte die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a vorgesehene Höchstgrenze eine Betriebsbeihilfe von insgesamt 714,6 Millionen DM. Da sich die tatsächlich gezahlte Beihilfe insgesamt nur auf 597,2 Millionen DM belief, kann die Genehmigung der zweiten Tranche daher keinen Verstoß gegen diese Bestimmung darstellen.

    121

    Der erste Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

    Zum zweiten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie, der eine Kapazitätsstillegung vor dem 31. Dezember 1995 vorsehe

    — Vorbringen der Parteien

    122

    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe die Beihilfe genehmigt, ohne sich zu vergewissern, daß die deutsche Regierung vor dem 31. Dezember 1995 eine echte, irreversible Stillegung von 40 % der am 1. Juli 1990 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Kapazität vorgenommen habe. Die Umstrukturierung der MTW GmbH in der mit der streitigen Entscheidung genehmigten Art begrenze die Kapazität nicht im Sinne der Siebten Richtlinie auf 100000 cgt, sondern er erlaube es vielmehr der MTW GmbH, eine viel höhere Menge herzustellen. Nach den Schätzungen des Beraters der Klägerinnen, C. R. Cushing & Co. Inc. (im folgenden: Cushing), könne die Kapazität 200000 cgt pro Jahr erreichen. Die gesamte Stillegung in den neuen Länder betrage daher nach der Umstrukturierung keine 40 %.

    123

    Zwar verlange Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie, daß eine Reduzierung der Gesamtkapazität aller Werften in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik durchzuführen sei, jedoch müsse jeder Werft eine bestimmte Kapazität zugeteilt werden. Aufgrund des Berichts der Kommission vom 1. April 1993 habe sich die deutsche Regierung verpflichtet, in bezug auf die MTW GmbH eine Kapazitätsgrenze von 100000 cgt einzuhalten (siehe oben, Randnr. 9). Die Aufteilung in Quoten biete keinen Spielraum für eine Erhöhung der Kapazität, so daß jede Überschreitung der den einzelnen Werften zugeteilten cgt-Quoten zu einer Überschreitung der Gesamtkapazität und daher zu einem Verstoß gegen die Voraussetzung einer Stillegung von Kapazitäten von 40 % führe.

    124

    Ferner sei die Beihilfe genehmigt worden, ohne daß zuvor, wie in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie verlangt, die Zustimmung zu einem Terminplan erteilt worden sei, der eine echte, irreversible Stillegung von 40 % der Schiffbaukapazitäten in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gewährleistet habe. Zudem sei der erste „Spill-over“-Bericht der Kommission anscheinend erst Ende Februar 1993 vorgelegt worden. Hierbei handele es sich aber um wesentliche Voraussetzungen, die in engem Zusammenhang mit den anderen Voraussetzungen des Artikels 10a stünden.

    125

    Den Begriff „Kapazität“ habe die Kommission sowohl falsch ausgelegt als auch im Laufe des Verwaltungsverfahrens geändert. Daher sei es unmöglich geworden, festzustellen, ob die Begrenzung des Artikels 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie insbesondere bei der MTW GmbH tatsächlich eingehalten worden sei.

    126

    Unter „Kapazität“ sei die größtmögliche Produktion der Werft unter optimalen Bedingungen zu verstehen. Diese Auslegung werde dadurch bestätigt, daß beim Erlaß der Richtlinie 92/68 die Kapazität in der Weise berechnet worden sei, daß „die zur Verfügung stehenden Arbeitsstunden und der Arbeitsstunden-Aufwand für den Bau eines Schiffes berechnet“ worden sei (vgl. die Mitteilung vom 25. Mai 1992).

    127

    Unter Bezugnahme auf den Bericht der Kommission über den Stand der Schiffbauindustrie in der Gemeinschaft vom 8. November 1991 (Dokument SEK[91] 2057 endg.) und insbesondere der tatsächlichen Produktionszahlen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik machen die Klägerinnen geltend, daß die in der Richtlinie 92/68 auf 545000 cgt bezifferte Kapazität am 1. Juli 1990 niemals erreicht worden sei. Die höchste tatsächliche Produktion habe sich auf 502000 cgt (1984 und 1985) und auf ungefähr 345000 cgt im Jahr 1990 belaufen.

    128

    Daher sei der Begriff Kapazität als die absolute Höchstproduktion zu verstehen. Die Stichhaltigkeit dieser Auslegung werde durch die vorbereitenden Arbeiten, insbesondere durch das Dokument Nr. 7049/92 des Rates vom 10. Juni 1992 betreffend eine Tagung des Coreper im Juni 1992 sowie durch ein Dokument der Kommission selbst (GD III. C. 3 vom 4. Februar 1985) bestätigt, in dem der Begriff der „nationalen Kapazität“ als „theoretische Höchstkapazität“ verstanden werde. Im übrigen finde sich die Definition der Kapazität im allgemeinen Informationssystem der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Kapazität auf dem Gebiet des Schiffbaus, jährlicher Bericht: Es handele sich um die „höchste unter Berücksichtigung der physischen Möglichkeiten und sämtlicher einschlägiger gesetzlicher und verwaltungstechischer Beschränkungen für den Bau von Handelsschiffen nutzbare Kapazität“. Schließlich sei die Kapazität nach dem Sachverständigengutachten von Cushing „das Produktionsvermögen, d. h. die Höchstproduktion“.

    129

    Wenn die von der Richtlinie 92/68 verlangte Stillegung nicht illusorisch werden solle, dürfe der Begriff der Kapazität nicht geändert werden. Dies habe die Kommission jedoch später getan, da sie bei der Bewertung der Kapazität nach den Umstrukturierungen nicht die mögliche Kapazität, sondern entgegen dem Sinn der Richtlinie 92/68 die „tatsächliche Kapazität“, d. h. „die unter günstigen normalen Voraussetzungen erzielbare Produktion“ untersuche.

    130

    Die tatsächliche Produktion sei unter Berücksichtigung der bestehenden Engpässe in der Produktion stets niedriger als die Kapazität. In diesem Zusammenhang sei die Ansicht der Kommission nicht hinnehmbar, man könne die Kapazität tatsächlich und irreversibel herabsetzen, indem man sich von der Beibehaltung mehrerer Beschränkungen und Engpässe in den Produktionsanlagen vergewissere, denn diese Engpässe verringerten nur die tatsächliche Produktion und nicht die Kapazität.

    131

    Gestützt auf das Sachverständigengutachten von Cushing machen die Klägerinnen geltend, daß verhältnismäßig geringe Investitionen die Beseitigung der meisten festgestellten Engpässe ermöglichten, soweit es solche überhaupt gebe. Beispielsweise genüge es in bezug auf den Stahldurchsatz, die Vorbereitungsanlagen zu vergrößern. Insbesondere stelle der Platz für die Vorbereitung des Stahls keinen echten Engpaß dar, und die Berechnung der Kapazität müsse das unter normalen Bedingungen mögliche Maximum von 3 Schichten pro Tag zugrunde legen, und nicht 1,7 Schichten pro Tag, wie die Kommission voraussetze.

    132

    Zudem gehe aus dem mit der Kommission geführten Schriftwechsel hervor, daß es nach deren eigenem Berater möglich sei, die Engpässe durch Beschränkung der „Kapazität“ der MTW GmbH auf 100000 cgt zu beseitigen. Die Produktion könne damit die genehmigte Höchstgrenze überschreiten.

    133

    Die Schätzungen der Kapazität der MTW GmbH durch die Kommission seien falsch, denn sie beruhten auf der irrigen Ansicht, die Werft stelle 2,5 E-3-Tanker her. In diesem Punkt hätten die Berater der Kommission — und somit die Kommission selbst — die Einschätzung der Kapazität auf die Möglichkeit gestützt, 102500 t Stahl pro Jahr zu verarbeiten, was einer Produktion von 2,5 E-3-Tankern und somit der der MTW GmbH zugebilligten Kapazität von 100000 cgt pro Jahr entspreche. Diese Berechnungsweise sei indessen aus mehreren Gründen irreführend.

    134

    Zum einen entspreche die Annahme, die MTW GmbH stelle nur Schiffe des Typs E 3 her, nicht der Wirklichkeit, was die Kommission und die MTW GmbH im schriftlichen Verfahren mit der Erklärung eingeräumt hätten, ihnen sei bewußt, daß die Produktion auf einer Diversifizierung der Schiffe beruhe, die insbesondere E-3-Tanker, Containerschiffe und Passagierschiffe umfasse. Zudem sei es wenig wahrscheinlich, daß die MTW GmbH in Zukunft E-3-Schiffe baue, da die Nachfrage auf dem Weltmarkt hinter den Vorhersagen zurückbleibe, da das Auftragsbuch der MTW GmbH anscheinend keine Bestellungen von E-3-Tankern enthalte und da der Hafen Wismar gegenwärtig nicht groß genug sei, um das Auslaufen eines Schiffes des Typs E 3 zu ermöglichen.

    135

    Zum anderen liege, wenn man die Berechnungen auf eine wahrscheinlichere und eher vorhersehbare Schiffsproduktion stütze, die in cgt ausgedrückte Kapazität — bei im übrigen gleichbleibenden Daten, insbesondere Verarbeitung von 102500 t Stahl pro Jahr — über der genehmigten Grenze von 100000 cgt. Aus dem Dokument C/WP6/SG(94)8 der OECD gehe nämlich hervor, daß eine Verwendung der höheren Koeffizienten für andere Schiffstypen zu einer Erhöhung der Kapazität in cgt führe, was die Berater der Kommission anerkannt hätten. Nach Ansicht der Klägerinnen beweist ein von ihnen in der mündlichen Verhandlung vorgelegtes Schriftstück, daß bei Zugrundelegung anderer Produktpaletten, insbesondere der Palette, die die MTW GmbH ursprünglich habe bauen wollen, die Produktion der Werft im Rahmen der genehmigten Stahlverarbeitung die zugeteilten 100000 cgt überschritten hätte.

    136

    Schließlich rügen die Klägerinnen, daß die Kommission zu Unrecht den Koeffizienten für Schiffe des Typs E 3 mit einfacher Wand (0,25) anstelle des Koeffizienten für doppelwandige Schiffe (0,3) angewandt habe, der beim Erlaß der streitigen Entscheidung gegolten habe.

    137

    Die dänische Regierung macht geltend, die Kommission habe nicht gewährleistet, daß die durch Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie festgesetzte Kapazitätsgrenze vom 1. Januar 1996 an eingehalten werde. Daher sei die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären.

    138

    In bezug auf die Gesamtkapazität der Werften in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik unterstützt die dänische Regierung vollständig das Vorbringen der Klägerinnen.

    139

    Für die MTW GmbH habe sie geschätzt, daß die Kapazität von deren Werft am 31. Dezember 1995100000 cgt überschreiten werde. Auf der Grundlage eines Gutachtens der Carl Bro Industry & Marine A/S (im folgenden: Carl Bro) gelangt sie zu dem Ergebnis, daß die Kapazität der MTW GmbH und die Gesamtkapazität in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik sich auf 240000 cgt und 576000 cgt pro Jahr beliefen. Sie belegt diese These mit dem Vorbringen, daß die Produktionsanlagen der MTW-Werft als überdimensioniert im Vergleich zur genehmigten Kapazität erschienen und daß die auf der Werft eingebauten Engpässe keine wirkliche Bedeutung hätten, denn die einzigen Engpässe, die eine Werft tatsächlich einschränken könnten, seien die Kräne und die Docks. Daher sei die Kapazitätsstillegung nicht irreversibel.

    140

    Schließlich könne die Kapazität der MTW GmbH entgegen der Ansicht der Kommission nicht durch eine Einschränkung der Stahlproduktion kontrolliert werden, denn es gebe keinen festen Zusammenhang zwischen der gewichteten Bruttoraumzahl, die das Maß für die Produktion und die Kapazität darstelle, und der Verwendung von Stahl für die verschiedenen Schiffstypen. Zu dieser Frage schließt sich die dänische Regierung im wesentlichen der Argumentation der Klägerinnen an.

    141

    Die Kommission weist vorab darauf hin, daß sich die Kontrolle der Wertungen der Kommission durch das Gemeinschaftsgericht auf die Prüfung der Einhaltung der Verfahrens- und Begründungsregeln, der materiellen Richtigkeit des Sachverhalts und des Fehlens offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Verfahrensmißbräuche beschränken müsse. Hierzu hätten die Klägerinnen nichts dargetan, was das Vorliegen eines Tatsachenirrtums bei der streitigen Entscheidung oder eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers belegen könne.

    142

    Die Behauptung der Klägerinnen in bezug auf die künftige Kapazität sei verfrüht. Selbst wenn die MTW GmbH Änderungen vorgenommen habe, die eine Erhöhung der Kapazität bewirkten, könne dies nur einen Verstoß gegen die streitige Entscheidung darstellen, der dazu führe, daß die Beihilfe nicht mehr als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sei. Die deutschen Behörden hätten bis zum 31. Dezember 1995 Zeit gehabt, die gesamte Kapazitätsstillegung durchzuführen.

    143

    Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe der Kommission ein gewisses Ermessen in bezug auf die Auslegung des Begriffes „Kapazität“ zugebilligt. Die von den Klägerinnen vertretene Auslegung dieses Begriffes werde in dem Sektor üblicherweise nicht verwendet und stehe auf alle Fälle der Absicht des Rates entgegen, im Schiffbausektor eine rentable Produktion aufrechtzuerhalten, die 327000 cgt (545000 cgt abzüglich 40 %) herstellen könne.

    144

    Nach Ansicht der Kommission ist die Kapazität anhand der unter normalen günstigen Voraussetzungen unter Berücksichtigung der verfügbaren Anlagen erzielbaren Produktion zu bestimmen. Der Begriff sei bei der Kapazitätsschätzung in der Richtlinie 92/68 so ausgelegt worden, was die Mitgliedstaaten im übrigen gebilligt hätten. Die einschlägigen Daten zeigten, daß die ostdeutschen Werften entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen Mengen produzieren könnten, die praktisch vollständig der Kapazitätsschätzung für 1990 entsprächen.

    145

    Die Kommission führt sodann aus, sie habe die Genehmigung der Betriebsbeihilfe von der Aufrechterhaltung mehrerer Beschränkungen und Engpässe in der Produktion abhängig gemacht. Obwohl die Engpässe ihrer Natur nach vorübergehend seien, werde ihre Aufhebung oder ihre Umgehung lediglich dazu führen, daß die Produktionskette anderweitig verlangsamt werde. Zu diesem Punkt verkenne das Gutachten des Beraters der Klägerinnen eine Reihe von Tatsachen auf der Werft der MTW GmbH, wenn es zu dem Ergebnis gelange, daß Engpässe mit verhältnismäßig geringen Kosten beseitigt werden könnten.

    146

    Der Begriff der „Kapazität“ sei von der Kommission nicht geändert worden, obwohl die Methode zur Bewertung dieser Kapazität zwischen der Bewertung für 1990 und derjenigen der künftigen Kapazität etwas verfeinert worden sei. Die verwendete Methode weiche leicht ab, da die Kommission bei der Bewertung der künftigen Kapazität über viel detailliertere Informationen verfügt habe.

    147

    Zur Rüge der Klägerinnen in bezug auf das Fehlen eines Terminplans für die Kapazitätsstillegung führt die Kommission aus, hierfür werde kein Beweis erbracht. Das Schreiben der deutschen Behörden an die Kommission vom 24. Juli 1992 enthalte einen Terminplan. Auf alle Fälle seien in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik tatsächlich Kapazitäten stillgelegt worden. Die Klägerinnen hätten daher kein berechtigtes Interesse an der Erhebung dieser Rüge.

    148

    Die im Auftrag der Klägerinnen von Cushing und vom Berater der dänischen Regierung, Carl Bro, erstellten Sachverständigengutachten hätten keinen Beweiswert, denn sie beruhten auf einer sehr unvollständigen Kenntnis der Daten. Zudem hätten die Berater keine Gelegenheit zu einer Ortsbesichtigung und keinen Zugang zu den Investitions- oder Entwurfsplänen gehabt.

    149

    Die Kommission wendet sich gegen die Ansicht der Klägerinnen, sie habe eine falsche Bewertung vorgenommen, indem sie davon ausgegangen sei, daß die Produktion nur Tanker des Typs E 3 betreffe. Sie sei niemals von einer solchen Annahme ausgegangen. Sie sei sich völlig dessen bewußt, daß die künftige Produktpalette diversifiziert werde und Tankschiffe, Containerschiffe und Passagierschiffe umfassen werde. Da die MTW GmbH eine Höchstproduktion von 2,5 Tankern des Typs E 3 pro Jahr, entsprechend 100000 cgt anstrebe, sei es normal, die Stahlproduktion anhand dieses Schiffstyps zu bewerten. Im übrigen seien die gegenwärtigen Bestellungen der MTW GmbH deshalb unbedeutend, weil das Baudock noch nicht fertiggestellt sei.

    150

    Schließlich führt die Kommission aus, sie habe ursprünglich den 1992 geltenden Koeffizienten verwendet. Gründe der Rechtssicherheit hätten sie daher daran gehindert, am Ende des Entwurfsverfahrens inzwischen ausgehandelte neue Koeffizienten zu verwenden.

    151

    Die deutsche Regierung macht zunächst geltend, sie habe gegenüber der Kommission erklärt, daß sich die Werften an die dem unabhängigen Gutachter der Kommission vorgelegten und von ihm akzeptierten Investitions- und Baupläne halten würden, damit die für die einzelnen Unternehmen festgelegten Kapazitätsobergrenzen nicht überschritten würden.

    152

    Sie führt sodann aus, daß die Produktionszahlen der Werften in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Berichten der DMS Deutsche Maschinenund Schiffbau AG (im folgenden: DMS) in Abstimmung mit den einzelnen Werften ermittelt worden seien. Die Abweichungen der Produktionszahlen vor der Wiedervereinigung ließen sich damit erklären, daß die ehemalige Deutsche Demokratische Republik keine Angaben gegenüber einer multilateralen Organisation gemacht habe und daß die Industrie auch keine offiziellen Meldungen an einen Berufsverband abgegeben hätten.

    153

    Daher hätten die Werften mit den vorhandenen Anlagen und Arbeitskräften unter günstigen, aber normalen Umständen eine tatsächliche Produktion von 545000 cgt pro Jahr in der Endphase der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erreichen können, während sich die Kapazität auf ungefähr 600000 cgt belaufen habe.

    154

    Schließlich pflichtet die deutsche Regierung der Beurteilung der Kommission bei, wonach die Kapazität einer Werft unter Zugrundelegung von 1,7 täglichen Schichten zu berechnen sei. Nach der Einschätzung des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e.V. würden in der deutschen Industrie im Durchschnitt 1,2 Arbeitsschichten pro Tag geleistet. Ferner werde mit dem Ausbau des Fahrwassers zum Hafen Wismar in der zweiten Hälfte des Jahres 1995 begonnen. Dieser Ausbau werde E-3-Tankern künftig ermöglichen, Wismar zu erreichen.

    155

    Nach Ansicht der Streithelferin MTW GmbH ist es für Artikel 10a der Siebten Richtlinie gleich, ob sie gegebenenfalls in der Lage sei, mehr als 100000 cgt zu produzieren, was im übrigen nicht der Fall sei. Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c verlange nämlich nur eine allgemeine Stillegung der Schiffbaukapazität in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Daher verpflichte diese Bestimmung die Kommission nicht, dafür Sorge zu tragen, daß die Kapazität der Werft der Streithelferin für sich genommen abgebaut werde.

    156

    Da die Klägerinnen nicht dargetan hätten, daß die anderen ostdeutschen Werften die ihnen zugeteilte Gesamtkapazität überschritten hätten oder vollständig ausnutzten, so daß eine Kapazitätsüberschreitung bei der Streithelferin zu einer Überschreitung der allgemeinen Höchstgrenze von 327000 cgt führen würde, sei das Vorbringen der Klägerinnen zur individuellen Kapazität der Werft der Streithelferin unerheblich.

    157

    Endtermin für den Abschluß der Kapazitätsstillegung sei gemäß Artikel 10a Absatz 3 Buchstabe c der 31. Dezember 1995. Die Kommission sei daher beim Erlaß der streitigen Entscheidung nicht verpflichtet gewesen, eine Beihilfe mit der Begründung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären, daß eine zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend vorgeschriebene Kapazitätsstillegung nicht gewährleistet sei. Im übrigen verlange diese Bestimmung streng genommen nicht, daß 40 % der Kapazität stillgelegt werden müßten, sondern nur, daß sich die deutsche Regierung verpflichte, diese Stillegung vorzunehmen. Da die deutsche Regierung sich damit einverstanden erklärt habe, sei diese Voraussetzung erfüllt gewesen. Daher sei das Vorbringen zur Kapazitätsstillegung nicht begründet.

    158

    Zur Heranziehung der E-3-Tanker als Grundlage für die Kapazitätsberechnung macht die MTW GmbH geltend, daß das Vorbringen der Klägerinnen auf mehreren Auslegungsfehlern beruhe. Erstens sei das Dock dafür konstruiert, den Bau von E-3-Schiffen zu ermöglichen. Zweitens plane die deutsche Regierung bereits die Erweiterung des Hafens Wismar, um den Zugang für große Schiffe zu ermöglichen, und der Abschluß dieser Arbeiten sei für 1997 vorgesehen. Drittens sei die Behauptung unrichtig, die MTW GmbH habe niemals beabsichtigt, E-3-Tanker zu bauen. Die MTW GmbH sei nämlich die einzige Werft im Konzern des Bremer Vulkan, die für den Bau von E-3-Schiffen konzipiert sei. Das Auftragsbuch der MTW GmbH, auf das sich die Klägerinnen beriefen, sei nicht maßgebend, denn alle dort aufgeführten Schiffe müßten im Februar 1996 fertiggestellt und ausgeliefert werden, d. h. vor Vollendung der neuen Produktionsanlage.

    — Würdigung durch das Gericht

    159

    Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie ist so auszulegen, daß danach nur eine allgemeine Stillegung von 40 % der gesamten Produktionskapazität der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, d. h. eine Verringerung von 545000 auf 327000 cgt, bis zum 31. Dezember 1995 verlangt wurde.

    160

    Somit ergibt sich aus Artikel 10a, daß die Kommission zum einen nicht verpflichtet war, sich beim Erlaß ihrer Entscheidung zu vergewissern, daß die Kapazität der MTW GmbH für sich genommen auf 100000 cgt verringert oder beschränkt wurde, und daß sie zum anderen berechtigt war, 1994 die Zahlung der zweiten Tranche gestützt nur auf die Verpflichtungen der deutschen Regierung zu einer Aufteilung der Kapazität unter den ostdeutschen Werften und einer Verringerung der Gesamtkapazität vor Ende 1995 zu genehmigen.

    161

    Allein die deutsche Regierung war vorbehaltlich der Beachtung der Verpflichtung, bei der Stillegung von 40 % der Kapazität den Termin des 31. Dezember 1995 einzuhalten, seinerzeit für die Aufteilung der Gesamtkapazität unter die verschiedenen ostdeutschen Werften und somit dafür zuständig, der MTW GmbH eine Höchstkapazität von 100000 cgt oder mehr pro Jahr zuzuteilen.

    162

    Aus dem Bericht der Kommission vom 1. April 1993 (siehe oben, Randnr. 9), geht hervor, daß sich die deutsche Regierung aufgrund der in der Richtlinie 92/68 vorgesehenen Ausnahme tatsächlich bereit erklärt hatte, die Kapazität vor Ende 1995 zu verringern, und daß sie eine Aufteilung der künftigen Kapazität unter den ostdeutschen Werften angegeben hatte.

    163

    Wenn das die Beihilfe empfangende Unternehmen MTW GmbH nach dem Erlaß der streitigen Entscheidung Änderungen auf der Werft vorgenommen hätte, die eine Überschreitung der gesamten Höchstgrenze der Kapazität, die für die ostdeutschen Werften festgesetzt worden war, bewirkten, so könnte zwar dieser Umstand, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission nicht beeinträchtigen, die zum Zeitpunkt ihres Erlasses zu beurteilen ist (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Februar 1973 in der Rechtssache 40/72, Schröder, Slg. 1973, 125). Ein solcher Umstand könnte die Kommission gegebenenfalls dazu veranlassen, eine neue Entscheidung zu erlassen, mit der ein Verstoß gegen die in Artikel 10a aufgestellten Voraussetzungen festgestellt würde, und sodann die Rückzahlung der in Rede stehenden Beihilfe verlangen.

    164

    Die Kommission hat sich jedoch im vorliegenden Fall beim Erlaß ihrer Entscheidung darauf gestützt, daß die künftige Kapazität der MTW GmbH die von der deutschen Regierung bewilligten 100000 cgt nicht überschreiten werde. In diesem Zusammenhang ließ sie im Laufe des Verwaltungsverfahrens mit Hilfe unabhängiger Sachverständiger technische Prüfungen vornehmen, um sich zu vergewissern, daß die Kapazitätsgrenze eingehalten würde.

    165

    So heißt es in der streitigen Entscheidung: „Obwohl die von der Kommission in Auftrag gegebene technische Untersuchung eines unabhängigen Prüfers ergeben hat, daß die Schiffbaukapazität der MTW den von der deutschen Regierung festgesetzen Anteil dieser Werft von 100000 cgt an der in Ostdeutschland verfügbaren Höchstkapazität von 327000 cgt kaum überschreiten dürfte, wird die Kontrolle für die Dauer der Fortführung des Investitionsprogramms für notwendig erachtet, damit die Beschränkung in bezug auf die Schiffbaukapazität eingehalten wird.“

    166

    Die streitige Entscheidung macht sodann die Genehmigung der Beihilfe davon abhängig, daß sich die deutsche Regierung verpflichtet, daß die MTW GmbH nicht den höchstzulässigen Durchsatz von 102500 t Stahl überschreitet, daß die Länge des Baudocks 366 m nicht überschreitet und daß der ursprünglich vorgesehene Semi-Tandem-Dockteil entfällt. In diesem Zusammenhang hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie sei zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung, d.h. mehr als eineinhalb Jahre vor Abschluß des Umstrukturierungszeitraums, gezwungen gewesen, sich auf die von der deutschen Regierung eingegangenen Verpflichtungen zu stützen. Von dem Zeitpunkt an, zu dem die deutschen Stellen diese Verpflichtungen insbesondere in bezug auf die Kapazität der MTW GmbH eingegangen seien, hätten sie die Kapazitätsverteilung nicht mehr ohne vorherige Genehmigung der Kommission ändern können.

    167

    Unter diesen Umständen hängt die Begründetheit dieses Teils des Klagegrundes, wie die Kommission im übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, davon ab, ob die Klägerinnen dartun können, daß die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat oder sich auf falsche Tatsachen gestützt hat, als sie damals die Ansicht vertrat, die Kapazitätsgrenze von 100000 cgt pro Jahr werde eingehalten.

    168

    Der Gemeinschaftsrichter kann im Rahmen einer Nichtigkeitsklage lediglich feststellen, ob die angefochtene Entscheidung mit einem der in Artikel 173 des Vertrages genannten Rechtsfehler behaftet ist; er ist nicht befugt, seine Würdigung der Tatsachen an die Stelle derjenigen des Urhebers der Entscheidung zu setzen (Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Randnr. 23).

    169

    Obwohl sich die Aufgabe der Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen nach der durch die Richtlinie 92/68 eingeführten Ausnahmeregelung auf die Prüfung beschränkt, ob die in Artikel 10a der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. oben, Randnrn. 92 bis 94, und Urteil vom 18. Mai 1993, Belgien/Kommission, a. a. O., Randnr. 33), verfügt sie dennoch über ein weites Ermessen bei der Beurteilung der Tatsachen, die der Schätzung der künftigen Kapazität der MTW GmbH zugrunde liegen (vgl. in diesem Sinn zur Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, und Urteil des Gerichts vom 13. September 1995 in den Rechtssachen T-244/93 und T-486/93, TWD/Kommission, Slg. 1995, II-2265).

    170

    In Rechtssachen, in denen es wie hier um komplexe Wertungen wirtschaftlicher und technischer Art geht, muß sich die Nachprüfung durch den Gemeinschaftsrichter auf die Einhaltung der Vorschriften über das Verfahren und die Begründung, die Richtigkeit der Tatsachen und darauf beschränken, ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Verfahrensmißbrauch vorliegt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 62; Urteil des Gerichts vom 15. Juli 1994 in der Rechtssache T-17/93, Matra Hachette/Kommission, Slg. 1994, II-595, Randnr. 104, und vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-9/93, Schöller/Kommission, Slg. 1995, II-1611, Randnr. 140).

    171

    Anhand dieser Rechtsprechung sind die gegen die streitige Entscheidung gerichteten Rügen zu prüfen.

    172

    Zu der Rüge, die Kommission habe den Begriff der Kapazität falsch ausgelegt, ist festzustellen, daß die Richtlinie 92/68 keine Definition dieses Begriffes enthält. Daher hat, wie die Kommission zu Recht ausführt, der Gemeinschaftsgesetzgeber ihr in diesem Bereich ein gewisses Ermessen überlassen.

    173

    Insoweit ergibt sich aus den Akten, daß es in diesem Sektor keine einheitliche und allgemein anerkannte Definition der „Kapazität“ gibt. So zeigt ein von der Kommission vorgelegtes Memorandum der Vereinigung der Schiffbauer Westeuropas und der japanischen Vereinigung der Schiffbauer zur Frage der Kapazität des Schiffbaus auf der Welt vom 12. Oktober 1994, wie unterschiedlich die in diesem Sektor verwendeten Kapazitätsbegriffe sind.

    174

    Das Dokument der OECD, auf das sich die Klägerinnen berufen und das die „available national capacity“ als „höchste unter Berücksichtigung der physischen Möglichkeiten und sämtlicher einschlägiger gesetzlicher und verwaltungstechnischer Beschränkungen für den Bau von Handelsschiffen nutzbare Kapazität“ definiert, stützt nicht die Ansicht der Klägerinnen, daß die „Kapazität“ die höchstmögliche Produktion der Werft unter optimalen Bedingungen sei. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, bezieht sich das OECD-Dokument auf die „Höchstkapazität“, während Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie den Begriff „Kapazität“ verwendet. Nach der Definition der OECD sind die physischen Möglichkeiten und sämtliche einschlägigen rechtlichen sowie verwaltungstechnischen Beschränkungen zu berücksichtigen, was eher der Definition der Kommission entspricht, wonach die Kapazität die Produktion ist, die unter günstigen normalen Umständen mit den vorhandenen Einrichtungen erzielt werden kann. Jedenfalls kann die Definition der OECD für die Kommission im vorliegenden Fall nicht bindend sein, da sie in einem anderen Kontext, nämlich zu statistischen Zwecken, verwendet wird.

    175

    Auch dem Vorbringen der Klägerinnen, daß ihre eigene Auslegung des Begriffes „Kapazität“ ebenfalls auf der Mitteilung vom 25. Mai 1992 beruhe, kann nicht gefolgt werden. Denn wenn die Schätzung der Kapazität in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik am 1. Juli 1990 darauf gestützt war, daß „die zur Verfügung stehenden Arbeitsstunden und der Arbeitsstundenaufwand für den Bau eines Schiffes berechnet“ worden war, so nur deshalb, weil über den ostdeutschen Schiffbau in der Zeit vor Juli 1990 nur sehr wenig zuverlässige Informationen vorlagen.

    176

    Da die Klägerinnen beweispflichtig sind, wenn sie die Auslegung angreifen, die die Kommission im Rahmen ihres Ermessens gewählt hat, scheiden als Beweismittel die Dokumente aus, auf die sich die Klägerinnen zur Stützung ihrer Auslegung beziehen, nämlich das Dokument Nr. 7049/92 des Rates vom 10. Juni 1992 und das Dokument DG III. C. 3 der Kommission vom 4. Februar 1985, da diese dem Gericht nicht vorgelegt worden sind.

    177

    Die Klägerinnen haben somit nicht dargetan, daß die Kommission ihr Ermessen überschritten hat, indem sie den Begriff der Kapazität so ausgelegt hat, daß darunter die Produktion zu verstehen ist, die unter günstigen normalen Umständen mit den vorhandenen Einrichtungen erzielt werden kann.

    178

    Was die Rüge einer angeblichen Änderung dieser Auslegung im Laufe des Verwaltungsverfahrens betrifft, so geht aus den Akten, insbesondere den Produktionsziffern der ostdeutschen Werften (im Zeitraum 1975—1990), die nach der Wiedervereinigung vom DMS in Zusammenarbeit mit den verschiedenen ostdeutschen Werften erstellt wurden, hervor, daß die durchschnittliche Produktion in den Jahren vor 1990 etwa der vom Berater der Kommission, DRT Europe, und sodann vom Rat zugrundegelegten Schätzung der Kapazität auf 545000 cgt entsprach. Aus diesen Angaben ergibt sich, daß die Schätzung der Kapazität im Jahre 1990 tatsächlich der Produktion entsprach, die unter günstigen normalen Umständen mit den vorhandenen Einrichtungen erzielt werden konnte, wie dies der Auslegung des Kapazitätsbegriffs durch die Kommission entspricht. Die Kommission hat zu Recht ihre Methode zur Schätzung der Kapazität in dem Maße verfeinert, wie sich die Investitionsprojekte entwickelt haben und die Informationen detaillierter wurden.

    179

    Die im Bericht der Kommission vom 8. November 1991 über den Stand der Schiffbauindustrie in der Gemeinschaft (SEK[91] 2057 endg.) enthaltenen Produktionsziffern, auf die sich die Klägerinnen zur Begründung ihrer Rüge stützen, können diese Beurteilung nicht ändern, denn sie sind weniger genau. Aus der Antwort der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts ergibt sich nämlich, daß die in diesem Bericht enthaltenen Produktionsziffern vom Lloyds Maritime Information Service zusammengestellt wurden, der als westliches Unternehmen auf Schwierigkeiten stieß, verläßliche Zahlen zu erhalten, denn die ehemalige Deutsche Demokratische Republik hatte keiner multilateralen Organisation gegenüber Angaben gemacht, und die ostdeutsche Industrie hatte gegenüber keiner Berufsorganisation offizielle Erklärungen abgegeben.

    180

    Daher haben die Klägerinnen nicht dargetan, daß die Kommission ihre Auslegung des Kapazitätsbegriffs im Laufe des Verwaltungsverfahrens geändert hätte.

    181

    Was die Rügen angeht, die die Beurteilung der künftigen Kapazität der MTW GmbH betreffen, so ließ die Kommission eine komplexe wirtschaftliche Untersuchung der Kapazität auf der Grundlage insbesondere eines Gutachtens der externen Berater Appledore erstellen. Hierzu geht aus dem zweiten Bericht der Kommission vom 1. April 1993 über die Kontrolle der Privatisierung in den neuen Ländern hervor, daß Appledore die Kapazität der drei privatisierten Werften, darunter der MTW GmbH, bewertet hat. Nach den von Appledore erhobenen Angaben wurden die Kapazitätsgrenzen aufgrund des Bestehens verschiedener Engpässe in der Produktion eingehalten. Appledore schätzte schließlich nach verschiedenen technischen Überprüfungen, daß die MTW-Werft eine „den besten europäischen Normen“ nahekommende oder sogar höhere Produktivität erreichen müsse, bevor sie 100000 cgt pro Jahr produzieren könne.

    182

    In diesem Zusammenhang hat die Kommission im schriftlichen Verfahren geltend gemacht, daß die Begrenzung der Kapazität gewährleistet sei, wenn die Werft so konzipiert sei, daß die anderen Anlagen durch Engpässe ausgeglichen würden. Obwohl Engpässe ihrer Natur nach vorübergehend seien, führe ihre Beseitigung oder ihre Umgehung nur zu einer Stockung an anderer Stelle in der Produktionskette, was zu einer Verringerung des optimalen Ausstoßes führe. Die Berater der Kommission haben hierzu ausgeführt, daß es praktisch unmöglich sei, eine Produktionsanlage ohne Engpässe zu planen.

    183

    In Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Kommission ausgeführt, daß nach der letzten Untersuchung der Engpässe (durchgeführt im August 1995) die Plattenfertigungslinien und die Zonen für die Montage der Blöcke die Hauptengpässe darstellten. Weitere Schlüsselinfrastrukturen wie Docks, Kräne und die Zonen für die Montage der Einheiten seien Gegenstand einer Untersuchung zur Ermittlung der vorgesehenen Nutzung in Taktzeiten, d. h. der Zeit, die erforderlich sei, um eine bestimmte Aufgabe in einer bestimmten Infrastruktur auszuführen, gewesen. Aus diesen Untersuchungen gehe hervor, daß Appledore keinen Kapazitätsüberhang auf irgendeinem Sektor festgestellt habe. Zudem sind die Berater der Kommission der Ansicht, daß zwar die meisten Werften ihr Produktionsniveau erforderlichenfalls unter Anwendung intensiver Betriebsmethoden zu geringen Kosten erhöhen könnten, sofern sie über angemessenen Raum verfügten, daß aber die MTW GmbH nicht über große offene Flächen verfüge, die zur Erhöhung des Stahldurchsatzes verwendet werden könnten.

    184

    Da unter dem Begriff der Kapazität im Sinne der Richtlinie 92/68 die Produktion zu verstehen ist, die unter günstigen normalen Umständen mit den vorhandenen Einrichtungen erzielt werden kann, ist dem Vorbringen der Kommission zu folgen, daß die Kapazität dank der Beibehaltung mehrerer Beschränkungen und Engpässe in der Produktion begrenzt werden kann.

    185

    Die Klägerinnen haben nicht dargetan, daß die Berater der Kommission einen offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der Tatsachen begangen hätten oder daß sie sich bei ihren technischen Bewertungen der gesamten Anlagen auf falsche Tatsachen gestützt hätten.

    186

    Die beiden Sachverständigengutachten, die die Klägerin und die dänische Regierung vorgelegt haben, stellen die Beurteilungen der Kapazität der MTW GmbH durch die Berater der Kommission nicht in Frage; diese Gutachten verwenden im übrigen ganz andere Methoden zur Schätzung der Kapazität.

    187

    Zum einen sind nämlich die Sachverständigen, die mit der Erstellung der beiden Gutachten beauftragt wurden, auf die Planung von Schiffen und nicht auf die Planung von Werften spezialisiert, zum anderen beruhen die beiden Gutachten auf einer unvollständigen Kenntnis der Tatsachen, was im übrigen im Cushing-Gutachten eingeräumt wird. Insbesondere stützt sich Cushing großenteils auf Berichte, Sitzungsniederschriften und sonstige Unterlagen über das Verlcgungsvorhaben der MTW GmbH, das später aufgegeben wurde. Zudem hatten weder Cushing noch Carl Bro Gelegenheit zu einer Besichtigung der Werft, und sie hatten keinen Zugang zu den Investions- oder Planungsunterlagen. Nach Ansicht von Appledore enthalten die Bewertungen und das Ergebnis des Cushing-Gutachtens daher mehrere Ungenauigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Zahl der unmittelbar in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer, der Produktionsfläche der Werft und der Größe des neuen Docks. Unter diesen Umständen ist mit den Gutachten nicht dargetan, daß die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hätte.

    188

    Zu der Rüge, mit der beanstandet wird, daß die Produktion von E-3-Tankern als Berechnungsgrundlage für den Höchstdurchsatz von Stahl gewählt wurde, geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß die Genehmigung der Beihilfe von der Voraussetzung abhängig gemacht wurde, daß der genehmigte Höchstdurchsatz von 102500 t Stahl nicht überschritten wurde. Diese Produktion wurde auf der Grundlage des Baus von 2,5 E-3-Tankern berechnet.

    189

    Die Klägerinnen machen geltend, daß die Schätzungen der Kommission irreführend seien, denn wenn man die Berechnungen auf eine wahrscheinlichere und eher vorhersehbare vielfältige Palette von Schiffen stütze, beispielsweise auf eine Produktion, die insbesondere E-3-Tanker, Containerschiffe und Passagierschiffe umfasse, wie dies den ursprünglichen Produktionsabsichten der MTW GmbH entsprochen habe, übersteige die anhand des Durchsatzes von 102500 t Stahl pro Jahr berechnete Kapazität die erlaubte Höchstgrenze von 100000 cgt.

    190

    Die Klägerinnen bestreiten nicht, daß das Hauptgewicht bei den Planungsarbeiten auf der MTW-Werft auf den Tankern des Typs E 3 liegt. Ferner geht aus den Akten hervor, daß das Dock, das im November 1997 betriebsbereite sein wird, für den Bau von E-3-Tankern konzipiert ist. In den Antworten auf die Fragen des Gerichts ist ausgeführt worden, es sei vorgesehen, Ende 1997 die Arbeiten zur Erweiterung der Kanäle abzuschließen, die es großen Tankern wie den E-3-Tankern erlauben werden, aus dem Hafen Wismar auszulaufen.

    191

    Zwar kann, wie die Kommission im übrigen eingeräumt hat, die Produktion einer anderen Produktpalette zu einer Überschreitung der Höchstkapazität von 100000 cgt führen — bei einem gleichbleibenden Durchsatz von 102500 t Stahl —, doch geht aus den Akten hervor, daß diese Situation rein hypothetisch ist, denn die Argumentation der Klägerinnen stützt sich auf die falsche Annahme, es sei der Werft möglich, die gleiche Menge Stahl unabhängig von der Komplexität der entsprechenden Verarbeitung zu verarbeiten.

    192

    Aus der Antwort der Kommission auf die Fragen des Gerichts geht nämlich hervor, daß der Höchstdurchsatz von Stahl (102500 t) nur dann erzielt werden kann, wenn die Werft nur E-3-Tanker baut.

    193

    Der Kommission zufolge ist dies dadurch zu erklären, daß, falls die Werft sich dafür entschiede, kleinere und komplexere Schiffe, beispielsweise Containerschiffe, Fährschiffe und Passagierschiffe, zu bauen, ihre Stahlverarbeitungskapazitäten unausweichlich betroffen würden. In aller Regel würden nämlich für Schiffe dieser Art Stahlplatten von erheblich geringerer Stärke verwandt, was die erforderliche Stahlmenge verringere, ohne zwangsläufig die Zahl der zu verwendenden Platten zu verringern. Zudem erhöhten die größere Anzahl gebogener Platten und die erheblich geänderten Anforderungen an die Ausrüstung insbesondere die Arbeitszeit und die Wartezeit auf jeder Produktionsstufe und hätten somit beträchtlichen Einfluß auf die Gesamtkapazität der Stahlverarbeitung.

    194

    Daher würden die Produktion und die Verarbeitung von Stahlplatten, für die die Werft nicht konzipiert sei, schnell zur Auslastung bestimmter Produktionssektoren führen. Beispielsweise seien die Lackierereien ein Bremsfaktor, da dieselbe Zahl von Lackierereien einen viel größeren Ausstoß bewältigen müsse, denn die Verarbeitungseinheiten tendierten dazu, immer kleiner zu werden, während sich ihre Zahl erhöhe. Desgleichen führe die Zahl komplexer Stücke, selbst wenn für sie weniger Stahl verwendet werde, dazu, daß mehr Arbeitsstunden für die Ausrüstung benötigt würden und daß die Verweildauer in bestimmten Produktionssektoren der Werft verlängert werde.

    195

    Da die Klägerinnen nicht genügend Tatsachen vorgetragen haben, um diese Behauptungen in bezug auf den Stahldurchsatz ernstlich zu erschüttern, ist die Rüge, mit der beanstandet wird, daß die Schiffe des Typs E 3 als Berechnungsgrundlage herangezogen wurden, zurückzuweisen.

    196

    Was sodann die Rüge der Klägerinnen angeht, daß die Kommission zu Unrecht den cgt-Koeffizienten der OECD für Schiffe des Typs E 3 mit einfacher Außenhaut (0,25) anstelle des Koeffizienten für Schiffe mit doppelter Außenhaut (0,30) angewandt habe, ist dem Vorbringen der Kommission zu folgen, daß sie der Grundsatz der Rechtssicherheit daran gehindert habe, am Ende des Planungsprozesses inzwischen ausgehandelte neue Koeffizienten zu verwenden, nachdem bei der Kapazitätsschätzung 1992 der Koeffizient 0,25 gegolten habe. Ohnehin ergibt sich aus den Akten und aus den mündlichen Ausführungen der Parteien, daß der neue Koeffizient für Schiffe mit doppelter Außenhaut (0,30) zwar seit dem 1. Januar 1993 galt, jedoch erst im Juni 1994 veröffentlicht wurde.

    197

    Was schließlich die Rügen von Verstößen gegen Verfahrensvorschriften angeht, nämlich die Unterlassung der deutschen Regierung, den Terminplan im Sinne von Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie vorzulegen, und die verspätete Einreichung des „Spill-over“-Berichtes, genügt die Feststellung, daß selbst dann, wenn solche Verstöße nachgewiesen wären, die Klägerinnen nicht dargetan hätten, daß das Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn diese Verstöße nicht erfolgt wären (vgl. Urteil vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, a. a. O., und Urteil Destillers Company/Kommission, a. a. O.). Zudem waren sie nicht in der Lage, die Behauptung der Kommission zu widerlegen, daß auf alle Fälle in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Kapazitätsreduktionen stattgefunden hätten. Unter diesen Umständen ist die Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

    198

    Aufgrund all dieser Erwägungen ist der zweite Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

    199

    Das Gericht hält die bei den Akten befindlichen Unterlagen für ausreichend und sieht daher davon ab, entsprechend dem Antrag der Klägerinnen die Vorlage der Mitteilungen der deutschen Stellen vom 2. Oktober 1992 und das Schreiben der deutschen Regierung vom 4. Dezember 1992 einschließlich des zwischen der Treuhandanstalt und dem Bremer Vulkan geschlossenen Vertrages über den Verkauf der MTW GmbH sowie das Schreiben der deutschen Regierung vom 24. Juli 1992 anzuordnen. Die Klägerinnen haben die Vorlage dieser Unterlagen mit der Begründung beantragt, sie enthielten Angaben über die Kapazitätsgrenze, die eine der Schlüsselfragen der Rechtssache sei. Da die Klägerinnen jedoch nicht bestreiten, daß sich die deutsche Regierung gegenüber der Kommission verpflichtet hat, daß die künftige Kapazität der MTW GmbH auf 100000 cgt beschränkt wird, ist die Vorlage der verlangten Unterlagen nicht unerläßlich für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung (Beschluß des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1986 in der Rechtssache 212/86, ICJ/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 4).

    200

    Was den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens angeht, so gilt nach der Rechtsprechung für die streitige Entscheidung wie für alle Handlungen der Gemeinschaftsorgane eine Gültigkeitsvermutung, da es an jedem Anhaltspunkt fehlt, der ihre Gültigkeit in Frage stellen könnte (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 1. April 1982 in der Rechtssache 11/81, Dürbeck/Kommission, Slg. 1982, 1251). Daher hat das Gericht keine Beweisaufnahme anzuordnen, wenn die Klägerinnen nicht in der Lage sind, etwas vorzutragen, was diese Vermutung in Frage stellen könnte. Da es die von den Klägerinnen und der dänischen Regierung eingeholten Sachverständigengutachten, wie oben in Randnummer 186 festgestellt worden ist, nicht erlauben, die Beurteilung der Kapazität der MTW GmbH in Frage zu stellen, und angesichts dessen, daß die Klägerinnen nichts vorgetragen haben, was die Vermutung begründen könnte, daß die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler begangen haben könnte, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht anzuordnen.

    Zum dritten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie dadurch, daß die Kommission die Möglichkeit einer Erhöhung der Kapazität nach fünf oder zehn Jahren eingeräumt habe

    201

    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe dadurch gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe c der Siebten Richtlinie, der eine echte, irreversible Stillegung der Kapazität verlange, verstoßen, daß sie die Möglichkeit eingeräumt habe, die Kapazität entweder nach fünf Jahren mit oder nach zehn Jahren ohne Zustimmung der Kommission zu erhöhen. Der Grundsatz des Artikels 7 der Siebten Richtlinie könne keine Anwendung finden, denn dieser Artikel betreffe nur Schließungsbeihilfen. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch darum, durch Erhöhung der Kapazität bis auf 100000 cgt eine modernere Werft zu schaffen.

    202

    In der streitigen Entscheidung heißt es: „Die Kapazitätsbeschränkung gilt für einen Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluß der Umstrukturierung. Nach fünf Jahren kann Deutschland die Kommission um Aufhebung der Kapazitätsbeschränkung ersuchen.“

    203

    Artikel 10a enthält keine Definition des Begriffes „echte, irreversible Stillegung von Schiffbaukapazitäten“, der in Absatz 2 Buchstabe c verwendet wird. Daher ist dieser Begriff anhand der anderen Bestimmungen der Siebten Richtlinie auszulegen.

    204

    In bezug auf Schließungsbeihilfen bestimmt Artikel 7 Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 der Siebten Richtlinie:

    „Beihilfen zur Übernahme der durch teilweise oder völlige Schließung von Schiffbau- oder Schiffsreparaturwerften verursachten normalen Kosten dürfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gelten, sofern sie zu einem echten und endgültigen Kapazitätsabbau führen.

    Um sicherzustellen, daß eine Werft, die mit Beihilfen geschlossen wurde, endgültig geschlossen bleibt, sorgt der Mitgliedstaat dafür, daß die geschlossenen Schiffbau- und Reparaturbetriebe für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren geschlossen bleiben.“

    205

    Aus Artikel 7 der Siebten Richtlinie geht hervor, daß eine Schließung als endgültig anzusehen ist, wenn sie länger als zehn Jahre dauert. Gegebenenfalls kann die Kommission eine Wiederinbetriebnahme nach fünf Jahren genehmigen. In Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 4 ist nämlich vorgesehen: „Wünscht ein Mitgliedstaat nach Ablauf der fünf Jahre — jedoch vor dem zehnten Jahrestag der Schließung — die Wiederinbetriebnahme einer geschlossenen Schiffbau- oder Reparaturwerft, so muß er vorher hierzu die Genehmigung der Kommission einholen.“

    206

    So ist auch die Wendung „echte, irreversible Stillegung von Schiffbaukapazitäten“ im Rahmen des Artikels 10a auszulegen. Da es sich um eine Stillegung der gesamten Schiffbaukapazitäten der ostdeutschen Werften handelt, ist das Argument der Klägerin, die sich aus Artikel 7 ergebenden Grundsätze fänden keine Anwendung, da die Kapazität der MTW GmbH erhöht werde, somit unerheblich.

    207

    Daher ist der dritte Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

    208

    Somit ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen insgesamt zurückzuweisen.

    Zum Klagegrund einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften

    209

    Der Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Zum einen sei die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend begründet. Zum anderen habe die Kommission nicht die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie verlangten „Spill-over“-Berichte vorgelegt.

    Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages

    — Vorbringen der Parteien

    210

    Die Klägerinnen machen geltend, die streitige Entscheidung sei mangelhaft begründet. Nach ständiger Rechtsprechung müsse die nach Artikel 190 notwendige Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen habe, so klar und unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich sei, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erkennen, und daß der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen könne (Urteil des Gerichts vom 28. September 1995 in der Rechtssache T-95/94, Sytraval/Kommission, Slg. 1995, II-2651, Randnr. 52, zur Zeit Gegenstand eines Rechtsmittels beim Gerichtshof unter der Nr. C-367/95 P). Es sei wichtig, daß die Begründung einer Entscheidung die notwendigen Informationen für jeden Dritten enthalte, der ein Interesse daran habe (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 13. März 1985 in den Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809).

    211

    Die Klägerinnen räumen ein, daß die Begründung einer Entscheidung gegebenenfalls kurz sein könne (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg. 1963, 143). Es gebe jedoch bestimmte Grenzen, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82 (Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 35) ergebe, das einige Ähnlichkeit mit dem vorliegenden Fall aufweise. Artikel 10a der Siebten Richtlinie und die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 hätten eine Reihe besonderer Voraussetzungen dafür aufgestellt, daß die Kommission die zweite Beihilfetranche genehmige. Daher hätte die Kommission beim Erlaß der streitigen Entscheidung erläutern müssen, weshalb sie diese Voraussetzungen als erfüllt ansehe.

    212

    Insbesondere gehe aus der streitigen Entscheidung nicht hervor, 1) daß die Erforderlichkeit der Beihilfe durch eine Aufstellung der Verluste aus den laufenden Verträgen nachgewiesen sei (vgl. Urteil Intermills/Kommission, a. a. O., Randnr. 33), 2) daß die deutsche Regierung sich eindeutig verpflichtet habe, eine echte, irreversible Stillegung von Schiffbaukapazitäten von 40 % bei den Werften der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu veranlassen, 3) daß die in Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe a vorgesehene Höchstgrenze eingehalten sei, 4) daß die zweite Beihilfetranche vor dem 31. Dezember 1993 gezahlt worden sei, 5) daß die Kommission alle „Spill-over“-Berichte erhalten habe und schließlich 6) daß sich die Kommission vergewissert habe, daß keine weitere Produktionsbeihilfe gewährt werde. Im übrigen habe die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht angegeben, daß die Beihilfe von den deutschen Behörden bereits vor dem 31. Dezember 1993 gezahlt worden sei. Die Kommission hätte sich nicht auf die Feststellung beschränken dürfen, daß die in Artikel 10a Absatz 2 der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen eingehalten seien (vgl. Urteil Intermills/Kommission, a. a. O., Randnr. 35).

    213

    Unter Bezugnahme auf die Gründe, die die Kommission in der Klagebeantwortung angegeben habe, weisen die Klägerinnen sodann darauf hin, daß eine unzureichende Begründung nicht nach Klageerhebung geheilt werden könne (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80, Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861).

    214

    Obwohl die Klägerinnen zu Sitzungen geladen worden seien, in denen die Angelegenheit eingehend erörtert worden sei, hätten sie bei diesen Anlässen keine Auskünfte über die tatsächlichen und rechtlichen Gründe erhalten, aus denen die Beihilfe schließlich für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden sei. Sie seien nur von der Größenordnung und dem Vorhaben der Verlegung der Werft unterrichtet worden.

    215

    Die Klägerinnen machen ferner geltend, daß die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission berufe, nicht einschlägig sei (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, und Urteil vom 18. Mai 1993, Belgien/Kommission, a. a. O.). Insbesondere das zuletzt genannte Urteil entbinde die Kommission nicht von ihren Verpflichtungen aus Artikel 190 des Vertrages.

    216

    Zu Artikel 10a Absatz 3 der Siebten Richtlinie machen die Klägerinnen schließlich geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben, ob sie die genehmigte Beihilfe für mit dem Interesse der Gemeinschaft vereinbar halte oder nicht, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen wäre.

    217

    Die dänische Regierung macht geltend, die Anforderungen an die Begründung müßten im Fall einer Einzelfallentscheidung wie der hier streitigen höher sein als bei allgemeinen Rechtsakten.

    218

    Die streitige Entscheidung ermögliche es den Betroffenen nicht in ausreichendem Maße, die auf diese Weise geschaffene Rechtslage zu erfassen und ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen (vgl. Urteil Sytraval/Kommission, a. a. O.). Den von den Klägerinnen erhobenen Rügen fügt die dänische Regierung folgende Rügen hinzu: 1) Aus dem Schreiben vom 18. Mai 1994 ergebe sich nicht, daß es sich um eine Entscheidung handele; 2) die angefochtene Entscheidung enthalte keinen eindeutigen Hinweis auf die Rechtsgrundlage; 3) die Entscheidung enthalte keine genaue Auflistung der von der deutschen Regierung eingegangenen Verpflichtungen; 4) die Beschreibung der verlangten Kapazitätseinschränkungen sei unzusammenhängend; 5) die Entscheidung lasse in Anbetracht des Umstands, daß die Betroffenen im Fall staatlicher Beihilfen eine besonders angemessene Begründung verlangen könnten, nicht erkennen, ob die Kommission irgendwelche zusätzlichen Erhebungen in bezug auf die Folgen der beabsichtigten Beihilfe für den gesamten Schiffbausektor vorgenommen habe; 6) die Entscheidung enthalte Informationen, die unzutreffend seien und in keinem Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung stünden.

    219

    Selbst wenn man unterstelle, daß die Kommission sich nach der Rechtsprechung auf die Erklärung beschränken könne, daß die in den fraglichen Ausnahmebestimmungen aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien (vgl. Urteil vom 18. Mai 1993, Belgien/Kommission, a. a. O.), habe sie nicht einmal dieser verringerten Anforderung genügt. Daher sei die streitige Entscheidung wegen mangelnder Begründung für nichtig zu erklären (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1995 in der Rechtssache C-360/92 P, Publishers Association/Kommission, Slg. 1995, I-23).

    220

    Die Kommission macht geltend, der Umfang der in Artikel 190 des Vertrages verankerten Begründungspflicht hänge von der Art des Rechtsaktes und den Umständen ab, unter denen er erlassen worden sei (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Januar 1973 in der Rechtssache 13/72, Niederlande/Kommission, Slg. 1973, 27, Randnr. 11).

    221

    Zur Natur der streitigen Entscheidung führt die Kommission aus, ihre Aufgabe beschränke sich auf die Prüfung, ob die besonderen Voraussetzungen gemäß Artikel 10a der Richtlinie erfüllt seien. Unter diesen Umständen habe sie sich auf die Erklärung beschränken können, sie habe geprüft, ob diese Voraussetzungen erfüllt seien; diese Prüfung habe sie tatsächlich wahrgenommen.

    222

    Zum Kontext, in dem die streitige Entscheidung erlassen wurde, macht die Kommission geltend, die Klägerinnen seien angesichts der sehr aktiven Rolle, die sie im Verwaltungsverfahren gespielt hätten, über alle tatsächlichen und rechtlichen Gründe, aus denen die Kommission zu der Ansicht gelangt sei, daß die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, völlig auf dem Laufenden gewesen. Daher seien die Rügen der Klägerinnen zurückzuweisen. Hierfür bezieht sich die Beklagte auf die Schlußanträge des Generalanwalts Lenz in den Rechtssachen 62/87 und 72/87 (Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 1988, Exécutif régional wallon/Kommission, Slg. 1988, 1573). Das zitierte Urteil Michel/Parlament sei daher nicht einschlägig, denn die Klägerinnen seien vor Erlaß der streitigen Entscheidung von allen wichtigen Gründen unterrichtet gewesen, aus denen die Kommission schließlich die Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erachtet habe.

    223

    Zu den von der dänischen Regierung erhobenen Rügen führt die Kommission erstens aus, im Bereich der staatlichen Beihilfen bestehe ihre Praxis darin, dem betreffenden Mitgliedstaat zum Zweck der Bekanntgabe eine Kopie der Entscheidung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder in Form eines Schreibens zu übersenden. Zudem ergebe sich aus dem Wortlaut des Schreibens vom 18. Mai 1994, das die streitige Entscheidung darstelle, daß es sich um eine Entscheidung handele. Zweitens seien entgegen dem Vorbringen der dänischen Regierung in dem Schreiben sowohl die Rechtsgrundlage als auch die Bedingungen angegeben, an die die Entscheidung geknüpft sei. Drittens sei sie nicht in der Lage, das Argument zu widerlegen, daß die technische Beschreibung der Kapazitätsstillegung in der angefochtenen Entscheidung unzusammenhängend oder widersprüchlich sei, da die dänische Regierung ihr Vorbringen hierzu nicht näher ausführe. Viertens spreche die Natur einer gemäß Artikel 10a der Siebten Richtlinie erlassenen Entscheidung im Gegensatz zur Ansicht der dänischen Regierung für eine abgekürzte Begründung. Fünftens seien die berechtigten Interessen der Klägerinnen nicht beeinträchtigt, selbst wenn man davon ausgehe, daß das Schreiben vom 18. Mai 1994 bestimmte Voraussetzungen enthalte, die nichts mit der Angelegenheit zu tun hätten, was jedoch nicht der Fall sei. Sechstens erwähne die Entscheidung entgegen dem Vorbringen der dänischen Regierung die „Spill-over“-Berichte zumindest indirekt, und sie gebe im übrigen an, daß der Werft keine weitere Produktionsbeihilfe gezahlt werden dürfe.

    224

    Artikel 10a Absatz 3 der Siebten Richtlinie füge den Voraussetzungen des Artikels 10a Absatz 2 nichts hinzu; er sei jedoch eingefügt worden, um ganz deutlich zu machen, daß die Kommission verpflichtet sei, zu prüfen, ob die Werften, die eine Beihilfe empfingen, nicht plötzlich Schiffe unter dem Marktpreis verkauften.

    225

    Zu den Einzelheiten der Zahlung der zweiten Tranche gibt die Kommission an, ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 21. März 1994 sei den Klägerinnen bekannt gewesen, daß diese Tranche vor dem 31. Dezember 1993 auf Sperrkonten überwiesen worden sei.

    226

    Die Streithelferin MTW GmbH weist darauf hin, daß die streitige Entscheidung nur die zweite Tranche einer staatlichen Beihilfe betreffe, deren erste Tranche bereits genehmigt und auf dieselbe Mitteilung hin und im selben Kontext beschlossen gewesen sei. Da die Beihilfe selbst bereits mit der früheren Entscheidung vom 23. Dezember 1992 geprüft und genehmigt worden sei, habe sich die Kommission mit der Feststellung in der streitigen Entscheidung begnügen dürfen, daß die in der ersten Entscheidung für die Freigabe der zweiten Tranche aufgestellten Formbestimmungen eingehalten worden seien.

    227

    Erstens sei die Kommission nur verpflichtet, eine eingehende Begründung abzugeben, soweit die letzte Entscheidung erheblich weiter gehe als die erste (Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74, Papiers peints/Kommission, Slg. 1975, 1491, Randnr. 31). Der vom Gerichtshof aufgestellte Grundsatz, daß eine summarische Begründung ausreiche, wenn die Entscheidung eine ständige Entscheidungspraxis fortsetze, gelte im vorliegenden Fall entsprechend.

    228

    Zweitens sei den Klägerinnen, nachdem sie intensiv am Entscheidungsfindungsprozeß beteiligt gewesen seien und Zugang zu praktisch allen erheblichen Unterlagen gehabt hätten, der Kontext der streitigen Entscheidung in vollem Umfang bekannt gewesen.

    229

    Drittens dürfe die Begründung einer Entscheidung keine vertraulichen Angaben enthalten, deren Offenlegung gegen die von der Kommission zu wahrende Geheimhaltungspflicht verstoße. Die Kommission dürfe daher keine Daten insbesondere zu den „Spill-over“-Berichten, zu den Einzelheiten der Zahlung der Beihilfe und zu den Investitionsvorhaben für die Werft der Streithelferin offenlegen.

    — Würdigung durch das Gericht

    230

    Nach ständiger Rechtsprechung muß die nach Artikel 190 des Vertrages vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepaßt sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernisses des Artikels 190 des Vertrages genügt, nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86, und die dort angeführten Urteile).

    231

    Was den Kontext angeht, in dem der streitige Rechtsakt erlassen wurde, ist die Rolle der Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen nach der durch die Richtlinie 92/68 eingeführten Ausnahmeregelung, wie das Gericht bereits oben in Randnummer 169 festgestellt hat, auf die Prüfung der Einhaltung der in Artikel 10a der Siebten Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen beschränkt. Unter diesen Umständen bedarf es nach der Rechtsprechung keiner weiteren Begründung als der Feststellung, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Urteil vom 18. Mai 1993, Belgien/Kommission, a. a. O., Randnr. 36).

    232

    Da die in Artikel 10a aufgestellten Voraussetzungen tatsächlicher Art sind, braucht die Kommission sie in ihrer Begründung nicht sämtlich zu wiederholen. Das Begründungserfordernis ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts der Entscheidung, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die deutsche Regierung als ihr Adressat an Erläuterungen haben kann, (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 52).

    233

    Aus der streitigen Entscheidung geht hervor, daß die Kommission, nachdem sie den endgültigen Vertrag und zusätzliche Informationen über die Privatisierung der MTW GmbH erhalten hatte, zunächst mit ihrer Entscheidung vom 23. Dezember 1992 die Zahlung der ersten Tranche der Betriebsbeihilfe genehmigen konnte. Nachdem sie anschließend von der deutschen Regierung weitere Informationen erhalten hatte, konnte sie die Erfüllung der besonderen Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie 92/68 prüfen, was es ihr ermöglichte, die Zahlung der zweiten Tranche zu genehmigen.

    234

    In bezug auf diese Voraussetzungen führte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung insbesondere die Notwendigkeit der zweiten Beihilfetranche an und erwähnte die Prüfungen, die im Hinblick auf die künftige Kapazität der MTW GmbH angestellt wurden. Die streitige Entscheidung enthält nähere Angaben zur Begrenzung dieser Kapazität. Sie verlangt insbesondere, daß der höchstzulässige Durchsatz von 102500 t Stahl nicht überschritten werden dürfe, daß die Länge des Baudocks von ursprünglich 422 m auf 366 m verkürzt werden müsse und daß der ursprünglich vorgesehene Semi-Tandem-Dockteil entfallen müsse. Ferner heißt es in der streitigen Entscheidung, obwohl die technische Untersuchung ergeben habe, daß die Schiffbaukapazität der MTW kaum den dieser Werft von der deutschen Regierung zugeteilten Anteil (100000 cgt) überschreiten dürfte, werde eine Kontrolle für die Dauer der Fortführung des Investitionsprogramms für notwendig erachtet, damit die Beschränkung in bezug auf die Schiffbaukapazität eingehalten werde.

    235

    Schließlich geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß die Kommission aufgrund der von der deutschen Regierung erhaltenen Zusagen in bezug auf die Einhaltung der Kapazitätsbegrenzung und die Verpflichtung, daß keine Gefahr von Spill-over-Effekten der Beihilfe auf andere Werften bestehe, beschlossen hat, keinen Einwand gegen die Zahlung der zweiten Beihilfetranche zu erheben.

    236

    Diese Darlegung der Gründe ist zwar knapp, sie stellt aber im Lichte der angeführten Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der Rolle der Kommission auf dem betreffenden Gebiet eine hinreichende Begründung im Sinne von Artikel 190 des Vertrages dar. Die streitige Entscheidung enthält nämlich eine Darlegung der sie tragenden tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen.

    237

    Diese Beurteilung wird dadurch bestätigt, daß die streitige Entscheidung zum Abschluß des Vorverfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages erlassen wurde.

    238

    Dieser Artikel verpflichtet die Kommission nicht, Dritte in das Verwaltungsverfahren einzubeziehen. Nur im Rahmen des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages ist die Kommission verpflichtet, den Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. Urteil Cook/Kommission, a. a. O., Randnr. 22, und Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Randnr. 16). Vorbehaltlich einer Verpflichtung zur Einleitung dieses Verfahrens — die die Klägerinnen nicht behauptet haben — durfte die Kommission daher die streitige Entscheidung allein gestützt auf den Schriftwechsel mit der deutschen Regierung erlassen. Somit war sie grundsätzlich nicht verpflichtet, ein mögliches Interesse eines Dritten daran zu berücksichtigen, in der Begründung Erläuterungen zu erhalten.

    239

    Im übrigen waren die Klägerinnen dank einer umfassenden Kenntnis der Angelegenheit nicht daran gehindert, ihre Rechte zu verteidigen und die Begründetheit der streitigen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, geht nämlich aus den Akten hervor, daß die Klägerinnen intensiv am Verwaltungsverfahren beteiligt waren und daß sie auf diese Weise zumindest über die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe informiert waren, aus denen die Kommission zu der Ansicht gelangt ist, daß die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Wie bereits in Randnummer 101 dieses Urteils festgestellt worden ist, nahmen sie an mehreren Sitzungen teil und hatten Zugang zu mehreren Unterlagen des Vorgangs. Sie erhielten detaillierte Antworten auf Fragen insbesondere zur künftigen Kapazität der MTW. Zudem zeigen sowohl die Protokolle als auch der von den Klägerinnen selbst vorgelegte Schriftwechsel eindeutig, daß sie eine besonders eingehende Kenntnis von den Daten hatten.

    240

    Aufgrund all dieser Erwägungen ist der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

    Zum zweiten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie

    241

    Zunächst hatten die Klägerinnen behauptet, die Kommission habe sich unter Verstoß gegen Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie die gemäß diesem Artikel verlangten „Spill-over“-Berichte nicht verschafft. In der Erwiderung machen sie nur noch geltend, daß die Kommission den ersten der „Spill-over“-Berichte nicht bis Ende Februar 1993 erhalten habe.

    242

    Die Kommission behauptet, die „Spill-over“-Berichte im Sinne von Artikel 10a Absatz 2 Buchstabe d der Siebten Richtlinie seien ihr sehr wohl zugegangen. Daher sei der zweite Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

    243

    Das Gericht stellt anhand des in Randnummer 9 dieses Urteils erwähnten Berichtes der Kommission vom 1. April 1993 fest, daß die Kommission den ersten „Spill-over“-Bericht Mitte März 1993, d. h. einige Wochen nach Ablauf der Frist, erhielt. Nach ständiger Rechtsprechung führt jedoch die Verletzung einer Formvorschrift nur dann zu einer Nichtigerklärung, wenn das Verfahren ohne diese Verletzung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. Urteil vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, a. a. O., und Urteil Distillers Company/Kommission, a. a. O.).

    244

    Da die Klägerinnen nicht mehr bestreiten, daß die übrigen jährlichen „Spill-over“-Berichte gemäß Artikel 10a der Siebten Richtlinie der Kommission übersandt wurden, und sie nicht einmal versucht haben, darzutun, daß das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn der erste Bericht der Kommission vor Ende Februar 1993 zugegangen wäre, ist der zweite Teil des Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Daher ist die von den Klägerinnen beantragte Vorlegung der „Spill-over“-Berichte nicht im Wege der Beweisaufnahme anzuordnen.

    245

    Somit ist der Klagegrund einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften zurückzuweisen.

    Zum Klagegrund einer Verletzung des „Grundsatzes der Transparenz“ oder des kontradiktorischen Verfahrens

    Vorbringen der Parteien

    246

    Die dänische Regierung macht geltend, daß die Kommission verpflichtet sei, das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehene kontradiktorische Verfahren einzuleiten, wenn sie nach einer vorläufigen Prüfung im Rahmen von Artikel 93 Absatz 3 Zweifel an der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt habe. Daher müsse das Verwaltungsverfahren bei staatlichen Beihilfen sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für alle Beteiligten, einschließlich der konkurrierenden Unternehmen, die unmittelbar betroffen sein könnten, transparent sein. Ein strenges Transparenzerfordernis ergebe sich auch aus der Rechtsprechung (Urteile vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris Holland/Kommission, Slg. 1980, 2671, vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, und vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307). In der mündlichen Verhandlung hat die dänische Regierung unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-58/94 (Niederlande/Rat, Slg. 1996, I-2169, Randnrn. 20 bis 22) das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, der Klagegrund sei unzulässig.

    247

    Der Grundsatz der Transparenz (oder des kontradiktorischen Verfahrens) bedeute, daß für die Beteiligten uneingeschränkt erkennbar sein müsse, wie die Kommission die Angelegenheit behandele, und daß ihnen Gelegenheit zur Äußerung im Beihilfeverfahren gegeben werde. Im übrigen sei gerade der Umstand, daß die Kommission bei staatlichen Beihilfen über ein sehr weites Ermessen verfüge, ein Grund, vollkommene Transparenz zu fordern.

    248

    Die Kommission habe diese Angelegenheit nicht ausreichend transparent behandelt, um diesem Erfordernis zu genügen. Wegen der Kürze des Zeitraums, innerhalb dessen die Angelegenheit behandelt worden sei, hätten die Beteiligten nur beschränkten Zugang zu den Informationen und vor allem in der Schlußphase nur geringe Möglichkeiten gehabt, zu verfolgen, wie die Kommission die Angelegenheit behandelt habe. Zudem sei die Genehmigung der zweiten Tranche im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften fast zwei Monate nach Ablauf der Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 173 des Vertrages gegen die streitige Entscheidung bekannt gemacht worden.

    249

    Die Kommission hält diesen Klagegrund für unzulässig, da er nicht von den Klägerinnen vorgebracht worden sei. Gemäß Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung und den Artikeln 37 Absatz 3 und 46 der EG-Satzung des Gerichtshofes könne die dänische Regierung als Streithelferin keine neuen Fragen aufwerfen, die ihrem Wesen nach neue Angriffsmittel seien (vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Lagrange in der Rechtssache 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Urteil des Gerichtshofes vom 23. Februar 1961, Slg. 1961, 1, und des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache 233/85, Bonino/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 12. Februar 1987, Slg. 1987, 739; Urteil des Gerichtshofes vom 17. März 1993 in der Rechtssache C-155/91, Kommission/Rat, Slg. 1993, I-939, Randnr. 24, und Schlußanträge des Generalanwalts Tesauro in dieser Rechtssache, Nr. 13; Urteil CIRFS u. a./Kommission, a. a. O., Randnrn. 21 und 22, und Schlußanträge des Generalanwalts Lenz in dieser Rechtssache, Nr. 48, sowie Urteil Matra/Kommission, a.a.O., Randnrn. 11 und 12). Auf alle Fälle sei der Klagegrund weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht begründet.

    250

    Rechtlich sei die Kommission nur in der Prüfungsphase des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages verpflichtet, den Beteiligten eine Frist zur Äußerung zu setzen. Zweck des in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehenen Verfahrens sei es im übrigen, der Kommission eine vollständige Kenntnis sämtlicher Daten der Angelegenheit zu ermöglichen, und nicht, wie anscheinend die dänische Regierung meine, es den Betroffenen zu erlauben, die Bearbeitung des Vorgangs durch die Kommission zu überwachen.

    251

    Tatsächlich habe die Kommission jedoch einen Meinungsaustausch mit den Klägerinnen durchgeführt, und diese seien im Rahmen des Möglichen nicht erst 1994, sondern schon 1993 vollständig darüber auf dem Laufenden gewesen, welche Informationen die Kommission im Rahmen ihrer Untersuchung erhalten habe. Außerdem seien die Mitgliedstaaten im Rahmen multilateraler Sitzungen von allen wesentlichen Entwicklungen des Vorgangs unterrichtet worden.

    252

    Zur Rüge der dänischen Regierung, die streitige Entscheidung sei verspätet bekanntgemacht worden, führt die Kommission aus, ein Zeitraum von vier Monaten sei nicht ungewöhnlich und könne nicht als unangebracht angesehen werden. Auf alle Fälle könne ein solcher Zeitraum die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung nicht beeinträchtigen.

    — Würdigung durch das Gericht

    253

    Zur Begründung ihrer Rüge, daß die Kommission gegen einen „Grundsatz der Transparenz“ verstoßen habe, trägt die dänische Regierung vor, daß die Beteiligten nur beschränkten Zugang zu den Informationen und vor allem in der Schlußphase nur geringe Möglichkeiten gehabt hätten, zu verfolgen, wie die Kommission den Vorgang behandelt habe.

    254

    Dieser Klagegrund ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen, ohne daß über seine Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

    255

    Es ist nämlich zu unterscheiden zwischen der Phase der Vorprüfung der Beihilfen nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung darüber zu ermöglichen, ob die fragliche Beihilfe ganz oder teilweise mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, und der in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages geregelten Prüfungsphase (vgl. Urteil Matra/Kommission, a. a. O., Randnr. 16, und Urteil Cook/Kommission, a. a. O., Randnr. 22). Wie bereits in Randnummer 238 dieses Urteils ausgeführt worden ist, sieht der Vertrag nur in dieser Prüfungsphase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich ein vollständiges Bild von allen Gegebenheiten des Falles zu verschaffen, die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

    256

    Erfordert eine Angelegenheit die Einleitung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2, so muß die Kommission den Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung geben. Dies dient jedoch nur dazu, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, 19). In seinem Urteil vom 20. März 1984 (Deutschland/Kommission, a. a. O.) hat der Gerichtshof in Randnummer 13 festgestellt, daß das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren „den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr gibt, ihre Auffassung vortragen zu können, und ... die Kommission in die Lage versetzt, sich vor Erlaß ihrer Entscheidung umfassend über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten“.

    257

    Die streitige Entscheidung wurde jedoch zum Abschluß des Vorprüfungsverfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages erlassen. Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung (Urteil vom 20. März 1984, Deutschland/Kommission, a.a.O., Randnr. 13), daß eines der wesentlichen Merkmale, durch das sich die Prüfungsphase des Artikels 93 Absatz 2 von der Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 unterscheidet, darin besteht, daß die Kommission in dieser Anfangsphase nicht verpflichtet ist, vor Erlaß ihrer Entscheidung den Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

    258

    Somit ergibt sich sowohl aus der Systematik der Artikel 92 und 93 des Vertrages als auch aus der Rechtsprechung, daß die Kommission nicht verpflichtet war, Dritte in der von der dänischen Regierung vorgeschlagenen umfassenden Weise am Verwaltungsverfahren zu beteiligen.

    259

    Zwar legt die Kommission in bestimmten Fällen den Unternehmen, die am Verwaltungsverfahren beteiligt waren, die Stellungnahmen vor, die ihr der betroffene Mitgliedstaat in der Vorprüfungsphase des Verfahrens übermittelt hat. Sie ist hierzu jedoch nicht aufgrund eines „Grundsatzes der Transparenz“ verpflichtet.

    260

    Jedenfalls ist der Klagegrund in tatsächlicher Hinsicht nicht begründet. Aus den Akten geht nämlich hervor, daß die Klägerinnen am Verwaltungsverfahren eng beteiligt waren. Ausweislich der Akten hatten sie in mehreren Sitzungen die Möglichkeit, ihren Standpunkt vorzutragen. Sie wurden auch von der Kommission über die wesentlichen Entwicklungen des Vorgangs umfassend unterrichtet.

    261

    Aufgrund dieser Erwägungen und da die Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung nicht dadurch beeinträchtigt werden kann, daß bis zu ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt ein gewisser Zeitraum vergeht, ist der Klagegrund der dänischen Regierung als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Vorschriften, die das Verfahren für den Erlaß der Entscheidungen der Kommission betreffen

    262

    Die dänische Regierung wirft die Frage auf, ob die Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung das Kollegialitätsprinzip beachtet habe, da diese nur von dem zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet worden sei. Ferner sei die streitige Entscheidung mit einem erheblichen Formfehler behaftet, da sie nicht förmlich festgestellt worden sei.

    263

    Nachdem sie jedoch eine Kopie des Protokolls der Sitzung der Kommission vom 11. Mai 1994 erhalten hatte, hat sie diesen Klagegrund fallengelassen, da das Protokoll beweise, daß die streitige Entscheidung in dieser Sitzung vom Kollegium der Kommissionsmitglieder erlassen worden sei und daß der Präsident und der Generalsekretär der Kommission diese Entscheidung am 18. Mai 1994 mit ihrer Unterschrift festgestellt hätten.

    264

    Unter diesen Umständen ist über diesen Klagegrund nicht mehr zu entscheiden.

    265

    Da keine der von den Klägerinnen und vom Königreich Dänemark als Streithelfer vorgebrachten Klagegründe durchgreifen, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

    266

    Somit ist über den von der Streithelferin MTW GmbH vorgebrachten Klagegrund, eine Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verletze ihr berechtigtes Vertrauen, nicht zu entscheiden.

    Kosten

    267

    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und die Kommission sowie die Streithelferin MTW GmbH einen entsprechenden Antrag gestellt haben, sind den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

    268

    Die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, tragen jedoch gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

     

    Aus diesen Gründen

    hat

    DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

     

    1)

    Die Klage wird abgewiesen.

     

    2)

    Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin MTW GmbH.

     

    3)

    Die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Dänemark tragen ihre eigenen Kosten.

     

    Briët

    Vesterdorf

    Lindh

    Potocki

    Cooke

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. Oktober 1996.

    Der Kanzler

    H. Jung

    Der Präsident

    B. Vesterdorf


    ( *1 ) Verfahrcnssprache: Englisch.

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