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Document 52004DC0018

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts und Sozialausschuss, und der Ausschuss der Regionen über die Förderung der Genossenschaften in Europa

    /* KOM/2004/0018 endg. */

    52004DC0018

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, der Europäische Wirtschafts und Sozialausschuss, und der Ausschuss der Regionen über die Förderung der Genossenschaften in Europa /* KOM/2004/0018 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DER EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS UND SOZIALAUSSCHUSS, UND DER AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Förderung der Genossenschaften in Europa

    1. Einführung

    1.1. Hintergrund

    In der Europäischen Union gibt es mindestens 300 000 Genossenschaften, die 2,3 Millionen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Genossenschaften gibt es in allen Mitglieds- und Beitrittsländern der Europäischen Union (EU) und allen Kandidatenländern. Sie beeinflussen das tägliche Leben von über 140 Millionen Bürgern, die Mitglieder von Genossenschaften sind [1].

    [1] ,Statistics and information on European co-operatives", Internationaler Genossenschaftsbund, Genf 1998, veröffentlicht mit Unterstützung der EU-Kommission http:/www.ica.coop/europe

    Viele und erfolgreiche Genossenschaften sind heutzutage in wettbewerbsintensiven Branchen tätig, und obwohl sie nicht die höchstmögliche Verzinsung ihres Kapitals anstreben, haben sie doch erhebliche Marktanteile in Wirtschaftszweigen erzielt, in denen Kapitalgesellschaften sehr stark vertreten sind, etwa im Bank- und Versicherungswesen, im Lebensmitteleinzelhandel, im Apothekenwesen und in der Landwirtschaft. Im Gesundheitswesen, im Bereich unternehmensbezogene Dienstleistungen, im Bildungssektor und im Wohnungswesen verzeichnen sie ein starkes Wachstum.

    Genossenschaften sind im Interesse ihrer Mitglieder tätig, die gleichzeitig Nutzer sind, d. h. sie werden nicht im Interesse externer Investoren geführt. Die Gewinne fließen an die Mitglieder im Verhältnis zum Umfang ihrer Transaktionen mit der Genossenschaft zurück; die Rücklagen und das Vermögen einer Genossenschaft sind gemeinschaftliches Eigentum und unteilbar, und sie dienen dem gemeinsamen Interesse der Mitglieder. Da zwischen den Mitgliedern grundsätzlich ausgeprägte persönliche Beziehungen bestehen, muss die Aufnahme neuer Mitglieder genehmigt werden. Die Stimmrechte sind nicht unbedingt proportional zu den Kapitalanteilen verteilt (jedes Mitglied hat eine Stimme). Tritt ein Mitglied aus einer Genossenschaft aus, so hat es Anspruch auf Rückzahlung seines Anteils, und das Kapital der Genossenschaft verringert sich entsprechend.

    Alle Genossenschaften sind im wirtschaftlichen Interesse ihrer Mitglieder tätig, aber einige stellen ihre Tätigkeit darüber hinaus in den Dienst von sozialen oder ökologischen Zielen, die entweder im Interesse ihrer Mitglieder oder in einem allgemeineren Interesse sind.

    1.2. Die Ziele dieser Mitteilung

    Die Diskussion über die Rolle der Genossenschaften hat erneut an Bedeutung gewonnen, nachdem der Rat im Juli 2003 eine Verordnung über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) und eine Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer am Entscheidungsfindungprozess innerhalb der SCE erlassen hat [2].

    [2] Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft und Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer; ABl. L 207 vom 18.8.2003.

    Die Kommission ist der Auffassung, dass das Potenzial der Genossenschaften bisher nicht voll genutzt wurde und dass ihr Image auf nationaler und auf europäischer Ebene verbessert werden sollte. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei auch den neuen Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern gewidmet werden, denn auch hier wird das Potenzial der Genossenschaften trotz weitreichender Reformen noch nicht voll genutzt.

    Nachdem die Satzung der SCE jetzt vorliegt, müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, damit die einschlägige Verordnung und die genannte Richtlinie wirksam werden. Dies ist nach Ansicht der Kommission für die nationalen Behörden und die betroffenen Gruppen eine gute Gelegenheit, um gleichzeitig darauf hinzuwirken, dass das Genossenschaftsrecht verbessert wird und dass die Rahmenbedingungen für die Gründung von Genossenschaften günstiger werden.

    Ferner hat die Kommission festgestellt, dass die Genossenschaften einen positiven und zunehmend wichtiger werdenden Beitrag zur Erreichung zahlreicher gemeinschaftspolitischer Ziele leisten, etwa auf dem Gebiet der Beschäftigungspolitik, der sozialen Eingliederung, der Regionalentwicklung und der Entwicklung des ländlichen Raums sowie der Landwirtschaft. Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Trend unterstützt und dass die Teilnahme der Genossenschaften an verschiedenen Programmen und Maßnahmen der Gemeinschaft stärker genutzt und gefördert werden sollte.

    Ein erneuertes Interesse an der Frage von Genossenschaften kann auch auf internationaler Ebene beobachtet werden. Die wichtige Hauptentwicklung ist in dieser Hinsicht die Annahme der Empfehlung zur Förderung von Genossenschaften vom Internationalen Arbeitsamt im Jahre 2002 (siehe unterhalb Fußnote 19), die von den Regierungen aller Mitgliedstaaten der EU sowie von den Regierungen aller Beitritts- und Kandidatenländer gebilligt wurde. .

    Augrund dieses erneuten Interesses an den Genossenschaften hat die Kommission 2002 eine umfassende öffentliche Anhörung der Genossenschaften in Europa durchgeführt. [3] Die erhaltenen Beiträge geben die Ansichten von Genossenschaften aus praktisch allen Bereichen genossenschaftlicher Tätigkeit wieder, wobei die beitretenden und die Kandidatenländer besonders stark vertreten sind [4]. Die Analyse und die Schlussfolgerungen des Konsultationspapiers fanden breite Unterstützung; gleichzeitig gingen jedoch auch viele konstruktive Anmerkungen und Vorschläge ein.

    [3] Das Konsultationspapier ,Genossenschaften im Unternehmen Europa" liegt vor unter: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ entrepreneurship/coop/consultation/index.htm.

    [4] Es gingen 46 Beiträge ein: 7 von europäischen Verbänden, 17 von Verbänden aus den Mitgliedstaaten und 5 von Genossenschaften, wodurch der Genossenschaftssektor in Europa zum größten Teil abgedeckt wurde. Zusätzlich gingen 4 Beiträge von öffentlichen Stellen ein, 9 Beiträge aus den beitretenden und den Kandidatenländern (einschließlich eines gemeinsamen Beitrags von 48 Verbänden aus 10 Ländern), 2 Beiträge von internationalen (Welt-)Verbänden und 2 Beiträge von Sachverständigen. Die Beiträge und entsprechende Zusammenfassungen liegen (auf Englisch und Französisch) unter der oben angegebenen Internet-Adresse vor.

    Die vorliegende Mitteilung spiegelt das Ergebnis dieser umfassenden Anhörung wider. Im Mittelpunkt der Mitteilung stehen drei Aspekte, die in den Beiträgen der Befragten deutlich wurden; dabei wird dargelegt, wie die Mitgliedstaaten und die Genossenschaften selbst das unternehmerische Potenzial dieser Unternehmensform am besten nutzen können. Ferner werden einige konkrete Maßnahmen aufgelistet, die die Kommission zur Erreichung der genannten Ziele ergreifen wird.

    Im Mittelpunkt dieser Mitteilung stehen:

    *die Förderung der stärkeren Nutzung der Genossenschaften in ganz Europa durch die Verbesserung der Sichtbarkeit und der Merkmale des Sektors sowie des Verständnisses für ihn;

    *die weitere Verbesserung des Genossenschaftsrechts in Europa;

    *die Konsolidierung und der Ausbau des Beitrags der Genossenschaften zur Erreichung gemeinschaftspolitischer Ziele.

    2. Förderung der genossenschaftlichen Unternehmensform und Gewährleistung eines besseren Verständnisses für den Genossenschaftssektor

    2.1. Unterstreichung der Bedeutung des genossenschaftlichen Unternehmertums

    2.1.1. Was ist zu tun, damit die wirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften verstanden wird?

    Damit die Bedeutung der genossenschaftlichen Unternehmensform besser verstanden wird, muss erläutert werden, in welchen Bereichen sie eine wichtige Rolle spielen kann.

    *Genossenschaften können zur Stärkung der Marktposition von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beitragen. Dank der genossenschaftlichen Unternehmensform können KMU in den Genuss einiger größenbedingter Vorteile (economies of scale) kommen, etwa in Bezug auf den Marktzugang (einschließlich der Teilnahme an umfangreicheren öffentlichen Ausschreibungen), die Marktposition als Ein- oder Verkäufer, die Entwicklung des Führungskräftepotenzials, die Fortbildung und die Forschungskapazität. Die genossenschaftliche Unternehmensform bietet Unternehmen die Möglichkeit, gemeinsam tätig zu werden und Risiken zu teilen, ohne deswegen ihre Eigenständigkeit zu verlieren. Genossenschaften ermöglichen auch die vertikale Integration von Produktketten. Dies ist u. U. für kleine Unternehmen vorteilhaft, die in der Lieferkette in einer schwachen Position sind und selbst von den Einnahmen aus dem mit ihren Produkten verbundenen Mehrwert profitieren möchten. Den meisten nicht genossenschaftlich organisierten Unternehmen ist jedoch nicht bewusst, dass die genossenschaftliche Organisationsform ein geeignetes Instrument für derartige gemeinsame Aktivitäten sein könnte.

    *Genossenschaften können qualitativ hochwertige Dienstleistungen bereitstellen. Auf den Dienstleistungssektor entfallen in der EU 70 % der Produktion und 69 % der Arbeitsplätze. Mehr als 75 % der neu gegründeten Unternehmen sind in Europa Dienstleistungsunternehmen, d. h. Unternehmen, die ihren Kunden zunehmend qualitativ hochwertige und maßgeschneiderte Dienstleistungen anbieten müssen. Bei einer genossenschaftlichen Unternehmensstruktur können die Nutzer der von der Genossenschaft erbrachten Dienstleistungen, da sie gleichzeitig die Mitglieder der Genossenschaft sind, das Unternehmen, das Dienstleistungen für sie erbringt, beeinflussen, d. h. sie können dafür sorgen, dass dieses Unternehmen tatsächlich ihren Bedarf deckt. Genossenschaften können oft Dienstleistungen für Bevölkerungsgruppen erbringen, die sonst keinen Zugang zu diesen Dienstleistungen hätten, da deren Bereitstellung für gewinnorientierte Unternehmen nicht attraktiv ist. Dies gilt für ,Nachbarschaftsdienste", etwa im Gesundheits- und Sozialbereich, d. h. in Bereichen, in denen das stärkste Wachstum von Genossenschaften zu verzeichnen ist [5].

    [5] Eine 2002 erstellte Eurostat-Studie über die Genossenschaften in 7 Mitgliedstaaten in den Jahren 1995-1998 lässt ein besonders starkes Wachstum dieser Unternehmensform in den Bereichen Erziehung und Unterricht, Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen sowie Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen (NACE-Abschnitte M, N & O) erkennen.

    *Genossenschaften leisten einen Beitrag zum Aufbau einer wissensbasierten Gesellschaft. Viele Genossenschaften (etwa Arbeitnehmer-Genossenschaften) sind Unternehmen, in denen die Mitglieder als die Nutzer tatsächlich auf Management-Entscheidungen Einfluss nehmen können. Die partizipatorischen Leitungsstrukturen von Genossenschaften ermöglichen das Entstehen der immateriellen Werte Know-how und Qualifikationen. In diesem Sinne bieten Genossenschaften denjenigen, die sonst möglicherweise keinen Zugang zu verantwortungsvollen Positionen hätten, die Möglichkeit, etwas über Unternehmertum und Management zu lernen.

    Damit Genossenschaften auch weiterhin in der oben beschriebenen Weise einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik und zum Wirtschaftswachstum leisten können, müssen die Behörden der Mitgliedstaaten ebenso wie die nationalen, regionalen und lokalen Interessenverbände mehr tun, damit der Genossenschaftssektor besser verstanden wird.

    Aktion 1. Die Kommission wird in Einklang mit dem auf dem Mehrjahresprogramm für Unternehmen und unternehmerische Initiative [6] sowie auf anderen Gemeinschaftsprogrammen basierenden Verfahren prüfen, wie entsprechende Maßnahmen der Interessenverbände und der Mitgliedstaaten unterstützt werden können. Durch diese Maßnahmen sollten die öffentlichen Stellen und der private Sektor stärker für das Potenzial der Genossenschaft als Rechtsform für Unternehmensgründungen und für die Zusammenarbeit zwischen kleinen Unternehmen sensibilisiert werden. Beispiele für derartige Maßnahmen sind Konferenzen, erläuternde Broschüren, einschlägige Forschungsarbeiten, eintägige Veranstaltungen, der Aufbau von Netzwerken u. Ä.

    [6] Entscheidung 2000/819/EG des Rates vom 20. Dezember 2000 über ein Mehrjahresprogramm für Unternehmen und unternehmerische Initiative, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) (2001-2005), ABl. L 333 vom 29.12.2000, S. 84.

    Da das Genossenschaftswesen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich weit entwickelt ist (siehe Ziffer 3.2.1), besteht Raum für einen intensiveren Informations- und Erfahrungsaustausch.

    Aktion 2. Die Kommission wird prüfen, inwieweit es möglich ist, zum Thema genossenschaftliches Unternehmertum einen strukturierten Informations- und Erfahrungsaustausch zu organisieren und einschlägige vorbildliche Lösungen zu ermitteln. Sie wird ferner zusammen mit den Mitgliedstaaten und den betroffenen Gruppen prüfen, inwieweit ein Benchmarking der einschlägigen nationalen Maßnahmen und Verfahren vorgenommen werden kann.

    2.1.2. Die neuen Mitgliedstaaten und das Wissen um die Rolle der Genossenschaften

    In den beitretenden Ländern gab es bisher nur wenige diesbezügliche Initiativen, und es herrscht ein weitverbreiteter Mangel an Informationen über das Potenzial und die Möglichkeiten von Genossenschaften. In diesen Ländern sollte den kleinen und den potenziellen Unternehmern daher bewusst gemacht werden, dass die Gründung einer Genossenschaft eine Attraktive für diejenigen darstellen kann, deren Kapital, Erfahrung oder Selbstvertrauen begrenzt ist. Dadurch, dass sie ihre Ressourcen und Erfahrungen in ein gemeinsames Vorhaben einbringen, können sie die Verantwortung und die Risiken teilen, die eine selbstständige Tätigkeit u. U. nicht tragfähig machen.

    Genossenschaften waren in den ehemaligen planwirtschaftlichen Systemen Mitteleuropas mit besonderen Problemen konfrontiert. In diesen Systemen waren sie zwar häufig die ,freieste" zulässige Unternehmensform, seit dem Ende dieser Systeme leiden sie jedoch darunter, dass sie mit dem alten System gleichgesetzt werden. In dieser Hinsicht muss unterstrichen werden, dass neue genossenschaftliche Vorhaben in den neuen Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern einen großen Beitrag zu einer ausgewogenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung leisten können. Die Kommission wird im Rahmen der Aktionen 1 und 2 prüfen, wie in den neuen Mitgliedstaaten Sensibilisierungsinitiativen und Maßnahmen zur Förderung des europaweiten Informations- und Erfahrungsaustauschs am besten unterstützt werden können.

    2.1.3. Mehr statistische Daten

    Eine weitere Ursache für das mangelnde Verständnis für die unerschlossenen Möglichkeiten der genossenschaftlichen Unternehmensform ist die Tatsache, dass über die quantitative Bedeutung des Genossenschaftswesens und die Trends seiner Entwicklung nur unzureichende Statistiken vorliegen.

    Aktion 3. Die Kommission wird prüfen, inwieweit Satellitenkonten für die Erhebung und Analyse von Daten über Genossenschaften entwickelt und von den nationalen statistischen Ämtern verwendet werden können.

    2.2. Maßnahmen zur Förderung der Genossenschaften

    2.2.1. Bildung und Fortbildung

    Die Managementlehrpläne basieren im Wesentlichen auf dem vorherrschenden Unternehmensmodell, das heißt die AG Daher kann es kaum überraschen, dass Jungunternehmer die Gründung einer Genossenschaft selten in Betracht ziehen, und zwar auch dann nicht, wenn sie in ihrem Fall die beste Alternative wäre.

    Es gibt jedoch verschiedene Beispiele für spezielle Kurse [7] (auch Fernlernkurse) auf dem Gebiet des Genossenschaftsmanagements, und sogar für spezielle Studiengänge für genossenschaftliche Unternehmer. Dabei handelt es sich jedoch leider zumeist um Einzelmaßnahmen, deren europaweite Vernetzung sinnvoll wäre.

    [7] S. Internationales Arbeitsamt ,Training Methodology for Co-operative Management": http://www.ilo.org/ coop.

    Wie die fruchtbare Teilnahme der Genossenschaften an Programmen wie Erasmus/Sokrates, Leonardo da Vinci I & II und deren seit Mitte der 80er Jahre aufgelegten Vorläuferprogrammen zeigt, können die Gemeinschaftsprogramme in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, E-Learning und lebensbegleitendes Lernen für Genossenschaften besonders hilfreich sein. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten, die nationalen Bildungseinrichtungen und die Interessenverbände auf, die zukünftigen Unternehmer mit Hilfe des Inhalts der an Sekundar- und Hochschulen angebotenen Lehrveranstaltungen im Fach Wirtschaft stärker für die genossenschaftliche Unternehmensform zu sensibilisieren und die Entwicklung der entsprechenden Managementfähigkeiten zu fördern.

    Aktion 4. Die Kommission wird dafür sorgen, dass den Genossenschaften die Teilnahme an den Programmen in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, lebensbegleitendes Lernen und E-Learning erleichtert wird, und zwar insbesondere dann, wenn diese Programme die Durchführung von transnationalen Projekten und die Bildung von spezialisierten transnationalen Netzen fördern und zur Entwicklung von vorbildlichen Lösungen auf Innovationsgebieten führen.

    2.2.2. Unterstützungsdienste für Unternehmen

    Der besondere Charakter der genossenschaftlichen Unternehmensform macht maßgeschneiderte Unterstützungsdienste für Genossenschaften erforderlich. Eine entsprechende Beratung kann eine unschätzbare Begleitmaßnahme zu einer Kreditfinanzierung oder ein Voraussetzung für sie darstellen. Die europaweite Vernetzung von speziellen Beratungseinrichtungen für Genossenschaften würde einen sehr nützlichen Erfahrungsaustausch ermöglichen. In den Fällen, in denen die Nachfrage nach derartigen Dienstleistungen nicht so groß ist, dass sie die Gründung spezieller Beratungseinrichtungen rechtfertigt, ist ein System, bei dem Ratsuchende an die jeweils kompetenteste Stelle weiterverwiesen werden, u. U. die bessere Lösung. Handelskammern und Arbeitgeberverbände sollten ebenfalls mit den Bedürfnissen der Genossenschaften vertraut sein, damit sie ihnen sachdienliche Dienstleistungen anbieten können. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten und die Interessenverbände auf, zu untersuchen, inwieweit Unterstützungs- und Beratungsdienste für Genossenschaften zur Verfügung stehen, und die Bereitstellung derartiger Dienste zu gewährleisten.

    Aktion 5. Die Kommission wird prüfen, inwieweit vorbildliche Lösungen bei der Bereitstellung von Unterstützungsdiensten für Genossenschaften ermittelt und verbreitet werden können; dabei wird sie auf früheren Maßnahmen aufbauen, die KMU und Kleinstunternehmen betrafen [8].

    [8] S. http://europa.eu.int/comm/enterprise/ entrepreneurship/support_measures/reports_studies.htm und

    2.2.3. Zugang zu Finanzmitteln

    Genossenschaften haben keinen oder nur begrenzten Zugang zu den Märkten für Eigenkapital und sind daher von ihrem eigenen Kapital oder von Kreditfinanzierungen abhängig [9]. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Kreditinstitute und der Gesetzgeber keine oder unzureichende Kenntnis über die Eigenschaften der kooperativen Form von Unternehmen besitzt. Vor diesem Hintergrund möchte die Kommission im Rahmen der Aktionen 1 und 2 eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, zwischen Genossenschaftsverbänden und den nationalen Verwaltungen den Erfahrungsaustausch über vorbildliche und innovative Lösungen bei der Finanzierung von Genossenschaften zu erleichtern. Darüber hinaus, insbesondere im Hinblick auf die Aktionen 9 und 10, müssen ebenfalls die bestmöglichen Methoden, Normen und Regelungen für die speziellen Rechnungslegungsprobleme der Genossenschaften im Verhältnis zu Kapitalstruktur und Berechnung der Aktivposten untersucht werden.

    [9] Verschiedene Genossenschaftsbewegungen haben versucht, expandierende Genossenschaften durch die Einrichtung von Investitionsfonds zu unterstützen (z. B. ESFIN/IDES in Frankreich http://www.esfin-ides.com/pages/Contact/ ContactRubrique.htm und Coop Action im Vereinigten Königreich:http://www.co-operativeaction.coop/ . In Italien wurde dies durch das Gesetz Nr. 59 vom 31.1.1992 erleichtert, das es Genossenschaften ermöglicht, 3 % ihres zu versteuernden Jahresergebnisses (sowie das Vermögen liquidierter Genossenschaften) für Gegenseitigkeitsfonds zur Förderung von Genossenschaften zu verwenden.

    Was die Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel anbelangt, so fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Maßnahmen zur Förderung der Unternehmensfinanzierung auch von Genossenschaften in Anspruch genommen werden können und auch für sie geeignet sind. Angesichts der speziellen Bedürfnisse der Genossenschaften wird die Kommission ihrerseits prüfen, ob es hilfreich wäre, wenn in den vom Europäischen Investitionsfonds verwalteten Finanzinstrumenten speziell auf die Genossenschaften hingewiesen würde [10].

    [10] http://www.europa/comm/enterprise/ entrepreneurship/financing/index.htm http://europa.eu.int/comm/enterprise/ entrepreneurship/financing/index.htm.

    Ebenso wie für die Genossenschaften in der EU ist auch für viele Genossenschaften in den beitretenden Ländern die Beschaffung von Fremd- oder Eigenkapital besonders schwierig. Verschiedene Genossenschaftsverbände haben ein spezielles Heranführungsprogramm für Genossenschaften gefordert; nach Ansicht der Kommission kann die wirksamste Unterstützung jedoch mit Hilfe der bereits vorhandenen Instrumente bereitgestellt werden.

    Aktion 6. Die Kommission wird prüfen, inwieweit in die vom Europäischen Investitionsfonds verwalteten Finanzinstrumente, die derzeit Teil des ,Mehrjahresprogramms für Unternehmen und unternehmerische Initiative, insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen" sind, ein spezieller Hinweis auf Genossenschaften aufgenommen werden kann. Darüber hinaus wird dafür gesorgt werden, dass Genossenschaften weiterhin an den anderen Gemeinschaftsprogrammen teilnehmen können und uneingeschränkt Zugang zu den einschlägigen Informationen haben.

    2.2.4. Zusammenarbeit mit den Interessenvertretern der Genossenschaften

    Die Genossenschaften sind auf europäischer Ebene durch ihre nationalen Vereinigungen, ihre Branchenverbände und deren Koordinierungsorgane gut vertreten. Die Kommission wird zu den Interessenvertretern der Genossenschaften [11] in Bezug auf alle relevanten Maßnahmen und Fragen weiterhin regelmäßige Kontakte unterhalten (s. a. Aktion 9).

    [11] Die wichtigsten sind der Internationale Genossenschaftsbund (IGB-Europa) und der Koordinierungsausschuss der Europäischen Genossenschaftsverbände (CCACE).

    2.3. Unternehmenspolitische Bereiche, in denen Genossenschaften eine wichtige Rolle spielen

    2.3.1. Die Rolle von Arbeitnehmer-Genossenschaften bei der Übertragung von Unternehmen

    In Europa wird in den kommenden 10 Jahren rund ein Drittel der Unternehmen den Eigentümer wechseln, und diese Eigentümerwechsel finden zunehmend außerhalb der Familie des bisherigen Eigentümers statt. Die Arbeitnehmer haben am Fortbestand ihres Unternehmens ein besonderes Interesse und verstehen oft viel von dem Unternehmen, in dem sie arbeiten. Zur Übernahme und Leitung eines Unternehmens fehlen ihnen jedoch häufig die entsprechenden finanziellen Mittel und die erforderliche Unterstützung. Durch die sorgfältige und schrittweise Vorbereitung der Übertragung von Unternehmen auf die in einer Arbeitnehmer-Genossenschaft zusammengeschlossenen Arbeitnehmer kann die Überlebensrate von Unternehmen steigen. [12]

    [12] In einer Empfehlung aus dem Jahr 1994 (94/1069/EG vom 7.12.1994, ABl. L 385 vom 31.12.1994, S. 14) forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, zur Förderung der Übertragung von Unternehmen auf die Arbeitnehmer realisierte Kapitalgewinne aus der Übertragung von Unternehmensanteilen auf Arbeitnehmer niedriger zu besteuern, auf Eintragungsgebühren zu verzichten und Steuervorteile oder Steueraufschub zu gewähren. 1998 und 2002 wurde festgestellt, dass in den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet nur wenige Fortschritte erzielt wurden.

    In diesem Zusammenhang ist auch auf die Mitteilung von Juli 2002 über die ,Rahmenbedingungen für die Förderung der finanziellen Beteiligung der Arbeitnehmer" [13] hinzuweisen. Ein Beispiele für ein entsprechendes System ist die kollektive Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmensergebnis und die Vermögensbildung zugunsten einer Arbeitnehmergenossenschaft, so dass mit diesem Vermögen dann gegebenenfalls die Übernahme des Unternehmens durch die Arbeitnehmer finanziert werden kann. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, wie derartige Regelungen, die die Übernahme von Unternehmen durch die Arbeitnehmer ermöglichen, durch Anreize gefördert werden können.

    [13] KOM(2002) 364 endg. vom 5.7.2002. http://europa.eu.int/comm/ employment_social/labour_law/index_de.htm

    2.3.2. Soziale Unternehmen und neue genossenschaftliche Rechtsformen

    Da genossenschaftlich organisierte Unternehmen ein wirksames Instrument zur Erreichung sozialer Ziele sind, haben einige Mitgliedstaaten zur Erleichterung derartige Aktivitäten spezielle Rechtsformen geschaffen, die durchaus erfolgreich sind und das Interesse anderer Mitgliedstaaten geweckt haben, die ähnlichen Problemen gegenüberstehen. [14] Diese Genossenschaften stoßen insbesondere bei der Finanzierung ihrer Tätigkeit auf Schwierigkeiten.

    [14] In Italien wurden innerhalb von 10 Jahren nach der Verabschiedung des Gesetzes 381 aus dem Jahr 1991 7 700 Sozialgenossenschaften gegründet, die 210 000 Mitarbeiter beschäftigen, von denen 22 600 benachteiligten Gruppen angehören. Diese Sozialgenossenschaften, deren Mitarbeiter z. T ehrenamtlich und z. T entgeltlich tätig sind, ermöglichen die Einbeziehung von sozial ausgegrenzten Gruppen in das Wirtschaftsleben. Die französische Regierung führte 2001 die neue Rechtsform einer Société Coopérative d'Intérêt Collectif (SCIC) ein, und im Vereinigten Königreich wurde vor kurzem die Einführung von Community Interest Companies (http://www.dti.gov.uk/cics/ ) vorgeschlagen. In mehreren beitretenden und Kandidatenländern stellen (mit den Sozialgenossenschaften in Italien vergleichbare) Behindertengenossenschaften seit dem frühen 20. Jahrhundert Arbeitsplätze von hoher Qualität und medizinische Unterstützung für Behinderte bereit.

    Aktion 7. Die Kommission wird die in Europa in Zusammenhang mit sozialen Genossenschaften anzutreffenden Maßnahmen, vorbildlichen Lösungen und Regelungen untersuchen und den Europäischen Institutionen darüber Bericht erstatten.

    3. Schaffung eines geeigneten Rechtsrahmens

    3.1. Umsetzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft

    In der gleichen Weise, wie dies für das Statut einer Europäischen Gesellschaft (SE) in Bezug auf Aktiengesellschaften gilt, ermöglicht es das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) Genossenschaften, in der gesamten EU als eine juristische Person und auf der Basis derselben Bestimmungen tätig zu werden.

    Die einschlägige Verordnung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten das Statut innerhalb von 3 Jahren, d. h. bis zum 18. August 2006, in nationales Recht umsetzen müssen.

    Im Zuge der Anhörung wurde die Ansicht geäußert, dass die SCE das Instrument ist, dass die Genossenschaften benötigen, um uneingeschränkt europaweit tätig sein zu können. Das Statut sollte daher bis zu dem genannten Datum in nationales Recht umgesetzt werden. Zu diesem Zweck wird die Kommission im Rahmen der Aktion 1 prüfen, wie eine Informationskampagne zur Sensibilisierung potenzieller Interessenten für das Instrument der SCE am besten koordiniert werden kann. Diese Kampagne wird sich in erster Linie an Unternehmensberater, Anbieter von Unterstützungsdiensten für Unternehmen, Buchprüfer und Handelskammern wenden. Die Verteilung der einschlägigen Veröffentlichungen wird über die Euro Info Centres in den Mitgliedstaaten erfolgen. Darüber hinaus wird die Kommission - auch im Interesse der weitestmöglichen Vermeidung von Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten - die erforderlichen Maßnahmen für eine rasche Umsetzung des Statuts ergreifen.

    Aktion 8. Die Kommission wird eine Reihe von Treffen mit den Vertretern der Mitgliedstaaten veranstalten, die für die Durchführung der Verordnung und der Richtlinie zur SCE zuständig sind; auf diesen Treffen sollen alle Aspekte erörtert werden, die nationale Maßnahmen erfordern oder nationalem Recht unterliegen.

    3.2. Kohärenz der nationalen Rechtsvorschriften

    3.2.1. Die für die SCE relevanten nationalen Vorschriften

    Genossenschaften dürfen in allen Mitgliedstaaten errichtet und tätig werden, in einigen Mitgliedstaaten allerdings nicht in bestimmten Bereichen. Außerdem sind die genossenschaftlichen Traditionen ebenso wie die rechtlichen Formen von Genossenschaften in den Mitgliedstaaten äußerst unterschiedlich. Hinsichtlich des Genossenschaftsrechts lassen sich drei Gruppen von Ländern unterscheiden: (1) Länder, in denen es ein allgemeines Genossenschaftsgesetz gibt, (2) Länder, in denen für Genossenschaften je nachdem, in welcher Branche sie tätig sind, und je nach ihrem Zweck unterschiedliche Rechtsvorschriften gelten, und (3) Länder ohne Genossenschaftsgesetz, in denen der Genossenschaftscharakter einer Gesellschaft ausschließlich aus ihrem Statut oder ihrer Geschäftsordnung abgeleitet wird. Eine effiziente grenzüberschreitende oder europaweite Tätigkeit von Genossenschaften kann durch diese Heterogenität behindert werden, denn sie hat zur Folge, dass die Rechte und Pflichten der Mitglieder, der Leitung und Dritter häufig unklar sind. Dieses Problem wird noch deutlicher zutage treten, wenn auf die Europäischen Genossenschaften je nach ihrem Eintragungsland einzelne Bestimmungen des nationalen Rechts angewendet werden. Im Rahmen der Aktion 8 wird die Kommission daher gemeinsam mit den Genossenschaftsverbänden und den nationalen Behörden prüfen, in welchen Fällen die Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften die Verwendung der Satzung der ECS behindern können, und sie wird allgemein akzeptierte Lösungen vorschlagen. Dies kann zu einer indirekten Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften führen.

    3.2.2. Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und den Dienststellen der Kommission

    Das Genossenschaftsrecht kann auch dadurch verbessert werden, dass man Kontakte zwischen den zuständigen nationalen Stellen erleichtert und Möglichkeiten für eine gemeinsame Analyse bewährter oder innovativer Lösungen schafft [15]. Dabei sollten auch die Kandidatenländer einbezogen werden, die zum Teil bereits um Unterstützung bei der Reform des Genossenschaftsrechts gebeten haben und in denen Genossenschaften noch größeren Missverständnissen seitens der zuständigen Stellen ausgesetzt sind.

    [15] Eine vergleichende Übersicht über das Genossenschaftsrecht der Mitgliedstaaten und der Kandidatenländer enthält die Webseite der GD Unternehmen: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ entrepreneurship/coop/social-cmaf_agenda/social-cmaf_agenda.htm

    Aktion 9. Die Kommission wird, vor allem in den neuen Mitgliedstaaten, aktiv mit den Behörden und den Genossenschaftsverbänden zusammenarbeiten, um die Verbesserung des Genossenschaftsrechts zu gewährleisten; in diesem Zusammenhang unterstreicht die Kommission, dass alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den jeweils anderen Ländern und der Kommission mitzuteilen, wenn sie einschlägige neue Rechtsvorschriften ausarbeiten bzw. den Erlass derartiger Vorschriften planen.

    3.2.3. Ausarbeitung von Mustergesetzen

    Trotz der erwähnten Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften hat die Kommission nicht die Absicht, Vorschläge für die Harmonisierung des nationalen Genossenschafsrechts vorzulegen [16]. Verschiedene Genossenschaftsverbände, und zwar vor allem aus der EU, haben erklärt, die nationalen Rechtsvorschriften stellten für ihre Tätigkeit in ihrem eigenen Land kein wesentliches Hindernis dar. Die von der Kommission eingesetzte hochrangige Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts hat sich dafür ausgesprochen [17], dass Genossenschaftsverbände die Initiative zur Ausarbeitung von Muster-Genossenschaftsgesetzen ergreifen sollten, da so die schrittweise Angleichung des nationalen Genossenschaftsrechts gefördert werden könne.

    [16] Mitteilung der Kommission vom 21.5.2003: ,Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union - Aktionsplan" - Kapitel 3.7 ,Verbesserte Offenlegung von nationalen Unternehmensrechtsformen". S nächste Fn.

    [17] Schlussbericht der hochrangigen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa (4.11.2002). http://europa.eu.int/comm/internal_market/ de/company/company/modern/index.htm

    Aktion 10. Die Kommission begrüßt Initiativen nationaler und europäischer Verbände zur Ausarbeitung von ,Mustergesetzen" und ist bereit, dabei Unterstützung zu leisten.

    3.2.4. Berücksichtigung der genossenschaftlichen Grundsätze des IGB

    Die für Genossenschaften geltenden Rechtsvorschriften basieren zwar auf unterschiedlichen Ansätzen und Traditionen, respektieren jedoch im Allgemeinen die genossenschaftlichen Definitionen, Werte und Grundsätze, die der Internationale Genossenschaftsbund (IGB) 1995 in seiner ,Stellungnahme zur genossenschaftlichen Identität" festgelegt hat und die in den letzten Jahren von den Vereinten Nationen [18] und der ILO [19] in Resolutionen bzw. in Empfehlungen befürwortet wurden. Bei der Verfassung von neuen Regelungen bezüglich von Genossenschaften sollte daher das Genossenschaftsrecht auf den genossenschaftlichen Definitionen, Werten und Grundsätzen basieren. Gleichzeitig sollten die staatlichen Gesetzgeber aber auch so flexibel sein, dass es den Genossenschaften ermöglicht, am Wettbewerb auf ihren Märkten erfolgreich und zu den gleichen Bedingungen, die auch für andere Unternehmensformen gelten, teilzunehmen. Genossenschaften benötigen keine Vorzugsbehandlung, doch sie brauchen Regelungen, die sie auf gleichen Fuß mit den andern konkurrierenden Unternehmen setzen; d.h. sie müssen die Möglichkeit bekommen, frei und ohne aus politischen Zielsetzungen hervorgehenden Zwängen, denen die Konkurrenten nicht unterliegen, zu handeln. Die für Genossenschaften geltenden Vorschriften müssen daher nicht nur den besonderen Grundsätzen der Genossenschaften Rechnung tragen, sondern auch ihren Bedürfnissen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen einer modernen Marktwirtschaft. Gut konzipierte Rechtsvorschriften können die mit der genossenschaftlichen Unternehmensform verbundenen Einschränkungen z. T. ausgleichen (etwa den fehlenden Zugang zu Investitionskapital). So könnte Genossenschaften z. B. die Ausgabe von handelbaren und verzinslichen Anteilen an ,nicht nutzende", aber investierende Mitglieder gestattet werden, sofern die Beteiligung derartiger Mitglieder auf ein Maß beschränkt wird, das die Wahrung des genossenschaftlichen Charakters des Unternehmens gewährleistet. Die Kommission ersucht, dass die Mitgliedstaaten sich bei der Ausarbeitung von nationalen genossenschaftsrechtlichen Vorschriften von den ,genossenschaftlichen Definitionen, Werten und Grundsätzen" leiten lassen, gleichzeitig aber so flexibel vorgehen, dass den modernen Bedürfnissen der Genossenschaften Rechnung getragen wird (s. a. Aktionen 9 und 10.)

    [18] S. VN Resolution 56/114, die auf der 88. Plenarsitzung der Generalversammlung der VN am 19. Dezember 2001 verabschiedet wurde, und den Bericht des Generalsekretärs der VN 2001/68 vom 14. Mai 2001.

    [19] Entschließung 193 zur Förderung von Genossenschaften, verabschiedet auf der 90. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz am 20. Juni 2002. Diese Grundsätze sind: freiwillige und offene Mitgliedschaft, demokratische Entscheidungsfindung durch die Mitglieder, wirtschaftliche Mitwirkung der Mitglieder, Autonomie und Unabhängigkeit der Genossenschaft, das Recht der Mitglieder auf Ausbildung, Fortbildung und Information, die Pflicht zur Kooperation mit anderen Genossenschaften und die Vorsorge für die Gemeinschaft der Genossenschaften.

    3.2.5. Vermeidung der ,vorzeitigen" Auflösung von erfolgreichen Genossenschaften, des ,Ausschlachtens" von Genossenschaften und der Abkehr vom Gegenseitigkeitsprinzip

    Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass das Vermögen einer Genossenschaft bei deren Auflösung oder Umwandlung nach dem genossenschaftlichen Grundsatz der ,nicht gewinnorientierten Übertragung" entweder auf andere Genossenschaften übertragen wird, in die die Mitglieder eintreten können, oder auf Genossenschaftsverbände, die vergleichbare oder gemeinwohlorientierte Ziele verfolgen. Dann bleibt dieses Vermögen, das oft über Generationen hinweg gebildet wurde, gemeinsames Eigentum und den Zielen der Genossenschaft vorbehalten. In genau geprüften Fällen sollte es jedoch möglich sein, dass das Vermögen einer Genossenschaft bei deren Auflösung an die Mitglieder verteilt wird. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, das Genossenschaftsvermögen hinreichend zu schützen, indem sie dafür sorgen, dass im Fall eines Übernahmeangebots und der anschließenden Umwandlung einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft den Wünschen der Mitglieder und den Zielen der Genossenschaft Rechnung getragen wird (s. Aktionen 9 und 10).

    3.2.6. Angemessene steuerliche Behandlung und andere ,Vorteile"

    Einige Mitgliedstaaten (etwa Belgien, Italien und Portugal) sind der Auffassung, dass die sich aus dem speziellen Charakter des genossenschaftlichen Vermögens ergebenden Einschränkungen eine besondere steuerliche Behandlung rechtfertigen; so hat z. B. die Tatsache, dass die Kapitalanteile einer Genossenschaft nicht börsennotiert sind und damit nicht auf breiter Basis erworben werden können, zur Folge, dass eine Aufwertung des Kapitals praktisch unmöglich ist. Die Tatsache, dass die Anteile zum Nennwert zurückgezahlt werden (sie haben keinen Spekulationswert) und dass sich in der Regel nur eine begrenzte Rendite (Dividende) erzielen lässt, schreckt neue Mitglieder ab. Darüber hinaus gelten für Genossenschaften häufig strenge Bestimmungen für die Rücklagenbildung. Eine besondere steuerliche Behandlung ist begrüßenswert, aber bei der Ausarbeitung des Rechtsrahmens für Genossenschaften sollte immer der Grundsatz gelten, dass der Schutz oder die Vorteile, die einer bestimmten Unternehmensform gewährt werden, zu den rechtlichen Einschränkungen, dem zusätzlichen gesellschaftlichen Nutzen und den sonstigen Beschränkungen, die mit dieser Unternehmensform verbunden sind, in einem angemessenen Verhältnis stehen und nicht zu unlauterem Wettbewerb führen sollten. Des weiteren sollten jegliche zugestandene Vorteile nicht erlauben, dass sich Unternehmen nur deshalb als Genossenschaften konstituieren, weil sie auf diese Weise bestimmten Vorschriften für die Offenlegung und die Unternehmensverfassung entgehen können. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Prüfung der Möglichkeiten für eine angemessene und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende steuerliche Behandlung des Eigenkapitals und der Rücklagen von Genossenschaften darauf zu achten, dass dadurch der Wettbewerb nicht behindert wird. (s. a. Aktionen 9 und 10.)

    3.2.7. Die für Genossenschaften geltenden Wettbewerbsregeln

    Bei der Anhörung zu dem Konsultationspapier wurde deutlich, dass hinsichtlich der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Genossenschaften eine gewisse Verwirrung und Besorgnis besteht.

    Genossenschaften, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, sind ,Unternehmen" im Sinne der Artikel 81, 82 und 86 bis 88 EG-Vertrag. Sie unterliegen daher uneingeschränkt den Wettbewerbsregeln und den Vorschriften der EU für staatliche Beihilfen sowie den diversen Ausnahme-, Schwellenwert- und De-minimis-Regelungen. Eine Sonderbehandlung von Genossenschaften wird durch die allgemeinen Wettbewerbsregeln nicht gerechtfertigt, im Einzelfall sollten jedoch bestimmte Aspekte ihrer Rechtsform und ihrer Struktur berücksichtigt werden; dies belegen bisher ergangene Entscheidungen und Urteile.

    In den meisten Fällen ging es um Genossenschaften, deren Mitglieder juristische Personen (und keine natürlichen Personen) waren. Derartige Genossenschaften sind sowohl Vereinigungen von Unternehmen als auch (nämlich dann, wenn sie selbst eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben) eigenständige Unternehmen. Sowohl die Genossenschaften als auch ihre Mitglieder unterliegen daher den Wettbewerbsregeln. Darüber hinaus gelten die Wettbewerbsregeln nicht nur für Vereinbarungen zwischen Unternehmen (etwa über die Gründung einer Genossenschaft und ihre Satzung), sondern auch für die Beschlüsse der Organe der Genossenschaft. Auch wenn die Gründung einer Genossenschaft noch nicht gegen Artikel 81 EG verstößt, können das Verhalten oder die internen Regeln dieser Genossenschaft doch als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden. Die Kommission fordert die Interessenverbände und die Anbieter von Unterstützungsdiensten für Unternehmen auf, dafür zu sorgen, dass die für die europäischen Genossenschaften relevanten Wettbewerbsregeln auf breiter Basis verbreitet werden.

    3.3. Überprüfung der SCE-Verordnung

    In Artikel 79 der SCE-Verordnung heißt es: ,Spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung sowie gegebenenfalls Vorschläge für Änderungen vor." In dem Artikel werden auch einige der Themen genannt, mit denen sich der Bericht beschäftigen sollte (Land der Hauptverwaltung und des Sitzes, Aufspaltung einer SCE, Rechtsbehelfe für den Fall des Betrugs usw.).

    Zusätzlich hat die hochrangige Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts Folgendes festgestellt [20]: ,Bei der künftigen Anwendung der SCE-Verordnung stellen sich wichtige Fragen, die eingehend zu prüfen sind. ... Interessant dürfte auch das Verhältnis der SCE zu den einzelstaatlichen Rechtsformen der Genossenschaft sein. Wird die SCE wirklich für grenzüberschreitende Umstrukturierungen und Jointventures genutzt werden? Wenn dies zutrifft, könnte sie die Wettbewerbsfähigkeit der Genossenschaften verbessern."

    [20] Bericht der hochrangigen Expertengruppe op.cit. Kapitel VIII ,Genossenschaften und andere Unternehmensformen", S. 133.

    Ausgehend von den genannten Empfehlungen muss vor allem beurteilt werden, inwieweit es sich bewährt hat, dass es den Mitgliedstaaten ermöglicht wurde, bestimmte Fragen in Einklang mit ihren nationalen Traditionen zu regeln. Da man davon ausgeht, dass von der Verordnung in dem Maße, in dem sie vor allem in den neuen Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern zum Bezugspunkt für künftige Rechtsvorschriften wird, eine indirekte und graduelle Harmonisierungswirkung ausgeht (s. a. Ziffer 3.2.1. dieser Mitteilung), ist es nach Ansicht der Kommission umso wichtiger, dass die Verordnung in Zukunft einfachere und zwingendere Bestimmungen enthält und dass so selten wie möglich auf nationale Rechtsvorschriften verwiesen wird.

    Aktion 11. Im Rahmen der Überprüfung der Verordnung wird die Kommission deren Vereinfachung besondere Bedeutung beimessen und zu diesem Zweck vorschlagen, dass soweit möglich europaweit geltende, einheitliche Vorschriften erlassen werden.

    4. Der Beitrag der Genossenschaften zur Erreichung gemeinschaftspolitischer Ziele

    Die europäische Volkswirtschaft kann in vielerlei Hinsicht von Genossenschaften profitieren; daher ist ihr Beitrag zur Erreichung der in Lissabon beschlossenen Ziele unverzichtbar. Genossenschaften sind ein hervorragendes Beispiel für eine Unternehmensform, die unternehmerischen und sozialen Zielen in für beide fruchtbarer Weise dient. Genossenschaften spielen nicht nur eine wichtige Rolle, wenn es um die Förderung der unternehmerischen Initiative geht, sondern auch für die Agrarwirtschaft und die Entwicklung von wirtschaftsschwachen Regionen; außerdem haben sie eine ideale Struktur für die Förderung der Beschäftigung und des sozialen Zusammenhalts. Daher ist es wichtig, dass das Wissen um die Rolle und das Potenzial der Genossenschaften weiter verbreitet wird, und zwar nicht nur, weil dies den Genossenschaften selbst unmittelbar zugute kommt, sondern auch, und hierauf wird im Folgenden näher eingegangen, wegen der Rolle, die der Genossenschaftssektor für wichtige politische Maßnahmen und Ziele spielt. Daher muss auf Gemeinschaftsebene unbedingt dafür gesorgt werden, dass die einschlägigen Gemeinschaftsprogramme der Rolle der Genossenschaften wirklich Rechnung tragen.

    4.1. Agrarpolitik und Erweiterung

    Genossenschaften spielen in der Landwirtschaft in ganz Europa nach wie vor eine sehr wichtige Rolle. So werden aus dem EAGFL zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums bereits Maßnahmen finanziert, mit denen die Gründung von Einrichtungen unterstützt wird, die auf kollektiver Basis verschiedene Dienstleistungen für Landwirte erbringen (etwa Maschinenringe oder Vertretungs- und Betriebsführungsdienste für landwirtschaftliche Betriebe). Genossenschaften sind ein äußerst gut geeignetes Instrument für die Erbringung derartiger Dienstleistungen und daher im Rahmen dieser Maßnahmen förderfähig.

    In den neuen Mitgliedstaaten wird die Entwicklung eines modernen Genossenschaftssektors durch den negativen Beigeschmack des Begriffs ,Genossenschaft" erschwert. In diesen Ländern verbindet man mit diesem Begriff weiterhin in erster Linie eine zentral gesteuerte und damit unfreie Landwirtschaft. In allen beitretenden Ländern führte die Privatisierung des Grund und Bodens zur Gründung von Tausenden kleiner und mittlerer Betriebe der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Aufgrund dieser fragmentierten Struktur kommen die Unternehmen nicht in den Genuss größenbedingter Kostenvorteile, und die kleinen Unternehmen verfügen nicht über das notwendige Kapital für Investitionen in die neuen Technologien, die sie benötigen, um die neuen und strengeren Gesundheits- und Pflanzenschutzvorschriften zu erfuellen. Eine unzureichende Kapitalausstattung und unangemessene oder einander widersprechende Vorschriften werfen für viele Unternehmen die Agrar- und Ernährungswirtschaft noch immer Probleme auf. Wenn kleine landwirtschaftliche Betriebe aus derselben Branche oder aus verwandten Branchen eine Genossenschaft gründen, können sie die für größere Investitionsvorhaben erforderliche kritische Masse erreichen und gleichzeitig Banken und Investoren angemessene Sicherheiten anbieten. Der Zugang zu Kapital wurde den Unternehmen durch das EU-Programm PHARE und das strukturpolitische Instrument der EU zur Vorbereitung auf den Beitritt (ISPA) bis zu einem gewissen Grad erleichtert, und die Bedeutung genossenschaftlicher Lösungen wird sowohl in dem Heranführungsinstrument SAPARD als auch im Beitrittsvertrag anerkannt, denn in beiden Fällen sind spezielle Beihilfen für Vereinigungen landwirtschaftlicher Erzeuger vorgesehen, bei denen es sich auch um Genossenschaften handeln kann.

    Die Kommission ist der Auffassung, dass landwirtschaftliche Genossenschaften bei der weiteren Entwicklung des Agrarsektors in den neuen Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle spielen können. Abgesehen davon, dass Rechtsvorschriften zur Förderung dieser Genossenschaften erlassen werden können, kann die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten untersuchen, welche anderen Faktoren zum Erfolg einer Genossenschaft beitragen, etwa eine solide genossenschaftliche Tätigkeit, ein gutes Management, die Zusammenarbeit zwischen Genossenschaften und vor allem die Einbeziehung junger Menschen in die Entwicklung und Leitung von Genossenschaften. Außerdem können Maßnahmen zur Einkommensstützung mit Maßnahmen im Bereich Fortbildung und Aufbau von Kapazitäten gekoppelt werden. Eine junge Generation von hoch qualifizierten Landwirten wäre in hohem Maße bereit, Innovationen durchzuführen und in Bezug auf landwirtschaftliche Genossenschaften oder eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Tätigkeit Risiken einzugehen.

    Ferner fehlt es in den ländlichen Gegenden der neuen Mitgliedstaaten häufig an Anbietern von Dienstleistungen. Die Förderung von Vertriebs- und Einkaufsgenossenschaften kann zur Schließung dieser Lücke beitragen; darüber hinaus bieten sich für Genossenschaften neue Möglichkeiten bei der Erbringung von zuvor vom Staat bereitgestellten nichtlandwirtschaftlichen Dienstleistungen, etwa auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und der Betreuung von Kindern und älteren Menschen; diese neuen Möglichkeiten betreffen auch ,soziale Genossenschaften", die unterschiedlichen gemeinwohlorientierten Zielen dienen.

    Aktion 12. Zusätzlich zur Durchführung der Aktionen 1 und 2 wird die Kommission dafür sorgen, dass die einschlägigen Gemeinschaftsprogramme der besonderen Rolle, die Genossenschaften bei der Entwicklung der Landwirtschaft in den neuen Mitgliedstaaten spielen, noch stärker Rechnung tragen.

    4.2. Entwicklung des ländlichen Raums und Regionalentwicklung

    Als mitgliedschaftlich organisierte Vereinigungen sind Genossenschaften in lokalen Gemeinschaften verwurzelt. Sie tragen dazu bei, dass auch vor dem Hintergrund der Globalisierung der Wirtschaftstätigkeit lokale Arbeitsplätze aufrechterhalten und lokale Dienstleistungen bereitgestellt werden. Die Nutzer der Dienstleistungen einer Genossenschaft, seien sie nun Produzenten, Verbraucher oder Arbeitnehmer, verändern ihren geografischen Standort in der Regel nicht. Diese tiefe lokale Verwurzelung kann ein wirksames Gegengewicht zur Entvölkerung ländlicher Gebiete darstellen und die Entwicklung ärmerer Regionen fördern. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, bei der Konzeption von Maßnahmen zur Förderung von Gebieten mit einem wirtschaftlichen Entwicklungsrückstand ernsthaft die positive Rolle zu berücksichtigen, die örtliche Genossenschaften in Regionen, entlegenen Gebieten und armen städtischen Gebieten spielen können.

    4.3. Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Genossenschaften der Sozialwirtschaft

    Der Erfolg einer Genossenschaft wird nicht in erster Linie an der Kapitalrendite gemessen, sondern an dem, was sie für ihre Mitglieder leistet. Da sie auch auf Kostendeckungs- oder Kosten-plus-Basis tätig sind, können Genossenschaften von solchen Personen geschaffen und verwaltet werden, die andernfalls keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hätten. Sie können daher von sozialer Ausgrenzung betroffene Bevölkerungsgruppen wirksam in die Arbeitswelt und die Gesellschaft integrieren, indem sie ihnen unternehmerische Erfahrung vermitteln und Managementverantwortung übertragen. Durch die Bereitstellung unternehmerischer Lösungen zur Deckung eines noch unbefriedigten Bedarfs auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet können Genossenschaften, insbesondere wenn entsprechende öffentliche oder private Initiativen fehlen, Arbeitsplätze schaffen und ein nachhaltiges und auf Solidarität basierendes Wachstum fördern, ohne dabei einen möglichst hohen Reingewinn erzielen zu müssen. Dadurch leisten sie auch einen Beitrag zur Flexibilität der Arbeitsmärkte. Sie gehören daher zusammen mit anderen auf der Solidarität ihrer Mitglieder basierenden Vereinigungen wie Gesellschaften auf Gegenseitigkeit, Vereine und Stiftungen zur so genannten ,Solidarwirtschaft"). Viele Behörden haben festgestellt, dass sozialwirtschaftliche Genossenschaften ein wirksames Instrument zur Förderung eines ausgewogenen und auf Solidarität basierenden Wachstums sind. [21] Im Hinblick auf Aktion 7, wird die Kommission wird dafür sorgen, dass der besondere Beitrag der Genossenschaften zur Schaffung von Arbeitsplätzen weiter anerkannt und in den einschlägigen Maßnahmen und Programmen der Gemeinschaft noch stärker berücksichtigt wird; eines dieser Programme ist EQUAL, aus dessen den Unternehmergeist betreffenden Teil verschiedene sozialwirtschaftliche genossenschaftliche Projekte gefördert werden.

    [21] Beschluss 2002/177/EG des Rates vom 18. Februar 2002 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2002. ABl. L 60 vom 1.3.2002, S. 60. In Leitlinie 11 der europäischen Beschäftigungsstrategie (2002) heißt es: ,Die Mitgliedstaaten werden ... Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Vermögens der Sozialwirtschaft, mehr und qualitativ hochwertigere Arbeitsplätze zu schaffen - insbesondere das Anbieten von Waren und Dienstleistungen, durch die ein vom Markt noch nicht abgedeckter Bedarf befriedigt wird -, fördern und prüfen, welche Hindernisse dem entgegenstehen und wie diese Hindernisse abgebaut werden können".

    5. Fazit

    Genossenschaften haben eine lange Geschichte, die bis zur industriellen Revolution zurückreicht, sind aber kein Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert. Die Kommission erkennt an, dass es in der EU eine Vielfalt von Unternehmensformen gibt und dass dies ein wichtiger Bestandteil der europäischen Volkswirtschaft ist. Genossenschaften sind moderne und dynamische Unternehmen mit einem großen Potenzial. Auf sie entfallen in den Niederlanden 83 % der landwirtschaftlichen Produktion, in Frankreich 50 % und in Zypern 37 % der Bankdienstleistungen, in Finnland 35 % des Lebensmitteleinzelhandels, in Spanien 21 % des Gesundheitswesens und in Schweden 60 % der Forstwirtschaft. Die Kommission wird daher die wirksame Förderung und Weiterentwicklung der genossenschaftlichen Unternehmensform in der Europäischen Union und in den Kandidatenländern unterstützen. Für die Entwicklung der Genossenschaften sind jedoch weiterhin in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig. Die in dieser Mitteilung genannten Ziele können daher nur dann erreicht werden, wenn sich auch die Mitgliedstaaten und die Kandidatenländer dafür wirklich engagieren.

    Die in dieser Mitteilung skizzierten Maßnahmen betreffen die Jahre 2004-2008. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird in enger Zusammenarbeit mit allen betroffenen Gruppen beurteilt werden, inwieweit die hier genannten Ziele erreicht wurden. Ausgehend von dieser Evaluierung wird über geeignete künftige Maßnahmen entschieden werden.

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