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Document 32024L1712

    Richtlinie (EU) 2024/1712 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 zur Änderung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer

    PE/14/2024/REV/1

    ABl. L, 2024/1712, 24.6.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1712/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1712/oj

    European flag

    Amtsblatt
    der Europäischen Union

    DE

    Reihe L


    2024/1712

    24.6.2024

    RICHTLINIE (EU) 2024/1712 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    vom 13. Juni 2024

    zur Änderung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 83 Absatz 1,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

    nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

    gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Menschenhandel ist eine schwere Straftat, die häufig im Rahmen der organisierten Kriminalität begangen wird und bei der es sich um einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundrechte handelt, der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) ausdrücklich verboten ist. Die Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und die Unterstützung seiner Opfer, unabhängig von ihrem Herkunftsland, ist für die Union und die Mitgliedstaaten weiterhin ein vorrangiges Ziel.

    (2)

    Der Menschenhandel hat verschiedene Ursachen. Armut, Konflikte, Ungleichheit, geschlechtsspezifische Gewalt, das Fehlen von tragfähigen Beschäftigungsmöglichkeiten oder sozialer Unterstützung, humanitäre Krisen, Staatenlosigkeit und Diskriminierung gehören zu den Hauptfaktoren, die dazu führen, dass Personen, insbesondere Frauen, Kinder und Angehörige marginalisierter Gruppen, der Gefahr von Menschenhandel ausgesetzt sind.

    (3)

    Die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) ist das wichtigste Rechtsinstrument der Union zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer. Mit der genannten Richtlinie wurde ein umfassender Rahmen für die Bekämpfung des Menschenhandels geschaffen, indem Mindestvorschriften zur Definition von Straftaten und Strafen festgelegt wurden. Des Weiteren beinhaltet die Richtlinie Bestimmungen zur Stärkung der Prävention des Menschenhandels, der Unterstützung und des Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive und der Interessen von Menschen mit Behinderung und von Kindern sowie eines auf die Opfer ausgerichteten Ansatzes.

    (4)

    In Kombination mit intersektionaler Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und anderer nach Unionsrecht verbotener Diskriminierungsgründe kann Menschenhandel besonders schwere Auswirkungen haben. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Opfer, die von einer solchen intersektionalen Diskriminierung betroffen — und daher umso schutzbedürftiger — sind, gebührend berücksichtigen, indem sie spezifische Maßnahmen für Fälle vorsehen, in denen intersektionale Diskriminierung vorliegt. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft gelten.

    (5)

    In ihrer Mitteilung vom 14. April 2021 über die Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021–2025 legte die Kommission im Rahmen eines multidisziplinären und umfassenden Ansatzes politische Maßnahmen fest — von der Prävention des Menschenhandels über den Schutz der Opfer bis hin zur Verfolgung und Verurteilung von Menschenhändlern. Diese Mitteilung enthielt eine Reihe von Maßnahmen, die unter enger Einbindung von Organisationen der Zivilgesellschaft durchzuführen sind. Um gegen die sich im Bereich des Menschenhandels vollziehenden Entwicklungen vorzugehen, die von der Kommission ermittelten Defizite zu beheben und die Anstrengungen zur Bekämpfung dieser Straftat weiter zu intensivieren, ist eine Änderung der Richtlinie 2011/36/EU unabdingbar. Die mit Blick auf das strafrechtliche Vorgehen ermittelten Defizite, die eine Anpassung des Rechtsrahmens notwendig machen, betreffen Straftaten im Zusammenhang mit dem Menschenhandel, die im Interesse juristischer Personen begangen werden, die Regelung für die Datenerhebung, die Zusammenarbeit und Koordinierung auf Unionsebene und auf nationaler Ebene und die einzelstaatlichen Systeme für die frühzeitige Erkennung und Identifizierung, spezialisierte Unterstützung und Betreuung der Opfer von Menschenhandel.

    (6)

    Ausbeutung von Leihmutterschaft, Zwangsheirat oder illegale Adoption können bereits unter Straftaten im Zusammenhang mit dem Menschenhandel im Sinne der Richtlinie 2011/36/EU fallen, sofern alle Tatbestandsmerkmale dieser Straftaten erfüllt sind. Angesichts der Schwere dieser Praktiken und um gegen die kontinuierlich steigende Zahl und Relevanz von Straftaten im Zusammenhang mit dem Menschenhandel vorzugehen, die zu anderen Zwecken als der sexuellen Ausbeutung oder der Ausbeutung von Arbeitskräften begangen werden, sollten die Ausbeutung von Leihmutterschaft, von Zwangsheirat oder von illegaler Adoption als Formen der Ausbeutung in die genannte Richtlinie aufgenommen werden, soweit diese die Tatbestandsmerkmale des Menschenhandels, einschließlich des Merkmals betreffend die Mittel, erfüllen. Insbesondere was den Menschenhandel zu Zwecken der Ausbeutung von Leihmutterschaft angeht, ist die vorliegende Richtlinie gezielt gegen jene gerichtet, die Frauen durch Zwang oder Täuschung dazu bewegen, eine Leihmutterschaft zu übernehmen. Die in der vorliegenden Richtlinie an der Richtlinie 2011/36/EU vorgenommenen Änderungen lassen die Definitionen von Heirat, Adoption, Zwangsheirat und illegaler Adoption oder der damit zusammenhängenden Straftaten, mit Ausnahme der Definition des Menschenhandels, die im nationalen oder internationalen Recht vorgesehen sind, unberührt. Außerdem lassen diese Vorschriften die nationalen Vorschriften zur Leihmutterschaft, auch im Familienrecht und im Strafrecht, unberührt.

    (7)

    Bei Kindern, die in Heimen oder geschlossenen Einrichtungen untergebracht sind, handelt es sich um eine für den Menschenhandel besonders anfällige Personengruppe. Sie können zum Zeitpunkt ihrer Unterbringung und während ihres Aufenthalts in diesen Einrichtungen sowie nach ihrer Entlassung aus diesen Einrichtungen zu Opfern von Menschenhandel werden.

    (8)

    Eine wachsende Zahl von Straftaten im Zusammenhang mit dem Menschenhandel wird mittels Informations- oder Kommunikationstechnologien begangen oder begünstigt. Menschenhändler nutzen häufig das Internet und soziale Medien, unter anderem, um Opfer anzuwerben, anzubieten oder auszubeuten, sie zu kontrollieren und ihre Beförderung zu organisieren. Das Internet und soziale Medien werden zudem für die Verbreitung ausbeuterischer Inhalte genutzt. Darüber hinaus beeinträchtigt Informationstechnologie die zügige Erkennung der Straftat und die Identifizierung der Opfer und der Täter.

    (9)

    Der bestehende Rechtsrahmen der Richtlinie 2011/36/EU umfasst im Rahmen der Definition von Menschenhandel bereits Straftaten, die unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien begangen werden, beispielsweise bei der Anwerbung und Ausbeutung von Opfern, der Organisation ihrer Beförderung und Unterbringung, dem Anbieten von Opfern im Internet und der Kontaktaufnahme mit potenziellen Kunden, der Kontrolle von Opfern sowie der Kommunikation zwischen Tätern, einschließlich aller damit zusammenhängenden Finanztransaktionen. Um dieser Vorgehensweise von Menschenhändlern entgegenzutreten, müssen im Bereich der Strafverfolgung die digitalen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verbessert werden, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten ersucht, Präventionsmaßnahmen — insbesondere zur Eindämmung der Nachfrage — in Erwägung zu ziehen, mit denen das Problem der missbräuchlichen Verwendung von Online-Diensten zum Zwecke des Menschenhandels angegangen wird.

    (10)

    Zudem sollte bei der Bemessung der Strafen für Menschenhandel der besonderen Verwerflichkeit aufgrund der Schwere dieser Art von Straftaten und der besonders schädlichen und langfristigen Auswirkungen dieser Taten auf die Opfer Rechnung getragen werden. Dies umfasst auch die verstärkende Wirkung der Verbreitung ausbeuterischer Inhalte, und zwar auch der Verbreitung in geschlossenen Gruppen, zu denen nur eine begrenzte Anzahl an Teilnehmern Zugang hat. Daher ist es erforderlich, die Verbreitung mittels Informations- und Kommunikationstechnologien von Bildern oder Videos oder von ähnlichem Material sexueller Natur, auf dem das Opfer dargestellt ist, als erschwerenden Umstand zu bestimmen.

    (11)

    Auch wenn keine Verpflichtung besteht, das Strafmaß zu verschärfen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Richter und Gerichte bei der Verurteilung von Tätern erschwerenden Umständen im Sinne dieser Richtlinie Rechnung tragen können. Es liegt im Ermessen des Richters oder des Gerichts, darüber zu entscheiden, ob unter Berücksichtigung aller Fakten des betreffenden Falls aufgrund von speziellen erschwerenden Umständen das Strafmaß zu verschärfen ist. Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, erschwerende Umstände vorzusehen, wenn das nationale Recht vorsieht, dass die Verbreitung mittels Informations- und Kommunikationstechnologien von Bildern oder Videos oder von ähnlichem Material sexueller Natur, auf dem das Opfer dargestellt ist, als eigene Straftat definiert ist, und daher nach nationalem Recht strenger bestraft werden kann.

    (12)

    Um das Vorgehen der Strafjustiz gegen zugunsten juristischer Personen begangene Straftaten im Zusammenhang mit dem Menschenhandel zu stärken und die Begehung solcher Straftaten zu verhindern, sollte die Gestaltung der Sanktionen für juristische Personen präzisiert und mit anderen strafrechtlichen Instrumenten der Union abgestimmt werden. Nach den Richtlinien 2014/23/EU (4), 2014/24/EU (5) und 2014/25/EU (6) des Europäischen Parlaments und des Rates ist eine rechtskräftige Verurteilung wegen Kinderarbeit oder anderen Formen des Menschenhandels ein Ausschlussgrund von der Teilnahme an einem Verfahren zur Auftrags- oder Konzessionsvergabe. Die Mitgliedstaaten können jedoch auch beschließen, den Ausschluss juristischer Personen von Verfahren zur Auftrags- oder Konzessionsvergabe so in die strafrechtlichen und nicht strafrechtlichen Sanktionen oder Maßnahmen aufzunehmen, die gegen juristische Personen verhängt werden können, dass auch Aufträge und Konzessionen unterhalb der Schwellenwerte nach den jeweiligen Richtlinien darin enthalten sind.

    (13)

    Die Richtlinie (EU) 2024/1260 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) enthält Mindestvorschriften in Strafsachen für die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten und ist auf die von der Richtlinie 2011/36/EU erfassten Straftaten anwendbar. Die Bestimmungen der Richtlinie 2011/36/EU betreffend Sicherstellung und Einziehung sind daher obsolet und sollten aufgehoben werden.

    (14)

    In der Richtlinie 2011/36/EU ist die Möglichkeit des Verzichts auf Strafverfolgung oder der Straffreiheit der Opfer von Menschenhandel in Bezug auf strafbare Handlungen festgelegt, zu denen Opfer sich als unmittelbare Folge davon, dass sie dem Menschenhandel ausgesetzt waren, gezwungen sahen. Es ist angebracht, den Geltungsbereich der entsprechenden Bestimmung auf alle unrechtmäßigen Handlungen auszuweiten, zu denen Opfer sich als unmittelbare Folge davon, dass sie dem Menschenhandel ausgesetzt waren, gezwungen sahen, wie Ordnungswidrigkeiten in Bezug auf Prostitution, Betteltätigkeiten, Herumlungern oder nicht angemeldete Erwerbstätigkeit oder sonstige Handlungen, die zwar an sich nicht strafrechtlich geahndet werden, jedoch Verwaltungsstrafen oder Geldbußen nach sich ziehen, im Einklang mit nationalem Recht, um die Opfer des Menschenhandels weiterhin zu ermutigen, eine solche Straftat zu melden oder Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, und ihnen Gewissheit über die Möglichkeit des Verzichts auf Strafverfolgung oder der Straffreiheit zu geben.

    (15)

    Um die einzelstaatlichen Kapazitäten für die frühzeitige Erkennung und Identifizierung der Opfer und deren Verweisung an geeignete Schutz-, Unterstützungs- und Betreuungsdienste zu stärken, ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten im Wege von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften einen oder mehrere Verweisungsmechanismen einrichten. Die Einrichtung formeller Verweisungsmechanismen und die Benennung einer nationalen Kontaktstelle für die grenzüberschreitende Verweisung der Opfer sind unverzichtbar für die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Ein Verweisungsmechanismus sollte ein transparenter, zugänglicher und harmonisierter Rahmen sein, der die frühzeitige Erkennung und Identifizierung, Unterstützung und Betreuung der Opfer von Menschenhandel sowie deren Verweisung an die zuständigen nationalen Organisationen und Stellen erleichtert. In einem solchen Rahmen sollten die teilnehmenden zuständigen Behörden, Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Interessenträger benannt und ihre jeweiligen Zuständigkeiten, einschließlich der Verfahren und der Kommunikationswege, festgelegt werden. Diese Verweisungsmechanismen können die Form einer Reihe festgelegter Verfahren, Leitlinien, Kooperationsvereinbarungen oder Protokolle annehmen. Ein Verweisungsmechanismus sollte für alle Opfer und für alle Formen von Menschenhandelsdelikten gelten, wobei die individuelle Schutzbedürftigkeit der Opfer zu berücksichtigen ist. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, einen einzigen Verweisungsmechanismus einzurichten, wenn die Organisation der öffentlichen Verwaltung dies zulässt. Die Kontaktstellen sollten als Anlaufstellen dienen, die für die grenzüberschreitende Verweisung von Opfern zuständig sind, und zwar bezüglich der Beziehungen zwischen den Behörden oder Institutionen, die für die grenzüberschreitende Unterstützung von Opfern in den verschiedenen Mitgliedstaaten zuständig sind, aber nicht als Anlaufstellen für die Opfer selbst. Die Kontaktstellen können auf bestehenden Mechanismen oder Governance-Strukturen aufbauen und müssen nationale Beschwerdemechanismen oder Hotlines nicht ersetzen.

    (16)

    Um die Unterstützung und Betreuung der Opfer von Menschenhandel zu verbessern, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Opfer zu Schutzunterkünften und sicherer Unterbringung, die den besonderen Bedürfnissen der Opfer von Menschenhandel gerecht werden, Zugang haben. Um die Sicherheit mutmaßlicher oder identifizierter Opfer zu verstärken, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, zu verlangen, dass Personal, das in Schutzunterkünften mit Opfern von Menschenhandel in Kontakt kommt, keine Vorstrafen hat in Bezug auf Menschenhandel oder Straftaten oder sonstige strafbare Handlungen, die Anlass zu ernsten Zweifeln geben, dass das Personal in der Lage ist, eine verantwortungsvolle Aufgabe gegenüber den Opfern zu übernehmen.

    (17)

    Menschen mit Behinderungen, und in besonderem Maße Frauen und Kinder, sind einem höheren Risiko ausgesetzt, Opfer von Menschenhandel zu werden. Die Mitgliedstaaten sollten bei der Bereitstellung von Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, Rechnung tragen.

    (18)

    Die Mitgliedstaaten sollten zudem dafür sorgen, dass Opfer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder Staatenlosigkeit, ihrer Staatsbürgerschaft, ihres Aufenthaltsorts oder ihrer Aufenthaltsberechtigung sowie von der sie betreffenden Form der Ausbeutung Unterstützung erhalten. Das Ziel der Unterstützung sollte in der vollständigen Wiedereingliederung in die Gesellschaft bestehen, wobei dies auch Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung und Zugang zum Arbeitsmarkt, im Einklang mit nationalem Recht, umfassen kann, sowie die Rückkehr in ein unabhängiges Leben.

    (19)

    Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen von Asylverfahren der spezifischen Situation der Schutzbedürftigkeit der Opfer von Menschenhandel, die internationalen Schutz benötigen können, Rechnung tragen, unter anderem — sofern anwendbar — durch besondere Verfahrensgarantien gemäß der Verordnung (EU) 2024/1348 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) sowie durch die Berücksichtigung besonderer Aufnahmebedürfnisse gemäß der Richtlinie (EU) 2024/1346 des Europäischen Parlaments und des Rates (9).

    (20)

    Um zu verhindern, dass Opfer innerhalb der Union erneut dem Menschenhandel ausgesetzt sind, ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten bei der Überstellung von Opfern im Rahmen der Verordnung (EU) (EU) 2024/1351 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) die Opfer nicht in einen Mitgliedstaat überstellen, in dem es berechtigten Grund zur Annahme gibt, dass die Opfer aufgrund ihrer Überstellung in diesen Mitgliedstaat einem realen Risiko der Verletzung ihrer Grundrechte ausgesetzt sind, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta gleichkäme.

    (21)

    Opfer von Menschenhandel haben das Recht, internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Status zu beantragen. Es kann ihnen auch, sofern anwendbar, ein Aufenthaltstitel gemäß der Richtlinie 2004/81/EG des Rates (11) erteilt werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die entsprechenden zwei Verfahren komplementär verlaufen und einander nicht ausschließen.

    (22)

    Staatenlose sind einem höheren Risiko ausgesetzt, Opfer von Menschenhandel zu werden. Bei der Anwendung dieser Richtlinie ist es wichtig, besonderes Augenmerk auf diese schutzbedürftige Gruppe zu legen.

    (23)

    Kinder gelten als eine der am stärksten gefährdeten Gruppen, die von kriminellen Vereinigungen, die am Menschenhandel beteiligt sind, ins Visier genommen werden. Diese kriminellen Vereinigungen beuten Kinder oft aus, indem sie sie anwerben und danach für ihre kriminellen Aktivitäten benutzen. Die Mitgliedstaaten sollten regelmäßige und fachspezifische Schulungen für Berufsgruppen anbieten, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie mit solchen Kindern in Kontakt kommen, damit sie diese als Opfer erkennen und identifizieren.

    (24)

    Jede Maßnahme, mit der die Freiheit von Kindern zu deren Schutz vor Menschenhandel eingeschränkt wird, sollte unbedingt notwendig, verhältnismäßig und vernünftig sein und dem Ziel dienen, das Kind im Einzelfall zu schützen.

    (25)

    Um die Zahlung von Entschädigungen an die Opfer zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten einen nationalen Fonds für Opfer oder ähnliche Instrumente einrichten können, welche Vorschriften zur Gewährleistung der Entschädigung für Opfer von Menschenhandel enthalten können.

    (26)

    Um kohärente politische Maßnahmen zur Eindämmung der Nachfrage, die den Menschenhandel fördert, zu entwickeln und um die Anstrengungen der Strafjustiz zur Verringerung einer solchen Nachfrage in allen Mitgliedstaaten weiter zu stärken und zu harmonisieren, ist es wichtig, die Inanspruchnahme von Diensten, bei denen das Opfer zur Erbringung solcher Dienste ausgebeutet wird und der Nutzer weiß, dass die Person, die den Dienst erbringt, Opfer einer Straftat im Zusammenhang mit dem Menschenhandel ist, zu kriminalisieren. Die Einstufung dieser Handlungen als Straftat ist Teil eines umfassenden Ansatzes für die Verringerung der Nachfrage, um gegen die hohe Nachfrage, die jegliche Form der Ausbeutung begünstigt, vorzugehen. Die Einstufung als Straftatbestand sollte nur auf die Inanspruchnahme von Diensten abzielen, die im Rahmen einer Ausbeutung erbracht werden, welche unter den Straftatbestand des Menschenhandels fallen. Der Straftatbestand sollte daher nicht auf Kunden Anwendung finden, die unter ausbeuterischen Arbeitsbedingungen hergestellte Produkte erwerben, da sie nicht die Nutzer eines Dienstes sind. Mit dieser Richtlinie wird diesbezüglich ein rechtlicher Mindestrahmen geschaffen, und es steht den Mitgliedstaaten frei, strengere strafrechtliche Vorschriften anzunehmen oder beizubehalten. Nach nationalem Recht können die Mitgliedstaaten den Kauf sexueller Handlungen kriminalisieren. Diese Richtlinie berührt nicht die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht mit der Prostitution umgehen.

    (27)

    Mit dieser Richtlinie wird die Inanspruchnahme eines Dienstes eines Opfers von Menschenhandel kriminalisiert, wenn dies in dem Wissen geschieht, dass die Person, die den Dienst anbietet, ein Opfer ist. Der Begriff des „Wissens“ sollte nach Maßgabe des nationalen Rechts ausgelegt werden. Im Einzelfall sollten bei der Beurteilung, ob die Inanspruchnahme in dem Wissen erfolgt ist, dass der Dienst von einem Opfer von Menschenhandel erbracht wurde, unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Auf das Wissen kann aus den objektiven Tatumständen geschlossen werden. Die Umstände können sich unter anderem auf die Opfer selbst beziehen, auf die Bedingungen, unter denen die Dienste von den Opfern erbracht werden mussten, sowie auf spezifische Tatsachen, die als Zeichen der Kontrolle eines Menschenhändlers über die Opfer angesehen werden könnten. Was die Umstände, die sich auf die Opfer selbst beziehen, angeht, so können mangelnde Kenntnisse einer National- oder Regionalsprache, offenkundige Anzeichen psychischen oder physischen Schadens oder offenkundige Anzeichen von Angst oder mangelndes Wissen darüber, an welchen Orten oder in welchen Städten die Personen sich befinden oder befunden haben, berücksichtigt werden. Was die Bedingungen, unter denen die Dienste erbracht werden mussten, angeht, so könnten Lebensstandard und Arbeitsbedingungen der Person, die den Dienst erbringt, berücksichtigt werden, sowie der Zustand der Räumlichkeiten, in denen der Dienst erbracht wurde. Zeichen von Kontrolle eines Menschenhändlers über die Opfer könnten festgestellt werden, wenn es offenkundige Kontrollmaßnahmen von außen über die Personen, die die Dienste erbringen, oder Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit gibt, oder wenn die Personen, die die Dienste erbringen, nicht im Besitz ihrer nationalen Personalausweise oder Reisepässe sind.

    (28)

    Maßnahmen zur Prävention und zur Verringerung der Nachfrage sollten gezielt und differenziert sein, um die spezifischen Merkmale der verschiedenen Formen des Menschenhandels wirksam anzugehen. Um das Ziel zu erreichen, der Nachfrage, die den Menschenhandel fördert, entgegenzuwirken und diese zu verringern, ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, weitere angemessene gezielte, an potenzielle und tatsächliche Nutzer gerichtete Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise indem spezifisch gestaltete Sensibilisierungskampagnen angeboten werden.

    (29)

    Im Zusammenhang mit Ausbildungsmaßnahmen und um die wirksame Umsetzung der nationalen Bestimmungen über den Verzicht auf Strafverfolgung oder die Straffreiheit zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten die Staatsanwälte und Strafverfolgungsbehörden, die wahrscheinlich in Kontakt mit den Opfern oder potenziellen Opfern von Menschenhandel kommen, sensibilisieren.

    (30)

    Zur Verstärkung der politischen Maßnahmen auf nationaler Ebene ist es notwendig, nationale Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder gleichwertige Mechanismen einzusetzen, und die Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, unabhängige Stellen einzurichten. Es fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, zu beschließen, welche Einrichtungen als nationale Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder als gleichwertige Mechanismen oder unabhängige Stellen benannt oder eingerichtet werden sollen, unabhängig von deren Bezeichnung, im Einklang mit dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, unter der Voraussetzung, dass diese Einrichtungen über die erforderlichen Fähigkeiten und Befugnisse verfügen, um die gemäß dieser Richtlinie vorgesehenen Aufgaben auszuführen.

    (31)

    Die Erhebung korrekter, kohärenter und anonymisierter Daten und die zeitnahe Veröffentlichung der erhobenen Daten und Statistiken sind von grundlegender Bedeutung, um sicherzustellen, dass das Ausmaß des Menschenhandels in der Union in vollem Umfang bekannt ist. Mit der Einführung einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten, jährlich in einem harmonisierten Verfahren statistische Daten über den Menschenhandel zu erheben und der Kommission zu übermitteln, wird ein wichtiger Schritt gesetzt, um das allgemeine Verständnis des Menschenhandels zu verbessern und sicherzustellen, dass datengestützte politische Maßnahmen und Strategien angenommen werden.

    (32)

    Im Hinblick auf eine Förderung ihrer nationalen politischen Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten auch nationale Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels entwickeln.

    (33)

    Im Falle von Kindern werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass im Rahmen nationaler Kinderschutzsysteme spezifische Pläne zur Prävention des Menschenhandels entwickelt werden, auch Pläne für Kinder in Heimen oder geschlossenen Einrichtungen.

    (34)

    Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels und der Schutz der Opfer dieser Straftat, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern — wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme — auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

    (35)

    Die Richtlinie steht in Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta anerkannt wurden; dazu gehören vor allem die Achtung und der Schutz der Würde des Menschen, das Verbot der Sklaverei, der Zwangsarbeit und des Menschenhandels, das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, das Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, der Schutz personenbezogener Daten, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Berufsfreiheit und das Recht zu arbeiten, die Gleichheit von Frauen und Männern, die Rechte des Kindes, die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das Verbot der Kinderarbeit, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sowie die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen. Diese Richtlinie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung dieser Rechte und Grundsätze zu gewährleisten, die entsprechend umzusetzen sind.

    (36)

    Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat Irland mit Schreiben vom 20. April 2023 mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchte.

    (37)

    Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

    (38)

    Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten (12) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Bei dieser Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.

    (39)

    Die Richtlinie 2011/36/EU sollte daher entsprechend geändert werden —

    HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

    Artikel 1

    Änderung der Richtlinie 2011/36/EU

    Die Richtlinie 2011/36/EU wird wie folgt geändert:

    1.

    Artikel 2 wird wie folgt geändert:

    a)

    Absatz 3 erhält folgende Fassung:

    „(3)   Ausbeutung umfasst mindestens die Ausbeutung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen, einschließlich Betteltätigkeiten, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Ausbeutung strafbarer Handlungen oder die Organentnahme oder die Ausbeutung von Leihmutterschaft, von Zwangsheirat oder von illegaler Adoption.“

    b)

    Absatz 5 erhält folgende Fassung:

    „(5)   Betrifft die Handlung nach Absatz 1 ein Kind, so ist sie auch dann als Menschenhandel unter Strafe zu stellen, wenn keines der in Absatz 1 aufgeführten Mittel vorliegt. Dieser Absatz gilt nicht für die Ausbeutung von Leihmutterschaft im Sinne des Absatzes 3, es sei denn, die Leihmutter ist ein Kind.“

    2.

    Artikel 4 wird wie folgt geändert:

    a)

    Absatz 2 Buchstabe d erhält folgende Fassung:

    „d)

    sie unter Anwendung schwerer Gewalt begangen wurde oder dem Opfer durch die Straftat ein besonders schwerer — auch physischer oder psychischer — Schaden zugefügt wurde;“

    b)

    Absatz 3 erhält folgende Fassung:

    „(3)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in Bezug auf eine Straftat nach Artikel 2 folgende Umstände gemäß den entsprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts als erschwerende Umstände gelten:

    a)

    Die Straftat wurde von einem öffentlichen Bediensteten in Ausübung seines Amtes begangen;

    b)

    der Täter hat mittels Informations- und Kommunikationstechnologien die Verbreitung von Bildern oder Videos oder von ähnlichem Material sexueller Natur, auf dem das Opfer dargestellt ist, erleichtert oder begangen.“

    3.

    Artikel 5 wird wie folgt geändert:

    a)

    In Absatz 1 erhält die Einleitung folgende Fassung:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurden, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat, aufgrund“

    ;

    b)

    Die Absätze 2 und 3 erhalten folgende Fassung:

    „(2)   Die Mitgliedstaaten stellen auch sicher, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Absatz 1 genannte Person die Begehung von Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat.

    (3)   Die Verantwortlichkeit einer juristischen Person nach den Absätzen 1 und 2 schließt die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen als Täter, Anstifter oder Gehilfen bei Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 nicht aus.“

    4.

    Artikel 6 erhält folgende Fassung:

    „Artikel 6

    Sanktionen gegen juristische Personen

    (1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 oder 2 verantwortlich gemachte juristische Person wirksame, verhältnismäßige und abschreckende strafrechtliche oder nichtstrafrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen verhängt werden können.

    (2)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Sanktionen oder Maßnahmen gegen im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 oder 2 für die in Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 genannten Straftaten verantwortlich gemachte juristische Personen Geldstrafen oder Geldbußen umfassen und andere strafrechtliche oder nichtstrafrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen umfassen können, wie beispielsweise

    a)

    den Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen;

    b)

    den Ausschluss vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, darunter auch Vergabeverfahren, Beihilfen, Konzessionen und Lizenzen;

    c)

    das vorübergehende oder ständige Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit;

    d)

    die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen für Tätigkeiten, die zu der einschlägigen Straftat geführt haben;

    e)

    die Unterstellung unter richterliche Aufsicht;

    f)

    die richterlich angeordnete Auflösung;

    g)

    die Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden;

    h)

    sofern ein öffentliches Interesse besteht, die vollständige oder teilweise Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung über die begangene Straftat und die verhängten Sanktionen oder Maßnahmen, unbeschadet der Vorschriften über die Vertraulichkeit und den Schutz personenbezogener Daten.“

    5.

    Artikel 7 wird gestrichen.

    6.

    Artikel 8 erhält folgende Fassung:

    „Artikel 8

    Verzicht auf Strafverfolgung oder Straffreiheit der Opfer

    Die Mitgliedstaaten treffen im Einklang mit den grundlegenden Grundsätzen ihrer Rechtsordnung die Maßnahmen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die zuständigen nationalen Behörden die Befugnis haben, Opfer von Menschenhandel wegen ihrer Beteiligung an strafbaren oder anderen unrechtmäßigen Handlungen, zu denen sie sich als unmittelbare Folge davon, dass sie Straftaten im Sinne des Artikels 2 ausgesetzt waren, gezwungen sahen, nicht strafrechtlich zu verfolgen oder von deren Bestrafung abzusehen.“

    7.

    Artikel 9 wird wie folgt geändert:

    a)

    Absatz 1 erhält folgende Fassung:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass strafrechtliche Ermittlungen oder die Strafverfolgung in Bezug auf Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 nicht von der Anzeige oder Anklage durch ein Opfer abhängig gemacht werden und dass das Strafverfahren auch dann fortgesetzt werden kann, wenn das Opfer eine Aussage widerrufen hat.“

    b)

    Absatz 3 erhält folgende Fassung:

    „(3)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die für strafrechtliche Ermittlungen oder die Strafverfolgung in Bezug auf die Straftaten nach den Artikeln 2 und 3 zuständigen Personen, Stellen oder Dienste entsprechend geschult werden. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die für strafrechtliche Ermittlungen oder die Strafverfolgung in Bezug auf die Straftaten nach den Artikeln 2 und 3, wenn diese Straftaten mittels Informations- oder Kommunikationstechnologien begangen oder erleichtert werden, zuständigen Personen, Stellen oder Dienste über angemessenes Fachwissen und geeignete technische Fähigkeiten verfügen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, im Rahmen von Strafverfolgungsbehörden und Staatsanwaltschaften gegebenenfalls und im Einklang mit ihrer nationalen Rechtsordnung spezialisierte Einheiten zu schaffen.“

    8.

    Artikel 10 wird wie folgt geändert:

    a)

    In Absatz 1 erhält die Einleitung folgende Fassung:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um ihre gerichtliche Zuständigkeit für Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1 in den Fällen zu begründen, in denen“

    b)

    In Absatz 2 erhält die Einleitung folgende Fassung:

    „(2)   Ein Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über seine Entscheidung, eine weitere gerichtliche Zuständigkeit für Straftaten nach Artikel 2, Artikel 3 und Artikel 18a Absatz 1, die außerhalb seines Hoheitsgebiets begangen wurden, zu begründen, unter anderem in Fällen, in denen“

    9.

    Artikel 11 wird wie folgt geändert:

    a)

    Absatz 1 erhält folgende Fassung:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer vor, während sowie für einen angemessenen Zeitraum nach Abschluss des Strafverfahrens spezialisierte Unterstützung und Betreuung im Rahmen eines auf die Opfer ausgerichteten, geschlechtersensiblen, behinderten- und kindgerechten Ansatzes erhalten, damit sie in der Lage sind, die in der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) und in der vorliegenden Richtlinie festgelegten Rechte in Anspruch zu nehmen.

    (*1)  Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).“ "

    b)

    Die Absätze 4 und 5 erhalten folgende Fassung:

    „(4)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Opferbetreuungsorganisationen im Rahmen von Gesetzen, Regelungen oder Verwaltungsvorschriften einen oder mehrere Mechanismen für die frühzeitige Erkennung und Identifizierung, Unterstützung und Betreuung identifizierter und mutmaßlicher Opfer einzurichten und eine Kontaktstelle für die grenzüberschreitende Verweisung der Opfer zu benennen.

    Die gemäß diesem Absatz eingesetzten Verweisungsmechanismen haben unter anderem mindestens die folgenden Aufgaben:

    a)

    Festlegung von Mindeststandards für die Erkennung und frühzeitige Identifizierung von Opfern und Anpassung der Verfahren für diese Erkennung und frühzeitige Identifizierung an die verschiedenen Formen von Ausbeutung gemäß dieser Richtlinie;

    b)

    Verweisen der Opfer an die am besten geeignete Unterstützung und Betreuung;

    c)

    Erstellen von Kooperationsvereinbarungen oder Protokollen mit den Asylbehörden, um sicherzustellen, dass Opfern von Menschenhandel, die auch internationalen Schutz benötigen oder die internationalen Schutz beantragen wollen, Unterstützung, Betreuung und Schutz gewährt wird, wobei die individuellen Umstände des Opfers zu berücksichtigen sind.

    (5)   Die Unterstützungs- und Betreuungsmaßnahmen im Sinne der Absätze 1 und 2 werden bereitgestellt, nachdem die Opfer über die Maßnahmen aufgeklärt wurden und dazu ihr Einverständnis gegeben haben, und umfassen mindestens die Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts der Opfer durch Maßnahmen wie die Bereitstellung einer geeigneten und sicheren Unterbringung, einschließlich Schutzunterkünfte und sonstige geeignete vorläufige Unterbringungen, und materielle Unterstützung, sowie die notwendigen medizinischen Behandlungen, einschließlich psychologischer Hilfe, Beratung und Information, sowie bei Bedarf Übersetzungs- und Dolmetschleistungen.“

    c)

    Folgender Absatz wird eingefügt:

    „(5a)   Die Schutzunterkünfte und andere geeignete vorläufige Unterbringungen nach Absatz 5 werden in ausreichender Anzahl bereitgestellt, und sie sind für mutmaßliche und identifizierte Opfer von Menschenhandel leicht zugänglich. Die Schutzunterkünfte und anderen geeigneten vorläufigen Unterbringungen unterstützen diese bei ihrer Erholung, indem sie ihnen angemessene und geeignete Lebensbedingungen im Hinblick auf eine Rückkehr in ein eigenständiges Leben bieten. Sie sind ferner so auszustatten, dass sie den besonderen Bedürfnissen von Kindern, auch von Opfern im Kindesalter, gerecht werden.“

    d)

    Absatz 6 erhält folgende Fassung:

    „(6)   Die Informationen nach Absatz 5 umfassen, soweit von Belang, Informationen über eine Bedenk- und Erholungszeit nach der Richtlinie 2004/81/EG und Informationen über die Möglichkeit der Zuerkennung internationalen Schutzes nach der Verordnung (EU) 2024/1347 (*2) und der Verordnung (EU) 2024/1348 des Europäischen Parlaments und des Rates (*3) oder entsprechend anderen internationalen Rechtsinstrumenten oder vergleichbaren nationalen Vorschriften.

    (*2)  Verordnung (EU) 2024/1347 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sowie zur Änderung der Richtlinie 2003/109/EG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L, 2024/1347, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1347/oj)."

    (*3)  Verordnung (EU) 2024/1348 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU (ABl. L, 2024/1348, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1348/oj)“ "

    10.

    Folgender Artikel wird eingefügt:

    „Artikel 11a

    Opfer von Menschenhandel, die möglicherweise internationalen Schutz benötigen

    (1)   Die Mitgliedstaaten stellen die Komplementarität und Koordinierung zwischen den an den Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels beteiligten Behörden und den Asylbehörden sicher.

    (2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer von Menschenhandel ihr Recht, internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Status zu beantragen, geltend machen können, und zwar auch dann, wenn dem Opfer Unterstützung, Betreuung und Schutz als mutmaßliches oder identifiziertes Opfer von Menschenhandel gewährt wird.“

    11.

    Artikel 12 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

    „(1)   Die in diesem Artikel genannten Schutzmaßnahmen gelten zusätzlich zu den in der Richtlinie 2012/29/EU festgelegten Rechten.“

    12.

    In Artikel 13 wird folgender Absatz angefügt:

    „(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verfahren zur Meldung einer Straftat gemäß dieser Richtlinie sicher sind, im Einklang mit nationalem Recht auf vertrauliche Weise durchgeführt werden, kindergerecht gestaltet und für Kinder zugänglich sind und sich einer Sprache bedienen, die dem Alter und der Reife der Opfer im Kindesalter entspricht.“

    13.

    Artikel 14 Absätze 1, 2 und 3 erhalten folgende Fassung:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die besonderen Maßnahmen, mit denen Kinder, die Opfer von Menschenhandel sind, kurz- und langfristig bei ihrer körperlichen und psychosozialen Rehabilitation unterstützt und betreut werden sollen, ergriffen werden, nachdem die besonderen Umstände des jeweiligen Opfers im Kindesalter unter gebührender Berücksichtigung seiner Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen mit dem Ziel geprüft worden sind, eine langfristige Lösung für das Kind, darunter auch Programme zur Unterstützung des Übergangs zur Volljährigkeit und ins Erwachsenenalter, zu finden, um zu verhindern, dass das Kind erneut Opfer von Menschenhandel wird. Die Mitgliedstaaten gewähren Opfern im Kindesalter und Kindern von Opfern, die Unterstützung und Betreuung nach Artikel 11 erhalten, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Zugang zur Bildung gemäß ihrem nationalen Recht.

    (2)   Die Mitgliedstaaten bestellen in den Fällen, in denen die Träger der elterlichen Verantwortung nach nationalem Recht aufgrund eines Interessenkonflikts zwischen ihnen und dem Opfer im Kindesalter im Sinne der Gewährleistung des Kindeswohls nicht in Frage kommen und/oder das Kind nicht vertreten dürfen, von dem Zeitpunkt an, zu dem das Opfer im Kindesalter von den Behörden identifiziert ist, einen Vormund oder einen Vertreter für das Kind, das Opfer von Menschenhandel ist. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Falle eines Interessenkonflikts zwischen dem Vormund oder dem Vertreter und dem Opfer im Kindesalter ein anderer Vormund oder Vertreter bestellt wird.

    (3)   Die Mitgliedstaaten treffen, sofern dies angemessen und möglich ist, Maßnahmen zur Unterstützung und Betreuung der Familie eines Kindes, das Opfer von Menschenhandel ist, sofern sich diese im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhält. Insbesondere wenden die Mitgliedstaaten Artikel 4 der Richtlinie 2012/29/EU auf die Familie an, sofern dies angemessen und möglich ist.“

    14.

    Die Artikel 17 und 18 erhalten folgende Fassung:

    „Artikel 17

    Entschädigung der Opfer

    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer von Menschenhandel Zugang zu bestehenden Regelungen für die Entschädigung der Opfer von vorsätzlich begangenen Gewalttaten erhalten. Die Mitgliedstaaten können nach Maßgabe ihrer nationalen Rechtsvorschriften einen nationalen Opferfonds oder ein ähnliches Instrument einrichten, um Entschädigungszahlungen an die Opfer zu leisten.

    Artikel 18

    Prävention

    (1)   Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der verschiedenen Formen von Ausbeutung geeignete Maßnahmen, beispielsweise Bildungsmaßnahmen, Schulungen und Kampagnen, gegebenenfalls mit besonderem Augenmerk auf die Online-Dimension, um der Nachfrage, die jegliche Form von Ausbeutung im Zusammenhang mit Menschenhandel begünstigt, entgegenzuwirken und diese zu schwächen.

    (2)   Die Mitgliedstaaten treffen gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren wie dem privaten Sektor — auch über das Internet — geeignete Maßnahmen, die geschlechtersensibel und kindgerecht konzipiert sind, darunter Informations- und Aufklärungskampagnen sowie Forschungs- und Schulungsprogramme, unter anderem zur Förderung der digitalen Kompetenzen, um Menschen, insbesondere Kinder und Menschen mit Behinderungen, zu sensibilisieren und die Gefahr, dass sie Opfer von Menschenhandel werden, zu verringern.“

    15.

    Folgende Artikel werden eingefügt:

    „Artikel 18a

    Straftaten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Diensten die von einem Opfer von Menschenhandel erbracht werden

    (1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Inanspruchnahme von Diensten, sofern dies vorsätzlich geschieht, die von einem Opfer einer Straftat nach Artikel 2 erbracht werden, eine Straftat darstellt, wenn das Opfer zur Erbringung solcher Dienste ausgebeutet wird und wenn der Nutzer der Dienste weiß, dass die Person, die den Dienst erbringt, Opfer einer Straftat nach Artikel 2 ist.

    (2)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die nach Absatz 1 festgelegten Straftaten mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen bedroht sind.

    Artikel 18b

    Schulungen

    (1)   Die Mitgliedstaaten fördern regelmäßige und spezialisierte Schulungen für Angehörige von Berufsgruppen, die wahrscheinlich in Kontakt mit Opfern oder potenziellen Opfern von Menschenhandel kommen, oder bieten solche Schulungen an, auch für Polizeibeamte im Außendienst, Gerichtspersonal, Beschäftigte in Unterstützungs- und Betreuungsdiensten, Arbeitsaufsichtsbeamte sowie Beschäftigte in Sozialdiensten und im Gesundheitswesen, um diesen die erforderlichen Kenntnisse im Sinne der Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels, der Vermeidung sekundärer Viktimisierung sowie der Erkennung, Identifizierung, Unterstützung und Betreuung sowie des Schutzes der Opfer zu vermitteln. Diese Schulungen müssen menschenrechtsbasiert, auf die Opfer ausgerichtet und geschlechtersensibel sein sowie die Interessen von Kindern und Menschen mit Behinderung einbeziehen.

    (2)   Unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz und der Unterschiedlichkeit der Organisation der Justizsysteme in der Union fördern die Mitgliedstaaten sowohl allgemeine als auch spezialisierte Schulungen für Richter und Staatsanwälte, die an Strafverfahren beteiligt sind, um diesen die erforderlichen Kenntnisse im Sinne der Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels, der Vermeidung erneuter Viktimisierung sowie der Erkennung, Identifizierung, Unterstützung und Betreuung sowie des Schutzes von Opfern zu vermitteln. Solche Schulungen müssen menschenrechtsbasiert, auf die Opfer ausgerichtet und geschlechtersensibel sein sowie die Interessen von Kindern und Menschen mit Behinderung einbeziehen.“

    16.

    Artikel 19 erhält folgende Fassung:

    „Artikel 19

    Nationale Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder gleichwertige Mechanismen und unabhängige Stellen

    (1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um nationale Koordinatoren oder gleichwertige Mechanismen für die Bekämpfung des Menschenhandels einzusetzen und sie mit den für die wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben geeigneten Ressourcen auszustatten. Der nationale Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels oder der gleichwertige Mechanismus arbeitet mit anderen einschlägigen nationalen, regionalen und lokalen Einrichtungen und Stellen, insbesondere mit Strafverfolgungsbehörden, mit nationalen Verweisungsmechanismen und mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die in diesem Bereich tätig sind, zusammen.

    (2)   Die nationalen Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder die gleichwertigen Mechanismen haben unter anderem die Aufgabe, die Entwicklungen beim Menschenhandel zu bewerten, die Ergebnisse der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu messen, wozu auch die Sammlung statistischer Daten in enger Zusammenarbeit mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die in diesem Bereich tätig sind, gehört, und Bericht zu erstatten.

    Die Aufgaben der nationalen Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels können auch Folgendes umfassen:

    a)

    Erstellung von Notfallplänen zur Prävention der Bedrohung durch Menschenhandel bei schwerwiegenden Krisensituationen;

    b)

    Förderung, Koordinierung und gegebenenfalls Finanzierung von Programmen zur Bekämpfung des Menschenhandels.

    (3)   Die Mitgliedstaaten können zudem unabhängige Stellen einrichten, deren Aufgabe unter anderem darin bestehen kann, die Umsetzung und die Wirkung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu überwachen, Bericht über Angelegenheiten zu erstatten, die besondere Aufmerksamkeit der zuständigen nationalen Behörden erfordern, und Ursachen und Entwicklungen im Bereich des Menschenhandels zu bewerten. Wird eine solche unabhängige Stelle eingerichtet, so können die Mitgliedstaaten ihr eine oder mehrere der Aufgaben nach Absatz 2 zuweisen.“

    17.

    Folgende Artikel werden eingefügt:

    „Artikel 19a

    Datenerhebung und Statistiken

    (1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein System zur Erfassung, Erstellung und Bereitstellung anonymisierter statistischer Daten vorhanden ist, um die Wirksamkeit ihrer Systeme zur Bekämpfung der in dieser Richtlinie genannten Straftaten zu überwachen.

    (2)   Die statistischen Daten nach Absatz 1 umfassen mindestens auf zentraler Ebene verfügbare Daten über Folgendes:

    a)

    die Anzahl der registrierten identifizierten und mutmaßlichen Opfer von Straftaten nach Artikel 2, aufgeschlüsselt nach der registrierenden Stelle, Geschlecht, Altersgruppen (Minderjährige/Erwachsene), Staatsangehörigkeit und Form der Ausbeutung, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten;

    b)

    die Anzahl der Straftaten nach Artikel 2 verdächtigten Personen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Altersgruppen (Minderjährige/Erwachsene), Staatsangehörigkeit und Form der Ausbeutung;

    c)

    die Anzahl der wegen Straftaten nach Artikel 2 strafrechtlich verfolgten Personen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Altersgruppen (Minderjährige/Erwachsene), Staatsangehörigkeit, Form der Ausbeutung und Art der endgültigen Entscheidung über die Einleitung einer Strafverfolgung;

    d)

    die Anzahl der Entscheidungen über die Einleitung einer Strafverfolgung (Anklagen wegen Straftaten nach Artikel 2, Anklagen wegen anderer Straftaten, Entscheidungen, keine Anklage zu erheben, sonstige);

    e)

    die Anzahl der wegen Straftaten nach Artikel 2 verurteilten Personen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Altersgruppen (Minderjährige/Erwachsene) und Staatsangehörigkeit;

    f)

    die Anzahl der Gerichtsurteile (d. h. Freispruch, Verurteilungen, sonstige) wegen Straftaten nach Artikel 2;

    g)

    die Anzahl der wegen Straftaten nach Artikel 18a Absatz1 verdächtigten, strafrechtlich verfolgten und verurteilten Personen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Altersgruppen (Minderjährige/Erwachsene).

    (3)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich grundsätzlich bis zum 30. September und — falls dies nicht möglich ist — spätestens bis zum 31. Dezember die in Absatz 2 genannten statistischen Daten für das Vorjahr.

    Artikel 19b

    Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels

    (1)   Die Mitgliedstaaten nehmen bis zum 15. Juli 2028 ihre nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels an, die in Konsultation mit den nationalen Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder gleichwertigen Mechanismen nach Artikel 19, mit den unabhängigen Stellen und mit den einschlägigen Interessenträgern, die im Bereich der Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels tätig sind, ausgearbeitet und umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels regelmäßig und mindestens alle fünf Jahre überprüft und aktualisiert werden.

    (2)   Die nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels können folgende Elemente beinhalten:

    a)

    Ziele, Prioritäten und Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels für alle Formen der Ausbeutung, einschließlich spezifischer Maßnahmen für Opfer im Kindesalter;

    b)

    Präventionsmaßnahmen wie Bildungsmaßnahmen, Sensibilisierungskampagnen und Schulungen, sowie gegebenenfalls Präventionsmaßnahmen als Teil der Notfallpläne in Bezug auf Menschenhandel infolge humanitärer Krisen;

    c)

    Maßnahmen zur Stärkung der Bekämpfung des Menschenhandels, unter anderem zur Verbesserung von Ermittlungen und Strafverfolgung in Fällen des Menschenhandels und zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit;

    d)

    Maßnahmen zur Stärkung der frühzeitigen Erkennung und Unterstützung, der Betreuung sowie des Schutzes der Opfer von Menschenhandel;

    e)

    Verfahren für die regelmäßige Überwachung und Auswertung der Umsetzung der nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels.

    (3)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission ihre nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels und alle aktualisierten Fassungen dieser Aktionspläne innerhalb von drei Monaten nach deren Annahme mit.

    (4)   Die nationalen Aktionspläne zur Bekämpfung des Menschenhandels müssen öffentlich zugänglich sein.“

    18.

    Artikel 20 erhält folgende Fassung:

    „Artikel 20

    Koordinierung der Strategie der Union zur Bekämpfung des Menschenhandels

    (1)   Um zu einer koordinierten und konsolidierten Strategie der Union zur Bekämpfung des Menschenhandels beizutragen, unterstützen die Mitgliedstaaten einen EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels bei seinen Aufgaben. Insbesondere übermitteln die Mitgliedstaaten dem EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels zumindest die in Artikel 19 genannten Informationen.

    (2)   Um einen kohärenten und umfassenden Ansatz zu gewährleisten, sorgt der EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels für Koordinierung mit den nationalen Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels oder gleichwertigen Mechanismen, Einrichtungen der Union sowie mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die in diesem Bereich tätig sind, auch im Sinne des Beitrags des EU-Koordinators für die Bekämpfung des Menschenhandels zur zweijährlichen Berichterstattung der Kommission über den Fortschritt bei der Bekämpfung des Menschenhandels.“

    19.

    In Artikel 23 wird folgender Absatz angefügt:

    „(3)   Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 15. Juli 2030 und bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die zur Einhaltung dieser Richtlinie notwendigen Maßnahmen ergriffen haben und welche Auswirkungen diese Maßnahmen haben.“

    Artikel 2

    Umsetzung

    (1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 15. Juli 2026 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

    Bei Erlass dieser Vorschriftennehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

    (2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriftenmit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

    Artikel 3

    Inkrafttreten

    Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

    Artikel 4

    Adressaten

    Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    Geschehen zu Brüssel am 13. Juni 2024.

    Im Namen des Europäischen Parlaments

    Die Präsidentin

    R. METSOLA

    Im Namen des Rates

    Die Präsidentin

    H. LAHBIB


    (1)   ABl. C 228 vom 29.6.2023, S. 108.

    (2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. April 2024 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 27. Mai 2024.

    (3)  Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1).

    (4)  Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1).

    (5)  Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

    (6)  Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).

    (7)  Richtlinie (EU) 2024/1260 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten (ABl. L, 2024/1260, 2.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1260/oj).

    (8)  Verordnung (EU) 2024/1348 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU (ABl. L, 2024/1348, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1348/oj).

    (9)  Richtlinie (EU) 2024/1346 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (ABl. L, 2024/1346, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1346/oj).

    (10)  Verordnung (EU) 2024/1351 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über Asyl- und Migrationsmanagement, zur Änderung der Verordnungen (EU) 2021/1147 und (EU) 2021/1060 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (ABl. L, 2024/1351, 22.5.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1351/oj).

    (11)  Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren (ABl. L 261 vom 6.8.2004, S. 19).

    (12)   ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.


    ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1712/oj

    ISSN 1977-0642 (electronic edition)


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