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Document 52015JC0002R(01)

GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Elemente einer EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da'esh

/* JOIN/2015/0002 final/2 */

52015JC0002R(01)

GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Elemente einer EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da'esh /* JOIN/2015/0002 final/2 */


Elemente einer EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da’esh

Zusammenfassung

Am 20. Oktober 2014 machte der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ die Entschlossenheit der EU deutlich, auf umfassende und koordinierte Weise den Krisen in Syrien und Irak sowie der Bedrohung durch Da’esh[1] zu begegnen. Zu diesem Zweck ersuchte er die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission um die Entwicklung einer umfassenden EU-Regionalstrategie.

In dieser gemeinsamen Mitteilung werden Maßnahmen umrissen, mit denen die EU und ihre Mitgliedstaaten einen Beitrag zur Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit in Syrien und Irak leisten wollen. Diese Maßnahmen beruhen auf eingehenden Analysen der Lage in beiden Ländern sowie der Faktoren, die für die aktuelle Krisensituation mitverantwortlich sind, wie etwa eine repressive diktatorische Herrschaft, bewaffnete Konflikte, eine ausgrenzende Politik und korruptes Regierungshandeln, Menschenrechtsverletzungen, konfessionelle Spaltungen, ein in Teilen der sunnitischen Bevölkerung verbreitetes Gefühl der Entrechtung sowie Spannungen zwischen Regionalmächten, die negative Auswirkungen auf die innenpolitische Lage in Syrien und Irak haben.

Das hier dargelegte EU–Handlungskonzept baut auf vorhandenen Analysen und Strategien[2] auf und zielt auf Folgendes ab:

- Identifizierung der Interessen der EU und Festlegung des Beitrags der EU zu den umfassenden internationalen Bemühungen, die darauf abzielen, in Syrien, in Irak und in der Region dauerhaft Frieden und Sicherheit zu schaffen und der Bedrohung durch Da’esh zu begegnen;

- Gewährleistung der Komplementarität zwischen den Maßnahmen der EU und denjenigen der EU-Mitgliedstaaten durch gemeinsame Verantwortung für die Strategie und Identifizierung gemeinsamer Ziele;

-  Berücksichtigung sowohl der den Krisensituationen in Irak und Syrien gemeinsamen Aspekte, d. h. vor allem der Bedrohung durch den Terrorismus und der schwerwiegenden humanitären Auswirkungen, als auch der jeweiligen Besonderheiten;

- Ermutigung der Länder in der Region, besondere Verantwortung für die Beendigung der Krise und den Kampf gegen den gewaltbereiten Extremismus zu übernehmen, der von Da’esh und anderen terroristischen Gruppen propagiert wird und zuallererst eine Bedrohung für diese Länder selbst darstellt, und Angebot einer angemessenen EU‑Unterstützung für diese Bemühungen;

- Anerkennung der Grenzen, die der Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung dienenden Interventionen gesetzt sind, auch wenn ein militärisches Eingreifen kurzfristig notwendig sein mag. Mit dem EU-Handlungskonzept daher anerkannt, dass ein anhaltendes und umfassendes Engagement notwendig ist, um den ursächlichen Konfliktdynamiken zu begegnen, in Form von diplomatischem Engagement und langfristiger Unterstützung von politischen Reformen, der sozioökonomischen Entwicklung und der Aussöhnung zwischen ethnischen und konfessionellen Gruppen.

Die in der gemeinsamen Mitteilung vorgestellten Maßnahmen verstärken sich gegenseitig und müssen daher weitgehend parallel durchgeführt werden. Die genaue Rangfolge der verschiedenen vorgeschlagenen Maßnahmen muss dynamisch im Zuge der Umsetzung dieser Strategie festgelegt werden, da die EU auf die sich wandelnden Gegebenheiten vor Ort reagieren und Komplementarität mit den Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft anstreben muss.

Zur Erreichung ihrer Ziele und zur Gewährleistung der Wirksamkeit ihrer Maßnahmen muss die EU eine nachhaltige und vorhersehbare Finanzhilfe sicherstellen, die dem beispiellosen Bedarf in der Region gerecht wird. Die Kommission schlägt daher vor, aus den EU‑Haushalten für die Jahre 2015 und 2016 ein Hilfepaket im Wert von 1 Mrd. EUR zu finanzieren. Die Einzelheiten dieses Vorschlags sind im dieser Mitteilung beigefügten Finanzbogen aufgeführt.

1 – Kontext

Ein umfassendes politisches Rahmenkonzept der EU für Syrien und Irak

Der Nahe Osten befindet sich derzeit in einer tiefen Krise. Die Konflikte in Syrien und Irak sind sowohl Ausdruck als auch Antriebskräfte dieser Krise, die zunehmend auch eine Destabilisierung der Nachbarländer und der Region insgesamt zur Folge haben könnte. Diese Krisen haben zu einer humanitären Katastrophe geführt: Mehr als 13,5 Millionen Menschen sahen sich gezwungen, ihre Heimatorte zu verlassen (3,8 Mio. syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern – laut UNHCR ist bis Ende 2015 mit 4,3 Millionen zu rechnen – und 7,6 Mio. Binnenvertriebene allein in Syrien ), 17 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (12,2 Millionen in Syrien und 5,2 Millionen in Irak).

Nach mehr als vier Jahren eines brutal geführten Konflikts in Syrien zieht die erklärte Absicht von Da’esh, sich als alternative, ideologisch radikale Staatsform zu etablieren, Extremisten aus der Region und anderen Teilen der Welt an, insbesondere auch in Gebieten Syriens und Iraks, in denen die staatlichen Strukturen zusammengebrochen sind und ein Gefühl der politischen und sozioökonomischen Marginalisierung vorherrscht.

Als wichtiger Akteur in der Region steht die EU in der Pflicht, ihren Einfluss zu nutzen und ihre zahlreichen Instrumente kohärent und wirksam einzusetzen, um Menschenleben, Menschenwürde und Menschenrechte zu schützen und in enger Koordinierung mit regionalen und internationalen Partnern zur Lösung dieser Krisen beizutragen. Diese Strategie stützt sich auf und ergänzt die Strategie der EU für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer und die Gemeinsame Mitteilung: Ein umfassendes EU-Konzept für die Krise in Syrien. Darüber hinaus gibt es für die EU aus Eigeninteresse zwingende Gründe, ihr Engagement in Syrien, Irak und den Nachbarländern zu verstärken. Dazu gehören: die Missachtung allgemein anerkannter Werte und Rechte, die Kernstück der europäischen Außenpolitik sind; die Gefahr des Zusammenbruchs der staatlichen Strukturen und ein drohendes politisches Chaos in durch die Flüchtlingsströme überlasteten Aufnahmeländern wie Libanon und Jordanien, wodurch sich der durch die Vertreibungen ausgelöste Migrationsdruck und der damit verbundene Menschenhandel weiter verschärfen würden; Da’esh kontrolliert ein sich über zwei Staaten erstreckendes Gebiet; das Risiko der Ausbreitung der von Da’esh propagierten Form des Terrorismus auf andere Länder und der weiteren Destabilisierung der Region; die Gefährdung der Sicherheit in der EU durch EU-Bürger (und Staatsangehörige anderer Länder), die sich als ausländische terroristische Kämpfer terroristischen Gruppen angeschlossen haben; die Opportunitätskosten, die mit einem Verlust Syriens und Iraks als Partner für die Verwirklichung eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten, als Handelspartner und als Energielieferanten verbunden wären; die Vernichtung kulturellen Erbes.

Hintergrund

Syrien erlebte seit dem Militärputsch im Jahr 1966, der die autokratische Baath-Partei an die Macht brachte, eine Phase der repressiven Stabilität und der Koexistenz verschiedener Konfessionen. Bashar al-Assad übernahm nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2000 die Herrschaft mit dem Versprechen, politische Reformen durchzuführen und die Wirtschaft schrittweise zu reformieren; diese Versprechen wurden jedoch nur unzureichend erfüllt. Die Öffnung der syrischen Wirtschaft und das damit verbundene Wachstum der Privatwirtschaft brachten erhebliche soziale Ungleichgewichte zu Tage. Notwendige Strukturreformen, die die EU durch das Syrien in Aussicht gestellte Assoziierungsabkommen[3] fördern wollte, blieben unvollendet. Von dem mit der Liberalisierung der syrischen Wirtschaft einhergehenden Wirtschaftswachstum profitierten vor allem die mit dem Regime verbundenen Eliten und dessen Sicherheitsapparat, während eine nachhaltige und gerechte Entwicklung ausblieb.

2011 kam es in Syrien zu friedlichen Protesten für mehr Demokratie, die von den Bewegungen des in anderen Ländern eingeleiteten „Arabischen Frühlings“ inspiriert waren und durch ein Gefühl der Unzufriedenheit mit dem keine Teilhabe bietenden politischen und wirtschaftlichen System genährt wurden. Als diese Proteste vom Assad-Regime brutal niedergeschlagen wurden, wandte sich ein Teil der syrischen Bevölkerung dem bewaffneten Aufstand zu. Die brutale Unterdrückung der Proteste und der Rebellion, massive Menschenrechtsverletzungen und die systematische Behinderung demokratischer Reformen durch das Assad-Regime sowie die Fortdauer des Konflikts ohne Aussicht auf dessen Beendigung ließen allmählich extremistische Gruppen gegenüber der gemäßigten Opposition an Boden gewinnen. Verschärfend kam hinzu, dass die Kriegsparteien von externen Mächten Unterstützung erhielten. Jabhat al-Nusra, der offizielle Ableger von Al-Qaida in Syrien, und später Da’esh, konnten ihre Attraktivität erhöhen und ihre Kapazitäten ausbauen. 2014 gelang es insbesondere Da’esh, andere bewaffnete Gruppen zurückzudrängen und die Kontrolle über die erdöl- und erdgasreichen Gebiete im Osten Syriens, über den Westen Iraks und Grenzübergänge an der syrisch-türkischen Grenze zu erlangen.

In Irak breiteten sich seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Jahr 2003 Instabilität, religiöse Konflikte und terroristische Gewalt aus. Die internationale Gemeinschaft, einschließlich der EU, unternahm daher intensive Bemühungen, um den Übergangsprozess in Irak zu unterstützen. 2012 schloss die EU ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) mit Irak. Trotz des Inkrafttretens einer demokratischen Verfassung, des Anstiegs der Erdölförderung und der Verbesserung der makroökonomischen Stabilität geriet der irakische Übergangsprozess ins Stocken. Dies hatte verschiedene Ursachen: anhaltende Gewalt, politische Instabilität, autoritäres Regierungshandeln, eine ausgrenzende Politik, grassierende Korruption und fehlende strukturelle Wirtschaftsreformen.

Diese negativen Tendenzen verstärkten sich nach dem Abzug der amerikanischen Truppen Ende 2011. Insbesondere zahlreiche Sunniten fühlten sich der politischen Neuordnung nach 2003 zunehmend entfremdet, was auf folgende Faktoren zurückzuführen ist: mangelnde Einbindung in die politischen Entscheidungsprozesse, wirtschaftliche und soziale Unterentwicklung sunnitischer Gebiete und eine damit verbundene unzureichende Versorgung mit Basisdienstleistungen, willkürliche Anwendung der Gesetze über die „Debaathifizierung“, Ausschluss von Armeeangehörigen der Saddam-Ära aus den irakischen Sicherheitskräften, brutales Vorgehen der Polizei in sunnitischen Gebieten, wobei nachweislich sunnitische Bürger getötet wurden, eine problematische Menschenrechtslage, grassierende Korruption und Vetternwirtschaft. Hingegen gewann die schiitische Gemeinschaft nach Jahren der Unterdrückung durch die Sunniten innerhalb der neuen Ordnung an Stärke. Allerdings gelang es der schiitisch dominierten Regierung nie, landesweit uneingeschränkt akzeptiert zu werden. Von Sunniten verübte Terroranschläge gegen Schiiten verschärften die Kluft zwischen den Glaubensgemeinschaften. 2013 erhoben sich erstmals Teile der sunnitischen Bevölkerung gegen die föderale Regierung, was den Weg für das Wiedererstarken von Al-Qaida inspirierter terroristischer Gruppen bereitete. Hierzu zählen insbesondere Da’esh sowie neo-baathistische Gruppen, die im Juni 2014 weite Gebiete im Westen und Norden Iraks unter ihre Kontrolle brachten.

 Da’esh machte sich somit die unter Teilen der sunnitischen Bevölkerung Syriens und Iraks herrschende Unzufriedenheit für ihre eigenen Zwecke zunutze.

Die von Da’esh ausgehende Bedrohung für Syrien, Irak und die Nachbarländer

 Da’esh und andere terroristische Gruppen stellen für Syrien, Irak, die Region und die internationale Gemeinschaft insgesamt eine neue Art der Bedrohung dar.

·  Da’esh ist ein grenzüberschreitendes, zwei souveräne Staaten bedrohendes Phänomen. Da’esh verfolgt die Absicht, staatliche Herrschaft auszuüben (Kontrolle von Gebieten, Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung eines zentralen Haushalts, Erhebung von Steuern, Erbringung von Basisdienstleistungen usw.). In Syrien und Irak führt Da’esh in Verbindung mit schockierenden terroristischen und kriminellen Handlungen aufstandsartige Militäraktionen durch. Gleichgesinnte Organisationen in mehreren arabischen, afrikanischen und asiatischen Ländern haben Da’esh Treue geschworen und Unterstützung zugesichert.

·  Da’esh nutzt Vorstellungen vom „Goldenen Zeitalter“ der politischen Geschichte des Islams in zynischer Weise aus. Das Kalifat wird als Verkörperung des Strebens nach politischer und kultureller Einheit dargestellt. Es gehört zu den erklärten Zielen von Da’esh, ihr Territorium auf Nachbarländer wie Libanon, Jordanien und die Golfstaaten auszudehnen. Die territorialen Ambitionen, die Kapazitäten sowie die Formen der Propaganda und Vernetzung von Da’esh, bei denen insbesondere der geschickte Einsatz der sozialen Medien eine wichtige Rolle spielt, stellen eine beispiellose Herausforderung dar. Ihre Aktionen üben Anziehungskraft auf andere Gruppen in der Region, in Nord- und Subsahara-Afrika und in Asien aus, von denen einige Da’esh Treue geschworen haben. Die Ausrufung des so genannten „Kalifats“ und die daraufhin eingeleitete internationale Militäraktion gegen diese terroristische Bedrohung haben bewirkt, dass die Gruppe in Syrien und Irak beträchtlichen Zulauf von ausländischen terroristischen Kämpfern erhält.

· Als Teil einer gezielten Taktik zur Machtdurchsetzung in Gebieten, in denen die staatliche Strukturen zusammengebrochen sind, schreckt Da’esh nicht vor ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen zurück, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu werten sind, wie Massenmorde an Zivilisten, Sklaverei, Folter, willkürliche Hinrichtungen, massive sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt sowie Verfolgung von ethnischen und religiösen Minderheiten, aber auch von Angehörigen der sunnitischen Gemeinschaft, wenn sie als Bedrohung empfunden werden. Dies hat in der Region zu umfangreichen Vertreibungen geführt, die bei den Vertriebenen, insbesondere bei Frauen und Kindern, schwere Traumata hinterlassen, und zudem einen massivem Zustrom von Flüchtlingen in die Nachbarländer sowie wachsenden Migrationsdruck in der EU hervorgerufen.

·  Da’esh hält zu illegalen Ausgrabungen von archäologischen und kulturellen Objekten an und missbraucht für das Erbe der Menschheit bedeutende kulturelle Stätten für militärische Zwecke, darunter auch Weltkulturerbe-Stätten, die so schrittweise zerstört werden.

· Möglicherweise ist Da’esh inzwischen eine sich selbst finanzierende terroristische Organisation, die über Einkünfte aus verschiedenen Quellen verfügt – wie illegaler Verkauf von Erdöl und anderen Rohstoffen, Steuererhebung, Menschenhandel, illegaler Handel mit Kulturgütern, Entführungen zwecks Erpressung von Lösegeld, Plünderungen (auch Banküberfälle) – und somit nicht mehr von regionalen Geldgebern abhängig ist.

Die Kurdenfrage

Die kurdischen Gemeinschaften haben die Kriegswirren dazu genutzt, die Selbstverwaltung auszubauen bzw. die Unabhängigkeit anzustreben, was Implikationen für die Integrität und potenziell auch für die langfristige Stabilität beider Länder hat.

In Irak sind eine Reihe von Streitpunkten zwischen der Region Kurdistan und der föderalen Regierung seit Jahren ungelöst. So konnte bislang keine Einigung über einen dauerhaften Mechanismus für die Einnahmenverteilung (Kohlenwasserstoffgesetz) und den Status umstrittener Gebiete erzielt werden. Für die irakische Regierung sind dies zusätzliche Belastungen, die sie jetzt neben anderen Aufgaben und den Anstrengungen zur Bekämpfung von Da’esh dringend bewältigen muss.

Die syrischen Regierung hatte seit Anfang 2011 Druck auf die syrischen Kurden ausgeübt, sich aus dem Aufstand in Syrien herauszuhalten und im Gegenzug den hauptsächlich von Kurden bewohnten Gebieten im Nordosten Syriens eine De-facto-Autonomie zugestanden. Seit dem Auftreten von Da’esh stehen die syrischen Kurden gemeinsam mit Kurden aus den Nachbarländern an vorderster Front im Kampf gegen Da’esh. Nachdem sie die mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete Syriens (2013) und Iraks (Berg Sindschar im Jahr 2014) sowie die Verbindung zwischen Syrien und dem restlichen Teil der irakischen Region Kurdistan verteidigt hatten, übernahmen sie auch die Verteidigung der belagerten Stadt Kobanê und anderer hauptsächlich von Kurden bewohnter autoproklamierter „autonomer Kantone “.

Jegliche EU-Unterstützung für den kurdischen bewaffneten Widerstand gegen Da’esh muss mit klaren Zusicherungen gegenüber den Staaten der Region verbunden sein, die deutlich machen, dass die EU weiterhin ihre territoriale Integrität achtet.

Mögliches Übergreifen der Krise auf Nachbarländer

Libanon

Der Syrien-Konflikt und die hohe Zahl der registrierten und unregistrierten Flüchtlinge in Libanon (ca. 1,2 Millionen im Januar 2015, was mehr als 25 % der libanesischen Bevölkerung entspricht) verschärfen die Spannungen, die in Libanon auf gesellschaftlicher und institutioneller Ebene und zwischen Gemeinschaften bestehen, und erhöhen zudem den Druck auf die knappen natürlichen Ressourcen. Während die libanesische Regierung im Syrien-Konflikt auf der Grundlage der Erklärung von Baabda vom Juni 2012 eine Politik der Nichteinmischung („Dissoziierung“) verfolgt, haben Hisbollah und sunnitische terroristische Gruppen nach und nach verstärkt direkt in den Konflikt eingegriffen. Zusammenstöße zwischen libanesischen Sicherheitskräften und syrischen bewaffneten Gruppen in und um die Stadt Arsal im Osten der Bekaa-Ebene im August 2014 und wiederholte Zusammenstöße in Tripoli machen deutlich, welche Gefahren insbesondere für den Norden Libanons bestehen.

Jordanien

Jordanien weist, zumindest unter dem Gesichtspunkt der Religionszugehörigkeit, eine weitaus homogenere Bevölkerungsstruktur als Libanon auf. Die Präsenz von mehr als 600 000 syrischen Flüchtlingen im Land führt jedoch zu Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Dienstleistungen und erhöht den Druck auf die knappen natürlichen Ressourcen, insbesondere die Wasserressourcen. Wie in Libanon birgt das Problem des unzureichenden Zugangs zu Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten Risiken für die Zukunft und muss daher angegangen werden.

Türkei

Mit mehr als 1,65 Millionen syrischen Flüchtlingen auf türkischem Boden (Regierungsangaben) beherbergt die Türkei von allen Ländern die meisten syrischen Flüchtlinge. Sie hat zudem umfangreiche humanitäre Hilfe geleistet (nach Schätzungen der Regierung seit 2011 im Wert von mehr als 4 Mrd. Dollar). Die Türkei fordert stärkere internationale Unterstützung bei der Bewältigung der Krisenfolgen.

2- ZIELE

Die allgemeinen Ziele dieser Strategie bestehen darin, der Bedrohung zu begegnen, die Da’esh und andere terroristische Gruppen für die regionale und internationale Stabilität darstellen, und gleichzeitig die Voraussetzungen für einen inklusiven politischen Übergangsprozess in Syrien sowie für dauerhafte Stabilität in Syrien und Irak und in den Flüchtlingsaufnahmeländern der Region zu schaffen. Zudem soll das durch die anhaltende Gewalt und die Vertreibungen ausgelöste menschliche Leid gelindert werden.

Die Strategie setzt auf eine Kombination aus diplomatischem Engagement auf politischer und Arbeitsebene, Kommunikationsarbeit und praktischen Unterstützungsmaßnahmen. Zur Erreichung ihrer Ziele und zur Gewährleistung der Wirksamkeit ihrer Maßnahmen muss die EU eine nachhaltige und vorhersehbare Finanzhilfe sicherstellen, die dem beispiellosen Bedarf in der Region gerecht wird. Die Kommission schlägt daher vor, aus den EU-Haushalten für die Jahre 2015 und 2016 ein Hilfepaket im Wert von 1 Mrd. EUR zu finanzieren. Die Einzelheiten dieses Vorschlags sind im dieser Mitteilung beigefügten Finanzbogen aufgeführt.

Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der EU-Strategie sind Synergien und Komplementarität zwischen den EU-Maßnahmen und den Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene. Auf politischer Ebene soll diese Strategie einen Rahmen für eine bessere Abstimmung der diplomatischen Bemühungen der EU und der Mitgliedstaaten schaffen. Auf operativer Ebene soll die Strategie insbesondere den Gesamtrahmen für die Aufstockung der Finanzmittel und die EU-interne Geberkoordinierung und gemeinsame Programmierung bieten (unter Einbeziehung des Regionalen Treuhandfonds der Europäischen Union als Reaktion auf die Syrien-Krise, des so genannten „Madad-Fonds“). Die Mitgliedstaaten sind nachdrücklich aufgefordert, weiterhin Unterstützung auf bilateraler Ebene zu leisten und dabei sicherzustellen, dass ihre kollektive Reaktion mindestens den aus dem EU-Haushalt finanzierten Anstrengungen entspricht.

Die humanitäre Hilfe für die bedürftigen Bevölkerungsgruppen soll fortgesetzt werden, nach Maßgabe des Bedarfs und unter uneingeschränkter Achtung der international anerkannten humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit.

2.1         GEMEINSAME ZIELE FÜR SYRIEN, IRAK UND ANDERE BETROFFENE LÄNDER

2.1.1     Förderung des regionalen Engagements für Sicherheit und langfristigen Frieden

Um die erforderlichen Veränderungen herbeizuführen, ist ein nachdrückliches diplomatisches Engagement der EU auf hoher Ebene unabdingbar. Die Länder der Region, insbesondere die Golfstaaten, Ägypten, die Türkei und Iran, sind in vielerlei Hinsicht direkt betroffen und können aus Sicht der Öffentlichkeit des Nahen Ostens einen wirkungsvolleren Beitrag zum Kampf gegen Da’esh leisten als die restlichen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft. Dies liegt zudem in ihrem ureigenen Interesse, da ein Übergreifen der Syrien- und der Irak-Krise sie selbst an erster Stelle gefährden würde. Hinzu kommt, dass die Rivalitäten zwischen den wichtigsten regionalen Akteuren Gewalt und religiös motivierte Spannungen in Syrien, Irak und anderen betroffenen Ländern schüren, wovon Da’esh profitiert. Aus all diesen Gründen müssen die regionalen Akteure von der EU aktiv dazu angehalten werden, besondere Verantwortung für die Bewältigung der Bedrohung durch Da’esh und die Förderung des Friedens in der Region zu übernehmen und sich dabei auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen sich ihre Interessen decken. Darüber hinaus muss die EU die gemäßigten Stimmen in der Region unterstützen und stärken und Alternativen zu den Zielen der terroristischen Gruppen fördern.

Formen des EU-Engagements:

Gezielte politische und diplomatische Kontakte mit den Ländern der Region – sowohl auf bilateraler Ebene als auch gemeinsam mit der Arabischen Liga, dem Golf-Kooperationsrat, der Organisation für Islamische Zusammenarbeit sowie mit anderen unterstützungsbereiten Ländern und Organisationen. Über eine klare Verurteilung von Da’esh hinaus sollte dies Folgendes einschließen: einen Dialog über kulturelle Vielfalt, Religion und Weltanschauung, der auf die Eindämmung des gewaltbereiten Extremismus abzielt, eine Unterstützung der Wissenschaftsdiplomatie und anderer Formen direkter persönlicher Kontakte sowie Bemühungen um den Abbau falscher Vorstellungen innerhalb der EU über die Entwicklungen in der Region.

2.1.2     Isolation und Bekämpfung von Da’esh als Kampftruppe und terroristische Organisation und Eindämmung ihres ideologischen Einflusses

o Unterstützung und Stärkung der Anti- Da’esh-Kräfte

Die militärische Antwort der internationale Allianz gegen Da’esh[4] sieht Luftangriffe gegen die Da’esh-Kräfte sowie die Lieferung von letaler und nichtletaler Ausrüstung, Schulungen und nachrichtendienstliche Unterstützung für die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), die kurdischen Peschmerga und, soweit dies möglich ist, für die gemäßigte Opposition in Syrien vor. Der Rat hat keinen Beschluss gefasst, der seitens der EU eine Beteiligung an diesbezüglichen militärischen Operationen vorsehen würde. Auch wurde die EU nicht damit beauftragt, die Lieferung von Waffen und andere militärischer Unterstützung zu koordinieren oder hierbei die Rolle einer Informationsschnittstelle zu übernehmen, doch könnte dies ins Auge gefasst werden. Außerdem muss die EU sicherstellen, dass die Vorgaben für ihre eigenen Anstrengungen hinreichend flexibel bleiben und dem Verlauf der militärischen Operationen angepasst werden können.

o Eindämmung des Zustroms an ausländischen terroristischen Kämpfern sowie der Beschaffung von Finanzmitteln und Waffen für Da’esh

Gemäß der Strategie der EU für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer, die Bestandteil der vorliegenden umfassenden Regionalstrategie ist, wird die EU sich im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und unter uneingeschränkter Achtung der EU– und der internationalen Menschenrechtsnormen verstärkt darum bemühen, Da’esh zu isolieren und zu verhindern, dass die Gruppe an die für ihre Operationen nötigen Mittel gelangt. Dies erfordert einen verstärkten und offenen politischen Dialog mit der Türkei und den Golfstaaten, der mit anderen Partnern (u. a. den USA) koordiniert werden muss. Ein solcher Dialog müsste mit praktischer Unterstützung für den Kapazitätsaufbau verbunden werden, damit die Länder der Region durch verstärkte Grenzkontrollen der von ausländischen Kämpfern ausgehenden Gefahr wirksam begegnen können und die Sanktionen und sonstigen Maßnahmen gegen Da’esh effektiv durchgesetzt werden. Ein weiteres Ziel dieser Maßnahmen besteht darin, Personen aufzuspüren, die an Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen beteiligt sind, Korruptions- und Schmuggelaktivitäten, von denen Da’esh profitiert, zu bekämpfen und die daran Beteiligten strafrechtlich zu verfolgen. Außerdem müssen über Finanzinstitute abgewickelte Finanzströme sowie traditionelle Finanznetze stärker kontrolliert werden.

Darüber hinaus strebt die EU an, dem gewaltbereiten Extremismus in den Ländern der Region vorzubeugen und Deradikalisierungs– bzw. Präventionsprogramme zu unterstützen. Eine vorrangige Aufgabe ist die EU-Unterstützung für den Kapazitätsaufbau im Bereich Terrorismusbekämpfung/Vorgehen gegen ausländische Kämpfer, wobei berücksichtigt werden muss, ob die Partnerländer in der Lage sind, Vorgaben in den Bereichen Menschenrechte und bürgerliche und politische Freiheiten zu erfüllen. Zu den Schlüsselbereichen, die die EU unterstützen sollte, gehört die Reform der Antiterrorgesetzgebung in den Ländern der Region.

Für die Glaubwürdigkeit des Kampfes gegen den Terrorismus ist es äußerst wichtig, dass zwischen Da’esh und anderen terroristischen Organisationen und Gruppen einerseits und Gruppen, die gewaltlose Formen des politischen Islam vertreten, andererseits unterschieden wird. Die EU muss im Rahmen ihrer diplomatischen Anstrengungen deutlich machen, dass die Unterdrückung letztgenannter Gruppen deren Radikalisierung nach sich ziehen könnte. Es muss sichergestellt werden, dass die Strafverfolgungsmaßnahmen der Partnerländer notwendig und verhältnismäßig sind und nicht gegen die Mindeststandards für den Schutz der Menschenrechte verstoßen.

Formen des EU-Engagements: Das EU-Engagement auf diesem Gebiet wird Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EU umfassen, über die auf Grundlage der Beurteilung ihrer Durchführbarkeit und der sich weiterentwickelnden Prioritäten entschieden wird. Dazu gehört insbesondere Folgendes: eine Zusammenarbeit auf politischer und auf Expertenebene mit den einschlägigen Institutionen der Länder der Region, Beiträge der EU-Mitgliedstaaten, Finanzmittel im Rahmen des Instruments, das zu Stabilität und Frieden beiträgt (Stabilitäts- und Friedensinstrument), des Europäischen Nachbarschaftsinstruments (ENI) und gegebenenfalls im Rahmen der GASP. Bei der Umsetzung der EU-Maßnahmen ist darauf zu achten, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingehalten wird.

Ausländische Kämpfer

- Maßnahmen zur Eindämmung des Zustroms ausländischer Kämpfer nach Syrien und Irak und für den Umgang mit Rückkehrern (diese Maßnahmen müssen Anfang 2015 im Einklang mit den Zielen der Strategie der EU für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer im Einzelnen festgelegt werden).

- Unterstützung der Türkei, Libanons und Jordaniens bei der Verbesserung der Grenzsicherheit.

- Stärkung der Kapazitäten in der Region zur Umsetzung der Resolution 2178 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie im Bereich des Grenzmanagements und der Grenzsicherheit, einschließlich Sprengstoffspurendetektoren und Fachwissen über Flughafeninfrastrukturen und –aufbau.

- Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit von Polizei und Justiz: Unterstützung der Ermittlungen gegen ausländische Kämpfer und deren Strafverfolgung; Verfolgung und Erfassung der Reisebewegungen ausländischer Kämpfer, einschließlich durch Annahme von EU-Rechtsvorschriften über den Austausch von Fluggastdatensätzen mit den wichtigsten Partnern der EU unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf Einschränkungen des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten; Aufdeckung krimineller Finanzierungsquellen wie etwa Menschenhandel; Unterbindung illegaler Kanäle für Waffen- und Munitionslieferungen und Verhinderung der Nutzung des Internets für kriminelle Zwecke, wie die Rekrutierung von Terroristen und die Verbreitung terroristischer Praktiken.

- Entwicklung eines gemeinsamen Ansatzes für die interne und externe Sicherheit und diesbezüglicher Expertennetzwerke, um gegen die sich weiterentwickelnden Kommunikations- und Propagandamethoden von Da’esh vorzugehen.

- Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, einschließlich Sammlung von Beweisen, Identifizierung von Straftätern und Erfassung von Zeugenaussagen.

Argumentationslinien gegen dschihadistische Ideologien und Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus (CVE)

- Unterstützung von Informationskampagnen der einschlägigen Akteure in Syrien, Irak und in der Region (sowie in den Herkunftsländern der ausländischen Kämpfer), um die Ideologie von Da’esh zu entlarven, die Menschenrechtrechtsverletzungen dieser Gruppe anzuprangern und gegen den gewaltbereiten Extremismus und die Hassreden anderer Gruppen in der Region vorzugehen.

- Unterstützung von Projekten zur Bekämpfung des gewaltbereiten Extremismus in Libanon und Jordanien und eventuell auch in anderen Ländern der Region, unter besonderer Berücksichtigung der anfälligsten Teile der Bevölkerung, wie vor allem der Jugend.

- Verhinderung von Radikalisierung in Haftanstalten durch ein integriertes Wiedereingliederungsprogramm bzw. „Aussteigerprogramm“ für inhaftierte bzw. zurückkehrende Mitglieder terroristischer Gruppen, sowohl in der Region als auch in der EU.

- Appelle an die Regierungen und die einschlägigen gesellschaftlichen Akteure in der Region, mit gezielten Präventionsmaßnahmen gegen die Radikalisierung und Aufstachelung der Öffentlichkeit vorzugehen (einschließlich an Universitäten).

Terrorismusfinanzierung/Sanktionen

- Unterstützung der VN-Sanktionen, einschließlich durch Benennungen für Sanktionslisten und durch Maßnahmen, die sich gegen die Finanzmittel von Da’esh richten. Ordnungsgemäße Umsetzung und Überwachung (durch internationale Konsultationen).

- Unterstützung des Kapazitätsaufbaus in den Nachbarländern, um die Terrorismusfinanzierung und die damit verbundene Korruption zu unterbinden.

- Unterstützung von Anträgen auf Aufnahme in die Liste des Al‑Qaida‑Sanktionsausschusses der Vereinten Nationen, damit dieser im Einklang mit der Resolution 2170 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen auch die Benennung von Personen und Organisationen prüft, die Da’esh unterstützen, wie z. B. von Zwischenhändlern auf dem Erdöl-Schwarzmarkt in Syrien und Irak.

- Falls erforderlich, könnte die EU eine eigenständige Sanktionsregelung schaffen, die die VN-Sanktionen gegen Al-Qaida ergänzt. Eine solche Sanktionsregelung muss mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Fall Kadi im Einklang stehen[5].

- Förderung strafrechtlicher Ermittlungen und der justiziellen Zusammenarbeit zwecks Strafverfolgung von ausländischen Kämpfern und der Rekrutierungsorganisationen von Terroristen sowie Beschlagnahmung ihrer Erträge aus Straftaten und ihrer Instrumente.

Fortsetzung der EU-Unterstützung für die von den Konflikten betroffene Bevölkerung und die Flüchtlinge und Vertriebenen (insbesondere in den Bereichen Existenzsicherung und Bildung) und der Bemühungen um die Stärkung der Resilienz von Gemeinschaften, da die Deckung des Grundbedarfs ebenfalls ein wirksames Mittel sein kann, um die Attraktivität terroristischer Gruppen zu verringern.

2.1.3     Verhinderung der Ausweitung der Konflikte auf die Region und Stärkung der Grenzsicherheit

Es ist äußerst wichtig, eine verdeckte oder offene Präsenz von Da’esh in den Nachbarländern zu verhindern. Insbesondere Libanon hatte unter Terroranschlägen zu leiden, die von Da’esh-Verbündeten ausgeführt wurden. Jordanien ist es gelungen, jegliche Gewaltakte zu verhindern, auch wenn es lokal zu kleineren Sympathiekundgebungen für Da’esh gekommen ist. Der Türkei, die sich in einem heiklen Friedensprozess mit der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) befindet, wurde vorgeworfen, der Bekämpfung von Da’esh keine ausreichende Priorität beizumessen. Zudem sieht sich die Türkei mit der Gefahr konfrontiert, dass Terroristen in das Land einsickern könnten. Um die Ausweitung der Syrien- und der Irak-Krise auf die Region zu verhindern, müssen die Nachbarländer erheblich mehr Hilfe zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms erhalten (siehe 2.1.5).

Libanon und Jordanien benötigen Unterstützung auf dem Gebiet Sicherheit und Grenzmanagement. Im Dezember 2014 wurde mit Libanon ein Dialog über Migration, Mobilität und Sicherheit aufgenommen, während mit Jordanien im Oktober 2014 eine Mobilitätspartnerschaft unterzeichnet wurde. Darüber hinaus sollte Folgendes ins Auge gefasst werden:

- Weitere Unterstützung der EU und der Mitgliedstaaten für die Reform des Sicherheitssektors in Libanon und die Umsetzung der EU-Hilfe für die libanesischen Streitkräfte in Bereichen wie zivil-militärische Zusammenarbeit, Sicherheit des Seeverkehrs, Grenzschutz, Bekämpfung von Terrorismus und militärische Aus- und Fortbildung;

- gegebenenfalls weitere Unterstützung mit folgenden Zielen: i) Stärkung der Kapazitäten für die Planung und Durchführungen von Operationen; ii) Ausbau des Logistiksystems der libanesischen Streitkräfte; iii) Entwicklung eines Ausbildungszyklus für die libanesischen Streitkräfte; iv) Unterstützung der libanesischen Streitkräfte in den Bereichen Grenzmanagement und Grenzschutz; v) Entwicklung eines zukunftsorientierten Sicherheitskonzepts für die Grenzschutzkräfte der libanesischen Streitkräfte; vi) Stärkung der Rolle der libanesischen Streitkräfte bei der Terrorismusbekämpfung mit Schwerpunkt auf den legislativen, strategischen und institutionellen Aspekten und (vii) Überprüfung des Aus- und Fortbildungssystems der libanesischen Streitkräfte sowie

- Aufnahme eines sicherheitspolitischen Dialogs mit Jordanien, um die Sicherheitslage in der Region zu prüfen und den Weg für eine verstärkte Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen und bei der Terrorismusbekämpfung zu ebnen. Bewertung des Bedarfs der jordanischen Sicherheitskräfte (einschließlich der für die Landgrenzen zuständigen Einheiten) in diesem Kontext und Prüfung von Optionen, wie die Unterstützung, die Jordanien im Rahmen der Nato-Initiative zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten erhält, ergänzt werden könnte.

Was die Türkei betrifft, ist Folgendes vorgesehen:

- weitere Unterstützung der Türkei bei der Umsetzung des nationalen Aktionsplans für integriertes Grenzmanagement, einschließlich der Reform und Modernisierung von Überwachungstechniken an den Landgrenzen und der Kontrollen an den Grenzübergangsstellen und

- Nutzung des bestehenden Dialogs zwischen der EU und der Türkei über Fragen der Terrorismusbekämpfung zur Ermittlung von Bereichen, in denen die EU den türkischen Behörden spezifische Unterstützung anbieten könnte, mit dem Ziel, deren Kapazitäten zur Kontrolle des grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehrs zu stärken, damit Personen, die eng überwacht werden müssen, identifiziert und Waffen, Sprengstoffe und andere gefährliche Stoffe aufgespürt werden können.

Formen des EU-Engagements: Stabilitäts- und Friedensinstrument, ENI, IPA und Beiträge der Mitgliedstaaten.

2.1.4     Bereitstellung von lebensrettender humanitärer Hilfe und internationalem Schutz

Als größter internationaler Geber im Rahmen der Syrien-Krise hat die EU über 3,3 Mrd. EUR für die betroffenen Bevölkerungsgruppen in Syrien, Irak und den Nachbarländern (vor allem Jordanien, Libanon, Türkei und Ägypten) bereitgestellt, davon mehr als 2 Mrd. EUR für humanitäre Hilfe. Angesichts des weiter steigenden Bedarfs sollten die EU und ihre Mitgliedstaaten den betroffenen Menschen in Syrien und Irak, einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen, über einen längeren Zeitraum hinweg weiterhin humanitäre Hilfe leisten und internationalen Schutz gewähren, und zwar sowohl in Syrien und Irak als auch in den Nachbarländern und den EU-Mitgliedstaaten. Dabei ist es auch wichtig, die humanitäre Hilfe besser mit der mittel- bis langfristigen Hilfe für Vertriebene zu verknüpfen, insbesondere was Kinder und Jugendliche anbelangt, um auf diese Weise die Resilienz, die Erholung sowie nach Beendigung des Konflikts die Wiedereingliederung und Entwicklung zu fördern und so einer möglichen Radikalisierung von Flüchtlingen vorzubeugen. Da der EU-Haushalt starken Sparzwängen unterworfen ist, müssen gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten zusätzliche innovative Finanzierungsmöglichkeiten geprüft werden.

Formen des EU-Engagements:

Koordinierung:

Weitere Unterstützung des Koordinierungssystems unter Führung der Vereinten Nationen, im Einklang mit dem Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe und dem humanitären Völkerrecht.

Zugang:

- Nutzung sämtlicher möglicher Formen der Hilfebereitstellung (einschließlich konfliktlinienübergreifender und grenzüberschreitender Hilfe), damit der Zugang zu allen Notleidenden, einschließlich der Konfliktopfer in schwer zugänglichen Gebieten, sichergestellt ist (4,8 Millionen Menschen in Syrien, 3,6 Millionen in Irak, Stand Mitte Januar 2015).

- Proaktive Zusammenarbeit mit allen Konfliktparteien, um den für die humanitäre Hilfe nötigen Freiraum in Syrien und Irak zu vergrößern und den Zugang zu allen Notleidenden sicherzustellen.

- Stärkung der Fähigkeiten der VN, Verhandlungen über die Zugangsbedingungen zu führen, insbesondere in Syrien und Irak über OCHA, und Gewährleistung einer besseren Koordinierung insbesondere zwischen grenzüberschreitenden und konfliktlinienübergreifenden Maßnahmen.

- Stärkung der Hilfeabwicklungskapazitäten von lokalen Nichtregierungsorganisationen (NRO).

Schutz:

- Gewährleistung des Schutzes der betroffenen Bevölkerungsgruppen; Förderung der Einhaltung des Völkerrechts, des Flüchtlingsrechts und des humanitären Völkerrechts.

- Appelle an die Behörden der betroffenen Länder, die Vereinbarkeit der Regierungsmaßnahmen mit dem humanitären Völkerrecht sicherzustellen, damit Flüchtlinge nicht zurückgewiesen werden und keine informellen Lager in No-Man's-Land-Zonen entstehen, Schaffung ordnungsgemäßer Registrierungs- und Dokumentationsmechanismen für Flüchtlinge und Vertriebene und Zugang zu Rechtsbeistand und angemessenem Schutz für besonders gefährdete Vertriebene und Flüchtlinge, insbesondere für Frauen und Kinder. Darüber hinaus Unterstützung der Bemühungen des UNHCR und anderer Akteure, die gewährleisten sollen, dass die Maßnahmen der Regierungen diese Anforderungen erfüllt.

- Weiterer Einsatz für die Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes humanitärer Helfer und der Unverletzlichkeit von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen.

Beziehungen zwischen der zivilen und der militärischen Ebene

- Stärkung der Koordinierung und der Zusammenarbeit zwischen der zivilen und militärischen Ebene unter Federführung der Vereinten Nationen, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und die Achtung der humanitären Grundsätze zu gewährleisten und gleichzeitig die Risiken für die Sicherheit der humanitären Helfer zu verringern und den Zugang zu bedürftigen Bevölkerungsgruppen zu verbessern.

Länderspezifische Ansätze

- Ermutigung der Vereinten Nationen, nicht diskriminierende, alle Seiten einbeziehende länderspezifische Ansätze zu verfolgen („für ganz Syrien“ und „für ganz Irak“).

- Weitere Befürwortung integrierter Aufrufe zur Bereitstellung von prioritär er humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe und gemeinsamer Bedarfsanalysen sowie Umsetzung des VN-Hilfeplans „Regional Refugee and Resilience Plan“ (3RP) durch nationale Reaktionspläne in den Nachbarländern.

Krisenreaktionsfähigkeit und Monitoring

- Stärkung eines länderbezogenen und multisektoralen Frühwarnsystems.

- Ausbau der Kapazitäten für Notfallbereitschaft und Krisenreaktion durch flexiblere Handhabung bestehender Vereinbarungen mit Partnern, um besser auf neu auftretenden Bedarf reagieren zu können, Festlegung von Regelungen für Notfallreserven und mögliche Beiträge zu bestehenden Nothilfefonds.

Public Diplomacy und Sichtbarkeit der Hilfe

- Bessere Kommunikation über die von der EU geleistete humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe sowohl in der Region als auch in der EU, gegebenenfalls auf der Grundlage überarbeiteter Leitlinien für die Kommunikation und Sichtbarkeit.

Deckung des langfristigen Entwicklungsbedarfs der Vertriebenen

- Ausrichtung eines Teils der EU-Entwicklungshilfe für Syrien und Irak sowie für die Nachbarländer auf den Bedarf der Vertriebenen, insbesondere den Bildungsbedarf von Kindern und die berufliche Ausbildung oder Umschulung von Erwachsenen, mit Schwerpunkt auf der in einem Post-Konflikt-Umfeld benötigten Schaffung von Arbeitsplätzen. Die berufliche Bildung sollte auch Schulungen für Frauen umfassen, um ihre wirtschaftliche und soziale Rolle beim Wiederaufbau in der Post-Konflikt-Phase zu stärken.

Neuansiedlung und Asyl

- Weitere Unterstützung zur Stärkung der langfristigen Fähigkeiten der Aufnahmeländer, den Flüchtlingszustrom zu bewältigen, insbesondere durch die regionalen Entwicklungs- und Schutzprogramme (RDPP) in Jordanien, Libanon und Irak, sowie durch Unterstützung der Türkei bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe für syrische Flüchtlinge und Unterstützung bei der Verwirklichung eines modernen und tragfähigen Asylsystems.

- Aufrechterhaltung der syrischen (und gegebenenfalls auch irakischen) Flüchtlingen gebotenen Perspektive auf eine Neuansiedlung in der EU. Das UNHCR hatte die internationale Gemeinschaft aufgefordert, mindestens 130 000 Syrern, insbesondere den schutzbedürftigsten Personen, eine Neuansiedlung/ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zu gewähren. Die EU-Mitgliedstaaten haben die Aufnahme von rund 36 000 Personen zugesagt, eine Zahl, die alle bisherigen Neuansiedlungsbemühungen der EU übertrifft. Die Kommission unterstützt die Neuansiedlungsmaßnahmen im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds.

2.1.5 Stärkung der Resilienz auf lokaler Ebene in Syrien, Irak und betroffenen Nachbarländern

Um die weitere Rekrutierung von Da’esh-Kämpfern und mögliche gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Vertriebenen und Aufnahmegemeinschaften zu verhindern, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diesen Bevölkerungsgruppen Hilfe und bessere Zukunftsperspektiven geboten werden. Die humanitäre Hilfe muss mit dem längerfristigen Entwicklungsbedarf der Betroffenen verknüpft werden, um die Wiedereingliederung nach Beendigung des Konflikts zu fördern und potenziellen extremistischen Tendenzen unter den Flüchtlingen bzw. innerhalb der Aufnahmegemeinschaften entgegenzuwirken. In den Gebieten Syriens und Iraks, in denen Da’esh besiegt wurde, sollten die Grundlagen der Rechtsstaatlichkeit, die Basisdienstleistungen und die Wirtschaftstätigkeit so rasch wie möglich wiederhergestellt werden, um zu verhindern, dass Da’esh erneut Zulauf erhält. Zudem sollten die Mindestvoraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Vertriebene und Flüchtlinge auf freiwilliger Basis in Sicherheit und Würde zurückkehren können.

Diese Maßnahmen sollten darauf ausgerichtet sein, die Resilienz von Menschen, Gemeinschaften und Institutionen so zu stärken, dass sie die Auswirkungen der Krise bewältigen können.

Parallel zu dieser Hilfe muss mit den Ländern, die syrische Flüchtlinge aufgenommen haben, als Gruppe wie auch bilateral ein politischer Dialog auf hoher Ebene geführt werden, um zu gewährleisten, dass den Flüchtlingen Schutz und Perspektiven geboten werden (insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Bildung, zum Arbeitsmarkt, usw.).

Formen des EU-Engagements:

Förderung der Resilienz/Erholung und Unterstützung von lokalen Gemeinschaften und gesellschaftlichen Akteuren in Syrien, Irak und den Nachbarländern im Rahmen des so genannten „Madad-Fonds“, des Stabilitäts- und Friedensinstruments und durch direkte Beiträge der Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung folgender Aspekte:

- Nutzung der bestehenden gemeinsamen Strukturen für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe und gemeinsame Programmierung für Syrien, Irak, Jordanien, Libanon und die Türkei.

- Bereitstellung von Mitteln aus dem „Madad-Fonds“ für die Förderung der Stabilisierung und der Resilienz von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften in Jordanien, Irak, Libanon, in der Türkei und in Ägypten. Dabei muss ein Gesamtkonzept verfolgt werden, das auf die bestehenden Finanzierungsmechanismen, die Planungen der jeweiligen Regierungen und das 3RP-Konzept der Vereinten Nationen abgestimmt ist.

- Unterstützung der Regierungen in der Region bei der weiteren Umsetzung von politischen Strategien, die die wirtschaftliche Resilienz der Flüchtlinge und der Aufnahmegemeinschaften fördern, Perspektiven für junge Menschen schaffen und der Gleichstellung der Geschlechter dienen und

- Umsetzung des zusätzlichen Hilfeprogramms für die Türkei, das infolge der Kobanê-Krise angekündigt wurde und die türkischen Behörden bei ihren Anstrengungen unterstützen soll, längerfristig syrische Flüchtlinge in der Türkei aufzunehmen und zu unterstützen.

Generell sollte auch eine Zusammenarbeit mit einschlägigen Diaspora-Organisationen in Europa ins Auge gefasst werden, um die Wirkungsmöglichkeiten der EU zu verbessern und die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zu erhöhen.

2.2         LÄNDERSPEZIFISCHE ZIELE - SYRIEN

2.2.1     Förderung eines politischen Übergangs

Im Einklang mit den Zielen und Aktionen, die in der gemeinsamen Mitteilung „Ein umfassendes EU-Konzept für die Krise in Syrien“ dargelegt sind, wird die EU weiterhin alle Mittel und Wege prüfen, um in Abstimmung mit den regionalen und internationalen Partnern den politischen Prozess wieder in Gang zu bringen und einen von Syrien selbst angeführten Übergang herbeizuführen. Insbesondere sollte die EU:

- den Sondergesandten der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, uneingeschränkt bei seinen Bemühungen unterstützen, eine strategische Deeskalation der Gewalt zu erreichen und somit die Grundlage für einen umfassenden, tragfähigen politischen Prozess zu schaffen; konkret die Weiterentwicklung seiner Vorschläge unterstützen, insbesondere was den Vorschlag anbelangt, im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht über lokale Waffenruhen Fortschritte zu erzielen. Im Rahmen dieses Ansatzes sollten grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen und Maßnahmen zur Förderung der Resilienz klar von den politischen und sicherheitspolitischen Verhandlungen getrennt werden;

- lokale und internationale Vermittlungs- und Dialogbemühungen unterstützen, einschließlich lokaler Vereinbarungen und anderer lokaler Initiativen zur Friedenskonsolidierung, was auch eine konfliktlinienübergreifende Zusammenarbeit unter gebührender Beteiligung von Frauen einschließen kann;

- Bemühungen um einen internationalen Konsens auf Ebene des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und um einen regionalen Konsens (zu den gemeinsamen Interessen gehört die Entschlossenheit der EU, die Einheit, territoriale Integrität und Souveränität Syriens zu schützen und den Terrorismus zu bekämpfen) und um regionale Unterstützung für einen von Syrien selbst angeführten politischen Prozess, der einen Übergang herbeiführt, im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und dem Genfer Kommuniqué vom 30. Juni 2012; und

- Förderung der Einrichtung einer Unterstützungsgruppe für die Bestrebungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen bzw. des Syrien‑Sondergesandten, einen breiten Konsens zugunsten eines in diesem Sinne ausgerichteten nationalen politischen Prozesses zu schaffen.

Formen des EU-Engagements: Politische und diplomatische Zusammenarbeit mit den Ländern der Region und internationalen Partnern mit dem Ziel, eine Deeskalation sowohl der Spannungen in der Region als auch der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Assad-Regime und der bewaffneten Opposition zu erreichen; gleichzeitig sollten Anreize dafür geboten werden, in Syrien einen Übergang auf breiter Basis auf der Grundlage des Genfer Kommuniqués zu vollziehen. Erhöhung des Drucks auf das Assad-Regime, insbesondere durch weitere gezielte Sanktionen und andere geeignete restriktive Maßnahmen mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Durchsetzung robuster EU-Ölsanktionen gegen Syrien und Lobbyarbeit gegenüber Drittländern, damit sie sich ihnen anschließen. Ausbau des Dialogs mit den Partnern, insbesondere in der Region.

Aufstockung des mit politischen Fragen befassten Personals der EU-Delegation für Syrien (die weiterhin in der EU-Delegation in Beirut untergebracht wird). Solange die Bedingungen für die Wiedereröffnung der EU-Delegation in Damaskus nicht erfüllt sind, sind weiterhin regelmäßige Besuche in Syrien vorgesehen.

2.2.2     Stärkung der gemäßigten Opposition und der Akteure der Zivilgesellschaft

- Weitere Unterstützung der gemäßigten Opposition, einschließlich der Nationalen Koalition der Kräfte der syrischen Revolution und Opposition (SOC), um für mehr Inklusivität (auch in Bezug auf religiöse und ethnische Minderheiten), Effizienz und Chancengleichheit zu sorgen, ohne dabei die Einbeziehung anderer konstruktiver Kräfte der einheimischen Zivilgesellschaft bzw. politischer Kräfte auszuschließen. Ein dauerhafter Frieden in Syrien wird nur dann möglich sein, wenn den spezifischen Anliegen aller ethnischen und religiösen Gruppen gleichermaßen Rechnung getragen wird und der multiethnische und multireligiöse Charakter des Landes gewahrt bleibt.

- Weitere Prüfung und gegebenenfalls Unterstützung geeigneter Track-2- und Track-3-Initiativen, die zur Gestaltung eines Modells für den Übergang beitragen könnten, das auf der Einbeziehung glaubwürdiger Vertreter der Opposition in eine neue Übergangsregierung basiert und einen Stabilisierungsprozess auf lokaler und nationaler Ebene fördert. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass Frauen an diesen Initiativen beteiligt werden.

- Weitere Unterstützung des Kapazitätsaufbaus für Organisationen der syrischen Zivilgesellschaft.

Formen des EU-Engagements: weitere Unterstützung der Friedenskonsolidierung und der Vermittlungsbemühungen mit Schwerpunkt auf dem Aufbau von Kapazitäten interner zivilgesellschaftlicher Akteure und Maßnahmen zur Förderung der Resilienz im Rahmen des Stabilitäts- und Friedensinstruments und des ENI.

2.2.3     Bereitstellung von grundlegenden Dienstleistungen und Hilfe beim Wiederaufbau der Verwaltung in befriedeten Gebieten

- Verbesserung der grenzüberschreitenden und konfliktlinienübergreifenden Erbringung von nichthumanitärer Hilfe in Syrien.

- Unterstützung der Bemühungen der gemäßigten Opposition und der Zivilgesellschaft, in befriedeten Gebieten, in zuvor von Da’esh besetzten Gebieten und in den überwiegend von syrischen Kurden besiedelten Teilen Nordsyriens die Verwaltung und öffentliche Dienstleistungen (u.a. in den Bereichen Zivilschutz, Gesundheit, Bildung) wieder aufzubauen sowie generell die Wirtschaftstätigkeit wieder in Gang zu bringen.

- Unterstützung der Versorgung mit grundlegenden Dienstleistungen in wichtigen Bereichen auf der Grundlage der Grundsätze Inklusivität, verantwortungsvolle Regierungsführung und Mitspracherecht der Gemeinschaften sowie von Maßnahmen zur Förderung der Resilienz, unter Berücksichtigung der nachhaltigen Bewirtschaftung und des Schutzes der natürlichen Ressourcen.

Formen des EU-Engagements:

Ausbau der Förderung der Resilienz/Erholung, u.a. durch gezielte Finanzierung von Hilfsmaßnahmen der EU oder der Mitgliedstaaten für lokale Gemeinschaften und soziale Akteure (einschließlich Maßnahmen, die unter Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten von Gaziantep aus geleitet werden ), aus Mitteln des „Madad-Fonds, des Stabilitäts- und Friedensinstruments oder des ENI.

Mit den EU-Projekten zur Förderung der Zivilgesellschaft, die aus dem ENI (17 Mio. EUR) und dem Stabilitäts- und Friedensinstruments (12 Mio. EUR) finanziert werden, werden kurzfristig folgende Ziele verfolgt: Kapazitätsaufbau auf Ebene der Organisationen der syrischen Zivilgesellschaft, Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, Durchführung von Maßnahmen zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit und Schaffung inklusiver, partizipativer politischer Rahmenbedingungen auf lokaler Ebene. Zudem könnten gezielte Programme für Minderheiten in Betracht gezogen werden, um auf diese Weise die Sicherheit aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften und einen inklusiven Übergang zu gewährleisten, dem besonderen Bedarf dieser Gemeinschaften Rechnung zu tragen und ihre gesellschaftliche Wiedereingliederung zu unterstützen.

2.2.4     Stärkung der Menschenrechte sowie des humanitären Völkerrechts und Gewährleistung der Rechenschaftspflicht

- Weitere Untersuchung und Dokumentation von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem im Hinblick auf eine mögliche künftige strafrechtliche Verfolgung.

- Zusammenarbeit mit Partnern zur Unterstützung des Untersuchungsausschusses der Vereinten Nationen und anderer Rechenschaftsinitiativen, um einen Prozess der Rechenschaftslegung vorzubereiten und die Kultur der Straflosigkeit zu bekämpfen.

- Weitere Unterstützung der Maßnahmen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), insbesondere was deren Verifikationsmission und die Vernichtung der syrischen Chemie-Waffen und Chemie-Waffen-Produktionsanlagen anbelangt.

- Weitere Suche nach Möglichkeiten, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit der Lage in Syrien zu befassen und Unterstützung ergänzender Mechanismen der Rechenschaftslegung, auch auf nationaler Ebene.

Formen des EU-Engagements: Diplomatisches Engagement, auch auf Ebene des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, und praktische Hilfe für Menschenrechtsverteidiger im Rahmen des Stabilitäts- und Friedensinstruments und des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), justizielle Zusammenarbeit.

2.2.5     Vorbereitungen für die Zeit nach der Krise

- Weitere Planungen für die langfristige Erholung und den Wiederaufbau Syriens und Schaffung der Voraussetzungen für die Rückkehr und Wiedereingliederung von Flüchtlingen und Vertriebenen, insbesondere durch regelmäßige Schadens- und Bedarfsbewertungen in Syrien.

- Weitere Stärkung der Kapazitäten der syrischen Bevölkerung und der syrischen Zivilgesellschaft, einschließlich von Organisationen, die die Gleichstellung der Geschlechter fördern und die Rolle der Frauen stärken wollen, damit die syrischen Bürger eine aktive Rolle beim Wiederaufbau des Landes übernehmen können.

- Sondierung weiterer Möglichkeiten, wie syrische Studenten und Wissenschaftler durch Stipendien in Europa und Berufsbildungsangebote in der Region unterstützt werden könnten.

- Weitere Ermittlung von Möglichkeiten für den Aufbau von Kapazitäten und Fähigkeiten auf Ebene der syrischen Bevölkerung, damit die Bürger Verantwortung für den Übergangsprozess übernehmen können (in Bereichen wie Medienregulierung, Dezentralisierung, Gemeindeverwaltung, Ausarbeitung einer Verfassung usw.), unter gebührender Berücksichtigung der Bedürfnisse und der Rolle von Frauen.

- Weitere eingehende Planungen im Hinblick auf Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung als Teil der Reform des Sicherheitssektors.

- Weitere regelmäßige Überprüfung der Frage, ob die aktuellen Bedingungen die Vorbereitung von Maßnahmen der Übergangsjustiz und die Durchführung solcher Maßnahmen erlauben, deren Ziel darin bestehen muss, die Aussöhnung, die Vertrauensbildung und die Rechtsstaatlichkeit zu fördern.

- Sorgfältige Vorarbeiten für eine Verfassungs‑ und Wahlrechtsreform, auch im Hinblick auf das Parteiengesetz.

- Überlegungen, wie das noch vorhandene kulturelle Erbe geschützt und die kulturelle Vielfalt gefördert werden könnten, insbesondere im Rahmen von Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen.

- Sicherung einer weiterhin führenden Rolle der EU bei der Geberkoordinierung, um die Kohärenz, Koordinierung und Vorhersehbarkeit der internationalen Wiederaufbauhilfe für Syrien zu stärken.

- Ausschöpfung der Möglichkeiten des Programms „Erasmus+“ zur Finanzierung von Mobilitätsstipendien für syrische Studenten sowie von Kooperationsprojekten mit syrischen Hochschuleinrichtungen mit dem Ziel ihrer Modernisierung. Sondierung weiterer Möglichkeiten, die Nachbarländer und dortige Universitäten bei Hochschulbildungsangeboten für syrische Studenten zu unterstützen.

Die EU wird diese Anstrengungen fortzusetzen und dabei berücksichtigen, dass ein Zusammenbruch der staatlichen Institutionen Syriens vermieden werden muss.

Formen des EU-Engagements: ENI, „Madad-Fonds, Stabilitäts- und Friedensinstrument (Programm „Tahdir“: Vorbereitung des Übergangs in Syrien), trilaterale Vereinbarung zwischen den Vereinten Nationen, der Weltbank und der EU über Post-Konflikt-Bedarfsbewertungen, Erasmus+.

2.3         LÄNDERSPEZIFISCHE ZIELE – IRAK

2.3.1     Unterstützung der irakischen Regierung bei der Verwirklichung von Inklusivität 

Hauptziel der EU in Irak muss es sein, eine Regierung, die alle Seiten einbezieht, dabei zu unterstützen, den berechtigten Anliegen der Bürger Rechnung zu tragen und einen langfristigen Prozess des  Staatsaufbaus und der nationalen Aussöhnung auf der Grundlage der irakischen Verfassung zu fördern. Das Programm der Regierung (2014-2018) und der Nationalen Entwicklungsplan (2014-2017) Iraks bieten dafür eine gute Grundlage. Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Irak, das zum Teil bereits vorläufig angewandt wird, bildet den Rahmen für die Zusammenarbeit in einem breiten Spektrum von Bereichen. Dabei müssen die Belange der Sunniten berücksichtigt, gleichzeitig aber Sektierertum und Radikalisierung, die sich in den meisten irakischen Gemeinschaften immer weiter ausbreiten, umfassend und landesweit eingedämmt werden. Die EU wird sich um eine möglichst enge Zusammenarbeit mit der UNAMI und den in Irak tätigen VN-Agenturen bemühen.

o Beziehungen zu gemäßigten, bislang marginalisierten sunnitischen Gruppen

Die irakische Regierung sollte darin bestärkt werden, auf alle Teile der irakischen Gesellschaft, insbesondere moderate religiöse und politische Gruppen, zuzugehen und sie in die Gestaltung von Iraks Zukunft einzubeziehen. Besondere Bedeutung ist dabei der sunnitischen Gemeinschaft beizumessen, um irakische Sunniten davon abzuhalten, sich mit Da’esh zu verbünden. Etwaige Aufforderungen zum bewaffneten Widerstand gegen Da’esh, die sich an diese Gruppen richten, sollten daher mit einem solchen Mitspracheangebot einhergehen. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der sunnitischen Gemeinschaft sollte herausgestellt werden, welche Maßnahmen zur Behebung der beanstandeten Missstände und zur Förderung der nationalen Aussöhnung vorgesehen sind, um die Sicherheit der Bevölkerung (insbesondere der Gruppen, die sich dem Kampf gegen Da’esh anschließen) zu gewährleisten und Garantien für ein künftiges Mitspracherechte bei der Politikgestaltung zu bieten.  Gleichzeitig sollten moderate Schiiten und Gruppen der Zivilgesellschaft unterstützt werden, um einer Stigmatisierung und Repression der sunnitischen Bevölkerung entgegenzuwirken.

o Beziehungen zur Region Kurdistan-Irak

Die Beilegung der Streitigkeiten zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Region Kurdistan, einschließlich der endgültigen, dauerhaften Einigung im Streit um die Verteilung der Öleinnahmen und um Gebietsansprüche hat hohe Priorität und würde zu einer maßgeblichen Verbesserung des politischen Klimas in Irak beitragen. Die EU sollte die Bundesregierung und die Regierung der Region Kurdistan darin bestärken, einen genauen Fahrplan mit zeitlichen Vorgaben für eine Lösung der Streitigkeiten auf der Grundlage verfassungsrechtlicher Bestimmungen zu vereinbaren.

o Konsolidierung demokratisch verwalteter staatlicher Institutionen und Unterstützung von politischen und legislativen Reformen  

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten die irakische Regierung bei der Einleitung eines Programms für eine tiefgreifende Verwaltungsreform unterstützen, um die Kapazitäten Zivilverwaltung gemäß modernen Grundsätzen der öffentlichen Verwaltung und Finanzverwaltung zu stärken. Einer solchen Reform sollten folgende Prinzipien zugrunde liegen: die Trennung von politischen und administrativen Posten, die Schaffung eines unabhängigen öffentlichen Dienstes und eine auf Chancengleichheit beruhende Einstellungspolitik, die sich unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit an Qualifikationen und Kompetenzen orientiert. 

Auch die Unterstützung von Initiativen für politische und legislative Reformen, die von der Regierung, der Zivilgesellschaft oder anderen Seiten im Rahmen der irakischen Verfassung vorgeschlagen werden, sollte in Betracht gezogen werden, sofern sie die nationale Aussöhnung und Entwicklung voranbringen.

o Umstrukturierung des Sicherheitssektors

Die Reform des Sicherheitssektors umfasst ein breites Maßnahmenspektrum, das von der Unterstützung der Streitkräfte bis zu Reformen des Rechtsrahmens reicht. Entsprechend müssen künftige Aktivitäten der EU in diesem Bereich den Maßnahmen, mit denen die Internationale Allianz der Bedrohung durch Da’esh begegnen will, sowie den bilateralen Anstrengungen der EU-Mitgliedstaaten Rechnung tragen und sie ergänzen. Die EU Mitgliedstaaten setzen sich derzeit für die Umstrukturierung und Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte ein. Deren Schwäche hat zu einem Wiedererstarken irregulärer Milizen geführt, die zwar die Anstrengungen der Sicherheitskräfte unterstützen, aber auch für zahlreiche Gräueltaten und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Die schrittweise Demobilisierung schiitischer Milizen und anderer bewaffneter Gruppen, an deren Stelle gut ausgebildete, irakische Sicherheitskräfte, die unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften angehören, treten, ist für die nationale Aussöhnung von maßgeblicher Bedeutung. Die irakische Regierung muss dafür Sorge tragen, dass nur ihren Truppen der Waffenbesitz gestattet ist und im Einklang mit der Verfassung bewaffnete Formierungen außerhalb des staatlichen Rahmens verboten werden. Gleichzeitig müssen Präsenz und Kompetenz ziviler Polizeikräfte verstärkt werden.

o Justizreformen und konsequente Achtung der Menschenrechte

Die Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze ist eine der Hauptursachen für die Krise in Irak.  Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten prüfen, ob sie die irakische Regierung umfassender bei der Einführung von Maßnahmen unterstützen können, die auf eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte in allen Bereichen des öffentlichen Lebens im Irak abzielen. Dies muss auch die Reform strittiger Rechtsvorschriften und die Frage ihrer Anwendung einschließen, die für die die Radikalisierung und den Widerstand gegen die irakische Regierung mitverantwortlich sind. Es bedarf entschiedener Anstrengungen, um die Unabhängigkeit der Institutionen, insbesondere der Justiz, zu stärken. Schulungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Menschenrechte müssen systematisch in die Ausbildungsgänge für alle zivilen und militärischen Sicherheitskräfte einbezogen werden und die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit Rechtsinstitutionen sowie Polizeiaufsichtsbehörden sollte verbessert werden. Status und Kapazitäten der Menschenrechtskommission sollten gestärkt werden. Die größere Achtung der Menschenrechte im Rahmen des Strafvollzugs wird auch die Gefahr der Radikalisierung eindämmen. Die zur Bekämpfung von Terrororganisationen eingesetzten justiziellen Kapazitäten sollten gestärkt werden. Die EU sollte sich außerdem dafür einsetzen, dass Irak dem Römischen Statut beitritt, um Strafverfolgungen auf internationaler Ebene zu ermöglichen. In all diese Maßnahmen müssen die Erfahrungen einfließen, die mit der bisherigen EU-Unterstützung der Justizform im Rahmen der EUJUSTLEX-Mission gewonnen wurden. Langfristig sollte Irak dazu angehalten werden, ein Konzept für die schrittweise Abschaffung der Todesstrafe zu entwerfen, die sich als ineffektiv erwiesen hat und möglicherweise zur Radikalisierung beiträgt.

o Stärkung der lokalen und regionalen Verwaltung

In der irakischen Verfassung ist eine größere Autonomie der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vorgesehen und die irakische Regierung hat in ihrem eigenen Programm eine solche Dezentralisierung als mögliche Option aufgeführt. Größere politische und finanzielle Unabhängigkeit bei der Verwaltung der Provinzen und Kommunen, einschließlich der lokalen Kontrolle des lokalen Sicherheitsapparates, sowie die größere Nähe zu den Entscheidungsprozessen können die Behebung von Missständen auf lokaler Ebene erleichtern. Damit muss jedoch ein System einhergehen, das eine gerechte Ressourcenverteilung zwischen den Gemeinschaften und alle religionsübergreifende, vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den Gebietseinheiten unterstützt, zum Beispiel durch regionale Infrastruktur- und andere Kooperationsprojekte.

Formen des EU-Engagements :

Institutionelle Fragen

- Politische Kontakte und Kontakte auf Arbeitsebene, vor allem im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens. In diesem Kontext wäre eine zügige Ratifizierung des Abkommens durch die EU-Mitgliedstaaten ein deutliches Zeichen für das Engagement der EU.

- In Anbetracht der zentralen Rolle, die der Region Kurdistan im Kampf gegen Da’esh und bei der Lösung der politischen Krise in Irak zukommt, wird sich die EU unter uneingeschränkter Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung Iraks um eine Stärkung ihrer Präsenz in Erbil bemühen. Vorbehaltlich der Zustimmung der Zentralregierung und der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln wird die EU‑Delegation in Irak eine Antenne in Erbil einrichten. Die EU wird sich für einen reibungslosen Informationsfluss zwischen Bagdad und Erbil einsetzen. Gegebenenfalls wird sie auch die Beteiligung der Regierung der Region Kurdistan an der Umsetzung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens EU-Irak unterstützen.

- Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob eine diplomatische Einflussnahme Iraks auf Länder in der Region und auf sonstiger Ebene, gefördert werden sollte, wobei auf die im Rahmen der internationalen Wiederaufbauanstrengungen in den Jahren zwischen 2003 und 2010 gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse, zurückgegriffen werden könnte.

- Die EU-Delegation in Irak sollte verstärkt werden, u.a. durch Sicherheitsexperten aus den Mitgliedstaaten.

Technische Hilfe

- Die EU kann in den Mitgliedstaaten vorhandenes Fachwissen mobilisieren, um u.a. in folgenden Bereichen Ausbildungsmaßnahmen  und Beratung für die irakischen staatlichen Institutionen bereitzustellen: Reform der öffentlichen Verwaltung und des Sicherheitssektors, Bekämpfung des Terrorismus unter Achtung der Menschenrechte, Sicherheit der Grenzen und integriertes Grenzmanagement (IBM) auf der Grundlage des Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Irak, insbesondere der Bestimmungen über die Zusammenarbeit nach Titel III, die vorläufig anwendbar sind.

- Im Sicherheitssektor könnte die EU Irak beim Aufbau von Kapazitäten für die Eindämmung die Bedrohung durch Da’esh unterstützen. Der Einsatz von EU-Instrumenten wird entsprechend geprüft werden. Zur Vermeidung von Doppelarbeit ist es jedoch wichtig, die derzeitige militärische Unterstützung für Irak zu berücksichtigen, die von den Mitgliedstaaten vorrangig im Rahmen der Internationalen Allianz gegen Da’esh und ihren Arbeitsgruppen, sowie von der NATO, die eine Unterstützung der irakischen Sicherheitskräfte im Rahmen der Initiative zum Aufbau von Verteidigungskapazitäten (Defence Capacity Building Initiative) in Betracht zieht, geleistet wird. Um die Rückkehr der Vertriebenen in Gebiete, aus denen Da’esh zurückgedrängt wurde, zu erleichtern, könnte technische Unterstützung für Minenräumaktionen und für die Entschärfung der dort von Da’esh gelegten Sprengfallen bereitgestellt werden.

- Im Einklang mit den Bemühungen der Internationalen Allianz gegen Da’esh und ihrer Arbeitsgruppen wird Unterstützung beim Ausbau der Kapazitäten für die Terrorismusbekämpfung (zivile Aspekte) geleistet, um die irakische Regierung dazu zu bewegen, bei der Terrorismusbekämpfung einen neuen, umfassenden Ansatz gestützt auf die Achtung der Menschenrechte und mit dem Schwerpunkt auf Prävention zugrunde zu legen. So könnte u. a. in folgenden Bereichen Unterstützung geleistet werden: Kapazitätsaufbau; nachrichtendienstliche Sammlung von Erkenntnissen, Auswertung, Austausch und Schutz sowie Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung

- Die Bemühungen der EU um die Stärkung der institutionellen und rechtlichen Reformen und die konsequente Achtung der Menschenrechte können sich auf das laufende EU-Projekt zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit im Rahmen des DCI, sowie auf künftige Unterstützungsmaßnahmen, die im Rahmen der Indikativen Mehrjahresprogrammierung des DCI für den Zeitraum 2014-2017 vorgesehen sind, und die im Rahmen der EU-JUSTLEX-Mission gewonnenen Erfahrungen stützen.

- Auf Ersuchen der irakischen Regierung und die Finanzierung durch die Mitgliedstaaten vorausgesetzt, kann die EU auf eine Vielzahl von in der EU vorhandenen Modellen und Sachverständigen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene der EU (Ausschuss der Regionen) zurückgreifen, um die irakische Regierung dabei zu unterstützen, die Dezentralisierung bestmöglich in die Praxis umzusetzen.

- Dabei ist es wichtig, den Repräsentantenrat Iraks einzubinden. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente sind aufgefordert, in diesem Zusammenhang eine maßgebliche Rolle zu übernehmen.

- Die EU wird Krisenpläne erstellen, um die irakische Regierung rasch bei ihren Anstrengungen zur Wiederaufnahme und Verbesserung der Grundversorgung in den von Da’esh befreiten Gebieten unterstützen zu können und so bald wie möglich eine freiwillige, sichere und würdevolle Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Häuser zu ermöglichen, sofern Garantien für ein Mindestmaß an Schutz gegeben sind.

2.3.2     Unterstützung der Grundversorgung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bekämpfung der Korruption

Eine nachhaltige Stabilität kann in Irak nur erreicht werden, wenn das enorme Potenzial des Landes zum Nutzen aller Bürger eingesetzt wird. Die generell unzulängliche Verwaltung der öffentlichen Finanzen und weit verbreitete Korruption hatten eine ineffiziente Haushaltsausführung und Dienstleistungserbringung sowie in einigen Gebieten die Zerstörung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen zur Folge. Aufgrund der Sicherheitskrise schrumpft die Wirtschaft und die fallenden Ölpreise führen zu einem Rückgang der öffentlichen Einnahmen und der Währungsreserven. Nun muss durch wohl überlegte wirtschaftliche und finanzpolitische Reformen die langfristige Tragfähigkeit des Staatshaushalts gewährleistet werden, die zur Deckung der gestiegenen Kosten in den Bereichen und Sicherheit unabdingbar ist.

Was die Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit anbetrifft, so liegt Irak seit mehr als einem Jahrzehnt weit unter dem Durchschnitt der Region, wobei der Zugang zu Krediten das größte Hindernis für die Entwicklung des Privatsektors darstellt. Hier sind nun ein entschlossenes Vorgehen gegen die Korruption und die Stärkung der Verwaltungskapazitäten Iraks erforderlich. Außerdem sind Verbesserungen der sozialen Diensten (Bildung, Gesundheitsversorgung) und der Infrastrukturen (Strom, Verkehr) dringend notwendig. Des Weiteren muss die Privatwirtschaft gefördert und ein investitionsfreundliches Klima geschaffen werden, um die Nachhaltigkeit des wirtschaftlichen Fortschritts sicherzustellen.

Eine große Herausforderung für Irak ist die Verknüpfung der humanitären Hilfe mit der nachhaltigen Entwicklung und die Mobilisierung der erforderlichen Ressourcen für die Grundversorgung und für die Erleichterung der Rückkehr und Wiedereingliederung von Vertriebenen. Dazu gehören u. a. die Grundversorgung mit Wasser, Energie, Wohnraum, Schulbildung und Hochschulbildung (Erasmus+ ermöglicht seit Kurzem auch Maßnahmen für den Kapazitätsausbau in Irak), Sicherheit und Zugang zu Finanzmitteln (z. B. Finanzierung von KMU und Mikrofinanzierungen) unter Berücksichtigung der Stärkung der Rolle der Frau und des Schutzes der natürlichen Ressourcen.

Formen des EU-Engagements :

Hauptziele der Zusammenarbeit zwischen der EU und Irak Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens sind makroökonomische Stabilität, Tragfähigkeit der Schuldenlast und Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben. Um dies zu erreichen könnte die Zusammenarbeit die Begleitung der Reformen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Unternehmen vorsehen, insbesondere im Rahmen der Unterausschüsse für Handel und Wirtschaft sowie Energie und Verkehr. Die Vertragsparteien könnten Folgendes prüfen: a) makroökonomische Entwicklungen, b) die allgemeine Wirtschafts- und Finanzpolitik (Verwaltung der Einnahmen aus natürlichen Ressourcen, Verringerung der Subventionen und der Unterstützung für staatseigene Unternehmen, Investitionen in die Stromnetze, Förderung der Entwicklung erneuerbarer Energien und Energieeffizienzmaßnahmen, Erhöhung der Erdölausfuhren und Erleichterung künftiger Gasexporte (das EU-Irak Energiezentrum und damit einhergehende Unterstützungsmaßnahmen der EU und der irakischen Regierung sollen zu diesem Ziel beitragen), c) Entwicklung des Finanzsektors (Vertiefung der Finanzmärkte, Erleichterung des Zugangs zu privatem Kapital und stärkere finanzielle Inklusion) und d) Bereitstellung von Informationen und technischem Fachwissen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion. Ebenfalls in Betracht gezogen wird eine Zusammenarbeit, um die langfristigen, für Umwelt und Klimawandel relevanten Auswirkungen des Energiesektors möglichst gering zu halten.

Technische Hilfe kann im Rahmen des DCI und anderer Instrumente (durch konzertierte Maßnahmen von IWF, Weltbank und EU) bei der Verbesserung der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und durch Beratung bei den wirtschaftlichen Reformen geleistet werden.

Aus dem „Madad-Fonds“ und dem Stabilitäts- und Friedensinstrument könnte Startkapital für Maßnahmen zur Verknüpfung von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe bereitgestellt werden. Dabei sollte die bisherige Unterstützung zugrunde gelegt und möglichst rasch erweitert werden, um die Lebensbedingungen der langfristig Vertriebenen und der Binnenvertriebenen, die sich auf eine Heimkehr vorbereiten, zu verbessern und die Grundlagen für Stabilität und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen.

Sobald das Rahmenabkommen in Kraft ist, kann die Bank der EU - die EIB - die Einleitung von Maßnahmen in Irak erwägen, deren Schwerpunkt auf der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur liegt. Die EIB könnte ihr technisches Fachwissen zur Verfügung stellen und vorgelagerte Beratungshilfe bei der Identifizierung und Vorbereitung wichtiger Projekte leisten. Sie könnte solche Projekte auch finanziell unterstützen, entweder mit Risikokapital oder mit Darlehen in Kombination mit Mitteln aus anderen Finanzierungsquellen. Die EIB könnte auch ihre in ehemaligen Konfliktgebieten gewonnenen Erfahrungen nutzen und die Möglichkeit der Einrichtung und Verwaltung spezieller Treuhandfonds prüfen.

2.3.3     Unterstützung der Friedenskonsolidierung, der nationalen Aussöhnung und der Übergangsjustiz

Irak sollte ermutigt werden, über politische Reformen hinaus auf dem Weg der nationalen Aussöhnung voranzuschreiten und einen alle Glaubensgruppen einschließenden Dialog zu führen, mit dem Ziel, ein Gefühl der staatlichen Zugehörigkeit unabhängig von religiöser oder ethnischer Identität zu fördern und die kulturelle Vielfalt Iraks zu stärken. Eine Schlüsselrolle bei der Friedenkonsolidierung kommt den Gruppen der irakischen Zivilgesellschaft zu, insbesondere was die Förderung einer nationalen Identität, Gegendiskurse zu religiöser Propaganda, den Schutz von kulturellem Erbe und kultureller Vielfalt sowie die Vertretung dieser Anliegen gegenüber der Regierung anbetrifft.

Die Frage der Gerechtigkeit und der Wiedergutmachung wird die irakische Regierung vor schwierige Entscheidungen stellen, z. B. für einen nationalen „Wahrheits- und Aussöhnungsprozess“, der über alle Glaubensgruppen hinweg geführt werden und sich nicht nur mit von Da’esh und Mitgliedern der sunnitischen Gemeinschaft begangenen Verbrechen,  sondern auch mit Verbrechen schiitischer Milizen und irakischer Sicherheitskräfte befassen muss. Ein solcher Prozess kann entscheidend dazu beitragen, das irakische Nationalgefühl zu stärken.

Möglicherweise ist es erforderlich, internationale Unterstützung für Polizei-/Friedenssicherungseinsätze in Gebieten zu leisten, in denen weiterhin Konflikte zwischen den dort lebenden Gemeinschaften bestehen.

Formen des EU-Engagements: Im Rahmen des EIDHR und des Madad-Fonds sollte die Unterstützung von Justiz- und parlamentarischen Organen sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für die Friedenskonsolidierung und die Übergangsjustiz einsetzen, in Betracht gezogen werden.

Für die Aussöhnung ist die Untersuchung der schweren Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen von entscheidender Bedeutung. Die EU sollte daher in diesem Zusammenhang entsprechende Anstrengungen öffentlicher Stellen, der NRO und des IStGH unterstützen.

3 - ANNAHMEN; ZEITRAHMEN UND ÜBERPFÜFUNG

Ob die EU in der Lage ist, die vorstehend genannten Ziele und Maßnahmen zu realisieren, wird hauptsächlich davon abhängen, wie sich die Lage vor Ort entwickelt, auch im Kampf gegen Da’esh, und wieweit die nationalen und regionalen Akteure bereit sind, gemäß den genannten Zielen zu handeln. 

Im Idealfall könnten Da’esh und andere Terrorgruppen in Irak und Syrien besiegt und gleichzeitig die politischen Probleme dieser Länder gelöst werden.  Sollten diese Ziele allerdings nur in einem der beiden Länder erreicht und keine entsprechenden Fortschritte in dem anderen Land verzeichnet werden, könnte dies die dauerhafte Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung in der Region gefährden.

Die Strategie erstreckt sich auf einen Zeitrahmen von mehreren Jahren. Sie erfordert ein hohes Maß an Flexibilität, um den Entwicklungen vor Ort gerecht werden zu können und ihre Relevanz zu behalten. Es wird vorgeschlagen die Auswirkungen der EU-Maßnahmen im Rahmen einer jährlichen Überprüfung zu beurteilen. Dies sollte auch eine Prüfung der Wahrnehmung der EU-Maßnahmen durch die konkreten Nutznießer in Syrien, Irak und in der gesamten Region einschließen, um die erforderliche kontinuierliche Einbindung der lokalen Bevölkerung in diese Maßnahmen zu gewährleisten. 

Die EU muss sicherstellen, dass ihr strategisches Engagements möglichst effizient vermittelt wird, zum Einen den Bürgerinnen und Bürgern der EU, was die Auswirkungen der Krisen in Syrien und Irak und die finanziellen Zusagen anbetrifft, und zum Anderen der Bevölkerung in diesen Ländern und in der gesamten Region.

Anhang

FINANZBOGEN

1. RAHMEN DES VORSCHLAGS/DER INITIATIVE 1.1. Bezeichnung des Vorschlags/der Initiative

Gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik: Elemente einer EU-Regionalstrategie für Syrien und Irak sowie zur Bewältigung der Bedrohung durch Da’esh

1.2. Politikbereich(e) in der ABM/ABB-Struktur[6]

Rubrik 4  - Europa in der Welt

TITEL 19 – Außenpolitische Instrumente

TITEL 21 – Entwicklung und Zusammenarbeit

TITEL 22 – Erweiterung

TITEL 23 – Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz

1.3. Art des Vorschlags/der Initiative

¨Der Vorschlag/die Initiative betrifft eine neue Maßnahme.

¨Der Vorschlag/die Initiative betrifft eine neue Maßnahme im Anschluss an ein Pilotprojekt/eine vorbereitende Maßnahme[7].

X Der Vorschlag/die Initiative betrifft die Verlängerung einer bestehenden Maßnahme.

¨Der Vorschlag/die Initiative betrifft eine neu ausgerichtete Maßnahme.

1.4. Ziel(e)

1.4.1.     Mit dem Vorschlag/der Initiative verfolgte mehrjährige strategische Ziele der Kommission

Europa in der Welt - Ein starker globaler Akteur

              Der Nahe Osten befindet sich derzeit in einer tiefen Krise. Die Konflikte in Syrien und Irak sind sowohl Ausdruck als auch Antriebskräfte dieser Krise, die zunehmend auch eine Destabilisierung der Nachbarländer (einschließlich des EU-Beitrittskandidaten Türkei) und der Region insgesamt zur Folge haben könnte. Diese Krisen haben zu einer  humanitären Katastrophe geführt: Mehr als 13,5 Millionen Menschen sahen sich gezwungen, ihre Heimatorte zu verlassen (3,8 Mio. syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern – laut UNHCR ist bis Ende 2015 mit 4,3 Millionen zu rechnen – und 7,6 Mio. Binnenvertriebene allein in Syrien ),  17 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (12,2 Millionen in Syrien und 5,2 Millionen in Irak).

              Nach mehr als vier Jahren eines brutal geführten Konflikts in Syrien zieht die erklärte Absicht von Da’esh, sich als alternative, ideologisch radikale Staatsform zu etablieren, Extremisten aus der Region und anderen Teilen der Welt an, insbesondere auch in Gebieten  Syriens und Iraks, in denen die staatlichen Strukturen zusammengebrochen sind und ein Gefühl der politischen und sozioökonomischen Marginalisierung vorherrscht.

              Als wichtiger Akteur in der Region steht die EU in der Pflicht, ihren  Einfluss zu nutzen und ihre zahlreichen Instrumente kohärent und wirksam einzusetzen, um Menschenleben, Menschenwürde und Menschenrechte zu schützen und in enger Koordinierung mit regionalen und internationalen Partnern zur Lösung dieser Krisen beizutragen. Darüber hinaus gibt es für die EU aus Eigeninteresse zwingende Gründe, ihr Engagement in Syrien, Irak und den Nachbarländern zu verstärken.

1.4.2.     Einzelziel(e) und ABM/ABB-Tätigkeit(en)

ABM/ABB-Tätigkeiten:

19.02 - Instrument, das zu Stabilität und Frieden beiträgt – Krisenreaktion, Konfliktverhütung, Friedenskonsolidierung und Krisenvorsorge

21.02 - Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit

21.03 - Europäisches Nachbarschaftsinstrument (ENI)

21.04 - EIDHR

22.02 - Erweiterungsprozess und -strategie

23.02 - Humanitäre Hilfe, Nahrungsmittelhilfe und Katastrophenvorsorge

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 19.02

Im Fall einer Krise oder drohenden Krise soll durch die Bereitstellung effizienter Hilfe für die Erhaltung, Schaffung oder Wiederherstellung der Bedingungen, die für die ordnungsgemäße Umsetzung der auswärtigen Strategien und Maßnahmen der Union gemäß Artikel 31 EUV erforderlich sind, rasch zur Stabilisierung beigetragen werden.

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 21.02

Förderung einer nachhaltigen und inklusiven Entwicklung in Partnerländern und  ‑regionen und Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvoller Staatsführung und der Achtung der Menschenrechte im Einklang mit dem EUV, mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen.

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 21.03

Förderung vertrauensbildender Maßnahmen und anderer Maßnahmen, die zur Sicherheit und zur Vermeidung bzw. Beilegung von Konflikten beitragen. 

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 21.04

Stärkere Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 22.02

Unterstützung der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Entwicklung

Einzelziele der ABM-Tätigkeit - 23.02

Bereitstellung von lebensrettender humanitärer Hilfe und internationalem Schutz

All diese Instrumente sollen für Maßnahmen zur Erreichung der in der Mitteilung genannten Ziele eingesetzt werden und zwar im Hinblick auf:

Gemeinsame Ziele für Syrien, Irak und andere betroffene Länder

1. Förderung des regionalen Engagements für Sicherheit und langfristigen Frieden

2. Isolation und Bekämpfung von Da’esh als militärische Kraft und terroristische Organisation und Eindämmung ihres ideologischen Einflusses

3. Verhinderung der Ausweitung der Konflikte auf die Region und Stärkung der Grenzsicherheit

4. Bereitstellung von lebensrettender humanitärer Hilfe und internationalem Schutz

5. Stärkung der Resilienz auf lokaler Ebene in Syrien, Irak und betroffenen Nachbarländern

In Syrien:

1. Förderung eines politischen Übergangs 

2. Stärkung der gemäßigten Opposition und der Akteure der Zivilgesellschaft

3. Bereitstellung von grundlegenden Dienstleistungen und Hilfe beim Wiederaufbau der Verwaltung in befriedeten Gebieten

4. Stärkung der Menschenrechte sowie des humanitären Völkerrechts und Gewährleistung der Rechenschaftspflicht

5. Vorbereitungen für die Zeit nach der Krise

In Irak:

1. Unterstützung der irakischen Regierung, damit Inklusivität Realität wird

2. Unterstützung der Grundversorgung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bekämpfung der Korruption

3. Unterstützung der Friedenskonsolidierung, der nationalen Aussöhnung und der Übergangsjustiz

             

1.5. Begründung des Vorschlags/der Initiative

1.5.1.     Kurz- oder langfristig zu deckender Bedarf

Die EU muss eine nachhaltige und vorhersehbare Finanzierung entsprechend dem beispiellosen Bedarf in der Region sicherstellen.

1.5.2.     Mehrwert aufgrund des Tätigwerdens der EU

Die EU steht bereits an der Spitze der internationalen Bestrebungen insbesondere zur Unterstützung des syrischen Volkes. Die vorgeschlagene Strategie stützt sich auf und ergänzt die Strategie der EU für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer und die Gemeinsame Mitteilung „Ein umfassendes EU-Konzept für die Krise in Syrien“

1.5.3.     Aus ähnlichen Maßnahmen gewonnene Erkenntnisse

Wie in der Gemeinsamen Mitteilung „Ein umfassendes EU-Konzept für die Krise in Syrien“ dargelegt, sollen mehrere Instrumente zum Einsatz kommen, um die Krise von verschiedenen Seiten anzugehen und ein Übergreifen auf die Nachbarländer zu vermeiden. Dabei ist eine wirksame Koordinierung der Maßnahmen von wesentlicher Bedeutung.

1.5.4.     Vereinbarkeit mit anderen Finanzierungsinstrumenten und mögliche Synergieeffekte

Der Vorschlag sieht eine Kombination verschiedener Instrumente vor. Die Maßnahmen verstärken sich gegenseitig und müssen daher weitgehend parallel durchgeführt werden.

1.6. Laufzeit der Maßnahme und Dauer ihrer finanziellen Auswirkungen

X Vorschlag/Initiative mit befristeter Geltungsdauer

– X  Vorschlag/Initiative gilt von 2015 bis 2016

– Finanzielle Auswirkungen: 2015 bis 2016

1.7. Vorgeschlagene Methode(n) der Mittelverwaltung[8]

X Direkte Verwaltung durch die Kommission

– X  durch ihre Dienststellen, einschließlich ihres Personals in den Delegationen der Union

– X  durch Exekutivagenturen

X Indirekte Verwaltung durch Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben an:

– X Drittländer oder von diesen benannte Einrichtungen,

– X Internationale Organisationen und deren Agenturen (bitte angeben)

– ¨ die EIB und den Europäischen Investitionsfonds,

– ¨ Einrichtungen im Sinne der Artikel 208 und 209 der Haushaltsordnung

– X öffentliche Einrichtungen

– X privatrechtliche Einrichtungen, die im öffentlichen Auftrag tätig werden, sofern sie ausreichende Finanzsicherheiten bieten,

– ¨ privatrechtliche Einrichtungen eines Mitgliedstaats, die mit der Umsetzung einer öffentlich-privaten Partnerschaft betraut werden und die ausreichende Finanzsicherheiten bieten,

– ¨ Personen, die mit der Durchführung bestimmter Maßnahmen im Bereich der GASP im Rahmen des Titels V EUV betraut und in dem maßgeblichen Basisrechtsakt benannt sind.

– Falls mehrere Methoden der Mittelverwaltung angegeben werden, ist dies unter „Bemerkungen“ näher zu erläutern.

Anmerkungen

Die Mittelverwaltung wird gemäß den Bestimmungen der einschlägigen Rechtsinstrumente durch die jeweiligen Finanzierungsbeschlüsse festgelegt.

2. VERWALTUNGSMASSNAHMEN 2.1. Monitoring und Berichterstattung

Bitte geben Sie an, wie oft und unter welchen Bedingungen diese Tätigkeiten erfolgen.

Für Monitoring und Berichterstattung gelten die in den einschlägigen Rechtsgrundlagen festgelegten Bestimmungen.

2.2. Verwaltungs- und Kontrollsystem

2.2.1.     Ermittelte Risiken

1) Mangelnde politische und administrative Stabilität der Partnerländer kann zu Schwierigkeiten bei der Konzeption der Programme, zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Mittel und zur Verringerung der Wirksamkeit führen.

2) Ein unzulänglicher Informationsfluss kann die Klärung problematischer Fragen in Bezug auf die Verwaltung der Hilfe behindern. 

2.2.2.     Angaben zum Aufbau des Systems der internen Kontrolle

Die vorgesehenen Kontrollmethoden entsprechen den Normen der Kommission für die interne Kontrolle, die in den Managementplänen der zuständigen Dienststellen festgelegt sind.

Für die humanitäre Hilfe besteht ein wirksames Kontrollsystem durch externe Experten, die Ex-ante-Bewertungen von Projekten sowie Monitoring und Evaluierungen durchführen. Die humanitären Projekte werden außerdem einer externen Rechnungsprüfung unterzogen. 

2.3. Prävention von Betrug und Unregelmäßigkeiten

Bitte geben Sie an, welche Präventions- und Schutzmaßnahmen bestehen oder vorgesehen sind.

Der Schutz der Finanzinteressen der Europäischen Union und die Bekämpfung von Betrug und Unregelmäßigkeiten sind Bestandteil der entsprechenden Rechtsgrundlagen. Für die administrative Überwachung der Verträge und Zahlungen sind die jeweiligen Anweisungsbefugten zuständig, während die Verantwortung für die humanitäre Hilfe bei den zentralen Dienststellen liegt, die hierbei von den ECHO-Fachleuten vor Ort unterstützt werden. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Art der Ausgaben (Förderfähigkeit der Ausgaben), die Einhaltung der Budgets (tatsächliche Ausgaben) und die Prüfung der Ausgabenbelege und sonstigen diesbezüglichen Unterlagen (Nachweis der Ausgaben) gelegt.

3. GESCHÄTZTE FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN DES VORSCHLAGS/DER INITIATIVE 3.1. Betroffene Rubrik(en) des mehrjährigen Finanzrahmens und Ausgabenlinie(n)

· Bestehende Haushaltslinien

In der Reihenfolge der Rubriken des mehrjährigen Finanzrahmens und der Haushaltslinien.

Rubrik des mehrjährigen Finanzrahmens || Haushaltslinie || Art der Ausgaben || Finanzierungsbeiträge

Nummer [Rubrik…...….] || GM/NGM[9] || von EFTA-Ländern[10] || von Kandidatenländern[11] || aus Drittstaaten || nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b der Haushaltsordnung

4 || HUMA- 23.02.01 Humanitäre Hilfe || GM/NGM || Nein || Nein || Nein || Nein

|| || || || || ||

3.2. Geschätzte Auswirkungen auf die Ausgaben

3.2.1.     Übersicht

in Mio. EUR (3 Dezimalstellen)

Rubrik des mehrjährigen Finanzrahmens   || Nummer || Rubrik 4 „Europa in der Welt“

GENERALDIREKTION: ECHO || || || Jahr N[12] || Jahr N+1 || Jahr N+2 || Jahr N+3 || Bei länger andauernden Auswirkungen (siehe 1.6) bitte weitere Spalten einfügen || INSGESAMT

ŸOperative Mittel || || || || || || || ||

23.02.01 Bereitstellung rascher, wirksamer und bedarfsgerechter humanitärer Hilfe || Verpflichtungen || 1. || 50 || || || || || || || 50

Zahlungen || 2. || 50 || || || || || || || 50

Zahlungen || 2a. || || || || || || || ||

Aus der Dotation bestimmter operativer Programme finanzierte Verwaltungsausgaben[13] || Entfällt || || || || || || ||

Mittel INSGESAMT für die GD ECHO || Verpflichtungen || = 1 + 1a + 3 || 50 || || || || || || || 50

Zahlungen || = 2+2 a +3 || 50 || || || || || || || 50

ŸOperative Mittel INSGESAMT || Verpflichtungen || 4. || 50 || || || || || || || 50

Zahlungen || 5. || 50 || || || || || || || 50

ŸAus der Dotation bestimmter operativer Programme finanzierte Verwaltungsausgaben INSGESAMT || 6. || Entfällt || || || || || || ||

Mittel INSGESAMT unter RUBRIK 4 des mehrjährigen Finanzrahmens || Verpflichtungen || = 4+6 || 50 || || || || || || || 50

Zahlungen || =5+ 6 || 50 || || || || || || || 50

3.2.2.     Geschätzte Auswirkungen auf die Verwaltungsmittel

3.2.1.1. Zusammenfassung

– X Für den Vorschlag/die Initiative werden keine Verwaltungsmittel benötigt.

3.2.1.2. Geschätzter Personalbedarf

– X  Für den Vorschlag/die Initiative wird kein zusätzliches Personal benötigt.

3.2.3.     Vereinbarkeit mit dem derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmen

– X Der Vorschlag/Die Initiative ist mit dem derzeitigen Mehrjährigen Finanzrahmen vereinbar.

– X Der Vorschlag/Die Initiative erfordert eine Anpassung der betreffenden Rubrik des mehrjährigen Finanzrahmens.

Die zusätzlichen Mittel für die in diesem Bogen aufgeführten Maßnahmen werden vollständig durch eine Umschichtung und Neuprogrammierung der Mittel der außenpolitischen Instrumente finanziert, die unter die Rubrik 4 des mehrjährigen Finanzrahmens fallen. Die Kommission wird für 2015 eine Mittelübertragung aus der Soforthilfereserve für die humanitäre Hilfe vorschlagen, und 2016 erforderliche Neuzuweisungen der Mittelbindungen werden im Rahmen des Haushaltsverfahrens für 2016 erfolgen.

Die Finanzierungsquellen sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. 

Auf zwei Jahre angelegtes Maßnahmenpaket für die Bewältigung der Krise in Syrien und in den Nachbarländern (2015 bis 2016)

(Verpflichtungen)

GENERALDIREKTION || Finanzierungsinstrumente H4 || 2015 in Mio. EUR || 2016 in Mio. EUR || 2015-2016 in Mio. EUR

ECHO || HUMA – HIP Syrien –Irak || 200 || 200 || 400

NEAR || ENI – Krise in Syrien || 72 || 72 || 144

IPA - Türkei || 78 || 78 || 156

DEVCO || DCI (Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit) || 50 || 50 || 100

FPI || IcSP (Stabilitäts- und Friedensinstrument || 35 || 35 || 70

DEVCO || EIDHR (Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte) || 7 || 8 || 15

ECFIN || Kreditbürgschaft* || || 65 || 65

EAR   || Soforthilfereserve* || 50 || || 50

Insgesamt || || 492 || 508 || 1.000

Für diese Verpflichtungen wird eine Mittelübertragung (im Jahr 2015) oder eine Neuzuweisung der Mittel  (in dem Entwurf des Haushaltsplans 2016) an die einschlägigen Durchführungsinstrumente vorgeschlagen.

3.2.4.     Finanzierungsbeteiligung Dritter

– Der Vorschlag/die Initiative sieht keine Kofinanzierung durch Dritte vor.

3.3. Geschätzte Auswirkungen auf die Einnahmen

– X  Der Vorschlag/Die Initiative wirkt sich nicht auf die Einnahmen aus.

[1] Der so genannte „Islamische Staat in Irak und der Levante“, dessen arabische Abkürzung Da’esh lautet.

[2] Mitteilung JOIN(2013)22 vom 24. Juni 2013 „Ein umfassendes EU-Konzept für die Krise in Syrien“; „Strategie der EU für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer, vom Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 20. Oktober 2014 angenommen, Ref. 14451/14.

[3] Über das Assoziierungsabkommen wurde zunächst zwischen 1997 und 2004 und dann 2008 erneut verhandelt, es kam jedoch nie zu einer Unterzeichnung.

[4] Die internationale Allianz wurde im September 2014 ins Leben gerufen und stützt sich auf über 60 Länder, zu denen auch wichtige Länder der Region zählen. Die EU unterstützt die Bemühungen dieser Allianz, einschließlich im Einklang mit dem Völkerrecht stehender militärischer Aktionen.

[5] Siehe insbesondere das „Kadi II“-Urteil vom 18. Juli 2013 (Verbundene Rechtssachen C-584/10 P, C-593/10 P und C-595/10 P).

[6]               ABM: Activity-Based Management: maßnahmenbezogenes Management; ABB: Activity-based Budgeting: maßnahmenbezogene Budgetierung.

[7]               Im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 Buchstabe a oder b der Haushaltsordnung.

[8]               Erläuterungen zu den Methoden der Mittelverwaltung und Verweise auf die Haushaltsordnung enthält die Website BudgWeb: http://www.cc.cec/budg/man/budgmanag/budgmanag_en.html

[9]               GM = Getrennte Mittel/NGM = Nichtgetrennte Mittel.

[10]             EFTA: Europäische Freihandelszone.

[11]             Kandidatenländer und gegebenenfalls potenzielle Kandidatenländer des Westbalkans.

[12]             Das Jahr N ist das Jahr, in dem mit der Umsetzung des Vorschlags/der Initiative begonnen wird.

[13]             Ausgaben für technische und administrative Unterstützung und Ausgaben zur Unterstützung der Umsetzung von Programmen bzw. Maßnahmen der EU (vormalige BA-Linien), indirekte Forschung, direkte Forschung.

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