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Document 62008CJ0586
Judgment of the Court (Eighth Chamber) of 17 December 2009.#Angelo Rubino v Ministero dell'Università e della Ricerca.#Reference for a preliminary ruling: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italy.#Directive 2005/36/EC - Recognition of diplomas - ‘Regulated profession’ - Selection of a predefined number of persons on the basis of a comparative assessment conferring a qualification limited in time - National academic qualification for appointment - University lecturer.#Case C-586/08.
Urteil des Gerichtshofes (Achte Kammer) vom 17. Dezember 2009.
Angelo Rubino gegen Ministero dell'Università e della Ricerca.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien.
Richtlinie 2005/36/EG - Anerkennung von Diplomen - Begriff ‚reglementierter Beruf‘ - Auswahl einer im Voraus festgelegten Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung, mit der ein zeitlich begrenzt gültiger Titel verliehen wird - Nationale Lehrbefugnis - Hochschullehrer.
Rechtssache C-586/08.
Urteil des Gerichtshofes (Achte Kammer) vom 17. Dezember 2009.
Angelo Rubino gegen Ministero dell'Università e della Ricerca.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien.
Richtlinie 2005/36/EG - Anerkennung von Diplomen - Begriff ‚reglementierter Beruf‘ - Auswahl einer im Voraus festgelegten Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung, mit der ein zeitlich begrenzt gültiger Titel verliehen wird - Nationale Lehrbefugnis - Hochschullehrer.
Rechtssache C-586/08.
Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-12013
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:801
Rechtssache C‑586/08
Angelo Rubino
gegen
Ministero dell'Università e della Ricerca
(Vorabentscheidungsersuchen des
Tribunale amministrativo regionale del Lazio)
„Richtlinie 2005/36/EG – Anerkennung von Diplomen – Begriff ‚reglementierter Beruf‘ – Auswahl einer im Voraus festgelegten Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung, mit der ein zeitlich begrenzt gültiger Titel verliehen wird – Nationale Lehrbefugnis – Hochschullehrer“
Leitsätze des Urteils
Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Arbeitnehmer – Anerkennung von Berufsqualifikationen – Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36
(Art. 39 EG und 43 EG; Richtlinie 2005/36 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 1 Buchst. a)
Die Tatsache, dass der Zugang zu einem Beruf Kandidaten vorbehalten bleibt, die in einem Verfahren ausgewählt wurden, mit dem eine im Voraus festgelegte Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Kandidaten statt durch die Anwendung absoluter Kriterien ausgewählt wird und mit dem ein Titel verliehen wird, dessen Gültigkeit zeitlich streng begrenzt ist, führt nicht dazu, dass dieser Beruf einen reglementierten Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen darstellt.
Die Art. 39 EG und 43 EG, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten einen Zugang zu abhängigen oder selbständigen Beschäftigungen gewährleisten, der frei von Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist, gebieten es gleichwohl, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikationen im Rahmen eines solchen Verfahrens ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt werden.
(vgl. Randnrn. 34-36 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
17. Dezember 2009(*)
„Richtlinie 2005/36/EG – Anerkennung von Diplomen – Begriff ‚reglementierter Beruf‘ – Auswahl einer im Voraus festgelegten Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung, mit der ein zeitlich begrenzt gültiger Titel verliehen wird – Nationale Lehrbefugnis – Hochschullehrer“
In der Rechtssache C‑586/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale del Lazio (Italien) mit Entscheidung vom 9. Juli 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2008, in dem Verfahren
Angelo Rubino
gegen
Ministero dell’Università e della Ricerca
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann (Berichterstatter) und P. Kūris,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Herrn Rubino, vertreten durch F. Brunello, avvocato,
– der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Quadri, avvocato dello Stato,
– der griechischen Regierung, vertreten durch E. Skandalou und S. Vodina als Bevollmächtigte,
– der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbæk und L. Prete als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG und Art. 47 Abs. 1 EG sowie der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255, S. 22).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rubino und dem Ministero dell’Università e della Ricerca (Ministerium für Hochschulwesen und Forschung, im Folgenden: Ministerium) über dessen ablehnende Entscheidung über den Antrag von Herrn Rubino auf Aufnahme in die vom Ministerium geführte Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis.
Rechtlicher Rahmen
Die Richtlinie 2005/36
3 Die Richtlinie 2005/36 bewirkt eine Neuordnung und Straffung der Bestimmungen der Vorgängerrichtlinien und ersetzt u. a. die Richtlinien 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), und 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48 (ABl. L 209, S. 25). Nach dem 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 lässt die mit dieser Richtlinie vorgenommene Umgestaltung den durch die Richtlinien 89/48 und 92/51 eingeführten Anerkennungsmechanismus unberührt.
4 Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36 gilt diese für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die einen „reglementierten Beruf“ in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikationen erworben haben, ausüben wollen.
5 Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2005/36 enthält folgende Definitionen:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) ‚reglementierter Beruf‘ ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. …
b) ‚Berufsqualifikationen‘ sind die Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden“.
6 Art. 11 der Richtlinie 2005/36 ist mit „Qualifikationsniveaus“ überschrieben. Art. 11 Buchst. a Ziff. i bestimmt:
„Für die Anwendung von Artikel 13 werden die Berufsqualifikationen den nachstehenden Niveaus wie folgt zugeordnet:
a) Befähigungsnachweis, den eine zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, ausstellt
i) … aufgrund … einer spezifischen Prüfung ohne vorhergehende Ausbildung …“
7 Art. 13 („Anerkennungsbedingungen“) der Richtlinie 2005/36 sieht in Abs. 1 vor:
„Wird die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Aufnahmemitgliedstaat von dem Besitz bestimmter Berufsqualifikationen abhängig gemacht, so gestattet die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Antragstellern, die den Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis besitzen, der in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten, die Aufnahme oder Ausübung dieses Berufs unter denselben Voraussetzungen wie Inländern.
Die Befähigungs- oder Ausbildungsnachweise müssen
…
b) bescheinigen, dass das Berufsqualifikationsniveau des Inhabers zumindest unmittelbar unter dem Niveau nach Artikel 11 liegt, das der Aufnahmemitgliedstaat fordert.“
Nationales Recht
8 Am 6. November 2007 wurde das Decreto legislativo Nr. 206 zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Richtlinie 2006/100/EG zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Freizügigkeit anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens erlassen (Decreto legislativo n. 206 – Attuazione della direttiva 2005/36/CE relativa al riconoscimento delle qualifiche professionali, nonché della direttiva 2006/100/CE che adegua determinate direttive sulla libera circolazione delle persone a seguito dell’adesione di Bulgaria e Romania, ordentliche Beilage zur GURI Nr. 261 vom 9. November 2007, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 206/2007).
9 Nach seiner Auslegung durch das vorlegende Gericht ist dieses Decreto legislativo jedoch nicht auf den Beruf des Hochschullehrers anwendbar.
10 In Italien werden für den Zugang zu diesem Beruf weder Ausbildungsnachweise noch Berufserfahrung benötigt.
11 Das Auswahlverfahren für Hochschullehrer wird dort geregelt durch das Gesetz Nr. 230 zur Einführung neuer Bestimmungen betreffend Hochschullehrer und ‑forscher und zur Ermächtigung der Regierung zur Neugestaltung des Einstellungsverfahrens für Hochschullehrer (Legge n. 230 – Nuove disposizioni concernenti i professori e i ricercatori universitari e delega al Governo per il riordino del reclutamento dei professori universitari) vom 4. November 2005 (GURI Nr. 258 vom 5. November 2005, im Folgenden: Gesetz Nr. 230/2005) sowie durch das Decreto legislativo Nr. 164 zur Reformierung der Regelung über die Auswahl der Hochschullehrer gemäß Art. 1 Abs. 5 des Gesetzes Nr. 230 vom 4. November 2005 (Decreto legislativo n. 164 – Riordino della disciplina del reclutamento dei professori universitari, a norma dell’articolo 1, comma 5 della legge 4 novembre 2005, n. 230) vom 6. April 2006 (GURI Nr. 101 vom 3. Mai 2006, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 164/2006).
12 In Art. 1 Abs. 5 bis 9 des Gesetzes Nr. 230/2005 heißt es:
„5. Um die Regelung über die Auswahl der Hochschullehrer zu reformieren und dabei eine Auswahl zu gewährleisten, die dem Wesen der auszuübenden Funktionen gerecht wird, wird die Regierung ermächtigt, innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes und unter Beachtung der Autonomie der Hochschuleinrichtungen ein oder mehrere Decreti legislativi zu erlassen, wobei sie die folgenden Grundsätze und Leitkriterien einzuhalten hat:
a) bis zum 30. Juni jeden Jahres setzt der Minister für Bildung, Hochschulwesen und Forschung für jedes Fachgebiet und jeweils gesondert für die Ebene der ordentlichen Professoren und die Ebene der Assistenzprofessoren durch Dekret ein Verfahren zur Verleihung der nationalen Lehrbefugnis in Gang und legt insbesondere fest:
1) die Modalitäten zur Festlegung der Höchstzahl von Personen, die abhängig vom von den Hochschulen angegebenen und um einen Koeffizenten von höchstens 40 % erhöhten Bedarf für jede Ebene und jedes Fachgebiet eine nationale Lehrbefugnis erwerben können, unter Gewährleistung der Finanzierung und unter dem Vorbehalt, dass die nationale Lehrbefugnis keinen Anspruch auf Zugang zur Lehrtätigkeit beinhaltet, sowie die Verfahren und Fristen für die Ausschreibung, die Durchführung und den Abschluss der an den Hochschulen stattfindenden Eignungsprüfungen unter Gewährleistung der Öffentlichkeit der Handlungen und Entscheidungen der Prüfungsausschüsse; in jedem Fachgebiet ist indessen für jede Ebene mindestens eine geeignete Stelle innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren auszuschreiben;
…
6. … Kandidaten, die nach bereits durchgeführten Verfahren als geeignet beurteilt und nicht berufen wurden oder deren Unterlagen zustimmend bewertet wurden, behalten die nationale Lehrbefugnis für fünf Jahre ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung. Die Besetzung der Stellen für ordentliche Professoren und Assistenzprofessoren durch die einzelnen Hochschulen im Wege der Berufung der als geeignet beurteilten Dozenten … muss in jedem Fall unter Einhaltung der ... Verfahren … erfolgen.
…
8. Die Hochschulen vergeben die Stellen für ordentliche Professoren und Assistenzprofessoren nach Verfahren, die sich nach ihren eigenen Regelungen bestimmen, eine vergleichende Bewertung der Kandidaten und die Öffentlichkeit der Handlungen sicherstellen und denjenigen vorbehalten sind, die über eine nationale Lehrbefugnis gemäß Abs. 5 Buchst. a verfügen …
9. Die Hochschulen können … einen 10 % nicht übersteigenden Anteil der ordentlichen Professuren und Assistenzprofessuren durch die direkte Ernennung von ausländischen oder italienischen, im Ausland tätigen Wissenschaftlern vergeben, die im Ausland eine Lehrbefugnis gleichen Niveaus erworben haben …“
13 Art. 3 („Nationale Lehrbefugnis“) des Decreto legislativo Nr. 164/2006 bestimmt:
„1. Die nationale Lehrbefugnis wird in Verfahren erworben, die für jedes Gebiet und gesondert für die Ebenen der ordentlichen Professoren und der Assistenzprofessoren durch Dekret des Ministers eröffnet werden.
2. Die nationale Lehrbefugnis wird in den Grenzen der Quoten erteilt, die in der Mitteilung festgelegt werden, die an die Kandidaten ergeht, die für die Ebene der ordentlichen Professoren die ‚piena maturità scientifica‘ und für die Ebene der Assistenzprofessoren die ‚maturità scientifica‘ besitzen.
3. Der Besitz der nationalen Lehrbefugnis stellt eine notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an Verfahren nach Art. 1 Abs. 8 des Gesetzes dar und begründet keinen Anspruch auf Zugang zum Beruf des Hochschullehrers.
4. Für die Zwecke der Teilnahme an Einstellungsverfahren ist die nationale Lehrbefugnis für einen Zeitraum von vier Jahren ab ihrem Erwerb gültig.“
14 Art. 9 („Arbeiten der Bewertungsausschüsse“) des Decreto legislativo Nr. 164/2006 sieht vor:
„1. Die Ausschüsse, die an den Hochschulen angesiedelt sind, an denen die Eignungsprüfung stattfindet, wählen ihren Vorsitzenden und legen im Voraus die Grundsatzkriterien und die Verfahren zur vergleichenden Bewertung der Kandidaten fest, wobei sie nach Möglichkeit national und international anerkannte Parameter anwenden. …
3. Bei der Bewertung der wissenschaftlichen Leistungen, der sonstigen wissenschaftlichen Titel und des umfassenden Lebenslaufs des Kandidaten, auch in Bezug auf seine Lehrtätigkeit und seine etwaigen beruflichen und organisatorischen Erfahrungen, berücksichtigt der Ausschuss folgende Kriterien:
a) Originalität und Innovation der wissenschaftlichen Leistungen, die Veröffentlichungen, Patente und innovative Projekte umfassen, sowie methodologische Genauigkeit;
b) analytisch bestimmter individueller Beitrag des Kandidaten zu Gemeinschaftsarbeiten, wenn [dieser Beitrag] identifiziert werden kann;
c) Leitung und Koordinierung von Forschungsgruppen;
d) Übereinstimmung der Tätigkeit des Kandidaten mit den Fachgebieten, die zu dem Sektor gehören, für den das Verfahren eröffnet wurde, oder mit den fächerübergreifenden Fragen, die von diesen Fachgebieten erfasst werden;
e) wissenschaftliche Bedeutung der Veröffentlichungen und deren Verbreitung innerhalb der wissenschaftlichen Kreise;
f) zeitliche Kontinuität der wissenschaftlichen Leistungen auch hinsichtlich der Entwicklung der Kenntnisse auf dem betreffenden Gebiet;
g) Bedeutung und Wesen der von den betreffenden Stellen bescheinigten Lehrtätigkeiten;
h) Bedeutung und Wesen der Tätigkeiten, die im klinischen und therapeutischen Bereich sowie in anderen Berufs- und Arbeitsbereichen ausgeübt wurden, aus denen entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse ausdrücklich verlangt werden oder das allgemeine Profil des Kandidaten vervollständigen.
4. Die Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen, der Titel und der allgemeinen Verdienste des Kandidaten durch den Ausschuss wird unter spezifischer Bezugnahme auf die in den Abs. 1 und 3 genannten Kriterien formuliert.
5. Zum Abschluss der Bewertung der wissenschaftlichen Leistungen und der Titel im Rahmen der Eignungsprüfungen für die Ebene der Assistenzprofessoren halten die Kandidaten eine Probevorlesung und verteidigen ihre wissenschaftlichen Arbeiten. Im Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen kann vorgesehen sein, dass diese Prüfungen in der Fremdsprache abzulegen sind, die Gegenstand der vergleichenden Bewertung ist. Im Rahmen der Prüfungen für die Ebene der ordentlichen Professoren verteidigen die Kandidaten ihre wissenschaftlichen Arbeiten, und diejenigen, die nicht die Qualifikation eines Assistenzprofessors besitzen, halten ebenfalls eine Probevorlesung, die in die Gesamtbewertung einfließt.
...
9. Zum Abschluss der Arbeiten gibt der Ausschuss nach einer vergleichenden Bewertung mit einer Entscheidung, die mit der Mehrheit seiner Mitglieder getroffen wird, die Kandidaten bekannt, die in den Grenzen der im Aufruf zur Einreichung von Bewerbungen festgelegten Quoten der nationalen Lehrbefugnis für würdig befunden werden.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
15 Nach einer 1991 begonnenen akademischen Tätigkeit erwarb Herr Rubino, ein italienischer Staatsangehöriger, 2005 die Habilitation (facultas legendi) auf dem Gebiet der Ozeanographie und die Lehrbefugnis (venia legendi) am Departement Geowissenschaften der Universität Hamburg (Deutschland). Diese Titel bezeugen seine Befähigung zum Unterricht an Hochschulen als ordentlicher Professor (Ordinarius) im deutschen Hochschulsystem.
16 Herr Rubino arbeitet derzeit als physikalischer Ozeanograph an der Universität Ca’ Foscari di Venezia (Italien) und ist seit 1999 in den italienischen Verzeichnissen der Hochschulforscher eingetragen.
17 Seit dem 14. September 2007 beantragte Herr Rubino mehrfach die Anerkennung seiner in Deutschland erworbenen Qualifikationen in Italien, um in die Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis aufgenommen zu werden.
18 Das Ministerium lehnte diese Anträge jedoch mit Entscheidung vom 23. Januar 2008 ab. Es vertrat die Auffassung, dass die in Deutschland erworbene Lehrbefugnis nicht mit der nationalen Lehrbefugnis im italienischen Hochschulsystem gleichwertig sei und dass das Decreto legislativo Nr. 206/2007 keine Anwendung finde, da der Beruf eines Hochschullehrers in Italien kein reglementierter Beruf sei. Denn das betreffende Personal werde auf der Grundlage eines Auswahlverfahrens eingestellt, an dem eine Teilnahme möglich sei, ohne dass der Besitz eines bestimmten akademischen Titels verlangt werde.
19 Herr Rubino erhob gegen die Entscheidung des Ministeriums Klage beim Tribunale amministrativo regionale del Lazio (Regionales Verwaltungsgericht der Region Latium) und machte geltend, dass sie gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, insbesondere gegen die Richtlinie 2005/36.
20 Da nach Ansicht des Tribunale amministrativo regionale del Lazio Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der italienischen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht bestehen bleiben könnten, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Stehen die Gemeinschaftsgrundsätze der Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der gegenseitigen Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG und Art. 47 Abs. 1 EG und die Bestimmungen der Richtlinie 2005/36 einer nationalen Regelung wie dem Decreto legislativo Nr. 206/2007, die Hochschullehrer zu Zwecken der Anerkennung von Berufsqualifikationen vom Bereich der reglementierten Berufe ausnimmt, entgegen?
Zur Vorlagefrage
21 Nach dem vorlegenden Gericht werden für den Zugang zum Beruf des Hochschullehrers und für dessen Ausübung in Italien weder Ausbildungsnachweise noch Berufserfahrung benötigt.
22 Die vorgelegte Frage ist somit dahin zu verstehen, dass geklärt werden soll, ob die Tatsache, dass der Zugang zu diesem Beruf den Kandidaten vorbehalten ist, die ein Auswahlverfahren wie das, mit dem die nationale Lehrbefugnis erworben wird, bestanden haben, zur Folge hat, dass dieser Beruf einen reglementierten Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36 darstellt.
23 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Definition des Begriffs „reglementierter Beruf“ im Sinne der Richtlinie 2005/36 unter das Gemeinschaftsrecht fällt (vgl. entsprechend zur Richtlinie 89/48 Urteile vom 8. Juli 1999, Fernández de Bobadilla, C‑234/97, Slg. 1999, I‑4773, Randnr. 14, und vom 9. September 2003, Burbaud, C‑285/01, Slg. 2003, I‑8219, Randnr. 43).
24 Aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36 geht hervor, dass ein reglementierter Beruf eine berufliche Tätigkeit ist, deren Aufnahme oder Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelt ist, die den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen vorschreiben.
25 Gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und Art. 11 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2005/36 können solche Berufsqualifikationen insbesondere in Qualifikationen bestehen, die durch einen Ausbildungsnachweis oder einen aufgrund einer spezifischen Prüfung ohne vorhergehende Ausbildung erteilten Befähigungsnachweis bescheinigt werden.
26 Herr Rubino macht geltend, die nationale Lehrbefugnis stelle einen aufgrund einer solchen spezifischen Prüfung ohne vorhergehende Ausbildung erteilten Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 11 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2005/36 dar. Er folgert hieraus, dass es sich um eine Berufsqualifikation im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie handele und dass der Beruf des Hochschullehrers in Italien somit ein reglementierter Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie sei. Daher verliehen ihm die Qualifikationen, die er in Deutschland erworben habe, nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36 einen Anspruch auf Aufnahme in die Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis.
27 Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die durch die Richtlinien 89/48 und 92/51 eingeführten allgemeinen Systeme der Anerkennung von Diplomen weder die Einrichtung bestimmter Auswahl- und Einstellungsverfahren für die Besetzung einer Stelle betreffen noch zur Herleitung eines Rechts auf tatsächliche Einstellung angeführt werden können. Sie schreiben nämlich lediglich die Anerkennung der in einem Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen vor, um es einer qualifizierten Person zu ermöglichen, sich in einem anderen Mitgliedstaat nach den Auswahl- und Einstellungsverfahren, die dort den Zugang zu einem reglementierten Beruf regeln, auf eine Stelle zu bewerben (vgl. in diesem Sinne zur Richtlinie 89/48 Urteil Burbaud, Randnr. 91). Diese Grundsätze haben sich durch die Neuordnung und die Straffung, die sich aus dem Erlass der Richtlinie 2005/36 ergeben, nicht geändert.
28 Daher kann sich ein Antragsteller nicht auf die Richtlinie 2005/36 berufen, um von einem Teil eines Auswahl- und Einstellungsverfahrens befreit zu werden.
29 Aus den Akten, die beim Gerichtshof eingereicht worden sind, und aus der italienischen Regelung, die das vorlegende Gericht angeführt hat, ergibt sich, dass der Erwerb der nationalen Lehrbefugnis eine Stufe der Auswahl im Rahmen des Einstellungsverfahrens für Hochschullehrer darstellt.
30 Dieses Verfahren besteht nämlich aus zwei Stufen, von denen der Erwerb der nationalen Lehrbefugnis die erste ist. Deren Inhaber werden namentlich in einer Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis verzeichnet und können sich daraufhin auf der zweiten Stufe des Auswahlverfahrens auf eine bestimmte Stelle bei einer Universität bewerben und somit aufgrund von Kriterien, die je nach Hochschule variieren, eingestellt werden.
31 Was insbesondere das Auswahlverfahren betrifft, das zum Erwerb der nationalen Lehrbefugnis führt, sehen Art. 1 Abs. 5 Buchst. a Nr. l des Gesetzes Nr. 230/2005 sowie Art. 3 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 9 des Decreto legislativo Nr. 164/2006 vor, dass für jedes Fachgebiet entsprechend dem von den Hochschulen angezeigten Bedarf im Voraus eine Höchstzahl von Personen, die diesen Titel erwerben können, festgelegt wird. Ferner ergibt sich aus Art. 1 Abs. 8 des Gesetzes Nr. 230/2005 und Art. 9 des Decreto legislativo Nr. 164/2006, dass die Auswahl auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Kandidaten statt durch die Anwendung absoluter Kriterien erfolgt. Im Übrigen gilt die nationale Lehrbefugnis gemäß Art. 1 Abs. 6 des Gesetzes Nr. 230/2005 und Art. 3 Abs. 4 des Decreto legislativo Nr. 164/2006 für einen begrenzten Zeitraum.
32 Der erfolgreiche Abschluss eines Verfahrens, mit dem eine im Voraus festgelegte Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Kandidaten statt durch die Anwendung absoluter Kriterien ausgewählt wird und mit dem ein Titel verliehen wird, dessen Gültigkeit zeitlich streng begrenzt ist, kann nicht als Berufsqualifikation im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/36 angesehen werden.
33 In diesem Zusammenhang ist der von Herrn Rubino geltend gemachte Umstand, dass Art. 1 Abs. 9 des Gesetzes Nr. 230/2005 es den Hochschulen abweichend von den normalerweise geltenden Regeln erlaubt, 10 % der Professorenstellen durch die direkte Ernennung von ausländischen oder italienischen, im Ausland tätigen Wissenschaftlern zu vergeben, die im Ausland einen der nationalen Lehrbefugnis gleichwertigen Titel erworben haben, als solcher für die Beantwortung der im Hinblick auf die Richtlinie 2005/36 gestellten Frage nicht erheblich. Im Übrigen ist unstreitig, dass sich Herr Rubino im Ausgangsverfahren nicht auf diese Ausnahmebestimmung beruft, sondern beantragt, in die Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis aufgenommen zu werden, ohne das von der geltenden nationalen Regelung vorgesehene Auswahlverfahren durchlaufen zu müssen.
34 Angesichts des in der Vorlagefrage enthaltenen Verweises auf die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Grundfreiheiten ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Art. 39 EG und 43 EG den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten einen Zugang zu abhängigen oder selbständigen Beschäftigungen gewährleisten, der frei von Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist. Die nationalen Behörden müssen daher insbesondere darüber wachen, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikationen im Rahmen von Auswahlverfahren wie demjenigen, das zur Aufnahme in die Liste der Inhaber der nationalen Lehrbefugnis führt, ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt werden (vgl. entsprechend Urteil Burbaud, Randnrn. 99 und 100).
35 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Tatsache, dass der Zugang zu einem Beruf Kandidaten vorbehalten bleibt, die in einem Verfahren ausgewählt wurden, mit dem eine im Voraus festgelegte Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Kandidaten statt durch die Anwendung absoluter Kriterien ausgewählt wird und mit dem ein Titel verliehen wird, dessen Gültigkeit zeitlich streng begrenzt ist, nicht dazu führt, dass dieser Beruf einen reglementierten Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36 darstellt.
36 Gleichwohl gebieten es die Art. 39 EG und 43 EG, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikationen im Rahmen eines solchen Verfahrens ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt werden.
Kosten
37 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:
Die Tatsache, dass der Zugang zu einem Beruf Kandidaten vorbehalten bleibt, die in einem Verfahren ausgewählt wurden, mit dem eine im Voraus festgelegte Anzahl von Personen auf der Grundlage einer vergleichenden Bewertung der Kandidaten statt durch die Anwendung absoluter Kriterien ausgewählt wird und mit dem ein Titel verliehen wird, dessen Gültigkeit zeitlich streng begrenzt ist, führt nicht dazu, dass dieser Beruf einen reglementierten Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen darstellt.
Gleichwohl gebieten es die Art. 39 EG und 43 EG, dass die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikationen im Rahmen eines solchen Verfahrens ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt werden.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Italienisch.